1875 / 223 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 23 Sep 1875 18:00:01 GMT) scan diff

nah Kiel gehen, woselbst sch das Geschwader auflöst, Nach Auflösung des Geschwaders gehen S. M. S. „König Wilhelm“, „Kaiser“, „Kronprinz“ und der Aviso „Falke“ nah Wilhelms- haven zurück. :

Hannover, 22. September. Der Provinzial-Land- tag wählte in den Ausschuß für die Verordnung zum Fischerei- geseße die Herren Hermann, Holtendorf, Meine, Hurgzig, v. Frese, v. d. Wense, Grumbret, Merkel und Pustau, und seßte dann die Berathung des Finanzetats, bezw. der Irrenanstalten und der Taubstummenanstalten, fort.

Nach dem Erlaß des die standesherrlichen Rechte des Herzogs v. Arenberg-Meppen einshränkenden Geseßes war es den Beamten im Herzogthum freigelassen, binnen gewisser Frist sich zu erklären, ob sie den standesherrlihen mit dem Staatsdienste zu vertauschen bereit seien. Wie man den „Hamb. Nachr.“ schreibt, haben fast ohne Ausnahme die rihterlihen wie Verwaltungsbeamten sich zum Uebertritt in den Staatsdienst entshchlofsen.

MVayern. München, 21. September. Die Leiche des Prinzen Adalbert wurde heute Nachmittag zu Nymphenburg von den Assistenten am pathologischen Fnstitute Dr. Shweninger und Dr. Mayer sezirt. Die Obsignation im Schlosse zu Nymphen- burg nahmen heute Nachmittag der Staats-Minister des König- lichen Hauses v. Pfrehschner und der Justiz-Minister Dr. v. Fäustle vor. Die Ueberführung der Leihe von Nymphenburg nah München erfolgt morgen (Mittwoch) Nachts in aller Stille in Begleitung des Hofmarschalls Freiherrn v. Ow, des Adjutanten Grafen v. Zeh-Lobning und der Dienerschast des Verlebten. Die Aus\ezung für das Publikum findet am Donnerstag in der alten Hofkapelle der Königlichen Residenz statt. Se. Majestät der Kaiser von Oefterreih hat München gestern Abend mit den um 8 Uhr 45 Minuten abgehenden Wiener Schnellzuge wieder verlassen. Im Bahnhofe hatten fich Prinz Leopold, Prinzessin Gisela, Herzog Ludwig zur Verabschiedung eingefunden. Zum Bischof von Passau hat Se. Majestät der König den Domkapitular Weckert in Augsburg ernannt. Derselbe war ungefähr 16 Jahre Domvikar und seit 1870 Domkapitular in Augsburg. Da der Landtag niht von Sr. Majestät dem König eröffnet werden wird, so finden die Eröffnungs- feierlihkeiten nicht in der Königlichen Residenz, sondern im roßen Saale des Ständehauses statt, wo die Vorbereitungen ita bereits getroffen werden. Nah soeben * ershienenem Königlichen Dekret findet die Eröffnung am 28. September, Nachmittags 2 Uhr, statt und zwar durh dén Prinzen Luitpold.

Sachsen-Weimar-SEisenach. Weimar, 22. September. Die, wie gestern erwähnt, am 20. und 21. September in Friedrich- roda zusammengetretene Konferenz von Kommissarien der Re- gierungen sämmtlicher thüringishen Staaten berieth, wie die „Weim. 3." mittheilt, die Herbeiführung einer thunlihst gleih- ire Einrichtung der Standesämter in den verschiedenen Staaten.

IVQaldeck. Arolsen, 21. September. Das „Fürstl. Waldeckscze Reg.-Bl.“ veröffentlicht: Geseh, betreffend die Aus- führung des Reichs-Impfgeseßes in den Fürstenthümern Waldeck und Pyrmont, vom 4. August 1875. Gesetz, betrefsend die Gebühren der Anwälte, vom 1. September 1875. Gesetz, be- treffend die Diäten der Landtags-Abgeordneten, vom 11. August 1875. Die Tagegelder der Landtags-Abgeordneten werden hier- durch auf 9 Mark bestimmt.

Desterreich- Ungarn. Wien, 22. September. Der Kaiser ift gestern Morgen in Begleitung seines Schwieger- \sohnes, des Prinzen Leopold von Bayern, aus München in Wien eingetroffen. Se. Majestät trifft, einer Meldung aus Pest zufolge, am nähsten Sonntag in Gödöllö ein, um den Manövern beizuwohnen, welche in der dortigen Umgebung am 27. und 28. d. Mts. von den zu diesem Behufe konzentrirten Truppen ausgeführt werden \ollen. Der Erzherzog Albrecht sollte hon gestern in Gödöllö eintreffen, um die nöthigen Vor- bereitungen einzuleiten. Die fremden Generäle und Offiziere, die von Sr. Majestät zu diesen militärishen Uebungen geladen find, dürften im Kaiserlihen Schlosse zu EödöUlö ihre Wohnungen erhalten.

Laut Telegramm aus Safssetot vom 20. d. M., 6 Uhr Abends, betreffend das Befinden der Kaiserin, verlief der Tag ohne Störung, und die Besserung \{chritt regelmäßig vorwärts. Ganz furze Promenaden im Park, ohne jede Unterstüßung, wurden gut vertragen. Der Kopfshmerz {ien volikommen ge- {wunden zu sein. Der Kräftezustand nahm sihtlich zu.

Laut Telegramm aus Safssetot vom 21. d. M., 11 Uÿr Vormittags, war das Befinden Ihrer Majestät in jeder Bezie- hung zufriedenstellend. Es war kein Gefühl des Kopfshmerzes vorhanden und die Rekonvaleszenz im besten Gange.

