werde, die noh vorhandenen Hindernisse im Laufe der Ver- handlungen zu beseitigen. Es \sei ja von der überwiegenden Mehrzahl der Redner anerkannt, daß der Entwurf eine aus- reihende Basis sei, auf der man weiter bauen fönne. Die in den Verhandlungen geäußerten Ansichten würden vom Kirchen- regimente auf das Sorgfältigste geprüft werden, doch hege die Behörde die Erwartung, daß die Synode sich den Gründen nit verschließen werde, die in dem vorgelegten Ent- wurfe zur Geltung kommen. Was das Verhältniß des Ent- wurfes zur Bekenntnißfrage betreffe, so werde keßtere völlig in- takt crhalten. Wenn man den Vorshlag empfohlen habe, in der Genéral-Synodalordnung selbst dafür zu sorgen, daß das Be- kenntniß niemals Gegenstand der Verhandlungen in der Gene- ralsynode sein dürfe, \o sei dies insofern zu billigen, da bin- dende Beschlüsse über Glaubensfäße nur von einem Organ aus- gehen können, das die Infallibilität für sih in Anspru nimmt ; ein solches Organ aber verwirft die evangelische Kirhe. Gleich- wohl sei die Annahme dieses Vorschlages nicht zu empfehlen, da er eine Quelle \chwerer Verwiklung werden, die Generalsynode in allen möglihen Punkten zur Unthätigkeit verdammen und Gelegenheit bieten fönne, der Generalsynode in den verschiedensten Dingen die Kompetenz zu bestreiten. Der Entwurf wahre volllommen die Freiheit und die Selbständigkeit der Kirche. Wenn man gesagt habe, daß die in §.: 5 Al. 3 enthaltene Bestimmung, daß ein von der Generalsynode angenommenes Geseg Sr. Majestät dem Kaiser nicht früher zur Sanktion vorgelegt werden dürfe, als bis der Minister für die geistlichen 2c. Angelegenheiten nichts dagegen zu erinnern gefunden, ein der erhabenen Person Sr. Majestät nicht würdiges Placet sei, so müsse er behaupten, daß gerade zur Bewahrung der Würde des Königs diese Bestimmung getroffen sei. Man dürfe den Vertreter des landesherrlihen Kirchen- regiments nicht in Kollision mit dessen Pflichten als Staats- oberhaupt gerathen lassen. Wenn der Kultus-Minister ein von der Generalsynode ausgehendes Gefeß vor dessen Vorlegung an Se. Majestät prüfe, \o sei die Möglichkeit gegeben, eine etwa bestehende Differenz zwishen dem Minister und der Synode auszugleichen und zwar in einer Art und Weise, welche die Allerhöchste Person nicht berührt. Dics sei aber nicht mögli, wenn der Widerspruch erst geltend gemacht wird, wenn die Königliche Sanktion bereits erfolgt ist. Was die Kompetenz der Generalsynode betreffe, so scien ihrer Legislative nur diejenigen Gegenstände überwiesen, welche ohne Zweifel der landeskirhlihen und nit der provinzialkirhlihen Ordnung zu unterstehen haben. Es seien \fowohl juristishe als auch praktishe Gesichtspunkte, daß im 8. 8 gesagt sei, daß bei allgemeinen Aenderungen, welche die Liturgie oder die kirchlihen Lehrbühher betreffen, die Provinzialsynoden nur „in der Regel“ gehört werden sollen. Das Kirchenregiment habe die Hoffnung, recht bald die erste ordentliche General- \ynode einzuberufen, um derselben eine neue Trauordnuung vor- zulegen, und es würde sich als unpraktisch erweisen, wenn man bei solchen Gelegenheiten erst die Generalsynode befragen wolle. Auch §. 17 enthalte nichts von cinem centralistishen Zuge. Die angefohtene landesherrlihe Ernennung von Synodalen liefere der Synode einen durhaus unentbehrlihen Bestandtheil, da in der Synode ih die drei Faktoren : Laien, Lehrsiand und Regi- ment zu gemeinsamer Arbeit zu verbinden haben. Er bitte nohmals, die Vorlage genau zu prüfen und sie im Großen und Ganzen anzunehmen.
Der Synodale Melbeck (Solingen) erklärte, er glaube, daß der Schwerpunkt unseres kirhlihen Lebens in der Gemeinde und in der Provinzialgemeinde liege; die Selbständigkeit derselben dürfe nur \o- weit beinträhtigt werden, als es die Einheit der Landeskirche absolut nothwendig mache. Der §. 9 des Entwurfs enthalte in seinem Reservatrehte für Rheinland und Westfalen allerdings ein Stück Partikularismus, doch können immerhin die Provin- zialkirchen ihre Eigenthümlihkeiten behalten, soweit die Einheit der Landeskirhe wahrt bleibt. Im Uebrigen halte er es für ein Unglück, wenn die Generalsynode auseinandergehe, ohne etwas zu Stande gebracht zu haben.
