1875 / 237 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 09 Oct 1875 18:00:01 GMT) scan diff

zurückgewiesen, und dieses Urtheil wurde auf die Nihtigkeits- beshwerde des Klägers vom Reihs-O ber-Handelsgericht bestä- tigt. „Würde man au“, führt das Erkenntniß des Reichs- Ober-Handelsgerichts aus, „mit dem Kläger annehmen, daß er wäh- rend seines Aufenthalts auf dem Bahnhofe zu P. sih in Ausübung seines Dienstes befunden habe, so könnte doch auf den fraglihen Unfall der §, 1 des Reichsgeseßes vom 7. Juni 1871 keine An- wendung finden, welcher voraussezt, daß der Unfall „bei dem Betriebe einer Eisenbahn“ eingetreten is. H. 1 des Reichs- Haftgesezes ist nach seiner Intention und Entstehungsgeschichte auf den eigentlihen Betrieb der Eisenbahn als Transportanstalt zu beshränken. Dazu mögen auch gewisse präparatorishe Akte gehören, aber immer nur insofern, als fie unmittelbaren Bezug auf jenes Geschäft haben. Einleuhtend fällt darunter nicht jede Thätigkeit der bei der Eisenbahn angestellten Beamten und Ar- beiter, sondern es kommt auf die Umstände des einzelnen Falles an; mithin if es unrichtig, wenn der Kläger seine Klageforde- rung \{chon um (deshalb) deswillen für begründet nah Maßgabe von §. 1 cit. hält, weil er fich zur Zeit des Unfalls im Dienste befunden habe.“

Die Versammlung der Berliner Kreis\ynoden ging nah Erledigung der ersten Frage, betreffend die Stol- gebühren, zur Beshlußfassung der zweiten über. Die- selbe lautete: „Für den Fall, daß die Aufhebung der Stolgebühren ganz oder theilweise nothwendig erscheint, wie \oll der Ersay dafür besa werden? Giebt es außer einer Kirchensteuer noch anderweite ausreichende Mittel, um eine gesicherte Deckung der durch die Aufhebung der Stol- gebühren für die Kirchenkafsen, sowie für die Geistlihen und Kirchenbeamten entstehenden Ausfälle herbeizuführen ?“ Die Ant- wort wurde nah längerer Debatte, in welher das Vorhanden- sein anderer Ersaßmittel” entschiedene Verneinung fand, auf An- trag des Stadtrath Dr. Techow wie folgt gefaßt:

„Für die aufgehobenen Gebühren T den bezugsberechtigten Stellen und Kirchenkassen volle Entschädigung durh Zusammen- wirken des Staates mit den Kirhengemeinden zu gewähren. Der den Kirhhengemeinden zur Last fallende Theil ist durch eine Kirchensteuer zu deen,“

3) Soll die Kirchensteuer, falls deren Einführung als noth- wendig erkannt wird, von allen evangelishen Einwohnern Ber- lins erhoben werden, oder \fich auf die einzelnen Gemeinden be- \chränken, welche für ihre Kirhenverwaltung einer solhen Bei- steuer bedürfen? Antwort nah dem Antrage des Con- sistorial-Präsidenten Hegel:

„Die Kirchensteuer ist in allen Gemeinden Berlins gleichmäßig zu erheben und nicht auf einzelne Kirchengemein- den zu beschränken, welche für ihre Kirchenverwaltung einer solchen Beisteuer bedürfen.“

Die Diskussion über die Fragen 4—6 faßte die Versamm- lung zusammen. Die Fragen lauten:

4) soll, im Falle die Kirhensteuer auf ganz Berlin aus- gedehnt wird, die Befugniß zur Auflegung und Ausschreibung, sowie die Bestimmung über die Verwendung derselben der Ge- \ammt-Kreis\syuode für Berlin übertragen werden?

5) soll der Ertrag der Kirchensteuer, wenn dieselbe in ganz Berlin erhoben wird, unter die einzelnen Gemeinden pro rata vertheilt oder für dieselben je nah dem vorliegenden Bedürfnisse von der G:sammt-Kreis\synode verwendet werden?

6) Soll die Kirchensteuer lediglih dazu dienen, Ersaß für die aufgehobenen Stolgebühren zu gewähren oder auch zur Be- friedigung anderweitiger kirhlicher Bedürfnisse, wie z. B. die Trennung der übergroßen Parochien, die Aufbesserung des Diensteinkommens der Geistlihen und Kirchenbeamten, die Ver- mehrung der erforderlihen geistlihen Kräfte 2e. verwendet werden ?

Es lagen dazu niht weniger als 10 Anträge vor, die si theilweise gegenseitig vollständig aus\{chlossen und eine lange Diskussion veranlaßten. Die Antwort lautete endlich dahin: „Die Kirchensteuer dient zunähst nur als Ersaz für den Ein- nahmeausfall an Stolgebühren; sie kann demnächst aber auhch zur Befriedigung anderweiter dringender kirchlicher Bedürfnisse verwendet werden. Der Ertrag der Kirchensteuer soll nur nah dem vorliegenden Bedürfniß, wie \olhes von den geseßlihen Organen der einzelnen Gemeinden aufzustellen und von der Gesammt-Kreis\ynode festzustellen ist, unter den einzelnen Ge- meinden vertheilt werden. Das Recht der Auferlegung und Ausschreibung der Kirchensteuer steht der definitiv konstituirten Gesammt-Kreis\ynode zu.“

7) Welcher Maßstab soll bei der Repartition der Kirchen- steuer zu Grunde gelegt werden? Antwort: Die Kirchen- steuer ist nah Prozenten der Staats-Klassen- und Einkommen- steuer zu erheben.

8) Wie soll die Einziehung der Kirchensteuer bewirkt und ihr Ertrag verwaltet werden? Antwort: Die Einziehung der Kirchensteuer ist nach Ersuchen der betreffenden kirhlihen Organe durch den Magistrat gegen eine angemessene Entschädigung für die aufgewendeten Kosten und Mühewaltung zu bewirken, die Verwaltung des Einnahme-Ertrages steht aber der definitiv kon- ftituirten Gesammt-Kreis\synode zu.

