1875 / 281 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 29 Nov 1875 18:00:01 GMT) scan diff

9 i hirshe, 29 Schaufler, 22 Stück Dammuwild, 18 gróbe uúd 8 ge- ringe Sauen, 2 Dahse, 2 Hasen und 1 Fuchs zusammen 231 Stück Hochwild gestreckt ein in Wusterhausen noh nie erreihtes Resultat.

Ueber die Reise Sr. Majestät des Kaisers und Königs zur Hofjagd nah Springe sind folgende Be- stimmungen getroffen worden : ;

Se. Majestät werden Donnerstag, den 2. Dezember, Berlin auf dem Lehrter Bahnhof Nachmittags 2 Uhr mittelst Extra- zuges verlassen, in Hannover um 5 Uhr 35 Minuten, und an der Kaiser-Allee bei Springe Abends 6 Uhr 25 Minuten ein- treffen. Die Ankunft im Jagdschlosse ist auf 6 Uhr 40 Minuten festgeseßt. Das Diner findet um 7 Uhr 15 Minuten statt.

Freitag, den 3. Dezember, Morgens 9 Uhr, werden Se. Majestät vom Schlosse zur Iagd fahren. Einem abgesftellten Iagen aus Rothwild folgt das Dejeuner im Walde, an das fich eine Suche mit der Meute auf Sauen reiht. Um 7 Uhr ift Diner im Iagdschlosse. j

Sonnabend, dea 4. Dezember, besteht die Jagd aus einer Suche mit der Meute auf Sauen. Um 1 Uhr wird ein De- jeuner dinatoire im Schlosse eingenommen, und um 2 Uhr 15 Minuten findet die Abreise vom Schlosse statt. Se. Majestät werden von der Kaiser-Allee bei Springe Nachmittags 2 Uhr 30 Minuten mittelst Extrazuges abfahren und um 3 Uhr 10 Minuten in Hannover eintreffen. Der Ankunft in Berlin wird Abends 7 Uhr 10 Minuten entgegengesehen. i

Empfang und Begleitung finden auf dieser Reise nicht statt.

Auf Befehl Sr. Königlichen Hoheit des Prinzen Carl fällt des harten Frostes wegen die Königliche Par- force-Iagd- bis auf Weiteres aus. Spätere Bestimmungen bleiben fortan dem Major Grafen von Wartensleben überlassen.

29, November. Die Ausschüsse des Bundesraths für Handel und Verkehr und der Aushuß für Rehnungswesen traten heute zu einer Sißung zusammen.

Der Bundesrath hat in seiner Sizung vom 13. d. M. beshlossen: 1) Bei Erhebung der in die Reichskasse fließenden Zölle und Steuern, sowie bei Rückvergütung dieser Ab- gaben für Rehnung des Reihs werden künftig allgemein Be- träge unter fünf Pfennigen Reihswährung außer Betracht ge- lassen, höhere Pfennigbeträge aber nur, soweit sie durch 5 ohne Rest theilbar find, unter Weglafsung der überschießenden Pfennige erhoben oder vergütet. 2) Auch für den kleinen Grenzverkehr wird zur Erledigung des Vorbehaltes in §. 566 Ziffer 1 der Protokolle des Bundesraths von 1873 und in Uebereinstimmung mit Ziffer V. der allgemeinen Bestimmungen zum Zolltarif vom 1. Oktober 1873 der Mindestbetrag der Zoll- erhebung allgemein auf fünf Pfennige Reihswährung und das Mindestgewicht der zu verzollenden Gegenstände auf 1/14 Pfund festgeseßt. Dabei war man allseitig darüber einverstanden, daß

durch den vorstehenden Beshluß die bei der ersten General- konferenz in Zollvereinsangelegenheiten nach §. 42 des Haupt- protokolls d. d. 12. September 1836 vereinbarten Bestimmun- gen über die aus Anlaß der Registerrevision eintretende Nach- erhebung oder Zurückerstattung von ZolUbeträgen nicht berührt

werden, daß jedoch der unter Ziffer 1 und 2 dieser Bestimmun- gen bezeichnete Minimalbetrag von 1 Groschen oder 3 Kreuzern auf 10 Pfennige Reichswährung festzustellen ist.

Ueber die zulegt in unserer Nummer 267 vom 13. d. M. besprochene Angelegenheit des deutshen Schooners „Anna“ erhalten wir folgende authentishe Mittheilungen :

Zufolge einer dem Kaiserlihen Konsul zu Amo y zugegan- genen amtlihen Meldung des Vizekonfulats zu Foochow hätten die Mörder des Kapitäns und des Steuermanns {hon am 24. September, also cinen Tag nah Verübung des Verbrechens bei Pai-Leong, etwa 40 Meilen nördlich von -Foochow , das Schiff mit einem Theil der Ladung verlassen, und chinesische Fischer hätten dann den Rest der Ladung geplündert und das Schiff zerstört.

In der That hat Sr. Majestät Kanonenboot „Cyclop“ nah längerem Kreuzen bei der nördlih von Foochow gelegenen Inselgruppe vielfache Schiffstrümmer von der „Anna“ gefunden, und ift sodann durch die an Ort und Stelle in Gegenwart des Kapitän-Lieutenant von Reihe und des Dolmetscher-Eleven Budler vorgenommenen Verhöre von Inselbewohnern fest- gestellt worden, daß das von der Mannschaft verlassene Schiff am 26. September an dem Felsen von Chu-Pai-Chio gestrandet und dort von Fischern geplündert und aufgebrochen worden war. Der „Cyclop*“ ift, mit einem der Theilnahme hieran überführten Fischer an Bord, am 14. Dktober in Foohow eingetroffen, wo die Untersuchung weiter geführt wird. In- zwischen soll in Folge der an alle Behörden der Provinz Fokien ergangenen Verhaftsbefehle bereits einer der Mörder ergriffen worden sein und schien man zu erwarten, daß die Festnahme auch der übrigen bald gelingen werde, da der Berhaftete ein umfassendes Geständniß abgelegt haben \ollte.

