1875 / 168 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 20 Jul 1875 18:00:01 GMT) scan diff

Berlin, ven 20. Juli. | Das Album der Coblenzer Familien.

Die Uebergabe der von füufzig Familien der Stadt Coblenz zur Ecinnerung an den fünfundzwanzigjährigen Aufenthalt Jhrer Mae Eees zu Coblenz dem Kaiser und der Kaiserin

ewidmeten Gedenkblätter fand am Montag, den 5. d, Mts., im artensaale des Residenzs{losses daselbst statt. ; /

Den Geschenkgebern hatten sih aus eigenem Antriebe, als die in demselben Zeitraume dort funktionirenden Hofchargen, der Ober-Hof- und Haus-Marschall Graf vou Pückler und die Palastdame Ihrer Majestät der Kaiserin» Königin, Gräfin von Hake, mit einem von ihnen gestifteten Blatte angeschlossen. N

Außerdem war von Karlsruhe ein von der Haud Ihrer König- lie Hoheit der Großherzogin von Baden herrührendes Erinne- rungsblatt mit dem Ersuchen eingetroffen, dasselbe der Sammlung hinzuzufügen.

as Album besteht, der Coblenzer Ztg. zufolge, aus elf Agquarell-

bildern, welche in eiñêr rothjuchienen, mit den in Silber ciselirten Namensciffern Jhrer Majestäten und der Kaiserkrone verzierten, in- wendig mit weißer Seide guêgeshlagenen Enveleppe enthalten sind.

Das erste auf Pergament, in mittelalterlihem Stile mit bunten, xcich vergoldeten Jnitialen, enthält unter dem breitenifalteten Pur- purbanner des Deutschen Reiches die Widmung. Die Gestalten des Rhenus und der Mosella, in sonniger Landschaft mit Coblenz und Ehrenbreitstein im Hintergrunde, zwischen Weinlaub und Epheu ge- lagert, umrahmen die Worte:

„Zur Feier des fünfundzwanzigjährigen Aufenthalts Jhrer „Majestäten des Kaisers und Königs und der Kaiserin - Königin „in Coblenz.

17. März 1850. 17, März 1875.“ A

Das zweite Blatt \chließt sich daran mit den eigenhändigen Unterschriften der Geschenkgeber. 5

In Blatt drei feiert ein von Rosen umranktes Sonett von Fcäu- lein J. Dominicus den festlichen Lag. Diesen drei von Maler Mayr ausgeführten Blättern {ließen sich die Aquarellen des Pro- fessors Scheuren- an : 4

Zunächst Blatt vier, die Anlagen wit der von Nosen bekränz- ten Dedikation: „Das dankbare Coblenz.“ Zwischen Laubwerk, von geshnißtem, verschränktem Holzgitter getragen, find in Gruppexbildchen die s{chonsten Punkte: Schweizerhaus, Louisenpavi!lon, Observatorium, Victoriatempel, Polyhymnia u. a. Punkte wiedergegeben und mit ent- sprechenden Figuren belebt.

Das fünfte Blatt stellt den Einzug des Kurfürsten Clemens Wenzeslaus am 23. November, 1786 dar. Die vergoldete Staats- kFarosse mit reihges{hirrten Gespannen, von buntgekleideten Kavalieren zu Pferde umgeben, fährt eben durch die geöffneten Thore des Eisen- gitters, welhes früher den Schloßplaß halbirte, -auf das Schloß- yportal zu. Das Trieris{e Regiment, weiß mit rothen Aufschlägen, präseutirt das Gewehr, und die alten Thürme des Ehrenbreitstein donnern ihre Salutschüsse dazu. i

Untex diesem, wegen des bunten Kostüms sehr lebendig wirkenden Bilde, von Professor Scheuren in die Sammlung gestiftet, hat der Künstler durÞ Guido Reni's Grappe des von den Horen flüchtig umschwebten Sonnengottes Apollo den Wechsel der Zeiten ausgedrückt:

„Es rollt die Zeit, das Alte sinkt, Und neues Leben blüht aus den Ruinen.“

Das sechste Bild stellt die Ankunft Jhrer Majestäten, als dama- ligen Prinzen von Preußen mit erlauhter Gemahlin, Sohn und Tocbter, am 17. März 1850 dar. In der Mitte der winterlih be- leuchteten Rheinansicht von Coblenz und Ehrenbreitstein hält das Dampfboot „Königin Elisabeth", und die Allerhöchsten Herrschaften werden auf der Landungsbrücke durch die Behörden empfangen.

Die troß der Kleinheit der Verhältnisse portraitähnlich wieder- gegebenen fürstlihen Personen, sowie die naturgetreu aufgefaßte Staffage verleihen diesem von Gräfin von Hacke und Graf Püdckler gestifteten Blatte ein denkwürdiges, historishes Interesse. /

Das siebente Bild „Charitas“ feiert mit dem Motto: „Mehr Leid als Freud“, die christliche Licbe und Woßhlthätigkeit Jhrer Majestäten in ergreifender Weise. Die hohe, edle Gestalt der Cha- uitas breitet segnend die milde Hand über die zu ihren Füßen ge- übien Werke der Liebe und Barmherzigkeit: die christlihe Lehre des Kindes, die Krankenpflege des Kriegers unter dem Symbol des rothen Kreuzes, den Trost des Sterbenden, Disteln und Passionsblumen umrahmen die Nebenbildchen mit den Wohlthätigkeits-Anstalten der Stadt und dem jährlich durch Jhre Majestät die Kaiserin-Königin den Waisenkindern veranstalteten ländlichen Feste.

Das achte Bild stellt ein Tanzfest im Schloßgarten dar. Lan- zende Paare und zushauende Damen und Herren, unter welchen die Gestalt Sr. Majestät des Kaisers und Königs deutlich hervortritt, füllen den Vordergrund, während hinter der Pen ae auf der Rund- terrasse Ihre Majestät die Kaiserin-Königin fih in Mitte der Damen- welt bewegt.

Blatt neun führt in Mondscheinbeleuhtung den imposanten Mitteibau der Rheinfront des Schlosses mit wz7hender Kaiser- ftaudarte vor. Die hellerleuhteten Fenster deuten ein zur Feier des Geburtstages Sr. Majestät am 22. März im weißen Saale veranstaltetes Ballfest an. Eine Reihe von historischen Fi-

uren, Emblemen und Daten, welche denkwürdige Ereignisse aus dem amiliculeben der Allerhöchsten Herrschaften und dèr neueren Ge- shichte mit Bezug auf das Schloß feststellen sollen: Silbe:ne Hochzeit, Vermählung des Kronprinzen und der Großherzogin von Baden, Krönung in Königsberg, Kaiserproklamation in Versailles, Aufent- halt des Sultans, Kaiserglocke, Weltausstellung, umgeben, in ge- \chmackvollen Verzierungen vershlungen, das Bild, dessen Fuß eine an den 14. Juli 1870 erinnernde Darstellung einnimmt, wo Se. Maje{tät von Ems kommend, am Schweizerhause tief bewegt und {wer bekümmert Abschied nahm, um nach wenigen Tagen an der Spitze der zum Kampf geeinigten deutshen Heere an den Rhein M een, i ann folgt als Geschenk Jhrer Königlichen Hoheit der Groß- Bn vou Baden, von höcsteigener Hand ausgeführt, von einer Rofseuguirlande umwunden, das Wohnzimmer, welches die hohe Fcau in ee Kinder- und Mädchenjahren im Schlosse zu Coblenz be- wohnte.

