1875 / 257 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 02 Nov 1875 18:00:01 GMT) scan diff

Herrschaften von Sagan erst Nachmittags 5 Uhr stattfindet ud der Ankunft in Ohlau um 8 Uhx entgegengesehen wird. In Breslau wird um 7 Uhr 25 Minuten ein Aufenthalt von 5 Minuten genommen.

In der heutigen (4.) Sizung des Deutschen Reihs- tages, welhe am Tisze des Bundesraths der Präsident des Reichskanzler-Amts, Staats-Minister Dr. Delbrück, der General-Poftdirektor Dr. Stephan und mehrere Bundes- Kommissarien beiwohnten, theilte der Präsident die vor der heutigen Sitzung erfolgte Konstituirung der Ab- theilungen, sowie die Wahlen der Fachkommissionen und deren Konstituirung mit. Es wurden gewählt in der ersten Abtheilung zum Vorsitzenden Dr. - Löwe, - zum Stellvertreter v. Benda; in der zweiten Abtheilung Vorsißender Hölder, zum Stellvertreter Schulze-Delißsh; in der dritten Abtheilung Vor- fißender v. Rönne, Stellvertreter Lucius (Erfurt); in \ der vierten Abtheilung Vorsißender Dr. Hänel , Stellvertreter Rickert ; in der fünften Abtheilung Vorsißender Dr. v. Schulte, Stellvertreter Forcade de Biaix; in der sechsten Abtheilung Vor- figender v. Bernuth, Stellvertreter v. Varnbüler; in der siebenten Abtheilung Vorsißender Albreht (Osterode), Stellvertreter v. Denzin. Alsdann wurden die Fahkommisfionen gewählt und fFonstituirten \sih wie folgt: i

In der Geschäftsordnunzs-Kommission wurden ge- wählt: v. Bernuth (Vorsißender), v. Denzin (Stellvertreter), v. Vahl, Valentin (Schriftführer); in der Petitionskom- mission: Albrecht - Osterode (Vorsizender), Ackermann (Stell- vertreter), Grütering, Ausfeld, Dr. Kirher (Meiningen), v. Gerlach (Schriftführer); in der Budget kommission: v. Bennigsèén(Vor- sigender), Dr. Lucius-Erfurt (Stellvertreter), Graf v. Ballestrem, Dr. Kapp, Freiherr v. Malyahn-Gülß (Schriftführer); in der Rechnungskommission: Ritert (Vorsizender), Oehmichen (Stellvertreter), v.Reden, Strecker (Schriftführer); in der Kommission zur Vorbereitung des Gesezentwurfs für Elsaß-Lothringen, be- treffend die Ersezung und Kraftloserklärung auf den Inhaber lautender öffentlicher Schuldverschreibungen : Kloy (Vorfitzender),

“v. Cuny (Schriftführer).

Alsdann trat das Haus in die Tagesordnung ein, in die erste Berathung des Geseßentwurfs, betreffend die Abänderung des 8. 4 des Geseges über das Postwesen des Deut-

: hen Reiches vom 28. Oktober 1871. Der Bundeskommissar Geheimer Postrath Dr. Fischer, führte aus, daß es sich wesentlih um Kodifikation zerstreuter Bestimmungen handle, auf denen die Beziehungen zwischen der Postverwaltung und den Eisen- bahnen beruhen. Dagegen bemerkten die Abgg. Elben und Richter, daß jene Beziehungen, bei denen die Eisenbahnen die Verpflichteten seien, einer Klärung bedürften, daher der erstere Abgeordnete eine Verweisung der Vorlage an eine besondere _ Kommission von 14 Mitgliedern beantragte. Bei Schluß des

Blatts hatte der Abg. Baron v. Minnigerode das Wort, der sich mit der Vorlage einverstanden erklärte.

In Folge des vom- Reichstag am 29. Oktober gefaßten Beschlusses, durch welchen das Mandat für die bisherigen Mit- glieder der Reihstags-Kommission zur Vorberathung der Entwürfe eines Gerichtsverfassungs-Geseyhes, einer Strafprozeß-Ordnung und einer Civilprozeß-

Ordnung nebst Einführungsgeseßen zunähst auf so lange erneuert wurde, als solches innerhalb der verfafsungs- mäßigen Zuständigkeit des Reichstags belegen if, also für die Dauer der gegenwärtigen Session, konstituirte fich die Kommission am gleichen Tage von Neuem, indem die Mitglieder, welche bis- her die Stellen des Präsidenten, des Vizepräsidenten und der Schriftführer bekleidet, desgleichen diejenigen Mitglieder, welche bisher die Redattionsfommission gebildet hatten, wiederum zu diesen Funktionen erwählt wurden.

Am Sonnabend fand eine Sißung der Kommission ftatt, in

, welcher beschlo}se wurde, dem nunmehr zur ersten Lesung aus-

geseßten Gerichtsverfassungsgeseße einen neuen Titel über die Rechts verhältnisse des Richieramts, also über die Be- sezung der Gerichte mit juristish gebildeten Richtern, über die Cigenschaften solher Richier ‘und deren rechtlihe Stellung dem Entwurf voranzustellen.

Ein von einer Anzahl Mitglieder eingebrahter, in neun Paragraphen formulirter Gefezesvorshlag wurde der Berathung zu Grunde gelegt und gelangte in allen seinen Theilen zur An- nahme. Dieser Gefezesvorschlag lautet:

/ _ Richteramt.

8. 1. Die richterliche Gewalt wird durch unabhängige, nur dem Gesetz * unterworfene Gerichte ausgeübt.

__ S. 2. Die Fähigkeit zum Nichteramte wird durch Zurücklegung eines m1ndeftens dreijährigen Rechtsstudiums auf einer Universität und durch die Ablegung zweier juristischen Prüfungen in einem Bun- desftaate erlangt.

__ Von dem dreijährigen Zeitraume find mindestens drei Halb- jahre dem Rechts\studium auf einer deutshen Universität zu widmen.

Zwischen der erften und zweiten Prüfung muß ein Zeitraum von mindestens drei Jahren liegen, welcher im Dienste bei den Ge- rihten und bei den Rechtsanwälten zu verwenden if, auch zam Theil bei der Staatsanwaltschaft verwendet werden kann.

_ Landesgefege können bestimmen, daß von den drei Jahren die Zeit von höchstens einem Jahre im Dientite bei Verwaltungsbehörden zu verwenden is oder verwendet werden kann.