Es erübrigte nunmehr nur noch die Berathung der ersten Proposition des Konsistoriums: „Die künftige Bildung einer definitiven Gesammt-Kreis\ynode für Berlin und die der- selben beizulegenden Befugnisse.“ Bei der Wichtigkeit der vorgelegten 7 Fragen beschloß die Versammlung, dieselben einer Kommission von 9 Mitgliedern zur Vorberathung zu überweisen, zu welher unter dem Präsidium des Propstes Dr. Brückner jede Synode zwei Mitglieder zu deputiren hat. Als folhe wurden gewählt: Synode Berlin 1. Justiz-Rath Krebs und Prediger Dr. Thomas, Synode Berkin 11. Pre- diger Panck und Direktor Kempf, Synode Cöln Stadt Stadt- rath Dr. Techow und Stadtältester Kohhann, Synode Friedrihs-Werder Professor Hinshius und Prediger Lisco.

Seitens des Ober-Konsistorial-Rath Noël war gleih zu Anfang der Sizung nachstehender Antrag eingebraht worden: „Versammlung wolle beschließen: Als Mitglieder der Gemeinde N. N. find auch Diejenigen zu betrahten, welhe, wenn sie in eine andere Gemeinde der Stadt verziehen, innerhalb einer zu bestimmenden Frist dem Gemeinde-Kirchenrath die \hriftlihe Er- klärung abgeben, daß sie bis auf weiteres, unbeshadet ihrer BVer- pflihtungen gegen die Lokalgemeinden, noch Mitglieder der Gemeinde N. N. zu bleiben wünschen.“ Der Antrag wurde der E erwähnten Kommission gleihfalls zur Vorberathung über- wiesen.

Nachdem sodann der Stadtrath Dr. Tech ow dem Vorsißenden den Dank für die ausgezeihnete Leitung der Verhandlungen ausgesprochen, welhem Danke die Versammlung durch Erheben von den Sigzen zustimmte, \{chloß die Gesammt-Kreis\ynode ihre Verhandlungen.

Breslau, 7. Oktober. Prinz Friedrich der Nieder-

lande traf heute Nahmittag von Camenz hier ein und seßte

die Weiterreise nah | seiner Herrsh aft Neuland fort. Ebenso gelangte der Großherzog von Sachsen-Weimar Abends an, um sih zu der Großherzogin nah Heinrihau zu begeben.

Meppen, 5. Oktober. Gestern Abend mit dem leßten Zuge passirte der Minister für die landwirth\chaftlihen Ange- legenheiten, Dr. Friedenthal, den hiesigen Bahnhof, um \ich nah Haren zu begeben. Derselbe hatte den Ems-Vechte-Kanal besihtigt und reist nun zu gleihem Zwecke an den Haren-Rüt- tenbrocker und dann nah Papenburg zu dem dortigen Papen- burg-Hümmlinger Kanal, um von der Anlage und den Fort- schritten dieser Bauten Kenntniß zu nehmen.

Rendsburg, 8. Oktober. In der heutigen (7.) Sizung des \chles3wig - holsteinishen Provinziallandtags wurde der Antrag des fständishen Ausschusses auf Vollendung des Baues des Frauen-Nebenhauses der Irrenanstalt bei Schleswig, dessen Kosten vor etwa 10 Jahren auf 310,000 geschäßt worden sind, jeßt aber mindestens 25 pCt. mehr be- tragen werden, nach einem vorgelegten Risse und Kosten- anshlag genehmigt und beschlossen, daß zu dem Ende eine erste Rate von 150,000 # in den Etat pro 1876 aufzunehmen fei. Es folgte die Berathung über den Bericht des ständishen Ver- waltungsaus\{chu}es wegen Einführung der Kreisordnung vom 13. Dezember 1872 in der Provinz Schleswig-Holstein. Die Anträge des Ausschusses wurden nah längerer Diskussion an- genommen; fie gehen dahin: daß der Provinzialvertretung vor der Einführung der neuen Kreisordnung in der hiesigen Provinz Gelegenheit gegeben werde, sich über das desfällige Gesch gut- achtlih zu äußern; daß ferner eine Untersuhung darüber ein- geleitet werde, ob und event. in welhem Maße eine Revision der Kreisgrenzen dem Interesse der Provinz entspriht, und daß das Resultat derselben \owohl den betreffenden Kreisvertretun- gen, als der Provinzialvertretung nach Maßgabe des §. 1 der Kreisordnung vom 22, September 1867 zur Erklärung vor- gelegt werde.

Cassel, 8. Oktober. Der Kommunallandtag be- \häftigte fich in heutiger Sitzung zunächst mit dem Jahresbericht der kommunalständischen Landeskreditkasse . über die Betriebs- ergebnisse im Jahre 1874. Der Inhalt des gedruckten Berichts wurde von dem Abg. Landeskreditkassen-Direktor Dr. Harnier speziell erläutert. Abg. Ostheim regte die Umwandlung der 4¿prozentigen Landeskreditkasse-Obligationen in 4prozentige an, um die älteren, 5 Prozent Zinsen zahlenden Schuldnér zu eni- lasten. Diesem Wunsche gegenüber machte Dr. Harnier die Schwierigkeiten und Gefahren geltend, welche eine solche Dpera- tion die Kündigung und Rückzahlung von mehr als neun Millionen Schuldverschreibungen mit sh führe. Es knüpfte sh hieran eine längere Diskussion, welche jedoh zu keiner Be- \{lußnahme führte.