Blatt elf, vom Maler Mayr ausgeführt, zeigt das Kaiser- immer des Schlosses, den Bildercyclus, Zwischen mächtigen Sieges- fäulen und Eichenfestons mit den Namen der zahlreichen Schlachten- und Siegestage, welche das Leben des Kaisers zu verzeichnen hat, stehen die mächtigen Gestalten der Borussia, Themis und Pallas- Athene. Unten trägt ein von Kindergestalten getragener reichverzierter Sockel die Denksprüche der Hohenzollern: Gott mit uns. Zuum cuique. Vom Fels zum Meer. Die Mitte zeigt das Kaiserliche Wohn- gemach mit dem Schreibtische, der militärishen Bibliothek und der großen Wandkarte, worin einst Se. Majestät als Prinz von Preußen die Grundzüge zu der Reorganisation des Kriegsheeres entwarf.

Auch der Coblenzer n thn von S. Barbara hatte das bereits früher Jhren Majestäten überreihte Blatt von Professor Scheuren zur Ansicht aufgelegt. :

Die Niederlegung dieser Blätter in dem Kurfürstensaale des Schkösses zu Coblenz vereint mit der ftädtishen Gratulationsadresse und anderen gelegentlich der fünfundzwanzigjährigen Jubelfeier der Anwesenheit der Majestäten in Coblenz überreichten Geschenken, ift von Jhrer Majestät dex Kaiserin-Königin befohlen, eine p:achtvoll geschnißte und mit dem St¿zdtwappen verzierte Staffelei zur Aufnahme derselben bereits aufgestellt u2d dadur die Erhaltung dieser Gaben gesichert worden, - : j -

Dás für die Feier der Enthüll.mg des Hermanns-Denk- mals entworfene Programm hat noch einige Abänderungen erfahren, wesh:2!b wir dasselbe nochmals veröffentli hen:

Die ¿ur Uebergabe des Hermanns-De,-fmals an das Deutsche Volk zu vera(taltende Feier foll ein Volksfest “in der eigentlichen Bedeutung sein.

Vie Theilnahme an derselben bescóränkt si daher -

nit auf eine geschlossene Fefigenossen|{aft, sondern fteht einem Jeden cus dem Volke frei. Aus diesem Grunde erstrecken sich die Fest- anordnungen nur auf das Nothwendigste zur Aufrechterhaltung der äußeren Ordnung und auf die eigentliche Feier der Uebergabe des Denkmals, überlassen aber das Uebrige dem patriotishen Sinne der Festtheilnehmer. L

Am 15. August wecden die in Detmold und Umgegend über- nachtenden Fremden empfangen, Abends freie Vereinigungen in den O C a und erxichteten Restaurationen. Großer Zapfenstreich mi usik.

Am 16. August, - Morgeyus 6 Uhr, Reveille mit Musik. Um 9 Uhr versammeln fich die fn dem Festzuge nah der Grotenburg theilnehmenden Festgenofsen, Korporationen, Deputationen u. st. w. auf dem Kaiser-Wilbelms-Plaßze. Nah Anordnung des Festzuges fündigen einige Känonenschüsse den “Abmaärsh desselben an. Zug durch Detmold nach der Grotenburg. Auf der Grotenburg Auf- ¡tellung des Festzuges vor dem Denkmale. Nach Ankunft der Aller- höchsten und Höchsten Herrschaften beginnt die Feier. Nachdem die Musikcorps den Choral: „Ein’ feste Burg ist unser Gott “— geblasen haben, erfolgt die Ansprache eines Geistlichen und die Ertheilung des Einweihungssegens. Ein Mitglied des Vereins hält darauf eine An- sprache, mit welcher das Denkmal dem deutschen Volke übergeben wird. Zur Versinnlichung dieses Aktes wird auf dem Festplaße die deutshe Flagge unter Kanonensalven und Musik aufgezogen. Gleichzeitig wird das am Denkmal angebrachte Kaiser-Relief enthüllt. Gesänge. Ausprache an den Erbauer des Denkmals, Aa v. Bandel, mit welcher ihm der Dank des deutschen Vaterlandes dargebracht wird. Zum Schluß Gesang. Der Rest des Tages wird mit patrio- tischen Reden, Vorträgen der Liedertafeln und sonstiger Unterhaltung ausgefüllt Die nah Detmold zurückehrenden Festtheilnehmer ver- sammeln sih Abends in den verschiedenen Restaurxationèn zu geselliger Vereinigung. Für Diejenigen, welche am folgenden Tage eine Fuß- a ly den Teutoburger Wald machen wollen, werden Führer

ereit sein. ;

Sowiit es die Oertlichkeit gestattet, werden die Wirthe Detmolds und Umgegend für die Verpflegung der Festtheilnehmer Restaura- tionen auf der Grovenburg herrihten. Ingleihen wird zu diesem Zwecke in Detmold Alles aufgeboten werden, um genügende Verpfle- gung zu beschaffen. Für die Unterbringung der in Detmold und Um- gegend übernachtenden Gäste, welche bei den beschränkten Verhält- nissen zum großen Theile in Massequartieren in großen Räumen ge- {ehen muß, hat sich in Detmold ein Comité gebildet, welches die Quartiere . vermittell. Von den benachbarten Eisenbahnstationen Bielefeld, Herford und Schieder werden nach Möglichkeit Fuhrgelegen- heit nah Detmold und zurück vermittelt werden ; es stehen indeß nur offene Wagen zur Verfügung.

Am 18. Juli, Nachmittags 7 Uhr, fand die zweite Luftfahrt des Hrn. Godard von der Flora in r aus ftatt, aber- mals in Begleitung zweier Besucher der Berliner Börse, deren einer bereits an der ersten Fahrt Theil genommen hatte. Der Ballon stieg Anfangs langsam auf, nah Entleerung einiger Sandsäcke ging es \chneller in die Höhe und vom Winde getragen im Fluge über Westend und den Grunewald Potsdam zu. Um 7 Uhr 40 Minuten wollen die Luftfahrer eine Höhe von 2000 Meter, um § Uhr 15 Mi- nuten eine solche von 5000 Metern erreicht haben. Um diese Zeit von einem Wirbelwind erfaßt, wurde der Ballon mit arößter Schnelligkeit zur Erde getrieben. Zwischen Brandenburg und Mößow ftieß derjelbe auf, die Gondel {lug um, die beiden Begleiter des Hrn. Godard kamen glücklih zur Erde, während dieser abermals auf- flog und erft um 9} Uhr im Forst bei Väthen (Regierungsbezirk Magdeburg) landete. Sein Ballon ift unversehrt.