Der Synodale Wiesmann (Münster) begrüßte vom pasto- ralen Standpunkte aus viele Paragraphen mit Freude, wenn auch einzelne Bestimmungen amendirt werden müßten. Der Landtag werde sih \chwerlich in interne kirchlihe Angelegen- heiten mischen, da die demselben zugehende Vorlage fih mit diesen Angelegenheiten niht befasse. Bei den Wahlen tauge das Prinzip der Kopfzahl nicht, man dürfe nur kirhlich tüchtige Männer berücksihtigen. :
Der Synodale Dr. Geß (Breslau) folgerte aus dem all- gemeinen Priesterthum der evangelischen Lehre keineswegs eine aus allgemeinen Wahlen hervorgehende Synode.
Der Synodale Dr. Schulze (Elbing) lehnte in entschiedener Weise die Schlußbestimmungen ab, da dieselben nah seiner An- ficht rechtlich unzulässig und der Kirche niht förderlich seien ; auch fänden dieselben in der augenblicklichen Zeitlage “ keine Be- grändung.
Nach einer kurzen berihtigenden Bemerkung des Synodalen Dr. Beyschlag (Halle) ergriff der Vertreter der Königlichen Staatsregierung, Unter-Staatssekreiär Dr. Sydow, das Wort, um zu betonen, daß in Betreff \o vielfah ang-fohtener Schluß» bestimmungen rechtliche Bedenken niht maßgebend sein können, da Se. Majestät der König bereits im Allerhöhsten Erlaß vom 10. September 1873 Sich in Betreff der Bildung der General- \ynode freie Hand vorbehalten habe.
Ein wiederholter Antrag auf Schluß der Generaldiskussion wurde angenommen.
Die Versammlung wählte alsdann eine Kommission von 29 Mitgliedern, welche die gelegentlich der Spezialdiskussion ihr zu. überweisende Abschnitte der Vorlage zu prüfen hat.
Schluß der Sizung 4 Uhr 15 Minuten.
— Der Minisier des Innern hat in einem Spezialbescheide vom 19. v. M: eine Entscheidung darüber getroffen, ob die Orts\chulzen nach Einführung der Kreisordnung vom 13. De- zember 1872 nöch ferner als zur selbftändigen Abhaltung von Haussuchungen berechtigt anzuschen sind. Das betref- fende Landrathsamt hatte angenommen, daß die den Gemeinde- Vorstehern im §. 11 des Geseßes zum Schutze der persönlichen Freiheit vom 12. Februar 1850 eingeräumte Befugniß zur Vor- nahme von Haussuhungen dur die Kreisordnung aufgehoben sei, weil in den §8. 29 und 30 daselbst, in welchen die Rehte und Pslihten der Gemeindevorsteher aufgezählt seien, das fraglihe Recht niht mitaufgeführt stehe. Der Minister hat sich dieser Auffassung nit angeschlossen. Die Motive zu den, in den §§S. 29 und 30 1. c. enthaltenen Bestimmungen sprehen ausdrüdcklih die Absicht aus, die bisher {hon den Gemeindevorstehern nah der Natur der Sache zugestandene obrigkeitlihe Gewalt und das Recht und die Pflicht des ersten polizeilihen Einschreitens geseßlich anzu- erkennen, zu befestigen und thunlichst zu ern, was um so mehr geboten erscheine, als es nur auf diese Weise möglich werde, bei der nothwendigen Ausdehnung der für die Ortspoli-
zeiverwaltung zu bildenden Amtsbezirke den Anforderungen des Publikums gerecht zu werden. So wenig es hiernach in dec Absicht des Geseßgebers gelegen ktabe, die bereits bestehenden Be- fugnisse der Gemeindevorsteher zu {mälern, ebensowenig \pre- chen die §§. 29 und 30 der Kreisordnung eine Shmälerung der Befugnisse der Gemeindevorsteher in Betreff der Abhaltung von Haus\suhungen wirkli aus. Wenn iw §. 39 das Ret, Hausfuchungen vorzunehmen, unter den dort speziell aufgezähl- ten RNehten und Pflichten der Gemeindevorsteher nicht mit auf- geführt ist, so lasse sich als Grund hierfür an..ehmen, daß diese Befugniß von dem Gesezgeber als eine derjenigen ge- daht worden is, welhe den Gemeindevorstehern {hon nach 8. 29 1. c. zustehen. Dieser leztere Paragraph erkläre den Ge- meindevorsteher „zum Organe des Amtsvorstehers für die Polizei- verwaltung“ und legt ihm „vermöge dessen das Recht und die Pflicht auf, da, wo die Erhaltung der öffentlichen Ruhe, Ord- nung und Sicherheit ein sofortiges polizeilihes Einschreiten noth- wendig mat, das dazu Erforderliche vorläufig anzuordnen und ausführen zu lassen.“
Zu den gedachten vorläufigen Maßregeln, zu deren Ergrei- fung hiernat der Gemeindevorsteher berehtigt ist, müsse die Vor- nahme von Haussuchungen gerechnet werden, da Haussuhungen in eiligen Fällen, in welchen die Entscheidung des Amtsvoc- stehers oder des Staatsanwaltes zu \pät kommen würde, als im Züteresse der öffentlichen Sicherheit nothwendige Anordnungen anzusehen, und als solhe auch in dem Gesezge zum Schuße der persönlichen Freiheit, insofern dort (§. 11) die Befugniß der Kommunalbehörden zur Vornahme von Haussuhungen anerkannt worden ift, angeschen worden sind.