Bayern. München, 8. Oktober. (W.T.B.) Inderheutigen Sitzung des Adreßaus\chusses wurde die von Ioerg entwor- fene Adresse, ohne daß über deren Inhalt eine eigentlihe Debatte stattgefunden hâite, mit den 8 Stimmen der klerikalen Mitglieder gegen die 7 der Liberalen angenommen. Vor der Abstimmung rihtete Abg. Fischer unter Bezugnahme auf einen Artikel der „Augsb. Postzeitung“, der unter heftigen Angriffen auf die liberale Partei, den Adreßentwurf als meisterhaft bezeichnet, an Ioerg die Anfrage, ob er der Verfasser dieses Artikels sei. Joerg verneinte; Fischer konstatirte durauf den Widerspru, . in dem diese Versicherung mit der gestern abgegebenen Erklä- rung fiche, da außer ihm (Joerg) bis zur Ver- lesung des Adreßentwurfs kein , klerikaler Abgeordneter den Inhalt des Adreßentwurfs gekannt habe, Nach Erledi- gung dieses Zwischenfalls erklärte v. Stauffenberg Namens der Minorität, daß dieselbe den ersten Theil des Entwurfs, in welchem wegen der in der Königlichen Familie stattgehabten Todesfälle die Theilnahme und das Beileid dec Kammer aus- gedrückt wird, von ganzem Herzen acceptire, den übrigen Inhalt aber mit Bestimmtheit ablehne. Der Vorsißende des Minister- Raths v. Pfreßshner erklärte gegenüber den Angriffen, welche der Wortlaut der Adresse in einem vielleiht noch niemals dagewesenen Tone zum Ausdruck bringe, und dex einleitenden Bemerkung des Referenten JIoerg in der gestrigen Sizung, das ganze Ministerium müsse abdanken, weil es \ih selbs solidarisch erklärt habe und eines seiner Mitglieder dur die ‘Liberalen habe in die Kammer wäh- len lassen, Namens des g-\sammten Kabinets: Das Ministerium sei in \o weit \olidarish, als alle Mitglieder desselben für prin- zipielle Akte einständen und \sich gegenseitig deten. Aus der Wahl des JIustiz-Ministers v. Fäustle durch die liberale Partei folge nicht, daß v. Fäustle oder das Ministerium der national- liberalen Partei angehöre. Er müsse im Gegentheil erklären, daß kein Mitglied des Ministeriums einer der zur Zeit bestehen- den geschlossenen politishen Parteien angehöre. Auf alle übrigen in der Adresse enthaltenen Angriffe behalte er sich die Antwort für die öffentlißen Verhandlungen vor. Die Plenardebatte über den Adreßentwurf beginnt wahrscheinlih am nähsten Mittwoch.

Augsburg, 8. Oktober, (W. T. B.) Der „A. A. Ztg.“ geht aus München eine anscheinend offizióse Mittheilung zu, wonach von dem König in Betreff des Vorganges bei der Jubelfeier der Wallfahrtskirche zu Dggersheim zwei Hand- \hreiben an den Kultus-Minister v. Luß erlassen worden find. In dem einen wird dem ernsten Befremden darüber Ausdruck gegeben, daß der Bischof Dr. Haneberg bei dem rein bayerischen Kirchenfeste in Oggersheim und in so erregter Zeit einem mit den bayerishen Verhältnissen wenig bekannten und an dem Streite der Parteien in hervorragender Weise be- theiligten Kanzelredner einer fremden Diözese die Predigt überlassen habe. In dem zweiten Handschreiben heißt es mit Bezug auf die Thatsache, daß Bischof Dr. Haneberg unter Ueber- nahme der Verantwortung das Auftreten des Bischofs von Ketteler als Prediger zugelassen hat, der König erblicke in diesem Vorgehen des Bischofs Haneberg eine mit der von ihm beshwo- renen Pflicht des Gehorsams in \{chrofem Widerspru stehende Handlung, während die Theilnahme des Bishoss von Mainz an dieser Handlungsweise eine {were Verlezung jener Rücksichten enthalte, welche ihm das Verweilen im Lande des Königs auf- erlegt haben müßte.

Baden. Karlsruhe, 7. Oktober. (Karlsr. Ztg.) Ihre Königlichen Hoheiten der Großherzog und die Großherzogin besuchten Dienstag, den 5. ds., die großen Jagdrennen bei Iffezheim. Es wohnten denselben ferner an und nahmen auf der Großherzoglihen Tribüne Plaß: Ihre Majestäten der Kaiser und die Kaiserin, der Großherzog von Sachsen- Weimar, Prinz Hermann von Sachsen-Weimar mit zweien seiner Söhne, die Prinzessin Elisabeth und Marie von Baden, Her- zogin von Hamilton, die Erbprinzessin von Monaco, der Fürst und die Prinzessin Amalie zu Fürstenberg, Der Großherzog

. bisher regelmäßig stattgefunden.

von Sahsen-Weimar is Mittwoh, den 6.,, von Baden

nah Schloß Heinrihau in Schlesien abgereist. :

Der Graf und die Gräfin von Flandern find Donnerstag, den 7., zum Besuch in Baden erwartet und wer- den im Palais der Prinzessin Marie von Baden, Herzogin von Hamilton, absteigen.

Das heute ausgegebene Gesetzes- und Verord- nungsblatt Nr. 27 vom 6. d. enthält Verordnungen und Bekanntmachungen: 1) des Ministeriums des Innern: a. die Einführung eines Lesebuchs in den Volks\{hulen betreffend; b. Naturalleistungen für das Heer betreffend; c. Uebercinkunft mit Oesterreih-Ungarn wegen gegenseitiger Uebernahme Ausge= wiesener betreffend. 2) Des Handels-Ministeriums: die Schiff= betref N den Rhein längs der badisch-elsässishen Grenze etreffend.

Hessen. Darmstadt, 7. Oktober. Sowohl die Erste als die Zweité Kammer des Landtages nahmen in ihren heutigen Sizungen die Wahlen der verschiedenen Aus\chüsse vor. Als neue Eingänge kündete der Präsident der leßteren namentli folgende Gesezentwürfe an: Gewährung von nachträglichen V er- gütungen von Kriegsleistungen der Gemeinden; einen Antrag des Abg. Schröder auf Aufhebung der den Standes- herren und der Ritterschaft des Großherzogthums, sowie den Freiherren von Riedesel bisher zustehenden Patronate bei Be- feßungen von Pfarr- und Schulstellen, sowie Stellen der Ver- waltung an Kirchenkassen, Schulfonds und milden Stiftungen ; einen Antrag desselben Abgeordneten auf Vorlage eines Weg e- baugeseßes, Eintheilung, Anlage und Erhaltung der öffent- lihen Wege betreffend.

Nach dem neuen Staatsbudget is die Ober-Medi- zinaldirektion als besondere Behörde in Wegfall gekommen und bildet für die Zukunft nur noh eine besondere Abtheilung des Ministeriums des Innern; dasselbe wird bestehen aus dem ständigen Referenten in Medizinalsahen als Vorsißendem, aus drei Aerzten, aus einem Veterinärarzt und einem chemis{ch-phar- mazeutishen Sachverständigen. Jn Ausführung der Be- \{chlü}se des Bundesraths des Deutschen Reichs sind die zur all- gemeinen Volkszählung und Aufnahme der Gewerbestatistik erforderlihen Anordnungen getroffen worden.