Die Königlihe Waffensammlung zu Turin besißt seit meh- reren Jahren eine von Tecco, vormaligem sardinischen Gesandten in Konstantinopel, mit anderen Waffen und Gegenständen daselbst er- worbene orientalishe Degenklinge, deren Herkunft wiederholt Gegenstand gelehrter Untersuchung gewesen ist. "Die leiht gekrümute Klikge von feinstem Damascenerstahl is mit mehreren, ziemlich roh eingegrabenen Emblemen, an denen noch Spuren der Vergoldung sich finden, und einer griechishen Inschrift in einer Zeile geziert. Jn einem ovalen, von Sternen umgebenen Rand in typischer Darstellung die Jungfrau Maria mit dem Kinde auf dem Arm, vor derselben, zu beiden Seiten eines Ornaments, zwei brennerde Kerzen, über dem Rande zwei Engel, eine Krone und geringere Zierrathen haltend. Die mit einem Kreuz beginnende Jnschrift besagt: /aoieu antryre Aoye Oeou mavravaë. Tw Hyejove xa riuotTw avdeyre (sìc) fwvoravrww d, b. „Du, unbesiegter Herrscher, Wort Gottes, Allregierer (hilf) dem Fürsten und getreuen Herrn Konstantinos“. Nachdem man längere Zeit über die Provenienz der Klinge, an welcher noch' die Spur des abgebrochenen Griffs fihtbar ist, keine bestimmte Meinung geäußert, erklärte Victor Langlois in einem in der „Rue Archéologique* gedruckten, in die Athenische Zeitschrift „Pandora“ übergegangenen Aufsaß sie für die Waffe Konstantin Dragoses’, des leßten Paläologenkaisers eine Ansicht, die auch in

Stalien überall angenommen ward und der Klinge eine historisch-monu-

mentale Bedeutung gab. Es kam die Geschichte in Umlauf: das Schwert des tapferen, aber unglücklihen Jmperators sei mit anderen Spolien im Mausoleum Muhameds des Eroberers niedergelegt und von dessen ungetreuem Hüter at worden und so in Tecco's Hände gelangt. Dicser kühnen Version i der gegenwärtige Präfekt der Markusbibliothek, Cav. Giovanni Veludo, in einer im 18. Bande der Denkschriften des venetianischen Instituts mitgetheilten Abhand- lung: „La spada di Costantino Paleologo ultimo imperatore di Costantinopoli“, entgegentreten. Er zeigt, daß die persish-türkische Scimitarform der Klinge nicht die des Kaiserlichen Schwertes war, daß die Embleme nichts mit den Kaiserlihen zu thun haben, unter denen der Doppeladler \{hwerlich gefehlt haben würde, daß die Titel rezÓóv und aößéyrys feine Kaiserlichen find, die Form der Juschrift auf weit spätere Zeiten hinweist. Alles dies veranlaßt Veludo zu der Annahme: daß die Waffe einem christlichen Vasallenfürsten des türkischen Reiches angehörte, und. er ift geneigt den vormaligen Be- fißer in dem unglüclihen Konstantin 11. Brankowan zu erkennen, der im Jahre 1688 zum Wojwoden der Walachei gewählt, im Früh- ling 1714 in Konstantinopel hingerihtet wurde, nahdem die unga- rischen Wirren unter Kaiser Leopold T, und seine Beziehungen zu Peter dem Großen jeine Stellung längst gefährdet hatten.

Aus London, 16. Juli, meldet die „A. A. C.*: Den heftigen und unaufhörlichen Regengüssen der leßten drei Tage find Ueber- \{chwemmungen in verschiedenen Theilen des Königreichs ras ge- folgt. Dieselben haben nit allein großen Schaden an Eigenthum angerihtet, sondern in vielen Fällen find auch Men}chenleben zu be- flagen. In Devon und Cornwall stehen viele Thäler mehrere Fuß tief unter Wasser. In dem Bezirk von Forest of Devon, in Pougetterlpire stodèn alle Geschäfte in Folge der Ueberschwemmungen und man befürchtet, daß einige Personen ihr Leben in den Fluthen eingebüßt haben. Aber die traurigste Nachricht kommt aus der wallisishen Grafschaft Monmeuthshire. Jn Cwar Cam, einem kleinen Dorfe etwa zehn Meilen von Newport, durchbrachen die Gewäfser eines zur Speisung eines Kanals dienenden Teiches während der Nacht plôßlich ihre Dämme und ergossen sich mit wildem Ungestüm in das benachbarte Thal hinunter. Dort rissen sie eine kleine Flanellfabrik mit fi, wobei die aus 13 Personen beftehende Fmilie des Fabrik- eigenthümers ums Leben kam, Die Unglücklichen wurden entweder von den fall-nden Ruinen erschlagen odér ertranken. Nur ‘der Eigen- thümer selber wurde gerettet, indeß: ‘in so {wer \ verleßtem Zuftande, baß sein - Aufkommen bezweifelt wird. Jn Monmcuth hat das Wässer in den Straßen des niedrig gelegenen Theiles der Stadt eine solhe Höhe erreicht, day der Verkehr . nur mittelst Booten möglih ist. Der ganze Distrikt Risca ist über- \{chwemmt und viele (Finwohner entgingen nur mit genauer Noth dem Erstickungstode. In Caerleon wurde die Eisenbahnbrücke weggerissen. Besorgnifse werden für die Sicherheit der Grundlagen der Roß- und Monmouth-Eisenhahn, sowie für die We:ke an der neuen Linie der

Wye-Thal- Eisenbahn gehegt. Ein ähnlicher Zustand der Dinge herrs{t in der Nachbarschaft von Cardiff, wo der Taff und der Ely aus ihren Betten traten, wodurch Getreidefelder vernihtet und ganze Heer- den von Schafen sammt vielen Pferden und Schweinen weggespült wurden. Die Eisenbahn steht in vielen Gegenden unter Wasser und die Einwohner einiger Dörfer flüchteten in die oberen Etagen ihrer Häuser. n vielen Ortschaften mußten die Einwohner durch grne weggeführt werden. Jn St. Fagans stehen die Anlagen der großen Westbahn zwei Fuß tief unter Wasser. In der Umgebung yon Bath haben die durch starken Regenfall ver- ursachten Fluthen ebenfalls beträchtlihen Schaden angerichtet. Die Heuernte wurde weggeshwemmt und das reifende Getreide zu Boden gestreckt. Gestern (Donnerstag) Abend fiel der Regen uo in Strömen nieder und der Wye sowie der Usk stiegen rapide. Berichte aus Bristol und: vielen auderen Theilen des Landes- lauten ähnlich und schildern die nactheiligen Wirkungen eines Regenfalles, wie man ih eines solchen in England seit vielen Jähren mcht erinnern kann. erichten aus London, 17. d. M, zufolge sind die Gewässer im Abnehmen begriffen und der Regen hat ziemlih nachgelassen. Indeß stehen immer noch viele Quadratmeilen in verschiedenen Distrikten unter Wasser und die Verrichtung von Eigenthum war sehr groß, Hie und da Len auch Erdrutsche stattgefunden und der Eintritt anderer wird besorgt. Aus dem Fluß Ebbw, der an verschiedenen Punkten mit Möbeln und anderen Gegenständen aus den orts an seinen Ufern versperrt ist, wurden zwei Leichen gezogen. Weitere ernstliche Unglücksfälle sind indeß nicht gemeldet, und man gibt fi der Hoffnung hin, daß jede Gefahr nun vorüber ist. In London regnet es noch immer ohne Unterbrechung seit leßten Mittwoch.