Der Landrath is der Meinung, daß die im §. 29 gedachten Anordnungen nur auf die Fälle des polizeilihen Zwangsver- fahrens zu beziehen seien, weil am Schlusse diescs Paragraphen der §. 79 allegirt fei, welcher von dem Zwangsverfahren der Behörden des Kreises handle.“ Eine solhe Bedeutung fann dem Allegate niht beigelegt werden, wie sfich {hon aus der Entstehungsgeshihte des §. 29 1. c. ergiebt. Fn den ursprüng- lihen Entwurf dieses Paragraphen der Kreisordnung waren folgende Bestimmungen aufgenommen worden:
„Der Gemeindevoch-rsteher hat das Reht und die Pflicht, da, wo die Erhaltung der öffentlihen Ruhe, Ordnung und Sicher- heit ein \ofortiges polizeilihes Einschreiten nothwendig macht, das dazu Erforderliche vorläufig anzuordnen und ausführen zu lassen. Gegen Diejenigen, welhe seinen amtlihen Anordnungen Folge zu leisten fich weigern, kann der Gemeindevorsteher Geld- bußen bis zu 1 Thaler als Exekutionsmittel, nach vorgängiger Androhung, verfügen und nöthigenfalls einziehen.“
Dort waren also das dem Gemeindevorsteher zustehende Recht des ersten Angriffs in polizeilihen Angelegenheiten und das Exekutivrecht des Gemeindevorstehers zur Erzwin- gung des Gehorsams nebeneinander in getrennten Säßen hingestellt. Später is der zweite Say in den H. 79 ver- legt und zum Hinweise hierauf am S@lusse des §. 29 der 8. 79 in Klammern allegirt worden. Hieraus ergiebt fih, daß bei der Redaktion des Gesehes das polizeilihe Recht des ersten Angriffs, zu welhem auch das Recht der Haussuhung in dringenden Fällen zu rechnen ist, von dem Zwangsrechte der Polizeibehörde getrennt gedaht worden ist, und daß daher die Befugnisse, welhe dem Gemeindevorsteher in dem ersten Saße eingeräumt waren, fich niht blos auf die Fälle des später in den §. 79 übernommenen zweiten Saßes beziehen. Es würde au ein reiner Widerspru darin liegen, wollte man annehmen, daß das Geseß dem Gemeindevorsteher die Befugniß zur Vor- nahme von Haussuchungen hat verwe'gern wollen, während es demselben im §. 30 unter Nr. 1 das weit wichtigere und mit größerer Verantwortlichkeit verbundene Recht der vorläufigen Festnahme und Verwahrung einer Person nach den Vorschriften des 8. 2 Nr. 1 und des §. 6 des Geseyes zum Schuygze der persönlichen Freiheit eingeräumt hat.“
Bei dieser Sachlage trägt der Minister kein Bedenken, die Gemeindevorsteher nach wie vor zur selbständigen Vornahme bon Hausfucungen in allen denjenigen Fällen für berehtigt zu erachten, in welhen Gefahr im Verzuge is, und zu besorgen fteht, daß dur eine vorgängige Einholung der Entscheidung des Amtsvorstehers «der des Staatsanwaltes der Zweck der Haus- suchung verfehlt werden würde
— Ein Lehrer, welcher einem Schüler gegenüber das ge- seglich begründete Züchtigungsreht überschreitet, ist, nah einem Erkenntniß des Ober-Tribunals vom 4. November d. I., als Beamter, der in Ausübung seines Amtes vorsäßlih eine Körperverlezung begeht, auf Grund des §. 340 Straf- geseßbbuchs auch ohne Strafantrag zu bestrafen. „Das geseßlich begründete Züchtigungrecht des Lehrers \chließt allerdings, fo weit es reiht, das Vergehen der Mißhandlung an fih aus, denn nah Nr. 5 der Kabinets-Ordre vom 14. Mai 1825 s\sollen Züchtigungen, welhe in den der Schulzucht geseßten Schran- fen verbleiben, gegen den Lehrer als Mißhandlungen niht angesehen werden. Wenn dagegen in Ueber- \hreitung ‘des Züchtigungsrehis dem Kinde eine wirklihe Ver- leßung zugefügt wird, so ist der Lehrer nah den bestehenden Gesezgen im Wege des gerihtlihen Verfahrens zu bestrafen. Das bestezende Gesetz ist zun eben der §. 340 des Sir. G. B., dessen sämmtlihe Voraussezungen, eine von einem Beamten in Ausübung seines Amtes vorsäßlih begangene Körperverleßung, hier vorliegen. Der Angeklagte war daher, wie geshehen, aus S. 340 und niht aus §. 223 des Str. G. B. (der allgemeinen Bestimmung über vorsäßlihe Körperverlezung) zu bestrafen, und konnte somit von einer Einstellung des Verfahrens wegen Rück- nahme des Strafantrages keine Rede sein.“ .
