1875 / 263 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 09 Nov 1875 18:00:01 GMT) scan diff

Gd A 6 pit f R u P RETE E O n m N Sti e R R Els s E S M i E 2E Ri E E up E Prt E D E Le Ei Wi DREE M o? 2 EDS Es nb: H a ac

t Bt L E E E S S

s

lihes Meeting zur Besprehung der Konferenzfrage abgehalten werde. Auf cinem in East-London am 13. abgehaltenen Meeting wurde ein Beschluß gefaßt, welcher die Agitation zu Gunsten von Mr. Froude für unkonfstitutionel und nachtheilig für die Interessen der Kolonie erklärte. Ein in Dordrecht statt- gehabtes Meeting nahm ein Vertrauensvotum für den Minister für öffentlihe Arbeiten an, weil er niht versprehen wollte, für die Konferenz zu stimmen. Mr. Froude wartet in Zurück- gezogenheit das Ergebniß der nähsten Parlaments\ession ab. Die Agitation is mittlerweile im Abnehmen begriffen. Mit Granseinet, Somerset:East und ciner anderen Stadt wurde eine telegraphishe Verbindung eröffnet. An der südafrikanischen Küste haben heftige Stürme gewüthet. Sir Henry Barkly, der Gouverneur, wurde fstündlih von den Diamantenfeldern zurück- erwartet.

Die Nr. 84 des „Amts-Blatts der Deutschen Reichs- Post-Verwaltung“ hat folgenden Juhali: Verfügungen: vom 9. November 1875: Einziehung durch* den Umlauf im Gepräge un- deutlih gewordener Münzen; vom 4. November 1875: Behandlung der nah Berlin gerichteten Packete; vom 4. November: dzs Postblatt betreffend. Bescheidung: vom 27. Ofktobec 1875: Mitwirkung der vereinigten Dienststellen bei Eingrenzung von Leitungsstörunge-:.

Nr. 31 des „Amtsblatts dez Deutschen Reichs- Telegraphen-Verwaltung“ hai folgenden Jnhalt: Verfügun- gen: Vom 22. Oktober 1875, Herausgabe cines gemeinsamen Amts- Flattes für die Reich3-Post und Telegraphenverwaltung nebft Bei- beften unter dem Titel „Archiv für Pest und Telegraphie.* Vom 31. Oktober. Bezeichnung der Poie an den Balteriescränken. Bescheidungen: Vom 31, Oktober. Verfügung des Kaiserlicben General-Posidirektors vem 31. Oktober 1875 an sämmtliche Kaiser- líche Telegraphen-Direktionen und Ober-Poft- Direktionen, betreffend den Fortfall der Empfangébescheinigungen. Verfügung des Kaiser- lihen General-Post-Direktors vom 31. Oktober 1875 an sämmtliche Kaiserliche Telegraphen-Direktioneu und Ober-Post-Direkrionen, be- treffend Hülfsmittel für die Instradirung der Telegramme. Ver- fügung der Kaiferlihen General-Direktion der Telêerayhen vom 31. Oktober 1875 an die Kaiserlihe Telegraphen-Direktion in N. N., betreffend Untersuhung der Zimmerleitung.

Statistische Nachrichten.

Wien, 4, Novemkter. Jahr 1873, welches die K. K. statistishe Centralkommissicn beft- weise herausgiebt, bringt in seinem leßten Hefte Daten über den Stand des österreichischen Klerus im Jahre 1870, sowie über den Ertrag der Pfründen nebst Detailnahweisungen des Regular- kierus. Diesen Daten zufolge zählt Oesterreih im Ganzen: an Erz- biésthümern: 7 lateinische, 1 griehisch- und 1 armenisch-fatholishes; an Biêthümern: 25 lateinishe und 1 griechis{-katholishes nebst 2 griehisch-orientalifchen; ferner 9 Superinteudenturen, 46 Dom- und Kollegiatkapitel mit 336 Individuen; 6567 lateinisch- und armenifsck{- katholische, 1427 griecisch-fatholishe, 316 griechisch-orientalische und 186 evangelische Pfarreieu; 1633 lateinische und 441 griehisch-katho- lische, 10 criechis-orientalishe Lokaifkaplaneien Die Zahl der Stifte und Klöster in Oesterreich beträgt im Ganzen 767 mit eincr Gesammt- bevölferunz von 22,661 Individuen männlichen und weiblichen Ges- schlechtes. Davon entfallen auf Wien 29 Stifte und Klöster mit 414 Priestern, Klerikern, Laienbrüdern und Novizen und 690 Nonnen.

An Svirituosen wurde in Frankreich vom 1. Oktober |

1€74 bis 30. September 1875 nach der Aufstellung der Generaldirek- tion der indirekten Steuern produzirt 1,996,636 Hektoliter, die Ein- fubr betrug 57,664 Hektoliter, an Vorrath aus den Vorjahren waren noch vorhanden 57,251 Hektoliter, so daß überhaupt 2,111,551 Hefkto- liter dem Verbrauche zur Verfügung standen. Von diesen 2,111,551 Hektoliterr konsumirte das Inland 1,260,319 Hektoliter, ausgeführt wurden 370,831 Hektoliter; der Gesammtverbrauch belief sich somit auf 1,631,150 Hektoliter und der Ende September noch Übrig blei- bende Vorrath auf 486,491 Hektoliter. Kunst, Wissenschaft und Literatur.

__ Wie der „Schles. Ztg." unterm 29. Oktober aus Görliß ges{rieben wird, hat der scit einiger Zeit daselbst weilende Maler

Das statistis{e Jahrbuch für das |

Bender die Portraitgemälde, welGe in der Safkristei der evangelischen FriedenskirGe zur beisigen ODreifaltigkeit aufbewahrt werden, zur Zufriedenheit der Auftraggeber restaurict. Diese Ge- mâide zeigen in foctlaufender Reihe die Geistlichen, welche seit Erbauuno des Gotteshauses als Seelforger der evangelischen Ge- meinde zu S&weidniß gewirkt haben. Die Anerkennung, welche dem Maler für die Ausführung dieser Arbeit zu Theil geworden, hat den Magistrat bewogen, demselben die Renovirung des lebensgroßen Bild- nisses des Königs Friedrich Wilhelm II[. aus dem Jahre 1799 zu

übertragen. Dies Bildniß ziert das Sessionszimmer des Rathhause2. Nachdem diese Arbeit in gelungener Weise be- endet ist, haben die Stadtverordneten in der am 28. ab-

gehaltenen Sißung dem Antrage des Magistrats zugestimmt, auch die übrigen Gemälde, welhe die Wände des gedachten Sißungssaales ausschmüdcken, von demselben Maler restauriren zu lassez. Unter die- sen Bildnissen sind besonders zu ncnuen die in Lebentgröße auêgefübr- ten des leßten Herzogs von Shweidniß, Bolko IL, der Ge- mahlin desselben, der Herzogin Agnes, sowie der Nichte desselben, der Fürstin Anna, welche dem Deutschen Kaiser und König von Böhmen, Karl 1V., vermählt war; ferner das Bild des letztgedachten Kaisers, dann ein Bild, welches König Friedrich II. in seiner Jugend darftellt n. a. m.