Vraunschweig. Braunschweig, 9. Oktober. Der Herzog hat seine Rücfkehr aus Wien auf einige Tage verscho- ben, einem Gerüchte zufolge wegen einer Fußverleßung, die fich derselbe beim Besteigen des Wagens zugezogen hat.

Desterreich-Ungarn. Wien, 8. Oktober. Die Kaiserin ist gestern nah Göôdölld abgereist. ?

Der König von Sachsen hat am 6. d. M. Abends Wien verlassen. Der Kaiser begleitete denselben zum Bahnhofe.

Der Prinz Leopold von Bayern is vorgestern Avend

nach München zurückgekehrt. _ (Wien. Ztg.) Gestern i den Delegationen eifte Sammlung von Korrespondenzen des Ministeriums des Aeußern und von Berichten der Kaiserlihen und Königlichen Missionen und Konsulate in handelspolitishen Angelegenheiten vorgelegt worden. Die Sammlung, die wir nah der Farbe ihres Um- \chlages Kürze halber „Braunbucch“ nennen wollen, ist unab- hängig von der, unter dem Namen „Rothbuch“ bekannten Samm- lung von Korrespondenzen und Aktenstüken zumeist politischen Inhalts, welhe sh auf die Thätigkeit des Kaiserlichen und Königlichen gemeinsamen Ministeriums des Aeußern bezogen. Von folchen Rothbüchern find bisher in aht auf einander fol- genden Jahren Ausgaben (von Nr. 1 bis 8) erschienen und den Delegationen von Fall zu Fall mitgetheilt worden; im laufenden Iahre wurde die Ausgabe unterbrochen, den Deleza- tionen aber Seitens des Auswärtigen Amtes angezeigt, daß die Veröffentlihung eines Rothbuches für die Zukunft nicht prin- zipiell ausgeshlo}sen sei. Das Buch trägt die Nummer 1, durhch welche ersihtlih gemaht wird, daß es nicht als bloße Fort- setzung des Rothbuches anzusehen und an Stelle desselben zu treten bestimmt sei.

Nach dem öfterreichish-ungarishen Zoll- und Handelsbündniß vom Iahre 1867 sollen die periodischen Handelsberichte der öster- reichish-ungarishen Konsulate an die Handels-Ministerien der beiden Reichshälften mitgetheilt werden. Eine folhe Mittheilung Seitens des gemeinsamen Ministeriums des Aeußern hat au Sie wird, wie in einem kurzen Vorwort zum „Braunbuch“ ausdrücklich hervorgehoben wird, dur die gegenwärtige Publikation dieses Braunbuches nicht be- rührt. Das Braunbuh if also auch unabhängig von jener Mittheilung von Konsulatsberihten an die Handels-Ministerien der beiden Reichshälften, welche nah wie vor fortgeseßt werden wird. Es enthält nur Aktenstücke, die fich mit internationalen Gegenständen beschäftigen, keine solchen, welche ausschließend auf internen Verkehr fih veziehen.

Zweck des Braunbuches ift, die Thätigkeit des auswärtigen Amtes auf handelspolitishem Gebiete nah einigen Richtungen zu illustriren, bei Verhandlungen über Gegenstände dieser Natur in Betreff des internationalen Verkehrs zur Drientirung zu dienen und zugleih den betheiligten kommerziellen, industriellen und landwirthschaftlichen Kreisen werthvolle Anhalispunkte zur Förderung ihrer wirthschaftlihen Interessen an die Hand zu geben.

Die Publikation is zum Theile nah dem Vorbilde ähnlicher Mittheilungen in anderen Staaten, insbesondere in Groß- britannien, eingerichtet. In dem Vorworte wird erklärt, daß es der Zukunft vorbehalten bleibe, auf Grundlage gewonnener Er- fahrungen dieser Publikation in der Zusammenstellung und be- züglih ihres Umfanges jene Form zu geben, die geeignet er- cheinen wird, den von den hohen Delegationen ausgedrückten Wünschen vollkommen Rehnung zu tragen.

Das Braunbuch zerfällt in zwei Abtheilungen: 1. Korrespon- denzen des Auswärtigen Amtes in handelspolitishen Angelegen- heiten; 11, Wahrnehmungen der Kaiserlihen und Königlichen Missionen uxrd Konsulate auf handelspolitishem Gebiete.

Im Ganzen enthält das Braunbuch auf 118 Seiten 31 Aktenftücke.

Niederlande. Luxemburg, 8. Oktober. (W. T. B.) Die von dem „Amsterdamshhe Courant“ gebrahte Nachriht von Abtretung der Luxemburger Krone an den Prinzen Heinrich und dessen Deszendenz entbehrt jedweder Be- gründung.

Großbritannien und Yrland. London, 7. Oktober. Der Prinz und die Prinzessin von Wales kehrten gestern von Sandringham nach Marlborough-House zurück. Der Herzog und die Herzogin von Edinburgh siedelten gestern mit ihrem jungen Sohne vom Butingham - Palast nah Eastwell-Park, ihrem Landsize in Kent, über.

Frankreich. Paris, 7. Oktober. General Chanzy, der fich jeyt in Paris befindet, hat häufig Unterredungen mit dem

Präsidenten der Republik Diese Unterredungen follen gewisse rojekte von Reformen in der Verwaltung und Organisation Algeriens zum Gegenstand haben.

Ftalien. Rom, 5. Oktober. Der König isst leßttver- gangenen Sonnabend von Valdieri nah Turin gekommen. Auch der Chef des auswärtigen Amtes ist daselbft eingetroffen, um ¡h mit dem Minister des Königlichen Hauses über die Vorbe- eitungen zum Empfange des Deutschen Kaisers zu ver- sändigen. Nachdem Visconti-Venosta bei Sr. Majestät Audienz gehabt hatte, begab er sih zu den Kronprinzlihen Herr- haften nach Monza.

