1875 / 212 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 10 Sep 1875 18:00:01 GMT) scan diff

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Tber §. 276 wurde ausgeseßt. Der von der Beschlagnahme des Vermögens eines Abwesenden handelnde §. 279 wurde auf Än- trag des Abg. Reichensperger gestrihen. In Folge dieser Streiz chung fielen die §§ 280—282 von selbft weg. Der das feeie Geleit betreffende §. 283 fand mit einer vom Abg. Hauk be- antragten Modifikation Annahme, wonach das freie Geleit erst erlisht, wenn ein auf Freiheitsstrafe lautendes Urteil rechts- kräftig geworden ist. Vor Eintritt in die Tagesordnung hatte übrigens die Kommission einen wihtigen Beschluß über ihre Geschäftsordnung gefaßt. Der Bundesrath hatte den Wunsch kund gegeben, daß nach Vollendung der ersten Lesung des Strafprozeßentwurfs die Kommisfion in eine- eventuelle Be- rathung der Bestimmungen über das handelsgerichtliche Verfahren eintreten möge, von welcher in Folge * des die Handelsgerichte beseitigenden Beschlusses in der ersten Lesung der Civilprozeß- ordnung abgesehen worden war. Die Kommission hat diesem Wunsche entsprehend beschlossen, mit Rücksicht auf die jedenfalls ins Auge zu fassende Eventuaklität, daß die Mehrheit des Reich3- tages die Regierungsvorlage in Betreff der Einrichtung von Handelsgerihten wiederherstelle.

Eine unter dem 3, März d. I. von dem Präsidenten der Vereinigten Staaten von Nordamerika publizirte Ergänzungsakte zu den bestehenden Einwanderungsgeseßen be- zieht fih zwar ïn der Hauptsahe auf die Einwanderung orien- talischer Coolis, enthält jedoch in Sektion 3 und 5 allgemein lautende und auch auf deutsche Einwanderer Anwendung findende Bestimmungen, namentlih über den verbotenen Eintritt der unter der Bedingung der Auswanderung begnadigten Per- sonen, sowie solcher Frauenzimmer, die ‘zu Prostitutionszwecken eingeführt werden sollen.

Der Minister des Innern und der Handels-Minister haben die Bezirksregierungen mittels Cirkularreskcipts vom 28. Juni d. J. demzufolge veranlaßt, die Eigenthümer und Führer der in den Häfen ihres Verwaltungsbezirks heimaths- angehörigen Schiffe auf geeignetem Wege mit den, für den Fall der Einführung der betreffenden Personen nah den Ver- einigten Staaten getroffenen polizeilihen und Strafbestimmungen zu dem Zwecke bekannt machen zu lassen, damit dieselben, im eigenen Interesse und zur Vermeidung eigener Haftbarkeit, den Lokalbeamten in den deutschen Einschiffungshäfen bei denjenigen polizeilichen Recherhen thunlih| Beistand leisten, welche auf Grund allgemeiner Vorschriften oder in Folge spezieller obrigkeit- liher Anordnung wegen Ergreifung und resp. Zurücweisung derartiger Passagiere zu erfolgen pflegen. : d Die bezüglihen Bestimmungen der Ergänzungs - Akte

uten :

„Sektion 3. Die Einführung von Weibern nach den Vereinigten Staaten zu Prostitutionszweckcn is absolut verboten, und alle hierauf bezüglihen Kontrakte find ungültig. Wer wissentlich \olche Weiber zu solchen Zwecken nah den Vereinigten Staaten bringt oder kommen läßt, oder wer immer solche Weibspersonen in Ausführung vorhber- gegangener ungeseßliher Importätion für solhe Zwecke anstellt, macht sich eines Vergehens (felony) s{uldig und fann zu fünf Fahren Ge- fangenschaft und zu fünftausend Dollars Geldstrafe verurtheilt wer- den.“ „Sektion 5. Den Ausländern, welche in ihrem Geburtsland wegen eines peiulichcn Verbrechens, mit Ausnabme eines politischen, verurtheilt worden sind, oder denen ihre Strafe untér der Bedingung der Auswanderung erlassen worden ift, sowie Frauenzimmer, die zu Prostitutionszwecken eingeführt werden, Ut die Einwanderung nah den Vereinigten Staaten gänzlich verboten. Jedes in einem Hafen der Vereinigten Staaten landende Schiff kann unter der Direktion des betreffenden Hafenkollektors inspizirt werden, sofern dieser Gründe hat, anzunchmen, daß sih solche Personen an Bord des Schiffes befinden, und der betreffende Inspektioasbeamte foll dem Schifféführer die verdächtigen Personen anzeigen und si mit ihm ins Vernehmen feßen, Während der Durhsuchung darf Fein Ausländer ohne Erlaubniß das Schiff verlassen, und die von Inspektoren als Uebertreter dieses Geseßes ausfindig gemachten Per- sonen dürfen in keinem Fall, außer um beim Prozeß zu erscheinen, den Boden der Vereinigten Staaten betreten. Im Falle eine solche Person sich über die Beschuldigung des Jnspektionsbeamten beschwert, mag sie fih an ein geeignetes Geriht wenden, uud dann ift es die Pflicht des Hafenkollektors, das betreffende Schiff bis Austrags der Sache im Hafen zurückzuhalten. Wird das Vorgehen des" Inspektors gutgeheißen, fo sollen die bes{uldigten Personen an Bord des Schiffes zurückgebraht werden, und es soll ihnen nicht mehr gestattet sein, das Land der Vereinigten Staaten zu betreten, es sei denn, daß der Schiffsführer oder Eigenthümer des Schiffes für jede solche Person 500 Dollars Bürgschaft leistet, welche Summe für die Zurüdck- Jendung der betreffenden Person innerhalb 6 Monaten - bestimmt ift. Für alle Verleßungen gegen dieses Geseß sind die Schiffseigenthümer 2c. in ähnlicher Weise haftbar, wie im Falle eines Betruges gegen die Zollgesete.

_… Wie der „Westf. Merkur“ die von uns veröffentlichte Liste der Orte, aus denen der Redaktion Berichte über die Feier des Tages von Sedan vorlagen, ergänzend mittheilt, ist auch in Münster der 2. September festlich begangen wor- den. Dex „Westf. Prov.-Ztg.“ entnehmen wir ferner folgende Namen von Ortschaften der Provinz Westfalen, in welchen eine Sedan- feier stattgefunden hat: Rheine, Herford, Paderborri, Coesfeld, n Fus, Papenburg, Meppen, Hagen, Burgsteinfurt,

nabrüd.