— Ein SHlächtor, welcher cs verabsäumt, die zu seinem Gewerbebetriebde geshlachteten Schweine auf Trichinose mikrofkopisch untersuchen zu lasscn, is wegen fahrlässiger Tödtung zu bestrafen, falls der Genuß des von ihm feil- gehaltenen Schweinefleishes den Tod eines Menschen zur Folge hat. Diesc Strafe fann felbst in den Fällen zur Anwendung gelangen, daß dem Shlächter die Krankheit des verkauften Fleishes unbe- fannt war und eine Polizeiverordnung, betreffend die mikro- \fopishe Untersuhung des Schweinefleisches, niht existirt. „Es kann nicht für rehtsirrthümlih erahtet werden, daß einem Schlähtermeister vermöge dieses seines Gewerbebetriebes die Verpflichtung auferlegt wird, mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln dafür Sorge zu tragen, daß die von ihm in den Verkehr gedráiiónn Fleishwaaren nicht von die Gesundheit oder an das Leben der Konsumenten gefährden- der Beschaffenheit seien, und wenn die Instanzrichter hieráus speziell für den Angeklagten au die Verpflichtung herleiten, daß er die zu seinem-Gewerbebetriebe geshlahteten Schweine
habe au, Trpineie mikrofkopisch untersuchen lassen müssen, #0
beruht diese weitere Feststellung auf den besonderen konkreten Verhältnissen, und läßt ebensowenig einen Rechtsirrthum erken-
nen, da \ich aus der vom Appellationsrihter als unbedenklich beibehaltenen Feststellung des ersten Richters zugleih ergiebt, daß dem Angeklagten das Mittel der mikco\kopishen Unter- \uchung, dessen Nihtanwendung ihm zur Fahrlässigkeit zugereh- net worden ift, hinlänglih bekannt war. Die gedachte, aus dem Gewerbebetrieb hergelcitete Verpflihtung zu besonderer Sorgfalt kann auch rechtlich nicht davon abhängig gemahtwerden, daß dem. Ange- klagten die Durchsezung des -von ihm verkauften Fleisches mit Trichinen bekannt gewesen, oder daß die vorgängige Untersu- hung auf Trichinen polizeilih geboten oder wenigstens that- sählih von den dortigen Shlächiern gehandhabt sei; und in- wiefern hierauf im konkreten Falle gerüdsihtigt werden könne, fällt dergestalt dem thatsächlihen Ermessen - der Instanzrichter
. anheim, daß eine Erörterung darüber in der Nichtigkeitsinstanz
ausgeschlossen erscheint.“ (Erkenntmß des Ober-Tribunals
vom 3. November d. J.)
— In Betreff der Zusammenseßung der demnächst zusammentretenden Landtage der Provinzen Preußen, Brandenburg, Pommern, Schlesien und Sachsen er- geben die Angaben des Mitgliederverzeihnisses (Nr. 10 der Geseßzesbeilagen des Deutschen Reichs-Anzeigers), folgende Gruppirungen der Mitglieder :
Provinz Preußen 134 Abgeordnete:
16 Landräthe, — 7 Kreisdeputirte, — 31 Großgrund- und Rittergutsbesizer, — 1 Domänenpätzter, — 46 Guts- und Hof- besißer, Schulzen und Amtsvorsteher, — 30 Bürgermeister, Stadträthe und Stadtverordnete, — 3 Richter; /
Provinz Brandenburg 88 Abgeordnete:
15 Landräthe, — 1 Kreisdeputirter, — 20 Ritterguts- besißer, — 3 Domänenpächter, — 20 Gutsbesißer, Schulzeu 2c., — 29 Bürgermeister 2c. ;
Provinz Pommern 82 Abgeordnete (von denen einer die Wahl abgelehnt hat):
10 Landräthe, — 4 Kreisdeputirte, — 27 Riiterguts- besißer, — 1 Domänenpächhter, — 12 Gutsbesizer, Shulzen 2c., — 23 Bürgermeister, Stadtverordnete 2c., — 4 Richtec ;
Provinz Schl esien 125 Abgeordnete:
24 Landräthe, — 8 Kreisdeputirte, — 44 Ritterguts- besizer, — 14 Gutsbesißer, Schulzen 2c, — 35 Bürgermeister, Stadtverordnete 2c. ;
Provinz Sa chs\en 103 Abgeordnete:
92 Landräthe, — 8. Kreisdeputirte, — 18 Riiterguts- besiger, — 1 Domänenpächter, — 23 Gutsbesißer, Schulzen 2c., — 35 Bürgermeister 2c.,, — 1 Richter;
in sämmilihen 5 Provinzen 532 Abgeordnete:
87 Landräthe, — 23 Kreisdeputirte, — 140 Großgrund- und Rittergutsbefißer, — 6 Domänenpächter, — 115 Guts- besiger, Schulzen, Amtsvorsteher, — 152 Bürgermeister, Stadt- verordnete 2c., — 8 rihterlihe- Beamte.