Türkei. Konstantinopel, 8. Oktober. (W. T. B.) Kegierungsseitig wird über den Beschluß der Pforte, betreffend die Einlösung und Amortisirung der türkischen Staats- huld, erläuternd mitgetheilt: Von dem Tage an, an welchem der gedahte Beschluß der türkischen Regierung veröffentliht vurde (6. Oktober cr.), und während der von da ab auf einander folgenden Jahre unterbleibt die Auszahlung der Hälfte der Zinsen Und der Amortisationsbeträge der inneren und auswär- tigen türkishen Staatsschuld, deren Gesammtbetrag jährlich ch auf etwa 14 Millionen Pfd. Sterl, beläuft. Zur Ent- hädigung der Berechtigten für die Nichteinlösung der Hälfte im Gesammtbetrage von 7 Millionen Pfd. Sterl. \oll ein auf grund 5proz. Verzinsung jener Summe von 7 Mill. Pfd. Sterl. herechneter Betrag von 350,000 Pfd. Sterl. jährlih baar ausgezahlt werden. Die provisorishen Schuldtitel, die für den Restbetrag neu ausgegeben werden, sollen nach 5 Jahren eingelöst werden und als Zahlungssicherheit für jeden Jahresbetrag von 7 Mil- lionen Pfd. Sterl, niht aber auch für die bei den BZinster- ninen zur Baarauszahlung gelangenden 350,090 Pfd. Sterl. jenen. | Belgrad, 8. Oktober. (W. T. B.) Wie verlautet, hätte die gestern gemeldete Zustellung einer Note der Großmächte amn die serbishe Regierung den Zweck gehabt, Serbien neuer- dings von jeder herausfordernden Haltung gegenüber der Pforte ahzumahnen.

9, Oktober. Die Hochzeit des Fürsten Milan i auf einige Tage vershoben worden, weil der Kaiser von Kußland- einen Spezialvertreter zu derselben abgesandt hat, welcher bis morgen nit hier eintreffen fann.

Wie verlautet, würde das neue Kabinet aus folgenden Persönlichkeiten gebildet werden: Kaljevitsch, Minister-Prä- sident und Minister des Innern, Pavlovitsh, Minister der aus- wärtigen Angelegenheiten, Prof. Boskowitsch, Kultus-Minister, Prof. Markovit\ch, Justiz-Minister, Major Sdravkovitsch, Mi- nister für die öffentlichen Bauten, Oberst Nikolitsh, Kriegs-Mi- nister, Zankovitsh , Finanz - Minister. Aus dem bisherigen Kabinet würde demnach nur der Kriegs-Minister in das neue Kabinet übertreten.

Cettinje, 8. Oktober. (W. T. B.) Nah Nachrichten yon insurgentisher Seite hätten die Insurgenten Ljubinje angegriffen, die Türken zurückgeshlagen, cine größere Anzahl yon Pferden erbeutet und befänden sih jeyt in einer vershanzten Stellung auf dem Popovofelde.

Amerika. New-York, 8. Oktober. (W. T. B.) Die Neger, welche in Friarspoint Ruhestörungen herbeigeführt hatten, find zerstreut worden. Die Situation gestaltet sh friedlicher.

Die Nr. 76 des „Amts-Blatts der Deutschen Reichs- Post-Verwaltung“ hat folgenden Jnhalt: Verfügungen vom 4 Oktober 1875. Neue Ausgabe des Abschnitts V. der Allgemeinen Post- dienst-Anweisungz vom 7. Oktober 1875. Die mit Staatëbehörden vereinbarten Porto-Bauschsummen betreffend; vom 8. Oktober 1875.

Berlin, den 9. Oktober. von Schülerarbtiten Gewerbemuseum.

In einem dur Anbringung von Zwischenwänden dazu hergerihteten Saale der “ersten Etage des Deutschen Gewerbe- museums (Königgrägzerstraße 120) is, wie an dieser Stelle bereits mitgetheilt wurde, gegenwärtig die periodisch wiederkehrende Aus- fellung von Schülerarbeiten der mit dem Museum verbundenen Unterrichtsanstalt für Zeichnen und Modelliren dem Publikum täglih, mit Ausnahme des Montags, unentgelilih geöffnet.

An Reichhaltigkeit des zur Besichtigung Dargebotenen steht die diesjährige Ausstellung gegen keine frühere zurück; fie über- trifft manche derselben vielleicht noch dur die gleihmäßige Ver- tretung sämmtlicher Abtheilungen, die dem Beschauer einen tbenso bequemen wie vollständigen und dabei höchst erfreu- lihen Ueberblick über die trefflichen Leistungen des Instituts etmögliht. Dazu wirkt übrigens auch die übersichtlihe Anord- nung des vorhandenen Materials mit, die, soweit es die provi- sorishen Räumlichkeiten gestatteten, derartig getroffen wurde, daß von der ersten Stufe des Elementarzeïhnens aus sih nah der einen Seite hin die fortschreitenden Kurse im Zeichnen, nah der anderen diejenigen im Modelliren jedesmal bis zu den Er- jeugnissen der betreffenden Kompositionsklassen verfolgen lassen. Neben den an den Wänden placirten Stücken sind überdies weitere Kollektionen von Zeihnungen in Mappen ausgelegt, deren Inhalt das bei dem ersten Ueberblick gewonnene Bild noh- weiterhin zu ergänzen geeignet ift.

Den größeren Theil des Raumes nehmen die Leistungen der eilf Vorbereitungsflassen cin, deren unterste Stufe, in ihrem Lhrgange durch eine \ystematish geordnete Mappe der Klafse 2b, anshaulih illustrirt, das elementare „und das Ornamentzeichnen umfaßt und, von den einfachsten geradlinigen Figuren beginnend, ¿u dem Kreise und allmählich zu den leichteren und \chwereren ornamentalen Formen übergeht, die zunächst im schlichten Umriß, dann mitHinzutritt der Schattirung dargestellt werden. In dem sich ieran anschließenden Zeihnen und Malen nah Gipsabgüssen, zuerst nah Ornamenten, dann na figürlihen Theilen, wird die volle lôrperlihe Wirkung der in der Fläche wiederzugebenden Gegen- stände erstrebt und zugleich die Herrschaft über verschiedene teh- tishe Verfahrungsweisen erreiht. Das Zeichnen nah ganzen Figuren, nach Gipsabgüssen und nach dem lebenden Modell, das Zeichnen von’ Thieren, ebenfalls nah Gipsabgüssen wie nah präparirten Exemplaren, sowie endlich das mit einem Vortrag über Botanik verbundene Zeichnen und Malen von Blumen, wobei \owohl die organische Bildung der Formen als au eren ornamentale Verwerthung besondere Verüsichtigung findet, beschließt diesen Kursus, zu dem als nothwendige Ergänzung der Os in der Anatomie des Menschen und der Thiere hin- 0 1 L