._ §. 3. Zum Richteramte befähigt ift ferner jeder ordentlithe Éffent.iche Lehrer des Rechts an einer deutschen Universität.

. 4. Wer in einem Bundesftaate die Fähigkeit zum Richter- amte bereits erlangt hat oder auf Grund der Bestimmungen des 8. 2 in Zukunft erlangen wird, ift, soweit dieses Geseß keine Auênahmen v ad zu jedem Richteramte innerhalb des Deutschen Reiches Lefähigt.

S. 9. Die Ernennung der Richter erfolgt auf Lebenszeit.

F. 6. Die Richter beziehen in ihrer rihterlichen Eigenschaft cin Festes Gehalt mit e R von Gebühren.

Sind für einzelne Klassen der Richter verschiedene Gehaltsftufen “—Festgeseßt, so erfolgt ein Aufrüccken in die höhere Gchaltsftufe nur mach Maßgabe des Dienstalters in der betreffenden Klasse.

8. 7. Richter können nur durch Richterspruch aus den Gründen “Und unter den Formen, welche die Geseße bestimmen, ihres Amtes Ddauernd* oder zeitwéise enthoben, oder auf Grund eines Richter- fpruchs wider ihren Willen an eine andere Sielle oder in Ruhestand verseßt werden.

Die vorläufige Amtsenthebung, welche kraft Gesches eintritt, „wird hierdurch nit berührt.

Bei einer Veränderung in der Organisation der Gerichte oder ihrer Bezirke tönnen unfreiwillige Verseßungen an ein anderes Gericht oder Entfernungen vom Amte unter Belaffung des vollen Gehalts durch díe Landes-Justizverwaltung verfügt werden.

8. 8. Wegen vermögensrechtlicher Ansprüche der Richter aus ibrem Dienstverhälünifse, insbesondere auf Gehalt, Wartegeld oder Ruhegchalt darf der Rechtsweg nicht ausgeschlossen werden.

8. 9, In welchen Fällen Personen, weiche niht nach den Be- ftimmungen der §8. 2—9 dem Richterstande angehören, Mitglieder eines Gerichts sein fönuen, wird durch die Meg dge ege beftimmt.

Auf diese niht dem Richterftande angehérenden

ilglieder cines } anderweitiger Bestimmung abberufen worden,

Ns finden die Bestimmungen der §8, 6—8 gleichfalls keine An- wendung.

Beigefügt wurde noch (als §, 2a.) die Bestimmung, däß nah dem Ermessen der Justizverwaltnug, wer in einem Bundesftaate die erste jucistishe Prüfung bestanden hat, zum Vorbereitungsdienst in einem anderen Bundesstaate zugelassen werden könne, sowie ferner, daß die in einem Bundesstaate ftattgehabte Vorbereitungszeit Seitens der Justizverwaltung eines anderen Bundesstaates dem Richteramts- Aspiranten angerechnet. werden köane.

Die Kosten des Transports der in §. 38 des Ge- seßes vom 8. März 1871 erwähnten Landstreicher 2c. aus dem Gerichtsgefängniß in das Arbeitshaus, so wie die Kosten der den Transportaten der erwähnten Kategorie zu gewährenden unentbehrlihen Bekleidung fallen dem Siaate zur Last; die leßteren Kosten sind gemäß §. 12 der General-Transportin struktion als ein integrirender Theil der Transportkosten zu betrachten. Es unterliegt somit, nah einem Reskript des Ministers des Innern vom 28. September d. I., keinem Zweifel, daß die Ver- pflihtung des Staates zur Tragung der qu. Transport- (be- ziehungsweise Bekleidungs-) Kosten entsteht, sobald ein Korrigende auf den Transport - gegeben wird, und abgesehen von etwaigen Regreßansprüchen gegen einen fahrlässigen DTrans- porteur dadurch nicht aufgehoben oder beseitigt werden kann, daß der Transportat, weil er entsprungen ist, an seinem Bestimmungsorte nicht abgeliefert werden kann.

Die Bestimmung in §. 14 der General-Transport-Jastruk- tion, wonach die Erstattung der von den Lokalpolizeibehörden vor- geshossenen Transportkosten der Bestimmungsbehörde dann in Wegfall kommt, wenn der Transportat auf dem Transporte entsprungen if, ändert nihts an der generellen Verpfl’htung des Staates zur Tragung der Transportkosten; fie hat viel- mehr nur die Wirkung, daß diese Kosten eintretenden Falls zunächst bei der der absendenden Behörde vorgeseßten Regierung zur Erstattung zu liquidiren sind.

In einer Beschwerdesahe eines Karousselbesizers wegen der ihm verweigerten ortspolizeilihen Erlaubniß zum Auf- stellen seines Karoussels hat der Minister des Innern fih in einem Erlaß vom 19. Mai d. I. dahin geäußert, daß allerdings nah §. 59 der Gewerbe-Ordnung vom 21. Juni 1869 der Be- trieb eines der dort genannten Gewerbe von der vorgängigen Erlaubniß der Ortsbehörde abhängig sei. Diese Bestim- mung habe aber wesentlich den Zweck, einer über- mäßigen Belästigung des Publikums durch derartige Gewerbe- treibende thunlihfi vorzubeugen. Wenn nun ein Amtsvorsteher, wie im vorliegenden Falle, der Meinung sei, daß er befugt gewesen wäre, die Aufstellung des Karoufsels niht zu gestatien, weil durch den Karoufselbetrieb die dortigen Einwohner zum vermeÿrten Wirthshausbesuche resp. Branntweingenusse . verleitet werden könnten, so müsse diese Auffassung als eine zu weit- gehende bezeihnet werden. Denn abgesehen davon, ob die, haupt- fählich doch nur für Kinder berehnete Aufstellung eines Karoufsels in der That die von dem Amtsvorsteher befürhteten demorali- firenden Wirkungen nothwendig im Gefolge haben müßte, was fich im Allgemeinen kaum annehmen lasse, so würde die in Rede stehende Auffassung in ihren Konsequenzen dahin führen, in ländlichen Gemeinden überhaupt alle derartigen öffentlihen Schau- stellungen 2c. zu verhindern und somit den bezüglihen Gewerbe- betrieb größtentheils illusorish zu machen. Ein folhes Vorgehen würde fich umsoweniger rechtfertigen lassen, als die Betreffenden für ihr Gewerbe Steuer zu zahlen und insoweit Anspruch darauf haben, daß ihren Interessen auch Seitens der Orts- behörden billige Rücksichtsnahme zu Theil werde.