Die Bemühungen der Kaiserlihen Vertretung in China werden nunmehr gleichzeitig auf die kriminelle Bestrafung \o- wohl der Mörder des Kapitäns und Steuermanns, wie auch der Plünderer und Zerstörer des Schiffes, und auf die Gewährung einer angemessenen Geldentshädigung für die von der Angele- genheit zunächst betroffenen Personen und Interessenten ge- richtet sein.

Im weiteren Verlaufe der vorgestrigen Sihung der außerordentlichen Generalsynode betonte der Kommissar des Evangelischen Ober-Kirchenraths , General-Superintendent Dr4Brückner, daß er Abänderungsvorshläge zum vorgelegten Entwurfe nur dann annehmen könne, wenn dadurch kein Heils- gut der Kirche geopfert, keine ihrer Leben8adern unterbunden werde. Er s\ei ein entschiedener Gegner der Zusammenseßung der Generalsynoden aus Urwahlen, d. h. aus Gemeinde- oder Kreis- \ynodalwahlen. Das rein mecanishe Element der Ur- wahlen passe nicht in den \ynodalen Aufbau des kirhlihen Wesens hinein, sondern hemme denselben, da die Urwah- len feine Garantie bieten, daß wirklich die besten und geeignet- sten Kräfte in die Synode gewählt würden. Sollten die Ur- wahlen als eine Grundbedingung für die Schaffung einer Ge- neralsynode angesehen werden, so würde das Kirchenregiment auf letztere lieber verzihten. Was die Vermehrung der Laien- kräfte auf allen \ynodalen Stufen beträfe, so brauche man eine folche nah seiner Ansicht nicht zu befürchten. So viel er von den Provinzialsynoden wiffse, habe dort das Laienelement das Meiste gethan; auch in der tagenden Generalsynode sei bereits von Laien Vortrefflihes gesagt worden; und niht weniger gesegnet und fruehtbar sei die Thätigkeit der Gemeindekirhenräthe. Einer Volkskirhe werde unter keinen Umständen zu helfen fein, wenn man nicht die Laienkräfte in verstärktem Maße hHeranziehen

. würde.

Eine solche Gabe sei ein Vertrauen, das wiederum Vertrauen erwecke. Sachlihe Motive \feien es ferner, welchen die besondere Rücksicht entspringe, welhe der Entwurf den grö- ßeren Gemeinden zollt. Betreffs der Aufgaben und der Kom- petenzen der Generalsynode brauche man nicht zu befürhten, daß sh dieselbe auf Erörterungen von Bekenntnißfragen einlassen würde. Der Bekenntnißstand und die Union sollen unberührt bleiben; troßdem müsse der General- \ynode das Reht und die Pflicht gewahrt blei- ben, die allgemeinen Grundlagen des Bekenntnißstandes festzustellen. Nichts läge dem Ober-Kirchenrath ferner, als dem Bekenntnißstand irgend einer Provinz zu nahe zu treten, oder die Gewissen binden zu wollen; doch darauf müsse jedes Kirchen=- regiment sehen, daß es niht mit widerwilligen Organen arbeite. Das seien die leitenden Gedanken gewesen bei Bestimmung des Verhältnisses der Generalsynode zu den Provinzialkirhen. Nur eine starke Generalsynode sei im Stande, die große evangelische Kirche zu regieren. Die provinzielle Selbständigkeit der Kirchen solle nur soweit gewahrt werden, als es im Rahmen der Landeskirhe möglich sei. Jede der Provinzialkirhen müsse fih dem Ganzen als ein dienendes Glied anschließen. Die Vorlage ershwere durhaus nihcht den Anschluß der Kirchen der neuen Provinzen. Mit großer Freude würde es das Kirchenregiment begrüßen, wenn der Kirche ein großes Maß von Selbständigkeit zu Theil würde; Hierbei habe aber die Landesvertretung mitzu- sprechen. Der Paritätsbegriff werde vielfah noch falsch aufge- faßt, das Verhältniß der evangelishen Kirche zum Staat sei ein wescntlich anderes, als das der katholishen. Der evangelischen Kirche habe es die Staatsregierung mit zu verdanken, daß die Staatsidee in unserem Volke so tiefe Wurzel gefaßt habe; Toleranz und Gewissensfreiheit, mit denen der Staat operire, f\eien auf evangelishem Boden erwachsen. Der Begriff der Parität sei für ihn immer nur ein Ausfluß des alten Hohenzollernwortes „Suum cuique“’ gewesen, aber nit des Spruches: „idem cuique.“ Zwei große Gruppen hätten fih bereits auf der Synode gebildet, und das Kirchenregiment hoffe, daß es in deren* Bund als Dritter aufgenommen werde.

Der Synodale Dr. Cremer (Greifswald) warf der Vorlage einen Dualismus vor, der fich in dem §. 5 mit dem „ministe- riellen Placet“ und in den Schlußbestimmungen fände, die für ihn völlig unannehmbar seien. Die Vermehrung des Laien- elements sei ein Mißtrauenszeichen gegen die deutsche Geistlichkeit, die N lange Pflegerin und Erhalterin deutshen Lebens gewe- sen sei.

Der Synodale Dr. Köftlin (Halle) \prach \fich in jeder Beziehung billigend über den Entwurf aus, den er durhaus realistisch und nicht idealistish finde.

Der Synodale Euen (Treptow a. d. R.) sprah fich gegen die Wahlen zur Generalsynode dur die Provinzialsynoden aus: Den Provinzialkirhen müsse ihre Selbständigkeit gewährt bleiben, der Vorwurf der Gefährdung der Landeskirche sei aber troßz- dem ein Jrrthum. Der vorliegende Entwurf stehe starrer römi- scher Einheit näher, als evangelisher Freiheit. Die Landeskirche wäre niht der Schooß für die Provinzialkirchen, sondern nur der Rahmen ihrer Einheit.

Nach einer kurzen persönlihen Bemerkung des Synodalen Dr. Fabri (Barmen) wurde ein Vertagungsantrag angenommen und die Sizung um 3 Uhr 30 Minuten geschlossen.

