1899 / 305 p. 9 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 28 Dec 1899 18:00:01 GMT) scan diff

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Cigaretten), im Sierheitinterefse, namentlich den eingeborenen

Mannschaften in Ostasien gegenüber, auch Waffen und Munition auf-

Zu § 84. (Bisher § 77.) Die Eirtragung in das Schiffötazebu) sol durch den Schiffer persönlich erfolgen (vergl. § 65).

S entspricht dem bisherigen § 78. i Zu § 86.

Die Fassungsänderungen gegenüber dem bisberigen § 79 bezweck?n den Inhalt klarer zu gestalten und entstandene Zweifel zu beseitigen.

Das Verbältniß der bisherigen Abs. 1 und 2 is mehrfach da- bin aufgefaßt worden, daß Abs. 1 die zulässigen Disziplinar strafen, d. i, die Mittel zur Ahndung begangener Dit ziplinarvergehen, Abf. 2 die zuläisigen Disziplinar-Zwangsmittel, d. i. die Mittel zur Er- zwingung von Handlungen oder Unterlassungen im Interesse der Ordnung und des Dierstbetriebs, behandeln. Dies trifft niht ganz zu. Nach der avs den Verhandlungen der Reichstagskommission sich ergebenden Entstehungsge|chihte der Seemannsordnung }olten dem Schiffer gerade durch den ersten Saß des Abs. 1 disziplinare Zwangsmittel gegeben werden. Erst im Verlaufe der Verbhand- lungen wutde diesem Sage die Vedeuturg beigelegt, daß er zuglei ck in gewissem und zwar in dem der Uebung entsprehenden Maße Befugnisse der Disziplinar st raf gewalt enthalte, welhe in weiterem Umfang, entgegen der Regierungsvorlage, dem Schiffer abgesproWen und auf die Seemannétämter übertragen wurde 101 der geltenden Seemannsordrung, § 111 des E«atwurfs). Das Maß dieser dem Schiffer belassenen Strafgewali wurde tann du. die folgenden beiden Säye in positivem und in negativem Sinne näher abacgrenzt. Hiernach behandelte Abs. 1 die zur Aufrecterhaltung der O:dnung und zur Sicherheit der Regelmäßigkeit des Dienstes im gewöhnlichen Laufe der Dinge zulässigen Zwoangtmittel und Disziplinarstrafen.

Im Abs. 2 wurden die Fälle von Wit erseßlichkeit und beharr- lihem Ungehorsam einer bejonderen Regelurg untecwo1fen. Jn diesen Fällen, die der Schiffer in eine der Nothwehr vergleihbare Lage verseßen, sollte der Schiffer an die im Abs. 1 vorgesehenen Schrarken nicht gebunden sein, sondern ¿u allen Mitteln greifen dürfen, welche erforderlih sind, um si @ehorsam zu verschaffen. (Stenogr. Berichte des Neichétags 1872 S. 1115)

An dem Zusammenhang und dem Inhalte dieser Vorschriften Wesentliches zu ändern, liegt kein Anlaß vor. Nur sucht der Gnt- wurf durch Vcraustellung der den Zweck der Maßregeln be- zeihnenden Worte auch im ersten Atsaße vas Verhältniß der beiten Absäte, als eine allgemeine und eine Sondervorschrift enthaltend, deutlicher zum Auêsdrucke zu bringen. Ferrer führt er in dem die un- zulässigen Disziplinarmittel bezeihnenden Saß auh die Kost- shmäle:ung von mehr als dreitägiger Dauer auf und macht damit den bisherigen zweiten Saß, der nur Beispiele von zulässigen Disziplinarmiiteln gab, entbehrlih. Sodann bestimmt der Entwurf auédrücklih, daß die jür unzulässig erklärten Maßregeln weder als Strafe noch als Z vangsmittel angerender werden dürfen und stellt hierdur zuglei flar, daß der erste Saß si auf beide Nten von Disziplinarmaßregeln bezieht. Bei dem“ Verbcte der körperlichen Züchtigung war mit Rücksicht auf § 79 das N.cht dcr väterlichen Zucht gegenüber tem Schiffejungen vorzub- halten.

Au in den Fällen des Abs. 2 soll körperli®e Züchtigung als Strafe für eine begangene Handlung niht zu!ässiz 1ein. Da- gegen kann der Schiffer, um Widerseßlichkeit oder betarrlihen Un- geborsam ¿u brechen, der Anwendung körperliher Gewalt nit immer entbehren. Daß er sie anwenden darf, foweit si: erforderlich ist, um die Ausführung seiner Befehle unmittelbar zu erzwingen, folgt zwar hon aus dem ersten Saße des Abs 1. Weil aber die Grenzen zwischen der als Zwangsmittel zugelassenen Anwendung körperlicher Gewalt und der auch in diesem Ausnahmefall unjtatthast bleibenden Bestrafung durch körperliche Züchtigung niht leiht unter scheidbar sind, erschien es nüßlih, nah dem Vorgange der nordish n Seegeseßz? 101) das Zwangêmittel der körperlihen Gewalt hier noch cus- drücklich für zulässig zu crfklären.

Im - lehten Absay ist die Verpflihtung des Schiffers, ia dringenden Fällen die Kommandanten der Kriegéfahrzeuge um Beistand anzugeben, in eine Befugniß umgewandelt, modurch dem Bedürfnisse genügt sein dürfte.

“genommen.

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/ Zu § 87. (Bisher § 80.)

Die verfügten Disziplinarmaßregcln foll der Schiffer persönlich in das Tagebuch eintragen.

Zu § 88. (Bisher § 81.)

Um Zweifeln vorzubeugen, ift im Abj. 4 auégesprochen, daß der in den Fällen der Abs. 1 ud 2 die Vorbedingung der Strafver- folgung bildente Antrag auch vom Rheder gestellt werden kann, der den aus der Entweichung entstehenden Schaden {ließli zu tragen kat.

Die Zulässigkeit der Zurücknahme des Antrazs ist wegen der durch das Geseg vom 26. Februar 1876 (Reichs, Gesekl. S. 25) erfolgten Aenderung dis § 614 des Strafgeseßbuchs hier wie später im & 92 besonders vorgesehen.

i Zu § 89. (Bisher § 82.)