Die Strafbarkeit der ö ffentlihen Verbreitung der Aufforderung zum Ungehorsam gegen die Ge- seße wird, nah einem Erkenntniß des Ober-Tribunals vom 5. Oktober d. I., dadur nicht ausgeshlossen, daß es nicht in der Absicht des Verbreiters (Zeitungs-Redacteurs) gelegen, in Anderen den Willen zu einem Handeln gegen die Geseße hervorzurufen. Der Redacteur der „Essener Volksztg.“ hatte die päpstlihe Encyclica über die Maigeseße vom 5. Februar 1875 in seiner Zeitung in modifizirter Fassung veröffentlicht, indem er besonders die Stellen der Encyclica wegließ, von welhen er an- nahm, daß sie Anstoß erregen könnten. Auf Grund des §. 110 des Strafgeseybuchs und §. 20 des Reichs-Preßgesehßes wegen Auffor- derung zum Ungehorsam gegen die Staatsgesetze angeklagt, wurde der Redacteur in beiden Instanzen freigesprochen, weil es für die Annahme einer Absicht, durch die Veröffentlihung in An- deren den Willen zu einem Handeln gegen rechtsgültige Geseße hervorzurufen, an- jedem Anhalt fehle. Der Angeklagte hätte, indem ct die politisch wie historish bedeutungsvolle Encyclica veröffentlihte, nur eine Pflicht gegen diejenigen Abonnenten er- füllt, welhe für den Kampf der katholischen Kirhe gegen die Staatsregierung fich interesfirten und welchen zum Verständniß kein Theil der historishen Entwidtelung entbehrlich gewesen sei. Auf die Nichtigkeitsbeshwerde der Ober-Staatsanwaltschaft vernichtete das Ober-Tribunal das vorinstanzlihe Erkenntniß und verwies die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an ein an- deres Appellationsgericht, indem es in seinem Erkenntniß ausführte: „nah §. 20 Abs. 2 des Reichs-Preßgeseßes bestimmt sich die ftrafrehtlihe Verantwortlichkeit für Handlungen, deren Straf- barkeit durch den Inhalt einer Druckschrift begründet wird, nah den bestehenden allgemeinen Strafgeseßzen. Wenn nun, wie der Appellationsrihter anerkennt, die päpstliße Encyclica auch in der gemilderten Fassung, in welcher die „Essener Volks-Ztg.“ fie veröffentliht hat, die Aufforderung zum Ungehorsam gegen rechtsgültige Gesche enthält, w:nn niht minder in der oben gedahten Weise die Mitwirkung des Angeklagten bei der Veröffent- lihung derselben festgestellt worden ist, so bedurfte es zur Anwen- dung des §. 110 des Reichs-Strafgesezbuchs gegen den Angeklagten des vom Appellationsrihter vermißten Nachweises eines beson- deren dolus nicht weiter. Der §. 110 cit. erfordert zu seiner Anwendung niht den Nahweis, daß die Absicht des Thäters bei öffentliher Verbreitung der Aufforderung zum Ungehorsam gegén die Gesehe dahin gerihtet gewesen \ei, in Anderen den Willen zu einem Handeln gegen die Gesetze hervorzurufen. Es genügt nah den allgemeinen Strafgesetzen die Feststellung, daß das die Aufforderung zu solhem Ungehorsam enthaltene Schrift- stück durch den Angeklagten öffentlih verbreitet worden, ohne daß derselbe eine derjenigen Bestimmungen für fich anzurufen ver- möchte, welche nach den allgemeinen Grundsäßen des Straf- geseybuchs die Strafbarkeit ausschließen.

Der Gesandte der Vereinigten Staaten von Nordamerika am hiefigen Allerhöhsten Hofe Mr. Bancroft Davis hat Verlin mit Urlaub verlassen, Während seiner Abwesenheit fun- girt der erste Sekretär der Gesandtschaft, Mr. Fish, als interimistisher Geschäftsträger.

Nachdem der Königlich belgische interimistishe Geschäfts- träger, Legations-Rath Baron Pitteurs -Hiegaerts, zu fungirt der

Legations - Sekretär Baron Nothomb in der genannten

Eigenschaft.

Der General-Lieutenant von Budrißki, Commandeur der 2. Garde-Infanterie-Division, ist in Genehmigung feines Abschiedsgesuches unter Verleihung des Charakters als General der Infanterie, unter gleichzeitiger Steiung à la suite des Kaiser Alexander-Garde Grenadier-Regiments Nr. 1, mit Pension zur Disposition gestellt; der General-Major von Dannenberg, Commandeur der 1. Garde-Infanterie-Brigade, unter Entbin- dung von der Wahrnehmung der Geschäfte der Kommandantur in Potsdam, zum Commandeur der 2. Garde-Infanterie-Division, der General-Major von Stiehle, General à la suite Sr. Majestät des Kaisers und Königs und Jnspecteur der Jäger und Schüßen, zum Commandeur der 7. Division, der General- Major von Thile, Commandeur der 4. Garde-Infanterie- Brigade, zum Inspecteur der Jäger und Schüßen ernannt, und der General-Major Freiherr von Meerscheidt-Hüllessem, Commandeur der 11. Infanterie-Brigade, in gleiher Eigenschaft zur 4, Garde-Infanterie-Brigade verseßt.

Der Premier-Lieutenant Heinrich XVHl. Prinz Reuß vom Garde-Kürassier-Regiment ift von seiner Urlaubsreise hierher zurückgekehrt.

Der Contre-Admiral Henk, Direktor der Kaiserlichen t o iji von Urlaub aus der Schweiz hierher zurück- gekehrt.

S. M. S. „Augusta“ hat am 18. September cr. Sa- banilla verlaffen, erreihte am 20. desselben Monats Colon, ging am 23. September wieder in See, lief am 24. in den Hafen von Cartagena und am 28. September wieder in Sabanilla ein. Am 29. September ging S. M. S. „Augusta®* wieder von Sa- banilla ab, traf am 30. desselben Monats in Santa Marta ein und ankerte am 8. Oktober c. Abends vor dem Hafen von St. Thomas.

