1875 / 207 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 04 Sep 1875 18:00:01 GMT) scan diff

Die heute ausgegebene Nr. 36 der Allgemeinen Ver- loosungs- Tabelle des Deutschen Reihs- und Königlich Preußischen Staats-Anzeigers enthält die Ziehungslisten folgend:r Papiere: Aachhen-Maftrichter Eisenbahn - Prioritäts - Obliga- Uonen. Augsburger Prämien-Anlehen. Badische 35 Fl.- Loose do 1845. Bamberger mechanische Baumwoll-Spinnerei und Weberei, Prioritäts-Obligationen. Barl etta Prämien- Anleihe de 1870. Hamburgische Staats-Prämien-Anleihe de 1846. Insterburger, Kattowiger, Neustadt-Ebers- walder Stadt-Obligationen. Marienburger _Kreis-Obliga- tionen. Moskau - Kursk - Eisenbahn - Obligationen. Nor- wegische Staats-Anleihe de 1872. Oesterreichische Nord- westbahn-Prioritäts-Obligationen. O est erreichisches Staats- Prämien-Anlechen de 1864. P appenheimsches Prämien- Anlehen. Pommersche Provinzial-Chauf} eebau-Obligationen. Russishe Central-Bodenkredit-Pfandbriefe. Rybinsk- Bo- logoye- Eisenbahn-Aktien und Obligationen. Schwed ische Reichs-Hypothekenbank-Pfandbriefe. Stuttgarter Gemeinde- {chuld-Obligationen. Ungarische Bodenkredit-Institut-Pfand- briefe. Waadter 4x proz. Kantonal-Anleihe de 1868. Werxiò Güter-Hypotheken-Vereins-Pfandbriefe. |

Die Allgemeine Verloosungs - Tabelle erscheint wöchentlih einmal und ift zum Abonnementspreis von 1 Mark 50 Pf. (15 Sgr.) vierteljährlih durch alle Postanstalten, so wie durch Carl Heymanns Verlag, Berlin, s. W., Königgräger- firaße 109, und alle Buchhandlungen zu beziehen, für Berlin au bei der Expedition, Wilhelmstraße 32. Preis pro einzelne Nummer 25 Pf. (21/, Sgr.)

Die heutige Nummer des „Reichs- und Staats Anzeigers“ enthält im Central-Handelsregister:

Nr. 26 der Tarif-Veränderungen der deutschen Eisenbahnen.

Nichtamkliches. Deutsches Nei.

Preußen. Berlin, 4. September. Ueber das Festdiner zu Ehren Sr. Kaiserlihen und Königlichen Hoheit des Kronprinzen im Rathhause zu Augsburg meldet die „Allg. Ztg.“ Folgendes:

Augsburg, 2. September. Heute Nachmittags fand im goldenen Saal des in einer wahrhaft großartigen Weise mit künftlerishem Geshmack dekorirten Rathhauses das Festmahl statt, welches die Vertreter der Gemeinde Augsburg zu Ehren Sr. Kaiserlihen und Königlichen Hoheit des Kronprinzen des Deutschen Reiches und von Preußen und zur Feier des National- festtages veranstalteten. Als Gäste waren außer Sr. Kaiserlichen und Königlichen Hoheit und Dessen Gefolge erschienen Kriegs- Minister v. Maillinger, General v. d. Tann und mehrere andere Generale und hößere Stabs-Offiziere des I. Bayerischen Armee- Corps, ferner Fürst Fugger-Babenhausen und die Spitzen der hiesigen Civilbehörden. Während des vortrefflich arrangirten Makhles, das dur die Vorträge des städtishen Orchesters ge- würzt wurde, gelangte die Festfreude zu ungebundenem und Heiterem Ausdruck. Die Freude wuchs aber zu lautem Jubel an als Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit folgenden Trinkspruch ausgebracht hatte:

«Meine Herren! Uns alle beseelt beute die cine erhebende Em- pfindung: sagen zu können, daß die Stunde, die uns hier festlich ver- einigt, in allen Gauen unseres Vaterlandes in gleiher Weise gefeiert wird; denn sie gilt der Erinnerung an jene unvergeßlichen Zeiten, welche der Geschichte augehôren. . Was jene Tage bedeutet haben, erfüllt uns mit Dankbarkeit au denen gegenüber, die so wesentlich su den großen, für unser Vaterland bedeutungsreihen Erfolgen bei- getragen haben, derer nicht zu vergessen, die nicht mehr unter uns weilen. Lassen Sie uns aber jeßt nicht dessen gedenken, was damals in blutiger Stunde erzungen wurde, lafsen Sie uns lieber freudig das genießen, was im Frieden als Frucht jener Saat entstanden ist, und was Mir jeßt überall so laut entgegen- tônte: daß der Schlachttag von Sedan gleihzeitig der Geburts- tag des wiedererstandenen Deutschen Reiches ist. Meine Herren! Wenn dieser Gedanke unsere Herzen erbeben macht, indem wir erleben durften, was Generationen heiß ersehnten, nämlich das Reich an Kopf und Gliedern neugestaltet wieder aufgerichtet zu sehen, so ift für Sie Hier noch besonders hervorzuheben, daß König Ludwig Il. es war, der die Anregung hierzu gegeben hat. Unvergeßlih bleibt daher der Name Ihres Königs in den Geschichtsbüchern verzeihnet. Jn dieser Gesinnung erhebe Ich Mein Glas mit Pfälzer-Wein und fordere Sie auf, auf das Wohl Sr. Majestät des Königs Ludwig I1. zu trinken. Se. Majestät König Ludwig IT, von Bayern lebe bo !“

Dieser Toast wurde vom ersten Bürgermeister Fischer in folgender Weise erwidert:

„Vor allen Dingen sage ich im Namen der Stadt Augsburg Dank, ehrfurhtvollsten Dank für die Gnade, die Ew. Kaiserliche Hoheit durch Annahme der Einladung zum heutigen Fêft uns er- wiesea haben, Wir feiern heut ein Vest, ein deuts{-nationales Fest, von dem wir glauben, daß es für alle Frunft überall in Deutsch- land allsährlih wieder gefeiert werden 1oll. Als die Ereignisse der Jahre 1870 und 1871 ihren glorreichen Abschluß gefunden hatten, da war man wohl allenthalben, soweit die deutsche Zunge klingt, darüber ‘einig, daß zum Gedenken an solche Tage, an tolche Thaten auf immerdar ein Gedächtnißfest gestiftet werden müsse. Aber nach echter deutsher Art konnte man sih lange nit einigen darüber, an welchem Tage das Fest, das Alle feiern wollten, gefeiert werden solle. Wir waren hier in unserem Kreise von Anfang an der Meinung, daß der 2. September si am besten eigne, zum Gedächtnißtag erhoben zu werden. Denn so groß auch die Thaten Waren, die an verschiedenen Tagen in lener denkwürdigen Zeit geschahen, so vielfa ch die ruhmreicen Erinnerungen an jene’ Wochen find eines hat sich uns als eres aufgedrängt: vou einer folch überwältigenden Wirkung, wie die Kunde, die der 2. Septem- ber 1870 uns brate, war feines der Ereignifse jenes Krieges. An jenem Tage, da der Sieg von Sedan in Deutschland zur Keuntniß des jubelnden Volkes fam, ward uns allen klar, daß nunmehr die Beit der alten deutschen Zerrissenheit geendigt sei; da ward uns allen

lar, daß nunmehr von ‘einem Versuche des Auslandes, in Deutsch- land Aelede zu diktiren, niht mehr die Rede sein könne; da ward uns allen klar, ay das untergegangene Deutsche Reich in verjüngter Gestalt wieder aufgerihtet werden müsse Und wieder werde aufge- rihtet werden. Damals fand das deutsche Volk si selbft wieder. An jenem 2. September sagte man si, der deutshe Name sei wieder zur Geltung gekommen, und Deutschland müsse fortan die erste Rolle in Europa spielen. Diese mächtige. Wirkung, welche die Kunde der Ereignisse von Sedan in unfern Gauen überall hervorbrachte, hatte uns damals son gesagt, der Tag müsse es sein, an welhem fch für alle Zukunft das Gedächtniß an die Wiedererstehung des deutschen Volkes, an die Wiederaufrihtung der .deutshen Macht und Kraft

6 “E r A

zu knüpfen habe. Und wenn noch irgend ein Zweifel darüber bei uns hâtte bestehen können, ob die Wahl, die wir in Bezug auf die SeuN des Nationalfesttages etroffen haben, eine richtige gewesen sei “diese leßten Zweifel müßten heute s{winden, da uns das Glück gegönnt ist, durch die Anwesenheit eines solch’ erhabenen Gastes die Wahl dieses Tages janfktionirt zu schen. Es ist ein nicht hoh genug zu s{chäßendes Ereigniß, sagen zu können, daß hier in Augsburg, in einer bayerischen Stadt, die Feier des Nationalfesttages ín Anwesenheit des Hohen Herrn, der zuglei fiegreiher Führer der bayeris chen Armee und Erbe des auf Anregung unseres Königs und unter Beihülfe der bayerischen Armee wieder aunfgerihteten Deutschen Kaiserthumes ist, begangen wer- den kann. Es ist ein erhebender Moment, an den wir uns in spâte- ren Jahren werden noch oft zurückerinnern, q in dem goldenen Saale des Rathhauses zu Augsburg, in diesem Saale, in welchem in früheren Jahrhunderten \sich manche historisch merkwürdige Episode abspielte, ein Gedächtnißfest gefeiert wurde zur Erinnerung an die Wiedererstehung Deutschlands, ein Gedächtnißfest in Anwesenheit eines Erlauchten Führers der deutshen Armee, in Anwesenheit des fünftigen Deutschen Kaisers. (Lebhaftes Bravo!) Jch darf wohl sagen, daß dies eines der hervorragendsten Ereiguisse, die in diesem Saale fih zugetragen haben, fein werde. Wir wollen Gott danken, daß es uns besceert war, ein solches deutsches Fest hier in dieser gut bayeri- schen Stadt feiern zu können; wir wollen danken dem, der an der Spibe des mächtigsten deutshen Staates stand, als Deutschland in Gefahr war; wir wollen danken dem, der als einer der besten Greunde unseres bayerishen Heimathlandes damals Bayerns Söhne zum Siege führte; wir wollen geloben, daß wir, was an uns liegt, forgen werden, daß unser liebes Bayern stets treu halte zum Reiche ; wir wollen dieses Gelöbniß zum Ausdruck bringen dadur, daß wir als bayeris{e Männer rufen: „Se. Majestät der Kaifer, Se. aiser- liche Hoheit der Kronprinz des Deutschen Reiches, der siegreiche Führer des bayerisches Heeres, sie leben Hhoch! hoch! hoh!“

Hierauf antwortete Se. Kaiserlihe und Königliche Hoheit also:

„Meine Herren! Als Jch vor drei Jahren zum erften Male in Ihre Stadt kam, habe Jch Ihnen Meinen Dank für die Herzlichkeit und Liebenswürdigkeit, mit der I hier aufgenommen wurde, au2gesprocen, den Ich heute aus vollem Herzen wiederhole. Auf alle die erheben- den Worte, die Jhr Herr Bürgermeister eben gesprochen, näher ein- zugehen, verbietet Mir die Bescheidenheit. Nur das eine möchte Jch hervorheben, wa3 s{chon damals in diesen Räumen ausgesprochen wurde, daß jeder gute Deutsche gleichzeitig seinem engeren Vaterlande dienen und do seine besten Kräfte dem Reiche widmen kann. In dieser Gesinnung geht Ihr König voran, dem erhabenen Beispiele des Deutschen Kaisers folgend. Es war Mir eine besonders bobe Freude, den heutigen Tag unter Jhnen feiern zu dürfen, und Mich zugleich in der Mitte der tapferen bayerischen Truppen, Meinen Kampf- und Siegesgenossen, zu befinden. Und so erhebe Ich Mein Glas auf das Wohl der Stadt Augsburg und fordere Sie auf, mit Mir einzustimmen in den Ruf: Die Stadt Augsburg lebe ho!“

Gestern Nachmittag 34 Uhr kehrte Se. Kaiserlihe und Kö- nigliche Hoheit der Kronprinz von dem bei Odelshausen abge- haltenen Feldmanöver nach Augsburg zurück und nahm aber- mals im Gasthof zum „Bayerischen. Hof“ sein Absteigequartier. Der Kronprinz hatte zu Seinem gestrigen Diner zahlreihe Ein- ladungen ardeden lassen.

