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8M. Wilhelmstr. Nr. 32.
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Alle Post-Anftalte Adjutanten
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deu 22, November, Abends,
Berlin, Montag,
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für das Vierteljahr.
Das Abonnement beträgt 4 «A 50 S Juserfiouspreis für den Raum einer Drn
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auf die Gefangenanstalten 13,871 (43,1 pCt. Polizeianstalten 3608 (11,2 .pCt.) k O ) und auf die
Die Zahl der in den Anstalten verpflegten Kranken betrug in den Jahren 1868—1872: 30,215 a entfallen hier- von auf die Zuchthäuser 12,478 (41,3 pCt.), auf die Gefangen- anstalten 13,108 (43,4 pCt.) und auf die Polizeianstalten 4629 (15,3 pCt.), In den Zuchthäusern ergeben sh demna weniger, in den Polizeianstalten mehr Kranke, als die relativen Zahlen der bezüglihen Durhschnittsbevölkerung nahweisen, während in den Gefangenanstalten die Prozente der Erkrankten denen der durchschnittlihen Bevölkerung ziemlih gleih waren. Die Ge- \sammtzahl der Kranken ist von 1868 (6289) bis 1872 (5023) um 20 pCt. gefallen, somit in geringerem Grade als die Be- völkerung, welche \ih von 15,173 in 1868 auf 10,743 in 1872 mithin um 29 pCt. verringert hat. Die durscnittliche Verpfle- gungsdauer für einen Kranken berechnet sich auf 18,2 Tage die höchste mit 28,3 Tagen trifft auf die kranken Zuchthausfträf- linge, hierauf folgen die Kranken der Gefangenanstalten mit 12,1 Tagen, endlih die Kranken in den Polizeianstalten mit 8,2 Tagen. Die Intensität der Erkrankungen if also bei den Zuht- haussträflingen, wie sih wohl aus deren langen Strafzeit {ließen läßt, am größten. Bezüglih des Geschlehts ergiebt s fes Pg ait e Differenz von 7 Tagen zwischen der durh- ( E an rankheitsdauer der Männer (19,9 Tage) und Weiber
Die Zahl der in den bayerishen Gefängnissen Gestorbenen betrug 1868: 195 (2,79 pCt. der Durhschninsbevölkerung), 1869: 277 (3,94 pCt.), 1870: 317 (4,75 pCt.), 1871: 311 (5,11 pCt.) 1872: 240 (4,42 pCt.), im Ganzen 1868/72: 1340 oder 4 16 pCt. der durch\{chnittlihen Bevölkerung, während fie ih ‘in der Periode 1864/68 nur auf 860 oder 2,89 pCt, bezif- fert, Sie hat also nit unerheblich zugenommen und is eine Sterblichkeit von mehr als 4 pCt. bei einer Bevölkerung, die durchs{nittlich im Alter von 30 Iahren fteht, eine sehr beträcht- liche, da die Sterblichkeit der freien Bevölkerung desselben Alters kaum 2 pCt. beträgt. Von der Gesammtzahl der in den Jahren 1868/72 Gestorbenen treffen auf: Zuchthäuser 702 (4,76 pCt.) Gefangenanstalten 477 (3,44 pCt.), Polizeianstalten 161 (4 46 pCt.). Bemerkenswerth is, daß ungeachtet der längeren Ver- pflegungsdauer der männlichen Kranken bei diesen die Sterblich- keit geringer, als bei den Weibern ist; die Zahl der gestorbenen männlichen Gefangenen war 1122 (4,07 pCt. der Durchschnitts-
bevölkerung), der Weiber d : \chnittsbevölkerung). agegen 218 (4,65 pCt. der Durch-
Unter den Krankheiten der Gefangenen stehen di Verdauungsorgane mit 9486 oder 31,4 pCt s sie aba sih in den Zuchthäusern auf 4482 (35,9 pCt.) und fallen in den Polizeianstalten auf 1294 (27,9 pCt.). Es folgen dann die Krankheiten der Athmungsorgane mit 6962 oder 23,0 pCt., die ebenfalls in den Zuchthäusern (3214 oder 25,8 pCt.) häufiger als in den Gefangen- und Polizeianstalten find. In dritter Reihe stehen die chirurgischen Krankheiten mit 3506 oder 11,6 pCt. die in den Gefangenanstalten (12,4 pCt.) etwas häufiger als bei den anderen Kategorien