1899 / 295 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 14 Dec 1899 18:00:01 GMT) scan diff

ahlter Preis für 1 Doppelzentner

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12,50 12,33 13,25 12,00 12,40

13,20 12,00 12/30 13,40 12.40 11/20

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emerkungen. Die verkaufte Ds in [liegender Strich (—) in den Spa

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Deutscher Reichstag.

121. Sigßung vom 183. Dezember 1899, 1 Uhr.

Ueber den Anfang der Sizung wurde in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet.

Es folgt die Fortisezung der ersten Lesung des Reichs- S audbaltS Etats Fe 1900. | sung

Vize - Präsident des preußishen Staats - Ministeriums, Finanz-Minister Dr. von Miquel:

Meine Herrêu ! Herr Dr. Lieber hat gestern eine eingehende Kritik der Rede Seiner Majestät des Kaisers in Hamburg hier zum Vortrag gebraht. Ih würde ihm auf dieses Gebiet nicht folgen, weil ich in langjähriger pgrlamentarisher Praxis eine solche Be- handlung Allerhöchster Kaiserliher Aeußerungen nit kenne. . Sie war bisher nit üblih. Allerdings gegenwärtig hält sie unser hoh- verehrter Herr Präsident für zulässig. Jh würde ihm aber, nament- li nah der Erklärung des Herrn Reichskanzlers, auf diesem Wege meinerseits niht folgen, wenn er niht die Kaiserlihe Rede und ihren Inhalt mit meiner Person in Verbindung zu bringen \ich erlaubt hätte. (Heiterkeit links.) |

Meine Herren, Herr Dr. Lieber sagt:

Jch kann mir

nachdem er seine Bemängelungen der Rede vorgetragen hat soweit ich mi in den Ereignissen, die hinter uns liegen, um- sehe, nur denken, daß unverantwortlihe Rathgeber (sehr gut! in der Mitte und links) Seiner Majestät in dieser Weise das deutsche Volk verdähtigt haben. Von den verantwortlihen Männern, die hier sigen dafür lege ih die Hand ins Feuer —, war es keiner im stande. Aber | es * giebt ja Leute, die vom Kommunisten bis zum Agrarier (Heiterkeit links) alle Stufen der Parteiungen durhlaufen und die dann von der Höhe ihrer Parteilosigkeit herab, die fie zwar nicht hindert, die noh bestehenden Parteien Tag für Tag gegen einander aufzuhegen, alle Parteien für überlebt erklären und von diesem Standpunkt aus jede, au die legitimste Parteiregung in Deutschland, für ein Ver- brehen an dem Wohle der Nation und für eine Versündigung an der Führung der Krone halten wollen, und nit nur halten, sondern [leider auch erklären.

Meine Herren, der Kritik der Rede Seiner Majestät, die der Herr Abg. Lieber gehalten hat, will ih, wie gesagt, nit folgen. Ih ftelle ihm bloß eine andere Auffassung entgegen, welche diese Rede ansieht für einen aus tiefer Sorge für Gegenwart und Zukunft des deutshen Vaterlandes hervorgegangenen Mahnruf an das deutsche Volk, sich auf si selbs zu besinnen, seine eigenen Interessen und zu- künftigen Aufgaben und Gefahren wohl zu erkennen und entschlossen zu sein, hier die erforderliGen Maßregeln auch mit bedeutenden Opfern nicht zu s{heuen. Diese Rede hat einen sehr großen Widerhall unter Millionen Patrioten in Deutschland gefunden (sehr richtig! rechts, Zurufe' links), und wir können uns freuen, daß von Aller- höhfter Stelle folhe Worte an die Nation gerihtet werden, “wobei Seine Majestät ausdrücklich Sein Allerhöhstes vollstes Vertrauen zu der Liebe des deutshen Volkes zu seinem Vaterland und seiner Opfer- freudigkeit für dasselbe ausgedrüdckt hat. Und wenn Er dabei gemahnt hat vor dem übermäßigen Fraktionéwesen und der allzugroßen Kritik- sucht, so findet au dies in großen Theilen der Bevölkerung volle

Zustimmung und Berechtigung. (Sehr richtig rechts; Unruhe links.)

Meine Herren, nun sagt der Herr Abg. Lieber: unverantwortliche Rathgeber und er 'bezeihnet deutli genug mich wenigstens als einen derselben hätten das deutshe Volk bei Seiner Majestät verdächtigt. Meine Herren, ein solcher Vorwurf ist mir. wirklich gegen einen anderen Menschen, ohne daß man irgend welhe Beweise hat, bisher in meiner ganzen Lebenserfahrung ‘noch nit vorgekommen. Meine Herrén, unverantwortlihe Rathgeber! Jh bin in dieser Sache weder verantwortliher noch unverantwortliher Rathgeber gewesen, Seine Majestät braucht keine Rathgeber (Heiterkeit und Unruhe links), um Seinen Anschauungen auf dem Gebiete der Marine und der Flotte Ausdruck zu geben. Jedenfalls wäre ih dazu der allerwenigst Be- rusene, und es wird Herrn Dr. Lieber nicht gelingen, für diese vor- fihtig ausgedrückte Jusinuation den allergeringsten Beweis zu erbringen.

Aber, meine Herren, welche horrende Idee, daß es möglich wäre, Seiner Majestät, dem ersten Patrioten “Deutschlands, das deutsche

“Volk ¡zu verdächtigen? Es i} geradezu man kann nicht anders ‘fagen lächerlich, einen solhen Gedanken nur auszusprechen.