Den Delegationen if eine Denkschrift des gemein- samen Kriegs-Ministeriums, betreffend die Beschaf- fung eines neuen Feldartilleriematerials, vorgelegt E Wir entnehmen derselben Folgendes über die Uchatiu s- ge\chÜße:

Der Kommandant der Artilleriezeugsfabrik im Arsenale zu Wien, General-Major Franz Ritter von Uchatius, angeregt durcb ein von Sr. Kaiserlichen und Königlichen Hoheit dem General-Artillerie-Jn- spektor Feldzeugmeister Erzherzog Wilhelm, im Jahre 1872 aus Ruß- land hierher gebrachtes Muster einer im flüssigen Zustande gepreßten Geschübbronze, noh weiter beeinflußt durch die in der Wiener Welt- ausstellung des Jahres 1873 von ausländishen, namentlich s{chweize- rischen und französishen Firmen exponirten bronzenen Probestüdcke, war seitdem eifrigst um die Verbesserung der inländischen Ge- {chüßbronze bemüht. Die s{chwebende Feldgeshübßfrage, nament- li aber die erwähnten Schwierigkeiten, betreffend die Er- zeugung gußstählerner Geschüßrohre, gaben den Bemühungen des Generals Uchatius einen desto fräftigeren Impuls und in der That gelang es demselben nah zahlreihen und mühevollen Versuchen, im Herbste 1874 ein bronzenes Geschüßrohr herzu- stellen, welches in Folge geänderter Bronzelegirung, eines eigenthüm- lichen Verfahrens beim Gusse und besondercr Behandlung des ge- gossenen und gebohrten Rohres eine außerordentliche, bisher bei Bronzerohren noch nie beobachtete Härte und Widerstandsfähigkeit be- fundete. Die Trefffähigkeit dieses bronzenen Rohres war jener der Kruppschen Stahlrohre .gleich und zeigte selbst nach mehr als 2000 aus ersterem Rohre gegebenen Schüssen keine Abnahme; auch die Rehrbohrung hatte nah dieser Shußzahl nur eine geringfügige, praftisch bedeutungslose Abnüßzung erlitten. Nach diefer ie Probe wurden weitere zehn bronzene Rohre vom General Uchatius erzeugt und durch das technische und administrative Militärcomité einer Prüfung im praktischen Wege unterzogen. Das Resuitat so- wohl bezüglich der ballistishen Leistungs- wie auch hinfichtlich der Widerstandsfähigkeit der Rohrmaterie war so befriedigend, daß das Militärcomité nach der eindringlichsten Erwägung aller in Betracht kommenden Faktoren die nah der Methode des Generals Uchatis erzeugten sogenannten stahlbronzenen “ad zur Einführung statt der beringten gußstählernen Rohre empfahl. Das gemeinsame

Kriegs-Minist erium erstattete unter Darlegung aler eins{lägigen Umnstände und Gründe einen analogen Vorshlag an Se. Majestät den Kaiser und König, Allerh öchstwelcher der beantragten Maßnahme die Sanktion ertheilte. Durch den Gebrauch \stahlbronzeuer statt der beringten Gußstahl-Kanonenrohre wurde die Hauptschwierigkeit besei- tigt, welhe mit der angestrebten Einführung eines neuen, allen For- derungen der modernen Taktik entsprechenden Feldgeschüßsystems ver- bunden sein konnte. Als besondere aus der Erfindung des Generals Uchatius bervcrgehende Vortheile sind zu erwähnen: 1) daß die Er- zeugung sämmtlicher Theile des neuen Geshüßmaterials vollkommen verläßlich im Inlande durchgeführt und hiermit die Abhängigkeit vom Auslande vermieden werden kann, was in fstaatsöfonomischer, noch mehr aber in militärischer und politischer Beziehung als sehr wexrthvoll zu betrachten ist, Man kann wohl niht zweifeln, daß es der inländischen Industrie gelingen wird, beringte Gußstahlkanonen- rohre zu erzeugen, und thatsächlih hat die Neuberg-Märiazeller Ge- werfschaft drei solche Robre des Kalibers 8,7 Cm., welche jeßt in der Exprobung begriffen sind, nah einer Frist von acht Mo- naten geliefect; aber die inländische Industrie hätte gewiß erst nah längerer Zeit die nöthige Erfahrung und Befähigung erlangt, um eine in jeder Beziehung verläßliche Massenerzeugung be- ringter Gußstahlrohre in gegebener kurzer Frist durchführen zu fönnen. 2) Bei gleicher ballistischer Leistungsfähigkeit und Wirkung wie die gußstählernen Rohre und einer allen Forderungen des Krieges genügenden Ausdauer verursachen die stahlbronzenen Rohre bei der ersten Erzeugung nur circa !/z der Kosten, welche guß- ftählerne beanspruchen, wodurch sich mit Rücksicht auf die Zahl der zu erzeugenden Rohre ein Ersparniß von beiläufig drei Millionen Gulden ergiebt. Ferner können die stahlbronzenen Rohre bei ein- tretender Unbrauchbarkeit mit geringem Kostenaufwande umgegossen und neu hergestellt werden, was bei gußstählerneu Röhren nicht der Fall ist. 3) Stahlvronzene, wie überhaupt bronzene Geshüßrohre, find minder empfindlich gegen athmosphärishe Einflüsse und viel besser und leichter als stählerne im guten Zustande zu erhalten. Für eine Kriegs8wasfe ist dies ebenfalls eine schäßbare Eigenschaft.

(W. T. B.) Bei dem Empfange der Mitglieder der beiden Delegationen antwortete der Kaiser auf die An- sprachen der Präsidenten: „Die Versicherungen Ureuer Ergebenheit nehme ih mit aufrihtigem Danke entgegen. Ih rechne auf Ihren wiederholt erprobten Patriotismus und bin davon über- zeugt, daß Sie die Regierung in Allem unterstüßen werden, was zur Sicherung der Monarchie und zur unbedingten Wahrung ihrer Interessen nothwendig erscheint. Die Bewegung, welche in einigen Provinzen des türkischen Reiches entstanden is muß dur ihre unmittelbare Nachbarschaft und die daraus ent\pringenden viel- fachen Beziehungen die Monarchie in erster Linie berühren. Unser herzliches Verhältniß zu den beiden großen Nachbarreichen, sowie die freundschaftlichen Beziehungen zu den anderen Staaten lassen jedoch die Hoffnung begründet erscheinen, daß troß dieses Ereignisses sowohl die Ruhe der Monarchie als der Frieden Europas erhalten bleiben wird.“

(W. T. B.) Gutem Vernehmen nach wird die Regie- rung anläßlich der Sustentation der aus den insurgirten türkischen Gebietstheilen flüchtenden Rajahs demnächst den De- legationen noch eine Nahtragsforderun g vorlegen.