Rendsburg, 30. Oktober. In der heutigen (16.) Sihung des Provinziallandtags fand die Schlußberathung über den Entwurf einer Verordnung zur Ausführung der Vorschrif- ten im §. 22 des Fischerei-Geseßes vom 30. Mai 1874 für die Provinz Schleswig-Holstein statt unter Annahme sämmtlicher von dem Ausschuß gestellten Anträge sowie zweier sonstigen Amendements. Sodann wurde in der Schlußberathung ab- gelehnt: die Ausgleihssumme für die Kriegsfuhren des Jahres 1864 auf die Provinz zu übernehmen. Ein An- trag, gleichzeitig zu beantragen, daß die fraglihe Aus- gleihssfumme auf die Staatskasse übernommen werde, fand nicht die Zustimmung der Versammlung. Es folgte die Schlußberathung über den Aus\chußbericht, betr. die Verwendung der dem Provinzialverbande für die turch die Kriegsereignisse von 1848—51 Belasteten überwiesene Summe von 41/5 Mil- lionen Mark. Bei der Abstimmung wurde nach Ablehnung sämmtlicher gestellten Amendements mit allen gegen 2 Stimmen beshlofsen: I. Aus der durch das Geseß vom 9. Juni d. I. dem Provinzialverbande von Schleswig-Holstein überwiesenen Summe von 4,500,000 4 1) einen Beitrag von 100,000 4 für die Invaliden der ehemaligen \{leswig-holsteinischen Armee der in Altona verwalteten Invalidenfstiftung der Herzogthümer zur freien Verfügung zu stellen ; 2) einen Beitrag von 600,000 ¿/4 zu dem Zweck herzugeben, daß daraus nach fstattgehabtem Ermittelungs- verfahren für solche in Folge der Kriegsereignisse der Jahre 1848—51 in den Herzogthümern Schleswig-Holstein erlittenen nahweisbaren und bisher nicht erseßten Verluste, welhe dadurch entstanden find, daß entweder a. Beamte wegen Befolgung der Anordnungen der \chleswig-holsteinishen Regierungsbehörden durch die dänishe Verwaltung mittelst Einziehung ihrer Dienst- fautionen oder durch anderweitige Exekutionsmaßregeln zur Er- flattung der an die {leswig-holsteinishe Landeskasse abgelieferten JIntraden gezwungen, oder b. Gebäude, Ländereien oder bewegliche Gegenstände durch die militärishen Operationen der kriegführenden Armee zerstört oder beschädigt worden, eine nah Maßgabe der Verhältnisse und der verfügbaren Mittel fesizustellende Ent- \chädigung gewährt werde, jedoch in allen Fällen nux unter der Vorausseßung, daß die BVeschädigten selbst oder deren Hinterbliebene \sih in Folge der erlittenen Verluste noh jeßt in einer Lage befinden, welche ihre Entshädigung als dringend ge- boten erscheinen läßt; I. die dann noch übrig bleibenden 3,800,000 Æ in der Weise zu verwenden, daß zunächft diejenigen 8% der Kommunal-Anleihe vom 2. Mai1849, welche die holsteinishen aus den von den deutschen Regierungen erftatteten Verpflegungs- koften im Januar 1851 ausbezahlt erhielten, welhe die \{chles- wigshen Kommunen aber in Folge der derzeitigen Absperrung von Holstein nit einziehen konnten, im Vorwege den leßteren ausbezahlt werden, und daß mit dem alsdann noh verbleiben- den Rest die nachstchenden Anleihen, nämlich: 1) die Kommunal- Anleihe zur Abhaltung der vorshußweise zu leistenden Ver- pflegung der Reihstruppen vom 2. Mai 1849, 2) die Kom- munal-Anleihe vom 10. April 1850, 3) die Einkommens-Anleihe vom 4. Oftober 1850, 4) die Vermögens-Anleiße vom 4, Oktober 1850, 5) die freiwillige Anleihe vom 28. September 1850, in der Art eingelöst werden, daß die Kommunal- Anleihe vom 2. Mai 1849 den doppelten Prozentsaß desjenigen Prozentsatzes erhält, welher auf die anderen Anleihen sub 2—5 vertheilt wird, sämmtliche Anleigen gegen Rückgabe der Obliga- tionen oder Interims-, eventuell auch Mortifikations\cheine.

Cassel, 30. Oktober. In der Sißzung des Kommunal- Landtags erklärte nah Erledigung mehrerer Eingaben der Abg. Rang, den Antrag auf Erhöhung der Diäten der Landtags- Abgeordneten zurütziehen zu wollen, eine Erklärung, deren Zu- lässigkeit in Zweifel gezogen, alsdann aber dem Ausschusse mit- getheilt wurde. In der Berathung des zur Begutachtung vor- gelegten Entwurfs einer Landesherrlihen Berordnung zu Aus- führung der Vorschriften in §. 22 des Fischereigeseßes vom 30. Mai v. Is. wurden die vom Aus\{huß vorgeschlagenen Ab- änderungsvorshläge genehmigt.

Sachsen-Weimar-Eisenah, Weimar, 30. Oktober. Die Rückkehr dec Großherzoglihen Familie wird nah dem 15. November erwartet. Gegen Ende desselben Monats tritt der Nechnungsaus§\chuß des Landtages zu seiner alle Jahre wiederkehrenden Session zusammen.

Sachsen-Meiningen-Hildburghausen. Meiningen, 30. Oktober. Die Prinzessin Marie if gestern Abend nah mehrwöchentliher Abwesenheit aus den Niederlanden hier wieder eingetroffen. Der regierende Herzog Gearg weilt seit einigen Wochen in Wien, war vor einigen Tagen zur Kaiserlichen Familientafel am Hofe in Gödöllö geladen, und wird die Rüt- kehr demnächst erwartet, Zur Ausführung des Reichs-

geseÿes vom 6, Februar d, I, über die Beurkundung des f

…_ menen Verpflichtungen gemäß jedes Jahr

. Personenstandes und die Cheschließung is eine höchste

Verordnung vom 26, Oktober d. I. erschienen. Der Ministerial-

abtheilung der Justiz ist die Leitung und Oberauffiht über-

tragen; ihr steht die Bildung der Standesamtsbezirke, die Genehmigung zu der Bestellung von Standesbeamten zu. Jn Veranlassung der jüngsten Vorkommnisse in der bayerishen

Kammer geht von hier aus eine mit zahlreihen Unterschriften

bedeckte Dankadresse an den König von Bayern ab. Dieselbe lautet, nah der „Weim. Ztg.“, wie folgt: „An Se. Majestät den König Ludwig 11. von Bayern, Von

alten Zeiten her in freundnabarliher Beziehung zu einander stehend,

find Franken und Thüringen neuerdings enger noch verbunden dur die Schienenstraße, welche, mit Ew. Königlichen Majestät und des