Der „Köln. Ztg.* \{chreibt man aus Konstantinopel, 22. Dftober: Die kleine vielberühmte, von jedem gebildeten Reisenzen aufgesubte Mosch ee Kachrife, die Blutige genaznt, hatte ehedem als christtiche Klofterkirhe den Namen 89corózoc TÏSs xÓpas oder Licbfrauenfirce auf’m Lande. Seit der Erobcrung wurden die in den beiden Narthen und der Séeiienkapelle befindlichen, die Wände und Gewölbe zierenden zahlreihe bildlihen Darstellunoen in Mosaik und Stuck mit Kalk überworfen und so den Vlicken der gläubigen Moslems entzogen. Allmählich hat nun die Zeit bald hier, baid da einen Brocken der Uebertünchung verwittern und herunter- fallen lassen. So gewöhnte sich allmählih das Auge des Gläubigen an die Bilder in diesen Vor- und Seitenhallen. Auch nahm die Zahl der ch:istliden Fremden so z#z, daß die Eintritisgelder bald eine erbebliche Summe abwarfen. Seit ein paar Wochen wird nuz die Moscheerestourirt Da man im Mèinift:rium des Unterrichts davon Kunde erbiclt und die erst örung derWandgemälde fürchtet-, so wurde Dr. Dethier, der Direktor des M:seums, beauftragt, dahin zu g: hen, um fih von dem, was vorgeht, Kenntniß ¿u verschaffen und die etwa nöthigen Vorkehrungen und Anordnungen zu treffen. Derselbe war, als er sich g-stern binvecfügte, vollkommen befriedigt. Nicht nur ist nichts zerstört, sondern umgekehrt sind einige neue Bilder ix einer Nische der Kapelle von dem Ueberwurfe befreit worden, und es soll bei der Restauration nur der etwa einen Mann bobe Theil, welcher keine Vilder hat, erneut werden; das Uebrige bleibt unangetastet und unbedeckt. Als der Architckt Fossati vor etwa zwanzig Jahren die Hagia Sophia unter dem versto:benen Sultan renovirte, galt es schon für ein großes Ereigniß, - daß die berühmten Wandgemälde, wovon Salzenberg nur die Hälfte fopiren konnte, und Fossati die andere Hälfte abgezeichnet in feinen Mapven hot, mit Leinwand be- deckt und fo diese mit Farben übertüncht wurden. Man wagte es also noch nit, die Bilder an den Wänden den Blickez der Moslems bloßzulegen.

Die unter Mitwirkung von Karl Müllenboff und Wil- helm Scherer von Elias Steinmeyer, Professor in Straß- burg, herauêgegebene Zeitschrift für deutsches Alterthum und deutsGe Literatur, von deren neuer Folge nunm-hr bereits der \ie- beute (XIX.) Band erscheint, wird in Zukunft, da die wissenschaftliche Beschäftigung mit der neucren deutschen Literatur von Fahr zu Jahr Aufschwung nimmt, philologishen Arbeiten aus dem Bereiche der modernen deutschen Literaturgeschihte nit mehr ihre Spalten ver- s{ließen; sie hat dieser Erweiterung ihres Programms durch den Zu- saß: „und deutsche Literatur“ auf dem Tit-i Ausdruck verlichen. Auch na einer anderen Seite hin hat die Redaktion sih zu einer Aende- rung êntshlossen. Sie giaubt nämlich, da die bisher in den Fach- blättern erschienenen Anzeigen von dem Gebicte der germaniscben Philologie angehörenden Bücher weitaus vit genügen, um ein klag- res Bild von den Fortschritten der Wissenschaft zu geben, cinem Be- dil:fnisse abzubel?en, wenn in Zukunft einem jeden Hefte der Zeits schrift ein „Anzeiger für deutsches Alterthum und deutsce Literatur“ beigegeben wird, in welchem ebenfalls der neueren Literatur, insonder- heit den auf Gocthe und S&iller bezüglihen Werken, gebührende Aufmerksamkeit geschenkt: werden soll. In dem Anzeiger wird die Redaktion nicht nur die ihr zugehenden Bücher wisserscaftlicen Ge-

« Gegenstand ungünstiger Gerüchte geworden.

halts besprechen, sondern auch namentliß bemüht sein, die Resultate der Grenzwisscnshaften, der Theologie, Jurisprudenz u. s. w., soweit sie für die Erkenntniß der deutschen Literaturgeshihte von Bedeutung, ihren Lesern zu vermitteln. Die Zeitschrift und der Anzeiger werden von nun an sährlich viermal im Verlage der Weidmannschen Buchhandlung in Berlin möglichst regelmäßig erscheinen, jedes Heft in der ungefähren Stärke von 12 Bogen. Der Preis beträgt für den Band von 4 Heften 15 4, für die einzelnen Hefte, soweit diese abgegeben werden, 4 M

Gewerbe und Handel.

Die finanzielle Lage der Preußischen Hypotheken- Afktien-Bank (Spielhagen) war während der leßten Tage Hierdurch beunruhigt, hatten die Befitzer niht nur von Aktien des Instituts, sondern . au von den von der Bank emittirten Pfandbriefen ungewöhnliche Beträge der gedachten Effekten auf den Markt geworfen, die im Verein mit einem rein spefulativen Angebot den Preis der gedahten Papiere un- verbältnißmäßig herabdrückten. Die Verwaltung der Preußischen Hypotheken-Aktien-Bank hat in diesen Vorgängen geeignete Veranlaf- sung gesehen, durch das Kuratorium der Bank eine (im Statut vorgesehene) außerordentliche Revifion des gesammten Hypotheken- und Pfaxdbriefgeschäfts vornehmen zu lassen, und veröffentli&ct nunmebr das Resultat derseiben. Wir verweisen von hier aus auf die bezüg- liche Publikation im ÎInseratentheile.