Schweiz. Bern, 18. September. Der nunmehr ge- \chlo}sene Nationalrath war im Verlaufe von 3 Jahren in 12 Sessionen versammelt mit einer Sessionsdauer von 248 Ta- gen und 211 wirklihen Sihungstagen. Das wichtigste Ergebniß feiner Thätigkeit war die Totalrevision der Bundesverfassung, Als erste Ausführungsmaßnähmen der Bundesverfassung erfolg- ten das Gesez über Volksabstimmungen, die Bundesrehtspflege, Bestimmung des Sitzes des Bundesgerichtes, das Geseh über Civilstand und Ehe, die neue Militärorganisation auf Grundlage der in der Verfassung niederge- legten Grundsäße der Centralisation des Schweizer Heerwesens, Bundesbes{chlü}e über Bewaffnung der Landwehr, Militärpensionen 2c. Im Eisenbahnwesen wurden die bereits in der vorherigen Periode begonnenen Reformen und Vervollständiz gungen der Gesehgebung fortgeseßt durch Erlassung des Geseßes über die Verpfändung und Zwangsliquidation von Eisenbahnen, ferner des Geseßzes über die Rehtsverhältnisse von Verbindungs- geleisen, sodann betreffend den Transport auf Eisenbahnen und endlih des Gesetzes über die Haftbarkeit bei Verlezungen und Tödtungen. Es wurden in dieser Periode 58 neue Eisenbahn- fonzessionen ertheilt, im Gayzen für 1364 Kilometer. Neu eröffnet wurden 541 Kilometer, deren Bau zum größern Theil vor der jezigen Periode begonnen wurde; im Bau begriffen sind 711 Kilometer. Für 69 Konzessionen wur- den Fristertheilungen bewilligt. Im Ganzen find gegenwärtig 9012 Kilometer im Betriebe, gegenüber 1471 Kilometer zu An- fang der Periode. * In andern Verkehrs- und. volkswirth- \chaftlihen Gebieten wurden zu Ende berathen die Gesehe über Iagd und Vogelschuß, Fischerei und die Emission von Bank- noten. Bundesfubventionen wurden bewilligt für die Luk- manierstraßé und die Seedammbaute Rapperswyl. Von inter- nationalen Verhältnissen find zu erwähnen die abgeschlossenen Auslieferungsverträge mi: Rußland, Belgien, Deutschland, Großbritannien 2c.; die Freundschafts-, Niederlassungs- und Handelsverträge mit Persien und Dänemark, ferner der Nieder- lafsungsvertrag mit Lichtenstein und ganz besonders der Welt- postvertrag.

Großbritannien und Frlaud. London, 21. Sep- tember. Wie der „Times“ aus Indien mitgetheilt wird, ift Hr. Shaw, der britishe Agent in Yarkand, von Kaschgar gegen Ende Juli abgereist, und beabsichtigt die indische Re-

gierung, dem Vernehmen nach, nicht, eine Gesandtschaft am Hofe:

des Emir JIakub Khan zu unterhalten.

Im Rathhause in Glasgow fand gestern Abend cine große protestantische Kundgebung ftatt, die den Zweck hatte, die protestantishe Opposition gegen die irishe Home-Rule-Bewegung zu rehtfertigen. Es gelangten mehrere darauf bezüglihe Be- \{chlü}sse zur Annahme.

(Monatsübersiht für August.) Die Königin, be- gleitet von dem Prinzen Leopold - und der Prinzessin Beatrice, verließ Osborne am 18. August, um, wie alljährlih im Herbste, einen längeren Aufenthalt in Balmoral zu nehmen, Auch der Prinz von Wales traf zu einem kurzen Besuche Ende des Mo- nats an leßtgenanntem Orte ein. Bei der Ueberfohrt von der Insel Wight nah Portsmouth hatte die Königlihe Yacht „Alberta“, das Unglück, eine Privatsegel-Yacht „Misfleton“ zu überfahren, wobei drei Personen umkamen.

Für die in Halifax, Nova-Scotia, den Bestimmungen der Artikel 22 und 23 des Washingtoner - Vertrages gemäß zusam- mentretende gemischte Kommission sind von Seiten der britischen Regierung Sir Alexander Tillock Galt und Hr. Francis Clare Ford, Chargé d’'Affaires am Großherzoglih hessishen und Groß- herzoglich badischen Hofe, -zu Mitgliedern ernannt worden.

Während der nahezu noch die erste Hälfte des Monats aus- füllenden parlamentarishen Sigungen passirten im Oberhause die beiden das Verhältniß zwishen Arbeitgebern und Arbeitern regelnden Vorlagen in zweiter und dritter Lesung, Die vom Unterhause zu den Vorlagen gestellten Amendements

j wurden sämmtli angenommen.

In dritter Lesung wurde weiter genehmigt die Schiffahrtsvorlage, die Pachtgesehze und die Vorlage behufs Konsolidirung der Milizgeseße. Im Unterhause. wurde am 6. die Schiffahrtsvorlage 1 dritter Lesung angenommen, nahdem zuvor zwei Zusäße zw derselben genehmigt worden waren, von denen der eine fest\eßt, daß die Ladungslinie Seitens der Schiffseigenthümer und auf deren alleinige Verantwortlichkeit anzubringen \ei, während in dem zweiten angeordnet wird, daß lose Getreideladung nicht mehr als ein Drittel der Gesammtladung eines Schiffes ausmachen dürfen. Die Pachtgeseßge wurden mit der Beschränkung in dritter Lesung erledigt, daß die- selben insofern nicht obligatorish sein \ollen, als Kontrakte, in welchen ausdrücklih gesagt wird, daß die Bestimmungen dieser Gesetze in Betreff derselben nicht zur Geltung kommen sollen, trozdem völlige Gültigkeit haben ‘sollen. Nah Bewilligung der von der Regierung eingebrahten Nachträge zum Budget ging das Unterhaus am 9. zur Berathung des Budgets für Indien über. Aus dem Berichte des Unterstaatssekretärs für Indien, Lord George Hamilton, ergab si, daß die durch die Hungersnoth des ver- gangenen Jahres verucsachten außerordentlihen Ausgaben fih auf 3,822,000 Pfd. Sterl. belaufen haben; ohne dieselben würde das Finanzjahr 1873/74 mit einem Uebershusse abgeschlossen haben. Für das Finanzjahr 1874/75 waren die Einnahmen auf 48,984,000 Pfd. Sterl., die Ausgaben auf 50,070,000 Pfd. Sterl, angeseßt gewesen. Die wirklichen Einnahmen überstiegen indessen die Voranschläge um 1,086,000 Pfd. Sterl., während anderer seits auch die Ausgaben um 192,000 Pfd. Sterl. Höher waren als angenommen worden war, so daß das Er- gebniß des Jahres sch nur um 893,000 Pfd. Sterl, besser stellte, als im Budget in Anschlag gebraht wokden war. Für das Finanzjahr 1875/76 sind die Einnahmen auf 49,820,000 Pfd. Sterl., die Ausgaben auf 49,314 000 Pfd. Sterl. ange- nommen worden, so daß, follten die Einnahmen auch nur den Anschlägen entsprehen und keine großen außerordentlichen Aus- gaben nöthig werden, für das Jahr ein Uebershuß von etwa 500,000 Pfd. Sterl. zu erwarten \ein würde. Die einzelnen Positionen des Budgets wurden vom Unterhause sämmtlich ge- nehmigt.