sind. Ihnen folgen die Hautkrankheiten mit 3391 oder 11,2 pCt., die in den Gefangen- und Polizei- anstalten (16,3 bez. 13,1 pCt.) weit häufiger vorkommen als in den Zuhthäusern (5,2 pCt.). Jn viel geringerer Zahl find vertreten : epi- und endemische Krankheiten (1212 oder 4,0 pCt.), \yphilitische (683 oder 2,3 pCt.), Krankheiten der Greise (208 oder 0,7 pCt.), der Blutmischung (1102 oder 3,6 pCt.), des Nerven- \ystems (1108 oder 3,7 pCt.), des Gefäßsystems (492 oder 1,6pCt.) der Harnorgane (254 oder 0,8 pCt.), der Geshlehtsorgane (316 oder 1,1 pCt.), der Sinnesorgane (1150 oder 3,8 pCt.) und verschiedene Zustände (345 oder 1,2 pCt.). Bezüglih des Ge- \{lechts ergiebt sh, daß die Krankheiten der Verdauungsorgane relativ häufiger bei Weibern (35,9 pCt.) vorkommen als bei Männern (30,0 pCt.), während bei den Krankheiten der Athmungs- organe es fih umgekehrt verhält (25,9 pCt. Männer, 14,0 pCt. Weiber). Auf Seite des männlihen Geschlechts is ferner die größere Häufigkeit der chirurgishen, der epi- und endemischen Krankheiten, dann der Krankheiten dev Blutmischung und der Sinnesorgane, wogegen bei den Weibern die syphilitishen Krank- heitsformen, dann die Krankheiten des Nervensystems und der Geschlehtsorgane im relativen Uebergewichte find.
Was die Sterblichkeit der an den ein 4a- familien Erkrankten betrifft, so weisen die Sas lietien dee Gecile die ungünstigste Sterblichkeitszifser (47 oder 22,6 pCt der betr. Krankheitsfamilie) nah. Die demnächst höchste Mortalität kommt auf die Krankheiten des Gefäß- systems (79 oder 16,1 pCt.) und der Harnorgane (33 oder 13’ pCt.). Hieran reiht si die Sterblichkeit an den Krank-
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(12,6 bez. 11,0 pCt.). Nahezu gleih is die Mortalität bei den Uen des - Nervensystems (122 oder 11,0 pCt.), vorwal- tend in den Zuchthäusern (15,1 pCt.) und beim männlichen Geschlecht (14,1 pCt.). Dann kommen die Krankheiten der Blutmischung (79 oder 7,2 pCt.), vorwiegend in den Gefangen- anstalten (8,2 pCt.) und den Zuchthäusern (7,3 pCt.), wo allgemeine Wassersuht eine niht seltene Todesursahe is ; die epi- und endemischen Krankheiten (65 oder 5,4 pCt.) führen hier gleihfalls am häufigsten zum Tode. Die Sterblichkeit der übrigen Krankheitsklassen kommt kaum in Betracht. Die Krank- heiten der Verdauungsorgane, welche durhschnittlih fast ein Drittheil der Gesammtkrankenzahl betragen, liefern nur vereinzelte Todes- fälle; auch die cirurgishen Krankheiten hatten nur in wenigen Fällen einen lethalen Ausgang. Dem Selbstmorde endli, der E Ten der “u. een Zuftänden“ Gestorbe- ersónen (6 in den ä i
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a ie Beschäftigungsart, welher die Gefangenen zugetheilt werden, von großem Einfluß E deren Gesundheits: zustand sei, ist eine längst anerkannte Thatsache. In dieser Be- ziehung sind im Zuchthause zu Kaisheim interessante Aufzeich- nungen gemacht, welhe die zehnjährige Periode 1863—1872 umfassen. Es wurden hiernach mit Arbeiten im Freien 1694 Gefangene beschäftigt, die Zahl der Erkrankten betrug 1908, so daß also auf 100 Arbeiter 112,6 Erkrankte treffen. Arbeiten im ges{lossenen Raume verrihteten 5496 Gefangene; die Zahl der Erkrankten betrug 7155, so daß also hier auf 100 Arbeiter 130,2 Erkrankte treffen, iernah war der Gesundheitszustand der im Freien Beschäftigten durh- \{chnittlich günstiger, als der Arbeiter im ge\hlossenen Raume. Bei den einzelnen Arbeitskategorien war übrigens das Verhält- niß der Erkrankten zur Arbeiterzahl ein sehr verschiedenes. Von den im Freien Beschäftigten erkrankten unter je 100: Gärtner und Oekonomiearbeiter 84,9, Maurer und Steinhauer 92,9 Puyer 95,2, Ziegler 100,8, Haus- und Hofarbeiter 170,5. Von den im geshlossenen Raume arbeitenden Gefangenen erkrankten von 100: Wäscher 63,1, Bäcker und Köche 68,3, Listenführer 78,3, Schreiner und Horngriffmacher 89,7, Gefangene in Einzeln- Shubna G4 e Ee 129,7, Weber 130,2,