Von dem ornamentalen Zeihnen nehmen außer diesem Kursus aber noch zwei andere ihren Anfang. Der eine von ihnen lehrt in zwei Klassen das Modelliren nah ornamentalen

Ausstellung im Deutschen

Ersffnung der Eisenbahnstrecke Kalsceuren-Euskirhen; Einrich- tung von Bahnposten auf dem Kurse Neuß - Düren - Guskirchen ; vom 2. Oktober 1875. General-Verfügung an sämmtliche Kaiserliche Ober-Postdirektionen und an sämmtliche Kaiserliche Télegraphen- Direktionen, betreffend die bevorstehende Umgestaltung der Post- und Telegraphenverwalitungz; vom 4. Ok:ober 1875, General - Verfü- gung an sämmtliche Kaiserliche Ober - Postdirektionen, betreffend die Theilnahme der Telegraphenbeamten und Unterbeamten an den im Bereich der Postverwaltung beftehenden Wohlthätigkeitsanstalten.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

__JIm Juli d. J. hat Prof. W. Krause in Göttingen, wie wir dem „Correspondenzblatt der deutschen Gesellschaft für Anthro- pologie, Ethnologie und Urgeschichte“, redigirt von Prof. Kollmann in München, Nr. 10, Oktober 1875, entnehmen, ca. 50 bisher unbe- \chriebene runde Hügelgräber in der Nähe von Göttingen auf halbem Wege nach Duderstadt untersucht. Sie liegen theils in einer länglichen Gruppe, 34 an Zahl, eine halbe Stuäde vom Dorfe Sattenhausen in nördlicher Richtung entfernt, im Forstort Ottenberg, dessen Namen die Lokalsage vom Kaiser Otto I, ableitet, theils in fleine Gruppen zerstreut beim Vorwerk Himmigerode (Forstort: in den Fuchsbergen) neben der Definaeröder Trift. Fast alle Hügel sind gleich groß, ca. 1—2 Meter hoch ; ihre Kuppe, soweit sie nicht zerstört, hat 7 Meter Durchmesser; der größte Umfang ihrer Basis beträgt 50 Meter. Durch eine benachbarte Flur des Dorfes Nesselröden ziehen sich eine Wegstunde weit heidnische Schanzengräben, zwei neben einander, geradlinig 1—2 Meter tief und zusammen 30 Meter breit. Auch auf dem sogenannten Hünenstollen bei Holßerode wird eine Bergzunge von zwei ähnlichen Parallelgräben zu Vertheidigungs- werken abgeschnitten; eine Ruine am Fuß des Berges heißt Mäuse- thurm, ein Thal in der Nähe die Hölle. Schon nah diesen Um- ständen ist wohl anzunehmen, daß es sih bei den erwähnten um gera, nicht um slavische Anlagen handelt,

Tricr, 5. Oktober. (Tr. Ztg.) Man hat nun auch" in der Nähe hiesiger Stadt den Bau der Moselbahn in Angriff genommen, Wie es bei dem klassischen Alterthum derselben und ihres Weich- bildes vorauszusehen war, werden dur diefe Erd rbeiten sehr chäßzens- werthe antiquarishe Baureste und kleinere Funde zu Tage ge- fördert. Schon bei der ersten Arbeit, nämlih bei der Fundamen- tirung der BVrücke über den Olewigbach, stieß man in be- trächtlicher Tiefe unter dem Bette des Baches, der jeßt links abge- leitet ist, auf kolossale Baureste des Alterthums. Schwere Quader- steine ruhten 9 Meter unter der Oberfläche des Bodens auf einem Pfohlrost. Die jeßt autgehobenen Pfähle, anscheinend aus Eichenholz bestehend, sind kohlenschwarz und bis auf einen dünnen Kern ganz mürbe. Fast in derselben Tiefe zeigt sich die Spur eines überwölbten Kanals, welcher in der Richtung von den fogenannten römischen Bädern (dem Kaiserpalast) nach der Mosel zu führen scheint. Außerdem wurde eine 3 Meter dite Mauer aufgedeckt. Die Quadersteine sind rothe Sandsteine, während das übrige Mauerwerk meistens aus weißen Kalksteinen befteht.

Nürnberg, 6. Oktober. Reichsrath von Cramer-Klett hat dem BVorstand der „Dürerhausstiftung“, welhe für die Restauration des Dürerzauses und später für Künstlerstipendien bestimmt ist, die Summe von 1000 Fl. behändigen lassen.

Gewerbe und SandDel.

Der Geschäftsbericht der Aktien - Gesell schaft für Fabrikation von Eisenbahn-Material zu Görliß theilt mit, daß in der Geschäftéperiode vom 1. Januar 1874 bis 30, Juni 1875 214 Personen- und Pestwagen im Werthe von 1,604,100 4 und 1075 Gepäck- und Güterwagen im Werthe von 2,053,541 M, zu- fammen 1289 Wagen im Gesammtwerthe von 3,657,641 Æ gefertigt u d außerdem für 62,336 4 Arbeiten in Rechnung gestellt worden sind, sodaß die Gesammtproduktion 3,719,977 M betragen hat. Noch in Auftrag hat die Gesellschaft 73 Stück Personen- und Postwagen im Werthe von 468,203 4 und 197 Stück Gepäck- und Güterwagen im Werthe von 523,075 4, zusammen 270 Eisenbahnwagen im Ge- fammtwerthe von 991,278 (4 Die laut Beschluß der außerordent- líhen Generalversammlung angekauften Aktien der Gesell\chaft im Nominalbetrage von 450,000 4 sind inkl. Zinsen für 219,009 A gekauft, und der Uebershuß von 239,990 ( ist vom Grundstückkonto

und figürlihen Vorlagen und faßt bei den leßteren auch die nebenhergehenden anatomischen Studien gebührend ins Auge, während der andere, dessen Unterrihtsgang in beiden Stufen durch die in zwei Mappen geordneten Blätter veranschaulicht wird, durch die Unterweisung im geometrishen Zeichnen und in der Projektionslehre sowie dur die hiermit verbundenen theore- tischen Erläuterungen auf das architektonishe Zeichnen vorbereitet. Das Leßtere richtet sich namentlich auf ein genaues Verständniß der antiken Säulenordnungen und il,rer Details, vermittelt da- neben aber auch die Kenntniß hervorragender ärchitektonischer Motive der italienishen Renaissance.

