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„Im Sommer — so erzählt er in einem Vortrage in der Berliner Humanitätsgesellshaft — war ih auf dem Broten. Es ist ein herrliher Berg und werth, von \o vielen Menschen besuht zu werden. - Es war ein \{öner Tag, und von allen Seiten zog die Menge dere oben des Anblicks zu genießen. Ich hatte mih etwas vom Gipfel entfernt, abwärts gegen den Wald. Da erschien von unten eine kleine Gruppe, Führer voran, dann der Vater, die Frau und zwei Töchter. Sie er- regten meine Aufmerksamkeit durch die Freude, welhe ihnen der große Blumenwald von 4 Fuß hohen prachtvollen Epilobium angustifolium und Digitalis purpurea mate, durch welchen der Weg zum Gipfel herauflief. Ih näherte mih ihnen, und ent- deckte bald an unzweideutigen heimishen Ausdrücken, daß es eine Berliner Familie sein müsse. Der Führer verrieth mir, es sei P Eller, Shumannss\traße Nr. 22. Die Ermüdung führte e in das Haus, und fie traten erf nah langer Zeit wieder hervor an den Rand des Berges. Ob man wohl Halberstadt sieht? sagte der Hofrath. Freilih, sagte sein Nachbar, wohl mehr als das. Die Thürme dort in der Ferne, das is der Dom von Magdeburg, und der helle Silberstreif, der sich dort so weit hinzieht, das if die Elbe. Da fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. So i| das wohl {hon Halberstadt, der große Ort gleich unter den Füßen? O- wie weit kann man doch sehen! Dahin muß dann Braunschweig liegen, dort Hildesheim ; sollten wir denn Hannover nicht finden? Plöglih fuhr er zurück. Was seh? ih! rief er. Ich glaube es is das Meer, dort, weithin über Bremen. Und alle Fernröhre wendeten sich \{chnell; der Ruf: das Meer! das Meer! drängte von allen Seiten einen dichten s zusammen. Bremer! \{chrie der Würzburger laut, remer, komm her, \{hau, ist es das Meer, was wir sehen ? Gott firaf mi, rief der Bremer, wenn's niht das Meer ift. Dort über Elsfleth hinaus, nach der Jahde hin. Ih werd's doch wohl wissen; ih bin ers im Frühjahre da gewesen, als meines Vetters Schwager, Kapitän Hansen, in der Armee von Jamaica, gekommen war, und uns in seiner Kajüte mit Rum traktirte. — Glauben Sie doch nichts davon, sagt der Professor Delt von Scheppenstedt zum Hofrath. Die Kimmung sagt, man kann das Meer von hier gar niht sehen. Die Kimmung ? Wer i| das? Wer ist sie? Ist sie da gewesen? Woher weiß fie das? — Um Verzeihung, die Kimmung ist keine Person: es is eine physische Abstraktion und heißt auch Depression des Hori-

zonts, Ich will Ihnen das durch eine Figur zeigen. — D de- primiren Sie sg —Ffagt unuillig dor Gafrath,—

und lassen Sie das Bremer Meer in Ruhe.

Unwillkürlich hatte fich dennoch das Fernrohr vom Meere abgewandt, und wenige Sekunden darauf war ès einen ganzen Quadranten entfernt, nah ganz anderen Seiten gerichtet. Nein ih irre mi nicht, rief er_ na einiger Zeit; o Julchen, komm doch geschwind, Julchen sieh; das ist wahrhaftig der Herkules auf dem Weißenstein. Ih seh das ganze Octogon und die Statue oben auf, und sogar die Treppen; o Gott, wie ist das so \{ôn! Herr Rosenstock, Herr Rosenstock, sehen Sie do, sagt Julchen, sehen Sie, wie herrlih, wie \{hön! O das sollten Sie malen! Nein, Iulcyen, sagt der Hofrath, das malt kein Maler, das ist zu groß, zu göttlih; so hoch kann fih die Kunst nicht heben. Den Teufel auch, sagt Herr Rosenstock: wenn ih das niht malen könnte! Ein Strich und einen Punkt darauf, da haben Sie den Herkules, den Sie sehen. Ih will Ihnen einen Herkuies malen, so groß als ein Kron- leuhhter, da sollen Sie etwas ganz anderes sehen, als hier aus der Ferne. Was haben Sie denn an diesen langen carakter- losen Horizontallinien, die dick auf einander liegen, ohne Anfang und Ende? da ist gar nihts, was sich hebt und die Aufmerk- samkeit zusammenhält-und leitet. Kein Vorgrund, kein Mittel- grund. Wo ist denn hier noch ein Gedanke von Einheit des Ganzen ? Die Kirhthürme find angeklebt an die Wiesen, wie be- hauene Balken, und das Licht schiebt sih_dick und gleihförmig über das Alles weg, als wäre es umgestülpte Milch auf einer alten Käffee- serviette. — Sie haben Cichorien im Kaffee gefunden, sagte zornig der Hofrath, Sie sind ganz verstreut. Es is reine Blasphemie, was Sie reden. — Im Umwenden s\ahe er einen Haufen jun- ger Leute; Studenten schienen es zu sein. Mit großer Lebhaf- tigkeit hien der Eine zu erzählen, was man sahe, und jedesmal streckte er die Hand aus, als wollte er den Gegenstand fassen, um ihn den Freunden zu zeigen. Und sie jauhzten laut auf, und die Brust wollte ihnen zerspringen vor Freude und vor Lust. — Das find meine Leute, rief der Hofrath, und eilte auf fie hin. — Ich sehe, Sie kennen das Alles, sagte er; o sagen Sie mir, was is denn das große Schloß dort und der Ort darunter? Es muß doch wohl ein paar Meilen von hier liegen. — Ja wahrhaftig, weit genug; es ist Gotha und der Friedenstein darüber. Um Gotteswillen, das i Gotha? es