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Robert von Mohl.*)
In der Nacht vom 4. auf den 5. November starb
wo er sh seit wenigen Tagen als Mitglied des Meliaag bee fand, plôßlih, ohne vorausgehendes Unwohlsein, der Altmeister Beit L E E L Dr. Robert v. Mohl, Groß-
ih badisher Wirkli i äsidi Ober: Reth ungs tamme Geheime Rath und Präsident der
einahe dreißig Jahre sind verflossen, seit Mohl aus sei
Geburtslande Württemberg nah Bake A L n Magde Siliung 16 Jahre lang als akademischer Lehrer, Gâtig m elbaren Staatsdienst, mit höchster Auszeihnung
n Stuttgart am 17. August 1799 geboren, stammte aus einem angesehenen \{wäbishen Bln aus Ties dem württembergischen Lande eine Reihe tüchtiger Beamten her- vorgegangen war. Die Generation der Familie, welcher er an- gehörte, zeichnete sich durch ganz hervorragende Begabung aus. Wie Robert einer der ausgezeichnetsten Gelehrten auf dem Ge- biete des Staatsrechts war, \o leisteten seine Brüder in andern wissenschaftlichen Disziplinen Bedeutendes: Julius als Orientalist Hugo als Botaniker, Moriß als Nationalökonom. : Robert Mohl machte seine Studien zu Heidelberg, Göttin- E und Tübingen, und trat in seinen wissenschaftlichen Arbeiten s sbald in die Fußtapfen seiner Vorfahren von mütterlicher vel dex berühmten Staatsrehtslehrer Johann Jakob und Friedrih Karl v. Moser **), Zwei größere Arbeiten: „Die Rechtspflege des Deutschen Bundes“ und „Das Bundesstaats- recht der Vereinigten Staaten von Nordamerika“, die verdientes
I Aus der Karlsruher Zeitung. ) Friedrih Karl v. Moser war der Vater seiner Mutter, Jo-
hann Jacob deren Großyater.
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Aufsehen machten, ließ er, ers im Beginn der zwanziger Jahre stehend, erscheinen, nahdem er ih dur eine Streitschrift gegen in jophisti\ hes Rechtsgutachten K. S. Zachariäs (über die Ansprüche des Obersten d'Este auf die Erbfolge in Hannover) die literarishen Sporen verdient hatte. Und bald darauf, nachdem er kurze Zeit bei der Bun- destags-Gesandtschast seines Heimathlandes als Attaché thätig gewesen war, finden wir ihn, den Lehrstuhl besteigend, seit 1824 als außerordentlichen, seit 1827 als ordentlichen Professor der Staatswissenschaften in Tübingen. In dieser Stellung, neben der er seit 1836 auch noch als Ober- Bibliothekar die bedeutende Bibliothek der Universität verwaltete, {uf er in dem zuerst 1829 erschienenen „Staatsrecht des Königreihs Württemberg“ ein nah Form und ‘Inhalt gleih meisterhaftes Musterwerk über deut- \{ches Partikular - Staatsrecht, während er in cinem anderen Buche: „Die Polizeiwissenshaft nah den Grundsäßen des Rechtsstaates“ (1832—34) ein Gebiet der öôffentlihen Ver- waltung, das man bisher gewohnt gewesen war, gewissermaßen der Willkür jeweiliger Regierungsmaximen verfallen zu be- trahten, der wissenschaftlichen Behandlung vindizirte. Wie er fih durch diese ausgezeichnete Arbeit nicht nur als Gelehrter be- währt, sondern auch den praktischen Blick des Staatsmannes überall verrathen hatte, \o griff er in unmittelbare Aufgaben des politischen Lebens mit seinem \{harfen Urtheil ein in seiner Untersuchung über die „Minister-Verantwortlichkeit“ (1837).
