1875 / 209 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 07 Sep 1875 18:00:01 GMT) scan diff

tressenden Abschnitts. Nah kurzer Debatte über das Institut des Schwurgerichts überhaupt, in der verschiedene Mitglieder er- klärten, daß auch fie zwar dem Schöffengericht vor dem Shwur- gerihte den Vorzug gäben, jedoch für Beibehaltung des leßteren stimmen würden, weil die öffentlihe Meinung în Deutschland gegenwärtig überwiegend auf Seiten des legteren stehe, und fie abwarten wollten, ob niht bei Einführung des Schöffengerichts für geringere Straffälle daselbe fih allmählih derart Bahn brechen werde, daß demnähst das Schwurgeriht durch ein großes Schöffengeriht ersezgt werden könne, wurde 8. 234 un- verändert angenommen. Eine lebhafte Erörterung rief dagegen die Frage hervor, ob *die Bildung der Geshworenenbank für alle in derselben Sißungsperiode vorliegenden Straffälle un- mittelbar nacheinander oder, wie der Entwurf es will, für jeden Fall unmittelbar vor Beginn der Verhandlung desselben statt- finden folle. Schließlich entschied sih die Kommission mit ziemlih großer Stimmenmehrheit für die fakultative Gesammtbildung der Ge- s{chworenenbank und bestimmte zugleih, daß darüber, ob in der einzelnen Sizungsperiode davon Gebrauch gemacht werden solle, niht der Vorsißende allein, sondern das Gericht beschließen solle. Im Uebrigen wurden die §8. 235—237 angenommen. Bei §. 238 wurde ein Antrag, die Zahl der im einzelnen Falle mit- wirkenden Geshworenen von 12 auf 9 herabzuseßen, der mit dem Wunsche, die Last des Geschworenendienstes zu erleichtern, und mit der Erwägung motivirt wurde, daß die Zahl 9 genü- gende Bürgschaft für einen zutreffenden Spruch gewähre, zumal wenn man Einstimmigkeit verlange, abgelehnt. Dagegen wurde auf Antrag des Abg. Beer beschlossen, ¡der Staatsanwaltschaft nur ein Drittheil der Ablehnungen von Geschworenen zu gestatten. Die §8. 241—247 fanden nah kurzer Erörterung unveränderte

Annahme.

NaGhdem der vormalige Bishof von Paderborn, Dr. Martin, fih ?aus der ihm auf Grund des Reichsgeseßes vom 4. Mai v. I. zum Aufenthalt angewiesenen Stadt Wesel ohne Erlaubniß entfernt hat, haben die Minister des Innern undder geiftlihen 2c. Angelegenheiten unterm 15. August c. an den Königlihen Ober-Präfidenten von Kühlwetter zu Münster die nahstehende Verfügung erlassen:

- Der vormalige Vischof von Paderborn, Dr. Martin,“ wird, in Frwägung,

daß derselbe, nachdem er durch rechtskräftiges Urtheil des König- lichen Gerichtshofes für kirchliche Angelegenheiten vom 5. Jauuar d. J. aus dem Amte als Vischof von Paderborn entlassen worden war, Handlungen vornahm, aus welchen hervorging, daß er die Fort- dauer des entzogenen Amtes beanspruchte ;

daß ihm deswegen durch Verfügung der Königlichen Regierung zu Minden vom 18. Januar d. J. in Gemäßheit des §. 1 des Reichs- geshes, betreffend die Verhinderung ‘der unbefugten Ausübung von Kirchenämtern vom 4. Mai v. J. (R. G. Bl. S. 43), der Aufent- halt in der Stadt Wefel angewiesen worden ift ;

daß er jedoch dieser V erfügung zuwider gehandelt hat, indem er am 4. August d. J. den ihm angewie‘enen Aufenthaltsort ohne Er- laubniß verlassen; :

daß er außerdem während seines Aufenthaltes in Wesel wieder- helt Handlungen vorgenommen hat, welche gine ausdrücklihe An- maßung des ihm entzogenen Amtes enthielten, indem er in verschie- denen, an offentliche Behörden gerihtéten Schreiben fih als „Bischof von Paderborn“ unterzeichnete:

auf Grund des §.1 des erwähnten Reichsgeseßzes vem 4, Mai v. J. der preußischen Staatsangehörigkeit bierdurch verlustig erklärt.

Eine Anklage wegen gewerbs3mäßigen Glücks- \pieles im Oktober 1873 führte am 30. Dezember 1873 zur Verurtheilung. Später wurde bekannt, daß der Vêärurtheilte im November desselben Jahres wiederum gewerbsmäßig hasardirt und gleichzeitig dabei die Bank gehalten habe. Abermals wurde die ftrafgerichtlihe Untersuhting und zwar wegen unbefugten Bankhaltens eingeleitet, dagegen das gleichzeitig begangene Verbrechen des gewerbsmäßigen Glüspieles in die Untersuchung nicht hineingezogen, weil das leßtere dèr Zeit nah vor dem Er- teantniß vom 30. Dezember 1873 liegt, und fomit eine neue Verurtheilung aus denselben Gründen niht ausgesprochen wer- den konnte. Gegen die neue Berurtheilung in exfter und zweiter Instanz wegen unbefugten Bankhaltens legte der Angeklagte die Nichligkeitsbeshwerde ein, in welcher cr geltend machte, daß nah S. 73 des Strafgesehbuches, wenn eine unddieselbeHandlung mehrere Strafbestimmungen verleßt (hier also die wegen gewerbsmäßigen Glückspiels und unbefugten Bankhaltens), nur diejenige Bestimmung, welche die \chwerste Strafe, resp. Straf- art androht (hier wegen gewerbsmäßigen Glüspiels) zur Auwendung fommt. Wenn nun im vorliegenden Falle auf Grund des lehteren Gesehes (aus dem oben angegebenen Grunde) auf Strafe nichi erkannt werden kann, so könne er nah S. 73 des St. G. B. überhaupt nicht bestraft werden. Das Ober- Tribunal wies jedoch in der Sizung vom 12. Juli d. I. die Nihtigkeitsbeshwerde zurück, indem es ausführte: 8 (8'.St. G. B. seyt voraus, daß im gegebenen Falle auf Srund der strengeren Strafbestimmung auf Strafe erkannt werden kann. Wenn nun in einem Falle die Strafverfolgung nah derselben unstatthaft ist, so folgt niht, daß deshalb au die Bestrafung aus dem zweiten “ebenfalls verleßten Geseze als ausge- {lossen zu erahten. Hätte das frühere Strafverfahren \fich auch auf die Spielfälle aus dem November 1873 erstreckt, so wäre der erkennende Richter in der Lage gewesen, mit Rü{sicht auf dieselben ein höheres Strafmaß zuerkennen. Der Umstand nun, daß die fraglihen Fälle erst im gegenwärtigen Verfahren zur Sprache gekommen find, hat allerdings, weil sie vor dem Er- kenntniß vom 30. Dezember 1873 liegen, die rechtliche Folge, daß eine neue Verurtheilung wegen gewerbsmäßigen Hazardspiels gegen den Angeklagten niht ausgesprohen werden fann, steht dem aber niht entgegen, daß derselbe, wie geshehen, wegen der selbständig strafbaren Uebertretung des 8. 360 Nr. 14 des Sir. G. B., die außerhalb des Thatbestandes der früheren Ver- urtheilung liegt, zur geseßlihen Strafe gezogen wird.“