T-P ea Te-x.

Im Residenz-Theater ging am Sonntag der dreiaktige Schwank „Die beiden Frontignac“ von Jules Verne zum ersten Male in Scene. In der Anlage gleiht das Stück ziemlich den dramatisirten Sittenromanen, an denen die neuere fran- zösische Literatur sehr reich ist. Ju diesem Falle fehlt es freilih an tragisGen Momenten, vielmehr wird das Stük von einer heitern Stimmung getragen, die durch einen launigen und selbst geistreichen Dialog noch erhöht wird. Ein durchs{lagender Erfolg ist troßdem, und obgleich die Darstelluïg kaum in den Nebenrollen etwas zu wünschen übrig ließ, nicht erzielt worden. Das mäßig beseßte Haus nahm wohl die vortrefflichen Leistungen der A Keppler, Beckmann und Schramm, nicht aber das Stück als solhes, mit Beifall auf. Das vorangehende kleine, aber niht eben bedeutende Lustspiel von Görliß: „Das erste Mittagessen“ gab Fr. Baumeister in der Rolle der sâchsishen Dienstmagd Gelegenheit, ihre Begabung für das Komische zu bewähren und das Publikum in die größte Heiterkeit zu versetzen.

s Glöckchen Aimé

„Das des Eremiten“ von

Maillart war die leßte Novität des reichhaltigen Repertoirs, |

über welhes die diesmalige Opernsaison des Krollschen Theaters verfügt. Das melodienreiche, hier von früher bereits befannte Werk kam am Sonnabend daselbst zur ersten Aufführung und fand, mit achtungswerthen Kräften besetzt, eine recht gute Auf- nahme. Die Hauptrolle der Rose Friquet wurde von Frl, Linée mit Anmuth gespielt und warmer Empfindung gesungen. Neben ihr find Frl. Hecht als Georgette, Hr. Goldberg als Bellamy, Hr. Lan- dau als Sylyain, dessen Arie im erften Akt das Publikum zum ES Beifalle hinriß, und Hr. Basta als Thibaut nicht zu vere gessen.

Heute beginnt der Königlich bayerisGe Kammersänger Hr. Franz Nachbaur aus München sein Gastspiel als Chapelou im „Postillon von Lonjumeau.“ :

Hr. Direktor Emil Thomas bemüht sich, wie das Personal des Woltersdorff-Theaters ausweist, mit Erfolg die tüchtigsten Kräfte für sein Jnstitut zu gewinnen, namentlich für Operetten. So hat Hr. Thomas jeßt auch eine talentvolle Sängerin, Frl. Eugenie Herhold, die eine sehr \{öne Sopranftimme besitzen-foll, für das Fach der I. Operettensängerin eugagirt. Da Hr. Direktor Thomas auch Frl. Anna Preuß und den Tenoristeu Hrn. Brakel zu seinen Mitgliedern zählt, so ist er im Stande, auf dem Gebiete der Operette selbs hochgesteigerten Ansprüchen zu genügen.

Das Gastspiel der Wiener Hofburgschauspieler am National-Theater, der Fr. Hartmann-Schneeberger, der Hrn. Dr. Förster und Hartmann, gewinnt mit jeder neuen Vor- stellung an Interesse, und in demselben Maße steigert sih auc der Besuch des Publikums. So fand am Montag das Birch-Pfeiffersche Schauspiel: „Dorf und Stadt“. eine sehr etage Aufnahme, die vorzugsweise dem vorzüglichen, tief ergreifenden Spiel der Fr. Hartmann-Schneeberger als „Lorle" zu danken war. Die Künstlerin verlieh diesem unshuldsvoellen Charakter die ausgeprägteste Wahrheit. Auch der „Lindenwirth* des Hrn. Dr. Förster, wie auch die edel und wahr gezeichnete Figur des Maler „Reinhardt“ durch Hrn. Hartmann verfehlten nicht die theilnahmsvolle Auf- merksamkeit des Publikums zu erregen, das sämmtliche Darsteller dur verdienten Beifall und oftmaligen Hervorruf ehrte.

Die Mitglieder des Meininger Hoftheaters find von Sr. Hoheit dem Herzog Georg für ihre äuftrelatnde und erfolgreiche Thätig- keit während des Berliner Gastipiels in huldreihster Weise ausge- zeihnet worden. Der Regisseur Ludwig Chronegk erhielt „in Aner- fennung seiner vorzüglichen künstlerischen Leistungen“ das Verdienst- freuz für Kunst und Wissenschaft, den Hofschauspielern Hellmuth, Teller und Nesper wurde die goldene Medaille für Kunst und Wissen- schaft verliehen, während Frau v. Moser-Sperner einen koftbaren Schmuck, bestehend in Armband, Kollier und Ohrgehängen, aus Gold und röômishem Mosaik gefertigt, empfing. Dem Frl. Schmidt ließ der Herzog ein Medaillon mit werthvollen Steinen, dem ‘Hof- \{hauspieler Richacd einen Brillantring, dem Hofschauspieler Stoppen- hagen eine Busennadel überreichen. Die Gemahlin des Herzogs ver- ehrte den Damen Berg, Pauli und Dohm finnige Geschenke als Zeichen der Anerkennung und zur Erinnerung.

Signor Salvini verabschiedete sich am 16. d. von deu Londoner Publikum nah einem langen und erfolgreichen Gastspiel am Drury-lane-Theater als „Othello*.

Eingegangene literarische Neuigkeiten,

Amtlicher Bericht über die Wiener Weltausstellung im Jahre 1873. Erstattet von der Central-Kommission des Deut- chen Reiches für die Wiener Weltausftellung. 18. Heft. V, Gruppe: Holzindustrie. Von Dr. Justus Brinckmann in Hamburg. 19. Heft. X. Gruppe: Kurzwaaren. Von Carl Senfft in Stuttgart. Brauuschweig, Friedrich Vieweg U. Sohn 1875. L

Kalender und Statistishes Jahrbuch für das Kö- nigreich Sachsen nebst Marktverzeichnissen für Sachsen uud Thü- ringen auf das Jahr 1876, Herausgegeben vom Statistischen Bureau Y s sächsischen Ministeriums des Jnnern. Dresden.

. Heinrich.