i Da mar es denn natürlih, daß er dem parlamentarische Wirken seines Heimathlandes niht auf die Dauer fern bleiben konnte, 1845 trat er in dem Wahlbezirk Bahlingen als Kan- didat für den A auf. In dem Programm, welches er, als ein Mann, der sih nicht heute, offen und wahrhaftig seine politischen Gesinnungen zu bekenxen, seinen Wählern vorlegte, fritisirte er sharf das System der Regierung, besonders des lei: tenden Ministers Schlaier. So groß aber der Beifall war, wel- chen seine Mita Kritik im Lande fand, so entschieden trat alsbald das Mißfallen der Regierung über dieses männliche Auf- treten des Tübinger Professors zu Tage. Von einer Befugniß oe le R 00 air L das Gesey an die Hand gab,
j inisterium seiner Profe i - gierungs-Rath nah Ulm zu ct E
Mohl war indeß keineswegs gemeint, diese Maßregelung über si
ergehen zu lassen; er nahm seinen Abschied, n (ésdineié Fs zunächst aus\{ließlih der parlamentarishen und literarischen Thätigkeit, Doch nit lange sollte er der akademischen Wirk- samkeit verloren sein. Schon 1847 berief ihn, auf Veranlassung des Staatsraths Nebenius, die Großherzoglih badische Regie-
rung als Professor der Staatswi I S Heidelberg. so aatswissenschaften an die Universität
Er trat sein neues Lehramt in bewegter Zeit an drangen die Forderungen, die das wieder nbi Nationalgefühl in erster Linie an die Männer stellte, welche sich die Wissenschaft vom Staate zur Lebensaufgabe geseht hatten, mit gebieterischem Rufe auch in Mohls Hörsaal und Studirzimmer, und als 1848 das Vorparlament zusammentrat, war Mohl unter Denen, die das Vertrauen des deutshen Volkes zur Be- rathung seiner wichtigsten Angelegenheiten berufen hatte. Der feine Takt, der \{charf ausgebildete Sinn für streng geseßliche Formen, der ihm vor Vielen eigen war, wies ihm alsbald in der zunächst über die Behandlung ihrer Aufgaben vielfa unklaren Versammlung eine wichtige und bedeutende Stellung an, Für das sorgfältig abwägende und nach festen Normen verlangende Wesen Mohls is es carakteristisch, daß er in der phrasenreichen Zeit, in den Tagen der Programme, Resolutionen und Prokla- mationen daran ging, „Vorschläge zu «ciner Geschäftsordnung des verfassunggebenden Reichstages“ auszuarbeiten.
Im Parlamente selbst vertrat er den württembergischen Wahlkreis Mergentheim: Gerabronn, nahm feinen Plaß im a Zentrum und that \sich bald im Verfassungsaus\huß durch seine eminente Arbeitskraft hervor, die er au in der Vorkomumission für Berathung der „Grundrechte“ vollauf bewährte.
_Am 25. September 1848 wurde er von dem Er
Reichsverweser in das Reichs-Ministerium berufen und (uertos Portefeuille der Justiz übertragen. Was in den kurzen Mo- naten, in denen dem Reichs-Ministerium zu wirken vergönnt war, auf dem Gebiete der Gesezgebung vollbracht wurde, ift unter seiner Mitwirkung geschehen, ist theilweise ganz speziell \ein Werk. Die allgemeine deutsche Wechselordnung, die Nieder- and einer Kommission für Ausarbeitung eines deutschen Han- delsgeseßbuches mögen hier genannt sein. Auch die Reichsver- fassung ist von Mohl unterzeichnet.