Nun aber, meine Herren, benußt der Abg. Lieber und das war vielleiht der ganze Zweck der Sache die Gelegenheit; mi hinzu- flellen als einen Mann, der keine eigene Ueberzeugung hätte, der feine Meinung fortwährend wandle (|ehr richtig! l:nks), und der glaubt, von der Hochfluth seiner eigenen Selbstübershäßung aus alles Partei- wesen als {ädlich und nachtheilig bezeichnen zu dürfen. Herr Dr. Lieber

tellt den Kommunisten auf der einen Seite und den Agrariex auf der ‘andern Seite gegenüber. Meine Herren, ih habe nie geleugnet, daß ih in der Jugendzeit, unter den Eindrücken des Jahres 1848, welhes ih

1340

e wird auf volle Doppelzentner und der Verkaufswerth au ten für Preise hat die Bedeutung, daß der betreffende Preis nit vorgekommen ist, ein

e:

13,50 1267 ‘}- 13,50’ 12,80 12,40

Noth: Hafer.

14,60 1300 14:00 14,00 13,20 12,80 13,80 12,60 13,40 14,40 12,40 14;10--- 14,40‘ 11,90 12,80

15,50. f | 13,33] 14 1460 f 20 14,20 240 13,40 54 13:80 20 14,00 43 13,20 49 13,80 490

13,60 14,60 . 1287 1 1300‘ 13/50: 14:00} 13,20 13,40

13,70

13,20 13/49

13 70 13,40 - 11/60

13,60

12,80 13/49 13,70

13,40 11,40

12,60 12/30

13,40 12/40 11/30

14,40

12,50 448 14,10

14,40 1 200 12,10 4 13,80 15

Punkt (.

als Student erlebte, unfähig, der Dialektik eines fo bedeutenden

Denkers zu widerstehen, mi ‘den Anshauungen von Karl Marx

anschloß. Jch habe das nie geleugnet, habe auch keinen Grund gehabt, das zu leugnen; im Gegentheil, ch werde Ihnen gleih sagen: ih bin dieser Entwicklungsperiode dankbar. Aber, ih habe auch hin- zugefügt, daß diese in der unreifen Jugend angenommene Anschauung bei mir sehr karze Zeit vorgehalten hat, daß ich noch in jungen Jahren mi vyon diesen Ideen dur eingehende historishe und wissen- shaftlihe Studien losgesagt habe. ' Vielleißt hat man mir es nit glauben wollen !oder in dem Ablegen dieser Anshauungen eine unbe- rechtigte Wandelbarkeit meiner Auffassungen gesehen? Nun, meine Herren, ih werde Ihnen hier einen Zeugen mal vorführen, obwohl ih nit glaube, einen folhen zu brauchen, den Ste alle kennen, dem niemand hier îim Hause Parteilichkeit oder Unwahrhasftigkeit vorwerfen wird und vorwerfen kann, es is der Wirkliche Geheime Rath- Pland, der- erste Mitarbeiter an der Herstellung des Deutschen Zivilgeseßbbuhs.. Meine Herren, er {reibt bei einer Gelegenheit an mich Folgendes :

Lebhaft tritt vor meine Seele die Zeit, als Du in den funfziger Jahren Advokat hier in Göttingen warst, und wir damals neben der haunövershen Politik eifrig Nationalökonomie zusammen betrieben; *

er ist also ganz genau unterrihtet über meine damaligen Auf-

fafsungen :

| Du warst damals {on von Deiner jugendlichen Shwärmerei für Marx geheilt, gründliche geshichtlice und wissenschaftliche Studien hatten Dich von der Unhaltbarkeit und Undurchführbarkeit der Marx’schen Theorien überzeugt. Auf der anderen Seite aber erkanntest Du hon damals die ungeheure Wichtigkeit der sozialen Probleme, und ih erinnere mich immer noch mit Freude der biel- fachen Anregungen, die ich Dir verdanke. Auch die agrarischen Fragen bildéten ‘damals {on den Gegenstand unserer Ge- sprähe. Grundreite und der normale Arbeitslohn nach dem isolierten Staat von Thünen wurden lebhaft diskutiert. Auf: den theoretisWen Grundlagen, die Du damals gelegt, hast Du dann weiter gebaut, und Deine ganze mehr als ‘40 jährige Thätigkeit zeigt eine kTonsequente Fortentwickelung dieser Richtung untex steter Beobachtung der realen Verhältnisse. Möge es Dir auch bei der neuen großen Aufgabe, die Dir geworden, gelingen. (Zau- rufe links.)

Nun, meine Herren, hieraus geht doh klar hervor, daß man ge- rechter Weise diese Durhgangtöentwickelung in der frühesten Jugend mir nicht als Wandelbarkeit vorwerfen kann, und ih finde es, ich glaube mit Ihrer Zustimmung, sehr kleinlih, immer nah Art ‘der „Tante Voß" (Heiterkeit und sehr richtig! rechts, Lachen links) auf diese alte Zeit vor nahezu 50 Jahren - wieder zurückzulommen. - (Sehr richtig! rechts.) :

Meine Herren, es ging mir damals nicht allein so, sondern unter den Eindrücken der Erschütterungen des Jahres 48 waren Hunderte von Studenten genau in derselben Lage (sehr richtig! rechts), und meine damaligen Freunde, soweit sie heute noch leben, stehen heute genau auf demselben Standpunkt wie ih. Seit der Zeit aber, Herr Dr. Lieber, habe ih feine anderen Wandlungen durchzemacht als diejenigen, welhe jeder denkende Mensch, der sih um die öffent- lihen Angelegenheiten bekümmert, täglihe Erfahrungen macht, immer gegen neue und ‘veränderte Aufgaben gestellt ist, nothwendig durch- machen muß, wenn er sih nit einbildet, einz einmal gefaßte Mei- nung sei nun für ewige Zeiten rihtig, wie sich auch die Zustände und Verhältnisse geändert haben mögen.