Die Mittheilung des strafbaren Inhalts eincr gerihtlichen Vertheidigungsrede dur eine Zeitung ijt, nah einem im Juli d. J. ergangenen Erkentniß des Ober- Tribunals, strafbar.

Der General-Feldmarschall Freiherr von Manteuffel, General-Adjutant Sr. Majestät des Kaisers und Königs, ist von seiner Besizung in der Neumark hierher zurückgekehrt.

„T Der General der Kavallerie und General-Inspecteur des Militär-Erziehungs- und Bildungswesens, Baron von Rhein- baben, hat eine Inspizirungsreise nah den westlihen Provinzen angetreten; der General-Major Weigelt, Commandeur der 1. Fuß-Artillerie-Brigade, hat sich zur Inspizirung der Posen- hen und Märkischen Artillerie-Depots auf Dienstreisen, der General-Major Galfter, Dézernent in der Kaiserlihen Admi- ralität, in dienstliben Angelegenheiten nah Zoppot begeben.

E E T D E R E N Ta T Aa L emerrT erer reer erenndnmrmnnnmnenenrenene irg e: T d e v

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Der General der Jnfanterie von Stülpnagel, von der Armee und beauftragt mit den Geschäften des Gouvernements von Berlin, sowie mit denen des Chefs der Land-Gensdarmerie, hat sich mit Urlaub nach Geiersdorf bei Fraustadt begeben, ebenso der General:Arzt Dr Mehlhausen, à la suite des Sanitäts-Corps und Direktor des hiesigen Charité-Krauken- hauses, nach der Provinz Preußen.

Der Kaiserlih öfterreihishe Militär-Bevollmächtigte Major Prinz zu Liechtenstein hat fich nah Schlesien be- geben, um den Manövern beizuwohnen.

Dem mit der Vertretung der zweiten Kteisthierarzt- Stelle in Berlin beauftragten Kreisthierarzt Vogler aus Namslau ift diese Stelle definitiv verliehen worden.

Der Kreisthierarzt Vormeng zu Lauenburg i. P. ift aus dem Kreise Lauenburg in . den Kreis Neuftadt W./P. ver- segt worden, Y

Der Thierarzt erster Klasse Haase zu Cöslin ist zum kommissarischen Kreisthierarzt des Kreises Ohlau ernannt worden.

Danzig, 5. September. Der General der Infanterie, Chef der Admiralität, Staats-Minister v. St o\ ch, ift gestern Mor- gen von Berlin hier eingetroffen und hat sofort mit der Inspizirung der Werft begonnen. Heute begiebt \ich derselbe nah Zoppot und wird sihch dort bis zum 11. d. M. behufs Inspizirung des Geschwaders aufhalten.

Posen, 6. September. (W. T. B.) Das hiesige Appel- lationsgeriht hat heute die Appellation des Für stbishofs von Breslau, Dr. Foerster, gegen das vom Kreisgericht zu Birnbaum gefällte Urtheil, wodur derselbe wegen Exkommuni- kation des Propstes Kick in Kaehme zu einer Geldstrafe von 2000 Mark event. zu einer Gefängnißstrafe von 133 Tagen verurtheilt worden war, zurückgewiesen und dieses Erkenntniß lediglih bestätigt. Der Audienztermin in der Unter- suhungssahe wider den der geseßwidrigen Anmaßung der Diözesanverwaliung beshuldigten Domherrn Kurowski if vom hiesigen Kreisgeri2t auf den 18. d. Mts. angescht. Als Belaftungszeugen find zu demselben der ‘Pönitentiar Jaskulski und der Domherr Cichowski, beide von hier, vorgeladen.

Kiel, 4. September. Der Schleswig-Holfsteinishe Städtetag ist nunmehr zum 25. September d. I. nach Haders- leben berufen. Aus der Tagesordnung heben wir hervor das Streiben des ständishen Aus\{hu}ses des Städtetages in der Provinz Posen wegen einer Zusammenkunft im Oktober d. I. behufs Gründung eines allgemeinen preußishen Städtebundes, sowie Vorträge über die Zulässigkeit der Wahl von Polizei- und rihterlihen Beamten, deren Thätigkeit fich niht auf das Stadt- gebiet erstreckt, zu Stadtverordneten, Verhältniß der Stadt- gemeinde zur Kirchengemeinde nah der Gemeinde-Ordnung vom 16. August 1869, über - Einflüsse der Sozialdemokratie in den städtishen und ländlihen Kommunen, Stellung der Landräthe zu den Magistraten und Polizeiverwaltern in den zu den Krei- sen gehörigen selbständigen Städten, Berathung über die Noth- wendigkeit, mit dem 1. Januar 1878 eine allgemeine, auf gleichen Grundsäßen beruhende Taxation der Immobilien einzuführen event. Beshlußfafsung darüber, die immer mehr zunehmende Be- [lastung der Kommunen beziehentlih der Bürgermeister mit un- besoldeten Staatsgeschäften.