Sein Wirken fand sein natürlihes Ende, als \sch — n der Weigerung König Friedrih Wilhelms 1V,, die "Sale
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anzunehmen — die Unmöglichkeit herausstellte, ohne die Zustim- mung der Bundesregierungen ein lebensfähiges Deutsches Reich zu konftruiren. Am 17. Mai 1849 legte er sein Amt nieder und kehrte wieder zur akademischen Laufbahn zurück. Sein politishes Glaubensbekenntniß hat er noch dur die Unterzeich- nung der sogenannten Gothaer Erklärung abgelegt, wie er denn A E Hn Res ein E S standhafter Vertreter der en Richtung war, welche die Einigun unter Preußens Führung erstrebte. E
__ Ganz erstaunlih ift die literarishe Thätigkeit, welhe Mohl während der Zeit seiner Wirksamkeit in (e de N S, Drei gxoße Werke find in jenen Jahren entstanden, von denen jedes einzelne genügt hätte, seinem Verfasser den reihsten und dauerndsten Ruhmeslorbeer um das Haupt zu winden: „Ge- shihte und Literatur der Staatswissenschaften“; „Encyklopädie der Staatswissenschaften“ ; „Staatsreht, Völkerreht und Po- litik,“ Während das erste Werk seine Hauptbedeutung in seinen literarhistorishen Nachweisungen hat, welhe von einer reichen Bücherkenntniß und einer \o vielseitigen Belesenheit geugen, wie sie (nah Bluntschli's Urtheil) „wohl noch nie dage- wesen“, bringen die beiden anderen die selbständige Meinung des Verfassers über die wichtigsten Fragen auf dem Gebiete der eigentlihen Staatstdissenschaften zum Ausdrucke. Mohl ent- wickelt dabei weniger eine \{öpferische als eine kritische Thätigkeit und wirkt nicht f\owohl durch philosophische Spekulation , als vielmehr durch nüchterne, klare und prä- zise Auffassung und Erläuterung der realen Verhältnisse. Aus dem System der Encyklopädie mag als eine Besonderheit der Anschauung Mohls hervorgehoben werden, daß er den Begriff der Gesellshaft vom Staate trennt und ein „Gesellshaftsreht“ zwischen Staats- und Privatrecht als ein drittes Glied in die Mitte \{hieben will, sowie ferner, daß er zwishen Staatsrecht und Staatskunst der Staats-Sittenlehre einen Play anweist, das Sittliche zwischen Gerechtigkeit und Klugheit, das Gute zwischen Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit stellt.
Die Vorzüge seiner wissenschaftlihen Behandlung der au den Staat bezüglihen Stoffe treten Ms E Leber der mal pern Werke, welches eigentlih eine Sammlung von
tonographien if, noch stärker hervor. Kaum eine der brennenden Fragen, welche die Gegenwart bewegen, ent- behrt in diesem ausgezeihneten Werke ihre eben so gründliche, als geistvolle Behandlung: die repräsentative Monarchie und De- mokratie, die deutschen Fürsten und Stände und die deutschen Par- teien, das Verhältniß des Staats zur Kirche, die Abfassung der Geseye, die Arbeiterfrage u. a. werden in den beiden Bänden nach allen Richtungen erörtert und beleuhtet. Der“ gedanken- reihe Inhalt und die vollendete äußere Form sihern seinen Werken niht rur die weiteste Verbreitung, sondern auch eine tiefgehende und nachhaltige Wirkung. (Vergl. Bluntschli, Ge- \hihie des Allgemeinen Staatsrehts S. 614 f.)
Während des Heidelberger Aufenthaltes began neben der bedeutenden Wirksamkeit, r er alé atidemisde Lehrer übte, aber au wieder in das Gebiet der praktischen Po- litik seiner neuen Heimath einzugreifen. Von 1857 an gehörte er, als “ Vertreter der Universität Heidelberg, der Ersten Kammer des badishen Landtages an und erstattete u. A., nahdem, nicht ohne seine Mitwirkung, das Kon- kordat gefallen war, in diesem hohen Hause den Be- richt über den von dem Ministerium. Stabel - Lamey vor- gelegten Gesehentwurf, der das Verhältniß der Kirhen im Staate zu regeln bestimmt war, eine Arbeit von ganz her- vorragender und au allgemein anerkannter Bedeutung. Vom Jahre 1863 bis zum Jahre 1872 war Mohl sodann Mitglied der Ersten Kammer in Folge der Berufung durch das Aller- höchste Vertrauen Sr. Königlichen Hoheit des Großherzogs ; seit 1869 bekleidete er in derselben das Amt des 11, Präsidenten Wenn ihm au diese Stellung veranlaßte, nur selten in die Debatte einzugreifen, so is seine Thätigkeit im badischen Land- tage denno eine hr bedeutsame gewesen. An Kommissions- arbeiten hat er stets eifrigen und einflußreihen Antheil genom- men und in besonders wichtigen Fragen, \o z. B. bei der Ver: handlung über das Stiftungsgeseß, hat er auch wohl den Präsi- dentenstuhl verlassen und dus volle Gewicht seiner Autorität in die atv zweierlei Anschauungen \{hwankenden Wagschalen ge- Nicht lange nahdem Se. Königliche Hoheit der Großher das liberale Ministerium von 1860 in! des Tui R reg wurde, auf besonderen Wuns des Minister-Präsidenten, Frhrn. v. Roggenbach, Robert v. Mohl von seiner Lehrkanzel weg in die diplomatishe Laufbahn herübergezogen und 1861 zum
badischen Bundestags-Gesandten ernannt, In der Eschenheimer=