Von den uns vorliegenden zahlreichen Berichten über die Feier des 2. September lassen wir heute die nah- ftehenden folgen: -

Breslau, 3. September, Zur Feier des Tages von Sedan hatte die Hauptstadt der Provinz Schlefien gestern ihren SFestschmuck angelegt. Von früher Stunde an zeigte fih {hon auf den Straßen jener regere Verkehr, welcher das Kennzeichen besonderer Fest- und Freudentage ift. Die Umgegend, wie die Provinz hatten ihre Vertreter entsendet, die im Verein mit den Bewohnern \{chon im Laufe des Vormittags die Hauptstraßen der Stadt durchwogten und dem Fest- \{chmuck ihren Beifai zollten. Flaggen und Fahnen in den Farben des Deutschen Reichs, des preußishen Vaterlandes und der \{lesischen Heimath flatterten in dem frishen Luftzuge, nament- lih auch an den sinnig dekorirten Monumenten Friedrihs des Großen, Friedrih Wilhelm des Dritten, des Feldmarschall Blücher und am Denkmal Tauenzicns. Das Stließen der größeren Geschäftslokale gab Zeugniß, daß die Vertreter des Handels den Ehrentag des deutschen Vaterlandes mitzufeiern beabsichtigten. Um 9 Uhr Vormittags begann in den evangelischen Kirchen der feierlihe Festgottesdienf. Die Spitzen der hiefigen Königlichen und ftädtischen Behörden wohnten dem Festgottesdienst in der St. Elisabethkirhe bei. In der neuen und alten Synagoge fand ebenfalls Dankgottesdiens mit Gebet für Se. Majestät den Kai- ser statt. Zu einer echt patriotishen Festlichkeit hatten \ich auf Einladung des Appellationsgerichts - Präsidenten Holzapfel sämmilihe Beamte des genannten Gerichts Vormittags gegen 11 Uhr im Sißungsf\aale vereint, um der feierlihen Ent- hüllung eines Porträts Sr. Majestät des Kaisers beizuwohnen. Das von dem Maler Arnold nah einem Originalgemälde Winter- halters ausgeführte prächtige Bildniß stellt Se. Majestät in ganzer Figur dar. Ein kostbarer, rei vergoldeter Rahmen um- giebt das Bild, welches jeut die den Sitzungssaal \{chmüdckende Reihe der Portraits preußischer Könige von Friedri dem Großen ab vervollständigt. Die in den Gymnasien, den anderen höheren Lehranstalten und in den Elementarshulen veranstalteten patrio- tischen Festlichkeiten nahmen in üblicher Weise ihren Verlauf. Um 12 Uhr Mittags erklangen von dem mit Flaggen ges{chmüdckten Thurm des Rathhauses patriotishe Weisen. Eine zahlreihe Volksmenge hatte fich aus diesem Anlaß auf dem Ringe versammelt. Im großen Saale des Hotel de Silefie vereinigten sich Nachmittags Reserve- und Landwehr-Offiziere zu einem Feftmahl, bei welchem der Kommandant General v. Wulffen einen mit Begeisterung aufgenommenen Toast auf Se. Majestät den Kaiser aus- brahte, Das Breslauer Schüßencorps hatte zur Feier des Tages ein Festshießen um Silberprämien veran- staltet, wobei fich eine zahlreihe Betheiligung kundgab.

Die Zwinger- und Ressourcen-Gefellschaft feierte den Sedan- tag durh ein Festkonzert in ihrem reich geschmüdckten und troy der zeitweisen Ungunst des Wetters zahlreih besuchten Garten ; ebenso der Breslauer Landwehrverein in dem Etablissement zum Bergkeller“,

Die größeren Gesellshafts- und Vergnügungsgärten, in welchen besondere Festlihkeiten aus Anlaß des Sedantages vor- bereitet waren, hatten troß der zweifelhaften Witterung zahl- reihen Zuspruh.

Rauden, 2, September. Die Feier des Sedan- festes ift hier, am Wohnsize des Herzogs von Ratibor, - nah- dem von Sr. Durthlaucht sellbst festgeitellten Programm, unter freudigster Theilnahme der ganzen Bevölkerung begangen worden. Sie wurde am Vorabend eingeleitet durch einen militärishen Zapfenstreich, ausgeführt von der hiefigen uniformirten Knaben-

fapelle und ihrem Tambours- und Vfeifer - Corps, be- gleitet von militärish fkostümirten, theils Gewehre, theils bunte Laternen tragenden Knaben. Derselbe bewegte sh unter Böllershüssen dur den reich mit Flaggen ges{chmüdck- ten Ort nah dem Schlosse, wo ihn die Herzoglihe Familie an sich vorüberziehen ließ. Auf dem „Ring“, wo die bekränzten Büsten Ihrer Majestäten und des Kronprinzlichen Paares auf=- gestellt und von Fahnen in preußishen und deutshen Farben umgeben waren, wurden unter den Klängen des Abendgebetes bengalishe Flammen abgebrannt.

Der Festtag selbst wurde dur die Revaille. der jugendlihen Tambours und Pfeifer eröffnet. Dann folgte der Vortrag des Chorals „Lobet den Herrn“, und der National- hymne. Inzwischen hatte fih der hiesige Kriegerverein, nah- dem er seine Fahne aus dem Sthloffe geholt, nebst den zahlreich aus den benachbarten Herzoglihen Ortschaften erschienenen Mitkämpfern in den leßten Feldzügen aufgestellt und es wurde mit klingendem Spiele zur Pfarrkirche marschirt. Sämmtliche Schulen mit ihren Fahnen \{chlossen fich an. Nah abge- haltenem feierliGhem Hochamt bewegte fih der Fesizug nah dem „Ring“ zurück und es folgte ein besonderer Schulakt, be= stehend in patriotisher Ansprache an die Kinder und dem Ab- fingen der Nationalhymne. Hieran reihte sich das von dem Herzog mit ergreifenden Worten eingeleitete Hoh auf Se. Majestät den Kaiser und König, in welches die Krieger und die zahlreih anwesende Einwohnerschaft unter Böllershüssen einstimmten. Nach dem Vorbeimarsch der Krieger vor Sr. Durhlauchßt wurden dieselben in dem festlih dekorirten Herzoglihen Theatersaale be- wirthet, während die Knabenkapelle Märsche und patriotische Weisen vortrug.