JIhechoe, 7. September. (Kieler Ztg.) Nachdem am Frei- tag Abend Se. Königlihe Hoheit der Großherzog von Mecklenburg-Schwerin in das Lockstedter Lager eingerückt ivar, fand gestern -Morgen 8—11 Uhr die Parade und nah dieser das Exerzieren im Feuer der 31 er, 85er Infanterie und des 9. Jäger-Bataillons statt. Das Wetter war sehr günstig. Nach eingenommenem Frühstück verließ der Großherzog das Lager, um über Wrist nah Mecklenburg zu reisen.

Hannover, 5. September. Gestern Nahmittag 3 Uhr 38 Minuten traf Se. Königlihe Hoheit Prinz Arthur von Großbritannien von Berlin hier ein; derselbe wurde am Bahnhofe von Sr. Königlichen Hoßeit dem Prinzen Albrecht und den Spigzen der Behörden empfangen. Um 5 Uhr 5 Mei- nuten reisten beide Königliche Hoheiten nah Walsrode ab.

Walsrode, 3, September. (Hann. Courier) Gestern Abend um 6 Uhr traf Se. Königliche Hoheit der Prinz Friedrich Carl hier ein und nahm bei dem Kom- merzien - Rath Wolf Quartier. Das heutige Manöver auf der Ahrenshaide war außerordentlih glänzend. Be- günstigt vom Wetter und dem ganz ftaubfreien Terrain, boten die Reitermassen in den verschiedenen Evolutionen ein großartiges Schauspiel, Besonders glänzend war die Parade am Schluß des Manövers, bei welcher \{ließlich im Galopp die Regimenter vorbeigeführt wurden. Das Hauptmanöver findet am 8, bei Kirchboißen statt; es follen in demselben 32 Schwadronen, 6 Regimenter und 11 Batterien vereinigt werden. Der Gesundheits- zustand der Truppen if} ein \ehr günstiger; im hiesigen Haupt- lazareth befinden fich nur 7 Kranke, sämmtlih in Folge leichter äußerer Verlezungen. So eben trifft Prinz Leopold von Bayern ein; der Erbprinz von Shaumburg-Lippe if seit gestern hier.

Bayern. München, 5. September, Vor der Ein- berufung- der Kammern haben die Minister Dr. v. Luß und Dr. v. Fäufile einen 14tägigen Urlaub angetreten. Das Kultus-Ministerium hat der Königliche Minister des Innern v. Pfeufer, das Justiz-Ministerium der Königliche Staatsrath im außerordentlihen Dienste v. Bomhard am 3. d, M. über- nommen. Die beiden erstgenannten Minister haben fi, einer Einladung Sr. Königlichen Hoheit des. Herzogs Karl Theodor folgend, zu dessen Jagden im Rieß begeben. Die feierliche Enthüllung des Monuments, 1helhes dem König Maximilian 1. in der Maxiwiliansstraße errihtet wird, ist nun auf den 12. k. Mts.,, den Namenstag des Verblichenen, festgeseßt. Die Kosten des Monuments, \sowie der Maximilians- stiftung find bekanntlich aus freiwilligen Beiträgen des ganzen Landes gedeckt worden. Der hiesige Magistrat allein hat einen Beitrag von 100,000 Fl. geleistet.

Nürnberg, 4. September. Da am Sedantage die regnerishe Witterung den projektirten Festzug vereitelt hatte, fand derselbe heute Nahmittag ftatt. Der Aufshub war für die Betheiligung keineswegs nachtheilig, da fich inzwischen noch mehrere Vereine hierzu angemeldet hatten. Nachdem der Zug sich durch die programmmäßig festgeseßten Straßen, deren Ge- bäude auch heute beflaggt waren, zu dem Festplaße (Maxfelde) begeben hatte, entfaltete fih daselbst ein volksfestartiges Treiben.

Sachsen. Dresden, 6. September. Ihre Majestäten der König und die Königin haben f{ch am 3. September vom Jagds\closse Wermsdorf nah Jahnishausen begehen, den Manövern der Kavallerie-Division beigewohnt und find vor-

gestern (Sonnabend) Abend wieder in i eingetroffen. Zur Königlichen Tafel in Pillnig sind für heute

ladungen beehrt worden : das Direktorium der hiefigen Industrie- und Géwerbe-Ausstellung, bestehend aus den Herren Kaufmann Aug. Walter, Landrentenbank-Buchhalter Nagel und Kaufmann Weller, sowie der Kommissar des Gewerbevereins Hr. Schüße und mehrere andere Herren, welche sfich um- die Ausstellung ver-. dient gemacht haben. Morgen und übermorgen (7. und

8. September) wird Se, Majestät der König den Truppen--

übungen bei Leisnig beiwohnen. Ihre Majestät die Königin begiebt sich am ersteren Tage gleihfalls nah Leisnig. Vom 4. bis 6. September wird in Waldheim der 6. \ächs\ ische Feuerwehrtag abgehalten

Sessen. Darmstadt, 5. September. Hoheit der Großherzog is am 1. September Vormittag, nah dreiwöchentlihem Aufenthalt in Mainz, in bestem Wohlsein, wieder hier eingetroffen. Prinz und Prinzessin Carl und Prinz Wilhelm find am 31. August Nachmittags von Reichenhall wieder hier angekommen. Aus Veranlassung der

in dem Forstwesen in leßter Zeit vorgenommenen bedeutenden

Organisations- und sonstigen Aenderungen hat das Finanz- Ministerium eine neue Instruktion für die Lokal - For f- verwaltung durh die ausarbeiten und solche den Forstämtern zustellen lasen. werden, ob die neuen Vorschriften \sich bewährt haben, oder welche ‘Aenderungen rathsam erscheinen.

wtecklenburg. Schwerin, 6. September. Die „M. A.“ melden unter dem 28. Auguft amtlih: Se. Königliche Hoheit der Großherzog hat den bisherigen Justiz-Rath von Prollius, unter Ernennung zum Geheimen Legations-Rath, als Allerhöchftihren außerordentlichen Gesandten und bevollmäch- tigten Minister am Königlih preußischen Hofe zu beglaubigen geruht. Ihre Königliche Hoheit die Großherzogin is am Freitag Nachmittag vom Heiligen Damm hierselb eingetroffen und hat sich nach kurzem Aufenthalt von hier gleih weiter nach Rudolstadt begeben. Se. Königliche Hoheit der Erbgroß- herzog, Major, wurde, unter Belassung in dem Verhältnisse à la suite des Infanterie-Regiments Nr. 24 und à la suite des Grenadier-Regiments Nr. 89, zum Garde-Kürassier-Regiment à la suite defselben verseßt.