Herzogs von Sachsen-Meiningen Hoheit Genehmigung erbaut, nicht

nur die Nachbarbevölkerung in häufizere Berührung brate, sondern auch eine Anzahl Bayern in Ausübung ihres Berufs nah Meiningen führte und bewirkte, daß im Anschluß der Angehörigen verschiedener Staaten und Konfessionen an einander das Gefühl der Zu- fammengehörigkeit lebhafter, als früher empfunden wird. Wie daher Bayern und Sachsen gemeinsame Entrüsiung ergriff, als in unerhörter Weise die augenblicklihe Majorität der bayerishen Kammer der Abgeordneten es unternahm, eine verfassungs- treue Regierung des Vertrauens ihres Könizlih:n Herrn zu berauben, so erfaßte freudige Bewegung Beide, als Ew. Majestät hochsinnige Entschließung vom 19, d. M. den W-g des Rechts, der Wahrheit und des Lichtes in einem Angenblicke erschloß, als dunkle Wolken den Fortfchritt Bayerns und des deutshen Vaterlandes zu bedrohen schienen. Einig in dem klaren Bewußtsein, daß die Parteinahme in

© dem großen Kampfe, der von Deutschland gegen die Anmaßungen der

Hierarchie geführt wird, unabhängig ist von dem Glaubensbekenntniß, bitten daher die ehrfur{chtvollst Unterzeichneten, Ew. Königiiche Ma- jestät wollen den Ausdruck dankerfüllter Bewunderung gnädigst geneh- migen, den fie nicht zurückzuhalteu vermochien bei Veröffentlichung der Königlichen Worte, welche die Geschichte als eine glorreihe That in ihren Annalen veczeichnen wird. Ew. Königlichen Majetät unter- thänigste 2c. 2c.“

Anhalt. Dessau, 31. Oktober. Der Erbprinz und Prinz Friedrich, die beim Beginn der Universitätsferien Bonn verlassen und fih seitdem bei ihren Hohen Eltern auf- gehalten haben, find gestern Abend von hier nah München ab- gegangen, um daselbst ihre Studien zu vollenden.

Lippe. Detmold, 1. November. Das „F. L. R. u. A. Bl.“ veröffentliht folgendes Bulletin über das Befinden des Fürsten:

Nachdem die im Anfange voriger Woche eingetretene Besserung in dem Befinden Sr. Durchlaucht des Fürsten im Verlaufe der Woche nicht die gehofften Fortschritte gemacht hatte, ift in den leßten Tagen bci Fortdauer der Appetitlosigkeit und der Beklemmungen eine Abnahme der Kräfte eingetreten.

Detmold, 1. November 1875,

Hofrath Dr. Eschenburg.

__ Oesterreich-Ungarn. Wien, 2, November, (W. T. B.) Die heutige amtlihe „Wiener Zeitung“ reproduzirt den Worilaut der jüngsten Kundgebung des St. Petersburger „Regierungsanzeigers“ und begleitet dieselbe mit Aus- drücken der Befriedigung und Anerkennung.

Schweiz. Bern, 1. November. Mit dem 22. Oktober ist der Termin der Einspruchsfrist gegen das neue Bundesgesech über Einführung des metrishen Maßes und Gewichts vom 3. Juli d. J. abgelaufen, ohne daß das Begehren einer Volksabstimmung gestellt worden wäre. Mittelst Kreis\{hreiben theilt nun das eidg. Departement des Innern den Kantons- regierungen mit, daß es in Berüksichtigung des Umstandes, daß genanntes Gesetz mit dem 1. Januar 1877 (\. Art. 19) im ganzen Gebiet der \{chweizerishen Eidgenossenschaft eingeführt und in Wirksamkeit sein soll, sein Möglichstes thun werde, um die- selben rehtzeitig in den Besiß der noh fehlenden metrischen Probemaße zu s\eyen, deren Beschaffung und Kontrole, laut Art. 7 des Gesezes, gegen Vergütung der Erstellungskosten Seitens der Kantone dem Bunde zufällt,

Großbritannien und Jrland. London, 31, Oktober. Die „London Gazette“ meldet die Ernennung des bisherigen Attorney- Generals, Sir Richard Baggally, zum Richter des neugebildeten obersten Appellhofes. Durch diese Er- nennung wird die parlamentaeishe Vertretung von Mid-Surrey vakant. Die gestrige Nummer des amtlihen Blattes bringt den Text einer zwischen den Regierungen von Großbritannien und Tunis am 19. Juli d. I. ges{lo}enen allgemeinen Kon- vention. Ikr Zweck ist, wie in der Einleitung hervorgehoben wird, der, die zwischen den beiden Ländern lange bestandenen Freundschafts- und Handelsbeziehungen durch eine Revision und Modifikation der bestehenden Verträge aufrecht zu halten und zu vervollkommnen. Die Ko:vention zerfällt in 42 Artikel, die u. A. verfügen, daß den britishen Konsuln und Agenten in Tunis jeder Beweis von Achtung und Ehre gezollt werden, und daß zwischen den zwei Ländern eine gegenseitige Handelsfreiheit bestehen soll. Der Bey ver- pflichtet sih, britishe Unterthanen innerhalb der Regentschaft zu fhüßen und ihnen das Reisen, sowie den Aufenthalt in irgend einem Theile des Landes ohne Hinderniß oder Behelligung, sowie die freie Ausübung ihrer Religionspflihten zu gestatten. Die britischen Waaren aufzuerlegenden Importzölle sollen in feinem Falle 8 Prozent ad valorem übersteigen. Auch wird englischen Fahrzeugen der Küstenhandel aufgeshlossen. Dur Artikel 37 verpflichtet fich der Bey, Alles, ‘was in seiner Macht steht, für die Unterdrückung der Sklaverei zu thun, und ins- besondere zu veranlassen, daß die Deklaration von Moßarent vom 23. Januar 1846, welche die Sklaverei in Tunis für immer abschaft, firikt befolgt wird. In Woolwich ist mit Genehmi- gung des dortigen Garnisons-Kommandanten eine Klasse für den Unterricht von Unteroffizieren und Gemeinen in der französischen Sprache gebildet worden.