Deivine Schriften der Naturforschenden Gesellschaft in Emden. XVII. Ergebnisse der Witterungs8-Beobachtungen von 1864 —1873. Von Prof. Dr. M. A. F. Prestel. Hannover. Hofbuchdructerei der Gebr. Jänete.

Die Kunst in ihrer Beziehung zur Dip Q atoate und zur Naturwissenschaft. Eine philosophishe Untersuchung von Dr, Eugen Dreher. Berlin, Gustav Hempel 1875. /

Sedan. Fefstgabe zur Begehung einer würdigen Feier de roßen Siegs- und Ehkentages in - der Volksschule ‘in Stadt und Band von- Gottfried Hartmann. 11. Auflage. Wesel, Voß

incke.

a

Redacteur: F. Prehm. Verlag der Expedition (Kessel). Drei Beilagen (einsckließlich Börsen-Beilage),

Berlin:

Druck W. Elsnekx.

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.

E 168.

Zur Militär -Literatur.

Wie bereits in dem Artikel „Publikationen des Reichs- und Staats-Anzeigers auf dem Gebiet der Militär- Literatur“ (S. Besondere Beilage Nr. 27) erwähnt, sind uns fast zu gleicher Zeit die Jahresberichte über die Ver- änderungen und Fortschritte im Militärwesen und Les armées françgaise et' étraïïgères 2x. zugegangen. Wir lassen heut eine Besprehung beider Werke folgen:

Jahresberichte über die Veränderungen und Fort- La im M:ilitärwesen. 1, Jahrgang, 1874. Unter

itwirkung des General-Lieutenant Frhr. v, Troschke, des Oberst Baron v. Meerheimb, des Oberst-Lieutenant Franz v. Erlach, der Majors Blume, Kähler, Weygand, Witte, der r Eo ad v. Hörmann, Jähns, Krahmer, Meckel, Pochhammer, Rogalla von Biberstein, v. Sarauw, Schnackenburg, Wille, des Stabsarztes Dr. Rabl-Rücthard, des Premier-Lieutenant Abel, der Ober-Lieutenants Danzer und Rißenhofer, und mehrerer Andrer, herausgegeben von D N ell, Oberst z. Disp. Berlin 1875, bei E. S. Mittler und Sohn.

Während die meisten der Wissenschaften seit einer Reihe von Jahren si regelmäßig ersheinender Berichte über die Veränderungen und Fortschritte auf ihrem Gebiete erfreuten, Hatten die Militär- wissenschaften bither ähnliche Berichte niht aufzuweisen, Der Oberst v. Löbell hat es unternommen, diesem Mangel durch das vorliegende Werk abzuhelfen.

Bei der Ausdehnung und den Fortschritten, die jede Wissenschaft in unseren Tagen aufweist, ist es dem Einzelnen kaum noch mögli, auch nur auf dem speziellen Gebiet der ihn zunächst interessirenden Disziplinen, allen Ereignissen und Leistungen zu folgen. Es ift eine Menge neuer militärischer Zeitschriften entstanden und die Zahl der erschienenen Bücher ist so groß, daß es zur Unmöglichkeit geworden ist, auch nur die hervorragendsten unter ihnen alle felbst zu lesen.

Dazu kommt, daß die Kriege von 1866 und 1870/71 einen vokl- ständigen Bruch mit maychen alten Traditionen herbeigeführt und eine Fülle von Ideen und Streitfragen hervorgerufen haben, die nach logisher Entwickelung und barmouisWer Lösung ringen,

Alle diese Verhältnisse lassen das Erscheinen eines Werkes, wie die Jahresberichte, uicht allein berehtigt, sondern nahezu geboten er- scheinen, die Art und Weise aber, wie die Aufgabe durch dieselben ge- Iöft ist, sichert ihnen einen hervorragenden Plaß in der Militärlitera- tur und giebt ihnen einen weit über die ephemeren Erscheinungen hinausgehenden Werth, -namentlich für Diejenigen, denen es an Zeit und Gelegenheit fehlt, fich durch das Verfolgen der Tagesliteratur im Laufenden über die Veränderungen, welche die Militärwissenschaften erleiden, zu erhalten.

Die Namen der Mitarbeiter und die bewährte Hand des Herrn Herausgebers sind hinreichende Bürgen, daß die Berichte zu dem Beften gehôren, was die Militärliteratur aufzuweisen hat.

Der erste Jahresbericht, der für das Jahr 1874, ift naturgemäß umfangreicher ausgefallen, als feine Nachfolger es sein werden, da es bei der Bearbeitung nicht zu vermeiden war; den Zustand der einzel- nen Theile des Kriegswesens-am Schluß des Jahres 1873 und über- baupt die Entwickelung seit 1870/71 zu s{childern, um dann die Re- formen aufzuzählen, welche ihnen im Jahre 1874 zu Theil geworden find. Die späteren Jahrgänge sollen einfach an den vorangegangenen anknüpfen und nur dann auf eine frühere Vergangenheit zurücgreifen, wenn Gegenstände zur Sprache kommen, welche in den vorausgegan- genen Berichten noch keine Erwähnung gefunden haben.

Der ganze Stoff ift in zwei große Hauptabschnitte zerlegt, deren erster die zeitige Organisation und den Standpunkt der einzelnen Armeen nach den verschiedensten Richtungen hin behandelt. Beson- ders ausführlich ift hier natürlich des Deutschen Reiches gedacht, der bayerishen Armee ist wegen ihrer mannigfachen Eigenthümlichkeiten noh ein besonderer Abschnitt gewidmet. Als Anhang ift diesem Ab- \{hnitte noch ein Bericht über das Ordenswesen in den einzelnen Staaten beigefügt.

Der zweite Hauptabschnitt stellt aus\{ließlich von sachlichen Gesichtspunkten diejenigen Materien dar, welche, abgeschen von jeder nationalen Bejonderheit, für die gesammte militärishe Welt von E F und für welche daher eine einheitliche Darstellung noth- wendig Ut.

Die einzelnen militärwissenschaftlißen Disziplinen wie die Taktik der einzelnen Waffen, die Entwickelung der Artillerie und das dazu

ehöôrige Ae, der Standpunkt der heutigen Fortifikation, das triegöspiel, Lerrainlehre und Militär-Telegraphie, sie alle werden in einzelnen Abhandlungen gesondert besprochen und zugleih auf die her- vorragendsten Erscheinungen ihrer Literatur hingewiesen.

Daran {ließt fih dann noch ein kurzer Bericht über die kriegs- geschichtliche Literatur seit 1870, sowie Darstellungen des Verlaufs der stattgehabten kriegerischen Ereignisse im Jahre 1874, d. L des Garlistenkrieges und der niederländischen Expedition gegen Atjeh.

_ Ein alphabetisches Namen- und Sachregifter erhöht, wie dies bei ähnlichen englischen Werken Sitte ift, die Brauchbarkeit des Buches.