Sachsen-ZWeimar-Eiseuach. Weimar, 7. September. Die heutige „W. Ztg.“ meldet: Se. Königliche Hoheit der Großherzog gewährten am 4. d. M. im Refidenzshloß zu Weimar Sr. Excellenz dem Königlih \panischen Gesandten Don Francisco Merry y Colom eine besondere Audiènz, in welcher der Leßtere einen eigenhändigen Brief Sr. Majestät des Königs Alfons von Spanien Sr. Königlichen Hoheit über- reihte. In demsclben wurde Sr. Königlichen Hoheit mitgetheilt, daß Se. Majestät der Deutsche Kaiser und König von Preußen ersuht worden sei, im Namen und in Vertretung Sr. Majestät des Königs von Spanien die Investitur Sr. Königlichen Hoheit mit dem von Hochdemselben angenommenen Orden des goldenen Vließes zu vollziehen. An diese be- sondere Audienz \{chloß fich im großen Saale des Re- fidenzshlosses der feieriihe Akt der bezeihneten Jy- vestitur nach den Gesezen des hohen Ordens des goldenen Vließes an. Se. Majestät der Deutsche Kaiser und König von Preußen vollzogen dieselbe unter Miiwirkung Sr. Königlichen Hoheit des Prinzen Carl von Preußen, des Herzogs von Osuna et de l’Infantado, Grafen Herzogs von Benavente und Arcos,- als Pathen und des {on genannten spanischen Gesandten, sowie des übrigen Personals der Königlich spanischen Gesandtschaft und in Gegenwart der Großherzoglihen Familie, der Mitglieder des Großherzoglihen Staats-Ministeriums und des Großherzoglichen Hofstaats. Die Sedanfeier is wie überall in Deutshland so auch in Thüringen fesilih begangen worden.

Sachsenu-Meiningen-Hildburghausen. Meining en, 3. September. Im Herzogthum Meiningen is der Se- dantag allerorts mit Dankgottesdienst gefeiert worden. In vielen Gemeinden, z. B. in den Städten Sonneberg, Gräfen- thal, Lehesten, Saalfeld, Pößneck, Eisfeld, Hildburghausen, Sal=- zungen fanden außerdem nah den in den vorliegenden Lokal- blättern veröffentlihten Festordnungen am 2. September, zum Theil auch schon am Vorabend öffentliche Festlichkeiten, als: Glockengeläute, Morgenmusfik, feierliher Zug zur Kirche, Festzug zu den czepflanzten Friedenseihen, Festreden und Gesang, Shul- feste, Festshießen, Musikaufführungen, Fatelzug, theatralishe Vorstellungen der Vereine u. \. w. statt. Zum Theil ward leider durch Regenwetter die öffentlihe Feier gestört, Wenn man sih in der Residenzstadt auf den Dankgottesdienst, auf das Beflaggen der Häuser und auf Festlihkeiten in engeren ge- selligen Vereinen beschränkte, während in allen vorausgegangenen Jahren Festzug der Schulen und andere Festlichkeiten ftattfanden, so liegt die Erklärung darin, daß vor cinem Jahre, amsò, Sep- témber, wie bekannt, ein großer Theil der Stadt niederbrannte, und daß, so viel auch geschehen, um den Schaden quszugleichen, doch noch unfertige Bauten und leere Brandftäiten zu lebhaft an jenen Schreckenstag erinnern.

Neuß. Gera, 8. September. Die Feier des Sedan- tages ging gestern in übliher Weise hier von statten: am Vormittag durch Musikaufführungen, Schulfeierlihkeiten in allen Bürger- und höheren Schulanstalten und gemeinsame Spazier-= gänge, am Nachmittag durch Volksfest auf dem Schügenplagze, Kinderfeste und Konzerte, und am Abend durch Feuerwerk 2c. Nächsten Sonntag über aht Tage, 12. September, hält der Osterländishe Gauverband sein diesjähriges Gauturnfest in Gera ab und foll dasselbe lediglih nur praktischen Zielen ge widmct sein. Sonntag, am 5. September, wird die Iahr e 3= versammlung der thüringer Juristen hier stattfinden.

Bremen, 6. September. Der Großherzog von Me ck- lenburg verweilte auf der Reise zu den Manövern der 19. Division zwishen Syke und Hoya Sonntag in Bremen. In Begleitung des Konsul Dyes besuchte er die Sehens- würdigkeiten der Stadt und \peiste Nachmittags auf dem Land-= gute des Herrn C. Wätjen ia Blumenthal.

und Rentämtern

Desterreich - Ungarn. Wien, 3. September. Pester Meldungen zufolge, ftellt \sich das diesjährige Defizit im ungarishen Budget nah den Berehnungen des Finanz- Ministeriums auf 27 Millionen Gulden. Der Banus von Kroatien, Mazuranic, ist nach zweitägigem Aufenthalte in

Pest wieder nah Agram zurückgereift, nahdem er bei der Er=

öffnung des ungarischen Reichstages als Bannerherr des Landes theilnahm und von Sr. Majeftät in einer besonderen Audienz empfangen wurde. Die vom- kroatishen Landtage votirte Adresse wurde Sr, Majestät noch nicht überreicht; die aus dem

achmittag mit Ein-

Se. Königliche

Oberforst- und Domänen-Direktion

Nach Ablauf von drei Iahren soll ermittelt

Präsidenten und dem Vize-Präsidenten des kroatischen Landtages bestehende Deputation, welhe mit der Ueberreihung betraut wurde, wird später zu geeigneter Zeit empfangen werden. Die kroatischen Abgeordneten am ungarishen Reichs- tage haben eine Konferenz geflogen und be\{hlo\}sen, einen be- fonderen kroatishen Klub zwar aufrecht zu erhalten, aber jedem Einzelnen freizustellen, welcher Reichstagspartei immer bei- zutreten.