Frankreich. Paris, 30. Oktober. Das offizielle Blatt enthält heute das Dekret, durch welches die neue staatliche Rechtsfakultät in Lyon, welcher der Ober: Unterrichtsrath ungeachtet des Widerstandes des Bischofs seine Zustimmung gegeben hat, errihtet wir). Die Hauptartikel desselben bestim- men: „Art. 1. Eine Rehtsfakultät wird in Lyon gegründet ; diese Fakultät hat zehn Lehrstühle, drei für das Civilrecht, zwei für das römische Recht, {inen für den Civilprozeß, einen pas das Kriminalreht, einea für das Handelsrecht, einen für

das Vermwaltungsrecht and einen für die Staatsökonomie.“

die Stadt Lyon ihren übernom- ihren gewöhn- lihen Hülfsquellen die Summe entnimmt, um die Aus- gaben zu ersehen, die durch die Einnahmen nicht gedeckt worden find. Am Tage, wo diese Bedingung niht mehr erfüllt wird, geht die Rechtsfakultät ein. Nach Art. 3 werden die Vorlesun-

Art. 2 bestimmt, daf;

_gen beginnen, wénn der Minister erkannt hat, daß die Gebäude

den Bedücfnissen des Unterrihts entsprehend hergestellt und das Mobiliar und die Bibliothek angeschafft find, Zugleih bringt das amtlihe Blatt die Dekrete, welhe den Dekan und die zehn Professoren der Fakultät ernennen.

; Italien. Verona, 1. November. (W. T. B.) Der Mi- nifter-Präsident Minghetti erörterte in seiner gestern bei dem Wahlbanket in Cologna gehaltenen Rede au die allge- meine politishe Lage und beme. kte hinsihtlih Italiens, die Herstellung der Einheit Italiens habe seiner Zeit Veranlassung zu einer zweifahen Besorgniß gegeben. Erstens habe man da- mals eine Störung des europäischen Friedens befürchtet. Zwei- tens habe man die Freiheit des Papstthums für gefährdet ge- halten. Beide Befürchtungen hätten \sich durch den Verlauf der Ereignisse als durchaus unbegründet herausgestellt. Die fkürz- lih ftattgehabten Besuhe der Kaiser von Oesterreich und Deutshland bei dem Könige von Italien be- weisen, daß diese Anschauungen auch von den Regie- rungen und den Völkern Europas getheilt würden. Vielfach wurde die Behauptung aufgestellt, daß der Besuch des Deutschen Kaisers den Anlaß bieten könne zu einer Aenderung der kirh- lihen Politik Italiens. Diese Annahme sei jedoh durchaus irrthümlih. Die italienishe Kirchevpolitik beruhe auf dem Prin- gipe der Trennung der Kirhe von dem Staat. Die mit Hülfe desselben erreichten Resultate ließen keinen Grund zur Aenderung dieser Politik erkennen. Italien müsse nur Vorsorge treffen, daß der niedere Klerus vor der Unterdrückung durch die hohe Geisilichkeit ge\shüßt werde, und ferner müsse man dem Laien- element die Mitwirkung bei der Verwaltung der Gemeinden fichern. Die Regierung werde im Parlamente einen hierauf be- züglichen Geseßentwurf in Gemäßheit des Artikels 18 des Ga- rantiegesetzes einbringen.

Amerika. New-York, 1. November. (W. T. B.) Die Regierung der Vereinigten Staaten hat ihrem Gesandten in Madrid ein Memorandum mit Jnstruftionen in Bezug auf die Angelegenheiten Cubas zugehen lassen. Der Inhalt des Memorandums i} noch niht bekannt. Eine Depesche aus Washington, welhe von den hiesigen Zeitungen veröffentlicht wird, meldet, daß das Memorandum die Ansichten des Präfi- denten Grant über die cubanishe Frage dahin präzisire, daß die endlihe Lösung derselben in der Unabhängigkeit Cubas, in der Konstituirung der Insel als einer unabhängigen Republik und in der Freilassung der Sklaven gefunden werden müsse. Die Staatsschuld der Vereinigten Staaten hat fich im Laufe des vergangenen Monats um 4,069,000 Dol. verringert ; im Staatsschaße befanden sich heute 73,783,000 Doll. an Gold, 7,736,000 Doll. an Papier.

Mexiko. Die Nationalversammlung trat am 16. September zum ersten Male wieder unter der wiederhergestellten Konstitution von 1857 zusammen. In der Eröffnungsrede sagte der Präsident Lerdo de Tejadja: Wir können uns zu dem Fortschritt unserer Institutionen beglückwünschen. Unsere Beziehungen zu den uns freundlih gesinnten fremden Mächten find zufriedenstellend. Ein Gesandter Spaniens isst wiederum bei uns affkreditirt. Ein Vertrag, welcher die Grenze zwischen Mexiko und Guatemala fesistellt, wird in Kürze zum Abschluß gelangen. Die Wahl der Mitglieder der Supreme-Court hat stattgefunden und erwartet die Bestätigung des Kongresses; die Distriktsgerihte werden reorganisirt und der öffentlihen Erziehung wird besondere Aufmerksamkeit gezollt werden; die Zahlungen für Civil- und Militärzwecke werden prompt geleistet; Frieden herrscht innerhalb der Republik; die inneren Verbesserungen nehmen ihren Fortgang, und bezüglih der Hafenarbeiten in Mazatlan, Tampico und Frontera is ein Fortschritt zu berichten.

Asien. Aden, 1. November. (W. T. B.) Der „Serapis“ ist mit dem Prinzen von Wales heute früh Hier eingetroffen. Der Prinz ist am Vormittage an das Land gestiegen und von den Behörden, sowie von Deputationen der Kaufmannschaft und der Eingeborenen feierlich empfangen worden.

Die Nr. 20 des „Marine-Verordnungs-Blatts“ hat folgenden Inhalt: Verordnung, betreffend die Tagegelder, die Fuhr- kosten und die Umzugskosten der Reichsbeamten. Vom 21. Juni 1875. Uniforméknöpfe. Vervollständigung der den Seekadetten-Schul- schiffen für den Unterriht im Torpcdckwesen zu ürerweisenden Mo- delle und Apparate. Liquidirung der Bestellgcbühren für die an Adressaten im Laudbestellbez:1ke der Aufgabe-Po anstalt gerichteten Marine-Dienstbriefe. Bestimmungen über die beim Baden zu treffendea Vorsichtsmaßregeln. Vernichtung außer Kraft geseßter Reglements 2. Die an Bord S. M. Schiffe zu erweisenden Ehrenbezeugungen mit der Trommel. Befkleidungsangelegenheit der Matrosen 2c. Nachtrag zur Justruktion betreffend die Jägerbüchse, M./71. Personalveränderungen.