Damit tas Seemannêamt, bci welchem die Meldung von der Entweichung eines Schiffsmanns erfolat, die Berehnuna der Schadené- ersazan'prücbe, zu deren Deckung die Htuer und die Sawen tes Ent- wichenen in Anspru) genommen werden follen, nahpiüfen kann, soll ihm eine Aufstellung darüber, sobald es gestehen kann, eingereicht werden. Bei Nichtbefolgung dieser Vorschrift foll zwar nicht der Schadenkanspruch selbst, aber die Befugniß des Rheders, si deswegen an Heuer und Sachen des Schiffsmanans zu halten, erlöschen.

Zu § 90. (Bisher § 83.) …_ Die Bezugnahme auf Nr. 4 des § 69 i} eine Folge dcr Er- gänzung des legteren Paragraphen. U S 9L (Bisher § 84)

Aus den bei § 69 bkargelegten Erwägungen is auch demjenigen, der durch den Verstcß eines Schiffemanns gegen die Dienstpflicht verleßt wird (vergl. namentlich Nr. 2, 3, 9), das Recht zur Stellung des Strafantrags eingeräumt. 6

j § 92 (neu) giebt die Vorschrift im vorleßien Absaye kes bisherigen § 84 wieder und behnt sie auf die Fälle des jczigen § 90 aus. Zu § 93. (Bisher § 85.)

Dem Verleßten, dem die Versäumniß des Schiffers nickt zur Last fällt, muß die Antragsberehtigung verble!bzn, auch wenn die Eintragung im Tagebuch unterlassen ist. Da jedo die Beurkundung des Falles durch Eintraguna auch für den Verleßten von Wichtigkeit ist, so foll ihm nah § 108 Nr. 6 fieistehen, die Eintragung zu ver- langen und der Schiffer, der sie dennoch unterläßt, strafbar sein.

j Zu § 94. (Bisher § 86.)

Hier wie in mehreren der folgenden Paragraphen find im Interesse der Autorität der Schiffsoffiziere diese unter den Vorgesetzten besonders genannt (vergl. § 80).

Zu 8 96.

Eine Anregung, nicht nur die verabredete Gehorsamsverweigerung, fondern schon die vorangegangene Verabredung unter Strafe zu stellen (vergl. § 103 des Militärstrafgeseßbuhs für das Deutsche Reih vom 20. Juni 1872 Reichs-Ge]chbl. S. 174), erschien durch das Bedürfniß niht genügend begründe. Es kam dabei besonders in Betracht, daß eine solhe Abrede, sobald sie durch Worte oder Hand- lungen nach außen zu Tage tutt, als Widerseßlichkeit im Sinne des S 86 Abs. 2 anzusehen sein wird und dann mit allen geeigneten Mitteln unterd1ückt werten fann.

Durch die Zusammenziehung der beiden leßten Absätze des bis- herigen § 87 wird fklargestellt, daß der Jnhalt des leyten Saßes ih nur auf den Fall des Abs. 2, niht auch dés Abs. 1 bezieht.

Zu 88 96 bis 100.

Außer der “Herrorh¿bung der Schiffsoffiziere unter den Vor- eseßten sind fahlihe Aenderungen gegenüber den bisherigen §§ 86 is 92 nicht vorgenommen,

Zu § 101. (Bisher § 93.)

Die Vermehrung der Thatbestände ent)priht dem Bedürfnisse. Insbesondere is es wünschenswerth, den vorläufigen Entscheidungen des Seemannsamts, durch eine Strafvorschrift (Nr. 5) größeren Nachdruck zu verschaffen, da die nah § 117 zulässige vorläufie Voll- streckung der Entscheidung im Ausland, insbesondere soweit die Er- zwingung von Handlungen in Frage steht, häufig Schwierigkeiten begegnen wird, während eine wegen Nichtbefolgung der Entscheidung festgeseßte Geldstrafe durch Abzug von der Heuer leiht eingezogen

werden kann. Zu § 102. (Bisher § 94.)

Durch . die Bezugnahme auf § 53 soll außer Zweifel gestellt werden, daß die Strafandrohung sih nur gegen die dort genannten Personen (Schifféo|fiziere und Schiffsleute) rihtet. Eine Straf- androhung geaen sonstige Personen würde außerhalb des Rahmens der Seemannsordnung liegen.

Zu § 103 (neu).

Die in diesem Paragraphen vorgesehene Sachbeshädigung kommt auf Schiffen vielfa vor, und zwar wird sie niht nur von Schiffs- leuten, sondern meist leihlfcrtigerweise au von Reiser den begangen. Verkbältnißmäßig geringsügige Beschädigungen dieser Art fönnen im Schiffahrtsbetriebe leiht ernte Folgen haben. So.veit sie bon der durch ihren Beruf zur Eckenntaiß der Folgen b-fähigten Schiffsmannschaft vorsäßlih verübt werden, erscheint es t aher gerecht- fertigt, sie durch Erhöhung des Strafmaßes von der gewöhnlichen Sachbe‘chädigung 303 des Strafgeseßbuchs) zu unterscheiden. Auch empfiehlt es sich aus praktishen Gründen, den Schiffsleuten die Strafvorschrift durch Aufnahme in die ihnen jederzeit zugängliche Seemannsordnung 119) sets vor Augen zu halten.

Soweit dagegen Reisende sich derartige Vergehen zu Schulden kommen lass:-n, muß es bei den Vorschristen des Strafgeseßbuchs

bewenden. Zu 88 104, 105.

Die 88 95, 96 der geltenden Seemann?ordnung sind bis auf eine Abänderung des Höchstbetrags der Geldstrafe im § 105 fachlih unverändert beibehalten.

Zu § 106.

Durch Entscheidung des Reichêgerih:s8 (Eatscheidungen in Straf- sahen Band 30 S. 345) ist festgestellt, daß die Strafvorschrift des bisberigen § 97 nur Anwendung findet, wenn der Shiffer vor An- tritt der Reise niht für aenügende Verproviantirung forgt,- da ibm nur insoweit durch Artikel 480 513) des Handelsgesezvuchs eine entsprehende „Verpflichtung“ auferlegt sei. Da aber der Sch!ffer auch durch Vernachlässigung der nährend der Reise erforder- lih werdenden Verproviantirung seine Berufépfliht verleßt und das Wobl der Besaßung gefährdet, war eine Erweiterung des That- bestandes nôthig.