Ueber die Krisis, welche die englische Eisen- und Kohb- lenindustrie bedroht, wird der „Times“ vor ihrem Korrespon- denten in Darlington geschrieben: Die gegenwärtige Stceckuvg im Eisen- und Kohlenhandel“ im Norden von Enaland steht im merk- würdigen Kontrast zu der beispiellofen Wohlfahrt und den hohen Preiscn vor zwei oder drei Jahren. Diez Handelskreise im Norden wurden durch die gegen Ende voriger Woche erfolgte Anzeige über- rascht, daß Bolckow, Vaugham & Co. (Limited), die größten Eisen- fabrikanten im Norden, im Begriffe seien, ihre Thätigkeit, soweit dieselbe die Eisenprodufktion betrifft, gänzlich cirizzufstellen. Glüdliherweise bewegt sich die Arbeitseinstellung Seitens der Compagnie in niht so großem Maßstabe, als anfänglich geglaubt wurde, und der größere Theil ihrer Hochöfen und Eisensteinminen wie Kohlengruben wird, zum Wenigsten vor der Hand, in Thätigkeit bleiken. Die Compagnie wili ihre Eisenfabrikation eiustellen und einen Theil ihrer Hochöfen auslös{chen. Der Grund für diesen Schritt ift derselbe, welher so viele andeze Eisenhütten zur Untbätigkeit nöthigte, der Mangel an Bestellungen. Leßterer Umstand hat zur

Folge gehabt, daß bereits eine Hälfte von Puddel-Hochöfen im Neorde von England ihren Betrieb eingestellt hat,

während in anderen den Arbeitern gekündigt worden ist. Für Schienen, Plaiten und Stangeneisen, welche Artikel den Hauptfabrikationszweig im Norden von England bilden, becrs{ch: kaum irgend welche Nach- frage, während in verwandten Jndustriezweigen, wie z. B. beim Schiffêbau sowie bei der Ma¡chinen- uad Eisenbahnwagen-Fabrikation die Arbeit \pärlich wird. Einige dieser Anstalten haben {on ihre Thâtigkeit eingestellt. Man hofft, daß die Krisis, welche sich zu nähern scheint, die Wirkung haben wird, die Arbeité- löhne, insbesondere die der Kohlengruben - Arbeiter, in geh: rigere und gleihmäßigere Beziehungen zu der Lage dcr JFandustrie zu bringen. Der Eisenhandel insbefondere ‘leidet unter den verhält- nißmäßig hohen Preisen von Kohlen und Kokes. Die Kohlen- Industrie auf der andern Seite laborirt an den hohen Arbeitslöhnen und den verringerten Arbeitsstunden, und unter diesen Umständen darf es niht überraschen, daß die Kohlengruben-Eigenthümer, von denen viele auch Eisenhütten-Besißer fiad, ansehulihe Lohnherab- feßungen beabsihtigen. Wenn Lêöhne und Rohstoffe wieder in ein richtiges Verhältniß zu den Eisenpreisen treten, darf man auf einen Aufschwung in der Eisenindustrie hoffen.

London, 8. November. (W. T. B.) Der Wath der eng- [lischen Ausfubr im vergangenen Monzt Oktober beträgt 183 Mill. Pfd. Sterl, mithin 34 Pfd. Sterl. weniger als in dem- jelben Zeitraume dés Vorjahres,

Verkehrs-Anstalten. Liverpool, 8. November. (W. T. B.) Der fällige Dampfer „Benin“ von der afrikanischen Westküste ist eingetroffen.

New-York, s. November. (W. T. B.) Der Dampfer des norddeutschen Lleyd , Braunf|chweig“ ist hier cingetroffers

Verlin, 8. November 1875.

Das neue Königlihe Polytehnikum in Dresden, weles am 4. d. M. feierlih eingeweiht wurde, erhebt sih, nach allen Theilen freistchend, in einem der s{önsten Theile der Stadt am Bismarckplaßze, den es auf der Südseite begrenzt. Das Gesammt- areal umfaßt eine Grundfläche von 17,840 Q -Metern, von denen das Hauptgebäude 41914 und das dahinterliegende Laboratorium 1338 Q.-Meiter bedeckt, so daß ein beträchtliher Raum für etwaige künftige An- und Neubauten reservirt ist. Die Gefammtgrundfläche des jeßigen Hauptgebäudes in 3 Geschofsen und des chemiicen Labo- ratoriums in 2 Geschofsen keträgt 14,157 O -Meter, während das alte Gebäude der „polytehnischen Schule“ ia 3 Geschossen nur 3433 Q.-Meter Gesammtgxundfläche besaß. Die Bestimmung der Räume Ipriht fih deutlich in den Façaden aus, deren vordere architektonisch am reichsten behandelt is, nsbesondere charakterisirt der Mittelbau den Hauptrepräsentationsraum, die Aula, welche dur 2 Stockwerke hindurchgeht. Ueber den Fenstern versinnbildlichen 2 vom Bildhauer Fr. Rentsch modellirte und ausgeführte Figuren- friese die wissenschaftlihe und praktishe Thätigkeit des Technikers, während 6 große liegende Figuren die wissenschaftlidben Haupt- richtungen der tehnischen Hochschule allegorisiren. Die rei ausge- stattete, schönfarbig und plastisch ornamcntirte Aula selbst, zu der man dur eine säu1engetragene Vorhalle gelangt, kann circa 600 Per- fonen fassen. Jm Erdgeschoß liegen die Lehrräume der mechanischen Technik, in der ersten Etage die der neugeshaffenen Hohbauabthei- lung, die Vibliothek 2c.; die zweite Etage umfaßt alle Näume für die Öngenteuräbtheilung und auf der Plattform des Daches sind Vorrcic6- tungen für geodätishe Zwecke und ein kleines astronomisches Obfer- vatorium angebracht. Uevrigens dient auch das Souterrain verschi® denen Zwecken. ) ren sich die Räume des Laboratoriumgebäudes um einen Lichthof,

dessen Souterrain zu einem Kesselhaus verwendet ift.

In Jever, dem Geburtsort Fr. Chr. Schlossers (geboren 17. November 1776), beabsichtigt man, dem bekanuten Historiker ein Denkmal zu segen. Dem Comité, welches einen Aufruf erlassen hat, gehören unter Anderen der Gebeime-Rath Landfermann, Professor Ondcken in Gießen, _Archiv-Rath Bringk und Profefsor Creizenach in Franffurt, Gymnasialdirektor Jäger in Cöln, sowie eiue große Zahl in Deutschland hochgeachteter Namen an. Beiträge sind entweder an ein Mitglied des Comités oder direkt an den Kassenführer Hrn, Rathsherrn Mettcker in Jever zu richten.