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\heint so nahe! — Der Berg darüber, das ist der große Insels- berg mit dem Häuschen drauf. — Und der Thurm hier auf der öhe vor Gotha? — Der Possenthurm ist es bei Sonders- ausen; es istt ein guter Tagemarsch hin von da bis nah Gotha. — Aber der Berg, \o lang gedehnt in der Ferne? — Das ist der berühmte Meisner in Hessen! Das hessische Alpengebirge "und der blaue Streif am Horizont, das find die Goldberge auf dem Westerwald, am Ursprung der Eder. — Wo auch die Lahn herabläuft? — Ia wohl! — Ist's möglich! hier die Rheinlande und dort Magdeburg und die Elbe; und das Alles umfaßt ein einziger Blick! — Nun wollte er jedes Dorf wissen und jeden Berg, und lief unruhig bald gegen Norden, bald wieder Cassel zu, wo man Halberstadt sieht, Quedlinburg und den Petersberg von Halle. Die e iede des Anblicks, die Größe des Ein- drucks war sihtlich mit jeder topographishen Kenntniß gestiegen, und mit Gewalt mußte man ihn endli erinnern, daß es Zeit sei, wieder hinunter zu steigen. s Im Walde am Abhange, wo der Weg {hon wieder anfing, etwas menschliher zu werden, ward er ganz tieffinnig, nah- denkend. Gewohnt, den Gründen seiner Empfindung nahzu- forschen, wollte es ihm nit recht klar werden, .was denn oben die Úrsache der so lebhaften Stimmung gewesen sei, die, wie er wohl fühlte, sein ganzes inneres Sein aufgeregt, es für lange Zeit in Bewegung gesetzt hatte. Die Ausficht ist so wundershön, sagen die Leute; der Maler will aber von Schönheit nichts wissen, und genau überlegt, find seine Gründe haltbar genug. Selbst dem Lichte über das Ganze will er nicht einmal einen besonderen Reiz einräumen. Unruhig trat er mit seiner Gesell- \haft zu Ilsenburg in die Forelle, und * konnte fich nit ent- halten, etwas von dem zu äußern, was sich ihm sogleih nicht entwickeln wollte. Der bekannte Botaniker, Professor Wall- mann, war eben auch eingetreten. Ih fühle wohl, was Sie quält, sagte er ihm: allein mit dem Anblick von hohen Bergen vertraut, kann ih vielleicht etwas bei- tragen, Sie zu beruhigen. Nicht die Schönheit, nicht die Ferne der Gegenstände hat Sie bewegt, sondern die Wirklichkeit ist es, die Wahrheit und “das aus ihr hervortretende lebendige Gefühl der Freiheit des Geistes. Was Sie eben gesehen haben, war kein Schein, die Stadt und die Berge, das Rheinland und die Elbe haben Ihnen wirklich gesandt, was Sie oben berührt hatte, und was in so großer Entfernung, über einen \o bedeutenden Theil der Erdfläche, zerstreut liegt, haben Sie mit völligem E O mußtsein des Einzelnen als ein Ganzes in fi aufgefaß:- [s Ihnen die Scheppenstedter Kimmung das Meer yoxfülsell hatte, war der Reiz des Anblicks vershwunden ; do? Gefühl der Wirk- lihkeit war zerstört; aber je mehr Sie Orte und Städte er- kannten, je mehr die ausgebreitete Welt durch Erkennen der ein- zelnen Theile fh aus der Unbestimmtheit des Nebelanblicks er- hob, und die unendlihe Fläche fch individualisirte, um so größer ist Ihnen die Welt geworden. Ja wir fühlen es, wic find niht mehr allein auf der Spiße des Berges, wir sind äberall; Gotha, Hannover, das Hessenland und die Elbe m-cden uns nit hin- gemalt, wir find zugleih hier und do:c in jedem Punkte an- wesend. Und frei fühlt fich der u»sterblihe Geist, wenn er so viel zu umfassen vermag, und wexa er alles, was ihn niederdrückt und am Boden festhält, ix dem engen Kreise ihrer kleinlichen Wirksamkeit festgebannt {ieht. Lebendig und klar is es, daß was von ihm hervorgeht, unabhängig von beengenden Kräften, ewig fortwirkt im Laufe der Zeiten, einflußreih und wohlthätig, wenn wir Mach finden, ihn stets emporftrebend und krastvoll zu erhalten.