Die heutige (5.), Sizung der Generalsynode wurde Vormittags 11 Uhr durch den Vorfißenden Grafen zu Stolberg- Wernigerode mit geschäftlihen Mittheilungen eröffnet.

Der Präsident theilte vor Eintritt in die Tagesordnung Folgendes mit :

In Folge des Beschlusses der Generalsynode hatte der Vorstand derselben bei Sr. Majestät dem Kaiser und König um eine Audienz gebeten, die gestern Mittag 12 Uhr im Fahnensaale des Kaiserlihen Palais gewährt wurde.

Der Präsident der Generalsynode richtete folgende Ansprachs an Se. Majestät den Kaiser und König:

Eure Kaiserliche und Königliche Majeftät haben huldreil st| ge- stattet, daß wir Namens der außerordentlihen General-Synode vor Allerhöcstihnen erscheinen. Wir sind beauftragt, Eurer Majestät den Dank der gegenwärtig versammelten Vertreter der evangelischen Lan- deskirhe auszusprechen dafür, daß Allerhöchstdieselben uns be- rufen haven, um eine Verfafsung unserer theuren Kirche und damit ihr Wohl, ihr Wachsthum und ihre Sicherung gegen Sturm und Gefahr zu berathen. Als Eure Majestät unter dem 10. Sep- tember 1873 die neue Kirhengemeinde- und Synodalordnung verkünde- ten, da wurde es als ein hochherziger Entschluß erkannt, daß den lang- jährigen und verschiedenartigen Bestrebungen, unserer Kirche zu einer Verfassung zu verhelfen, eine bestimmte greifbare Grundlage ge- aeben war, niht minder aber auch der ausgesprohene Königliche Wille, daß der Abschluß des kirhlihen Verfassungswerkes unter dem Beirathe von Vertretern der kirchlichen Organismen stattfinden solle. An diese Aufgabe ist jeßt die außerordentliche Generalfsynode heran- getreten, in der ernftena Absicht, mit allen Kräften an diejer wichtigen Arbeit zu wirken und das Gelöbniß zu erfüllen, daß ein Jeder von uns feierlich abgelegt hat: „danach zu trachten, daz die Kirche in allen Stücken wachse an dem, der da3 Haupt ist, Chriftus!*“, aber auch in dem vollen Bewußtsein, daß nur dann ein heil- sames Werk gelingen kann, wenn der Herr, unser Gott, dazu in Gnaden seinen Segen giebt, Wir ftehen vor Earer Ma- jestät, als unseres weiteren und engeren Vaterlandes Kaiser und König, dem * allezeit treu und gehorsam zu sein, uns als evangelishe Christen eine ernste, aber freudige Pflicht ist. Wir erblicken aber in Eurer Majestät au weiter und ganz besouders den Hohen Schirmherrn unserer evangelischen Landeskirche, dessen Königlihem Herzen die Sorge für das Reich Gottes und für das Wohl der Kirche tief eingeprägt ist. Nehmen daher Euer Kaiser- lie und Königliche Majestät neben unserem erfurhtsvollften Danke auch die Versicherung der unwandelbaren Treue und Ergebenheit der Synodalmitglieder huldreich entgegen. Gott segne Eure Majestät!

Se. Majestät der Kaiser und König -geruhten darauf zu erwidern:

„Jch danke Ihnen für die Gesinnungen und Ansichten, die Sie ausgesprochen haben. Es sind auch ganz die Meinigen. Ich hoffe, die Generalsynode wird in dem gleihen Sinne ihren Arbeiten fih unterziehen, und in Frieden ihr Werk vollbringen. Vor Allem kommt es ja darauf an, daß die Kirche auf dem rechten Grunde stehen bleib, wie Ih das auch bei einer anderen Gelegenheit aus- gesprohen habe, auf dem Grunde des Glaubens. Jh stehe auf dem Grunde des Glaubens, auf welchen Jch getauft und fonfirmirt worden bin, und Nichts kann Mich bewegen , davon abzu- weichen; werden Mir da Einwürfe gemacht, 10 werde J sie, jederzeit abléhnen. Sie, die Sie hier vor Mir stehen, find ja daria ohne Zweifel mit Mir einig; fest zu stechen auf dem rechten Grunde ift in der gegeuwärtigen Zeit um so nöthiger, als Parteiungen leider auch selbst in die Kirche sich einges{lichen haben. Sie haben ja jeßt bei dieser avßerordentlihen Generalsynode die s{chweren dogmatischen und liturgischen Fragen nicht zu behandeln, Es is der Ab-

L \chluß der Verfofsung der evangelischen Kirche, wozu Sie berufen sind,

ein schr wihtiges Werk, das aber erst den Boden bereiten soll für die Jnangriffnahme jener anderen Aufgaben durch die späteren defini- tiven- Generalsynoden. Die Thätigkeit der außerordentlihen General- synode ift also auf den Ab\ch{luß der Verfassung, die ja dann noch der landesgeseßlihen Anerkennung bedarf, zu beschränken, und die Herren vom Vorstande werden daher darauf zu halten haben, daß Alles, was nicht dazu gehört, fern bleibt. Was die Borlage betrifft, die Ich Ihnen gemacht habe, fo kann Jch natürlich nur wünschen, daß dieselbe angenommen wird, selbstverständlich einzelne Modifikationen und Abänderungen vorbehalten; dem Wesen und Grundgedanken näch aber muß J die Annahme der Voriage wünschen, die ja mit Meiner Zustimmung Ihnen gemacht ist, und die das enthält, was nach ernster und gewissenhafter Ecwägung als das Ersprießliche erscheint. Jh habe dieses Werk als ein Erbe übernommen. Mein seliger Bruder hat ja schon Vieles in dieser Richtung gethan, es war aber damals vielleicht noch nicht genugsam vorbereitet; dies ift ja nun anders, nachdem durch Kreis- und Provinzialsynoden der Grund gelegt worden, Auch Mein Vater hat bereits in Bezug auf Ord- nung und Regelung der kirchlichen Dinge, z. B. der Liturgie, Wich- tiges vollbracht, auch ganz abgesehzn von der Union. Ich ftehe auf dem Boden der Union mit vollem Herzen, und was an Mir liegt, das werde Jch. für sie ihun, und Alle, die sich freiwillig auf diesem Boden mit Mir vereinigen wollen, werde Ich mit offenen Armen empfangen. Die das nicht wollen, werde Ih natürlich in keiner Weise verfolgen. Es ift überall nicht gut, ctwas zu thun, was nicht aus der Ueberzeugung und dem Ge- wissen kommt, am wenigsten aver in chriftlihen und religiösen Dingen. Möge Gott der Herr, ohne dessen Segen nichts ist, und der ja seither so sihtlich über unserem Vaterlande gewaltet hat, Jhre Arbeiten segnen, damit das Werk gelinge und Sie in Frieden auseinandergehen.