U S107; 109:

8 107 stellt außcr den im bisherigen § 98 vorgesehenen die- jenigen Pflichtverlezungen des Schiffers unter Strafe, welche sih auf die Auérüstung des Sciff:8 mit Heilmitteln und in Ergänzung des § 106 cuf die Verpflegung der Schiffsleute beziehen; ferner, soweit hierfür der Schiffer verantwortlich gemacht werden kann (vergl. § 109), die Zuwiderhandlungen gegen die vom Bundesrathe zu erlassenden Bestimmungen über Größe und Einrichtung des Logis- raums. Der Fall der Nr. 2 mar bisher mit beschränktem Inhalt unter Nr. 7 des § 99 und zwar nur als U-bertretung behandelt. Es it’ e1wogen worden, ob noch ardere Straffälle des bisherigen S 99 (§8 108 des Entwurfs) ter. strengeren Strafe des § 107 zu unterwerfen wären. Der Entwurf glaubt jedoch hiervon absehen zu dürfen. Wenn vielfach aus den Kreisen der Sciffösleute Klage darüber gefübrt ist, daß Vergehen der Schiffer gegen den § 99 regelmäßig eine zu gelinde Strafe erführen, so liegt dies die Berechtigung der Klagen - vorausgeseßt niht sowohl an der Niedrigkeit des angedrohten Strafmaßes als an dessen milder An- wendung dunch die Strafbehörden. Die vernommenen Ausëkunfts- personen haben nicht bebaupten können, daß in irgend eincm Falle der Worilaut des Gesetzes cincr nah ihrer Auffassung ausreihenden Bestrafung des Schiffers entgegengestanden habe (Anlage A S. 187). Soweit aber ter § 108 unter Nr. 1, 3 bis 6, 9, 10 neue That- bestänte aufgenommen hat, handelt es sich um Zuwiderhandlungen gegen Bestimmungen, die im wesentlihen den Charakter von Ordnungsvor|chriften haben.

Zu § 109 (neu).

Während für die Befolgung der vom Bundcsrcthe gemäß § 51 erlaffenen Vorschriften. soweit sie sh auf die Ausrüftung des Schiffes mit Heilmitt-ln beziehen, in erster Linie der Schiffer verantwortlich bleiben muß, dem nach Lage der Verhältnisse uad nah ausdrücklicher Vorschrift im § 513 des Handesgese buchs die Füiforge für die ge- hörige Ausrüsturg des Schiffes zufälit, wird die Erfüllung der Vor- christen über Größ? und Einrichtung des Lozisraua,s in der Haupt- sache dem Nheder zufallen. Denn es handelt sich dabei vorwiegend um Anlagen im Schiffe, für die {on bei dessen Bau Vorforge gctroffén werden muß und auf deren Gestaltung der Schiffer {wer eine Ein- wirkung üben fann. Eine V-rantowortlihk-it des Nhedcrs füc unge- nügende Ausrüstung ves Sch[ffes mit Heilmitteln cder mit P oviant wird dagegen nur infoweit in Frage kommen könnén, ‘als (r den SwhHiffer, z. B. durch V-erweigeiung der erforderlihen Geldmittel, außer Stand sett, der diesem obliegenden Verpfliltung zu genügen. Bei der Bedeutung, welche die Einrichtung der Logisräume sowie der Aus: üstung mit Proviant und Heilmitteln für die Ansprüche der Schiffemannschaft aus dem Heuervertrage haben, wird es keinem Be- denken unterliegen, Zuwiderhandlungen gegen die bezüglihen VBer- pflihtungen auch dem Rheder gegenüber in der zur Regelung der Rechtsvcrhältniss der Schiffsmannsc;aft bestimmten Seemanns- ordnung mit Strafe zu bedrohen.

8 110 entspricht dem bisherigen § 100.

Zu § 111. (Bisher § 101)

Der Entwwf hält im allgemeinen daran fest, den Seemanns- ämtern die vorläufize Ent heidung nur zu übertragen, wenn die straf- bare Handlung mit Geldstrafe oder mit Haft bedrobt is. Von diesem Gesichtspunkte war die Ausdehnung der Zuständi, keit auf die Fâlle des §.90 (Verlcss:n des Dienstes, zu dem der Schiffèêmann an sich befugt i}, ohne Genehmigung des Seemannéamts) von vornherein unbedenklih. Aber auch in den Fällen der eigentlihen Desertion 88 Abs. 2, 3) hat es sich als ein err stliher Mißstand erwi- sen, daß diejelben, namentlih im Auélande, nicht alsbald durch das S2e- mannsamt, sondern erst bei der Rückkehr in die Heimath, die sih oft überhaupt niht verwirfliht, abgeurtheilt werden konnten. Die Be- strafung der Entweihung witd dadurch häufig ganz vereitelt und verliert stets an Wirkung. Da in den Fällen des § 88 Abs. 2 in der Negel auf Geldstrafe erkannt zu werten pflegt, erschien es zweck- mäßig, au deren erstmalige Aburtheilung wenigstens dann dem Sei- mannsamte zuzuweisen, wenn dieses seinen Siy außerhalb des Neichs- n hat. Dagegen wird der stets mit Gefängnißstrafe bedrohte chwerere Fall des § 88 Abs. 3 der Zuständigkeit der häufig nid t mit juristishen Kräften auégestatteten Seemannéämt-r nicht überlassen wet1den können. Für die bessere Sicherung der B: strafung soll deshalb hier auf anderem Wege aeforgt werden (vergl. § 113), Da bei Ver- gehen gegen § 88 Abs. 2 wahlweise Getängnißstcafe angedroht ift, so ra das Wort „Haft“ im § 111 Abs. 1 durh „Freiheitsstrafe“ zu erseßen,

Bei der Kürze der Verjährungéfrist für die Strafverfolgung der vorläufig von den Seemannéämiern abzuurtheilenden Zuwiderk;, and- lungen ent'priht es dem Bedürfnisse, dem Strasbescheide die unter- brehende Wirkung einer rihterlichen Handlung beizulegen.

Zur Br seitigung entstandener Zweifel ist im Abs. 4 ausdrücklih bestimmt, daß neben der Geltstrate auch die Kosten des Verfahrens auf Grund des vorläufig vollstreckbaren Bescheids beigetriéeben werden können. Jst im Bescheide nur eine Freiheitsstrafe festgescßt, so wird derselbe überhaupt nit, also au nicht hinsichtlih der Kosten des Verfahrens, vorläufiz vollstreckbar.