Die gerihtliße Verurtheilung des Eigenthümers einer Lokalität, einem Anderen zu derselben Zutritt zu gewähren, giebt, nach einem fürzlih ergangenen Erkenntnisse des Ober- Tribunals, diesem kein Ret, in die gedachte Lokalität mit Gewalt einzudringen.

__ Der Königliche Gesandte am Großherzogli oldenbur- gishen Hofe, Prinz zu Ysenburg, hat ih, einer von Sr. Königlichen Hoheit dem Großherzoge von Oldenburg ihm zuge- gangenen Einladung entsprehend, am 8. d. M, auf einige Zeit nach Eutin begeben.

_ Düsseldorf, 8. September. Ueber die Thätigkeit des zur Zeit in hiefiger Stadt versammelten außerordentlichen (24.) Rheinishen Provénzial-Landtags geheu uns folgende Mittheilungen zu:

„_ Dem diesmaligen Provinzial-Landtag is nach dem Aller- höchsten Propositionsdekrete vom 9. Augu| cr. insbesondere eine organisatorishe Thätigkeit zugewiesen. Es handelt fich darum, die zur Ausführung des Dotationsgeseßes vom 8. Juli d. J. erforderlichen Beschlüsse zu fassen, wegen Uebernahme der Staats- firaßen-Verwaltung in der Rheinprovinz die nöthigen Vor- kehrungen zu treffen, die durch das Dotationsgeseß dem Pro- A erpae zugewiesenen Geldrenten 2c. ihrer bestimmungs- ¿mäßigen Verwaltung und Verwendung zuzuführen, und Überhaupt die weitere Ausbildung der provinzialständischen Selbstverwaltung und ihrer Organe vorzunehmen. Ferner ist von deni Landtage die Feine wegen Vereinigung der verschiedenen Bezirks straßenfonds der Provinz zu einem Provinzialstraßenfonds und die Uebertragung der Ver- waltung der legteren an den Provinzialverband und dessen Organe mit Rückfiht auf die durch den Erlaß des Dotationg- j

gésehes veränderten Umstände einer erneuten Berathung zu unterziehen, endlih durch die Wahl tines zur Allerhöchsten Be- stätigung geeigneten Landes-Direïtors die Ausführung der {hon vom 23. Rheinischen Provinziallandtage beschlossenen Abänderung des Organisations-Regulativs vom 27. September 1871 zu er- möglichen.

Der Landtag if, wie bereits gemeldet, am 29. August cr. von dem Königlichen Landstags-Kommissar , Ober-Präfidenten der Rheinprovinz, Dr. v. Bardeleben, eröffnet worden und zwar mit der nachstehenden Rede:

Hochgeehrteste Herren! Se, Majestät Unser Allergnädigster Kaiser und König haben mittelst Allerhöchften Erlasses vom 9. d. M. deu Landtag der Rheinprovinz auf den heutigen Tag nah der Stadt Düsseldorf zusammenberufen und die Dauer der bevorstehenden Sißung auf drei Wochen bestimmt.

Zum Landtags-Marschall haben Se. Majestät den Herrn Fürsten ¿zu Wied und zum Stellvertreter des Marschalls den Herrn Freiherrn von Geyr-Schweppenburg zu ernennen geruht. f

Wenn der Provinzial-Landtag, nachdem er in diesem Frühjahre bereits zu eincr Sitzung versammelt war, jeßt nah wenigen Monaten nohmals zusammenberufen wird, so haben wihtige Motive ein solches außerordentlihes Verfahren veranlaßt. Vor allen Dingen ist es die Rüsicht auf das inzwischen erlassene Dotations-Geseß vom 8. Juli d. J. gewesen, welche diese nochmalige Zusammenberufung des Land- tages zur Nothwendigkeit gemacht hat. Durch dieses Gesetz, meine hochgeehrten Herren, sind wichtige Verwaltungszweige, welche biéher von den Staatsbehörden ressortirten, darunter ganz besonders au die Verwaltung der Staatsstraßen, den Provinzialständen und deren Or- ganen übertragen und es sind sehr erheblihe Beträge aus Staats- mitteln zu diesem Zwecke den provinzialständischen Verwaltungen Überwiesen worden. Da nach dem Geseh diese neue Organisation s{on mit Anfang nächsten Jahres ins Leben treten soll, so ist es un- bedingt nothwendig, daß die Stände der betreffenden Provinzen jeden- falls noch im laufenden Jahre die zur Ausführung jenes Gesetzes nöthigen Beschlüsse fassen.

__ Sie werden, meine Herren, die hohe Bedeutung dieser Maßregel würdigen und darin, wie ich überzeugt bin, mit Dank einen neuen Beweis des Vertrauens begrüßen, welches die Staateregiexung der provinzial ständischen Verwaltung entgegenträgt.

Es ist damit ein sehr wichtiger, folgenschwerer Schritt zur Verwirklihung der provinziellex Selbstverwaltung geshehen. Von Zhnen und Ihren Organen wird es nunmehr abhängen, daß die von dieser Neugestaltung erwarteten wesentlihen Verbesserungen in et provinziellen Verwaltungs-Angelegenheiten zur vollen Realität gelangen.

In dem Allerhöchsten Propositions-Dekret für den gegenwärtigen Landtag ift außer die’'em noch ein zweiter Punkt Ihrer Berathung unterbreitet worden. Es ist dies die Angelegenheit wegen Vereinigung der Bezirks-Straßen-Fonds zu einem Provinzial-Straßen-Fonds und die Uebertragung des Leßteren an den Provinzial-Verband.

_ Diese Angelegenheit hat, wie Sie sih erinnezn werdea, Sie be- reits früher beschäftigt, eine Einigung zwishen dem Landtage und der Regierung ist aber in Bezug auf diese Frage nicht zu Stande ge- kommen. Die Sache ist jeßt in ein neues Stadium getreten. Nach- dem nunmehr, wie ih bereits zu erwähnen die Ehre hatte, durch das Dotationsgeseß die Verwaltung der Staatsstraßen an die Provinz übergeben wird, kann die nochmalige Erörterung der Frage wegen einer gleichmäßigen Behandlung der Bezirksstraßen nicht wohl von der Hand gewiesen werden.