Se. Majestät geruhten hierauf, Sih durch den Grafen zu Stolberg - Wernigerode die Herren des Vorstandes vorstellen zu lassen und Sih mit denselben huldreihs| zu unterhalten.

Auf der Tagesordnung der Sizung stand als einziger Gegenstand die Fortsezung der Generaldebatte über den Ent- wurf einer General-Synodalordnung. '

Die Synodalen Dr. Möller (Magdeburg) und Kiechäfer (Borntuchen) sprachen sich im Ganzen für den Entwurf aus, bezeichneten aber die Shlußbestimmungen desselben als unan- nehmbar.

Bei Schluß des Blattes ergriff der Synodale Dr. Freiherr v. d, Goly (Bonn) das Wort.

Der Finanz-Minifter hat die Provinzial-Steuer-Direk- toren 2c. ermächtigt, die nah Maßgabe des Cirkularerlasses vom 26. September 1828 zu gewährenden Vorschüsse aus dem Remontefonds mit Rücsiht auf die jezigen Kaufpreise für Pferde fortan, \oweit in jedem einzelnen Falle das Bedürfniß hierzu nachgewiesen is, bis zum Betrage von 600 H für jedes Pferd der Ober-Controleure und von480 A für jedes Pferd der Aufseher zu bewilligen. Die Abzüge zur Vildung des Reinontefonds werden dem entsprehend und im Hinblick auf die in den legten Jahren eingetretenen Erhöhungen der Pferdeunter- haltung2gelder vom 1, Januar k. I. ab für den Dber-Controleur auf monatli 9 s, für den reitenden Aufseher auf monatlih A6 für jedes Pferd mit der Maßgabe festgeseßt, daß diese Ab- züge zu verdoppeln sind, so lange die Shuld des Beamten an den Remontefonds die oben angegebenen Maximalsäße für die Bewilligung des Vorshusses übersteigt.

Ueber den Verkauf von ungegohrenem JIung- bier hat der Minister des Innern in einem Spezialerlaß vom 16. Oktober d. J. folgende' Grundsäße ausgesprochen :

Menn Brauer ihr Fabrikat nah anderen Orten außerhalb ihres Wohnortes ohne vorgängige Bestellung versenden, um es daselbst auf offener Straße vom Wagen herab feilzubieten, \o würde dies nah §. 55 der Gewerbeordnung vom 21. Juni 1869 als ein Gewerbebetrieb im Umherziehen anzusehen \ein, voraus- gefeßt, daß die betreffenden Brauer an den Orten des Verkaufs nit eine gewerbliche Niederlaffung begründei haben. Es fragt fich also-.im vorliegenden Falle, ob es zur Begründung einer gewerblihen Niederlassung an einem bestimmten Orte ausreicht, wenn daselbst das Gewerbe angemeldet und die Gewerbesteuer vom stehenden Handel gezahlt wird.

Diese Frage is} bisher, soviel bekannt, sowohl von den Ge- rihten (vergl. z. B. Erkenntniß des Ober-Tribunals vom 8, De- zember 1869, Oppenh., Rechtspr., Bd. 10, S. 773), als auc von den Verwaltungsbehörden verneint, und demgemäß find diejenigen, welhe einen Gewerbebetrieb im Umherziehen dadur zu verdecken suchten, daß fie an auswärtigen Orten den stehen- den Handel anmeldeten, ohne die Absicht, daselbft wirklih eine gewerbliche Niederlassung zu begründen, in häufig vorgekomme- nen Fällen bis jeßt zur Strafe gezogen worden.

An dieser Auffassung wird im Allgemeinen festgehalten werden müssen, wenn nicht dem unbefugten Gewerbebetrieb im Umherziehen Vorschub geleistet werden soll.

Andererseits ist jedoch anzuerkennen, daß es eine Frage vor- wiegend thatsächliher Natur is, was zur Begründung einer gewerblichen Niederlassung außerhalb des Wohnortes noch außer der Anmeldung gehört. Es würde nihts dagegen zu er- innern sein, daß die Anforderungen für die Thatsache der Nie- derlafsung hinsichtlih des in Rede stehenden, von der Bezirks- regierung für nüglih erachteten Verkehrs soweit als thunlich be- \hränkt werden. Jmmerhin muß aber irgend eine Veranstal- tung, "welche die Absicht eines dauernden lokalen Gewerbebetriebes. erkennen läßt, konstatirt werden, um anzunehmen, daß die Vor- aus\eßzung einer gewerblichen Niederlassung am Orte des Ver- kaufes genügend erfüllt ift.

Nach dem im 2. Absaze des §. 10 des preußishen Erb- \chaftssteuergeseßes vom 30. Mai 1873 ausgesprohenen Grund- satze, unterliegt, unter Voraussezung der Reciprocität, das in Preußen befindliche, niht in Grundstücken, Grundgerechtigkeiten oder deren Nutzungen bestehende Vermögen eines Erblassers, welcher bei seinem Ablebcn Ausländer war, der Versteue- rung niht, Nachdem die preußishe Regierung die Erklärung abgegeben hat, sie sei bereit, diesen Grundsaß auch auf solche Fälle anzuwenden, welhe sh vor dem 1. Januar 1874, an welchem Tage die erwähnte geseßliche Bestimmung in Wirksam- keit trat, ereignet haben, hat das öôsterreichische IJustiz- Ministerium im Einvernehmen mit dem K. K. Finanz-Ministerium die öôsterreihishen Oberlandesgerihte hiervon mit Bezie= hung auf Punkt 2 lit, b. der Ministerialverordnung vom 8. April1854 zur eigenen Darnahahhtung und zur Verständigung der unterstehenden Gerichte mit dem Beifügen in Kenntniß ge- sezt, daß hiernah das in ODesterreih befindlihe beweg- lihe Vermögen verstorbener Angehöriger Preußens der Gebührenbemessung nicht zu unterziehen ist.