Am 13. wurde die Session in Abwesenheit der Königin mit den herkömmlichen Formalitäten dur eine Königliche Kommission gez \chlossen und das Parlament bis zum 29. Dftober vertagt, Nachdem in der von dem Lordkanzler verlefenen Thronrede zu- nächst die freundschaftlichen Beziehungen Großbritanniens zu den auswärtigen Mächten und das Vertrauen der Königin auf Aufrechterhaltung des europäishen Friedens hervorgehoben und die Hoffnung ausgesprochen war, daß dur den gelegentlich der Anwesenheit des Sultans von Zanzibar abgeschlossenen Vertrag die vollständige Unterdrückung des ostafrikanischen Sklavenhandels erfolgen werde, wurde in derselben des auf cinesishem Gebiete erfolgten Angriffs auf die von Birma ausgegangene englische Expedition und der Ermordung des Herrn Margary Erwähnung gethan, und- dabei erklärt, daß eine Untersuhung bereits eingeleitet worden sei und keine Mühe gespart werden würde, die Bestrafung der Schuldigen herbeizuführen. Weiter wurde dann des blühenden Zustandes der Kolonien gedacht und die wichtigsten der in der diesjährigen Session ange- nommenen Geseße erwähnt. Zum Schlusse beglülwünschte die Königin das Parlament zu dem Resultate seiner Arbeiten. Im Ganzen sind in der vom 5. Februar bis zum 13. August wäh- reden Session 96 öffentliche, 215 loïale und 7 Privat-Akte berathen und angenommen worden. In der vorjährigen Session war dieselbe Anzahl von öffentlihen Gesegen, sowie 200 lokale und 9 Pr-ivat-Akte passirt worden,

Die Staatseinnahmen beliefen fich in den ersten fünf Monaten des laufenden Finanzjahres (vom 1. April bis zum 28. August) einschließlich des bei Beginn desselben in der Bank von England und der Bank von Irland befindlichen Guthabens der Regierung, im Ganzen auf 36,226,790 Pfo. Sterl. , gegen 35,986,739 Pfd, Sterl. in der entsprechenden Periode des Vorjahres (vom 1. April bis zum 29. August). Die Gefammtausgaben in der angegebenen Zeit beider Jahre betrugen bez. 34,868,258 Pfd. Sterl. und 33,028,009 Pfd. Sterl, so daß \sich das Guthaben bei den obengenannteu beiden Banken am 28. August des laufenden Finanzjahres auf 2,058,532 Pfd. Sterl. gegen 2,958,730 Pfd. Sterl. am 29. August des Vorjahres stellt.

Dem Berichte des Handelsamtes zufolge betrug der Werth der Ausfuhr aus Großbritannien und Icland während des ver- gangen Monats 19,418,876 Pfd. Sterl. gegen 20,503,756 Pfd. Sterl. in der nämlichen Periode des Vorjahres, und während der ersten aht Monate des laufenden Jahres im Ganzen 169,011,844 Pfd. Sterl., etwa 10 Millionen Pfd. Sterl. weni- ger als im vergangenen Jahre. Der Werth der Einfuhren im August belief fh auf 31,200,145 Pfd. Sterl. gegen 32 317,228 Pfd. Sterl. in demselben Monat des vorigen Jahres. Die Einfuhr von Wolle, Wein, Spiritus und Zucker ist gegen die aht ersten Monate des Vorjahres bedeutend gestiegen, dagegen hat die von Thee, Baumwolle und Seide abgenommen. Die Mehreinfuhr von Weizen ist um 125,000,000 Kilogramm gestiegen. Bei der Ausfuhr hat die Quantität niht dem Werthe entsprehend abgenommen. Kohlen find in größerer Masse ausgeführt worden, als in den beiden lezten Jahren, die Quantität von Baumwollwaaren und Eisen- und Stahlwaaren is ungefähr dieselbe geblieben, dagegen hat die Ausfuhr von Eisen und Stahl um etwa 40,000 Tonnen zugenommen, obgleih sich der Werth derselben um 3; Millionen Pfd. Sterl. vermindert hat. Die Ausfuhr von Wollenwaaren hat in der angegebenen Seit um etwa eine halbe Million Pfd. Sterl. abgenommen,

Auch im vergangenen Monat hat sich das Verhältniß, zwischen den Arbeitern und Arbeitgebern nur wenig gebessert. In den Spinnereien zu Oldham und Dundee dauerte die Arbeits- einstellung fort und in South-Staffordshire und East-Worcester- \shire haben die Eisenarbeiter wenigstens geitweilig die Arbeit niedergelegt. Aus den ländlihen Distrikten hat die Auswanderung, namentlich nach Canada und Australien faum eine bemexklihze Abnahme erfahren. Dagegen haben \ch in. Warwickshire die Grubenbesißer bereit erklärt, die zwishen ihnen und den Arbeitern s{chwebenden Differenzen einem Schiedsgerichte zur Enischeidung zu unterbrei- ten. Das nämliche ist von Seiten der Grubenbesißer in Nord« Wales geschehen, die ihren Arbeitern eine Lohnherab- sezung von 15 Prozent angekündigt hatten , welche am 28. August in Kraft treten sollte. In dem Streite zwischen den Kohlengrubenbesigern und Arbeitern in North-Staffordshire ist. das \chiedsrihterlihe Urtheil zu Gunsten der Ersteren ausgefallen, wobei der Schiedsrichter die geforderte Lohnherabsezung von 10 Prozent mit Rücksicht auf die gedrückte Lage des Kohlen- ge\häftes auf 121/, Prozent erhöhte. Ob die Arbeiter sh diesem

Spruche fügen werden, i} zur Zeit noch nicht entshieden. Be- ufs Ausführung Des auf Dem im Januar v. S. M Sheffield abgehaltenen Kongresse der Arbeitervereine an- geregten Planes zur Bildung eines großen Bundes der Arbeitervereine, hat jezt ein in Liverpool tagender Aus\huß nah langen Berathungen vorläufig die Statuten des neuen Bundes festgesezt. Dieselben sollen von einer Versamm- lung der Leiter der Arbeitervereine in Glasgow nochmals durh- berathen, und dann dem im Oktober an demselben Orte tagen- den Kongresse vorgelegt werden. Der Zweck des Bundes ist, bei künftigen Kämpfen der Arbeit gegen das Kapital ersterer durch die Einheit der verschiedenen Vereine eine größe Macht zu geben.