Den Ps Nahr.“ wird aus Stockholm, 4,{ November, berihtet: „Das Projekt der von dem Dr, J. Danner neu erfundenen Universalschrift#p rache scheint nun seiner Verwirklichung näher zu rücken. In Friße's Buchhandlung hier ist nämlich eine Liste zur Zeihnurg von Aktien aufgelegt worden, und figurirt als einer der erften Zeichner der Universitätékanzler Graf H. Hamilton, welcher doch kaum dem Unternehmen seite Theilnahme geschenkt haben dürfte, ohne vor- her genauere Kenntniß von Dr. Danners System zu nehmen. Auch die Herren James I. ©Vickson, Oscar Dickson und J. J. Ekman haben mehrere Aktien gezeichnet. Ein be)oudere Liste zirkulirt beim hiesigen diplomatischen Corps, und soll befonders die russische Ge- sandtschaft ein lebhaftes Interesse für die Sache an den Tag legen. in kurzer Frist beschafft

tan glaubt, daß die nöthigen Kapitalien fein werden, und wird dann unverzüglih der Druck der \{wedischen

We:tbücher iu Angriff genommen werden; alsbald jollen daun die

Während das Hauptgebäude 2 Lichthöfe hat, gruppi- |

russischer, welche von einem Mitgliede der russishen Akademie redigirt werden, folgen. *

Das Palais Luxembourg in Paris stand am Sonn- abend Morgen in großer Gefahr, in Brand zu gerathen. Es gelang noch, die in dem für die Gemäldesammlung bestimmten Theile des Gebäudes ausgebrochenen Flamwen zu löschen, ehe fie weiter um fich griffen,

Ueber den zu Anfang vorigen Monats in Westindien herrschenden Orkan wird der „Times“ aus St. Vincent folgender Bericht eingesandt: St. Vincent wurde am 9. September von einem Orkane heimgesucht, der große Verluste an Menschenleben und Eigen- thum herbeigeführt hat. Schon oft haven wir hier heftige Stürme gehabt, allein der leßte zeichnete sich dadurch aus, daß er von einem sündfluthlichen Regen begleitet war, wie man ihn in Westindien gar nicht fennt. In zwölf Stunden fiel die fast unglaubliche Quantität von 19 Zoll Regen. Schon einige Wochen vorher war das Wetter drückend heiß, Jo daß man, da Wetterprophèten aus der übergroßen Hiße auf cinen Orkan oder cin Erdbeben {ließen zu müssen glaubten, auf der ganzen Insel große Besotgnisse hegte, die noch durch das Gerücht vermehrt wurden, daß der am Nordende von St. Vincert liegende Vulkan Souffrière Zeichen von einem bevor- stehenden Ausbruche gegeben habe, Zu Zeiten konnte man näm- lich, felbst in meil:nweiter Entfernung von dem Vulkan, einen fta!ken Geruch nah Schwefel wahrnehmen. Auch dem Ausbruche des Souffrièce im Jahre 1812, der so ungeheuren Schaden an- richtete, die ganze Jusel mit einer Aschendecke versah, die Ernten verschüttete und einige Plantagen dermaßen zerstörte, daß sie sich immer noch nit wieder? erholt haben, ging cine solche ausnahms- weise Hiße voran. Damals war die Gewalt der Eruption so groß, daß fie die 80 Seemeilen nach windwärts liegende Insel Barbadoes mit einer scchs Zoll hohen Schicht Asche, die über dem Bereiche des Pafsatwindes dorthin getragen sein mußte, bedeckte und das Tages- licht Stunden lang verfinsterte. Das Getöse war 59 Leaguen im Umkreise hörcbar und so laut, daß man in Barbadoes in der

Meinung, zwei feindlide Flotten seien in einer See- \chlaht begriffen, _die Forts bemannte, bis man bald durh das fortwährend zunehmende Getöse die richtige

Ursache erkannte. Am 8. September stand das Thermoter auf 97 Grad im Schatten; dennoch giebt der Tbermometerstand keinen rih- tigen Begriff von der drückenden Hiße, die man so anhaltend seit 40 Jahren nicht gehabt zu haben sih erinnerte. Abends bewölkte sich der Himmel, namentlich im Südwesten, dann wurde er einige Stunden lang hell, und cs begann ein anhaltendes lebhaftes Blißzen, während man in der Ferne den rollenden Donner hörte. Um 11 Uhr erhob sich eine steife Briese aus Südwest, die dichte Massen \{chwarzer Wolken vor fich hertrieb. Um Mitternacht brach ein furchtbarer Gewittersturm, begleitet von \{chrecklichem Regenfall, aus. Der Regen schien in einem ununterbrobenen Strome hernieder zu kommen, sehen fonrte man der herrschenden, nur auf Augenblicke durch das Leuchten der Blite unterbrochenen Dunkelheit wegen nichts, das Getöse ließ aber auf Meilen weite Entfernung erkennen, daß die bis vor Kurzem bis zu einem Bächlein ausgetrockneten Flüsse in wenigen Stunden sih zu reißenden Strömen verwandelt hatten. Gegen 6 Übr brach der Tag an, io daß man die Lage der Dinge übersehen konnte. Die Straßen von Kingêton, der Hauptstadt von St, Vincent, waren überfsuithet, stellenweise metr als drei Fuß tief, der Marktplas und

andere ‘offene Räume waren zu Seen geworden. - Die Bergftröme, die man Tags zuvor durchwaten konnte, führten ungeheure Mengen \{chmuzigen Wassers mit si, das in 6 Stunden um mehr als 12 Fuß gestiegen war. Der Südwestwind hatte mittlerweile nech zugenommen undwarzum Sturme geworden, der die See gewaltig hoh aufpeitschte und bis 6 Uhr von den 10 auf unserer Rhede liegenden Schiffen 7 auf den Strand getrieben hatte. Erst mit Tagetanbruch hatte der Regen etwas abgenommen, hielt aber uoch bis Mittag an. Ueberall auf den um Kingston liegenden Bergen sah man Ecdstürze, ganze Ack&er kultivirten Landes waren fortaerissen, in der Stadt selbst viele Häuser wegges{chwemmt und zwei Brüdcken cingestürzt, Der großte Theil des römisch-katholi*hen Kirchofs war fortgewascen und eine Anzahl vor nicht langer Zeit beerdigter Leichen in die See hinausgespül:. Mit der Um- gegend waren alle Verbintungen abgebrochen, da die Flüsse fo ange- {wollen waren, daß man diess-lben nicht passiren konnte, doch war das Wasser bereits nah wenigen Stunden beträchtlih wieder gefallen. Der an der Ernte und auf den Plantagen angerichtete Schaden ist sehr bedeu- tend. Auf vielen Stellen sieht das Land aus, als ob Wassert-osen dort ges fallen wären, da der Boden von großen Rissen, die 10—20 Fuß tief und bis zu_ 100 Fuß lang sfiad, durchscnitlen wird. Auf einer Plantage sind fast 15 mit Zuckerrohr bepflanzte Acres dur einen Erdsturz ver- nihtet. Die Wege find auf der ganzen Insel unpasfirbar geworden, viele Arrowrootmühlen, die größtentheils wenig bemittelten Negern geboren, zerstört. Jn dem wundershönen Mariaguathale, einer der pratvollsten Gegenden von ganz Westindien, wurden die reich be-