Wie bet dieser Abtheilung der Vorberèitungsklafsen, fo liegt es auch bei der fih daran anschließenden der drei Kompositions- flassen viel weniger in der Absiht der Ausstellung, eine Reihe hervorragender einzelner Leiftungen zu produziren, als vielmehr durch deren Gesammtheit ein lebendiges Bild der Methode des Unterrichts und der in ihm erstrebten Ziele dem Beschauer vor- zuführen.

Sämmtliche drei Klassen gehen von dem einfachen Kopiren zur Uebertragung des vorgelegten Musters oder der an dessen Stelle tretenden Skizze in den für die Ausführung bestimmten Maaßstab, sowie zur Uebersezung von plastishen Darstellungen in die Fläche und von Zeichnungen in runde Arbeit über, um

auf diesem Wege \chließlich zur selbständigen Komposition nach -

gegebenen oder sfelbsterfundenen Motiven zu gelangen. In der Modellirkla}se erscheint als besonders häufig geübt die für eine fichere Entwickelung des Stilgefühls vorzüglih geeignete Ueber- tragung des Reliefs in vollrunde Arbeit und des runden Körpers in das Slachrelief; während die Klasse für die verschiedenen Arten des Flachornaments und die für Möbel, - Geräthe, Gefäße und baulihes Ornament neben der ftilgemäßen Zeichnung vornehmlih auch die Ausbildung und gediegene Sqchulung des Farbensinnes erstrebt, Die von dem Bildhauer Behren d? geleitete Modellirklasse stete dem entsprehend neben ganz freien Arbeiten eine größere Anzahl ornamentaler Kompo- fitionen aus, denen theils Gipsabgüsse, theils Zeihnungen und Photographieen als Vorbild dienten, die von dem Baumeister Luthmer geleitete Klasse für Möbel, Geräthe, Gefäße und bau- lies Ornament eine Reihe von Entwürfen zu Wand- und

Deckendekorationen mit einzelnen in größerem Maßstab ausgeführten

Details, sowie eine Anzahl von Zeichnungen verschiedenartigen, in seiner Gestaltung sich durchweg dem für die Ausführung in Aus- fiht genommenen Material und den ftilistishen Bedingungen

desselben streng anpassenden Hausgeräths, dessen Form und Shmuck

theils frei erfunden if, theils die von dem Lehrer gegebenen Skizzen in detaillirt durhgebildeter «Ausführung zeigt, die von dem Historienmaler Maurer geleitete Klasse für Flachornament endli eine besonders stattliche Kollektion ebenfalls theils ganz frei erfundener, oder aber aus der Zeichnung in die farbige Dar- stellung übertragener, theils aus gegebenen Motiven entwickelter oder aber mit Benußung einzelner vorhandener Theile hergestell- ter Dekorationen für einzelne Wandflächen (Sopraporten, Griese,

abges{rieben, Vom Reingewinn sind 70,000 A für dubiose Fordes rungen abgeschrieben.

Nach dem an den Bezirkstag von Lothringen erstatteten Generalberiht für das Jahr 1875, war die Lage der Bergwerks-, Hütten- und Salinen-JIndustrie Lothringens im Jahre 1874 feine günstige, da die Nachwehen der Krisis aus dem Jahre 1873 nadbtheilig auf dieselbe einwirkten. Die Steinkohlenbergwerke, welche 2280 Arbeiter beschäftigten, lieferten 6,864,060 Ctr. Kohlen im Werthe von 4,737,339 Frs. (684,920 Ctr. mehr als in 1873). Auf den Eisensteinbergwerken wurden von 1595 Arbeitern 14,272,576 Ctr. Eisenerze im Werthe von 2,441,540 Frs. (344,832 Ctr. mehr als in 1873) gefördert, wogezen die Cisensteirgräbereien in Kreise Diedenhofen, deren mittlere Belegschaft 311 Köpfe betrug, eine Aus- beute von 2,278,207 Ctr. Erzen im Werthe von 541,075 Frs. (gegen 1873: 972,901 Ctr. weniger) gewährten. Die Produktion von Koch- salz “auf den in den Kreisen Forbach und Château-Salins belegenen Salinen, welche 268 Arbeiter beschäftigten, belief sich auf 827,265 Ctr. im Werthe von 1,483,430 Frs. gegen 705,933 Ctr. in 1873. Hieruach is also die Förderung an Steiakohlen gegen das Vorjahr um 11,1 %, die der Eisenerzbergwerke um 2,47 % und die der Salinen um 17,3 % gestiegen, während die Ausbeute der Eisenerz‘agbaue um ca. 30 % gesunken ift. Was den Betrieb der Hüttenwerke betrifft, fo wurden im Jahre 1874 produzirt: auf 10 Werken mit 27 betriebenen Hochöfen aus 14,258,299 Ctr. Eisenerzen und mit 1090 Arbeitern 4,872,370 Ctr. Roheisen in Masseln und Gußwaaren erster Schmelzung im Werthe von 18,161,129 F1s.; auf 9 Werken mit 12 Cupolsfen, 2 Flammösöfen und 633 Arbeitern 312,355 Ctr. Gußwaaren erster und zweiter Schmelzung im Werthe von 3,241,093 Frs.; auf 9 Werken mit 151 Puddelöfen, 4 Friscbfeuern und 6148 Arbeitern aus 3,719,265 Ctr. Roheisen, 2,468,670 Ctc. fertige Eifen- fabrikate im Werthe vou ‘30,398,370 Frs., von denen 38 922 Ctr. für die Werke selbs verbraucht worden find, während der Reft zum Verkauf kam; auf 3 Werken mit 50 Arbeitern aus 17,845 Ctr. Alteisen, Luppen und Rohschienen, 10,591 Ctr. fertige Eisenfahrikate ; auf 3 Werken mit 6 Puddelöfen, 3 Frischfeuern, 2 Vessemeröfen und 357 Arbeitern aus 87,482 Ctr. Roheisen und Rohstahleisen, 60,169 Ctr. Rohstahlfabrikate und Luppen im W-rthe von 1,741,847 Frs. ; auf 1 Werke mit 5 Arbeitern, 1 Puddelofen, 3 Tiegelöfen und 1 Cementirofén aus 3006 Ctr. Rohstahl, 2800 Ctr. Gußstahl. Im Ganzen lieferten sämmtliche lothringische Hüttenwerke im J. 1874: 4,872,370 Ctr, Roheisen (gegen 1873 weniger 395,588 Ctr.), 312,399 Ctr. Gußwaaren (gegen 1873 mehr 37,668 Ctr.), 2,479,261 Ctr. fertige Stabeisenfabrikate (gegen 1873 weniger 226,655 Ctr.), 60,169 Ctr Nobstahl (gegen ‘1873 weniger 46,394 Ctr.) und 2800 Ctr. Gußstahl (gegen 1873 weniger 376 Ctr.)