In Dublin wurde am 6. August die Säkularfeier des Ge- burtstages O'Connells mit großem Enthusiasmus und dem den Jrländern so unentbehrlihen Pompe gefeiert. Wenn die Feier auch ohne Ruhestörungen verlief, \o kam es bei derselben do zu Mißhelligkeiten zwischen den beiden leitenden Parteien, den Ultramontanen und den Nationalgesinnten. Erstere hatten das Arrangement der Feier vollständig in ihre Hand genommen und beabsichtigten, demselben einen entschieden international - kirhlichen Charakter zu geben, wodur Leßtere, die das Ereigniß als ein rein politisches feier- ten, in den Hintergrund gedrängt wurden. Den Bemühungen der Home-Ruler und Fenier gelang es auch, den Lord-Mayor von Dublin an der Verlesung der Fesirede zu verhindern, an dessen Stelle dann der Führer der nationalen Partei, Herr Butt, trat. In Glasgow, w9, in Folge der dortigen star- ken irishen Arbeiterbevölkerung, das Sentennium eben- falls fesilih begangen wurde, kames zu ernstlihen Ruhestörungen und Straßenkämpfen zwischen der Polizei und den irischen Orangi- sten einerseits und den katholishen irischen Arbeitern anderer- seits, so daß die Truppen in den Kasernen konsignirt und die Freiwilligen unter die Waffen gerufen werden mußten. Es: ge- lang indessen, den Unruhen ohne Einschreiten des Militärs ein Ende zu machen. i : l i

Das Verhältniß Großbritanniens zu Birma ist noch immer ein gespanntes. Der König von Birma hat noch keine entscheidende Crklärung über die Forderung Englands, eine etwaige Expe- dition nah China durch eine stärkere Truppenabtheilung geleiten zu lassen, abgegeben, do rechnete man noch immer auf eine friedlihe Lösung der Sache. Die Differenzen mit China, in Betreff des auch in der Thronrede erwähnten Ueberfalles einer englishen Expedition, sollen in b-friedigender Weise gelöst worden sein. Den darüber eingegangenen Nachrichten ‘zufolge hat ih China bereit erklärt, einen eigenen Gesandten nah England zu senden, und si verpflichtet, di- Schuidigen zu be- strafen. Den Hinterlassenen Margarys soll eine Entschädigungs- summe gezahlt und zwishen Birma und Yaenvan eine Handels- straße eröfsnet werden.

ranfkreich. Paris, 21. September. (K. Stg) Wie S Nachrichten über den Empfang, welchen der Marschall Mac Mahon in Moulins fand, ergeben, zeigte die Bevölkerung ziemlih lebhafte Sympathieen. Gentern wohnte der Marschall (es begleitete ihn sein Sohn, der die Uniform eines Zöglings der Schule St. Cyr trug, da seine Ernennung zum Unter-Lieute- naut erst am 5. Oktober in Kraft tritt) den Manövern des Armee-Corps von Picard an. Die beiden Divisionen des Co-ps sie waren in eine Nord- und in eine Süd-Armece eingetheilt manödvrirten den ganzen Tag. Die Reservisten legten, wie die offiziellen Berichte behaupten, besonderen Eifer an den Tag, und die Offiziere waren genöthigt, ihnen etwas mehr Mäßi- gung zu gebieten, da sie zu entshlossen vorgingen. Die Waffen- ruhe trat um 4 Uhr ein, worauf der Marschall nah Varennes ging, wo er den Offizieren der beiden Armeen ein Diner gab.

Spanien. Madrid, 22. September. (W. T. B.) Die amtliche „Gaceta“ giebt die Zahl der bei Tarbes inter- nirten Carlisten auf 928 Soldaten und 133 Offiziere an. Die Regierungsorgane erklären übereinstimmend, daß der frühere Minister-Präsident Canovas niemals die Wiederherstel- lung des-Konkordats von 1851 zugesagt, vielmehr stets eine religióse Toleranz angestrebt habe. Das von dem Minister des Innern erlassene Cirkularshreiben rihtet an alle Parteien die Aufforderung zur ‘Versöhnung, um alsdann in Spanien auf Grundlage der bestehenden Institutionen den Frieden wiederherzustellen. Der Viinister erklärt ferner, daß der Zu- \sammentritt der Cortes aller Wahrscheinlichkeit nach nahe bevorstehe. Der Termin des Zusammentritts wird indeß in dem Cirkularshreiben niht angegeben. Die Polizei hat eine Anzahl von Gewehren und Munition in Beschlag genom- men, welhe von Anhängern der republikanishen und fozia- liftishen Partei augenscheinlih zur Erregung von Unruhen be- reit gehalten waren.

Wie das „W. T. B.“ aus Rom unterm 22. Sep- tember berichtet, dürfte das Entlassungsgesuch des \pa- nishen Botschafters beim päpstlichen Stuhle, Bina- vides, angenommen werden. Dem Vernehmen nah hat der Botschafter - von der Madrider Regierung die Instruktion erhal- ten, dem Papst zu erklären, daß die spanische Regierung in der Angelegenheit des Rundschreibens des päpfilihen Nuntius in Madrid eine gemäßigte aber feste Haltung annehmen werde. Die Regierung werde die Religion achten, aber auch die Rechte des Staates s{hüßzen. Der Botschafter hat heute dem Papste das goldene Vließ für den Kardinal Antonelli überreicht.