Der Nachmittag gehörte den Sculkindern. Um 2 Uhr zogen sie mit klingendem Spiel durch den Park nah dem Theater, wo 500 Kinder mit Kaffee und Weißbrod, Wurst und Bier dur die Herzoglihe Familie bewirthet und mit Tanz und Spielen unterhalten wurden. Damit endete das \{chöône Fest.

Magdeburg, 3. September. Die Sedanfeier war hier eine der Bedeutung des Tages würdige. Man hatte das Rath- haus mit Fahnen und frishem Grün geschmüdckt, und auf dem Balkone desselben erblickte man, umgeben von einer geschmadckvoll zusammengestellten Pflanzengruppe, die Büsten Sr. Majestät des Kaisers und Königs, des Kronprinzen und des Prinzen Friede rih Carl. Am Vorabend des 2, September kündete das Ge- lâute sämmiliher Glocken den Beginn des Festes an, und bald darauf zogen die Mitglieder hiefiger Militärvereine, begleitet von Fackelträgern und geführt durch Veteranen aus den Freiheits- kriegen, den Breitenweg entlang nah dem Domplaße. Nachdem hier Aufstellung genommen war, gedachte Hr. Pastor Haupt der gefallenen Kameraden, worauf der Verbandsvorsizende ein Hoh auf Se. Majestät den Kaiser ausbrachte, in das die vielen Tau- sende, welhe den Festzug begleitet hatten, jubelnd einstimmten. Am Morgen des 2. September entwickelte fh \{chon zu früher Stunde ein lebhafterer Verkehr auf den Straßen, und die Häuser [egten bald ihren \{önsten Fahnenshmuck an. Um 7 Uhr zogen die vier höheren Schulen unter klingendem Spiel nah dem Domplagte, auf welzem \ich bereits die theilnehmenden Festgenossen eingefunden hatten. Nachdem Aufftellung genommen war, ftimmten die Schüler den Choral „Lot‘e den Herren, den mäti- gen König der Ehren“ an, nah dessen Schlußverse Direkior Bormann ein Hoh auf Se. Majestät den Kaiser ausbrachte. Die Schulen

ogen sodann nach dem Vogelgesang, dem Schüßenhause, dem riedrih-Wilhelms-Garten oder nah dem Schulhause zurück, um in engerem Kreise durch Reden und Gesang den Tag zu feiern. In den übrigen ftädtishen Schulen wurde der Sedantag gleich- falls feierlih begangen. 'Um 10 Uhr begann in der St. Jo- hanniskirhe der Festgottesdienst, welchem die Spißen der Be- hörden, der Magistrat, die Stadtverordneten und viele Offiziere beiwohnten. Herr Prediger Döblin hielt vor einer zahlreihen

Zuhörerschaar die Festpredigt, welcher als Text 2. Sam. 22, 29

u. 30 zu Grunde lag. Der Kirchengesangverein verherrlichte den Gottesdienst durch Vortrag des von Rolle komponirten 103. Psalms. Um 11x Uhr zogen die vereinigten Männergesang- vereine nah dem Alten Markte, nahmen vor dem Rathhause Aufstellung und trugen außer einem Morgengesange von Rolle drei patriotishe Lieder: „Die Wacht am Rhein“, „Dornröschen Straßburg“ und „Heil dem Kaiser“ unter dem lebhaften Bei- falle der zahlreihen Festgenofsen vor. Nath einem Hoch auf den Kaiser, welches Herr Ober-Bürgermeister Hafselbach ausbrachte, wurde der Choral „Nun danket Alle Gott“ von der fesilichen tig angestimmt. Damit {loß der ernfte Theil der eier.

Während des Vormittags hatte sich der Himmel vollstän- dig aufgeklärt, und das \{önste Wetter begünstigte den Beginn des Volksfestes, das namentlih in dem Herrenkrug? \fich in \chönfter Weise entfaltete. Neben Konzertvorträgen wurde das Publikum durch Gesangsvorträge der Vereine erfreut. Bei an- brechender Dunkelheit ward der westlihe TZeil des Festplaßes beleuhtet. Ebenso fanden in Halle a. S., Langensalza, Ol= venstedt erhebende Feierlichkeiten zur Erinnerung des Sieges- tages statt.

Kiel, 3. September. Die Feier des Sedantages hat nit nur hier, sondern auch in Schleswig und Flensburg unter äußerst zahlreiher Theilnahme bei \{chönstem Wetter in erhebender Weise ftattgefunden.

Emden, 3. September. Unsere Sedanfeier war von dem her:lihften Wetter begünstigt und hat au in allen übrigen Be- ziehungen einen allgemein befriedigenden Verlauf genommen. Dur die allgemeine Theilnahme der hiefigen Bevölkerung und die umsihtigen Festvorbereitungen, welche eine folche an allen in dem reihhaltigen Festprogramm vorgesehenen Feftlihkeiten er- möglichte, gestaltete ih der gestrige Tag zu einem Volksfeste im besten Sinne des Worts, welches die Fefstgenossen aus allen Ständen bis spät nach Mitternacht zusammenhielt und auch niht durch den leisesten Mißton gestört wurde. Als besondere Glanzpunkte des Festes sind hervorzuheben: die allen Kon- fessionen gemeinschaftliche kirhliche Feier in der großen reformirten Kirche, für welhe die Festpredigt Pastor Pannenberg übernommen hatte, der Festzug und die Fest- rede des Bürgermeister Fürbringer auf dem Festplaze, die Be- wirthung der Kinder aller hiesigen Schulen dur das hierzu ge- bildete Comité der Frauen und Jungfrauen Emdens, endlih das abendlihe Festbanket in dem Hauptzelte des Festplazes, bei we!chem die ausgebrahten Trinksprühe auf Se. Majestät den Kaiser und König, Jhre Majestät die Kaiserin - Königin, Se. Kaiserlihe und -Königlihe Hoheit den Kronprinzen, Fürst Bismarck, Moltke, das 78. Oftfriesishe Infanterie-Regiment 2c. 2c. mit größter Begeisterung aufgenommen wurden. Die für die Bewirthung der Kindzr gesammelten Beiträge waren \o reihlich geflossen, daß das Frauen-Comité niht unbedeutende Ueber- \hüfse behalten hat, welhe dazu verwendet werden sollen, allen Schulen der Stadt die wohlgelungenen gestochenen Bilder des