Nun, meine Herren, komme ih zu dem Wort „Agrarier“. Ja, wenn Herr Dr. Lieber unter Agrariern versteht die objektive Be- urtheilung der Lage" der Landwirthschaft, das Verständniß, daß wir in Deutschland weder allein ein Agrarstaat, noh allein ein Industriestaat sein können (sehr rihtig! rechts), daß die Landwirthschaft ohne ihre eigene Schuld durch die Entwickelung der Dinge in eine schwere Lage gekommen ift (sehr rihtig! rechts), und daß der Staat die Aufgabe und die Pflicht hat, soweit es in seiner Macht liegt und soweit die Interessen der anderen Klassen dadur nit geradezu gefährdet werden (sehr richtig! links), zu thun für die Landwirthschast, was seinerseits mögli is (Bravo! rets) wenn Sie dies als Agrarier bezeichnen, meine Herren, so übernehme ih diese Charakterisierung mit Stolz (Bravo! rechts), und werde demgemäß in der kurzen Zeit, wo ich noch mitzuwirken haben werde, weiter handeln. (Bravo! rets.)

Meine Herren, nun komme ich auf den Vorwurf, daß ‘ih das deutshe Volk bei Seiner Majestät verdähtigt habe. Sie werden es mir nahfühlea, meine Herren, daß ih es unter meiner Würde halten muß, auf einen solhen Vorwurf zu antworten. Ich könnte es auch nicht in parlamentarischen Formen ; mein Wider- wille würde mir Worte in den Mund legen, die ih beklagen möchte (oh! links), und deswegen gehe ih darüber hinweg. Jch glaube, was die Liebe zum deutshen Volke betrifft, die Arbeit für die Wiederauf- rihtung des Deutschen Reichs, eine 40 jährige Thätigkeit auf allen Gebieten, die die Interessen des Reichs und des Staats berühren, könnte

" did 900

volle Mark abgerundet mitgetheilt. Der Dur@shnittspreis wird aus den unabgerundeten Zahlen bere@hnet. ) in den leßten sechs Spalten, daß entsprehender Beritt feht.

12,84 " 1430| 13,42 13,40 13,25 13,39 12,93 } 13,10

12,81 13,60 13,25

180 12,86 280" 14;00 3198 13,33 708 13,24 265 13,25 579 “13,80 635 13,05 6 485 13,23

5 569 12,43 16 080 13,40 i 13,33

6. 12, 12, 12. 6,12. 4,12, 6. 12,

9.12, 9, 12. 13. 12,

ih vielleiht vermessen genug. sein, mit dem sehr verdienten Abg. Dr. Lieber mich in eine Linie zu stellen. (Heiterkeit.)

Ich verstehe niht, woher der plöglihe Zorn des Herrn Abg. Lieber gegen mi eigentlih entstanden ist. Wir hatten im vorigen Landtage gemeinsam für ‘den Kanal und das Kommunalwahlgeseh gekämpft, allerdings ohne Erfolg; wir {ieden anscheinend im besten Ein- vernehmen. Der Herr Abg. Lieber wollte sogar am leßten Tage seiner Anwesenheit mir noh die Ehre seines Besuhs {enken und bei mir ‘effen. Herr Dr. Lieber besuhte mich dann in freundschaft- lihster Weise ‘in Ems, und wir unterhielten ‘uns dann bei Tisch über die laufenden Fragen, die ih eben bezeihnet habe, - in vollem Einvernehmen. ‘So s{hieden wir in freundschastliher Weise. Von irgend einer Mißhelligkeit über mein Benehmen in irgend einer dieser Fragen war gar keine Rede. Plöglih wird in Mainz eine Rakete losgelassen gegen mich (Heiterkeit); ich werde als der Feind ‘des Zentrums“ bezeichnet, vor dem man sih hüten muß, als ein einfluß- reiher Mann, auf den man ahten muß bei den Beschlüssen, die das Zentrum fasse, Jh war im höchsten Grade erstaunt und wußte mir die Saße nicht zu erklären. Dem folgte nun unmittelbar eine ger waltige Heye ‘der ganzen klerikalen Presse gegen mich. Ih sah also, es war System in der Sache. Was eigentli bezweckt wurde, woher dieses alles rührte, weiß ih bis heute noch nicht. Der Herr Abg, Lieber weiß recht gut, wie sehr ih von jeher. die konfessionellen Fragen mit der größten Objektivität, mit Gerechtigkeit und Billigkeit behandelt habe sowohl" als Abgeordneter und als Mitglied des Herrenhauses, als Minister ebenso wie als Kommunal- beamter, Er weiß ganz genau, daß ih. die konfessionellen Schärfen in unserem Vaterlande für eine große Shwächung, ja für ein Unglück für uns halte; welches die Geschichte unseres Vaterlandes mit sih gebracht hat; er weiß ganz genau, daß ih immer gehofft habe und danach geftrebt habe, diese Gegensäße möglihst abzuschwäen, schon weil ich darin eine große Stärkung unseces Vaterlandes er- blie; er weiß ganz genau aus sehr vielen Untercedungen, daß ih in vollem Maße die patriotische und reihstreue Haltung des Zentrums bei Gelegenheit des Bürgerlichen Geseßbuchs und des Flottengeseßes anerkannt habe. Er weiß also ganz genau, daß ih nicht fähig bin, gegen das Zentrum irgendwo zu heßen, und ih begreife daher nicht, w}e er dazu fomint, mir solche Dinge zu imputieren. Meine’ Herrén, ja, meine Neigung, die Minorität möglihst in unserem Vaterlande zu befriedigen, hat mir von jeher seit langen Jahren viele Vorwürfe meiner eigenen politishen Freunde zugezogen. Man kann dabei aber niht weiter gehen, als das allgemeine Staaisinteresse, als die Aufgabe der Re- gieruag, Friede unter den Konfessionen zu erhalten, es zuläßt. In dieser Beziehung sind bestimmte Grenzen gezogen, die ein gewifsen- hafter Staatsmann nicht überschreiten kann. Ueber das Maß gerade des Entgegenkommens gegen die Minderheit kann man ja verschiedener Meinung fein ; aber diese eine Grenze: daß nihts ¿eseben darf, | was den Frietean unter den- Konfessionen gefährdet, muß jeder Staatsmann tnne- halten, und ih glaube nicht, daß das Zentrum mehr wird verlangen dürfen. Also woher kommt diese shroffe Haltung, die zu solchen Vorwürfen führte? Vielleicht klärt Herr Dr. Lieber es uns näher auf. Ich weiß es niht. Aber, meine Herren, ih werde mih in meiner poli- tishen Haltung dadu:ch ‘nit ‘im geringst:n ftôren lassen. Jh werde ruhig meiner eigenen Ueberzeugung weiter folgen. Ich werde den Krieg niht mit Krieg erwidern, - weil - viel größere vaterländische Interessen hier auf dem Spiele stehen“ als ein Zeitungskcieg und die Rede eines einzelnen " Abgeordneten, und diese allein werden für mich entscheidend sein. _ (Beifall rechts.)