Die Vollstreckung der Strafbescheide der Seemannsämter erfolgt

zur Zeit im Inlande durch die hierzu nah Landedrecht berufenen hörden, in der Regel die Polizeibehörden; die Seemannsämter seh

vflegen damit nit betraut zu sein, da ihnen die Volistreckung8orggte |

fehlen. Im Auslande haben zwar nah § 33 des Gesetzes von 8. November 1867 (Bundes. Gesfchbl. S. 137) die Konsuln die Polizei, gewalt über die îm Hafen ikrec Nesidenz b: findlichen Stif auße zuüben. Es is aber zweirelhaft, ob ihnen daraus chne weiteres dj Befugniß erwächst, die Strafb: scheide, die sie als Seemannéämter ers lassen, zu vollstreckden, und ob das allerdings son jeßt übliche Ver, fahren, daß der Konsul den Schiffer anweist, den Strafbetrag von der Heuer des Schuldigen einzubehalten und an die zuständige Kasse abzusühren, auf einer unanfechtbaren Mae beruht. Diese haft der Entwurf, indem er die Seemannsämter im Ausland aus, drücklih zur Selbstvollstreckuna der von ihnen erlassenen Strafbescheide beruft und zugleih den Schiffer verpflichtet, den dabei ergehznden Anordnungen d2s Seemannsamts Folge zu leisten.

Für die Fälle, daß ein von einem inländishen Seemannsamte verurtheilter Schiffsmann sih außerhalb des Staates aufbält, welhem das Seemannsamt angehört, oder daß der von einem Seemannsamt izn Auslande verurtheilte Schiffsmann sih im Inla-d aufhält, fehlte es an Vorschriften über die Hewähruvg von Rechtshilfe bei Volls streckung des Strafbescheids. Diesem Mangel is bezügli der Voll, \treckung von Geldstrafen in,wischen bereits durh das Geseß vom 9. Juni 1895 (Reihs-Geseßbl. S. 256) abgeholfen 1, Nr. 3, § 10), Der Entwurf dehnt die darin begründete Verpflichtung der inländischen Bebörden auf die Vollfireckung aller von einem Seemanns8amt ers kannten Strafen aut.

8 112

giebt den Inhalt des bisherigen § 102 unverändert wieder. Zu § 113.

Im Abf. 2 is gegenüber dem bisherigen § 103 zunähft dee unbestimmte, mit dec Ausdrucksweise des Strafgeseßbuchs nicht im Einklange stehende Begriff. einer „mit \{chwerer Strafe bedrohten Handlung“ als entbehrlih weggelassen. Ferner sind die Fälle der Gntweihung von Schiffsleuten hinzugefügt. Wie zu § 111 aus geführt, gelingt es nur verhältnißmäßig selten, dieses ungemein ver- breitete und den Stiffahrtsbetrieb sta:k s{chädigende Vergehen über- haupt oder do schnell zur Bístrafung zu bringen; deshalb ift dort die Zuständigkeit der Scemannsämter wenigstzns außerhaib des Reichögebiets auf die Fälle des § 88 Abs 2 ausgedehnt. Der Zweck wird jedo erst dann vollständig erreiht, wenn Vorforze gz troffen wird, daß der Schuldige der zuständigen Behörde zur Ab- urtbeilung vorgeführt und inzwischen festgehalten werden kann. Die im § 113 Abs. 2 dem Shiffer für gewisse Fälle bereits zugestandene Besugniß zur Feffnahme des Schiffêrmanns foll dethalb auf die mit \hwercren Strafen bedrohten Fälle der Entweichung erstreckt werden, mit der Maßgabe, daß die Einsperrung des Schiffsmanns nit ftatt- findet, solange sih das Schiff auf hoher See bifindet und deshalb die Flut unmöglih oder doch sehr ershwert ist. Nah der gemäß Abs. 3 erfoloten Ablieferung an das Seemannëamt hat dieses, je nahem der Thatbestand seine Zuständigkeit begründet oder nicht, den Schiffêmann abzuurtheilen oder dissen Ueberführung an die heimische Behörde zu veranlassen.

8 114

entspriht dem bisherigen § 104. Zu § 115.

Fn Anlehnung an Artikel 537 des Handelsgeseßbuhs untersagt S 105 der geltenden Seemanntordnung dem Schiffs8manne, den Schiffer vor einem ausländishen Gerichte zu belangen, weil die An- bängigmachung cines Prozesses gegen den Schiffer während der Reise für die Weiterreise des Schiffes von*unberewhenbarem Schaden sein kann. Dieses Verbot auf Klagen des Scbiffers auszudehnen, fehlt das Bedürfniß. Dagegen is kein Grund vorhanden, die im Akf. 2 dem Schiffömanne gewährte Befugniß, in Fällen, die keinen Aufschub leiden, die vorläufige Entscheidung des Seemaansamts nach- zusuchen, dem Schiffer zu versag-n. Daß sie auch ihm zusteht, stellt der Zusaß zu Abs. 2 außer Zweifel. i

Beiden Theilen war die Befugniß, ihre Rechte von der zuständigen Nehörde, welche zumeist das heimische Gericht sein wird, geltend zu machen, bisher erst nah Beendigung der Reise gewährt. Wenngleich in den meist:n Fällen die endgültige Erledigung niht früher wird vor ih gehen können, fo steht do nichts entgegen, daß die Einleitung der erforderlichen Schritte, soweit dies möglich is, {hon während der Neise geschieht. Dies is die Bedeutung der Fassungsändezung im

Abs. 3. Zu 8 116. (Bisher § 106.) i

Währerd die §8 11 und 16 für die An- und Abmusterung die Wahl tes Seemanneamts entweder völlig freigeben oder do neben der geseßlihen Negel eine anderweitige Vereinbarung zulassen, soll für die Erledigung der Streitigkeiten über den Antri1t oder die Fort- setzung des Dienstes autschließlich datjenige Seemannsamt zuständig seia, in dessen Beziuke das Sciff liegt, weil dieses allein in der Lage ist dec Entschcidunz die Vollstreckung unmittelbar folgen zu laffen,

Zu §8 117 (neu). Durch diese Vorschrift soll die“ sofortige Vollstreck1ng der Ent? scheit ungen des Seemauntamts erleichtert werden. S8 giebt den bisterige1 § 107 unverändert wieter. Zu 8 119. (Bisher § 108.) j;

Den im Volkzlogis aus¡ulegenten Schiftstücken fügt der Entwur] die amtlihe Zusammenstellung der schon jeßt im Anhange der Se(- fahrtsbücher abgedruckten Bestimmungen über die Mislitärverhältnisse der seemännisen und halbseemännishen Bevölkerung hinzu, weil es im Interesse der Seeleute licgt, sih hierüber jederz-it unterrichten zu fönncn. Ferner foll, wie dies für die britisden Kauffahrteischiffe dur Sect. 120 des Merchant Shipping Act 1894 vorgeschrieben ift, eine Abschrift der tn der Musterrolle enthaltenen Bestimmungen des Heuer- vertrags. einschließlich der Netenabreden, ausliegen, wodurch den auf den Besiß schriftliher Abmacbungen gerichteten Wüaschen der Be theiligten soweit thunlich Rechnung getragen wird. Die von den Sceeleut-n gewünschte Auslage der wichtigeren Bestimmungen der von der Seeberufêgenossenschaft erlassenen Unfallverhütungsövorschriften vor- zuschreiben. kann der Seeberufsgenofsenschaft überlass:n bleiben, welche am besten im Stande ist, cine zweckmäßige Autwahl zu treffen.