Neichstags- Angelegenheiten,

Die Zahl der Petitionen, welhe bei dem Reichstag ein- gegangen, beläuft sich bereits auf gegen 300, wovon der dritte Theil der Justizkommission überwicsen worden ift, Davon beziehen fich gegen 60 auf den Zolltarif, aegen 20 auf Bewilligung von Invaliden- pyensionen, mehrere andere auf Gehaltsverbesserungen, vereinzelte auf Auf- hebung des Impfzwanges, auf den Auktionsbetrieb, auf Beschwei den über die Justiz, gegen die Börseusteuer, Erhöhung der Brausteuer 2c.

Statistische Nachrichten.

(Nat. Ztg.) Jn der am 23. Oktober) beendeten Wehe ft arben von je 10,000 Einwohnern auf den 'Jahreédurhschnitt berechnet: in Berlin 294, in Breslau 255, in Hamburg 213, in München 384, in Wien 208, in Budapest 351, in Paris 238, in Brüssel 233, in Amsterdam 295, in Rotterdam 202, im Haag 171, in Kopen- hagen 210, in Christiania 202, in Rom 216, in Neapel 257, in Turin 211, in Alexandria 421, in New-York 294, in London 235, und in den 18 größeren Städten Englands 250.

Die soeben erschienene zweite Abtheilung des zweiten Heftes (3. Jahrg.) der Vierteljahreshefte zur Statistik des Deutschen Reichs für das Jahr 1875, herausgegeben vom Kaiserlichen Statistishen Amt, Berlin 1875, Verlag des König- lihen Statistishen Bureaus (Dr. Engel), [hat folgenden Jnhalt: Das Salz im deutschen Zellgebiete. Produktion und Konsumtion, Besteuerung und steuerfreie Ablassung, sowie Einfuhr und Ausfuhr im Jahre 1874. Der Bierbrauereibetrieb, der Verbrauch und die

Besteuerung des Bieres im Deutschea Reiche während des Jahres

1874. Eheschließungen, Geburten und Sterbefälle im Deutschen Reiche im Jahre 1873. 1. Die Eheschlicßungen, Geburten und Sterbefälle im Jahre 1873 nah Staaten und Landestheilen ; des- gleihen nah Monaten für das gesammte Reich. 11. Die Ehe- shliezungen im Jahre 1873 nach Staaten und Landestheilen und nach Monaten. 111. Die Geturten im Jahre 1873 nach Staaten und Landestheilen und nach Monaten, 1V, Die Sterbefälle im

Jahre 1873 nach Staaten und Landestheilen und nach Monaten. V. Die Eheschließungen, G ‘burten und Sterbefälle im Jahre 1873 nah Gebietsgruppen und nah Monaten. V1. Verhältniß- und Durch- shnittszahlen, die Ehesh!ießungen, Geburten und Stecbefäll? im Fahre 1873 betreffend. VIL. Anhang, betreffend Nachweisung der heiraths- fähigen und der gebärfähigen Personen nach der Volkszählung vom 1, Dezember 1871, auch Verhältniß der im Jahre 1872 Getrauten und Geborenen zu der heirathsfähigen bez. gebärfähigen Bevölkerung. Uerversiht über die von dea Rübenzuckez fabrikanten innerhalb des Zollgebiets des Deutschen Reiches in den Monaten September 1874 bis August 1875 versteuerte Rübenmenge.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Aus den Sigzungen der Geshichts- und Alter- thumsvereine im Monat September d. J. Vrreine für die Geschichte Berlins und für die Geschichte Potsdam3: Geh. Hofrath Schneider gab in einem Vortrage eine Geschihte von Baumgartea- brück und der Umgegend, insbesondere des Karlsberges bei lehz- terem Orte. Jn der wendischen Zit befand sich dort ein Becge- und Zufluchtsort, zum Schuße des Uebergangs über die Havel und nicht auf der Höhe gelegen. Später hausten dort oie Familien Haake, Rochow u. a. Jm Jahre 1660 kaufte Kurfürst Friedrich Wilhelm die Insel zusammen und legte dadurch den Grund zu den jeßigen Verhältnissen. Im Jahre 1806 ward die ganze Anhöhe entwaldet, aver später von Sr. Königlichen Hoheit dem Prinzen Carl von dem Militar-Waisenhause gekauft und wiedezum fkultivirt. Im Jahre 1869 ließ der Prinz auf der An- böbe, dem jeßigen Karlsberge, ein-» Thurm bauen, der am 8. Juli 1871 eingeweiht wurde und in seinem Innern erbeutete Waffen aus den Kriegen von 1866 und 1870/71 enthält. Alterthums- gesellschast Prussia zu Königsberg i. Pr. De. Bujack sprach über die im Bartner Lande um Sthippenbeil noch erhaltenen Schloßz- berge älterer Zeit. Den Mittelpunkt derselben bildet der Wallberg, von viereckiger Gestalt, zwischen dem Flußthale der Alle und dem eines kleinen Nebenflusses gelegen und mit einem auf drei Seiten umlaufenden Graben; dort befand si die fleine Sciffenburg der Ritter, sie wurèe im 13 jährigen Städtekriege Seitens der Ordenssöldner zur Einschließung Schippenbeils benußt. Die übrigen Schloßberge an der Alle die beiden oberhalb des Schippenbeiler Wallberges, der von Wehrwilten und Töhnen, und die beiden unterhalb Schippen- beils, der Hünenberz bei Stolzenfeld und der Schloßberg bei Pohiebels haben mehr oder weniger eine dreieckige Gestalt, der Wehrwilter wie cine Jnsel aus dem Allethal hervorragend, der Stolzenfelder durch einen Graben, der von Pohiebels durch doppelte Gräben von dem Plateau abgeschnitten. In der Nähe befindet sich eine alte Bestattungsftätte mit Urnen. Größer als die erwähnten 5 an der Alle liegenden ist der Prantlacker Schloßberag, von einer fast rehteckigen, langgezogenen Gestalt, der 3 Terrassen bildet, Won den übrigen Scloßbergen ist der kleine Waällberg bei Nückgarben ein Wach- berg, in freisrunder Form mit fkesselartiger Vertiefung aus dem Plateau des Feldes hervorsteigend. Der Schloßbverg bei Sonnenburg an dem Sporviner Bach, in quadratischer Form mit auf drei Seiten umlaufendem Graben, war, nach Urnenscherben und Kohlenfunden zu urtheilen, ein heidnisher Wohnsiß. Kunfstloser ift der Schloßbverg bei Langheim an der Zaine. Mchr Kunst zeigt im Langheimer Wald bei Wendehnen der sog. Fuchsberg mit kceisrunder Gestalt, Hifto- rischer Verein für den Niederrhein: Dr. Lersch \prach über den im Münsterschaß zu Aachen befindlichen Schrein des heiligen Anasta- sius; Dr, Dornbusch über die Kunstgilden der Töpfer im ehe- maligen Herzogthum Nassau; Dr. de Bey über die Stein- art der im Aachener Münster es Steinfiguren , \0- wie über in Aachen aufgefundene ranitblôcke, welche wahr- scheinlich von fkarolinugi¡chen Bauten herstammen. Baurath Bock er- klärte die auf drei alten Aachener Stadtsiegeln befindlichen Dar«- stellungen. Kanon. Dr. Bock hielt einen Vortrag über die Erzeugnisse der Kupfertreibergilde in Aachen; Kaplan Schmiß über den Biu der unter dem Namen des Limburger Doms bekannten Kirche zu Wallhorn; Dr. Savesberg erläuterte die Baugeshichte des Aachener Rathhauses. Verein für Geschichte und Alterthumskunde zu Frank- furt a. M.: Dr. Finger sprach über den Siegfriedsbrunnen bei Großz- Ellenbach im Odenwalde, Justiz-Rath Dr. Euler beleuhteie dic Sagen von den Weibern von Culm und von den Weibern von Weins- berg. Die erstere, nach der die Weiber von Culm, nachdem die Männer im Kampfe gefallen, den Angriff des Herzogs Swantepolk von Pommerellen 1241 siegreith zurückgewiesen, sei eine Erfindung des Stadt- shreibers von Danzig, Casp. Bitschin. Auch die Geschichte von Weinsberg, welche von etwa 30 Schlöfsern und Städten allr Theile von Europa er- zählt werde, fehle in allen einheimischen und gleichzeitigen Qu:llen und tauche erst etwa 50 Jahre nach der Einnahme der Burg in einer kölnishen Chronik auf. Dr. Finger berichtete über eine Tafel in der Kirche von Heppenheim, welhe die Begrenzung der Pfarre von H., wie sie Karl d. Gr. 805 festgeseßt, in lateinisher Schrift enthält. Prof. Genthe berichtete über den Mithrasdienft und dessen Denkmale. Mithras, mit dem Sonnengott identifizict, war der Hauptgott der Perser; sein Dienst ward unter Septimius Severus (193—-211 n. Chr.) in Rom eingeführt und von den orientaliïchen Legionen überall hin verbreitet. Zu den wichtigsten Denkmalen def- selben gehören die von Heddernheim (in Wiesbadener Museum), von Ladenburg, der Mithrasteæ pel nächst dem preußishen Dorfe Shwarzerd im Kreise St. Wendel, und der Mauls in Tirol.