Die neue Rang- und Quartierliste der König- lich preußischen Armee für das Jahr 1875 nebst den Anciennetätslisten der Generalität und der Stabs-Offiziere der Armee is dieser Tage in der Königlichen Hof-Buchhandlung von E. S. Mittler und Sohn hierselbst erschienen. Wir behalten uns vor, demnächst auf dieselbe ausführliher zurückzukommen.

Bei den Konsistorien der aht älteren preußishen Pro- vinzen sind im Jahre 1874 (im Vergleich mit 1873) Predigt- amts-Kandidaten für wahlfähig erklärt resp. ordinirt worden: Preußen 22 resp. 31 (+ 9), Brandenburg 32 resp. 43 (+ 11), Pommern 18 resp. 24 (+ 6), Posen 3 resp. 10 (+ 7), Schlesien 15 resp. 24 (+ 9), Sachsen 54 resp. 47 (— 7), Westfalen 12 resp. 20 (+ 8), Rheinprovinz 20 resp. 22 (+ 2), im Ganzen 176 resp. 221 (+ 45).

Am 15. Oktober hat das Statut der unter dem Pros- tektorate Ihrer Kaiserlihen und Königlichen Ho- heit der Kronprinzessin stehenden „Allgemeinen deutschen Pensionsanstalt für Lehrerinnen und Er- zieherinnen“ ' die Allerhöhste Sanktion gefunden, und find der Anstalt die Rechte einer juristishen Person verliehen worden. Dieselbe bezweckt, ihren Mitgliedern im \päteren Lébensalter oder bei dauernder Dienstunfähigkeit eine laufende Penfion zu ge- währen. Aufgenommen können werden: Alle von einer deutschen Behörde geprüften Lehrerinnen, welche ihren Beruf an einer öffentlihen, an einer Privatshule oder in Fa- milien ausüben, oder auch Unterrichts-Anstalten leiten, ohne Rücksicht auf den Ort ihrer Wirksamkeit; all- staatlih zuge- lassenen Lehrerinnen, welche in Deutschland ihren Beruf an einer öffentlihen, an einer ßPrivatshule oder in Familien aus- üben, oder auch Unterrichtsanftalten leiten ; sonstige Lehrerinnen, welche nach erlangter ausreihender wissenshaftliher oder teh- nisher Ausbildung die Lehrthätigkeit zu ihrem Lebensberufe machen und zwar sämmtlih ohne Unterschied des religiösen Bekenntnisses und ohne Unterschied, ob fie verheirathet sind, oder niht. Im ersten Jahre des Bestehens steht der Beitritt jeder Lehrerin offen, die das 55. Lebensjahr noch nicht zurück- gelegt hat; nach Ablauf des ersten Jahres nur noch Lehre- rinnen, welche das 50. Lebensjahr noch niht überschritten haben. Jede der Anstalt Beitretende hat je nah dem Alter und den Zeitpunkt des Eintrittes der beanspruchten Pension zu ent- rihten: ein Eintrittsgeld (3—15 #) und einen jährlihen Bei- trag für je 100 M der versicherten Penfion (0,90 —65,40 M). Durch diese Zahlungen erwirbt jedes Mitglied den rechtlichen Anspruch auf die eingekaufte Alterspension oder, falls dauernde Dienstunfähigkeit vor Erreihung des für die volle Pension er- forderlihen “Alters eintritt, auf einen entsprehenden Theil der Penfion. Neben diesem Rechtsanspruch können die Anstalts- mitglieder durch besondere Beihülfen bedaht werden. Aus die- sen Einnahmen und etwaigen Shenkungen wird gebildet ein Penfionsfonds ¡und ein Hülfsfonds. Zu ersterem fließen alle laufenden Beiträge der Anstaltsmitglieder abzüglih 10 Proz. ; zu dem Hülfsfonds fließen alle übrigen Einnahmen einschließ- lih jenes Abzuges. Die Zinsen des Vermögens der Anstalt werden nah Verhältniß der am Anfange des Iahres vorhan- denen Bestände beider Fonds getheilt. Die im exsten Jahre auf- tommenden Zinsen werden zwischen beiden Fonds glei getheilt. Vor Ablauf der erfien 3 Jahre der Mitgliedschaft hat kein Anfstalts- mitglied Anspruch auf irgend eine Zahlung aus der Anstaltskafse. Die einheitliche Oberleitung der Anstalt wird durch ein Kura- torium ausgeübt, welches feinen Sit in Berlin hat; dasselbe besteht zur Zeit aus folgenden Damen: Miß Archer, Fr. Präsi- dent Elwanger, Fr. Staats-Minister Falk, Fr. Ministerial-Direktor Greiff, Frl. Hackenshmidt, Frl. Mithène, Gr. Fanny von Re- ventlow, Fr. Schepeler-Lette, Frl. Stöphasius, Fr. Unter-Staats- sekretär Sydow, und den Herren: Geheimer Regierungs-Rath Beinert, Stadtischulrath Bertram, Banquier Julius Bleichröder, Schuldirektor Erkelenz, Professor Dr. Gneift, Ministerial-Direktor Greiff, Schuldireftor Haarbrückter, Schuldirektor Nöldecke, Ge- heimer Regierungs-Rath Dr._ Schneider, Schuldirektor Schorn- stein, Geheimer Ober-Regierungs-Rath Wäßoldt, Dr. Wehren- pfennig, Dr. Zillmer. Anträge behufs Aufnahme sind an das Kuratorium zu richten zu Händen des Ministerial-Direktors Greiff, Berlin, Untex den Linden 4.