Zu 8 120. (Bishet § 109.) :

Die Befugniß oer Landesregierunzen, die zur Erfüllung einer Reihe von Formen verpflichtenden Vorschriften über Seefahrtsbücher und Musterung fowie die Vorschriften über die Verpfl chtungen in Krankheits- und Todesfällen soweit niht das Personenstandsgesebß entge,„ensteht für kleinere Fahrzeuge im Verordnungswege außer Anwendung zu schen, ist beibehalten. Hinzugefügt ist die gleiche Be- fugniß be;üzlih der an tas Systcm des Wache- um Watte - Gehens anfnüpfenten Borschrifr im § 35 Abf. 1, weil dies System für kleinere Fahrzeuge undurdführbar is und daher die Betheili„ten auf den für die Mannschaft kleiner Sch ffe besonders unerwünschten Weg der andetk- weitigen Abreten gedrängt werden würden.

Fraglih war, ob die Anocdnung von Ausnahmen nicht dem Bundesrathe zu ütertragen sei. Es ist davon abgesehen worden, we! es dabei vieltah auf die Berüksichtigung örtliher Verhältnisse an kommt, was namentiih von der Art der zu befreienden kleineren Fahr- zeuge gilt. Sollten fich turch abweichende Negelung in benachbarten Gebieten, etwa bezügli des Musterungéwesens, Unzut: äzlichkeiten (l geben, so wird sich durch Vermittelung des Yteichskanzlers die Hers \tellunz der wünschenswerthen Gleich aäßigk-it leicht herbeiführen lassen-

Zu 88 121, 122 (bisher 8 110, 111) ist nih:s zu bemerken.

(Fortseßung in der Vierten Beilage.)

“(R

*

Vierte Beilage

zum Deulschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.

M B09.

(Fortsezung aus der Dritten Beilage.)

Entwurf eines Gesezes, betreffend

die Verpflichtung deutscher Kauffahrteischisfe zur Mitnahme heimzuschasfender Seeleute.

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Heeußan A.

verordnen im Namen des Reichs, nach - erfolgter Zustimmung des Bundesraths und des Reichstages, was folgt:

S1

Jedes deutsche Kauffahrteisch!ff, welches von cinem außerdeutshen Hafen nah einem teutschen Hafen oder nach einem Hafen des Kanals, Großbritanniens, des Sundes oder des Kattegats oder nah einem außerdevtshen Hafen der Nordsee oder der Ostsee bestimmt ist, ist verpflihtet, deutschèé Seeleute, welhe im Auslande sich in hilfs- bedürftigem Zustande befinden oder wegen einer strafbaren Handlung an die heimischen Behörden abgeliefert werden sollen, behufs ibrer Zurückbeförderung nah Deutschland auf s{rift- liche Anweisung des Seemannéamts gegen eine Entschädigung 95) nach seinem Bestimmungshafen mitzunehmen. Das Gleiche gilt, wenn das Schiff nah einem anderen außerdeutschen Hafen bestimmt is, von welchem aus die Weiter- beförderung nah eïnem der vorbezeihneten Häfen er- folgen kann.

In Ansehung ausländisder Seeleute, welhe unmittelbar nah einem Dienste auf einem deutschen Kauffahrteishif außerhalb Deutsch- lands si in einem hilfsbedürftigen Zustande befinden, liegt den nah deren Heimatbslande bestimmten deutshen Kauffahrteishiffen eine gleihe Vervflihtung ob. i

Zar Erfüllung dieser Verpflichtungen kann der Schiffer vom Seemannsamte zwangsweise angehalten werden.

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Bieten mehrere Schiffe Gelegenheit zur Mitnahme, so sind die zu befördernden Seeleute dur das Seemannsamt nach Verhältniß der Größe der Schiffe und der Zahl ihrer Mannschaften auf die einzelnen Schiffe zu vertheilen.

Die Mitnahme kann verweigert werden : /

1) wenn und foweit an Bord kein angemessener Plah für die Mitzunehmenden vorhanden ift;

2) wenn der Mitzunehmende bettlägerig krank oder mit einer syphilitishen oder einer sonstigen, die Gesundheit oder B l der Mannschaft gefährdenden Krankheit be-

aftet ist; wenn und soweit die Zahl der Mitzunehmenden bei Hilfsbedürftigen ein Viertheil, bei Straffälligen ein Sechstel der Schiffsmannschafst übersteigt, oder mehr dáls ein Straffälliger mitgenommen werden foll; L :

4) wenn die Mitnahme nicht mindestens zwei Tage vor dem Zeitpunkte verlangt wird, an welchem das Schiff zum Ab- gehen fertig ift; -

S5) wenn der Hafen von einer deutshen Dampfer- linie, die zur Mitnahme vertragsmäßig ver- pflichtet ist, auf der Heimreise nah Deutschland in regelmäßiger Fahrt angelaufen wird.