_ Aus dem Allerhöchsten Landtags - Abschiede für die im Jahre 1874 ordentlich und in diesem Jahre außerordentli versammelt ge- wesenen Stände werden Sie ersehen, daß die Anträge, welche Sie ge- stellt hatten, zum größten Theile inzwischen die Genehmigung erhalten haben. Unerledigt ist allerdings eine sehr wihtige Angelegenheit ge- blieben, nämlich dic Ernennung eines Landesdirektors für die Rhein- provinz, und damit zusammenhängend der Nachtrag zu dem Aller- höchsten Regulativ für die provinzialständishe Verwaltung vom 27, September 1871,

Der Allerhöchste Landtags-Abschied lautet in Bezug auf diesen Punkt wie folgt: j F ;

_„Dem von Uxuseren getreuen Ständen in dèr Adresse vom April 1875 gestellten Antrage, dem zum Landesdiréktor der Rheinprovinz gewählten Präsidenten der Regierung zu Frankfurt a. d. O. Grafen von Villers für den Fall seines späteren Ausscheidens aus dem ständischen Dienste die Gewährung einer entsprechenden Pension aus Staatsfonds zuzusichern, hat mit Rücksiht auf die entgegen- stehenden Bestimmungen des Geseßes über die Pensionirung der unmittelbaren Staatsbeamten vom 27. März 1872 nicht ftatt- gegeben werden können. Nachdem der Graf von Villers in Folge dessen die auf ihn gefallene Wahl zum Landesdirektor abgelehnt hat, wird Seitens Unserer getreuen Stände eine anderweite Wahl in Aussicht zu nehmen sein.

Anlangend den von Unsfereñn getreuen Ständen beschlossenen Nachtrag zum Regulative für die Organisation der Verwaltung des provinzialständifhen Vermögens und de- provinzialständischen Anstalten in der Rheinprovinz vom 27. September 1871, so wird die Genehmigung dieses Nachtrages bis dahin ausgeseßt bleiben müssen, daß Unsere getreuen Stände eine anderweite zu Unserer Bestätigung geeignete Wahl eines Landesdirektors vollzogen haben werden, da die Bestimmungen des fraglihen Regulativ-Nachtrages erst dann in Kraft treten können, wenn ein Landesdirektor bestellt sein wird, welcher insbesondere auch die ständische Verwaltung nah Außen und vor Gericht vertreten soll.“

Ich hege die zuyersihtlihe Erwartung, daß die Wahl eines Landesdirektors, welche Sie zu thätigen haben werden, eine etfolg- reiche sein und daß es Ihnen gelingen wird, für die an Bedeutung so sehr zunehmende provinzialständishe Verwaltung einen in jeder Beziehung geeigneten Leiter zu finden.

Ueberzeugt, daß Sie auch in die gegenwärtigen Verhand- lungen mit derselben Hingebung eintreten werden, welche Sie stets bewährt haben, habe ih meinerseits uur zu erklären, daß ich gern bereit bin, Ihnen die etwa noch erforderlichen Mittheilungen zu machen und überhaupt Jhren Arbeiten jede Unterstüßung, welche meine amtliche Stellung bieten kann, zu gewähren.

Mögen Jhre Arbeiten zum Segen unserer Provinz aus\{lagen.

Indem ich nunmehr das Allerhöchste Propositions-Dékret, sowie deu Allerhöchsten Landtagsabschied in die Hände des Herm Landtags- Marschalls lege, erkläre ih im Namen Sr. Majestät unseres Kaisers und Königs den 24. Rheinischen Provinzial-Landtag für eröffnet.

Am 30. August cr. hat die zweite konstituirende Plenar- sißung stattgefunden, in welcher die Schriftführer ernannt, die verschiedenen Ausschüsse gebildet, die \{chon vorliegenden Ein- gânge mitgetheilt, und in die vershiedenen Aus\hüsse verwiesen worden find.

Die dritte Plenarfizung, welche auf den 3. d, Mts. an- beraumt war, beschäftigte den Landtag mit der Berathung eines Reglements über die Ueberleitung des Land-Armenhauses zu Trier in die provinzialständishe Verwaltung. Der vom Provinzial - Verwaltungsrathe vorgelegte Reglements-Entwurf wurde vorbehaltlich der Beseitigung einiger zu Tage getretenen Umstände hinsichtlih der Beantwortung der Eigenthumsfrage angenommen.

Aus der gestrigen vierten Plenarsißzung sind Beschlußfassun-

gen von weitgehendem Interesse niht zu referiren, dagegen ift aus der heutigen 9. Plenarfizung zunächst das Resultat der ehl des Landes-Direktors zu berihten. Bei dieser Wahl wurde der Geh. Regierungs-Rath * im Ministerium des Auswärtigen, Ab- theilung für Lauenburg, Frhr. Hugo von Landsberg zu Berlin

mit großer Majorität zum Landes-Direktor der Rheinprovinz

"meinden deren Vorstände

Von andern Wahlen, die die Tagesordnung der heutigen

Zum Provinzial-Verwaltungsrathe wurde der Vize- Landtags -Marschall und Königlihe Kammerherr, Theod. v. Geyr - Schweppenburg zu Aachen, sein Mandat aus Gesundheitsrücsichten niedergelegt,

Kundgebung des Dankes für das ihm bezeigte Vertrauen an. An Stelle des verstorbenen Bürgermeisters Dr. Wurzer zu Niederhammerftein wurde der Graf Carl zu Westerholt und Gysenberg zu Schloß Arenfels für den Bezirk Coblenz zum Mitgliede des Provinz-Verwaltungsraths für -die Dauer der Wahlperioden gewählt. vorzunehmende Ergänzungswahl zur Nfeinishen Deputa-

Bremig zu Coblenz. Bei der Erneuerungswahl für die beiden zur Mitwirkung bei der Rentenbank-Verwaltung berufenen Kom=-

ordneten und Stellvertreter, Graf von Nesselrode- Ereshoven, Geheimer Kommerzien-Rath Hardt, Graf von Spee und Haupt- mann a. D. Münster per Afklamation wiedergewählt, nachdem festgestellt, daß dieselben sämmtlih dem Provinziallandtage noh angehören.