9 Wahrlich, Herr Wallmann, rief entzückt der Hofrath, zu Ihnen hat die Natur noch durch andere Zeugen geredet, als blos durch Pollenfäden, Stigma und Germen. Ia, so ist es: es ist das Gefühl der Wahrheit und Freiheit, das uns oben begeistert ; dur dies verklärt und geläutert, ist uns Muth und Kraft von Neuem erregt, die Beschwerden des Lebens zu tragen. Mit ihm kehre ih in die Heimath zurück, und Wahrheit und Freiheit werden mir die Lust und Liebe des Lebens stets lebendig er- halten, auch wenn die Frau mit der Küchenrechnung eintritt oder der Amtsbote mit den Akten erscheint, Shumannsstraße Nr. 22, 2 Treppen hoh.“

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Cöla-Mind. Pr.- Antheil MeokKl, Eisb.-Schuldvers. Amerik, rückz, 1881

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óremer Anleihe de 1874

Lübecker Präm,

e Beilage

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.

e 33 vom

17. August 1875.

Inhalt: König Friedrih Il. und die Akademie der Wissenschaften. (Zum 17. August.) — Die Ausstellung kunstgewerbliher Arbeiten vom Mittelalter bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts im Kurländer Palais zu Dresden. — Reifeblätter. IV.

König Friedrich Il. und die Akademie der W issen- schaften. (Zum 17, August.)

Wie König Friedrich Il. den Künsten und Wissenschaften seine besondere Theilnahme zuwandte, so widmete er au der von König Friedri I. gestifteten Akademie der Wissenschaften ein lebhaftes Interesse. Gleich in den ersten Jahren seiner Re- gierung .reorganifirte er das Institut und gab ihm eine der Würde der Wissenschaften angemessene Stellung. Die „Acadé- mie des sciences et belles lettres“ wurde in vier Klassen ge- theilt, die der Physik, Mathematik, Philosophie und Philologie gewidmet waren. Jede Klasse bestand aus 6 einheimishen Mit- gliedern, welche jährlih ein oder zwei Abhandlungen über die betreffenden Disziplinen auszuarbeiten und zum Vortrag zu bringen verpflichtet waren. Etwa 16 Pläße waren für vor- nehme Beamte oder Militärs bestimmt, die als Ehrenmitglieder den Sizungen beiwohnten. Jährlich wurden Preisfragen ge- stellt und die Arbeiten, welhe man des Preises würdig erachtete, mit Verleihung einer 50 Dukaten {weren goldenen Medaille, ausgezeihnet. Durch den aus\{hließlihen Debit des Kalender- wesens, durch die Censur für alle im preußischen Staat zu druckenden Bücher, durch die Aufficht über die Heraus- gabe der Landkarten und dur * dahin einshlagende eigene Unternehmungen war der Akademie Gelegenheit zu einer reihlihen Einnahme gewährt. Als Präsidenten der Akademie hatte König Friedrich 11. einen der hervorragendsten Mathematiker seiner Zeit, Maupertuis, berufen, außerdem zahlreiche bedeutende Gelehrte als Mitglieder. Namentlich aber bewies der König der Akademie die lebhafteste Persönliche Theilnahme ; honn Svievvichselbf_war cires der thätigsten Mualieder des Instituts und ging den Akädemikern durh- literarische Arbeiten, Die cr verfaßte und in den Sißungen vortragen ließ, mit anregendem Beispiel voran.

, Die Akademie hat die Förderung, welhe ihr von König Friedrich 11. zu Theil geworden, ftets mit Dank anerkannt, und diesen dur zahlreihe Abhandlungen ihrer angesehensten Mit- glieder, welche sich mit der Regierung und den Shriften des Königs beschäftigen, bethätigt, Nah den neueren Statuten vom 31. März 1838 findet alljährlich zur Feier der Geburt Friedrichs II,, als des Erneuerers der Akademie, am 24. Januar oder an dem nächstfolgenden Sißungstage der Gesammt-Akademie, eine öffentlihe Sihung derselben statt, in welher meist Abhand- lungen, die dem Gedächtniß des Königs geweiht find, zum Vor- trag kommen. her I geben r es Qi der Redner, die bis-

er Akademie zum Gedächtniß Friedrihs gesproche :

Ewald Friedr. v. ae L L : 9 S Ip : u

am 25. Jan.

L 1787. Ewald Friedr. v. Herbberg 1788. örh. de Verdy du Vernois 1790. N FAnRes v. Müller . 1805. ohannes v. Müller 1807. chleiermadcher 1817,

1821, 1825. 1826. 1828. 1832. 1833. 1836, 1838. 1839. 1840. 1841.

am 24. Jan. 29, Jan. 24. Jan. 24, Jan. 24. Jan. 24. Jan. 24. Jan. 26. Jan. 24. Jan. 15. Dez: 25. Jan. 24. Jan. im Juni

Alex. v. A. Böck

A B Friedr. v. Raumer

Entcke.

A. Böckb

in der Universität zu Berlin.

riedr. v. Raumer . hrenberg A. Böckh .

Encke .