M Wirthschaft im Königlichen

Kaisers und des Kronprinzen in passender Einrahmung zum

Andenken an das diesjährige Fest zu schenken.

Cassel, 2. September. Wie im vorigen Jahre, so is auch diesmal die Sedanfeier festlich begangen worden. Alle öffent- ihen Gebäude, sowie viele Privathäuser waren beflaggt, theil- veise auch mit Guirianden, Blumen 2c. ausgeshmüt. Ganz besonders {ön war das Theater dekorirt, dessen Balkon .die Intendantur in einen förmligen Garten hatte umæandeln lassen.

m 10 Uhr bewegte fich ein endloser, von den Veteranen aus den Befreiungskriegen eröffneter Zug vom Ständeplag aus dur die Straßen, an dem fich der Kriegervercin, die städtischen

chulen, die Turner und Turner-Feuerwehr, die städtishen Be- hörden, die Werkstätten-Arbeiter mit ihren Emblemen 2c. be- theiligten. In der Karls-Aue hielt Pfarrer Spangenberg die Festrede, indem er über die Bedeutung des Tages \prach und mamentlih die Jugend ermahnte, stets patriotisch b denken und gzu handeln. Für heute Abend ift cix großer Fackelzug in Aus- iht genommen. |

Paderborn, 2. September. Zur Feier des Sedan- festes waren heute zahlreihe Häuser, namentlih in den Haupt- traßen der Stadt, festlich beflaggt. Festgottesdien| fand in der evangelishen Kirche ftatt. Alle Elementarschulen hatten Schul- eier. In dem Gymnasium wurde der Tag, unter gleichzeitiger Entlassung der Abiturienten, dur Festrede, Gefang patriotischer Lieder und Deklamation von Gedichten gefeiert. Naqhmittags 2 Uÿ9r war unter Vorantritt eines Musikcorps Festzug vom Marktplaÿ aus dur die Hauptstraßen der Stadt: voran die Shüler und Schülerinnen der evangelischen Elementarschulke, die Knaben mit Fähnchen, die Mädchen mit Blumenfackeln; odann der Kriegerverein mit der Fahne und hieran \{lo}sen

ch Bürger der Stadt. Der Zug begab \sich in den an der Stadt belegenen Meyershen Garten, in welhem fich im Laufe des Nahmittages immer zahlreihere Festgenossen, auch Damen, einfanden. Von den Leßteren wurden den Kindern Erfrishungen gereiht; es fanden dann Spiele statt, Lieder wurden gesungen, patriotische Gedichte deklamirt und Ansprachen gehalten. Der Kriegerverein hatte Concert und trug ebenfalls Lieder vor. Es war ein reges, patriotisches Leben. Gegen Abend gingen die Kinder im Zuge in die Stadt zurü. Der Kriegerverein hatte Ball und im Hotel Loeffelmann fand ein Festessen ftatt, an welchem mehr als 109 Personen Theil nahmen.

Dresden, 3. September. Sachsens Hauptstadt trug zur Feier des gestrigen nationalen Festtages ein ernstes, weihevolles Gepräge. Der Werkeltagslärm war verstummt. Die Bureaus der Königlichen, wie überhaupt die aller Behörden, die Börse und sonstigen Geschäftslokale, die meisten Kaufläden und Werk- stätten blieben geschlossen. Im festlihen Flaggenshmuck prangte die Stadt. Von dem Königlichen Residenzschlo}se wehte, zwischen en Reihs- und Landesfarben, die Königliche Hausflagge herab. Das Alistädter Rathhaus trug seine Festdekoration und vie alle öffentlihen Gebäude geflaggt, \o hatten au zahlreihe Privathäuser in Fahnen, Büsten, Bildern und der- gleihez eine Bierrath angelegt. Die vollste Hingebung endlih an die Feier spiegelte sich in der bunten Menschenmenge, welche von früh an in gchobener Feststimmung die geschmüdckten Straßen die Stadt belebte. Würdig eingeleitet wurde der Tag durh den Gottesdienft, der am Morgen von 9 bis 10 Uhr in allen Kirchen, sowie in der Synagoge stattfand. Dem Gottes- dienste in der Kreuzkirhe wohnten die Spitzen der Behörden, sowie der Stadtrath und die Stadtverordneten bei. In den ehranstalten und Schulen fanden zur Feier des Tages ent- sprechende Festakte statt. Von 12 Uhr an ertönte Musik vom Balkon des Rathhauses, während der durch die stehengelassenen Marktbuden freilih etwas beshränkte Raum des Marktes vor dem Rathhause diht von Menschen beseßt war. Ein vom Militärverein veranstalteter Festzug begab sich vom winger aus in das Königlihe Schloß, woselbft nach einem Gesange der Vize-Präsident der sächfisch-n Militärvereine, Hr. Inspektor Tannert, eine Rede hielt, die er mit einem drei- maligen Hoh auf Ihre Majestäten den König Albert und den Kaiser Wilhelm \{loß, in welches die Festgenofsen jubelnd ein- stimmten.