Württemberg. Aus Friedcichshafen, 7. September, meldet der „St. A. f. W.“: Ihre Majestäten der König und die Königin, fowie Ihre Kaiserlihe Hoheit die Frau Herzogin Vera von Württemberg Haben Sich gestern, begleitet von dem. General-Adjutanten Freiherrn von Spitemberg und der Staats- dame Baronin von Massenbach, mittelst Extradampf\schiffs über Conftanz nah Ermatingen und von da zu Wagen nah Arenen- berg begeben, um den Besuch zu erwidern, den Ihre Majestät die Kaiserin Eugenie mit Ihrem Sohne, dem Prinzen Napoleon und der Prinzessin Mathilde, Kaiserlihe Hoheiten, vor einigen Tagen im Schlosse von Friedrihshafen gemaht hatte. Die

und der Königin mit den Gästen des Hofes, Minister von Mitt- naht, Freifrau von Spigzemberg, Staatsrath Freiherr von Spigzemberg mit Gemahlin und Gräfin Sophie Taubenheim, blieben in Constanz zurück und erwarteten dort die Rückkehr der

“Allerhöchsten Herrschaften ; e gesellte sh auch Dr. v. Scheffel.

bei, welcher fich gegenwärtig in Radolfzell aufhält und von Ihren Majestäten zum Besuche nah Schloß Friedrichshafen ein- geladen worden war. Die Rückfahrt von Constanz - wurde kurz nah 7 Uhr angetreten, die Ankunst hier erfolgte 84 Uhr.

Sessen. Darmstadt, 7. September. Ihre Hoheit -die Herzogin Anna von Mecklenburg-Schwerin is heute Nahmittag zu längerem Aufenthalte bei Ihren Königlihen Ho- heiten dem Prinzen und der Prinzessin Carl hierselbst einge- troffen. Der Entwurf des Staatsbudgets pro 1876/78 wird fich von dem bisherigen Budget wesentlih unterscheiden, indem die Staatsverwaltung thunlichst vereinfaht worden ist. In Wegfall kam dur Einführung der neuen BVerwaltungsgeseße der Admini- ftrativ-Justizhof; aufgelöst wurde die Ober-Studiendirektion, die nunmehr eine Abtheilung des Ministeriums des Innern bildet. Die mit Erhebung der Steuern betrauten Behörden find erheb=- lih reduzirt worden, die Zahl der Forstämter und Oberförste- reien ist gleichfalls vermindert und soll demnächst die Ober- Medizinaldirektion und die Ober-Baudirektion als besondere: Behörde wegfallen und mit dem Ministerium des Innern ver- einigt werden. Nach dem älteren Edikte über die Dienstve r- hältnisse der hessishen Civilstaatsbeamten konnte jeder Staatsbeamte nach 50 Dienstjahren sein Amt niederlegen gegen. Bezug der vollen Besoldung. Nah 40jährigem Dienstalter oder nah vollendetem 70. Lebensjahre erfolgte die Pensionirung mit neun Zehntel deë Gehaltes; bei hinlänglich erwiesener Dienst- unfähigkeit als Folge phyfisher Gebrechlichkeit vermöge Dienstes- Anstrengung oder unvershuldeten Unglüs konnte der Beamte seine Stelle ebenfalls niederlegen und behielt in den ersten 10 Jahren seit dem Eintritt in den Staatsdienst 7/9, in den zweiten 10 Jahren 8/19, und bei \päterem Austritt %/, seiner Besoldung. Das neue Pensionsgeseß beftimmt, daß Beamte, die nah den ersten fünf Dienstjahren in den Ruhestand treten, 409%, ihrer Besoldung erhalten; für jedes weitere zurückgelegte Dienstjahr werden vom sechsten bis zum zehnten Dienstjahre 29/,, vom elften bis zum dreißigsten 11/0/, und vom einunddreißigsten bis zum vierzigsten 19/4 zugescßt. Nach fünfzig Dienstjahren wird die volle Besoldung als Ruhegehalt bezahlt. Bei Be- rechnung der Dienstzeit wird nunmehr auch die Zeit in Anrech- nung gebraht, während welcher ein Beamter nah bestandener Staatsprüfung im Auftrage der Regierung gegen Remu=- neration bei einer Behörde verwendet war und ist über die endgüliige Anrehnung dieser Dienstzeit dér einzelnen Beamten ein Beschluß des vorgefeßten Ministeriums zugefertigt worden. Durch höchste Entschließung wurde zugleih ausgesprochen, daß die nâmlihen Grundsäße auch bei Berechnung des 50jährigen Dienstjubiläums anwendbar seien. Die Fortbildungs- \chulen werden vorausfihilich bis zum 1. November d. I. überall eingeführt sein, und find in den meisten Ge- durch die Kreis\{hulkommissionen bereits ernannt. Die Klasseneintheilung und die Aufstellung der Stundenpläne wird erfolgen, \obald die Zahl der in den ein- zelnen Gemeinden zum Besuhe der Fortbildungs\hulen verpflihteten Schüler festgestellt ift,

Oldenburg. Aus dem Fürstenthum Lübeck,

. September. Für die im älteren Theile des Fürstenthums

geltende Gemeindeotdnung vom 22. Juni 1857 und die im Wesentlichen damit übereinstimmende für die neuen Landes- theile erlassene Gemeindeordnung vom 18. September 1868, hat fich eine Revision als Bedürfniß fühlbar gemaht, nah dem die zum Theil auf ganz anderen Prinzipien beruterden Reichs- geseße, namentlich das Geseß vom 1. November 1867 über die Sreizügigkeit und das Geseg vom 6. Juni 1870 über den Unter- ftüßungwohnsiß, fie in ihren Grundlagen ershüttert haben. Der vorliegende Entwurf einer revidirten Gemeindeord- ordnung, welcher wesentlih an die für das Herzogthum Olden- burg erlassene revidirte Gemeindeordnung vom 15. April 1873 fih anschließt, hat es \sich zur Aufgabe gestellt, zugleich in weiterer Ausdehnung der Selbstverwaltungsbefugnisse der Ge- meinden, die Gemeinde- und Armengeseßgebung auf der Grund- lage und im Einklange mit den maßgebenden Bestimmungen der dad Bofetet im Uebrigen aber unter thunlihstem Anshluß an das Bestehende, so weit es sich bewährt hat, neu und einheitlih aufzubauen. Der Entwurf zerfällt in 8 Abschnitte: 1) Al’gemeine Bestimmungen, 2) von der Gemeindevertretung, 3) von der Ge- meindeverwaltung, 4) besondere Bestimmungen für einzelne Gegen- fände der Gemeindeverwaltung, als: Gemeindevermögen und