Pest, 4. September. Das Abgeordnetenhaus wählte zu Vize-Präsidenten Ioseph Bano und Gabriel Varady, zu Schriftführern Algernon Beöthy, Aladar Molnar, Emerihh Huszar, Ivan Tombor, Friedrich Wächter und Blasius Orban. Der Präsident Ghyczy übernahm mit einer kurzen Rede unter lebhaften Eljen-Rufen das Präsidium. Auf Antrag des Finanz-Ministers und Verkehrs-Minifters werden der Finanz- und Kommunis- Fationsaus\chuß nit, wie bisher, aus 15, sondern aus 21 Mit- gliedern bestehen. Ein Steueraus\{uß wird niht mehr gewählt.

6. September. (W. T. B.) Auf der heute hier stattgehabten Konferenz zur Berathung über Aufnahme einer gemeinsamen Anleihe derjenigen Eisenbahnen, welche die ungarishe und gemeinsame Staatsgarantie ge- nießen, waren 6 Eisenbahngesellshaften vertreten. Es wurde"be- \{chlo}sen, eine Anleihe aufzunehmen und ein Comité zu ent- fenden, welches mit der Regierung die nöthigen Verhandlungen einleiten sollte. Zugleih wurde bestimmt, die Anleihe müßte als Staatsanleihe angesehen werden, an der alle Bahnen betheiligt sein sollen.

Großbritannien und Jrland. London, 7. Sep- tember. (W. T, B.) Der „Times“ wird aus Shanghai gemeldet, daß nach einem dort verbreiteten Gerüchte die an- lößlih der Ermordung Margarys zwishen Engs- land und China entfstandcnen Differenzen im Wesentlichen als ausgealichen zu betrahten seien. China werde einen Spezial- gesandten nah England senden und die an der Ermordung Margary's Betheiligten zur Strafe ziehen. Die Provinz Yün- Nan werde der Familie des ermordeten Margary eine ent- \prehende Entschädigung zahlen. Außerdem folle ein Handels- weg zwischen der Provinz Yün-Nan und dem Königreih Birma geöffnet und die Erhebung der Zölle in Peking anderweit geregelt werden.

Frankreih. Paris, 4. -September. Das „Journal officiel“ veröffentliht den Berner Postvertrag, welchem Frankreih unter dem 25. August mit der Maßgabe beigetreten ist, daß er für sein Gebiet am 1. Januar 1876 in Kraft treten soll. Ferner veröffentliht das amtliche Blatt eine am 11. Auguf|t zu London von Frankreih und England gezeichnete Deklaration, durch mwelche das Eigenthum an dramatishen Ar- beiten nicht blos, wie bisher, gegen einfahe Entleh- nung, sondern auch gegen das beliebte System der „Nach- bildungen“, „Nachahmungen“ u. #}. w. geschüßt wird. Das amtlihe Blatt vom 2. September / veröffentlicht folgende Note in Betreff der Ausweise über die Eisen- bahn-Einnahmen: „Troß der schon gegebenen Erläuterungen beklagt man sich in mehreren Blättern noch darüber, daß die Uebersicht der Einnahmen der Eisenbahnen f\pät veröffentlicht wird, daß sie weder die algerishen noch die Lokal-Eisenbahnen umfaßt, und daß fie endlich die Einnahmen nit eintheilt in Erträgniß ‘der Fahrbillete einer- und der Waarenbeförderung andrerseits, auch nit, wie die englischen Gesellschaften dies thun, die Betriebskosten angebe. Man vergißt aber immer, daß kein Geseß der Regierung ein Zwangsrecht gegen widerspänstige Ge- sellschaften verleiht. Jn die Geseßgebung der franzöfishen Eisen- bahnen sollte eine Klausel eingeführt werden, ähnlich der Akte des Vereinigten Königreichs, derzufolge die Eisenbahngesellschaften, unter Androhung einer Geldstrafe von 126 Fr. für jeden Tag Verspätung und der Haftnahme, sowie eines Maximums von 1262 Fr. für eine falsche Angabe, verpflichtet find, binnen kur- ger Frist dem Board of Trade genau verbürgte ftatistishe Aus- künfte zu liefern. Wenn eine ähnliche Maßregel in Frankreich beshlossen würde, müßte fie niht nur auf die großen, sondern auch auf die Lokalbahnen angewendet werden. Schon is den Gesellshaften der Lokalbahnen in allen seit 1874 verfaßten Kon- gessionirungs-, Fristverlängerungs- und anderen Akten die Ver- pflihtung auferlegt worden, alle 3 Monate dem Minister der öffentlihen Arbeiten behufs Einrückung in das amtliche Vlatt einen eingehenden Rechenschaftêberiht über die

‘rgebnisse ihres Betriebs zustellen zu lassen. Was die Eintheilung der Einnahmen und die Veröffent- lihung der Betriebskosten betrifft, so wären damit große Schwie- rigteiten verbunden, welche die Herausgabe der Vierteljahrsbe- richte noch mehr verzögern würden. Schon die nöthige Ein- theilung in Erträgnisse des alten und des neuen Eisenbahnnezes und die Regulirung der Anschläge und der Steuern - auf die Frachten erfordern eine große Arbeit. Wenn in dem „Herapath“ der Betrag der halbjährlichen (und nicht vierteljährlihen) Ausgaben der englischen Gesellschaften figurirt, so erklärt fich dies aus dem Umstande, daß diese Gesellshaften ihren Aktionären alle \sechs Monate Rechnung legen und fo halbjährlihe Berichte (half yearlye returns) entstehen, welche unseren, Jahresberihten gleih- tommen.* Morgen \oll in Saint Malo das Standbild Cha- teaubriands feierlih enthüllt werden. Der Unterrichts-Minister Wallon und der Kriegs-Minister de Cissey werden dabei sein. Die Reden werden der Maire von Saint Malo, Camille Doucet {von der franzöfishea Akademie) und Paul Féval, der bekannte Romanschriftsteller, leßterer E Namen der „Société des gens de lettres“, halten. Aus Lourdes bringen die klerikalen Blätter folgende Depesche: „Die Züge der nationalen Wall- fahrt sind angekommen. Die Heilung einer Person, die nicht mehr gehen konnte, fand plöglich in der Grotte stait und rief allgemeine Begeisterung hervor.“

Im November werden drei katholishe Universitäten eröffnet: in Paris, Lille und Toulouse. Die Zeit der Eröffnung der katholischen Univerfität in Angers i| noch nicht festgestellt.