Italien. Rom, 21. September. Am 16. d. ist die Un- tersuchungskommission des hohen Gerichtshofes zu- sammengetreten, um über das Gesu des Senators Satriano, vorläufig auf freien Fuß gesezt zu werden, zu berathen. Gegen Bürgschaftstelung wurde dem Antrage willfahrt. Am folgenden Tage begab \ich die Kommission nah Neapel, um den Prozeß gegen den Senator fortzuführen.

Türkei. Wie der „Agence Havas“ aus Konstantinopel vom 22, d. M. gemeldet wird, hätte der dort befindlihe Agent der serbishen Regierung der Pforte eine Depesche seiner Regierung übermittelt, worin darüber Klage geführt wird, daß eine Bande von Marodeurs die Grenze über- \chritten und Vieh weggetrieben habe. Eine Antwort Seitens der Pforte sei noch nicht erfolgt. S

Konstantinopel, 23. September. -(W. T. B.) Wie ein Communiqué der Regierung mittheilt, hat der hiesige persische Gefandte auf Grund einer von ihm in Teheran gehaltenen Anfrage der Pforte die Mittheilung gemacht, daß die Nach- richt von der angeblihen Konzentrirung von persischen Truppen an der Grenze unbegründet sei und daß in den Ebenen von Tabris nur von einigen Bataillonen die alljährlih üblihen Manöver ausgeführt würden. :

Belgrad, 23. September. (W. T. B.) Die auf die In- surrektion in Bosnien und in der Herzegowina bezügliche Stelle in der von der Skupschtina angenommenen Adresse besagt,

die Nation sei tief gekränkt in Folge des Blutvergießens, wel- ches das fortdauernde Leiden der Bruderbevölkerung hervor- gerufen habe. ,Die Nation sei dem Fürsten dankbar für die Er- klärung, daß er mitwirken werde, um Frieden und Ruhe in Bosnien und in der Herzegowina heimisch zu machen, dieselbe stelle zu diesem Zweck dem Fürsten alle nöthigen Mittel zur Verfügung und werde vor keinem Opfer zurücksheuen. Sie baa der Fürst werde in seiner Weisheit diese hohe Aufgabe erfüllen.

Nukßland und Polen. St. Petersburg, 21. September. Der Kaiser is am 19. d. M. wohlbehalten in Odessa einge- troffen. Nah einem Besuch in der Kathedrale um 10 Uhr Morgens wohnte Se. Majestät dem Gottesdienste in der In- stitutskirhe bei und hielt dann eine Revue über die Truppen ab, worauf um 3 Uhr auf der Yacht „Livadia“ die Abreise nach Jalta erfolgte.

Der Herzog und die Herzogin von Edinburgh, die, wie bereits mitgetheilt, am 12. d. M. nach England abge- reist sind, haben die Reise von Peterhof nah Kronstadt Abends auf der „Alexandra“ angetreten. Auf der ganzen Strecke waren Dampfer und andere kleine Schiffe aufgestellt, welche den Weg mit bengalishen Flammen beleuchzeten. In Kronstadt bestiegen Ihre Königlichen Hoheiten die Kaiïerlihe Dampfyaht „Derjava“, welche, begleitet von der Fregatte „Olaf“, Höchstdieselben nach Eng- land bringt.

Schweden und Norwegen. Christiania, 20. Sep- tember, Unterm 9. d. M. is den hinterbliebenen Familien der vier deutshen Lootsen Hansen, Büttner, Argens und Burmeister, welhe am 11. Juni d. I. bei dem Versuche, der bei St. Peter an der Eider gestrandeten norwegischen Brigg „Diamant“, Kapt. Osmundsen, zu Hülfe zu kommen, verun- glückten, aus der norwegishen Staatskasse eine Gratifikation von 600 Reichsmark bewilligt worden.

Dänemark. Kopenhagen, 22. September. Gestern wurde in den Gehegen Ermelunden und Fortunen Königs- jagd abgehalten. Än der Jagd nahmen Se. Majestät der König, der Großfürst-Thronfolger von Rußland, der Kronprinz, der Herzog von Edinburgh und Prinz Hans Theil. Unier den Eingeladenen waren u. A. der Hofmarschall des Großfürsten, General-Lieutenant Sinowjew, der Leibarzt Staatsrath Hirsch und Adjutant Cheremeteff, sowie General Kauffmann, welcher dem Großfürsten attachirt ist, und Commandeur Meldal, welcher dem Herzog attachirt ist. Nach der Jagd war Tafel auf Bern- storff, zu welcher außer den Theilnehmern an der Jagd auch der russishe und englishe Gesandte eingeladen waren.

Amerika. New-York, 22. September. (W. T. B.) Nach hier eingegangenen Nachrichten hat in Indianola ein Unwetter ge- wüthet, welhes zwei Tage lang andauerte. Der Sturm trieb das Wasser aus dem Meere in die Stadt. Dasselbe e: reichte in den Straßen die Höhe von 6 Fuß. Sämmtliche Kirchen und drei Viertel der Häuser sind zerstört, viele Menschen find um das Leben gekommen; 70 Leichname sind bereits aufgefunden und beerdigt worden. Das Unretter erstreckte fich über die ganze Küste von Texas, und hat in Saluria, Matagorda, San Bernandino, Cedariake und Siluria ebenfalls bedeutende Verheerungen angerichtet.

Rio de Janeiro, 21. September. (W. T. B.) In der heutigen Sizung der Deputirtenkammer motivirte und vertheidigte der Justiz-Minister die bei der Amnesti- rung der Bischöfe von der Regierung eingeshlagene Politik. Vom Minister des Innern wurde eine Vorlage eingebrah!, in welcher die Zustimmung der Kammer zu einer auf 18 Monate berehneten Reise des Kaisers nach Europa und nach den Vereinigten Staaten von Nord-Amerika nahgesu{t wird.

Die Revolution in Montevideo breitet sich, den neuesten Postnachrichten zufolge, in den Provinzen aus, und die Regierungstruppen haben mehrere bedeutende Nieder- lagen erlitten. Es wird beständig um Verstärkungen nah Montevideo telegraphirt, und von der Bedeutung der aufständi- \{chen Bewegung durchdrungen, hat es der Kriegs-Minister für nothwendig erahtet, den Hauptsiß der Revolution persönlich zu besuhen. Mittlerweile ist es den einflußreihen Exilirten, die Präsident Varela bei seinem Amtsantritt nah Cuba tranépor- tiren ließ, gelungen, nah Pernambuco zurückzukehren, von wo aus sie die Nevolte unterstüßen und leiten. Monte- video wird als eine Stadt unter der „Shreckensherrschaft“ geschildert, während die Regierung sih weigert, die National- garde zu bewaffnen, weil sie den Ausbruch einer Insurreftion in der Hauptstadt selber befürchtet. Die Straßen sind bei Nacht wie bei Tage thatsählih verödet, und die Geschäfte stocken fast gänzlih. Die Regierung war größtentheils außer Stande, die Steuern in den Provinzen einzutreiben, während die Zoll- einnahmen in Monteevideo fortfahren ernsilich abzunehmen. Die Armee hatte bis zum 17. ult. noch nit ihren Sold für Juli erhalten, da derselbe in Gold gezahlt werden muß, trogdem die Zwangsnoten nun ein legales Zahlungsmittel find.