«Meine Herren, wenn ich nun noch zwei. Worte zur Sache sagen darf, so möchte ih zunächst weisen uuf die Reden des Herrn Sch3h- fekretärs und der übrigen Herren aus den Reichzämtern mit der kurzen Bemerkung, daß ich mich ihren Anschauungen nur „in allen Punkten anschließen . kann. Als preußischer - Minister, nament- lich als preußisher Finanz - Minister, bin ich natürlich verpflichtet, mih um ten Stand der Neichéfinanzen und ihre zu- künftige Entwidelung, um die Höhe der Zumuthungen, die man an sie und das deutsche Volk \tellea kaun, genau zu bekümmern ; - und da kann ih nur sagen: nach meiner Auffassung is} die bevorstehende Flottenvorlage in keinerlei Widerspruch mit der Leistungsfähigkeit der Reichsfinanzen und ihrer wahrscheinlichen“ zukünftigen Ent- widckelung und der inneren Kraft des deutshen Volks. Der Abg. Leber hat si darauf berufen, daß ih immer davor gewarnt habe, in Preußen allzugroße dauernde Ausgaben auf s{wankende Einnahmen zu verweisen. Jch stehe auch hier genau auf demselben Standpunkt, bin aber der Meinung, daß ein Volk; dessen Wohlstand in einem sol@en Maße wächst, wie der des deutshen Volks, dessen Handel, Industrie auf allen Gebieten so gewaltig fortshreiten, welches si um 300 000, 500 000 Seelen jedes Jahr vermehrt, wohl- berehtigt erwarten kann, daß die Zolleinnahmen, die Haupteinnahmen des Reichs, in dauerndem Steigen begriffen bleiben werden. Allein son die regelmäßige Volksvermehrung muß dahin führen.

Man hat mir imputiert, ih. hätte auch in der Presse auf die Kornzölle und ihre Steigerung hinweisen lassen. Das {f natürli

n,wir einmal zu einer Steigerung der Getreidezölle

U ‘das mindestens ein ébenso starkes Moment für die Verminderung dér Einnahmen aus den Getreidezöllen als für ihre Vérmehrung, (Zustimmung rets.) Denn -die Getreidezölle sollen do den Zweck haben, die Landwirthschaft in den Stand zu segen, in entshiedenerem und größerem Maße als“ bisher den eigenen heimischen Bedarf an - Gétreide selb zu produzieren (sehr richtig! rechts), was naturgemäß zu- einer Ahminderung des Imports, - folglih zu ‘einer Verminderung der Ein- nahmen aus den Getreidezöllen, führen müßte. (Sehr rihtig! rets.) j

Finanziell, glaube ih, haben Sie daher nichts zu befürchten; eine Steuerèrhöhung wird nah meiner Ueberzeugung, soweit man in die Zukunft sehen kann, durch die Vermehrung der deutschen Flotte niht herbeigeführt werden (Bewegung links); wohl aber wird die Läistungökraft dés deutschen Volks durch den größeren und sichereren Schuß unserer Küsten und Häfen, unseres Handels und Exports der Millionen von Deutschen, die im Auslande arbeiten, aber mit ihrem Vaterlände în Verbindung bleiben, erheblih gehoben werden.

Meine Herren, die Aelteren unter Jhnen werden si noch der Zeit erinnern, wo wir in unseren traurigen deutschen Zuständen mit Angst und Sorge an jedem ersten Januar nah Paris blicken mußten, was der dortige Kaiser wohl zu sagen beliebte, ob er uns

gnädig sei oder nit —, weil uns das Gefühl der Shwäche in

einem Grade drüdckte, daß wir meinten, abhängig zu sein von der Gunst oder Ungunst des jeweiligen Machthabers in unserem Nachbar- staate. (Bewegung.) Welcher Segen für das deutshe Volk, daß es jegt sicher in ih selbft sein kann, daß es durch eigene Macht den Frieden erzwingt, wenn es nöthig ist, und daß, wenn er nit behauptet werden kann, das deutshe Volk ftark genug if, zu Lande gegen eine Welt in Waffen zu fechten! Welhe Sicherheit unserer ganzen nationalen Existenz und ruhigen Arbeit wird dadurch gegeben ! Genau so liegt die Sache aber bei der Floiten- frage, vielleiht in noch höherem Grade, weil wir da die weiten Wege über See haben, weil wir uns da viel sorgsamer und zeitiger vor- bereiten müssen für die möglicherweise kommenden Eventualitäten und Gefahren. Da muß das Volk noch mit viel größerer Voraussiht und Einsicht die Maßnahmen unterstüßen, die unter allen Umständen uns sichern, mit Ehren au) auf dem größeren Gebiete der Welt- politik bestehen zu können.