Die Nachhmitiagsfeierlichkeiten wurden leider dur die Un- gunst der Witterung theilweise gestört, erlitten aber keine ¿resent- lihe Unterbrehung. In der dritten Stunde seßte sih der große Festzug der hiesigen Gesang- und Turnvereine mit zahlreichen Fahnen und Emblemen von der Mitte der Stadt aus in Be- wegung und langte pünktlich 34 Uhr auf dez einfah, aber geschmackvoll dékorirten Sängerfestwiese am Waldshlößchen an. Nah dem Vortrage mehrerer Gesänge begannen die Freiübungen der Dresdner Turnerschaft, welche troy des hernicderströmenden Regens ihren" Fortgang nahmen. Dagegen mußte sich der Feftredner auf eine kurze patriotishe Ansprache beschränken. Inzwischen hatte der Himmel sih wieder aufgeklärt, und das Programm konnte nunmehr innegehalten werden, Am Schlusse der Turnübungen erfolgte die Vertheilung der Preise in Gestalt von Eichenkränzen dur Herrn Ober-Bürgermeister Pfotenhauer. Später vereinigten sich die Sänger in der großen Großen Garten, auf dem Wald- {chlößhen und im Schillershlößchen zu Gesangsproduktionen. on dem den beiden leßteren Etablissements nahen Line'schen Bade hatte ein Concert der „Dresdner Liedertafel“ ein sehr zahlreihes und gewäßltes Publitum versammelt. Beim Ein- brehen der Dunkelheit wurde der Garten illuminirt, und ein in reihem Lichterglanze straßlendes Schiff am jenseitigen Elb- Ufer erhöhte die festliche Dekoratiou. Gleichzeitig licß ih auch elne Anzahl anderer Gisangvereine zu wohlthätigen Zwecken in größeren Etablissements hören. Ebenso fanden in den übrigen größeren Restaurants u. f. w. Fest-Concerte und Festvorstellungen fiatt, so im Königlichen Belvedère der Brühlschen Terrasse, im

ictoriasalon auf der Waisenhausfiraße, im Wiener Garten U. \. w. Bis spät in die Naht waren. die öffentlichen Pläße und die hervorragenden Vergnügungslokale glänzend erleuchtet.

Se, Majestät der Kaiser und König haben dem fvangelischen Verein der Gufstav-Adolf-Stiftung ôl seiner Kirchenkollekte einen Beitrag von Eintausend Mark zu gewähren geruht und diesen Betrag dem Hof- und Garnison- Prediger Rogge zu Potsdam zur weiteren Veranlassung zugehen lassen. Der Centralvorstand hat hierfür folgendes Dankschreiben

an Se. Majestät gerichtet: «Leipzig, den 30. August 1875.

Sr. Majestät dem Deutschen Kaiser und Könige von Preußen

otsdam.

y Ew. Majestät : aben mit Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin den evangelijchen erein der Gustav-Adolf-Stiftung in so huldvoller Weise empfangen

Und durch Jhr M De ales Erscheinen mit Jhrer Majestät der aiserin vor Beginn des Festmahls so ho geehrt und erfreut, daß es uns innigstes Bedürfniß ift, für alle Gnade, die wir wieder in Pots-

L nbsagen, unsern allerunterthänigsten Dank auch hierdurch dar- Ubringen.

Wir wissen, daß diese Gnade dem wichtigen und {weren We: ke gebört, dessen Pflege Gott und das Vertrauen des Vereins uns zur Pit gemacht haben. Aber Eure Majestäten gestatten €s auszu- prechen, wie boch uns diese Huld und Gnade erquickt und in d.r Weiterpflege unseres evangelis{chen, weit über Deutschland Hinaus- ragenden Werkes gestärkt hat.

___ Möôge Gott, uxser Vater. in Christo Jesu, unser alleiniger Trost im Leben und Sterben, Er, der die Scele au unseres Werkes ist, Euere Majestäten reichlih segnen, das ist das heiße Gebet wie unsere Vereins, so unseres ganzen Volkes !

In tieffter Ehrfurht verharren

Ew. Majestät j allerunterthänigste Der Centralvorstand des evangelischen Vereins der Gustav-Adolf-Stiftung:

Dr. Gustav Adolf Fride, Vorsißender. Dr. Hermann Ferdinand von Criegern, Shriftführer. Dr. Carl Lampe sen, Kassirer.“

Nachdem die Einziehung des deutshen Landes- papiergeldes und der auf Landeswährung lautenden deutshen Banknoten geseblih angeordnet is, wird natur- gemäß von allen Seiten der Wunsch laut, daß diese Zahlungs- mittel thunlihst bald aus dem Verkehr treten. Die Finanzleitung des Reichs theilt diesen Wunsch und hat die-zur Söôrderung der Einziehung geeigneten Anordnungen an die Reichskassen ergehen lassen. Allerdings hat sie nicht anordnen können, daß diejenigen Reichskafsen, welche in Preußen ihren Siz haben, das Papiers geld anderer Bundesstaaten oder die Noten von Banken in an- deren Bundesstaaten in Zablung annehmen sollen, denn nah den in Preußen heute noh geltenden Geseßen vom 14. Mai 1855 und 25. Mai 1857 ift es verboten, fremdes, auf Thaler- währung lautendes Papiergeld in Abschnitten von weniger als 10 Thlr. oder fremde Banknoten irgend einer Art zu Zahlungen zu gebrauhen. Dagegen i} \chon seit längerer Zeit Vorsorge getroffen, daß \olhe Werthzeichen durch Vermittelung der Pro- vinzialftellen der Preußischen Bank und des privaten Bank- geschäfts, wie dies nah den erwähnten Gesetzen zulässig ift, an- gekauft und durch die Reichspostverwaltung zur Einlösung prä- sentirt werden.