Gemeindelaften, Gemeindehaushalt, Stiftungsvermögen, Armen-

gewählt,

pflege, Schulwesen, 5) von den Dorfschaften als Realgenossen-

Sizung ausfüllten, theilen wir noch folgende Resultate mit :

Freiherr welcher

per Afflamation wiedergewählt und nahm die Wahl in der

Eine an Stellv, desselben Dr. Wurzer tion für das Heimathswesen ficl äf den Advokat-Anwalt

missare und deren Stellvertreter wurden die seitherigen Abge=

übrigen Herren und Damen aus der Umgebung des Königs

Tasten, 6) von den Amtsverbänden, 7) von der Aufsicht der Staatsbehörden,*8) Schluß- und Uebergangsbestimmungen. Als Novität enthält der Entwurf die örtlihe Theilung der Gemeinde Ahrensboeck .in eine Fleckens- und eine Landgemeinde, je mit besonderer Vertretung und Verwaltung, unter Belassung der bisherigen Gemeinschaftlichkeit in Armen- und Schulsachen.

Sachsen-Meiningen-Hildburghausen. Meiningen, 6. September. Die Stadt Meiningen hat gestern den ersten Jahrestag des großen Brandes erlebt. Ein Jahr nach dem Brande steht die Stadt bereits neubelebt wieder da. Daß dieses geschehen konnte, dazu war die Hülfe von außen nicht geringer, als das rührige Schaffen in der Stadt selbst. Von den über 1 Million Mark betragenden Hülfsgeldern find, dem „Fr. J.“ zufolge, 180,000 (4 auf den Bau von Baraten, 241,495 „( auf die Mobiliar-:Beschädigten und 448,707 M auf die Häuser-Beschädigten verwendet worden; 675 -Personen, meist Lehrlinge, Gesellen, Dienstboten waren gar nicht versichert; der Verluft derselben wurde auf 159,000 # festgestellt und mit 96,000 ch entfchädigt; an Mobiliar waren 1,823,526 #, ver- sichert und dafür 1,057,023 4 Entschädigung geleistet worden. Von den Neubauten find bereits, 41 bewohnt und 93 werden noch vor dem Winter bewohnbar; es sind noch 1000 fremde Arbeiter hier beschäftigt.

Desterreich-Ungarm. Wien, 7. September. (Prag. Z.) Die Zollenquete in Pest hat gefiern ihren Abschluß gefunden und mit der fast unveränderten Annahme der Mehrzahl der von der ungarischen Regierung an dem ösfterreihishen Entwurfe vor- genommenen Aenderungen geendet. Das auf diese Weise er- ledigte Operat dürfte in den nähsten Tagen in Wien eintreffen, worauf - dann am 13. die Vertreter der beiderseitigen Minifterien die neuerlihen Detailverhand- lungen beginnen werden. Aus der ungarishen Enquete ergab \ih, soviel man auch hier gegen die dort herrschenden wirthschaftlihen Anshauungen einwenden wird, die eine inter- essante und beahtenswerthe Erscheinung, daß man von Seite der ungarishen Regierung wie der Mehrzahl der Konferenzmitglieder auf die Gemeinsamkeit des Zollgebietes vollen Werth legt. Unter Aufrehthaltung dieses Grundgedankens mird troß Allem eine Verständigung niht unshwer erzielt werden können.

Schweiz. Vern, 7. September. Seit gestern Vormittag 10 Uhr find die eidgenössishen Räthe wieder in Thätig- keit, welche sich jedoch im Nationalrathe nur auf die Genehmi- gung der Geschäftsvertheilung beschränkte, während dagegen der Ständerath sofort das Banknotengesetz in Angriff nahm, welches der Nationalrath bereits im Juni berathen hat. Laut der nationalräthlihen Redaktion lauten die Hauptbestimmungen betreffend die Notenausgabe: Die Ausgabe von Banknoten im Gebiete der s{hweizerishen Eidgenossenshaft wird nur Bank- instituten gestattet, welche jährlich öffentlich Rechnung ablegen und welche die übrigen geseßlihen Vorschriften erfüllen. Die Ermächtigung zur Notenausgabé wird vom Bundesrathe ertheilt, wenn, die nachsuhende Bank \ich über die Erfüllung des neuen Geseßes ausweist. Jede Emissionsbank fol ein eigenes einbezahltes, aus\{ließlich für ihre Geschäfte haftbares Kapital von mindestens einer halben Million Franken ausweisen. Die Summe der gesammten bewilligten Banknoten- Emission darf das Zweifache ihres eigenen Kapitals niht über- steigen. Eine verhältnißmäßige Reduktion dieses zulässigen Zweifachen des eigenen Kapitals tritt je auf den 1. Januar des folgenden Jahres ein, wenn nach Erreihung der für die ge- sammte Emission festgestellten Maximalgrenze neue Gesuche um Bewilligung der Banknotenausgabe eingehen. Den Emissions- banken sind ungedeckte Operationen in Waaren oder Werth- papieren auf Termine fowie Ertheilung jegliher Art von un- gedeckten Krediten untersagt. Es sollen keine andere Bank- noten als \solche von 1000, 500, 100 und 50 Franken ausgegeben werden. Die Ausgabe von Banknoten von 20 Franken kann durch Bundesbes{chluß bewilligt werden. Der Bund übernimmt keine Verantwortlichkeit für den Werth und die Einlösung der ausgegebenen Noten. In Abänderung dieser Bestimmungen, betreffend die Notenausgabe, beantragt die Kommission des Ständerathes nur Erhöhung des eigenen haftbaren Kapitals der einzelnen Emissionsbanken von # auf 1 Million und daß die Notenemission jeder einzelnen Bank das Zweifache des einbezahl- ten Kapitals und jedenfalls die Summe von 12 Millionen Fran- ken nicht übersteigen darf; der Bundesversammlung jedoch vorbehalten bleiben soll, die Gesammt-Emission. der Bank- noten festzustellen und daher auch die Emission der einzelnen Banken verhältnißmäßig zu reduziren. Diese Abänderungsanträge haben Annahme gefunden.

Auf der heutigen Tagesordnung des Nationalrathes stand das Miklitärsteuergesez, über welhes Oberst Scherz von Bern und Ruchonnet von Lausanne im Namen der Mehrheit und Dr. Ségesser oon Luzern im Namen der Minderheit der Kommission Bericht erstatteten. Ersterer beantragte Eintritt in die Berathung, leßterer Rückweisung des Geseßes an den Bundesrath behufs Vorlage eines - neuen Taxations\ystems. Mit grofec Mehrheit wurde der Eintritt beschlossen.