völferten Dörfer Mesopotamia und Hopewell durch die Ueber- fluthungen dermaßen beschädigt, daß die Einwohner ihre Woh- nungen verlassen und fich anderswo anbauen wollen. Mit

einem der Häuser wurde eine Wittwe mit drei Kindern hinweg- geschwemmt; zufälliger Weise fand man die Leichen an derselben Stelle wieder, wo auch die Leiche des kurz vorher verstorbenen Man- nes der Wittwe angeschwemmt war. Auch im Buccamentthal haben verschiedene Menschen das Leben verloren; wie hoch der Verluft an Menschenleben fich übechaupt beziffert, hat fi bei der Unterbrechung der Kommunikation noch nicht mit Gewißheit feststellen lassen. Aus Mar- tinique wird gemeldet, daß dort ein hier heimathberechtigtes Küftenschiff vor seinen Ankern gesunken und die ganze aus ¿zwanzig Personen be- stehende Mannschaft umgekommen i, Ueberhaupt sollen Martinique, Barbadoes, Dominica und St, Lucia {wer durch den Orkan ge- litten haben. Seit dem 9. ift das Wetter hier immer stürmisch ge- wesen, und am 17. füßlten wir drei Erdbeben, von denen jedo nur das dritte von einiger Bedeutung war. Man fürchtet aber, daß diese i: E Ie Vorboten eines größeren bevorstehenden Erdbebens ge- esen sind.

Theater.

Das Benefiz für Hrn. Carl Pande im Residenz- Theater findet am nêchsten Donnerstag bestimmt statt. Derselbe hat dazu das Lustspiel „Die guten Freunde“ von Sardou, welches sich einer fortdauernden Beliebtheit erfreut, und als Zugabe den 2. Akt aus „Heinrih Heine“ gewählt.

Redacteur: F. Prebm. Vericg der G&xpedition (K este !). Vier Beilagen (einshiießlich Börsen-Beilage).

Berlin: A Druck W. Elsner.

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlih Preußi Berlin, Dienstag den 9. November

¿2 262.

Uebersicht der Stempeleinnahmen Preußens

Erste Beilage

Königreich Preufßen. Finanz-Ministerium.

im Iahre 1874, verglichen mit den Einnahmen der 9 vorhergehenden Iahre.

a

ichen

Nnmerkung.

4 2. e H E T1 S T 10 | 11. l 12. 0E dA& Dienst- Wechsel- Zeitungsstempel z Gewöhn- ¿ darunter é z bücher für [steuer gegen : Stempelsteuer li B T b, ' Stempel- | Vollmacht- | Paß- 5 S : Wecsel- | a. N Spi Fahr | Total-Summe Sicinbel- Erbschafts- | Erbschafts- Piiantinen marken | formulare | formulare M tpr enpriaes formulare | inländische ausländische Kalender |Spiclkarten Qlittung ; 4 stempel ees a, und b, E L L Blätter | Blätter papier stt Schiffer | stempels | Thlr. Thlr. Thlr. Thlr. Thlr. Thlr. Thlr. Thlr. Thir. Thlr. Tklr. Wi} Tle 1 Thlx. Thlr. Thlr. Z “Ae c C C r 5 | F e 910 1874 9,196,306 | 5,946,70 737,674 | 770,536 | 1,508,210 | -2,166,317 3,248 | 15,613 3 751,373 | 23,881 2,933 | 227,930 30,10 1873 10,971,317 | 7,235,323 | 1,047,222 | 8390,381 | 1437603 | 2,164,149 3,603 | 17,981 +1 D Sus 11,120,826 | 38,444 | 122,928 | 216,902 nig 1872 | 183,809,142 | 10,122887 | 1,122,394 | 348,719 | 1,471,113 | 2,231,194 3,851 21,207 9,225 Be Vis 1,008,457 | 87,745 | 123,760 | 205,125 49,781 1871 8,513,807 | 5,453,028 | 1,022,756 | 8281,317 | 1,304,073 | 1,581,978 5,100 | 920,463 | 48374| 921,822 | 836,895 | 121,307 | 186,635 134,897 1870 | 6,659,733 | 3,865.817 | 981,897 | 279,118 | 1,261,015 | 1,419,637 6,408 | 19,236 | 49,650 __55 4 | 844550 | 834948 | 111,032 | 168,401 138,655 1869 7,872,406 | 4297544 ! 1,054,506 | 359,592 ! 1,414,398 | 2,106,441 8,694 | 24,494 | 54527) 16,886 | 130322 | 736,962 | 833,603 | 122,873 | 191,469 147,909 1868 7194489 | 3890986 | ‘871611 N 1,009 673 | 1,834,281 11,323 | 25614 | 56,589 17,561 | 133,444 | 712,236 | 30,572 | 121,709 | 198,971 159,232 "1868| 13102221 585,324 | 138.062 / 351,969 ] I 2,934 | O T T2501 133,566 | 17,032 25,948 | 47,194 137,724 5,875,067 | 3 2 71,611 t 871,611 | 1,482,312 11,322| 922,680| 54414| 17561 | 118,943 | 578,670 | 13,539 95,761 | 151,777 | 21508 1867 | 2611940 | 3249140 | 80502 be 850,502 | 1,288,741 14,712 | 29,855 | 597,734 | 39,347 | 108,881 | 539,569 | 13,789 | 87,039 | 152,871 nit angegeben 1866 5,361,131 | 3,133,112 | 821,343 E 82,343 | 966,161 21,655 | 830,803 | 57,344 | 240,346.| 114/086 | 528/821 14,093 80,215 | 143,594 j 1865 5,857,378 | 3,872,445 736,772 É 736,772 | 591,583 24,533 | 37,604 | 63,192 | 374,155 | 139,422 | 484744 | 13,635 | 81/639 | 147,587 :

Die drei Zahblenreihen für 1868 ergeben die Einnahmen: 1) für Preußen, 2) für die neuen Provinzen allein, 3) für die alten Provinzen.

Chraonologische Angabe der in dem 10jährigeu Zeitraume vou 1865—1874 slattgehabten bedeutenderen Aenderungen der Bestimmungen über die Stempelsteuer.