Les armées française et étrangères en 1874. Principaux événé- ments militaires et maritimes, notices et documents statistiques, As divers etc, etc. Paris, librairie Hachette et Cie,

Das vorliegende Buch is aus dem seit 1872 sährlih erscheinenden Annuaire de la Réunion des officiers hervorgegangen, welcher in dem ungefähren Umfange von 100 Sciten eine Reihe statistisher und militärisher Nachrichten brachte. Im zweiten Jahre seines Bestehens wurde der Annuaire bereits umfangreiher und 1874 gab er außer sonstigen militärishen Mittheilungen jeder Art auch die neu votirten Gesetze sowie Notizen über die fremden Armeen.

er reichhaltige Jnhalt, melven Iue Werk bereits 1874 gewonnen, hat die Herausgeber veranlaßt, den® Titel „Anpuaire“ aufzugeben g Fen das Buch unter dem umfafsenderen „Les armées“ erscheinen zu lassen.

Als Einleitung giebt das Werk sämmtliche von der National- versammlung 1874 genehmigten Geseße militärishen Inhalts im Wortlaut, welchen sich . einige der wichtigsten Minifterialverfügungen allgemeineren Inhalts anschließen. :

Sodann tritt das Buch in die Schilderung der einzelnen Armeen ein, von denen die französische die eingehendste Behandlung ertährt. Es Wird ausgegangen von der Neuformation nah dem Kriege 1870/71, und auf dieser Grundlage werden die einzelnen Phasen, welche die Armee in ihrer O seither zu durhlaufen hatte, einer Be- \prehung unterzogen. Nachdem so ein allgemeiner Ueberblick des zei tigen Zustandes des franzöfischen Heeres gewonnen, erfolgt die Be- sprechung des Zustandes der einzelnen Waffen, sowie der Marine. Hier finden die taktischen und speziell organisatorishen Fragen und der Standpunkt, auf welchem diese sich in der französishen Armee befinden, ihre Darstellung, indem zugleich hierbei auch der fremden Armeen gedacht wird.

Wie zu Anfang das französishe Heer und die Aenderungen, weld;e es im Laufe des Jahres 1874 erlitten, allgemein besprochen wurden, fo wird au ein Üeberblick über die deutsche, englische, öster- reichishe, belgische, italienishe, -russishe, \chweizerishe, sowie die

Armee der Vereinigten Staaten gegeben, denen ftatistishe Nachrich-

ten über Die Stärke der Heere und eine vergleichende Darstellung der europäischen“ Kriegsmarinen folgen.

Nachdem die beiden kriegerischen Ereignisse des Jahres 1874, der Carlistenkrieg und der Krieg der Niederländer auf Sumatra in

Berlin, Dienstag, den 20. Juli

e längeren Kapiteln behandelt sind, {ließt sich hieran eine Ge- ammtübersiht der Arbeiten, welhe durch das Bulletin de la Réunion des - officiers veröôffentlicht sind und eine auf 6 Seiten zusammengefaßte resumirende Schlußübersiht der Organi- sation aller besprohenen Armeen und ihrer Entwickelung. Hier- mit hat das eigentlihe Werk seinen Abschluß gefunden; als Anbang erscheinen noch die Themata, nach den einzelnen Disziplinen geordnet, welche im Bulletin veröffentliht worden sind, sowie Uebersichten der wichtigsten Militärzeitschriften, kartographishe Nachrichten u. #. w.

Den Schluß bildet die Darlegung der Zwecke der Réunion des officiers und der Mittheilung ihrer Statuten.

__ Der Inhalt des vorstehend besprochenen Werkes hat vielfach dieselben Ziele verfolgt, wie die vom Oberst v. Loebell herausgegebe- nen Jahresberichte über die Veränderungen nnd Fortschritte im Militärwefen.

Während indeß die Jahresberichte eine objektive Darstellung des Standes der heutigen Militär - Wissenschaften geben, finden wir dieselben in „les armées“ dech nur an der Hand der Besprehung des Standes der einzelnen Waffen in Frank- reih erörtert, wobei denn nebenher noch ein Blick auf dieselben Ver- hältnifse in den fremden Armeen geworfen wird.

Ebenso fehlt in dem französischen Werke der Bericht über ein-

zelne militärische Hülfswissenschaften, wie Terrainlehre, Militär-

telegraphie, Kriegsspiel 2c., insbesondere aber ein folcher über die her- vorragenden Erscheinungen auf dem Gebiete der Militärliteratur; be- sonders interessant für weitere Kreise dürfte die zusammenfassende Schlußübersiht über die Entwicktelung der Heere 1874 erscheinen, welche in den deutschen „Jahresberichten®“ durch das alphabetische Namen- und Sachregister nur zum Theil ersetzt ist.

Der Inhalt des von der Réunion des otficiers herausgegebenen Buches liefert den Beweis, wie man innerhalb der Kreise des fran- zösischen Offizier-Corps bemüht ist, sich in Kenntniß zu erhalten über die Zustände der fremden Armeen sowohl, wie auch über die militäri- schen Tagesfcagen.

Kunft, Wissenschaft und Literatur.

Von Dr. Wiechmann (früher zu Kadow) erhält die „Rostockter Ztg.“ folgende Mittheilung: „Es wird manchem Leser er- innerlich sein, wie vor etwa einem Jahre in verschiedenen Blättern die Nachricht kursirte, daß in Travemünde, in altem Holzwerk, die Teredo navalis, jene unter dem Namen Pfahlwurm bekannte Bohr- muschel gefunden is, welche bereits 1731 nebst anderen Arten ihres Geschlehts in den Deichen Hollands so verhängnißvolle Verwüstungen angerichtet hat. Als jener Fund im vorigen Herbste von Hrn. Pro- fessor Dr. Karsten-Kiel und Hrn. Konservator Lenz-Lübeck in Warne- münde besprochen ward, äußerte der Lootsen-Commandeur Hr. Janzen, daß er vom Bohrwurm zerstörtes Lol auch schon in arnemünde gesehen zu haben meine, und diese Ansicht hat sich bestätigt, indem ih ganz kürzlih mehrere Pfähle untersucht habe, in denen Teredo navalis ret arg gehaust. Diese Pfähle haben im sogenannten Strom, ganz nahe am Zimmerhofe gestanden und waren erst in neuercr Zeit ans Land ge- braht. So scheint denn der Pfahlwurm in der Ostsee weit mehr verbreitet zu sein, als man bisher anuehmen konnte, doch giebt sein Auftreten in Travemünde, wie bei uns in Warnemünde, jeßt noch feinen Anlaß zu Befürhtungen. Von Interesse is es außerdem noch, daß nah den sorgfältigen Untersuhungen, welche Hr. Professor Dr. Moebius - Kiel mit Schalen von Teredo angestellt, die ich aus dem der Tertiärzeit angehörendèn „Sternberger Kuchen“ gelöst habe, diese fossile Art durhaus nicht von der noch jeßt in der Ostsee, aber auch in der Nordsee, dem atlantishen Ocean n. |. w. lebenden Teredo navalis L, abweicht.“