London, 8. Oktober. An der Börse ist eine Zuschrift der Ottomanischen Bank bekannt gemacht, welcher zufolge der Be- {luß der türkishen Regierung betreffs fünftiger Einlösung * der Coupons und Amortisationsbeträge der türkishen Schuld mit dem 6. Oktober d. J. in Kceaft tritt, und wonach die genannte Bank bis zum Eintroffen der von den Kontrahenten der Anleihe von 1873 telegraphisch erbetenen Instruktionen die Auszahlung der Coupons und der ausgeloosten Bons der Anleihe von 1873 suspendirt hat.

P aris, 8. Oktober. Wie der „Messager de Paris“ er- fährt, hätte die biesige Ottomanishe Baak, im Widerspruch mit dekn von der Ottomanischen Bank in London cingehaltenen Verfahren, die Einlösung der Oktobercoupons der türkischen Staats- {huld nicht suspendirt, indem sie von der Vorausseßung ausgehe, daß der auf die künftige Einlösung der Coupons und der Amortisations- raten bezüglihe Beschluß der Pforte vom 6. d. keine rückwirkende Kraft haben könne.

Verkehrs-Anstalten.

Mit dem Bau der neuen Eisenbahnstrecke von Neckargemünd über Hirschhorn nach Jaxtfeld im Anschluß an die badische Oden- waldbahn ist in den jüngsten Tagen begoanen worden, und bei Hirsh- horn ein großer Tunnel in Angriff genommen.

Der Eröffaungêtermin der Bahnstren Oldenburg- Quackenbrück und Brake-Nordenhamm ist auf den 15, d. Mts. festgeseßt worden. Für die Fahraeld- und Frahtberechnung kommt der oldenburgishe Lokaltarif vom 1, Januar 1872 nebst dessen Nack- trägen zur Anwendung.

New- Vork, 8. Oktober. (W. T. B.) Der Dampfer „France“ der National-Dampfschiffs-Compagnie (C. Messingsche Linie) ft hier eingetroffen.

Pilasterfüllungen 2c.), malerisher Verzierungen . von Geräthen und Geschirren und für die textile Ausführung bestimmter Muster von Tapeten, Lambrequins und ähnlichen Stücken, wozu sh [GNeBlis noch zwei mit imitirter Intarsia geshmückte Holzarbeiten gesellen.

Ein Theil der in diesen leßten Partieen der Ausstellung vereinizten Kompositionen läßt neben vorgeschrittener technischer Sicherheit und Gewandtheit zugleih auch eine entshieden ans- gesprochene originelle Begabung für das Gebiet funstindustrieller Thätigkeit erkennen und gewinnt dadur, auch für si allein be- trachtet, ein weitergehendes Interesse. Ein Ueberblick über das Ganze aber giebt den erfreulihsten Beweis einer geshickten und anregenden Leitung des Unterrichts, die sih glücklih von jeder Cinseitigkeit frei hält und den Schülern des Instituts nicht nur einen reichen, vortrefflich gewähltenBildungsstoff übermittelt, sondern durch seine umsichtige und lebensvolle Behandlung zuglei auch die

| mannifaltigsten Mittel und Wege zu einer wirklih fruchtbaren

und ergiebigen Benußung desselben und zu eigener, stetig fort- \hreitender Weiterentwickelung eröffnet. In dieser Methode Und in ihren deutlih wahrnehmbaren Erfolgen ift die sichere Garantie dafür enthalten, daß die Unterrichtsanstalt des Gewerbemuseums, unterstüßt durch dessen reichhaltige Vorbildersammlung , auch fernerhin die ihr gestellte Aufgabe in immer umfassenderer Weise verwirklichen und das Ihrige zum Gedcihen der modernen deut- hen Kunstindustrie beitragen wird.

Die Verhandlungen des XVII. Kongresses für innere Mission haben am 7. Oktober zu Dresden ihren Abschluß ge- funden. Nach der Hauptversammlung in der Frauenkirche war ein Theil des ‘Nachmittags noch der Fortseßung der am Morgen in einer zahlreich besuchten Spezialkonferenz begonnenen Besprechung über die ristliche Presse gewidmet, worauf Abends 7 Uhr durch zwei in der Kreuzkirche, sowie in der Dreikönigskirhe gehaltene Gottesdienste, in denen auswärtige Kongreßmitglieber predigten, das Prograæaim des Kongresses erschöpft wurde. M

Bei dieser Gelegenheit berichtigen wir unsere gestrige, dem „Dresd. Journ." entnommene Mittheilung über die Zusamm-useßung des Vorstandes dahin, daß nicht der Prof. Dr. Meiten, sondern der Geheime Regierungs-Rath v. Meyeren (Berlin) in das Präsidium gewählt war und in seiner Eigenschaft als Mitglied desselben den Toast bei dem Festmahl in dem Maldscchlößchen ausgebracht hat.

Auf der Tagesordnung der Sißung der Stadtverordneten Berlins am 7, d. M. stand die Berichterstattung des Ausschusses über die Vorlage, betreffend die Ausführung der Kanalisation in den Radialsystemen I.—V. - Der Antrag des Ausschusses geht dahin: „Die Kostenanschläge für die Radialsysteme I. und II. mit 4,900,000 resp. 6,300,000 M zu genehmigen, ebenso das Pre und den Kosten- anshlag in Höhe von 8,625,000 K für die Ausführung der Kanalisa- tion des Radialsyftems V.“ Im Interesse der Wahrung des Budget- rechtes der Versammlung und der erforderlichen Kontrole hatte der Stadtv*rordnete Richter IT. hierzu ein“ Amendement gestellt, wonach die für jedes Radialsystem zu verwendenden Beträge, sowie die im Wege der Anleihe zu realisicenden Mittel all ährlich durch den Etat festgestellt, ferner der Versammlung über die Aus