Der französishe General-Konsul in London, Hr. Fleury, ein Bruder des Generals, ift gestorben.

Spanten. Madrid, 6, September. (W. T. B.) Nah dem „Diario“ hat Don Carlos den General Mendiri und mehrere andere Personen feiner Umgebung verhaften lassen. Der Oberstkommandirende der Nordarmee, General Quesada, ist nach Navarra abgegangen, die Operationen \ollen in der Nähe von Estella beginnen. Nah Nahrichten aus carlistisher Quelle wäre Dorregaray am 3. d. in Isaba (Provinz Navarra) eingetroffen.

Ueber den Rückzug Dorregarays verlautet nah einem Telegramm des „W. T. B.“ aus Paris, 7. September, noch, daß es ihm zwar gelungen ist, mit 1500 Mann Navarra zu erreichen, daß er aber sein gesammtes Kriegsmaterial eingebüßt hat. In Biscaya haben neuerdings Kund- gebungen zu Gunsten des Friedens fsiattgefunden, Die

Gerüchte von dem bevorfiehenden Abs{chluß eines Convenio

zwischen den Regierungstruppen und Don Carlos gewinnen an

- Glaubwürdigkeit. Wie von der Grenze gemeldet wird, sind

Delegirte des Papstes in Tolosa eingetroffen, um in dessen Namen Don Carlos ebenfalls den Frieden anzurathen.

Italien. Rom, 3. September, Der König Victor Emanuel ist gestern in Mailand eingetroffen, wurde an der Eisenbahnstation von den Spigzen der Behörden empfangen und stieg darauf zu Pferde, um auf dem Exrerzierplaßze Truppen- \hau abzuhalten. Nachdem die Kavallerie einige Angriffe aus- geführt, erfolgte der Vorbeimarsch der Truppen. Eine große Volksmenge wohnte dem militärishen Schauspiele bei und be- grüßte Se. Majestät sowohl beim Kommen wie beim Abreiten mit lautem Jubel. Der König kehrt morgen nach Turin zurü, wird sich Mitte Oktober nah Neapel begeben und \echs Monate daselbst zubringen, ausgenommen, wenn ihn Regierungsgeschäfte nah Rom rufen. Man schreibt der „Turiner Zeitung“ aus Rom: Der General Garibaldi hat sich in den Nieder- landen ganz genaue Berihte über die Summen ausgebeten, welche von dem Parlament für die bevorstehende Trockenlegung des Zuydersees bewilligt worden sind. Gleichzeitig hat er um Mittheilung der Pläne ersucht, welche die niederländischen In- genieure zur Ausführung des Unternehmens entworfen haben, so wie auch um Zeichnungen und Beschreibungen der Maschinen, welhe bei der Trockenlegung jenes Binnenmeeres angewendet werden sollen, Der General will diese Pläne und Maschinen wegen der großen Tiberprojekte kennen lernen. Nach einem Telegramm aus Turin is der Marchese Ainardo Cavour auf dem SwWlosse Santena gestorben. Er war im Jahre 1833 geboren und Sohn des Marchese Gustavo Cavour, Bruders des berühmten Staatsmannes, Mit ihm isst der leßte Träger des Namens Cavour dahingegangen.

Türkei. Wie der „Agence Havas“ aus Konstantinopel vom 6. d. gemeldet wird, hat die serbishe Regierun g offiziell erklärt, daß fie sich in keiner Weise an dem Aufstande bethei- ligen werde. In Bosnien if die Ruhe bereits vollkommen wieder hergestellt und der Aufstand in der Herzegowina fast ganz unterdrückt, Zahlreihe Aufständishe haben sich der Regie- rung unterworfen.

Belgrad, 6. September. (W. T. B.) Der-Minister der auswärtigen Angelegenheiten, Ristic, hat den hiesigen diplo- matishen Vertretern der Großmächte nunmehr offiziell angezeigt, daß die Regierung ein Verbot gegen den Uebertritt bewaffneter Banden über die Grenze erlassen habe. Die Nachricht von dem angeblichen Einfalle türkisher Truppen in das serbische Gebiet entbehrt jeder thatsählihcn Be- gründung. Sämmtliche Minister sind heute nah Kragu- jeway abgereist; Fürst Milan wird fich am Mittwoch zur Eröffnung der Skupschtina ebenfalls dorthin begeben.

Nufßland und Polen. St. Petersburg, 5. Septem- ber. Der hier angekommene Kaschgare isstt nicht der Chan Jakub- Beg, sondern heißt Machmud-IJakub und ist Gesandter des Chans von Kaschgar bei der Hohen Pforte gewesen. Die Reichsbank zeigt im „Reg.-Anz.“ an, daß sie in der Stadt Ssewastopol cine Abtheilung eröffnet hat. Wie die russische „St. P. 3.“ erfährt, hat das Justiz - Ministerium kürzlih dem Reichsrath eine Vorftellung über Einführung der Justizre- form in ihrem vollen Umfange in den Gouvernements Kiew, Mohilew, Wolhynien, Kamenez-Podolsk und Witebsk eingereicht. Die Reform sfoll im Laufe des nächsten Iahres vollzogen werden. Ueber die Reform der Handelspolizei erfährt die „Russ. W.“, daß die Reform hauptsählih in folgenden Punkten bestehen werde: 1) in einer strengen Begrenzung des Thätigkeits- gebiets und des amtlihen Verfahrens der Polizei durch eine be- sondere Inflruktion; 2) in einer Vertheilung der polizeilichen Bezirke ciner Stadt unter die Beamten; jeder Bezirk erhält einen Handelsaufseher und einige Gehülfen. Alle Fälle von Miß- bräuchen und gesetzwidrigen Handlungen Seitens der Händler wird der Handelsaufscher dem Bezirkspristaw zur geseßlichen Verfolgung rapportiren. Jn allen bezüglihen Prozessen haben die Mitglieder der Handelspolizei als Zeugen aufzutreten. Jn der Kanzlei der Handelspolizei wird stcis ein Dejourant sein, der Anzeigen von Privatpersonen entgegennimmt. Da die Einrichtung der Handelspolizei auf solher Grundlage mehr Un- kosten verursacht, als bisher, soll der- Uebershuß durh einen geringen Zuschlag auf die Handelserzeugnisse gedeckt werden. Die Handelspolizisten sollen eine besondere Uniform erhalten.