— Die Statuten des in diesem Blatte bereits mehrfach er- wähnten Preußischen Beamtenvereins haben unterm 29. Dk- tober cr. die Allerhöchste Genehmigung erhalten und sind demselben gleichzeitig die Rechte einer juristischen Person verliehen worden. Dieser auf Gegenseitigkeit gegründete Verein bezweckt die Förde- rung der materiellen Interessen des Beamtenstandes; cer wird demnächst seine Thätigkeit mit einer Lebens- und einer Kapital- Versicherungs-Abtheilung beginnen. Zur Aufnahme in den Ver- ein find berechtigt: 1) die unmittelbaren und mittelbaren deutschen Reichsbeamten, 2) die preußischen Staats-, ständishen und Kom- munalbeamten, 3) die innerhalb der deutshen Reichslande und des preußischen Staates angestellten Kirhen- und Schuldiener, 4) die bei der Verwaltung des Vereins angestellten Beamten, 5) die auf Ruhegehalt oder Wartegeld geseßten Personen obiger vier Klassen. Siy des Vereins if Hannover. — Die Statuten selbst werden wir in den- nähsten Tagen in der Forn: der Ge- seßesbeilagen des Reihs- und Staats-Anzeigers veröffentlichen, wie wir auch als Publikationsorgan des Vereins sämmtliche denselben betreffende Bekanntmachungen 2c. mit- theilen werden.
— Der Bevollmähtigte zum Bun*esrathe, Wirkliche Ge- heime Rath und Kaiserlihe Ober-Präsident von Möller ist aus Straßburg hier eingetroffen.
— Der General-Major von Helden-Sarnowski, Com- mandeur der 14. Feld-Artillerie-Brigade, ist zur Begleitung Sr. Königlichen Hoheit des Prinzen Carl von Preußen nah St. Petersburg zur Beiwohnung des St. Georgs-Festes kom- mandirt worden und hier eingetroffen.
Côln, 29, November. (W. T. B.) Bei der heutigen Stadtraths38wahl in der ersten Klasse wählten von 360 Wahl- berehtigten 280. Sämmtliche liberale Kandidaten wurden mit 200 Stimmen Majorität wiedergewählt.
Bayern. München, 28. November. Der König hat wegen des Ablebens des Kardinals - Fürstbishofs Ritters v. Rauscher dem Metropolitan-Domkapitel zu Wien durch den dortigen Gesandten Grafen v. Bray sein Beileid ausdrüdcken lassen. — Das Kriegs-Ministerium hat dem Reglement über „die Dienfstverhältnisse in der Königlich vayerischen Armee“ ein neues Kapitel angefügt, welches die „Beschwerden“ behandelt und in drei Abschnitten den Beschwerdeweg und die Behandlung von Beschwerden der Offiziere, Unteroffiziere uud Soldaten, sowie der Militärbeamten vorzeihnet. Neu is darin die Bestimmung, daß die Abweichung von dem vorgeschriebenen Beshwerdewcge bei Personen des Sol- datenstandes, gleihviel ob dieselben afktio sind oder dem Beur- laubter stande (Reserve und Landwehr) angehören, disziplinarisch geahndet wird, daß ferner dem Beshwerdeführer zur Anbringung der Beschwerde eine dreitägige Frist belassen wird, innerhalb deren er von der Beshwerdeführung über einen Vorgesetzten abgemahnt und auf event. Bestrafung aufmerisam gemacht werden soll; daß gegen die getroffene Entscheidung von beiden Theilen Berufung hier- auf bis \{ließlich zur Allerhöchften Stelle ergriffen werden kann, bei Beschwerden mehrerer Personen die Vorbringung derselben nur zweien gestattet ist, und bei Offizieren (au der Reserve und Landwehr) vor Stellung der Beschwerde erst ein Vermittler auf-
estellt werden soll. Mannschaften der Reserve und Landwehr
abi ihre Beschwerden beim Bezirksfeldwebel, wenn aber die Beschwerde gegen diesen gerihtet ist, ihrem Landwehr-Bezirk3- Commandeur mündlih oder \{riftlich vorzutragen.