1874. 1. Januar. Eintritt der Wirksamkeit des Geseßes vom 30. Mai 1873, die Erbscha!tsfteuer betr., wodurch auch in den alten Provinzen die Erbschastésteuer statt des Erbschafts- stempels eingeführt wird. G,

1, Juli. Das Gesetz über die Presse vom 7. Mai 1874, wel- ches den Zeitungsstempel und den Kalenderstempel aufhebt, tritt in Wirksamfkeit. P

1873. 26. März. Das G.-feß von diesem Tage ermäßigt Stempel- vetrâge (Eheverträge, Testamente 2c.) und hebt eine Reihe von Stempeln ganz auf (Quittungen, Geburts- und Todten- scheine, Gesuche u. f. w.). :

30. Mai. Das Erbichaftsfteuergeseß hebt den Erbschafts» stempel, bezw. kie Erbschaftsabgabe und den Schenkunge- stt-mpel zwi\h-n Ehegatten auf. : i

1872. 1. März. Von diesem Tage ab wird der Stempel für Ge- siüdebücher aufgehoben. Gescß vom 21. Februar 1872.

1. Oktober. Mit der Grundvuchordnung tritt zuzleich das

darauf bezüglihe Stempelgeteß vom 5. Mai 1872 in Kraft.

Neichstags- Angelegenheiten.

Berlin, 9. November. Die Motive zu dem Geseß- entwurf, betreffend das Urheberrecht an Mustern und Modellen (S. Nr. 259 d. Bl.), lauten:

Seit einer langen Reihe von Jahren ift in der deutschen Litera- tur die Frage eiugehend erörtert worden: ob den gewerblichen Mustern und Modellen ein gesezlicer Shuß gegen Nachbiidung einzeräumt werden solle. Während in früberer Zeit die Anfichten der Schrift- steller bierüver ziemlich diametral auseinandergingen, neigt sich in neuester Zeit die Auffassung immer mebr dahin, daß es sowohl aus juristisches, als auch aus volkswirthschaftlihra Gründen nit nur gerechtfertigt, sondern sogar geboten sci, einen derartigen Schuß ein- treten zu lassen

Dessenungeachtet hat sih die Geseßgebung der einzelnen deutscben |

Stazten vis jeßt nicht enticlossen, diesen Schuß ein uführen; ja das bayerishe Gejey vom 28. Juni 1865 spricht sogar im Art. 31 aus drüdlich aus, daß die Nachvildung von JIndustrie-Erzeugnissen, soUte auch zur Herstellung der leßteren Kunstfertigkeit gehören, nit unter die Bestimmungen des Ucheberrehts-Gesehes fällt L i Dagegen besteht ein ausgedehnter geseßzli her Mustershuß in Oesterreich, Frankreih, England, Belgien, Rußland und den Vereinig- ten Staaten von Amerika. j) / Le Da die französishe Gesetzgebung auf diesem Gebiete gegenwärtig noch in Elsaß-Lothringen und in der preußishen Rve:nprovinz gilt, fo besteht auch in diesen Theilen Deutschlands der Muïsterschuß. E In den l:bhten Jahren ¡|st pun von den Jndust:iellen Deutsch-

Tands das Veriangen nach einem MusiersGußgeseße mit erhöhtem

Nachdruck gest-llt und namentlih geltend gemacht worden, daß die deutsche Indúüstrie den ihr gebührenden Rang und die Blüthe, zu welcher sie befäyigt sei, erft daun erlangen könne, wenn sie gegen unbefügte Nachbildung ges{üßt werde. Ohne diesen Schuß könne der Fabrikant feine erheblihen Opfer aüfwenden, um tüchtige Küustler zur Anfertigung neuer Muster und Modelle ¿zu gewinnen, und der Künstler wiecerum werde seine Kraft- der Jndustrie rit zu- weuden, da diese ihm keinen entsprehenden Lohn für seine Arveiten zu bieten im Stande sei Es ist ferner darauf hingewiesen worden, daß Frankreich di- Blüthe fciner Industrie wenigstens zum großen Theil, seinem Mustcrshußgeseß?e verdanke, und es ift endlih hervor- gehoben, daß die deutshe Kunftindustrie auf den neuesten Welt- ausstcllungen den anderen Ländern gegenüber zurückzestanden habe ein Umstand, welher auf das Engste mit dem Mangel -ines geseß lihen Schußes gegen Nachbilèung der Muster und Modelle zu!am- menhäng-. Au die Fabrikanten in Cljay Lothring-n haben darauf hingewieien, daß die Einführung eines deut-chen Muttershußgeseßes für die dortige Jadujtrie geradezu eine Leben“frage sri,

Der Bundesrath hat im Mai d. J. eine Enquête von Sach- verständigen aus den verschiedenen Kreisen der Künstler und Jn- dustriellen Über die Frage des Mustershuß:s veranlaßt, und anch hierbei haben sich die Sachverständigen mit vereinzelten Ausnahmen Übereinfiimmend dabin ansgesprochen, daß die s{leunige Einführung eines Mutterschußgeseßes ein dringendes Bedürfniß für die deutsche Industrie sei. : /

Diesem Verlangen trägt der vorliegende Geseßentwurf Rech- nung, wobei noch bemerft werden mag, daß derselbe sih in allen we- seutlichen Punkten im Einklang befindet mit den bei der Enquête ge- äußaxten Wünsckben der Sachverständigen. 6

Zu den cinzelnen Bestimmungen des Entwurfs ist Folgendes zu bemerfeu:

Zu §. 1. Der §. 1 gewährt den Schuß gegen unbefugte Nach- bildung jedem Urheber eines gewerblihen Musters oder Modells.

Eine Definition von „Muster“ oder „Modell“ if absichilih nit gegeben, da dieselbe, wie auch in der neuesten Literatur an- erkannt wind (vergl. Landgraf, Musterrecht und Mustershuß 1875 S. 143), nit in das Gefeß gehört, sondern der Wiffenschaft und Rechtsprehung überlassen bleiben muß. Das österreichishe Gesetz vom 7. Dezember 1858, welches im §. 1 eine solche Definition ver- sucht hat, versteht unter Muster und Modell „jedes auf die Form eines Indu’: ric-Erzeugnisses bezügliche, zur Uebertragung auf ein fol- ches geeignete Vorbild. * l :

Ein Unte: schied zwischen den Erzeugnissen der Kunstindustrie und dén gewöhnl chen Mustern der Gewerbe ift im Geseße nicht gemacht, vielmehr der Shuß gegen unbefugte Nachbildung allen Mustern und Modellen gleihmäßig gewährt. Bei den Verhand- lungen der Enquête überzeugte man sich allseitig, daß eine Grenze

1871. 21. November. Durch Verfügung des Finanz- und des Justiz- Ministers wird angeordnet, daß der nah dem hannoverschen Stempelgeseße vom 30. Januar 1859 zu entrichtende Stempel durch Kassirung von Stempelmarken zu den Ge- bührenregistern erhoben wird, während diese Steuer bis dahin gegen Quittung ohne Verwendung von Material enl- richtet wurde. Vgl. Kolumne 14.