Die Entscheidung über den Grund ter Weigerung steht dem

Seemannsamite zu. 8 4. h A

Während der Reise erhält der wegen Hilfsbedürftigkeit Mitgenommene seiner Stellung entsprehend 5) Kost und Logis von feiten des Schiffes. i

Der wegen einer strafbaren Handlung Mitgenommene ist _als Gefangener zu behandeln, wobei die vom See- mannsamt ertheilten Weisungen, insbesondere auh wegen der Ablieferur.g zu befolgen sind. Die Bewachung liegt dem Schiffer ob, sofern niht ein besonderer Begleiter mitgegeben wird. i T

Der Mitgenommene is der Disziplinargewalt des Schiffers untérworfen. (

S5: Als Entschädigung 1) ist, in Ermangelußg einer ander- weitigen Vereinbarung zu zahlen 18 G a. bei Mitnahme Hilfsbedürftiger für jeden Tag des Aufenthalts an Bord: E S 1) für einen Schiffer oder einen Schiffsoffizier 3 Mark auf Segelshiffen und 6 Mark“ auf Dampf- {chiffen; ; 2) für jeden anderen Seemann 1,50 Mark auf S'gel- schiffen und 3 Mark auf Dampfschiffen; : i . bei Mitnahme Straffälliger der gewöhnliche Neberfahrtspreis oder, falls ein solcher nicht zu ermitteln is, das Doppelte der für die Mitnahme Hilfsbedürftiger aufgestellten Säße und außer- dem, wenn ein besonderer Begleiter nicht mitgegeben wird, eine angemessene von dem anweisenden Seemanns8amte 1) vorläufig fest- zuseßende Vergütung für die Bewachung. Für die ettung dieser Vergütung kann der Bundes- rath bestimmte Sätze aufstellen.

8 6, : Die Entschädigung wird im Beftimmungshafen duth das See- mannéamt gegen Auslieferung der wegen der Mitnahme ertheilten An- weisung 1) für Rechnung des Reichs ausgezahlt.

S T; h Der wegen Hilfsbedürstigkeit Mitgenomméene haftet für die durch die Zurückbeförderung verursahten Aufwendungen. Die Vorscriften, welhe den Rheder oder andere Personen zur Gesang (nee, Aufwendungen verpflichten, werden dur dieses eseß nicht berührt. : Bri Mitabhme eines Straffälligen bleibt dem Reiche der Nückgriff an den Bundesstaat vorbehalten, an dessen Behörden der Mitgenommene abzuliefern ift.

S8. j i Wer kich der Erfüllung etner ihm nah § 1 obliegenden BVer- flihtung entzieht, wird mit Geldstrafe bis zu einhundertund-

fünfzig Mark oder mit Haft bestraft. Für die Festseßung der |

trafe und für das weitere Verfahren kommen die im 8 111 der eemannsordnung enthaltenen Vorschriften zur Anwendung.

8/9, Dieses Gesetz tritt am 1. April 1901 in Kraft. An demselben Tage tritt S Gejey, betreffend die Verpflichtung

d Die Abweichungen von dem Geseße vom 27. Dezember 1872 . G.-Bl. S. 432) sind dur gesperrten Druck geklelnzeichnet.

Berlin, Donnerstag, den 28. Dezember

deutsher Kauffahrteischiffe zur Mitnahme hilfsbedürf- tiger Seeleute, vom 27. Dezember 1872 (Reihs8-Geseßtzbl. S. 432) außer Kraft

8 10.

Soweit in anderen Geseßzen auf Vorschriften des Ge- sezes, betreffend die Verpflihtung deutsher Kauffahrtei- \chiffe zur Mitnahme hilfsbedürftiger Seeleute, vom 27. Dezember 1872, verwiesen ift, treten die entsprechemden Borschriften dieses Gesetzes an deren Stelle.

Urkundlih unter Unserer Höchsteigenhändigen“ Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlihen Insiegel.

Gegeben i

Begründung.

Das nach Inhalt und Entstehung in enger Beziehung zur See- mannsordnung stehende Gesetz, betreffend die Verpflichtung deutscher

Kauffahrteischiffe zur Mitnahme hilfsbedürftiger Seeleute, bedarf in |

Folge der Revision der Seemann8ordnung nur geringfügiger Aenderungen. Dagegen baben die praktischen Erfahrungen es wünschenswerth er- feinen lassen, den Inhalt dieses Gefeßes durch Erstreckung der Ver- vflihtung der Schiffe auf die Heimschaffung straffälliger Seeleute zu erweitern. Daß eine geseßlihe Veryflihtung ¿zur Beförderung \traffälliger Pérsonen, welche den heimishen Behörden zur Ab- urtheilung oder zur Strafvollstreckung zugeführt werden sollen, bisher gefehlt hat, ist vielfah als eine Lücke empfunden worden. Für die Reichspostdampfer- ift eine solhe Verpflichtung dur die Subventions- verträge begründet !)). Dur Verträge mit den niht subventionierten Dampferlinien läßt sih das Bedürfniß niht wohl befriedigen. „Denn Schwierigkeiten haben sh niht geger über den großen Dampferlinien ergeben; fie find vielmehr vorrehmlich an folhén Küstenpläßen her- vorgetreten, welche von keiner größeren deutshen Dampferlinie an- gelaufen werden, inébesondere haben sich an den spanischen, portugiesishen und s{hwedishen Küsten Fälle ereignet, in denen die Heimschaffung von Seeleuten, die auf deutshen Schiffen strafbare Handkungen begangen hatten, auf Schwierigkeiten gestoßen ist. Es bedarf daher einer geseßlichen Verrflihtung der Schiffe, wobei der Personenkreis, auf den sich die Verpflichtung erstreckèn soll, angemessen zu beshränken, den Nkbedern aber gegen zu weit gehende Jnanspruch- nahme ausreihender Schuß, und für die beanspruhte Leistung volle Entschädigung zu gewähren sein wird. Dieses Ziel soll durch die im vorliegenden Gntwurfe vorgesehene Erweiterung des Geseges vom 27. Dezember 1872 erreiht werden. Indem der Entwurf die Ver- pflichtung zur Mitnahme auf stcaffällige Seeleute beschränkt, hält er sh im Rahmen eines zur Ergänzung der Seemann8ordnung be- stimmten E

Daß deutshe Seeleute, die sich einer strafbaren Händlung \{uldig gemacht haben, von teutschen Schiffen mitgenommen und an die heimishen Behörden zur Aburtheilung oder Strafvollstreckung abgeliefert werden, ltegt auch im Interisse der Nhedereien. Denn es handelt sich “dabei in der Regel um Vergehen, die an Bord deutscher Schiffe begangen find, und die nicht ungeahndet zu lassen hon für die Aufrechterhaltung der Schiffsdisziplin von Bedeutung ist. Ferner werden die Seemanrsämter im Auslande die nah § 78 des Entwurfs der Seemannsordnung- erforderlitce Genehmigung zur Zurütklassung eines straffälligen Schiffsmanns eher zu ertheilen in der Lage sein, wenn fie die Heimschaffung des Schiffsmanns mit einem anderen den Hafenplayiz anlaufenden deutschen Schiffe erzwingen köanen.