Die polizeiliche Konzession zum Kleinhandel mit Branntwein {ließt nicht die Genehmigung zum Aus- schank von Branntwein, wie derselbe in bestimmten Lokalen zum Verkauf auf der Stelle erfolgt, ein. „Dies ergiebt \fih aus dem Wortfinn und dem Begriff des Ausdruckes Kleinhandel, sowie aus der Vorschrift des Y. 33 der Reichs-Gewerbe- Ordnung, in welcher die Erlaubniß zur Gastwirthschaft, zur Schankwirthshaft und zum Kleinhandel mit Branntwein oder Spiritus auseinander gehalten und ausdrücklich unterschieden worden.“ (Erkenntniß des Ober-Tribunals vom 2. No- vember d, I.)

Der Bevollmächtigte zum Bundesrathe, Herzoglich sach- sen - gltenburgische Staats - Minister von Gerstenberg-Zech, ¡ist in Berlin angekommen.

Der General - Lieutenant von Obernigz, General- Adjutant Sr. Majestät des Kaisers und Königs und Comman- deur der 14. Division, und der General-Lieutenant z. D. von Redern sind hier eingetroffen.

Cöln, 27. November. (Köln. Ztg) Heute Morgen gegen 9 Uhr verschied, nah 14tägiger Krankheit, der älteste der hiesigen Domkapitulare, Herr Johann Jakob Broix, Doktor der Theo- logie, päpstliher Geheimkämmerer und Ritter des Rothen Adler- Ordens 4. Klasse. Er wurde geboren zu Neuß am 22. De- zember 1799, zum Priester geweiht am 8. September 1823, als Domtapitular inftallirt am 28. April 1844 und zum Ordinariats- und General-Vikariats-Rath ernannt am 18, Juni 1861,

Bayern. München, 26. November. Zwischen dem Erzbischof von München und dem Bischof von Speyer haben, wie der „Allg. Ztg.“ zufolge verfichert wird, in den letz- ten Tagen auch Besprechungen über den in der Angelegen- heit des Herrn Domkapitulars Hohn ergangenen Ministerialerlaß stattgefunden, und es sollen nun Berathungen über diesen Gegen- stand unter den sämmtlichen bayerishen Bischöfen in Ausficht de Hr. Bischof v. Haneberg is gestern nah Speyer zurück- gekehrt.

Sessen, Darmsiadt , 27. November. Die zweite Kam- mer nahm in ihrer heutigen (6.) Sizung den Gesegentwurf, die Ausführung des Reichsgeseßzes über die Beurkundung des Personenstandes und die Eheschließung, abgesehen von ein- zelnen von dem Aus\huß beantragten Abänderungen, im We- sentlihen nah der Regierungsvorlage an. Eine gegen die Aus- \{ließung des Anwaltszwangs gerichteter Antrag wurde abgelehnt. Die Vorlage, die Regelung des südhesfishen Portofreiheitswesens

betreffend, wurde angenommen. Die Kammer vertagte fich hier-

auf auf unbestimmte Zeit.

Braunschweig. Braunschweig, 27. November. Heute begannen im Ständehause die Berathungen der außer- ordentlihen Landessynode. über die Vorlage eines Kirchengesetzes, die kirchlihe Trauung und. das kirchliche Aufgebot betreffend. Die Verhandlungen haben große Theil- nahme erweckt.

Anhalt. Dessau, 26. November. Der Herzog und die Herzogin- sind heute zu einem kurzen Besuhe nah Sondershausen abgereist. Die Rükehr hierher dürfte am 30. d. Mts. zu erwarten sein. .

Sachsen-Meiningen-Hildburghausen. Meiningen, 26. November. Die Finanzlage des Herzogthums Meiningen ist nah dem Ergebnisse der jezt dem Landtage vorgelegien Rechnungsprüfung eine günstige. Troß der Matrikularbeiträge und des niht in Einnahme kommenden Antheils an Zöllen und dergl., troz der Ausgaben für Eisenbahnanleihen, Zinsgarantien und neue Grundbücher \{chließt die Rech- nung des Jahres 1872 mit einem Ueberschuß Für die Landeskasse von 1,688,901 Gulden und für die Domänenkasse mit einem solhen von 466,508 Gulden ab. Von letterem erhalten der Herzog und die Landeskasse je die Hälfte. Der Landtag hat in seiner jüngsten Sitzung den Gesezentwurf zur Ausführung des Reichs - Civilstands- gesetzes berathen. Meiningen hat hierzu den Geseßgebungs- weg eingeshlagen, während die übrigen thüringishen Regierungen die Form der landesherrlihen Verordnung gewählt. Das Gese überträgt die Aufficht über die Standesämter don Einzelrihtern und die Oberauffiht dem Justiz - Minifterium, Ueber die Ehescheidung auf dem Gnaden- wege entspann “fih eine lebhafte Debatte; von einer Seite wollte man dieselbe jeßt beseitigt wissen, die Majorität des Landtages hielt aber daran fest, daß der Herzog dieses Reht auch weiter ausübe, weil dasselbe aus dessen Souveränetät und nicht aus seiner Cigenschaft als Landesbischof hervorgehe. Die Abstim- mung über das ganze Gese wurde vertagt.

Schwarzburg - Sondershausen. Sondershausen, 25. November. In der heutigen Landtags sißung wurde den Gesezvorlagen, betreffend einen Nachtrag zu dem Geseß vom 2. April 1854 über Gemeinheitstheilungen, betreffend ferner die Erhöhung der Diäten der bei dem Geschworenengerichte thätigen Beamten, fowie betreffend die im Landessirafreht vor Einfüh- rung des Reichsstrafrehtes angedrohten Geld- und Gefängniß- strafen, die verfassungsmäßige Zustimmung erheilt. Weiter wurde der Staatsregierung die Ermächtigung ertheilt, ihre Zuftim- mung zu der Aufnahme einer Prioritätsanleiße der Nord- hausen-Erfurter Eisenbahngesellshaft zu geben, unter der Be- dingung jedoch , daß die übrigen Garanten gleihfalls zu- stimmten und daß der Bahnhof Hohenebra an cinen für den Verkehr des Bezirkes Ebeleben günstigeren Plaz verlegt werde, sofern dies thunlih und nicht mit unverhältnißmäßig hohen Kosten verknüpft sei. Hierauf gelangte der Gesezentivurf, be- treffend die Penfionirung der Geiftlihen, mit den von der De- putation beantragten Zusäßen und Abänderungen zur Annahme. Als weitere Vorlagen der Staatsregierung gingen u. A. ein: Entwurf eines Geseßes über die Fortbildungs\chulea und Denk- chrift dazu, Entwurf eines Geseßes, die Abänderung einiger geseßlihen Bestimmungen über die Volks\{hullehrer betreffend.