9, September. (W. T. B.) Der französishe Finanz- Minister Say Und der Minister für öffentlihe Arbeiten Cail- laux haben den St. Gotthard-Tunnel besucht, der Minister des Auswärtigen, Herzog von Decazes, hat in Jnterlaken Aufenthalt genommen.

Großbritaunier und Frland. London, 8. Sep- tember. Es steht nun fest, daß der Prinz von Wales am 11, Oftober London verläßt, um seine Reise nah Indien anzutreten. In seinem Gefolge werden sich der „A. A. C.“ zu- folge befinden: der Herzog von Sutherland, Lord Alfred Paget, Sir Bartle Frere, Mr. Albert Grey, Privatsekretär des leßteren, Dr, Fayer, Lord Suffield als dienstthuender Kammerherr, General- Major Probyn und Oberst-Lieutenant A. Ellis, als dienstthuende Adjutanten, Mr. Francis Knollyt, als Privatsekretär Sr. König- lichen Hoheit, Dr. W. H. Russell (Berichterstatter der „Times*) als Hülfs-Privatsekretär, Kapitän Lord Carlington, Lord Ch. Beresford und Lieutenant A. Fitz George als Ehren-Adjutanten; der Rev. Canon Duckworth als Kaplan Sr. Königlichen Hoheit, Mr. Sydney Hall, der Zeichner der „Zllustrated London News“, ferner Earl Aylesford und Obers Williams als Extra-Adju- tanten. Außerdem wird das Gefolge einen Taxidermisten (einen der im Ausstopfen und Präserviren der Thiere ge\schickt ist), einen Botaniker, und in der Person des Mr. Isaakson, vom India - Office, ‘einen Klistos der kostbaren Prásente, die der Prinz nach Indien rnitnimmt, umfassen. Um die Wirksamkeit der zur Unterdrückung des Sklaven- handels an der Ostküjre Afrikas stationirten englischen

egierungskreuzer zu erhöhen, ift dem „Globe“ zufolge die Än- ordnung getroffen worden, daß fie gekaperte Sklavenschiffe künf-

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tighin nicht mehr nach Zanzibar zu führen brauen, wodur häufig viel Zeitverlust entstand, sondern unter die temporäre Obhut der Gouverneure von Küstenstädten stellen können.

9. September. (W. T. B.) Lord Russell war dem Vernehmen nach durch Unwohlsein verhindert, bei dem heute stattgehabten Meeting zu Gunsten der Aufständischen in der Herzegowina den Vorsiß zu führen, hat aber eine Zuschrift an die Versammlung gerichtet, worin er erklärt, daß er es für eine eitle Hoffnung halte, wenn man etwa der Meinung sich hingeben könne, daß die Türkei jemals irgend eine Gewähr für dié treue Erfüllung der Pflichten einer guten Regierung bieten werde. Falls die maßgebenden europäishen Mächte es ablehnen sollten, fich in die innere Verwaltung der Pforte zu mischen, so werde als einziges Mittel der Hülfe nur übrig bleiben, daß man für die unterdrückten Völkerschaften eine unab- hängige Regierung zu erlangen suche, wie eine solche durch Lord Derby vormals Serbien verschafft worden sei. Sein Wunsch gehe dahin, Thefsaliena und Albanien zu. beson- deren Provinzen werden zu sehen. Die europäischen Mächte würden fsich über die Wünsche der Bevölkerung zu unterrichten und zu berathen haben und er sei hocherfreut darüber, daß die drei Kaisermächte den Wunsch gehabt hätten, England, Frank- reih und Italien dem Rathe zuzugesellen, der fih mit dea Wünschen der Bevölkerung zu beschäftigen habe. Wenn es der gemeinschaftlihen Aktion dièser Mächte gelingen sollte, für die von Unruhen heimgesuchten Provinzen den Entwurf einer guten und gerechten Regierung zu Stande zubringen, der auch von Seiten der Pforte acceptirt würde und bei welhem der euro- päishe Friede ungestört bliebe, so würde das als das denkbar günstigste 4 zu betrachten sein. Uebrigens war das Meeting nur Ahr mäßig besuht; es wurden mehrere Résolutio- nen angenommen, in denen die Theilnahme der Versammelten für die Aufständischen ausgesprohen und Unterstühung, soweit solches die Gesege gestatten, zugesichert wird.

Italien. Rom, 9. September. (W.T.B.) Wie der „Ofser- vatore Romano“ meldet, hat der Papft gestern eine ihm von Wallfah rern der Diözese Laval überreihte Adres\e entgegen- genommen. Bei der Beantwortung derselben ging der Papft auf eine Schilderung der Lage der fkatholishen Kirche in Ita:ien, Rußland, Deutschland, in der Schweiz, in der Türkei und in den südamerikanishen Staaten ein und erklärte, daß er der Zu- kunft mit Got-:vertrauen entgegengehe.

Türkei. Konstantinopel, 9. September. (W. T. B) Ein der Regierung von dem Valy von Bosnien zugegangenes Telegramm aus Mosftar vom 7. d. Mts. meldet: Die Ge- nerale Hussein Pasha und Nedjib,- welche von Siolaß aufge- brochen waren, find, ohne auf Widerstand Seitens der Insur- genten zu stoßen, nah Trebinje und Bilek gelangt. Die Insur- genten ergriffen die Fluht; Hussein Pasha marschirte -darauf auf der Straße von Ragusa bis zur Grenze und kehrte dann nach Trebinje zurück. Hussein Pascha hat sämmtlihe Ver- \chanzungen wieder erobert, welhe den Insurgenten in die Hände gefallen waren. und augenblicklih findet sich auf dem Wege von Trebinje nah Ragusa kein einziger Insurgent mehr. Nur auf den Bergen zeigen sich noch Insurgenten, die aber bei Annäherung der tür- kfishen Truppen die Flucht ergceifen. Nedjib ist von Bilek bis nah Trebinje vorgegangen, hat an allen Punkten die Insur- genten zerstreut und die Verbindungen wieder hergestellt. Gegen- wärtig werden die bei Trebinje und Bilek stehenden Truppen über Ragusa verproviantirt. - Die Generale Hussein und Nedjib haben den Befehl erhalten, sich nah «Gaschîo zu wenden, um die Verbindungen zwishen Gaschko und Bilek wiederherzustellen.