Vaden. Karlsruhe, 27. November. Das Finanz- Ministerium sagt in den Motiven zu dem Budget für 1876/77, daß das Ergebniß der neuen Katastrirung des land- wirthschaftlihen Geländes erst für 1877 der Besteuerung zu Grunde gelegt werden solle. Dahei werde keine Erhöhung der Steuer ‘eintreten, fie werde sogar um etwa 4 im Prozentsaÿ er- mäßigt werden. üglih der in diesem Jahr zum ersten Mal
erhobenen Kapitalrentenfteuer sei “die Absicht der gla ngen . Besteuerung erreiht worden, indem die Steuerkapitalien in den
ländlihen Begirken fih gemindert, in den ftädtishen dagegen A erhöht hätten, die Abnahme aber durch die Scietne Cbe als auêëgeglihen sei. So belaufe fich die Zunahme des Steuer- Fapitals in Mannheim auf 27 Mill. #, in Karlsruhe af 9 Mill. F, im Ganzen auf 7 Proz. — Nah einem den Ständen porgelegten Gesezentwurf wird das unterm 20. Mai d. I. zur Einlösung aufgerufene Staats-Papiergeld aus den Iahren 1849, 1854 und 1866 im Gesammtbetrage von 6{ Mill. Gulden am 31. Dezember d. I. feine Gültigkeit verlieren.
Oldenburg, Oldenburg, 26. November. Der Land- tag nahm heute folgende Gesezentwürfe ohne weitere Debatte auch in zweiter Lesung an: 1) den Gesetzentwurf für das Herzogthum Oldenburg, betreffend Abändernng des Geseßzes vom 4. April 1865, betreffend die Reorganisation der Er- sparungsfafse; 2) den Entwurf eines Geseßes wegen Bestrafung des Handels mit Negersklaven; 3) den Geseßentwurf für das Fürstenthum Birkenfeld, betreffend das Oberfsteiner - Idarer Fabriïwesen; 4) den Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Förderung der Pferdezucht im Herzogthum Oldenburg; 5) den Gesehentwurf für das Fürstenthum Lübeck, betreffend die Auf- hebung der Feldgenofsenschaften. Sodann ertheilte der Landtag feine Zustimmung zu einem Geseßentwurfe, wonah es dem Er- messen des evangelischen Ober-Schulkollegiums überlassen wird, eine neue Schulaht auf der Insel Wangerooge wieder zu er- rihten. Es war nämlich durch das Geseg vom 16. Juli 1860, welches ih auf die Verhältnisse der Insel Wangerooge bezieht, die Shulacht Wangerooge für aufgehoben erklärt worden ; mittlerweile aber haben fich die Verhältnisse in Wangerooge so gebessert, daß es wünshenswerth erscheint, die Möglichkeit an- zubahnen, eine neue Shulacht wieder ins Leben rufen zu können. Ferner erklärte sich der Landtag damit einverstanden, daß das die beiden auf dem Langlütjensand erbauten Forts umgebende und zwischen denselben belegene Terrain dem Deutschen Reilße zu Etgenthum überwiesen werde, ertheilte seine Zustimmung zur Veräußerung des zum oldenburgischen Domanium gehörigen Theils des großen Miethhops in der Weser unter der Bedin- gung, daß ein zweimaliger öffentliher Aufsaß statlfinde. End- lih genehmigte der Landtag, daß behufs Beseitigung der einzel- nen Ueberschreitungen der Eisenbahnbetriebskasse pro 1870/72 nachträglih die ausgedehnte Ueberrechnungsbefugniß wie pro 1873/75 stattfinden dürfe, \o daß die Minderverwendungen bei den einzelnen Stationen, die Gehalte ausgenommen, zur Deckung der ae E können.
— Die Verwendung des dem Großherzogthume zu- gefallenen Antheiles an der Än Se hat der Landtag nah den Anträgen der Staatsregierung gut- geheißen. Dieser Antheil beträgt 3,694,383 # und \oll unter Hinzuziehung des Werthes der auf das Großherzogthum. ge- fallenen Reichskafsenscheine von 915,076 / und eines kleineren Rückstandes von der zur Unterstüßung der Reservisten bestimm- ten Summe mit einem Kapitalbesiande von rund 4,625,000 der Centralkasse des Großherzogthums nußbar verbleiben, welche im Vegensaze zu den finanziell selbständig gestellten Kafsen der drei Landestheile, des Herzogthums und der Fürstenthümer Lübeck und Birkenfeld, die- Ausgaben für die gemeinsamen Lentralbehörden und die Beiträge zu Reich8zwecken bestreitet.
Neuf j. L. Gera, 26. November. Der Landtag nahm in seiner heutigen Sißung zunächst die Wahl eines bürgerlihen “Mitgliedes und dessen Stellvertreters zur Ober- Ersaßzkommisfion vor, darauf wurde die Wahl des Abg. Groß in Hohenléuben für ungültig erklärt. Weitere Gegenstände der Tagesordnung betrafen Beamtengeßaltserhöhung, sowie Sub- ventionsgewährung aus Staatsmitteln für eine“ Gemeinde zu deren Schulbau. Sodann folgten noch verschiedene Inter- pellationen, von denen die eine neue Anregung zur Lösung der Domänenfrage geben foll, cine andere die verspätete Betriechs- fähigkeit der Weimar-Geraer Bahn betraf.
_Sachfen - Altenburg. Altenburg, 98. November. Mit dem Beginne des neuen Jahres werden 75 Standes- amter im Herzogthum ins Leben treten. Von diesen fallen 10 auf die zehn Städte und 65 auf das platte Land.