Schaumburg - Lippe. Bückeburg, 28. November. Der Landtag ist auf den 13. k. M. einberufen worden.

Lübeck, 27. November. Die nächste Versammlung der Bürgerschaft wird dem Vernehmen nah am 6. Dezember ftattfinden. Das Staatsbudget wird indeß erst in einer gegen Ende Dezember, wahrscheinliÞh am 20. Dezenöber, stattfindenden Bürgerschaftsversammlung zur Vorlage kommen.

Elsaß - Lothringen. Straßburg, 28. November. (W. T. B.) Der Ober-Präsident v. Möller ist heute Mittag nach Berlin abgereist.

Desterreich -: Ungarn. Wien, 28. November. Der Kaiser ist gestern Mittags von Gödöllò in Wien eingetroffen und Abends dorthin zurückgekehrt,

Der General-Inspektor des Heeres, Feldmarshall Erz- herzog Albrecht is zum Oberst-Inhaber des Dragoner-Regi- ments Nr. 4 ernannt worden.

Gestern um 2 Uhr fand das feierlihe Leichenbegängniß des Kardinal Rauscher statt. Bei demselben waren anwesend: Der Kaiser, die Erzherzöge, die Minister, die Mitglieder des diplomatischen Corps, die Präsidenten, sowie zahlreihe Mit- glieder beider Häuser des Reichsrathes, die Generalität, der Statthalter, der Bürgermeister von Wien wit den Mitgliedern des Gemeinderathes, mehrere Kirhenfürsten und andere Nota- bilitäten.

Pest, 26. November. Das Abgeordnetenhaus hat in seiner heutigen Sißung die Spezialberathung des finanzministe- riellen Ressortbudgets fortgeseßt, ohne daß dieselbe hervorragende Momente zu Tage gefördert hätte. Die äußerste Linke beantragte heuer wieder die Abshaffung des Tabafkmonopols, was ab- gelehnt wurde. :

Der Wehraus\chuß des Abgeordnetenhauses hat den Gesetzentwurf über das Rekrutenkontingent für das Iahr 1876 ohne Modifikation angenommen. Desgleichen wurden die wih- tigsten Paragraphen des Gesezentwurfes über die Versorgung der Mitglieder der gemeinsamen Armee und der Honvedschaft ohne wesentlihe Aenderung genehmigt.

27. November. In der heutigen Sißung des Ab- geordnetenhauses begann die Generaldebatte über das Kom- munikationsbudget, Der Minister Pechy hielt eine längere Rede, in welcher er \fihch unter Anderem gegen die Erwerbung aller garantirten Eisenbahnen durch den Staat aussprah. Der Staat solle sih einige wihtigere Linien fihern; bei jenen Eisenbahnen aber, welche keine Ausficht haben, aus dem Garantieverhältnifse herauszufommen, möge der Staat warten, bis die Aktionäre selbst dem Staate den Ankauf der Bahn anbieten. Der Mi- nister erklärte ih ferner für die Einführung der Kettenschiffahrt auf der Donau, die er derartig regeln will, daß die nachtheiligen Folgen der Differentialtarife bei den Schiffsfrahten für Buda- pest beseitigt würden. Schließlich stellte der Minister die Ueber- tragung mehrerer Straßen ax die JIurisdiktionen, zugleich aber die stellenweise, Wiedereinführung der Straßen- und Brücken- mauthen in Ausficht.

In der heutigen Konferenz der liberalen Partei wurde das Justizbudget verhandelt.

Großbritannien und Jrland, London, 27. No- vember, Die Königin von Dänemark begiebt ficl ‘am