Schweden und Norwegen. Stockholm, 3. Sep- tember. Ihre Majestäten die Königin und die verwitt- wete Königin, fowie Se. Königliche Hoheit der Kronprinz reisen am Sonntag Abends halb 8 Uhr mit Extrazug nah Christiania, urt mit Sr. Majestät dem Könige zusammen- zutreffen und darauf der Enthüllung des Carl Johann- Denkmals beizuwohnen. Der General-Adjutant Sr. Ma- jestät des Kaisers von Rußland, Graf Soumarokow Elstone, und der Flügel-Adjutant Oberst Für | Me} ht\chers ky, hal- ten fih gegenwärtig auf der Durchreise nach Christiania hier auf, wohin der General \sch in außerordentliher Sendung von Sr. Majestät dem Kaiser begiebt, um der Enthül- lung des Denkmals Königs Carl Johann beizuwohnen. Jür die Felddienstübungen in Smaalenene gilt fol- gende Generalidee: Eine feindlihe Armee if in der Absicht, sich Christiania's zu bemächtigen, südlich von Moß ans Land gestiegen und hat sih, ohne auf erheblichen Widerftand zu stoßen, am 29. August im Stande gesehen, . die Defileen bei Moß zu be- seßen. Die bei Christiania zusammengezogenen Truppen ver- suchen, obgleih unterlegen, das Vorrücken des Feindes zu ver- hindern, und wird angenommen, daß am 29. August seine am weitesten vorgeshobenen Truppen bei dem Hölenflusse stehen. Die Escadre is Herr auf dem Meere von Soon gegen Norden und disponirt über ein kleines Landgangscorps. Das {chwe- dische Uebungsgeschwader unter Befehl des Commandeur Virgin ist nach einem in Gegenwart des Marine-Ministers ab- gehaltenen Schlußmanöver aufgelöst worden, und find die Schiffe nach ihren respektiven Stationsorten zurückgekehrt. Die jeßt geltenden s{hwedishen Kriegszeseze wurden am 11. Juni 1868 erlassen. Wie sich aus einem Vergleiche der nah diesen neuen Gesetzen erfolgten Beftrafungen in den Jahren 1869 bis 1873 ergiebt, hat sich bei der geworbenen Armee die Anzahl der Disziplinarbestrafungen von 2367 in 1869 auf 3178 in 1873, und die Anzahl der Bestrafungen nach gerichtlihem Aus- \pru, als Gefängniß, Strafarbeit, Geldbuße u. #. w., von 99 auf 207 erhöht. Bei der eingetheilten Armee ist das Ver= hältniß etwas verschieden gewesen; während die Anzahl. der Disziplinarbestrafungen eine Vermehrung von 405 auf 614 zeigt, haben fih die Bestrafungen nach gerihtlichem Ausspruch von 50 auf 47 vermindert. Die geworbene Armee hatte 1873 cine Stärke von 6130 Mann und die eingetheilten Truppen von 18,302 Mann,

Amerika. Die am 1. Juni d, I. iri Chicago versamme[- ten Vishöfe der bischöflihen Methodistenkirhe der Vereinigten Staaten haben, wie die „Nordd. Allg. 3tg.“ meldet, folgende Zuschrift an den Reichskcenzler Fürsten von Bismarck gerichtet:

„Die Augriffe, welche die päpftlihe Hierarhie in neuester Zeit gegen die Souveränetät des Deutschen Reichs gerichiet hat, und die

ympathie, welche Römische Katholiken in den Vereinigten Staaten von Amerika sowohl als in anderen Ländern mit diesen Angriffen zut erkennen gegeben haben, veranlassen uns Unterzeichnete, Bischöfe in der bischöflichen Methodiftenkirhe, die Gesinaungén auszusvrechen, mit welchen wir den Kampf betrachten, in welhem Sie der hervor- ragende Führer sind. Wir haben mit wahsender Theilnahme und Beunruhigung den kirlichen Konflikt beobabtet, welcher jeßt in dem Lande vor sich geht, wo der große Widerspruch gegen die Römische Usurpation fi zuerst erhob, und wir erlauben uns, Ew, 2c. und durch Sie Sr. Majestät dem Kaiser unsere herzliche Zustimmung aus- zu'prehen zu Ihren ernsten Bemühungen, die Unabhängigkeit der Staatsgewalt gegenüber dem geistlihen Machtspruch zu vertheidigen und das Recht des eigenen Urtheils und der Gewissensfreileit aufrecht zu erhalten. Wir glauben, daß Sie für Amerika sowohl als für Europa die Sache der bürgerlichen und religiösen Freiheit verfechten und in diesem Kampfe die Gebete und Sympathien der protestanti- schen Bevölkerung aller Länder für sich haben werden. Mit tiefer

Verehrung 2c.“ (Felgen 10 Unterschriften.)

Aus Costa Rica wird New: Yorker Zeitungen ge- schrieben, daß daselbs im Juli eine Anzahl von aus Guate- mala vertriebenen Jesuiten ankam, aber zehn Meilen von der Hauptstadt angehalten wurde. Am nämlichen Tage trat der Kongreß der Republik zusammen, und 2000 Freimaurer erschienen in der Halle des Kongresses und petitionirten um die Austrei- bung der Jesuiten aus dem Grunde, daß sie \hädlihe Mitglieder der Gesellschaft seien. Der Präsident und mehrere hervorragende Deputirten sprachen gegen die Jesuiten, und das Resultat war, daß der Kongreß 1500 Dollars für deren unverzüglihe Bedürf- nisse votirte und ihnen befahl, das Land zu verlassen.