_ Daß bei der vorgeschlagenen Regelung den Rhedereten erhebliche Belästigungen erwachsen werden, is kaum anzunehmen. Denn einmal foll die Mitnahmepfliht, wie im Fall der Hilfsbedürftigkeit, an die Borausfeßung gebunden sein, daß an Bord ein angem. sener Play, also bei der Mitnahme eines \traffälligen Schiffemanns ein für dessen sichere Unterbringung geeigneter Raum vorhanden ist. Sodann erstreckt h die Verpflichtung niemals weiter, als auf die Mitnahme eines \traffälligen Scemarns. Endlich soll den Nhedereien volle Vergütung gewährt werden. Zwar läßt sich nicht bestreiten, daß, wie bei der Erd terung der vorgeschlagenen Vorschriften mit den betheiligten Bundesregierungen und Berufskreisen von verschiedenen Seiten ‘geltend gemacht worden ist, die Anwesenheit straffälliger Personen und ins- besondere straffälligec Betufsgenocssen für die Disziplin unter der Schiffémann'chaft nicht vórthe:lhaît ist. Indessen muß dem Interesse der Rechtspfl-ge gegenüber dieses Bedenken zurücktreten.

Im übrigen kann auf die nahfolgenden Erläuterungen zu den

Einzelvorschriften verwiesen werden.

Zur Ueber schrift. Die Aenderung ergiebt sich aus dem erweiterten Inhalt des

Gesetzes. ;

u:S. 1.

Dem gemäß dem Voistehenden ckurch einen Zusaß ertveiterten ersten Saß des Abs. 1 ist ein zweiter Saß hinzugefügt, der den Fall tri ffen soll, daß ein deutsches Schiff von einem außerdeutschen Hafen, wo es zur unmittelbaren Beförderung des Heimzuschaffenden nah einem der im Abs. 1 bezeihneten Häfen an Gelegenheit fehlt, nah einem anderen außerdeutshen Hafen fährt, wo solhe Gelegenheit vor- handen ist. Insbesondere bei regelmäßiger außereuropäisher Küstenfahrt körnen deutshe Schiffe auf diese Weise mit Nußen an der Rük- beförderung heimzuschaffender Seeleute mitwirken, ohne daß sie nah der bisherigen Fessung des Geseßes hierzu ugrpflihtet wären. Mit dem in dessen Motiven angegebenen Grundsat, daß jedes deutsche Kauffahrteishfff die ihm als hilfsbedürftige Glieder der deutschen Handelsmarine überwiesenen Seeleute nah seinem Bestimmungshafen mitzunehmen habe, sofern die Hilfsbedürftigen auf diesem Wege threr Heimath wieder zugeführt werden können, \teht der neue Saß durchaus im Einklang.

Zu den Häfen, nah welchen ein Schiff im Sinne des Abs. 1 bestimmt ist, sind der bisherigen Praxis entsprechend auch die Anlaufehäfen, insbesondere Orderhäfen, im Gegensaß zu dem Hafen des endlichen Neiseziels, zu rechnen,

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ist unverändert geblieben.

3. oben bereits erwähnt, ein an- gemessener Plaß für einen heimzuschaffenden Straffälligen nur dann als vorhanden zu erahten, wenn ein für dessen sihere Unterbringung geeigneter Raum verfügbar gemaht werden kann; die Unterbringung in Kajüten kann niht beansprucht werden.

Die Streichung der leßten Worte unter Nr. 2 folgt aus der grundsäßlihen Erweiterung der Mitnahmeverpflichtung.

Nach Nr. 3 foll sih die Verpflihtuug auf die Mitnahme eines Straffälligen beshränken und auch diese soll abgelehnt werden dürfen, wenn “die Mannschaft niht mindestens aus sechs Personen besteht, während die Mitnahme von Hilfsbedürftigen erst verweigert werden kann, wenn deren Zahl ein Biertheil der Schiffsmannschaft übersteigt.

1) Vertrag mit dem Norddeutschen Lloyd vom 12. Seytemver 1898,

i 30. Oktober Artikel 29 (Centralbl. f. d. Deutshe Reih S. 453), Vertrag mit der Deutschen Ostafrika-Linie vom %5./9. Mai 1890, Artikel 18

(Centralbl. f. d. Deutsche Reih S. 122).

BUS Im Sinne der Nr. 1 fe wie

1899.

Dieser Unterschied rechtfertigt s{ch durch die Verschiedenheit in der Art der mitzunehmenden Personen und wird Bedenken, die aus Nhedereikreisen bezüglich der Verpflichtung von geringbenannten Schiffe. zur Mitnahme Stiaffälliger geäußert sind, entkräften.

Nach Nr. 5 soll die Mitnahme auch dann verweigert werden dürfen, wenn sich zur Heimscaffung durch eine vertragsmäßig ver- pflihtete Dampferlinie geeignete Gelegenheit bietet, dem Bedütfniß also durch einen besonders Verpflichteten genügt werden kann. Ver- einbarungen diesec Art bestehen zur Zeit mit den vom Reiche sub- ventionierten Reich postdampferlinien nach Ost-Asien, Australien und Ost-Afrika (\. o.). C E

Zu § 4. i

Fm ersten Satze ist, inebesondere im Interesse von heim- zuschaffenden Schiffern und Schiffsoffizieren, zum Ausdrucke gebracht, daß die dem mitgenommenen Hilfsbedürfiigen zu gewährende Kost und Unterkunft dessen Stellung ent\prehen müssen. “Für den als Gefangenen zu behandelnden Straffälligen sind în diefer Beziehung, wie auch im übrigen, die Weisungen maßgebend, welche das die Mitnahme anordnende Seemannsamt dem Schiffer zu er- theilen hat. Dabei wird, neben etwaigen Anordnungen über die Strenge der Gefangenschaft, insbesondere auch über die Stlle ‘und die Art der Ablieferung der Heimzusch2ffenden Bestimmung zu treffen sein. In letzterer Beziehung sind für den Fall, daß unterwegs die Ablieferung und einstweilige Verwahrung des Heimzuschaffenden in einem auéländishen Hafen erfolgen muß, vo1 welhem die Weiter- beförderung mit einem anderen Schiffe geschieht, die mit der fremden Regierung etwa getroffenen Vereinbarungen zu berüdsihtigen. Ueber die Einzelheiten der dem Schiffsführer zu ertheilenden Weisungen werden die Seemannsämter im Auéland im Verwaltungswege mit allgemeiner Anleitung versehen werden können.