Montag in Begleitung der Prinzessin von Wales und der Prinzessin Thyra nah Windsor, um der aus Schottland zu- rückgekehrten Königin einen Besuch abzustatten, und wird bis über Mittwoch, den Geburtstag der Prinzesfin von Wales, dort bleiben. Etwa am 17. Dezember fiedelt der Hof nah Osborne auf der Insel Wight über, um dort das Weihnachtsfest zu verleben. Der Besuh des Prinzen von Wales in Bombay hat seine Endschaft erreiht. Am 25. machte derselbe, begleitet von den Mitgliedern feines Gefolges, dem Gouverneur von Bombay einen Abschiedsbesuch. Salutshüfse wurden abgefeuert, und als Se. Königliche Hoheit in Begleituvg des Gouverneurs zurück- kehrte, waren die Straßen mit Menschen gefüllt. Auf der Werfte wurde der Prinz von General-Lieutenant Sir C. W, D. Haveley, dem Oberrichter von Bombay, den Mitgliedern des Konseils, den Richtern, Kommissären und anderen Würdenträgern empfangen. Es waren viele eingeborne Fürsten und Häuptlinge zugegen. Se. Königliche Hoheit \ciffte sich an Bord der „Serapis“ unter Salutshüssen von den anderen Schiffen des Geschwaders und der Küstenbatterien ein. Während seines Be- \suches im Gouvernementsgebäude verlieh der Prinz dem Polizei- Chef von Bombay, Mr. Souter, die Riiterwürde. Se. König- lihe Hoheit begiebt fich zunähst nach Colombo auf Ceylon, wo der Prinz am 4, Dezember eintrifft. Aus Bombay wird der „Times“ unterm 26. ds. telegraphirt: „Der Prinz von Wales kam heute Abend auf der Höhe von Goa an. Die „Undaunted“, eines der Geleitschiffe der „Serapis“, setzte die Fahrt nah Ceylon fort. Am Sonnabend früh landet er. Ehe Se. Königliche Hoheit fih gestern an Bord der „Se- rapis“ nach Goa einschifste, besuhte er Sir Munguldaß Nathabcy, bei welher Gelegenheit einer von dessen Söhnen nach großem hindostanishem Ritus getraut wurde. Aus Goa wird dem Reutéershen Bureau unterm 27. ds. telegraphirt: „Der Prinz von Wales landete hier beute früh um 9 Uhr und wurde von den portugiesischen Be- hörden mit Königlihen Ehrenb?-zeugungen empfangen. Wohin fich Se. Königliche Hoheit von hier aus begeben wird, ift noch niht bekannt. —, Die „London Gazette“ meldet die Ernennung von Mr. Bentinck zum Generalzahlmeister und General- profoß der Armee, sowie die Verleihung des Bath-Ordens 2. Klasse an Mr. Wade, den britishen Gesandten in Peking. Sir John Holker und Mr. Hardinge Giffard leisteten vorgestern in Gegenwart des Lordkanzlers den Amtseid als Attorney- bezw. Solicitor-General und nahmen ihre Amts- fiegel, sowie die Königliche Bestätigung ihrer Ernennung entgegen. Eine Depesche der „Times“ aus Galle vom 24. d. M. be- richtet von weiteren Kämpfen in Perak. Commodore Ster- ling und Kapitän White vom 10. Regiment griffen am 15. Nachmittags mit 250 Mann, fünf Kanonen und zwei Racketen- batterien vier Pallisadenwerke an und nahmen sie. Sechs Kanonen wurden crbeutet. Die Engländer verbrannten die Lillasdörfer. Der Feind floh in Unordnung. Drei britische Soldaten wurden verwundet. Das Truppenschif| „Simoom“ segelte am 25, mit Abtheilungen des 6., 10. 28, und 47. Re- giments nach Malta} ab, von wo [die Truppen auf dem „Hi- malaya? nach Bombay zur Verstärkung der britishen Streit- macht auf der malayischen Halbinsel befördert werden sollen.

28. November. (W. T. B.) Der heutige. „Observer“ hält die Einberufung des Parlaments vor dem gewöhn- lichen Zeittermine für nicht unwahrscheinlih und bezeihnet als Grund derselben die AOPERN des mit dem Khedive von Aegypten über den Aufäuf der Suezkanal-Aftien abgeschlossenen Vertrages.

29. November. (W. T. B.) Der Premier Disraeli war gestern in Windsor und wird heute Vormittag hier zurück- erwartet.

Frankreih. Paris, 27. November. Da das Amen- dement Rive von der Nationalversammlung heute abgelehnt worden ift (vgl. unter Versailles), so wird die Annahme des Wahlgeseßes ohne wefentlihe Modifikationen in parlamen- tarishen Kreisen als gefichert betrachtet. Gestern empfing der Präsident Marschall Mac Mahon eine Deputation aus Saint Etienne, welche ihm das Gesuch betreffs der Err'ch- tung eines Bischofs\ißes in dieser Stadt überreichte. Die f[erifalen Deputirten des Departements hatten sich dieser Depu- tation angeschlossen. Der König der Belgier trifft am 5. Dezember in Paris ein, bleibt aht Tage hier und begiebt fih darauf nach Monaco, wo die Königin einen Theil des Winters zubringt. Gestern gab Hr. Thiers ein großes, Diner; zum Empfange, der nah demselben stattfand, hatte \ih fast die ganze gemäßigte Linke ‘eingefunden.

Der Justiz-Minister Dufaure hat, wie aus parla- mentarishen Kreisen verlautet, den Wunsch ausgesprochen, daß die Berathung des Preßgesezes der Vornahme der Wahl der Senatoren, welche die Nationalversammlung zu ernennen hat, vorausgehen möge. Die Senatorenwahl dürfte daher, wie man -annimmt, erst Mitte nähsten Monats stattfin- den, während die allgemeinen Wahlen vorausfihtlich erst im März k. I. vorgenowmen werden.

28. November. (W. T. B.) In einer von der Linken abgehaltenen Frafktionsversawmlung bildete der Ankauf der dem Khedive gehörigen Suezkanalaftien durch die englishe Regierung den Hauptberathungsgegenstand. - Man war darin einig, daß dieser Ankauf als ein \{chwerer Zwischenfall anzusehen fei, hielt aber gleihwohl eine Interpellirung der Re- gierung darüber nicht für opportun.

Versailles, 27,- November. (W. T. B.) National- versammlung. Der Deputirte Bardoux brahte einen Antrag ein, nah welchem die Wahlen der durch die National- versammlung zu wählenden 75 Senatoren am 1. Dezember stattfinden sollen. Ferner soll die Ernennung der Wähler für die von den Departements vorzunehmenden Senatorenwahlen am 15. Januar erfolgen. Sodann sollen die Deputirten am 20. Februar gewählt werden und die beiden Kammern am 27. Februar zusammentreten. Endlich soll sih die Nationalver- fammlung am. 25. Dezember c. vertagen, nahdem sie eine Permanenzkommission niedergeseßt hat. Die Versammlung lehnte die für diesen Antrag geforderte Dringlichkeit ab und vertagte die Berathung bis nach der Beendigung der Diskussion über das Wahlgeseß. Darauf wurde die Berathung des Waßh[l- geseßes fortgesezt. Nach eincr längeren Rede des Iustiz- Minifters Dufaure wurde das Amendement des Deputirten Rive, welches eine Vermittelung des Listenskrutiniums mit den Einzelwahlen bezweckte, mit 385 gegen 303 Stimmen abge- lehnt. Die Versammlung nahm darauf die beiden ersten Pa- ragraphen decs Artikels 14 an. Die Diskussion wird Montag fortgeseßt werden. Der chemalige Präsident des gesezgebenden Körpers, Schneider, ist gestorben.

Spanien. Madrid, 27. November. (W. T. B.) Die Nachricht von einer beabsfichügten Verschiebung der C ortess

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