Buenos Ayres, 7. August, Die Ernennung des Dr. Bernardo Irigoyen zum Minister für die auswärtigen An- gelegenheiten, sowie des Hrn. Lucas Gonzalcs zum Finanz- Minister hat allgemeine Befriedigung gewährt. In den Provinzen ist Alles ruhig. Die Regensaison hat begonnen, in Folge dessen sich der Stand der Weiden gebessert hat.

Afrika. Naghrichten der „A. A. C.“ aus Tangier via Gibraltar melden, daß Kaid Tilaly-ben-Hamo, der neu ernannte Pascha von Tangier, am lebten Freitag (19. August) dem Got- tesdienste in der Hauptmoschee, begleitet von den Spißen der städtishen Behörden, anwohnte. Auf dez nah der Moschee führenden Straße, welche der Pascha passirte, bildeten Asfars Spalier. Diese wilden Truppen, von denen viele vorher viel- leiht niemals einen Chriften gesehen, hielten alle Perfonen in europäischer Kleidung, die zufälligerweise ihre Linien pas- sirten, an. Einige Europäer, darunter ein Beamter einer frem- den Legation, die auf ihr Durchgangsreht bestanden, wur- den von den Askars geschlagen; aber glückliherweise wurde kei- nem fremden Unterthanen irgend eine ernfilihe Beschädigung zugefügt. Es heißt, daß die Askars, die der Mißhandlung fremder Unterthanen beschuldigt wurden, eine scharfe Bastonade erhielten und von dem Pascha auf das Verlangen sämmtlicher fremdex Vertreter eingesperrt wurden. Gleichzzitig befahl der maurische Minister für auswärtige Angelegenheiten, daß die Askars und andere nur etwa vier Meilen von Tangier kampirende Truppen nicht wie- der die Stadt betreten sollten. Diese Maßnahme wird von der Ein- wohnershaft von Tangier, \clbst| die Mohamedaner niht aus- genommen, die wegen ihres ordentlihen und friedlihen Be-= nehmens gegen Europäer wohlbervfen find, sehr gebilligt. Vieke der Askars waren neulih aus f&rnen und wilden Regionen im Innern refrutirt worden und wurden in beraushtemn Zustande zuweilen der Schrecken der mohamedanischen wie der europäischen Bevölkerung. Man glaubt, daß die Armee vom Sultan nah Fez zurückberufen wurde, da ihre Anwesenheit in den nördlichen Provinzen nicht länger erforderlih ist. Der Sultan wird fig Anfangs nächsten Monats von Fez nah den südlichen Provinzen und Marocco begeben,

Der Sultan von Zanzibar ist auf der Rütreise nah seinem Lar.de in Aden eingetroffen.

Nr. 36 des „Central-Blatts für das Deutsche Reih*, herausgegeben im Reichskanzler-Amt, hzt folgenden Inhalt : 1) Allge- gemeine Verwaltungssachen: Abkommen zwischen Deutschland und Desterreih-Ungarn ktezüglich der Uedernahme Auszuweisender: 2) Münz- wesen: Uebersicht über die Ausprägung von Reichsmünzen. 3) Zolk- und Steuerwesen: Veränderungen bei Steuerstellen. 4) Marine und Schiffahrt: Verzeichniß der in den Bundes-Seestäaten fungirenden Straudbehörden. Vom 26. August 1875; Beginn von Steuermanns- prüfungen 2c. 95) Postwesen: Bekänntmachungen, betr. Bestellung von Postaufträgcn; Postpa&etverkehr wit Ostindien; Postanweisungêver- kehr mit Niederland; Post-Dampfschiffverbindungen mit Dänemark und Schweden.

Statistische Nachrichten.

Ueber die Gesundheitsverhältnisse in der am 28. August beendeten Woche berichtet die „Vess. Zta.“, daß von je 10,000 Einwohnern, auf den Jahresdurch\chnitt berechnet, starben in Berlin 451, in Hamburg 314, in Breslau 408, in München 253, in Wien 241, in Pest 397, in Paris 235, in Brüffel 216, in Amsterdam 304, in Rotterdam 343, im Haag 289, in Rom 326, in Neapel 315, in Turin 206, in London 218 und in den 18: größeren Städten Englands je 246. Was die Berliner Gesundheits- verhältnisse betrifft, so find dieselben immer noch günstig zu nennen, namentlich die Zahi der Durchfälle und Brechdurchfälle der Kinder nimmt stetig ab. Nach der vorläufigen Feftsteliung des städtischen statistishen Bureaus betrug die Zahl der Gestorbenen im Ganzen 718, darunter 392 mänmiche, 326 weibliche Personen ; 377 unter, 341 über ein Jahr. Todesursachen: Masern 3, Stharlah 6, Rothlauf 3, Diphteritis 22, Typhus 42, Ruhr: (Dysent.) 25,, Keuchhusten 8, Bräune (Kehlkopfentzündung) 14, Bronchitis 3, Lungenentzündung (Pneum.) 22, Bruftfellentzündung 2. Diarrhoe 104. Sonstige Krankheiten mit 10 und mehr Todesfällen: Brechdurchfall: 123, Shwindsuht 62, Krämpfe 53, Schwäche 28, Alters\chwäche- 11, Abzehrung 51, Unterleibsentzündung 12, Gehirnentzünduxg 12,

Hirnhautentzündung 10. Alle anderen Krankheiten 102. Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Daß das Interesse für das Märkische Pra%»inzials Mus E ein allgemeines ist, geht aus dem. 11. Berich über die eiugegangenen Geschenke hervor, welcher zeigt, daß die Geber über die ganze Provinz Brandenburg vertheilt sind. Se. Kaiser- lih2 und Königliche Hoheit der Krouprinz hat dem Museum eine nahe dem Neuen Palais bei Potsvam ausgegraßene Todten-Urne eingesandt, der Magifirat von Köperìk eine Sturnzhaube sowie eine Sammelbüchse und eine Wetterfahne. Sehr interessant is die. vom Stadtverordneten Dr, Zim®«ermann herrüßzrende Sammlung von Abbildungen Berliner Persönlichkeiten, in S,ps modellirt. Von dem Ortsvorsteher Stecklein iu Stralau ist dew, Museum eine Urkunde aus dem 17, Jahrhuadert überwiesen worden; das hiesige Heilige - Geists