Afrika. Aus Cape Coast Casile wird vom 26. August berichtet, daß in den meisten Häfen an der afrikanischen West- füste der Gesundheitszustand ein guter ist. Der Handel ift flau in JIella Coffi, Acora und Cap Palmas.

Australien. Bezüglih des jüngsten Angriffes auf Commodore Goodenaugh in den australishen_ Ge- wässern hat die Admiralität aus Sydney eine Depesche vom 18. d. empfangen, des Inhalis, daß der „Pearl“ nach Mel- bourne abgegangen is und daß sämmtliche Verwundeten ge- nesen sind. i

Statistische Nachrichten.

Nach den Aufstellungen des Kaiserlichen statistischen Amis in dem jeßt herauêgegebenen Band X11. dex Statistik des Deutschen Reichs umfaßte der Sch iffsverkehr in sämmtlichen deutschen Hafenpylätzen im Jahre 1873 47,344 Schiffe mit ciner Trag: fähig?eit von 6,170,788 Regif!er-Tons und zwar 38,799 Segelschiffe von 2,951,395 Reg. T. und 8545 Dampfschiffe von 3,219,393 Neg. T. Die Segelschiffahrt war hiernach au der Gesammt-Sciffszahl mit 82,0 %, an der Gesammt- Tragfähigkeit mit 47,8 % betheiligt, während sich der Antheil der Dampfschiffe auf 18,0 % bez. 52,2% stellt. Den be- deutendsten Schiffsverkehr zeigen folgende Häfen: Hamburg 4870 Schiffe vou 1,856,954 Reg. T., Bremerhaven 1403 Sch. von 708,210 Reg. T., Stettin 2541 Sch. von 510,204 Reg. T., Neufahrwasser (Danzig) 1747 S. von 369,273 Reg. T., Pillau 2106 Sch. von 356,247 Reg. T., Lübeck 2807 Sch. von 294,148 Neg. T., Königsberg 1687 Sch. von 253,640 Reg. T., Kiel 3294 Sch. voa 220,830 Reg. S. Mernel 1215 S. von 174,853 Reg. T., Geestemünde 741 Sch. von 172,864 Reg. T, Swinemünde 859 Sh. von 125,814 Reg. T., Flensburg 2530 Sch. von 123,585 Reg. T., Brake 682 S. von 90,151 Reg. T., Tönning 173 Sch. von 62,872 Reg. T., Altona 727 Sch. von §1,680 Reg. T, Papenburg 730 Sch. von

60,165 Reg. T., Rostock 535 Sh. von 50,457 Reg. T., Straäl- sund 406 Sch. von 43,903 Reg. T., Bremen 1089 Sch. von 43,433 Reg. T., Leer 546 Sch. von 41,546 Reg. T., Emden 366 Sch. von 32,879 Reg. T., Harburg 439 Sch. 29,668 Reg. T. Der Natio- nalität nach gehörten den verschiedenen Flaggen folgende Schiffe an: der deutschen Klagge 30,171 Sch. von 2,982,006 Reg. T. (davon: preußishe Schiffe 25,754 von 1,528,049 Reg. T., mecklenburgische 964 von 141,291 Reg. T., oldenburgisce 1157 von 76,059 Reg. T., Lübeckische 368 von 63,574 Reg. T, Bremische 883 von 608,745 Reg. T., Hamburgische 1045 von 564,288 Reg. T.), der russischen Flagge 757 Sch. von 138,460 Reg. T., der \hwedischen 2136 Sch. von 299,894 Reg. T, der norwegischen 1437 Sch. von 289,193 Beg. E der dänischen 6192 Sch. von 468,231 Reg. T., der britischen 4679 Sch, von 1,691,730 Reg. T., der niederländischen 1655 Sch. von 184,277 Reg. T., der belgischen 10 Sch. von 2684 Reg. T., der fran- zösischen 148 Sch. von 44,646 Reg. T., der spanischen 26 Sch. von 6470 Reg. T., der portugiesischen 2 Sch. von 367 Reg. T,, der italienischen 65 Sch. von 32,981 Reg. T., der österreichischen 6 Sch. von 3065 Reg. T., der griechischen 2 Sch. von 642 Reg. T., der nordamerika- nisbe 52 Sch. von 33,345 Reg. T., der Flagge von St. Domingo 1 Sch. vom 139 Reg. T., der brasilianischen 1 Sh. von 181 Reg. T., der hawaischen 4 Sch. von 1477 Reg. T. Nach dem Verhält- nisse der Zahl der Schiffe, sowie der Tragfähigkeit derselben waren V dia Flaggen an dem Verkehr folgendermaßen be- jeiligt:

von je 100 verkehrenden | von je 100 Register-Tons

Schiffen kommen auf: kommen auf: Schiffe Schiffe Segel- Dampf- über- |Segel- Dampf- über- schiffe. schiffe. haupt. ¡sc{ife. schiffe. haupt.