Meine Herren, wir find in Deutschland zu groß geworden, um wieder klein zu werden; wir können nit eine bloße Landmat mebr fein: unser Wohl und Wehe bängt jeßt in viel größerem Maße von unferer Stellung im großen Weltverkehr ab. Man mag das wünschen oder nit, Thatfache ift es; und das deutshe Volk verkennen die Gegner der Flottenvermehrung es nicht begreift es heute: die Konfequenzen einer negativen Haltung würden nicht bloß der Nation \{hädlich sein, sondern auch der Partei, die diese negative Haltung annimmt.

Gewiß, unsere Aufgabe in Deutschland is eine sehr s{chwierige. Gelegen mitten in Europa, an beiden Seiten die größten Militärmächte, andererseits so stark! bevölkert, daß die innere Pro- duktion nothwendig unsere Grenze überschreiten muß, daß die Bes \{häftigung eines großen Theils unseres Volks son unmögli ist, werden wir nothgedrungen auf den großen Weltmarkt verwiesen, und wir müssen daraus -die Konsequenzen ziehen. Wenn die Nation das niht will, wenn fie diese Opfer nit bringen will, nun, meine Herren, dann wird nicht Fortgang, Fortschritt, sondern NRückgang und Ver- klümmerung das Loos des deutschen Volks sein. (Sehr richtig! rets. Bewegung links.)

Meine Herren, aber wir können auch die Opfer bringen. I, der ih doch in finanziellen Dingen genau sehe und die Entwickelung des Wohlstandes im deutshzn Volke aufs sorgfältigste beobahte, bin der feïten Ueberzeugung, daß wir uns kein zu groz:es Ziel seßen, daß wir nit leihtsinnig mit den Ausgaben zur Vertheidigung des Landes Sicherheit, für unsere Ehre und Selbständigkeit vorgehen, wenn wir niht bloß ein starkes Landheer, fondern auch eine ftark: Flotte haben. Ih bin überzeugt, daß die nähere Prüfung der gesammten Vorlage au die Herren vom Zentrum, wie das erfte Mal fo auh diesmal, von der Ueberzeugung der Nothwendigkeit der Vorlage durchdringen wird, und daß man hier keine Wi1hl hat. Riüickwäcts wollen wir doh- nicht, wir müssen vorwärts. Dann müsszn wir aber au die nöthigen Opfer dafür bringen.

Meine Herren, möze das Zentrum, mit dem ih mich ja zu meinem Bedauern viel habe beshäftigen müssen (Heiteckeit), nuc in dieser Frage setnen eigenen Spuren folgen. Bisweilen hatte ih früher den Eindruck, daß in der ReiHspolitik das “Z-ntcum unter seiner damaligen Führung etwas zu sehr “den BlickX auf die Einzel- staaten gerihtet hatte und das Reich erst ia zweitec Linie berüd- fihtigte. Heute, von meinem finanziellen Standpunkt aus wollen mir die Herren das niht übel nehmen —, denke ih bisweilen, das Zentrum i} in den Finanzen zu reichsfreundlich (Heiterkeit), es ignoriert mir zu sehr die Interessen der Einzelstaaten. Aber bier find Einzelstaaten und Reih vollständig eins, die Fürsten und Regierungen der Staaten Deutschlands wollen diese Opfer bringen, weil sie fie für nöthig halten; hier ift kein Gegenfaß zwischen Staaten und Reich vorhanden, hier mögen daher Alle zum gedeißlichen Ende zusammenwirken. (Lebhaftes Bravo rechts.)

Der Abg. Dr. Sattler (nl.), der hierauf das Wort erhält, verzichtet zu Gunsten des Abg. Dr. Lieber (Zentr.).

Abg. Dr. Lieber: Jch bin dem Abg. Saitler besonders dankbar, daß er mir S egenreit bietet, dem Herrn Finanz-Minister sofort zu antworten. Zunächst gebe ih meiner Freude darüber Zus- druck, daß es mir gelungen ist, den geehrten Herrn, dea wir so lange Zahre hier nicht gesehen haben, wieder einmal in unsere Mitte zu führen. Ih kann auch vollauf bestätigen, was er über die guten persönlichen Beziehungen gelegt hat, die bis vor kurzem zwishen uns gewaltet haben und meines Wissens ich unterschéide politis und persönli*ß auch inzwi\hen niht gestört wurden. Wenn er avf eiyzelne Uñterredungen, Besuhe und dergleihen yrivate Vor- gänge hingewiesen hat, so folge ih nicht seinem Beispiel, sondern ich gebe der guten Uebung aller Berliner Parlamente den Vorzug, über private Unterhaltungen öffentlih nichts zu verlautbaren. F will nur einen thatiählihen Irrthum hinsichtlich meines Besuchs bei ihm in Ems berichtigen. Dieser Besuh hat niht nah dem Scheitern der Kanalvyorklage N geen sondern in der großen Zwischenpause, die das preußische Abgeordnetenhaus im Sommer gemaht hat Die rlacbtigkeit dieser Richtigstelung wird auch dem Finanz-Minister Uar sein. Wenn der verehrte Herr geglaubt hat, eine Kritik an meiner angeblichen Kritik der Hamburger Kaiserrede noch einmal üben

‘zu ‘beruhigen. J

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A Se O S FOE UASIO a E ‘schon ‘der Herr Neichôka ôste ih- L ‘mit dem Herrn Präsidenten, de

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[nicht leer ausgegangen ist, und gefteriï das Nöthige erklärt bat, um |. mi ‘gegen derartige Angriffe feitens des Bundesraths vollffävie werde mir niemals das Recht steeitig! nahen

lassen, soweit es die Geshäftsordnun estattét, ‘als Vertreter des p en Volkes au ‘vön ‘Seiner Majest i i