Die Reihs-Justizkommission begann in ihrer zweiten Sißung nah den Ferien die Berathung des vom Abg. Thilo beantragten §. 215 a. : „Nach der Abhörung eines jeden Zeugen, Sachverständigen oder Mitangeklagten, \oll der Ange- klagte befragt werden, ob er auf die eben vernommene Aussage etwas zu erflären habe.“ Der Antrag, der besonders mit der Erwägung befürwortet wurde, daß in dieser Art der Befragung das Interesse des Angeklagten am Besten gewahrt und ein klares Bild des Straffalls am Sichersten gewonnen werde, fand nah kurzer Debatte Annahme. 8. 216 des Entwurfs wurde sodann nah läng-rer Diskussion über die Frage, inwieweit die ein Zeug- niß oder ein Gutachten enthaltenden Erklärungen verlesen werden dürfen, mit einem Antrage der Abgg. v. Puttkamer und Gneist mit der Aenderung angenommen, daß eine Verlesung des Gut- ahtens öffentliher Behörden behufs der Bemeisaufnahme in der Hauptverhandlung nit stattfinden solle, vielmehr die Behörde zu ersuchen sei, ein Mitglied zu bezeihnen, welches von ihr mit der Vertretung des Gutachtens in der Hauptverhandlung beauf- tragt sei. Die §8. 217—220 wurden angenommen, 8. 218 mit einem nicht wesentlichen Zusage in Bezug auf die Ver- handlung mit Tauben. Die Berathung der 88. 221 und 222 wurde ausgeseßt, S. 223 nicht beanstandet. F. 224 fand Annahme mit folgendem, vom Abg. Becker beantragten Zusaße: „Das Gericht hat auf Antrag des Ange- klagten die Verhandlung auszuseßen 1) wenn die That in Folge erst in der Verhandlung ermittelter Umstände nah einem Straf- geseße als strafbar erscheint, welches die Erkennung einer \{ch1be- reren Strafe gegen den Angeklagten zuläßt, als das in dem Beschlusse über die Verweisung angeführte Strafgeseß; 2) wenn vom Strafgesez besonders hervorgehobene Umstände, - welche die Strafbarkeit erhöhen, erst in der Verhandlung vom Angeklagten zugestanden sind.“ Bei 8. 225 entstand eine ausführlihe Er- örterung über die Frage, ob Entscheidungsgründe noch in wei- terem Umfange, als nach dem Entwurfe, in Bezug auf die Schukdfrage, die Strafzumessungsgründe und die mildernden Umftände aufgenommen werden follen. Ein dahin gehender Antrag des Abg. Becker wurde in Bezug auf die beiden ersten Punkte angenommen.

Heute früh rückten \ ämmtliche Truppentheile des Garde-Corps soweit fie niht {hon gestern die Garnison verlassen hatten in das Manöver-Terrain ab.

Se. Erlaucht der Graf Clemens zu Shönburg- Glauchau is nach Gusow abgereist.

Der General dec Infanterie von Stosch, à la suite des See-Bataillons und Chef - der Admiralität, hat \ich nach Danzig begeben.

Der General-Lieutenant Wolff- von Linger, In- specteur der Gewehrfabriken, ist von seiner Inspizirungsreise hierher zurückgekehrt.

Der Kaiserlih russische General-Adjutant, Baron v. Wrangell, if gestern Abend aus Travemünde hier an- gekommen und im Hotel Royal abgestiegen.

S. M. S. „Vineta“ ist am 1. September cr. in Danzig, behufs Ucberführung nah Kiel, in Dienst gestellt.

Kiel, 3. September. (Kiel. Ztg.) Das Uebungs- ge\{chwader, bestehend aus den Panzerfregatten „König Wil- Deli, „Rüiser“, „Kronprinz“, der Panz:rkorvette „Hansa“ und dem Aviso „Falke“, sowie die Fregatte „Niobe“, die Briggs ‘Undine“, „Musquito*‘ und „Rover“ werden Mitte dieses Monats im Kieler Hafen vereinigt scin, wo der Chef der Admiralität die Uebungsschiffe inspiziren wird. Brief- sendungen für das Kanonenboot „Nautilus“ find bis auf Weiteres nah Gibraltar zu dirigiren.

WBayern. München, 2. September. Se; Majestät der König hat heut aus verschiedenen Landestheilen und von aus- wärts aus Anlaß der Erinnerungsfeier an den Tag von Sedan zahlreihe Huldigungstelegramme erhalten. Die Ernennung des neuen Erzbishofs von Bamberg wurde unter dem 31. d. M. offiziell in folgender Fassung publi- zirt: „Se. Majestät haben Sich bewogen gefunden, unterm 31. Mai d. I. den bisherigen Kréis\{holarchen von Oberbayern und ePfarrer von Engelbrechtsmünster, Bez. - A. Pfaffenhofen, K. geifil. Rath Fr. Schreiber zum Erzbischof in amberg zu er- nennen.

Baden. - Karlsruhe, 2. September. Ihre Königliche

Hoheit die Prinzessin Katharina von Württemberg

traf Dienstag, den 31. August, Nahmittags, zum Besu der Großherzoglichen Familie auf Schloß Mainon ein t E Abends wieder nah Villa Seefeld bei Rorshah zurück. Mitt- woh, den 1. d., um Mittag, begaben \ich Ihre Königlichen Ho- heiten der Großherzog und die Großherzogin nah Con- stanz zur Begrüßung der Fürstlih Hohenzollernshen Familie, welche fich auf der Reise von Krauchenwies nah Schloß Wein- burg bei Rheineck befand. Ueber den Verlauf _ auswärtiger Wahlmännerwahlen wird gemeldet, daß bisher in Dur- la 8, in Baden 7, in Sätingen 16 und in Staufenberg 4 national-l[iberale Kandidaten mit großer Stimmenmehrheit ge- wählt wurden. Die Stadtbehörde hat zwei vaterländische Dichter dadur geehrt, daß sie deren Namen zwei Stadtstraßen ertheilte. Die bisherige Lyceums straße heißt nunmehr Hebel=- straße (Hebel hat darin gewohnt), und die neue Straße von der Müßhlburger Straße nach der neuen Sophienstraße if Scheffelstraße benannt worden zu Ehren des Dichters Dr. Victor von Scheffel.