Nach Meldungen aus fsüdslavischer Quelle über Ragusa, 9. September, ist in Kuci (in Montenegro) ein Aufstand ausgebrochen. Zwei Bataillone Nizams wurden nach Pod- gorizza abgeshickt. 2000 Türken unter dem Befehl Selim Paschas find gegen Vassovichi aufgebrochen.

Der Kaiserlihe Hat, durch welhen Mahmud Pasha zum Großvezier erhoben wurde, lautet: „Mein illustrer Vezier Mahmud. Nedim Pascha! Nachdem wir für nothwendig gehalten, Essad Pascha seiner Funktionen als Groß- vezier zu entheben, haben wir kraft des Vertrauens, daß wir in Sie setzen, und wegen der Eigenschaften, von denen Sie bereits Proben abgelegt, Sie auf diesen hohen Posten berufen. Da wir gleichzeitig für die Ernennung eines Titulars für die Präsidentschaft des Staatsrathes zu sforgen hatten, haben wir für diese Stelle Server Pascha ernannt, welcher die dazu erforderlichen Fähigkeiten besißt. Da die gute Führung der Geschäfte unseres Reiches und das Ge- deihen des Landes wie auch die Wohlfahrt der Bevölkerung Gegenstand unserer vollen Aufmerksamkeit bleiben, ift es unser fester Wille, daß ein wirksamer Shuß und absolute Ge- retigkeit allen Klassen der Gesellshaft ohne Unterschied und in

solcher Weise gesichert seien, daß die Ehre und das Recht eines |

Jeglichen unangetastet bleiben. Wie das Iustiz-Ministerium, das in dieser heilsamen Idee geschaffen war, eines der wichtigsten Departements bildet, if es zugleih unerläßlih, daß dieses Des partement im Einklange mit unserèn wohlwollenden Intentionen vorgehe. Wir befehlen daher, daß diese Intentionen verbreitet werden und daß sie in, volle Ausführung treten. Möge der Höchste unseren Bemühungen seine Gnade des Erfolges ange- deihen lassen.

Belgrad, ‘10. September. (W. T. B.) Mit großer Spannung wurde hier die Thronrede des Fürsten bei der gestern Nachmittags 3 Uhr stattgehabten feierlichen Eröffnung der Skuptschina erwartet. Wegen Linienstörung traf die- selbe erst heute Morgens 8 Uhr ein. In derselben wird an erster Stelle der Ereignisse in Bosnien und in der Herzego- wina Erwähnung : gethan und denSympathien für dieselben Ausdruck gegeben. Sodann erwähnt die Thronrede die Gesches- vorlagen über die Erweiterung der Autonomie der Gemeinden, über die Maßnahmen zur Verbesserung der persönlichen Sicher- heit und über die Preßfreiheit. Ferner gedenkt die Thronrede der stattgefundenen Verlobung des Fürsten. Diese Stelle der Thronrede wird von der Versammlung mit lebhaften Zivios aufgenommen. Am Shlusse sagte der Fürst: „Ih rene zu- versichtliz auf die Unterstüßung der Nation bei der Erfüllung meiner schwierigen Aufgabe, namentlih- in den jeßigen sehr ern- sten Momenten, wie dies die \erbishe Nation stets in solchen Zeitläufen gethan hat.“ Allgemeiner Zuruf: „Wir wollen es.“

Nußlaud und Polen. St. Petersburg, 9. Septem- ber. (W. T. B.) Der Gesandte von Kaschgar ifi gestern vom Kaiser in Audienz empfangen worden. Ueber angeb- lihe Unruhen, welche in Khiwa ausgebrochen sein sollen, ift hier an unterrihteter Stelle nichts bekannt. General Kauf- mann meldet vom 25. August (6. September), daß Unruhen in Khokand ausgebrochen und die Khokaner zur Belagerung

Letztere find übcrall geschlagen worden |

von Chadtschent veranlaßt haben; er habe, nachdem er, wie be- reits gemeldet, khokandische Truppen in Stärke von 7000 resp. 30,000 Mann geschlagen und vollftändig zersprengt, alle Maß- regeln getroffen, um Taschkend gegen etwaige Angriffe zu ver- stärken und sich au gegen die Möglichkeit eines Aufstandes der muselmännishen Bevölkerung zu wahren; er sehe selbst den Marsch gegen Khokand fort.

Amerika. New-York, 7. September. (A. A. C.) Aus Nevada und Utah wird ein Indianeraufstand gemeldet. Viele Kolonisten wurden getödtet und Truppen werden dahin gesandt, um die Ordnung wieder herzustellen.

Afien. Den „Times“ wird aus Calcutta vom s. d. telegraphirt: „Oberst Duncan meldet, daß der König von Birma ihn höflih empfing. Oberst Browne if in China an- gekommen und nach Simla weitergereist.

Afrika. Aegypten. Kairo, 9. September. (W. T. B.) Prinz Tussum Pascha iff zum Marine-Minister, Manfur Pasha zum Unterrichts-Minister und Waff Hassan Rassim Pascha zum Präsidenten des Staats- raths ernannt worden.

Die Nr. 69 des „Amts-Blatts der Deutshen Reichs- Post-Verwaltung" hat folgenden Inhalt: Verfügungen vom 7. September 1875: Umwandlung der Postanweisungsbeträge aus den Vereinigten Staaten von Amerika; vom 6. Sèptember 1875: Eröff- nung der Eisenbahn Marienberg in Sahsen-Reitzenhain; vom 7. Sed- tember 1875: Eröffnung der Eisenbahn Aue in Sachsen-Schöneck; vom 4. September 1875: Ermittelung des Gewichts der frachtpflich- tigen Packete auf der Eisenbahn Halle-Nordhausen- Cassel.

—- Nr. 94 des. Justiz - Ministerial - Blatts für die Preußische Geseßgebung und Rechtétpflege, herausgegeben im Bureau des Justiz-Ministeriums, enthält: Ein Erkenntniß des Ober-Tribunals vom 8. April 1875.

Statistische Nachrichten.