Lippe. Detmold, 29. November. Das „Reg. u. Anz. Bl. veröffentlicht über das Befinden des Fürsten folgendes Bulletin:
In dem Krankheits-Zustaude Sr. Durchlaucht des Fürsten ist eine Aenderung eingetreten, welche auf Besscrung hoffen läßt.
Detmold. 29. November 1875.
Hofrath Dr. Eschenburg.
Hamburg, 29. November. Der Senat hat der Bürger- \haft eine Erwiderung auf ihre Mittheilung in Betreff des Reichs-Civilehegeseßes vom 10. November d. J. zugehen lassen. Er ift zwar nah wie vor der Ansicht, daß die von ihm vorgeschlagenen Gehalts\äßze ausreihend und ähnlihen Stellungen entsprehend bemessen seien, will aber, da die Wahl der betreffenden Beamten nicht wohl länger ausgeseßt werden kann, dem Be- \chluß der Bürgerschaft beitreten.
_ Defterreich - Vugarn. Wien, 28. November. In der Sizung des Abgeordnetenhauses vom 26. November sind (wie bercits telegrophish gemeldèt worden) die Interpella- tionen in der Zoll- und Handelsfrage durch den Han- dels-Minister v. Chlumecky beantwortet worden. Die Antwort lautete, anschließend an die in der Znterpellation des Abg. Baron Eichhoff gestellten Fragen, wörtlich wie folgt:
_Die Regieraäng hat bereits mit Note vom 18. Oktober d. J. den Kaiserlichen und Königlichen Minifter des Aeußern aufgefordert, den Handelêvertrag ¿zwischen Oesterreich und Großbritannien vom 16. De- zember 1865 sammt der Nachtragskonveution vom 30. Dezember 1869, lowie den Handelsvertrag zwischen ODesterreih und Frankreich vom 11, Dezeraber 1866 noch vor Ablauf des Jahres8-1875 zu kündigen Und die deutsche Regierung zu vermögen, in cine Revision des mit den deutschen Staaten abgeschiofsenen Handels- und Zollvertrages vom 9. März 1863 noch vor Eintritt des Kündigungstêrmines einzugehen. Sie ist nunmehr in der Lage, auf das Bestimmteste zu erklären, -daß dieser Aufforderunz in der allernähsten Zeit entsprochen fein wird. Eine Kündigung des Handels- und Schiffahrtsvertrages mit Belgien vom 23. Febzuar 1867 und mit den Niederlanden vom 26. März 1867 ecraStet die Regierung zur Zeit nicht für nothwendig, weil in diesen Verträgen keine Zolltarifsäße vereinbart siad. Es liegt in der Absicht der Regierung und ihre ernsten Bestrebungen sind darauf ge- richtet, den Entwurf eines neuen Zolltarifes so bald als möglich zur verfassungsmäßigen Behandlung zu bringen und damit unserem Ver-
kehre eine dauernde, auf „längere Zeit unabänderlihe Grundlage zu fichern. Sie glaubt, dies aber nicht früher thun zu können, als bis einerseits die staatêrechtlich gebotene Uebereinstimmung mit der Kêniglich ungarischen Regierung erzielt ist, und anderg& seits die fur die âtige Entwickelung langgewohnter und vielfacher wechselseitiger Ver- ehrôbeziehungen unbedingt nothwendigen Grundlagen eines neuen Handels- und Zollvertrages mit Deutschland und mit Frankreich ver-
lich durch die Handels- und Gewerbeka, mern vertretenen Bedürfnisse des Handels und der heimi;chen Indupc!e die reiflichste Prüfung und jed» zuläffige Berücksichtigung finden. In der Erwartung, daß diese Vereinbarungen zu einem unseren wirths{aslihen Interessen ent)prechenden Ergebnisse führen, hält die Regierutg es für ge- boten, den Entwurf eines allgemeinen Zolltarifes gleichzeitig mit jenen beiden Verträgen zur verfassungsmäßigen Behandlung vorzulegen. Mit Großbritannien, ferner mit denjenig-n Staaten, zu welchen wir au heute vertcagémäßia lediglich auf dem Fuße der meistbegünftigten Nationen stehen, {ollen nah Absicht der Regierungen keine Abmachungen über Zolltariffäße getroffen werden. Die Kegie- rung verkennt durhaus nicht, daß die gegenwärtige Handhabung des Appreturverfahrens zu mannigfahen Mißbräuchen geführt hat; sie wird es ihre ernfte Sorge sein lassen, daß in Zukunft das Appretur- verfahren und die verwandten Erleichterurgen des internationalen Verkehrs nur ix der Weise und in dem Umfange zugelassen werden, wie es den Jateressen der heimishen Jndustrie eutspriht. In diesen Erklärungen liegt zugleich die Antwort der Regierung auf jene Fra- gen, welche in derselben Sißung ven dem Herrn Grafen Hohcnwart, Dr. Grocbolsfi und Genossen g:stellt wurden.