Das Innere des Münsters zu Freiburg hat am Ende des yorigen Jahrhunderts (1793) die leßte größere Renovation er- fahren. Wahrscheinlih war es auch damals, wo nach dem Geshmacke jener Zeit die aus rothem Sandstein bestehenden Wände, Säulen und Bogen mit einer grauen Tünche überzogen und dadurch die natür- liche Farbe des Gesteins verkleidet und die Malereien an der ge- wölbten Decke unsichtbar gemacht wurden. Seit etwa zwei Jahren ist man nun damit beschäftigt, diese Tünche wieder abzunehmen, die natürliche Farbe des Gesteins wieder herzustellen und die verdeckten Wandmalereien und Verzierungen wieder zum Vorschein gelangen zu lassen. Das Abkraßen der Tünche von dem harten Gestein, insbeson- dere von den feineren Skulpturen, ist eine s{chwierige und mühsame Arbeit und erklärt \sich daraus die lange Dauer dieses Geschäftes. Die dur die Kreuzung der Bogen des Gebäudes gebildeten Felder an der gewölbten Dccke erhalten einen weißen Anstrich und auf diesem werden die \. Z. durch den Tüncheüberzug verdeckten Wandmalereien in ihrer früheren Gestalt und Farbe wieder hergestellt. Das Innere des herrlichen Bauwerkes wird durch Entfernung der graugrünlichen Tünche und Bloßlegung des Gae Gesteines unbedingt gewinuen. Bis jeßt ist erst das Mittelshiff und ein Theil des nördlichen Seiten- \chifes in der erwähnten Weise bearbeitet.

Nachdem der Venetianer Amerigo Vespucci nun Jahrhun- derte lang als der Mann gegolten hat, von welhem Amerika seinen Namen herleitet, hat man jevt entdeckt, daß der Name des Welt- theiles einen ganz anderen Ursprung hat. Jn der zum centralameri- kanishen Staate Nicaragua gehörigen Provinz Chontales befindet si nämlih eine hohe Hügelreihe, welhe bei den Eingeborenen seit undenklichen Zeiten hon Americ, Ammerrique oder Amerique genaunt wurde, und dieser Name soll dann dad der Entdeckung durch die Europäer auf den ganzen westlichen Kontinent ausgedehnt worden sein. Jules Marcoue stellte diese Behauptung zuerst im Märzhefte des „Atlantic* auf, und es. gelang ihm auch, seiner Theorie eine ge- wisse Glaubwürdigkeit zu verleihen. An erster Stelle hieß Vespucci mit seinem Vornamen \{chon niht Amerigo oder Americus, sondern Albericus, und man \chrieb diesen Namen später nur leichtfertig auch in der ersteren Manier, wie er sogar manchmal als Morigo vor- kommt. Es is der stärkste Beweis dafür vorhanden, sagt J. Mar- coue, daß dieses die beregten Hügel bezeichnende Wort Americ ein einheimishes is, und die Endung ique oder ic kommt bei Orts- bezeihnungen in der Sprache der Leukaindianer in Centralamerika über- haupt sehr häufig vor. Ja, der ganze Name Amerique ist heute noch dort mit der vorberegten örtlichen Bedeutung gerade so gang und gäbe, wie im Jahre 1502,, als Columbus daselbst seinen Besuch ab- gestattet haben soll Er legte damals, um seine Schiffe zu repariren, foulden der kleinen Insel La Huerte und dem Festlande an. Co- umbus thut in einem Schreiben verschiedener goldreicher Lokalitäten wähnung, und nennt darunter au die an die Americkette angrenzende Provinz Ciamba oder Carambura. Deshalb muß er aber auch jeden- falls den Namen jener Hügelreihe gehört haben. Wenn troßdem der- selben in seinem Journale keine Erwähnung Felten h läßt sich dies aus dem Umstande erklären, daß er zur Zeit der Abfassung des- selben mit Ketten beladen, alt, {wach Und von Leiden und Ünge- rechtigkeit niedergedrückt, fich als Gefangener auf Jamaica befand. Das Wort „Americ" bemerkt Hr. Marcoue, gleihbedeutend mit die- sem Goldlande, wurde nun in den Seehäfen Westindiens, und dann in jenen von Europa bekannt. Es drang allmählich in das Jnnere des Kontinents vor und hatte auch in Frankreich, nah dem Zeugnisse eines Druckters und Buchhändlers in St. Die, am Fuße der Vogesen die Geltung eines indianishen Wortes, welhes eine an Goldminen reiche Gegend in Neuindien bezeihnete. Daher also das Wort Amerika, Der Buchhändler von St. Die aber, der feine Kenntniß