Dem Bericht des „Bureau Veritas* zufolge sind im Monat Juli 70 Schiffe total zu Grunde gegangen, darunter 8 Dampfer. Bon dieser Gesammtzahl waren 7 Dampfer und 34 Segelschiffe der Flagge nah englische Fahrzeuge.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Am 19. August starb im Ostseebad Misdroy einer der ersten Kenner der keltishen Sprachen, Hermann Ebel, geboren anu 10. Mai 1820, seit 1872 ordentlicher Professor für vergleichende Sprachforshung an der - hiesigen Universität. Die Zugehörigkeit der keltishen Sprachen zu dem indogermanischen Sprachstamm begründete zuerst Prichard 1831, und Kaspar Zeuß blieb es vorbehalten, 1853 int seiner Grammatica celtica die Stellung sowohl des Keltishen zu den Übrigen Sprachen, als auch der einzelnen feltishen Dialekte unter einander zu bestimmen. Das Keltische gehört danach zu dem greßen indogerma- nischen Sprastamm, welcher das Sarsfrit, die eranishen, griechi- schen, lateinischen, keltishen, germanischen, slawischen und lithauiscen Sprachen umfaßt. “Diesem Sprachstamm gehören die Sprachcn Europas an, mit Ausnahme des Türkischen, des Ungarischen, des Finnischen, des Maltesischen, des Baskischen, Die Keltensprachen, die ehemals große Länderstrecken innehatten, find jeßt auf kleine Gebiete in Großbritannien und Frankreich beschränkt und müssen vor dem mächtigen Andrang des Englischen und Französischen immer weiter zu- rückweichen. Sie zerfallen in sechs Dialekte: Jrish, Gaelish, Manks, Kymrisch, Kornisch und Bretonisch, die zum Theil alte und reiche Literatur besißen, und von denen einer, der kornische, jeßt ausgestorben ist. Die Richtigkeit des gewonnenen Standpunkts für das Keltische im Einzelnen nachzuweisen und zu verfolgen, war die bedeutende Leistung Ebels, damals Lehrer an dem Gymnasium zu Schneidemühl. Seine „keltishen Studien“ begründeten seinen Ruf auch im Auslande; fie fanden natürlich besondere Theilnahme in den Ländern, auf deren Gebiet noch Keltensprachen gesprohen werden. Den fkeltishen Stu- dien folgte sein Hauptwerk, die zweite Ausgabe von Zeuß vergleichen- der Grammatik der feltischen Sprachen. Hiernach erfolgte scine Be- rufung an die Berliner Universität, der er kaum drei Jahre angehötte.

Am 29. Auguft fand zu Oppenheim (Rheinhessen) die Einweihung des Denkmales für die im Kriege 1870/71 ge- fallenen Söhne Oppenheims statt. Das Denkmal besteht aus einer auf einem mächtigen Würfel stehenden Granitsäule, welhe nach dem Zeugnisse von Alterthumsforschern und authentischen Nachrichtea aus dem berühmten Palaste Karls des Großen in Ingel- beim stammt und die Oppenheim überragende, von Mélac seiner Zeit zerstörte Kaiserlihe Burg Landskrone s{chmüdckte. Ein zweites Exemplar der Säulen aus dem Ingelheimer Palaste befindet fich auf dem Heidelberger Schlosse. Die Spiße der Säule ziert ein Kapitál, auf dem der Reichsadler ruht. Auf der linken Seite des Würfels wurde die Inschrift angebraht: „Jch sah dereinst des großen Karolingers Herrlichkeit und Macht.“ Die rehte Seite enthält die Worte: „Und schaute, was des tapfern Hohenzollez deutsches Schwert vollbracht.“ Die Rückseite trägt die Widmung für die gefallenen Bürgersöhne.

Von den leßten Verhandlungen auf -dem Kongreß der British Association ia Bristol sind die Erörterungen in der geologischen und anthropologischen Abtheilung hervorzu- heben. Die erstere beshäftigte sich mit dem Plan eines unterseeischen Kanals zwischen Dover und Calais; der Präsident der Gesellschaft, Sir John Hawkshaw, besprach in eingehender Weise die geologischen Verhältnisse des Kanalbeties, soweit dieselben aus den bis jetzt ange- stellten Voruntersuchungen bekannt sind, die Ventilationsfrage u. f. iv., und erklärte: day ihm ein Versuch zur Ausführung des Planes durch das vorliegende Beweismaterial gerechtfertigt ersheine, obschon freilich manche Punkte ers durch die Ausführung festgestellt werden könnten. Von den Verhandlungen der anthropologi- hen Sektion is zu erwähnen ein Vortrag über die Weddas oder Ureinwohner von Ceylon, der “zu lebhafter Diskuffion Veraulassuug gab. Diese Ureinwohner sind, dem Vortrage des Hrn. Hartshorne, cines indishen Civilbeamten, zufolge, eine Race ohne alle Spuren von Kultur, die in den großen Urwäldern auf Ccylon im Freien und voa der Beute ihrer Pfeile und Bogen leben. Sie haben nur äußerst geringe geistige Fähigkeiten, können nicht zählen und kennen keinen Untershied der Farben; ihre religiösen Vor- stellungen find sehr dürftig; sie bringen nur den Geistern ihrer ver- storbenen Stammesgenossen unmittelbar nah deren Tode ein Opfer dar, indem sie zwar an ein Fortleben nah dem Tode glauben, das aber ihrer Ansiht nach ein Fortleben als Teufel ist. Sie haben. einen großen Abscheu gegen alle Waschungen, und das Lachen ift ibnen völlig unbekannt Sie sind die einzigen Wilden, die eine arische Sprache sprechen. i i;

Niklas Müller, der gemüthvolle deutsch-amerikanische Dichter, ist am 14. August nah ciner nur viertägigen Krankheit in New-York gestorben. Der Verstorbene wurde 1809 zu Langenau bei Ulm geboren.

Die soeben auêgegebenen Nrn. 7, 8, 9 (Bd. IV.) des „Kor- respondenzblatts des Niederrheinishen Vereins für Zffentlihe Gesundheitspflege, (Red.: Dr. Lent, praktischer Arzt in Cöln und Vereinssekretär. Cöln, in Kommission der M. Dumont - Schaubergschen Bucthandlung) veröffentlichen u, A. einen Vortrag über die der Gesundheit hädlihen Einflüsse des Schleifens von Stahl- und Eisenwaaren und die Mittel zur Beseitigung der- selben, gehalten im Bürgervcrein zu Remscheid, am 31, Januar 1875, von Dr, Krumme, Direktor „der ftädtisGen Gewerbeschule dafelt ft, mit einer Tafel Zeihnunge