Ehrerbietung und aller Entschiedenheit - das zu sagen, sagen ich für pvöthig halte. Jch habe aber eine Kritik an der Rede Seiner Matjestät | geübt, als viel» mehr: dem tiefen Bedauern und den s{merzlihen ' Empfindungen darüber... Ausdruck gegeben, deutschen Volke zugetraut hat, es könne die Partei über das Wohl des Landes seßen. Der Herr Wèinister hat sih ganz bésondets

darüber beschwert gefühlt, und das wird ibn wohl ‘hierhéc geführt '

haben, daß ih mir erlaubt habe, seine Person mit dieser Aller- höôdhsten N andgebnng in Verbindüng zu Mita Er irrt, wenn er glaubt, daß ich ihn „dabei zu den unvérantwott- lien Rathgebern der Krone gezählt ‘habe. JIH habe zunächst von unverantwortlichen gesprochèn, dann von verantwortlichen, die hier säßen, und s{chließlich von Leuten, unter derea Porträts er- fein eigenes Bild zu erkennen, ih weiß nicht, rie ih sagen soll, die große Güte gehabt hät. Für einen Porträtmaler ift es immer ehrenvoll und s{chmei{elhaft, wenn das Porträt ähnlich ausgefallen ist. Jh leugne garnicht, daß i, als ih bon folchen Leuten spra, den preußischen Staäts- ‘und Finanz-Minister meinte. Ih will. die Aufklärung darüber durchaus nicht s{chulïdig bleiben. In unser aller Erinnerung lebt es noch, daß er es war, der, noch ehe er in die allernächste Nähe Seiner Maj?stät auf eine der hôchsten Stellen des preußisden Staates berufen wurde, öffent-

alle gegenwärtigen politishzn Parteien für überlebt erklärt hat. Was lag näher/als zu denken, daß ein Mann, dec das ift auch öôffentlihes Geheimniß nicht zu den gerin sten Rathgebern Seiner Majestät gehört, der- ‘von langen Jahren her dieje Ansicht vertreten hat, mit dieser Ansicht au bei Seiner Majestät dem Kaiser niht hinter dem Berge gehalten hat? Es ift dabei durchaus nicht bon mir behauptet worden, der Finanz-Minister habe das mit Rüd- sicht auf die Flottenfrage oder zum Zwecke dec Hamburger Kundgebung gethan. Jh habe nur ker Melnung AUnustrouck gegeben, daß Männer, die solche Ansihhten hegen, durchaus in der Lage sind, früher oder später darauf einzuwirken, daß derartige Vorstellungen sich féstseßen wider die

obj¿ftive Wahrheit und die Thatsachen im deutshen Volk. Nun sprach *

der Minister von der in Mainz losgelassenen , Rakete, von den An- griffen der Presse gegen ihn und wacf die Frage auf: woher plöulih der Zorn des Abg. Dr, Lieber? Auch darauf will ih ihm eine ofene Uniwort geben Zunächst erkenne ih durchaus an, daß er in