á i

Deutsche Schiffe ._. 67,9 44 6 638-1967 i: 48,3 M, T0. 10e 24s

Darunter preußische Schiffe ÿ 26, Russische Schiffe .. É 1,6 3,8 0,8 29 Schwedische Schiffe. 3,6 8, 4,5 51 4,6 4,9 Norwegische Schiffe. 3,0 D; 3,0 6,6 2,6 4,5 Dänische Schiffe . . 13,6 10, 13,1 T1 8;1 7,8 Britishe Schiffe .. 5,8 28,2 99 1181 40s 27,4 Niederländische

Schiffe 3, 2,3 Schiffe der übrigen

fremden Flaggen .. 0,6 0,9 0,6 3,4 0,9 2,1

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Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Aus den Sihungen der historishen Vereine im Juli und August d. J,: Verein für die Geschichte Berlins: Geh. Regi- itrator Dr. Brecht hielt einen Vortrag über den im Schlosse zu Cöpenick am 3. Januar 1571 erfolgten Tod des Kurfürsten Joachim LE: und die daran sih schließende Prozessirung des Hofjuden Lippold. Nach urkundlichein Material wurden die Momente des Todes des Kurfürsten und das ganze Prozeßverfahren gegen Lippold mit allen seinen Jnquisitionen und schließlich seine Hinrichtung ge- schildert. Harz-Geschichtêverein: Past. Th. Stenzel sprach über das Münzwesen Anhalts im Mittelalter. Thüringish-Sächsischer Geschichtss und Alterthumsverein in Halle: Past. Risel gab eine Biographie des Georg Schüler oder Sabinus, der (am 7. April 1508 zu Brandenburg geboren und seit seinem 15. Jahre in Wittenberg in Melanchtibons Hause als Schüler und Student zum Juristen gebildet) später Melanchthons Schwiegersohn), die Gunst verschiedener Fürst- licher Persöniichkeiten jenes Zeitalters gewann. Gern gesehen bei dem Magdeburger Erzbischof Albrecht von Brandenburg; bei Kurfürst Joachim 11, von Brandenburg, der ihn 1541 als seinen Gesandten auf den Regensburger Reichstag schickte; durch Kaifer Karl V. ix den Adelstand erhoben, endlich von Herzog Albrecht vou Preußen 1544 - 1547 zum Rektor der Universität in Königsberg ernannt, starb derselbe am 2. Dezember 1560 in Frankfurt a. O, Verein f. Ge- ichihte und Alterthumskunde zu Frankfurt a. M.: Pred. Dr. Dechent über die altchriftlichen Sarfophage in Rom. Verein f. Anhaltische Geschichte und Alterthumsfkunde zu Dessau: Sanitäts-Rath Fränkel Über eine Anzahl vorgeschichtlichec Gegenstände ; Reg. Rath Lange über die Sage vom Krötenringe; Oberst v. Olszewsfi über die zu defen- siven Zwecken erbauten Burgwälle in den Eib- und Muldeniede- rungen.

Da3 bayerische Kultus-Ministerium hat die photogra- vhische Vervielfältigung der Kunstshähße des bayeri- schen Nationalmuseums und die Herausgabe derjelben in un- veränderlihem photographishen Drucke dem Photographen J. B. Obernetter in München ausschließlih übertragen. Das D'rektorium des Museums macht dies mit dem Bemerken bekannt, daß sämmtliche Blätter mit dem Stempel des bayecishen Nationalmuseums versehen find, Der Preis der Lieferung (10 Blatt mit kurzem Text) ift 10 M, des einzelnen Blattes 1 (A Format der Bl itter 325448 Centimeter. Unaufgezogene Exemplare für Schulen koften 60 5. Den Kom- missionsverlag hat die Buchhandlung von Max Kellerer in München.

Der Professor Pr. Karl Siegfried aus Schulpforta und der Archidiakouurs Dr. Rudolph Seyerlen aus Tübingen sind zu ordentlichea Professoren bei der theologishen Fakultät der Gejammt- Universität in Jena ernannt worden.

Der unlängst in Pavia kinderlos verstorbene Senator und Professor Luigi Porta hat der’ dortigen Universität sein ganzes bedeutendes Vermögen vermacht, jedoeh für den Fall, daß die Universität verlegt werden sollte, die Bestimmung getroffen, daß dann die Stadt Pavia Erbin seines Vermögens wird, es aber zu Unter- rihtszwecken verwenden muß.

Wie man aus Mailand meldet, hat im dortigen Staats- Archiv Dr. Arthur Wolinsfy beim Durstöbern einiger Dokumentcn- Fascikel verschiedene U utographen Galilei's endcckt, von denen die palatinische Sammlung nichts weiß, und die sich nomentlih auf die Unterhandlungen beziehen, welche der Gelehrte mit Spanien er- öffnet hatte, um die do.tige Regierung in den Besiß seines Systems, fich bei der Schiffahrt der Gradmefsung zu bedienen, zu seßen. Zum Theil bezichen die Autographen sih auf Galilei's Ieije nach Rom, die er im Jahre 1624 unternahm. um dem Papste Urban ViIL seine Hulcigungen darzubringen. Die für die Geschichte so interes- jante Eatdeckung soll Gegenstand einer besonderen Schrift werden,

Ja Norwich wurde am 20. September ein großes Musik- fest unter sehr zahlreicher Betheilignng des Publikums eröffnet. Die Musikaufführungen stehen unter der Leitung von Sir Julius Benedikt und werden von einem 76 Instrumentalisten zählenden Orchester und einem 284 Mitglieder starken Chore ausgeführt. Die Soli ruhen in den Händen bewährter Kunstkräfte, unter denen sih Mlle. Aibani, Mlle. de Belocca, Madame Lemmens-Sherrington, Madame Pati, Mr. E. Lloyd und Signor Foli befinden. Am ersten Tage gelangte Mendelssohns großes Oratorium „Elias* zur recht wirfungsvollen Aufführung. Das übrige Programm bringt als Haupt- werke Benedikts Cantate „St. Cecilia*, Bennetts Oratorium „The Woman of Sawaria“ und Haendels „Messias“, denen fich Komposi- tionen von Haydn, “Spohr, Roffini, Pierson, Nandegger u. \. w. anschließen.

3,5 4,2 1,9 3,0

Gewerbe und Sandel.

Nach Art. 42 der Allg. Deutschen Wechselordnun fann durch Hflnzufügung der Worte „ohne Protest“, „ohne Kosten auf dem Wechsel die Aufforderung zur Unterlassurg der Protest- aufnahme ergehen. Es empfiehlt si aber, wie die „Magdb. Ztg.“ schreibt, die angegebenen Worte yoll auszuschreiben und nicht mit „0. P, „o, K. abzukürzen, da mehrere Königliche Bankstellen, in Uebereinstimmung mit dem Haupt-Bank-Direktorium, derartige Abs fürzungen nicht respektiren. Die voll ausgeshriebene Bemerkung „ohne Protest“, „ohne Kosten“ findet dagegen stets Beachtung.

ch Die Görlißer Aktiengesellschaft für Fabrikation

L von Eisenbxahnmaterial hat in der leßten Rehnungöperiode