Fürstlihe Poeten. Herausgegeben von Fcanz Xaver Seidl. Stuttgart, Ve?rlag von Alfred Bruchmann. Dieses \chôn ausgestattete Prachtwerk enthält 2unächft eine einleitende Dar- stellung der Dichter und Schriftsteller aus Fürstlihen Häusern fcit dem 12. Jahrhundert. Als einer der ersten Fürstlichen Sänger glänzt Kaiser Heinrich VI. An ihu reihen sich Friedrih 11, Manfred und König Enzio, dann Richard Löwenherz ; im 13. Jahrhundert Kon- radin von Hohenstaufen, Ulrich von Liéchtenstcin, Markgraf Heinrich von Meißen und Herzog Heinrich von Breslau. Jm Lauf der Zeit fol- gen dann Kaiser Maximilian l., Herzog Heinrich Julius von Braun|s{w:ig, dic Kurfürsten Johann Fciedrich T. und Moriß von Sachsen; der Markf- graf Albrecht von Brandenburg: Kulmbach und Herzog Ludwig voa Württemberg; in Frankreich Heinrih TV., und Franz I. fowie die gefeierte Margarethe von Navarra, in Schweden König Erich X1V. Im 17, Jahrhundert ist die religiöse Dichtung vertreten dur die Kurfürstin Louise Henriette von Brandenburg, die Gräfin Emilie Johanna von S{bwarzburg-Rudolstadt, und die Herzogin Magdal-:na Sibylla zu Württemterg. Die weliliche Nichtung vertritt das M:t- glied des „Palmenordens", Herzog Anton Ulrich von Braunschweig- Wolfenbüttel. Aus dem 18. Jahrhundert führt der Verfasser an: die Kaiserin Katharina von Nußland, die Kurfürstin Maria Antonuia Walpurgis von Sachsen, die Stifterin des „Ordens der Freundschaft*, Friedrich 11, König von Preußen und Gustav IIL, Köaig von Schweden. In das Werk selbst siad aufgenommen Dichtungen folgender Mitglieder FürstliGer Familien: Friedri der Große, König vou Puecußen, Ludwig T, König von Bayern, Johann, König von Sachsen, Maximilian I., Kaiser von Mexiko, Karl XV. nud Oskax I1., Könige von Schweden und Norwegen, Maximilian IL, Köaig von Bayern, Eugen Erdmann, Herzog von Württemberg, Vera, Herzogin von Württemberg, Georg, Bens von Preußen (pseudonyai G. Konrad), Eleonore, Fürstin von Reuß, und Prinzessin Amalie von Sachsen (die Piinzessin hrieb unter dem Namen Amalie Heiter).

Professor Seulcy in London arbeitet der „Academy* zufolge, an einer Biographie . des Freiherrn vom Stein, die im Laufe des kommenven Jahres im Verlage der- Cxmbridger Uaiversitätspresse erscheinen wird, Lougmans & (Co, in London kündigen das Er- scheinen eines neuen Werkes von W. Stigand, betitelt: „Thees Lifts, Work and Opinions of Heinrich Heine“ an. Miß Ellen C. Clayton, die Verfasserin von „Königinnen des Gesanges“ wird in Kurzem ein Buch über „Britische: Künstlerianen“ heraug- gber, Eine Lebensbeschreibung des greßen englishea Philosophen

ohn Lodte von Mr. Fox-Bourne gehört ebenfalls zu den in Kurzem erscheinenden neuen Büchern,