1870. 1, Januar. Eintritt der Wirksamkeit des Reichs - Wechsel- stempelsteuerg:\eßes vom 10. Juni 1869.

1869, 1. April. Das Geseß vom 24. Februar 1869 beschränkt die Anwendung des hannoverschen Stempelgeseßes durch Ein- führung der zweiten Abtheilung des den altländischen Be- stimmungen entsprehenden Tarifs.

1868. 10. Januar. Die Kalenderstempelsteuer für die bisher mit 3 Sgr. besteuerten Quartkalender wird für 1869 und die

Zukunft auf 2 Sgr. ermäßigt.

zwishen den verschiedenen Arten der JInduftrie-Erzeugnisse nit gezogen werden könne, daß der Uebergang aus der Kuustindustrie zum gewöhnlihen Muster ein ganz allmähliher ued vers{chwiadender sei, und daß es gereh1fertigt ersheine, auch den einfachsten, aus Linien und Strichen kombinirten Mustern, sobald sich in ihnen eine eigene geistige Thätigkeit manifeftire, den Schuß des Gesetzes zu ge- währen. Der Schuß gegea Nachbildung wird gewährt dem Ur- heber, d. h. Demjenigen, aus dessen geistiger Schöpfung das Werk hervorgëgangen ist ; es liegt hierin zugieich ausgedrückt, daß nur neue Muster, nicht etwa Nachbildungen geschüßt sind.

Za §. 2. Der §8. 2 bestimmt, daß bei solchen Mustern und Mo-

| dellen, welche in ciner inländischen gewerblichen Anstalt von den da-

seibst ‘eshäftigten Zeichnern 2c. im Auftrage oder für Rzchnung des Eigenthümers der Anstalt angefertigt werden, nicht der Zeichner oder Kopirer, sondern der Eigenthümer der Anftalt ais Uzheber

gelten soll i E Lis E 1: Diese Bestimmung ift dem rusffis{en Gesetze vom 11. Juli 1864

entlehnt und bezweckt, einem prafktishen Bedürfnisse Rechnung zu | i i nt\d : ; | Der Fabrikant foll durch das vorliegende Geseß in seinem Gewerbe

tragen. Nach dem Grundsaße des §. 1 würde nämlich auch bei solchen, in ciner gewerblihen Anftalt gefertigten Mustern 2c. das Urhecberreht dem Zeichner, nicht aber dem Eigenthümer der Anstalt zustehen, und der leßtere müßie sich das Urheberreht stets erst förm- lih übertragen lassen. Da nun aber die Absicht der Betheiligten in folhen Fällen unzweifelhaft dahin gerichtet ist, daß der Eigenthümer der Anstalt das Vervielfältigungsrecht des Musters erhalten soll, während der Zeichner für seine Arbeit von dem Eigenthümer der Anstalt bezahlt wird, so erschien es zweckmäßig, dies geseßlich auszusprechen und die Nothwendigkeit einer jedesmaligen Cesfion zu beseitigen. E 2

Uebrigens möge noch auëdrülich bemerkt sein, daß sich der §. 2 nur auf soihe Muster 2c. bezieht, welche von den „in einer gewerb- lihen Anstalt beschäftigten" Zeichnern angefertigt werden, da nur bei cinem so engen Zusammengehörigkeits-Verhältniß zur Anstalt ohne Weiteres angenommen werden kann, daß der Zeichner sein Urheber- recht hat aufgeben wollen. Wenn dagegen der Fabrifant ein Muster bei einem nicht in .der Anstalt beschäftigten Zeichner bestellt, so muß er sich das Ucteberrecht in gewöhnlicher Weise übertragen lassen.

Zu §. 3 Der §. 3, welcher die Vererblichkeit und Uebertrag- barkeit des Urheberrechts an Mustern und Modellen ausspricht, bedarf feiner eingehenden Rechtfertigung. Der Schuß, weicher den Mustern und Medellen gewährt wird, ist ein wesentlich vermögens- eht- licher, und es liegt daher in seiner Natur, daß er auf die Rechts- nachfolger des Uryebers übergeht. Auch das Geseß vom 11. Juni 1870 §. 3 und die dem Reichstag vorgelegten Geseßentwürfe zum Schulz der Werke der bildenden Künste und der Photographien fprehen die Vererblichkeit und Cessibilität des Vervielfältigungs- rechts aus. i

Zu §. 4. Der §. 4 hebt unter den verbotenen Nacbildungen diejenigen Fälle hervor, von denen im Laufe der Enquête-Verhandlun- gen gewünscht wurde, daß fie im Geseße befonders zum Ausdruck ge- bracht werden möchten, oder bei denen ohne legislative Festseßung Zweifel entstehen könnten, ob fie als verboten anzusehen seien. In materieller Beziehung werden die Bestimmungen des §. 4 keinen An- stand finden können, da in allen ad Nr. 1—3 hervorgehobenen Fällen es sih um die Reproduktion des Originalwerks handelt, und es für die Verbotwidrigkeit keinen Unterschied machen kann, ob die Nach- bildung dur dasselbe Verfahren, wie das Original hergestellt ist, ob die Nachbildung für einen anderen Gewerbézweig bestimmt ift, ob sich an der Nachbildung kleine Aenderungen 2c. finden, und ob die Nachbildung unmittelbar nach dem Original oder mittelbar na einer bereits vorhandenen Nachbildung geschaffen ift. :

Zu §. 5. Der §. 5 s{ränft das Verbot der Nachbildung von Muste-n und Modellen infofern ein, als er 1) die Einzelfkopie gestattet, sofern dieselbe niht zum Zwecke der gewerbemäßigen Ver- breitung und Verwerthung angefertigt wird, und 2) die Aufnahme von Nachbiidungen einzelner Muster und Modelle in Schriftwerke erlaubt, j

Beide Ausnahmen stehen im Einklang mit den Beftimmungen in den übrigen Geseßen, bezw. Geseßentwürfen über Urheberret 2c., nämli mit §. 44 des Gesetzes vom 11. Juni 1370, mit §. 6 des Geseßzentwurfes, betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste, und mit §. 4 des Geseßentwurfes zum Schuße der Photo- graphien gegen unbefugte Nachbildung, und es kann zur Begründung auf die Motive zu den beiden leßterwähnten Entwüufen Bezug ge- nommen werden. Durch dieje Ausnahmen erleidet der Urheber des

1807. 1,

1. April. Durch Geseß vom 5. März 1868 wird in der Pro- vinz Hessen-Nassau mit Ausfluß von Frankfurt a. M. die zweite Abtheilung des den altländishen Bestimmungen entsprehènden Stempeltarifs eingeführt.