foloniaien Fragen in unserem Vaterlande mit der größten Ob-*

jeftivität schon zu Zeiten gehandelt hat, in denen es daran zu unserem Schmerze gefehlt hat. Es ift mir eine wahre Genugthuung, dem Minister weiter zuzugestechen, daß er seit langen Fahrea sowohl ‘im preußishen Abgeordnetenhause, wie hier im Reihs- tage und in verschiedenen Körpern der Selbstverwaltung den Frieden und die Eintracht und das gegenseitige Verständniß dec Kon- essionen gefördert hat. Wenn er mich fragt, wie ih zu meiner andern Auffassung gekommen bin, so will ih für heute nur dret Dinge er- wähnen Zunächst eine Sache, die jedenfalls öffentlichen Nets, welt- lundig ift Jch glaube seit langen Jahren die zutreffende Beobachtung gemacht zu haben, daß der preußische Finanz-Minister es war, der das preußishe Abgeor:n2tenhaus gegen diejenige Finanzpolitik im Reiche mobil zu machen immer und immer wieder Anlaß genommen hat, weiz meine politischen Freunde wesentli mit ins Leben gerufen haben. Ih habe mich überzeugt, daß dieses ein verhängnißvolles Thun des geehrten Herrn ist, weil ih mir sagte, daß die auch von dem Stellvertreter des Herrn Reichskanzlers “hier beklagte zunehmente Reichsverdrofsenbeit, namentlich in Süddeutschland, keine bessere Rechtfertigung finden könne als durh dieje syst:ematishe Ec- weckung und Hebung des preußishen Partikularismus gegen das Reich. Der bayerishe und württembergishe Pactikulariömus kann keine bessere Rechtfertigung finden als dadurch. Der Finanz- Minister hat ja heute die Güte gehabt, die Ansptelung zu machen, als ob meine politischen Freunde “zu reichsfzeund- lich und zu wenig freundlih für die Einzelstaaten seien. Ein derartiger Feldzug im preußish-n Abgeordnetenhause gegen das Deutsche Reich, der unter der Aegide des Finanz-Ministers ge- führt worden ist, mußte: nah meiner Meinung zum größten Nachtheil für das Deutsche Reich ausgehen uod dazu beitragen, daß sih die Parteigegensäße, sagen wir einmal die partikularistishen Gegensäge, in Deutschland nicht abshwähen. Daß ih beim Zustandekommen des Flottengeseßes von 1898 zu den am besten Unterrichteten gehört habe, roird mir wohl von allen Seiten zugestanden werden, wird au der Finanz-Minister nicht leugnen. Es gab eine Zeit, in der nah s{chwerer Mühe durch die Annabme der so- genannten Deckungsparagraphen seitens mebrerer Parteien dieses Le das Fiottengesep endgültig gesihert zu sein schien. n diesem Augenblilde wurde &8 mit Schwierigkeiten bepackt, die an diese Deckungsparagraphen und ihre Rückwirkung auf die Finanzen Preußens ankaüpften, die die endgültige Annahme der- selben“ seitens des Bundesrath3, wenigstens seiteas der preußischen Stimmen, in ernste Gefahr zu bringen drohten. Ich bin damals, ih weiß nit, ob ri{tig oder unrichtig, aber so glaubwürdig, wie es nur sein kann, unterrihtet worden, daß die Krisis si sogar bis dahin zu- gespizt habe, daß es augenblicklich fraglih erschienen sei, ob der ver- diente@aHerr Staatssekcetär, der das Flottengesez zu stande gebracht hat, diese S{hwierigkeiten überwinden und noch ferner im Amte bleiben könne. Eine Aufklärung übec diese Schwierigkeit ift mir im verwichenen Sommer dahin geworden, daß, der preußishe Staats- und Finanz-Minister Dr. voa Miquel daran nicht unschuldig sei. Ich komme zum Friedenspräsenzstärkegescß, èas wir im vorigen Jahre verabschiedet haben. Auch va war in der Budgetkommission nah langer Mühe eine Verständigunz gefunden worden, bei der die Mehr- heitsparteien die begründete Hoffnung hegten, diese Verständigung werde sowohl die militärisch:2 wie die politishe Genebmigung der- jenigen Instanzen finden, die außerhalb des Reichstages über dieselbe zu befinden hätten. Urplößlih wurde die {wer gefundene Ver- \tändigung mit dem Stigma der Unannehmbarkeit belegt. Die Krists war so «akut, daß man in jedem Augenblick die Auflösung des MNeichstages erwarten konnte. Auch für die Schwierig- keiten, die damals sich aufthürmten und derea Lösung mit dem Aufgebot der äußersten Mühe im leßten Augenblicke noch gelungen ilt, war es lange Zeit nachher niht mözlih, die Quelle zu entdelen. Erst unmittelbar vor Scluß des Landtages habe ih eben'o glaubwürdig wie früher (Rufe rechts: Namen nennen!) die Mittheitung erhalien, daß es wiederum der preußische Staats- und Finanz-Minister gewesen sei, der die Schwierigkeiten verursaht oder do mityecursacht habe, Man hat mir zugerufen: Namen nennen. Sie können mich todtshlagen, che ich einen Namen nenne. Das werden Sie doch nicht von mir erwarten. Hier steht Mann gegen Mann. Ich beanspruhe dieselbe Glaubwürdigkeit, .die der Finanz- Minister für #ch beansprucht. Was nun dke Kanalvorlage bes trifft, so glaubte auch ih, in redlihem Zusammenwirken mit dem inanz - Minister das Zuftandekommen der Kanalvorlage zu ôördern. Sie können |ch meine Ueberraschung vorstellen, als ih zwei Tage nah dem Scheitern der Kanalvorlage. unmittelbar nahbdem ih das mir hiniervrahte Wort aus seinen Munde vernahm, die Mit- theilung erhielt, daß er dea ersten Berichterstatter, dec thm am Wege begegnete, mit der Parole angelassen habe: das Zentrum is am Falle der Kanalyorlage s{uld. Nachdem ich dies gehöct, glaubte ih aller- dings meine politische Freundschaft zu dem Herrn Staats- und Finanz-Minister Dr. von Miquel einer Revision unterziehen zu müssen. Ich freue mi, wenn er heute erklärt hat, daß er sih troß meiner Rede in feiner politishen Haltung nicht werde beirren lassen. Auch wir werden, wenn er seinerseits das Wohl des Vaterlandes seinem Zorn voranzuseßen verspricht, daran festhalten, daß auch uns das Wohl des Vaterlandes über der Mißstimmung über einen Minister weit erhaben ist. ;

ät dem Kaiser mit aller ' igen, was zu viel ‘weniger '

daß Seine Majestät der Kaiser dem

Präsi!

Ie Dr. von Mi 4E

| erren! Ih ih, nun doch zu'haben. (Sehr gut! rechts.) Aber das, was ih ei doch nicht biel, ‘denn erfkéns ift alles bas, was der Herr

[mir vörwirft, irrig (Unruhe in der Mitte), und zw;

einen fo plöylihen Umshwung nicht, weil alle diese

zurüliegen, also unmögli ‘von heute auf morgen die !

des Herrn Abg, Dr. Lieber ändern konnten. (Gööße Unruhe,

will kurz auf alle Gründe, die er angiebt, eingehen. Zch set v jeher ein Ershwerniß gegenüber der Reichsfinanzpolitik des: Zentrums gewesen, ift absolut falsch von A bis Z! In Gegentheil!" große Verdienst, welches der Herr Abg. Dr. Lieber in Beziehung auf die Reichsfinanzpolitik, insbesondere durch die Einführung der Schuldentilgung, wenn ‘au in wvvaereaelter Weise, \ih erworben hat, habe ‘ih ftets ofeù anerkannt. Kein einziger Fall if da- gewesen, wo ih mi gegen die Béshlüsse des Reichstages in dieser Beziehung aufgelehnt habe, niht einer, meine Herren! Diese Finanz- politik ging mir niht weit genug, und ih erblide immer. darin’nur einen Anfang zum Besseren. JY wollte organishe, auf der Geseyz- gebung beruhende Reformen des Reichsfinanzwesens und will sie noch . heute, wie alle Bundesstaaten zu ihrer Erhaltung sie nothwendig wünschen müssen. (Sehr richtig! rets.) Aber ih habe gegen diese Anfänge mi nie erklärt. Im Gegentheil, ih bin immer sehr érfreut gewésen, daß man wenigstens einen Anfang mate, wenn ih au, wie gefägt, glaubte, man könne nit dabei ftehen bleiben. Also dieser Vorwurf fällt weg. Die Herren, die hier neben mir sigen, wissen ja, daß das, was ih saze, richtig ift. fi

Nun, meine Herren, komme ih auf die Deckungsfrage für das Flottengefeß. Hier mein verehrter Herr Nahhbar hat damals diese - allerdings recht bedenklihe Beschlußfassung des Reichstages im Staats- Minist¿rium vorgetragen. Wir waren der Ansicht, daß eine solhe Bindung der freien Bewegung des Reichstages und der Bundes- regierungen in Beziehung auf die Handhabung der Finanzen an h sehr bedenklih sei, wir aber doch im Interesse des Zustandekömmens des Flottengeseßes unbedingt beitreten mußten, und das ist ‘dann, ih kann wohl sagen, ohne jeden Widerstand sofort im Staats-Ministerium beschloffen worden, Alfo wieder nit zutreffend. (Heiterkeit rets.)