Die bei Nichtmitgabe eines besonderen Begleiters dem Schiffer zufallende Bewachung des Straffälligen kann als eine unzuträgliche, mit dec Sorge für die sichere Leitung des Schiffes unvereinbare Ob- liegenheit niht angesehen werden, da die Mitnahme bei dem Mangel eines zur sicheren Unterbringung des Straffälligen geeigneten Raumes verweigert werden kann.

Zu §59.

Auch bezüglich der Entschädigung ist zwischen den Hilfsbedürstigen und den Straffälligen ein wesentlicher Unterschied zu machen. In beiden Fällen muß indessen eine etwa getroffene besondere Verein- barung zwischen dem Schiffer und dem Seemannsamte maßgebend sein; daß eine folhe Vereinbarung bisher nur über einen geringeren als den geseßlihen Saß zugelassen war, erscheint innerlid nicht be- gründet; au wird die]e Beschränkung der Abredefreiheit sich für die Mitnahme Straffälliger aus praktishen Gründen nicht beibehalten lassen; namentli ift für die Bemessung der Vergütung für die Be- wahung ein ausreiender Spielraum nah beiden Richtungen nicht zu entbehren. /

Für die Mitnahme Hilfsbedürftiger waren nah dem sach- verstäntigen Gutachtèn der Technischen Kommission für Seeschiffahrt nur die Bergütungésäge bei Beförderung mit Dampfern den heutigen Verhältnissen angemessen zu erhöhen und zwar für Schiffer und Shiffsoffiziere von 14 Thaler auf 6 , für andere Seeleute von § Thalern auf 3 4 für den Aufenthaltstag an Bord. Für die Be- förderung auf Segelschiffen, welhe verbältnißmäßig selten erfolgt, e die bisherigen Vergütungssäße auch heute noch als aágemessen erachtet. Í

Die so erhöhten Säße, welhe neben einem Ersaßze für die Ver- pflegung des Mitgenommenen auch eine besheidene Vergütung für den in Anspruch genommenen Raum darftellén, reihen für die weit läftigere Aufnahme Straffälliger niht aus. In diesem Falle erscheint es an- gemessen, den gewöhnlichen Ueberfahrtspreis (für Personen der frag- lihen Klose) zu gewähren, falls aber ein solher niht zu ermitteln ist, wie dies bei der Beförderung mit Segelschiff oder auf Strecken, die nur von Frahtdompfern befahren werden, vorkommen ftann, die Sätze für die Mitnahme Hilfsbedürftiger auf“ das Doppelte zu er- höhen. Daneben foll, wenn ein befonderer Begleiter niht mitgegeben wird, der Schiffer für die ihm alsdann zufallende Bewachung des Straffälligen eine angemessene Vergütung erhalten. Hiermit dürfte billigen Ansprüchen Genüge geschehen und zu noch höherer Bemessung der Vergütung kein Grund vorhanden sein, zumal da in dem Ueber- fahrtè preise bereits ein Gewinn enthalten ist. Die besondere Ver- gütung für die Bewachüng, die dem Schiffer versönlih zukommt, wobei ihm überl1ssen bleibt, daraus die zur Ausführung der Bes wachung herangezogener Personen der Schiffömannschaft zu entlohnen, ist, falls niht ihr Betrag zwischen dem Schiffer und dem anweisenden Seemannsámte vereinbart i}, wie in ähnlihen Fällen der Seemanns- ordnung 54 leßter Absay, § 61 leßter Absaßy, § 68 leßter Absay) von dem Seemannsamte vorläufig festzuseßen. Gegen diese Festseßung steht na allgemeiner Nechtsregel der Rechtsweg ofen. Um indessen unerwün}chte Prozeßstreitigkeiten zu vermeiden, wird es zweckmäßig sein, daß für die Bemessung dieser Vergütung namentlih für Strecken, auf denen die Heim chaffung Stiraffälliger öfter stattfindet, bestimmte Säge aufgestellt werden, wofür der Bundesrath die geeignete Stelle ist. Zu §6.

Die für' die Heimschaffung Hilfsbedürftiger von dem Seemanns- amte des“ Bestimmungshafens ausgezablten Entschädigungen find {on bisher zur Erstattung beim Reiche liqguidiert worden, welches dieselbe im Wege der Verständigung übernommen hat und sie aus dem beim Etat des Auswärtigen Amts (für das Rechnungsjahr 1899 unter Kapitel 5 Titel 136) zur Verfügung gestellten Fonds bestreitet. Dieses Verhältniß wird durch den Zusaß zu § 6 geseßlih bestätigt.

Zu § 7.

Die Haftung des Straftälligen für die Heimschaffungskoften bestimmt ih dus den fstrafproz:fsualishen Vorschriften. Das Rück- griffsrecht des Reichs war dem erweiterten Inhalte des Gesehes in der Weise anzupassen, daß im Falle der Heimshaffung Straffälliger welhe im Interesse der Landesjustiz erfolgt, dem Neiche der Nütgriff an den Bundesstaat, an dessen Behörden der Mitgenommene ab- zuliefern ist, zusteht.

Einer von Vertretern größerer Dampfschiffsrhedereien gegebenen Anregung, die nah der Seemannsordnung dem hilfsbedürftigen Schif\smanne gegenüber rüdckbeförderungspflihtige Rhederei über die Säye im §5 unter a hinaus zur Vergütung des gewöhnlichen Ueber- fahrtspreifes zu verpflichten, ist nit stattgegeben worden. Wenngleich niht zu verkennen ist, taß die regelmäßigen großen Dampferlinien dur die Heimschaffung hilfebedürftiger Schiffsleute von anderen Schiffen besonders ftark in Anspruh genommen werden, \o is doch zu beachten, daß die Mitnahmepfl:ht im Interesse der gesammten Handels«- marine begründet ist, wobei ein völliger Ausgleich von Leiftung und Gegenleistung niht unter allen Umständen herbeigeführt werden kaun. Ueberdies enthält der gewöhnlihe Ueberfahrtspreis, wie bereits oben erwähnt, neben dem Ersaße der Selbstkosten auch einen Betriebs- gewinn. Daß ein solcher dem Rheder des mitnehmenden Schiffes bei einer im allgemeinen Jneis angeordneten Zuweisung von Ea ieren gewährleistet wird, kann er nitt BRan rin Zur

edung der Selbstkosten sind aber die Vergütungs\äye des § §5 unter a für ausreihend zu erachten.