September. Ju den neuerworbenen Provinzen Hannovec, Hessea-Nassau und Schleswig-Holstein werden die altiän- dischen Stempelbefstimmungen eingeführt. Die zweite Ab- theilung des Tarifs tritt zunächft nur in Schleswig-Hol- stein in Kraft. Die Erbschaftéabgabe wird ohne Verwen- dung von Stempelmaterial erhoben. Die nach der früheren Gefeßgebung zur Erhebung gelangenden Stempel werden gegen Quittung ohne Verwendung von Stempel erhoben. Vergl. Kol. 14. Die auch in den alten Provinzen seit Einführung der Stempelmarken (1862) uär uoch fakultative Entrichtung des Wecbhselstempels gegen Aufdrücken eines Treekenstempels mit der Wechselstempelmaschine (Kol. 9) ist in den neuen Provinzen nicht eingeführt, sondern nur die Benußung von Marken und Formularen freigelassen.

Musters und Modelles in seinen pekuniären Interessen keine, odek wenigftens feine irgend erheblihe Einbuße, und im. Juterefse des freien Verkehrs und der Literatur erscheinen die qu. beiden Aus- nahmen fehr wesentlich. e In Betreff der Einzelkopie möge noch bemerkt werden, daß die- selbe gestattet wird, sofern sie nit zum Zwecke der gewerbe- mäßigen Verbreitung und Verwerthung angefertigt ist. Es liegt hier eine Abweichung von den vorerwähnten beiden Gefeßentwürfen insofern vor, aís die leßteren jede Einzelkopie, welche zum Zwecke der Verwerthung angefertigt wird, verbieten, auch wenn eine gewerbe - mäßige Verwerthung nicht beabsichtigt sein jollte. Allein diese Ab- weichung schien deshalb nöthig, weil es in der Praris zu großen Un- zuträglichfeiten und zu chikanösen Prozefsen führen könnte, wenn man jede zum Zwecke der Verwerthung angefertigte Einzelkopie eines Musters verbieten wollte. Es würde alsdann beispielsweise nit ge- stattet sein, daß Jemand nach einem Stickmuster oder Häkelmuster u. \. w. einmal eine Stick- oder Häkelarbeit anfertigt und die an- gefertigte Arbeit verkauft. Dies würde aber entschieden zu weit gehen.

können gestattet werden, und es erschien daher angemessen, die Einzel- kopie nur dann zu verbieten, wenn fie zum Zwecke der gewerbes mäßigen Verwerthung angefertigt wird. ;

Zu §. 6. In den Gefeßgebungen aller Staaten, welche über- haupt den Musterscuß kennen, ift vorgeschrieben, daß der Urheber des Musters oder Modells dasselbe bei einer bestimmt bezeichneten Be- hörde einregistriren lassen, bezw. ein Exemplar des Musters 2c. nie- derlegen muß, widrigenfalls cr den Schuß gegen Nachbildung nicht in Anspruch nehmen kann. Es beruht dies, wie der Kassationébof in Paris mit Recht ausführt, „auf der Erwägung, zaß das Waaren- muster nit, wie die literarischen und fünftlerishen Erzeugnisse, kraft des Gesetzes der auss{ließlichen Benußung des Urhebers vorbehalten ist, sondern daß es hierfür, wie bei Erfindungen, einer besouderen Er- klärung des Urhebers bedarf, zumal da ohne diese Bedingung es un- möglich wäre, diejenigen Muster, deren Benußung ihrem Erfinder vorbehalten ift, von anderen unterscheiden.“ (Klostermann, Patent- geseßzebung 1869 S. 367.) : i s

Der Gesetzentwurf hat daher im §. 6 ebenfalls die Eintragung

geschüßt werden; Nachbildungen, welche diefes Gewerbe nicht schädigen,

U

in das Musterregister und die Niederlegung eines Exemplars oder einer Abbildung des Musters als Bedingung des Schutzes gegen Nachbildung hingestellt. Z ;

Die Anmeldung zur Eintragung muß geschehen, bevor ein nach dem Musier gefertigtes Erzeugniß verbreitet wird; eine später erfol- gende Anmeldung is wirkungslos. Es ist mehrfach das Verlangen gestellt worden, au einer später stattfindenden Eintragung die Wir- fung beizulegen, daß wenigftens von der Eintragung ab der Schuß gegen Nachbildung beginnen soll. Allzin dies mußte abgelehnt wer- den, da anderenfalls Jemand, welcher ein nicht eingetragenes Muster wohlberechtigt nachbildet, wegen unbefugter Nachbildung verfolgt wer- den föunte, wenn der Urheber inzwischen die Eintragung bewirft hat, von welcher der Nachbildner aber nichts gewußt hat und nichts hat wissen können, da das Muster zu der Zeit, als er die Nachbildung be- gann, noch nit eingetragen war. L /

Die englishe Gescßgebung verlangt ferner, daß jedes geshüßte Fabrikat mit der sogenannten Registrirungsmarke (Rd. nebst Ziffer und Buchstabe der Registrirung) versehen wird. Allein hiervon hat der Entwurf, in Uebereinstimmung mit den vernommenen Sachver- ständigen, Abstand genommen, da sich diese Registrirungêmarke an einzelnen Fabrikate überhaupt nur s{hwer anbringen läßt, und an anderen Waaren, z. B. Tapeten, Seidenzaaren u. s. w., jedenfalls nicht an jedem einzelnen verkauften Stücke, so daß also der mit der Marke verbundene Zweck: dem Publikum Kenntniß zu geben, ob eine Waare ges{chübßt ift, nicht erreicht wird. ;

- Auch einen sogenannten Ausführungsnachweis, d. h. den Nach- weis, daß nah dem Muster wirklich Fabrikate gefertigt worden seien, verlangt der Entwurf nicht. Das österreihische Gesetz fordert, daß das Muster binnen einem Jahre nah der Hinterlegung wirklich be- nußt werde; allein hiergegen haben sich die Sachverfländigen überein- stimmend erklärt, und es liegt auch in diesem Requisite eine unnöthige Erschwerung der Jnudustrie. / s G

Endlich findet auch eine Vorprüfung über die Originalität der Muster nicht statt. Eine solhe würde auch praktisch undurchführbar sein. Wenn der Nachbildner behauptet, daß das registrirte Muster nicht neu sei, so mag er diesen Einwand im Wege des Prozesses zur Geltung bringen.