Nun komme ih auf die Behauptung, daß ih bei der Feststellung der Friedenspräsenz Schwierigkeiten gemacht hätte, welhe fast das ganze Geseß über die Echöhung der Friedenspräsenzstärke in Frage gestellt haben. Dies ift mir vollkommen neu. Im Gegentheil, von meinem rein finanziellen Standpunkt aus, einseitig betrahtet, bätte ih ja den Alstrih an der Friedenspräsenzstärke nur mit Freuden begrüßen fônnen. Wie follte ih also dazu kominen, als Finanzmann in dieser Bez'ehung den Beschlüssen des Reichstages entgegenzutreten? Ich hätte áber troßdem gewünscht, die volle damals geforderte Friedenspräsenz- stärke wäre bewilligt worden. Also auch däs ift nicht rihtig, und ih bin so noh niht klüger als zuvor. Aber der Herr Abg. Lieber hat ja anerkannt, daß, wenn ih daz große Vaterland im Auge behielte und keine Parteicücksihten verfolgte, das Zentrum dies dann in ge- hôriger Weise beahten werde. Ja, meine Herren, das ist eigentli uu wenig \chmeichelhaft (Rufe: lauter !), denn die Voraussetzung für ein gutes Einvernehmen, wenn ih die großen allgemeinen Reichs- interessen im Auge behielte, seßt doch einen Zweifel voraus, den man wenigstens niht schmeichelhaft nennea fann. j

Ich hole noch etwas nah, das ih gerade auf dite finanzielle Seite bezieht. Der Herr Abg. Lieber hat in seiner Finanzrede von gestern gesagt, es fei eigentlih nit richtig, diese neue Flotte durch Anleihen aufzubringen, man müsse vielmehr einen Theil wenigstens aus dem Ordiñarium ausbringen. Er weiß ganz genau, wie sehr ich gegen unnöthige Anleihen bin und wie ich das finanzielle Verderben fast aller Staaten darin erblicke, daß fie Ausgaben, die aus laufenden Mitteln gedeck werden müssen, der. Zukunft zuweisen und aus Anleilßen leisten. Aber, meine Herren, neue Schiffe bauen, die ja allerdings niht direkt produktiv sind, aber indirekt es im höchsten Grade find, heißt doch prinzipiell nichts Anderes, als was wir in Preußen thun, wo wir jahraus jahrein ¿wishen 50 und 100 Millionen vielfach für Eisenbahnen ausgeben, die oft nichts weiter bedeuten als Meliorationen und direkt keine Rente in Ausficht stellen. (Lebhafter Widerspruch und Zurufe links.) Es giebt zahl- reihe andere Fälle, wo man vollständig, auch bei der folideften Finanzwirthschaft, berechtigt ift, derartige neue Ausgaben für neue Zwecke durch Anleihen zu bedecken.

Meine Herren, darin stimme ich aber dem Herrn Abg. Lieber bei, daß es sehr wünschenswerth ift, eine starke Schuldentilgung für diese Anleihen zu haben, was man ébenso gut eine starke Abschreibung nennen kann; und das wird fich auch nah meiner Auffassung wohl ermöglihen lassen innechalb einer geordneten, die Matrikularumlagen niht zu sehr erhöhenden Finanzverwaltung. des Reichs. Aber ein Prinzip aufstellen: alle neuen Schiffe müfsen gebaut werden aus den laufenden jährlihen Mitteln, das halte ih für vollständig unmög- lih, auch garnicht geboten durch die Anforderungen einer korrekten Finanzverwaltung.

Nun, meine Herren, zum Schluß! Der Herr Abg. Lieber hat aus dem Umstande, daß ih vor langen Jahren als Ober-Bürgermeifter von Frankfurt einmal gelegentlich gesagt habe, die gegenwärtigen Parteien seien in ihrer gegenwärtigen Konstruktion weiter habe ch nihts gesagt zumeist Produkte vergangener Zustände, hergeleitet L und wagt es auszusprechen, daß ih Seiner Majestät gegenüber das deutshe Volk verdähtige. Nun, meine Herren, ih wiederhole dies bloß die Kritik will ih nicht weiter daran knüpfen —, ih E habe mehr Respekt por der Ehre eines Mitmenschen, als auf solche E Vermuthungen * hin folhe Beschuldigungen auszusprehen. (Bravo! rets.) : / Sn

Abg. Dr. Sattler (nl.): bin nah diefer inander- seßunz did in der Rolle L s Gu n ler E überhaupt. Der Finanz-Minister ist auf den e 4 BL den Herk Lieber hervorgehoben hat, mit keinem Wort eingegangen, eier eter De dae la O M

dem S(eitern in offiziösen Blättern die ta fon Scheitern verantwortlich gemaht wurden, wir |\

aus Herrschbegtier fo gehandelt haben. Sh i

ee Verdächtigung kam, fe Tam welhe von Anfang an die Parole aus dem keine Feinds mit den Kanalgegnern, tro gierung und muß sie mit den Kon

versage ih mir weitere Ausführungen,

sparen. Graf Limburg hat gestern de:

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votam ausgestellt, wie es kräftiger nidt a