über die neue Welt aus den im Jahre 1505 lateinisch und 1506 deutsh veröffentlichten Erzählungen von Albericus Vespucius her- leitete, glaubte eben den Ursprung des Namens des neu entdeckten Welttheiles in dem des leßtgenannten Seefahrers zu finden und yer- änderte daher in einem Pamphlet das „Albericus“ eigenmächtig in e Americus“, Dem Pamphlet aber war zugleih au eine Karte bci- gefügt, die den Namen Amerika führte, und die Schrift nebst Bei- lage gelangte erst lange nach dem Tode von Columbus nach Spanien, als au die Theilnehmer an seiner Entdeckungsreise, übrigens lauter ganz „ungebildete Leute, theils gestorben und theils nach ihrem „Indien zurückgekehrt waren. So war also Niemand vorhanden, der den Irrthum hätte berihtigen können. Die beregte Schrift wurde in der Folge zu Straßburg und Basel neu aufgelegt und man dachte anfänglich beim Namen Americ keine3wegs an eine Person, fondern blos an ein Land, da St. Die's Werkchen im Ganzen nur wenig beachtet wurde. Es ift hier zu bedenken, daß Columbus bis zu seinem Tode glaubte, er hâtte nur eine direkte westlihe Route nah Indien aufgefunden, was ihn selbs und seine Zeitgenossen wahr- scheinlih daran verhinderte, den entdeckten Ländern einen Koll-ktiv- namen zu geben, und nur er hätte den Fehler der vorerwähnten etheoretishen Geographen“ Europas berichtigen können. Jules Mar- coue bemerkt zum Schlusse feiner Abhandlung sehr rihchtig, der Ruhm von Columbus werde durch diese neueste Entdeckung, daß der Name des Welttheiles ein einheimischer sei, keineswegs beeinträchtigt. Die gegen Alverico Vespucci erhobene Anklage aber, daß er sih gewisser- maßen Bu Plagiats {chuldig gemacht habz, fiele hiermit zusammen. ._— Lem Kalender und statistischen Jahrbuch für das Königreich Sachsen ist seit Erscheinen das allgemeinste Interesse entgegengekommen, da diese Veröffentlichungen des statistischen Bureaus des N sächsischen Ministeriums des Jnnern stets eine neue Aus- wahl belehrender und nüßliher Mittheilungen in gedrängten über- sichtlihen Zusammenstellungen darbieten. Für 1876 enthält der astronomishe Kalender, von Professor Dr. Bruhns - herausgegeben, auf 67 Seiten außer den früheren Abschnitten „Resultate aus den meteorologischen Beobachtungen im Königreibe Sachsen im Jahre 1874“ und einen Aufsaß „Ueber die Bestimmung der Größe und Figur unserer Erde durch Gradmessungen*“. Die „Markt- verzeichnisse für das Jahr 1876“ verbreiten sih auch auf die Nachbar- länder Sachsens. Der zweite Theil des Buches „Statistisches Jahrbuch für das Königreih Sachsen“ is die erste Veröffentlichung, welche unter Redaktion des seit diefem Jahre zum Direktor des Kö- niglichen statistishen Bureaus berufenen Dr, Vikt. Böhmert erscheint. Der Inhalt dieses, 112 Seiten umfassenden Theiles ergänzt die früheren Jahrgänge _îin mannigfahstec Weise. Die allgemeine Landes- und Bevölkerungsstatistik zeigt 1) die neuen amts- hauptmannschaftlihen - Verwaltungsbezirke nah ihrer Größe, mittleren Höhe und Bewohnerzahl, 2) die Volkszählungs- ergebnisse vom 1. Dezember 1871 nach acht verschiedenen Richtungen, IIL. die Bewegung der Bevölkerung nah siebenfachen Beziehungen. Nach einer Uebersiht der Brände und Immobiliar- brandversicherungen in den Jahren 1849—1873 sind die Wirthschafts- statistik in 9 Hauptabschnitten, die Verkehrsstatistik in 6 solchen meist mit vergleichenden Angaben aus früheren Jahren dargestellt . Die Finanzftatistik giebt namentlich auch ein Bild von dem Steuer- wesen im Jahre 1873; die Unterrichtsstatistik vergegenwärtigt die Schulinspektionsbezirke des Königreichs nah ihrer Begrenzung im August 1874, sowie die Frequenz der höheren Lehranstalten Sachsens ; shließlih ist eine Statistik des Medizinal- und veterinärärztlichen Personals zusammengestellt, welche unter Anderem das Verhältniß ersehen ‘läßt, in welchem die Anzahl von Aerzten, Apothekern 2c. zum Raume einer Quadratmeile steht. Von der „Alsatia, Neue Beiträge zur elsässiscen Landes-, Rechts- und Sittengeshichte, Sage, Sprache und Literatur“, heraus- gegeben von Aug. Stöber, ist wieder ein Band (Colmar, Barth 1875; 476 S.) erschienen. Derselbe enthält, außer 28 Miscellen, 26 größere und kleinere Artikel, welche die Provinzialgeschichte deé Elsasses betreffen und Mittheilungen aus der Zeit vom 12. bis in das 19, Jahrhundert bringen. Den Anfang macht eine Reihe von Briefen von G. K. Pfeffel an J. G. Jacobi aus den Jahren 1787 bis 1809, mitgetheilt von Stöber. Andere Mittheilungen des Heraus- gebers beziehen sich auf Sprüchwörter und sprüchwörtliche Redens- arten aus Joh. Pauli’'s „Schimpf und Ernst“, auf oberelsässische Sagen und Volksmärchen. Eine Reihe - wenig bekannter Gedichte Sebastian Brants veröffentlicht K. Schmidt ; ein anderes Gedicht, in einer Schrift von 1580 enthalten, hat „den Kampf des Roraffen mit dem Hanen“ im Münster in Straßburg zum Gegenstande. Von topographischen und chronikalischen Publikationen sind zu nennen: die Beschreibung des Klosters und Dorfes Obersteigen im Unter- elsaß von Dagob. Fischer; die kurze Colmarer Chronik (1205 —1400), die Julian See mittheilt; Bruchstücke aus der Ensisheimer Chronik 1471—1527) und Auszüge aus einer Chronik des Frhrn. F. L. aldner v. Freundftein (1525) über den Bauernkrieg im Oberelsaß, bearbeitet von J. Chauffour; endlich Straßburg im 16. Jahrhundert (1500—1591), ein Auszug aus der Jmlinschen Familienchronik, herausgegeben von Rud. Reuß. Der Text ift einer Handschrist ent- nommen, welche aus der Zeißschen Sammlung in das Eigenthum der Kaiserlichen und Universitätsbibliothek in Straßburg Übergegangen ist, Für das 16. Jahrhundert sind die Aufzeichnungen, welche von vier Mitarbeitern herrühren, gleichzeitig und von besonderem Juteresse für die Kenntniß des inneren Lebens im Revolutionszeitalter.

Ueber das Erdbeben an den Grenzen von Columbia und Tee ees enthält ein Brief aus Salazar, den die „A. A. C.* mittheilt, folgende Nachrichten: Cuenta liegt in Ruinen, nicht ein einziges Haus ift stehen geblieben. Die Zahl der Umgekomme- nen {aßt man auf 5000. Rosario, San Antonio, Capaho Gua- funo, San Juan de Wrena, San Cayctaro, San Christabal, Ta- rida, {Soberatiro de Grila und die benachbarten Dörfer sind ebeu- falls völlige Trümmerhaufen. Chinacola, Chafo, Sampalona, Cuen- tilla, Arbdebas, Santiago, Gallindo und Granalota haben auch sehr gelitten. Jn der Stadt Cuenta if nicht ein Stein auf dem anderen geblieben. Die Zahl der Todten ftellt fih, einer ungefähren Berehh- nung nach, drei Viertet der gesammten Bevölkerung gleich. Die wenigen Familien, die gerettet wurden, wohnen nun in deu Umgebun- gen der ehemaligen Stadt und leben von der Hand zum Mund, aber fie werden bald genöthigt sein, sich zurückzuziehen, da der Geruch der in Fäulniß übergehenden Leichen ihnen niht gestatten wird, zu bleiben. Es ist T Pee die Verwundeten zu sehen, die keine Pflege genießen, und die in ihrer jeßigen Lage nicht lange am Leben bleiben können. Man kann \ich keine hinlängliche Vorstellung von der dortigen Lage der Dinge bilden. Diebe und Räuber aus der Um- egend hausen in der unglücklihen Stadt, und aus dem Zollamte ist auur irgend etwas gerettet worden. Die Plünderung is allgemein. Vierhundert Maulesel wurden in den Straßen getödtet, und da Nie- mand da ist, um fie wegzuschaffen, werden die verwesenden Körper gefährlich. Das Magazin in Puerto de los Cuchos wurde von Ban- diten geplündert und verbrannt. Jn Predecuesta ist das Rathhaus zerstört und in Pamplona liegt die Kathedrale in Ruinen. Aus mehreren Quellen hören wir, daß die venezuelishe Seite womöglich noch mehr als die columbische gelitten hat, Der Vulkan soll auh noch nit seine Thätigkeit eingestellt haben. Nah Briefen aus Ocata dauern die Erdstöße noch immer fort und in dem Thale von Cuenta herrscht große Bestürzung.