Freiburg, 1. September. Heute hat die 23. General- versammlung der (römischen) Katholiken Deutsch-= lands zu tagen begonnen. Während des gestrigen Tages trafen die Theilnehmer, welhe größtenthcils dem geistlichen Stande angehören, hier ein. Diesen Morgen nahm die Ver= sammlung mit einem feierlihen Hohamt im Münster ihren Anfang, worauf ih die Theilnehmer im Zuge nach dem sogenannten fatholishen Vereinshause begaben , woselbst \g- dann die erste egeschlo}sene“ Generalverfammlung, die fh dem Programm gemäß mit der Konstituirung des Vor- standes und der Aus\{hü}e zu befassen hatte, abgehalten wurde. Die erste öffentliche Versammlung findet heute Abend in der Kunsthalle auf dem Karlsplaße ftatt. Namens der biefigen Altkatholiken hat deren Seelsorger, Hr. Professor Dr. Michelis, heute mittelst Veröffentlihung dur die hiesigen Blätter und Anshlag an den Straßenecken dem Kongresse cine Anzahl Thesen zur öffentlichen Diskussion vorgelegt und sich zur Ver= theidigung derselben erboten. Der Hauptinhalt dieser Thesen läßt sich in Kürze dahin zusammenfassen:

1) Die wahre von Christus gegründete Verfassungsform der katholishen Kirche is nit der Absolutismus, sondern die der kon- stitutionellen Staatsform entsprehende; 2) die vatikanisden Dekrete vom 13. Juli 1870 sind daber kein rehtmäßiges katholishes Dogma, fondern eine Usurpation von Seiten des Papstes, ein Staats- oder Kirchenstreih der Jesuiten: 3) alle R:chtfertigungs- und Vertheidi- gungsversube der JInfallibilisten und der infallibilistishen Bischöfe beruhen auf offener Unwahrheit oder auf Sophistereiz 4) die Triebfeder dieses Beginnens in der Kirche kann ruc eine ungötilihe fein; das nächste Ziel des JIcsuitismus und Ustramonta- niêmus ist die Paralysirung der Einwirkung dcs deutschen Geistes auf die Kirche, und daher der Sturz Deutschlants von der Höhe einer jeßigen Weltstellung; 5) es erscheint deshalb als G.twwvissens- sache und heilige Pflicht für jeden deutschen Katholik:n, mit aller Kraft und Energie gegen dea Sieg dieser Partei in unserem deutschen Vaterlande einzustehen.

Defterreich:Ungarn. Wien, 2. Septembér. Se. Ma- jestät der Kaiser ift vorgestern Abends 9 Uhr von Ofen nah Bruck zurückgekehrt. "Se. Kaiserlihe und Königliche Hoheit der Erzherzog Ludwig Victor i| am 1. d. M. in Dresden eingetroffen und dort von Ihrer Majestät der Königin Marie empfangen worden,

Bad Gastein, 2. September. Heute wurde hier eine Sedan-Feier abgehalten. Aus Anlaß des Gedenktages fand ein großes Diner für die zahlreihen deutschen Kurgäste im Bade- \chlosse ftatt.

Pes, 1. September. Gestern Nachmittags um 4 Uhr hielten jene Mitglieder des Oberhauses, welhe der Regie- rungs-Partei angehören, beim Grafen Almassy, Abends um 6 Uhr aber jene, welche der Opposition der Rechten zustimmen, beim Grafen Georg Karolyi Konferenzen, um über die Kandidationen für die Wahlen der verschiedenen Comité-Mitglieder \{chlüssig zu werden, In der heutigen Sihßung des Abgeord- netenhaufes wurde eine Zuschrift Franz Deaks verlesen, in welcher derselbe erklärt, daß er sein Mandat niederlege. Es wird hierüber ers nach der Konstitui= rung Beshluß gefaßt werden. In der Abendfizung des Ab- geordnetenhauses wurden die neun Sektionen ausgeloost, die fih morgen fonstituiren werden.

Czernowiß, 2. September. Der Gemeinderath hat in seiner gestrigen Sißung als Beitrag zur Errichtung eines Universitäts-Gebäudes 50,000 Fl. votirt und überdies einen Gartengrund für die Errichtung eines botanischen Gartens gewidmet. i

Frankreich. Paris, 3. September.

(W. T. B.) ‘Jt dem heute Vormittag stattgehabten Ministerrathe ift auch

wegen des in der gestrigen Sizung der mission zur Sprache gebrahten Artikels des ePays“ berathen worden. Justiz - Minister Dufaure wurde mit der weiteren Erörterung der Angelegenheit beauftragt. Von den Abendblättern wird cine Zuschrift des Generals Klapfka veröffentlicht, worin derselbe erklärt, daß er die Ueber= nahme des Oberbefehls über die Insurgenten in Bosnien abs gelehnt habe. Er wolle niht gegen die Türken kämpfen, die im Jahre 1849 die einzigen Freunde der Ungarn gewesen seien, und eben so wenig zu Gunsten der Serben, die fih damals als erbitterte Feinde Ungarns erwiesen- hätten.

Spanken. Madrid, 3. September. (W. T. B.) Hier eingegangenen Depeschen zufolge versucht Dorregaray unter Benuzung der Gebirgswege durch Aragonien nah Navarra zu gelangen. Die Anzahl seiner Truppen wird verschieden angege- ben; nach einigen Nahrihten \oll dieselbe 1000 Mann und 100 Pferde betragen, nah anderen 2500 Mann. Zwei Divi- sionen der Regierungsarmee find von Iaca (Provinz Aragonien) und Tafalla aufgebrochen, um Dorregaray den Weg zu ver- legen. Die Fregatte , Vittoria * bombardirt Ondarroa an der cantabrischen Küste. Der deutshe Gesandte, Graf von Haßfeldt, ist vom König Alfons in Audienz empfan- gen worde.

Der „Agence Havas“ vom 3. September k[wird aus Tolosa gemeldet, daß die Provinzialdeputationen der bas= kishen Provinzen sich weigern, eine Massenaushebung von Mannschaften zu beschließen. wie dies Seitens der Provinzial= deputation von Navarra geschehen ist, |

Die Kapitulation, welche die Bedingungen der Uebergabe von Seo de Urgel feststellt, hat folgenden . Wortlaut:

26. Auguft 1875. Don JIoaquin Jovellar und Don Arsenio Martinez Campos, General-Lieutenants[nnd Ober kommandirende der Armeen des Centrums und von Catalonien, und Don Antonio Li- garraga, Feld-Marschall der carlistishen Armee, find in Anbetracht der glänzenden Vertheidigung, e die carlistishe Besaßung der Forls von la Seo de Urgel: Citadelle, Schloß urd

Permanenz - Kom-