Pest, 29. November. In der heutigen Sißung des Ab- geordnetenhauses wurde die Regierung in der Frage wegen der Kündigung des austro-ungarishen Zollbündnisses interpellirt. Der Minister-Präsident Tisza versprah, die Interpellation in der morgenden Sißung zu beantworten. — In einer heuie Abend stattgehabten Konferenz der Mitglieder der [iberalen Partei erklärte der Minister-Präfident Tisza be- züglich der in der heutigen Sihung des Abgeordnetenhauses ein- gebrachten Interpellation, betreffend die Kündigung des austro- ungarischen ZolUbündnisses, daß die ungarische Regierung aller- dings gestern der österreihishen Regierung die Kündigung des Vertrages \chriftlich angezeigt habe. Er hoffe indessen bestimmt, eine Einigung mit der österreichischen Regierung zu erzielen, um \so mehr, als fi dieselbe geneigt zeige, alles Möglihe zur Auf- rechterhaltung des gemeinsamen Zollgebietes zu thun. Der Mi- nister forderte \{ließlich die Mitglieder auf, fich keinen Illufionen hinsihtlih der Resftitution der Verzehrungsfsteuer hinzugeben.
__Sezweiz. Bern, 25. November. In seiner leßten Sizung hat der Große Rath des Kantons Bern das Budget für 1876 mit einer Einnahme von 14,927,800 Frecs. und einer Ausgabe von 14,890,000 Fres., also 37,800 Fres. Uebershuß, unverändert nach der Regierungsvorlage angenom- men. Bei der Rubrik „Kirhenwesen“ stellte Folletête von Pruntrut, ultramontan, den Doppelantrag, den Ansaß von 110,000 Fres. für Besoldung der Geistlichen der katho- lishen Kirche auf 90,000 Fres. herabzuseßen und die Regie- rung einzuladen, Vorschläge für Subventionirung auch des römisch-:kaiholishen Kultus vorzulegen, worauf Regierungs-Rath Bodenheimer erwiderte, es sei selbstverständlich, daß, wenn fich die Römischkatholischen den Staatsgeseßen unterwerfen, dieselben gleich den Christkatholishen ebenfalls der Staatssubvention theil- haftig seiea; eiñe besondere Subvention für die römische Kirche fönne der Staat niht zugeben. Das Budget unterscheide blos zwei Kulte im Allgemeinen, die protestantische und die katholische Kirche und mache bei der erfien auch keinen Untershi:d zwischen den beiden Richtungen, den Orthodoxen und den Reformern. Mit großer Mehrheit wurden die beiden Anträge Folletête's ver- worfen.
— 80. November. (W. T. B.) Die Regierung von
O ftindien hat ihren Beitritt zum Weltpostverein ange-
meldet. Am 17. Januar wird in Folge dessen hicr cine Kon-
fi en von Vertretern der betheiligten Postverwaltungen fiatt- nden.
Großbritannien und JFrland. London, 29. No- vember. (W. T. B.) Der „Globe“ erklärt sämmtliche Nachrichten von einer beabsihtigten frühzeitigeren Einberufung des Parlamétents für unbegründet.
— 30. November. (W. T. B.) Ein Communiqué theilt mit, daß der Generalschaßmcister und Mitglied des Parlaments, Sir Stephan Cave, sih in besonderer Mission nah Aegyp- ten begeben wird.
— Aus Penang, 26. November, wird telegraphirt: Die Küsten von Perak find englischerseits in Blokadezustand erklärt worden. Die Malayen befinden fich augenscheinlih in großer Bedrängniß.
Frankreich. Paris, 28. November. Die \{hon im Auszuge telegraphisch mitgetheilte Note, welhe das amt- liche Blatt vom 27. veröffentlichte, lautet in der Ueber- fezung: Versammlungen, welhe von einer privaten nur den Namen haben und in denen die heftigsten Angriffe gegen die Ordnung, die Gesellshaft und die Landesgesehe unter- nommen worden find, haben die öffentlihe Meinung in lebhafte Bewegung verseßt. Der General-Gouverneur von Paris is auf Grund einer Entscheidung des Minifterraths entshlossen, in Zu- funft von den ihm übertragenen Gewalten Gebrauch zu machen und die Wiederkehr \olher Mißbräuche zu verhindern. Um den mit denselben verbundenen Gefahren vorzubeugen, wird er jede Versammlung verbieten, welche ihm geeignet scheint, - eine Störung der öffentlihen Ruhe herbeizuführen. Das amilihe Blatt veröffentliht das Geseh, welhes den Präsidenten“ der Republik zur Ratifikation des zwischen Frankreich und Deutshland abceshlossenen Vertxags über die internationalen Postanweisungen ermätigt; ferner die Ernennung des Erzpriesters Germain an der Ka- thedrale von Bayeux zum Bischof von Coutances an Stelle Bravard's, welch letzterer seine Entlassung nehmen mußte, weil er dem Vatican zu liberal war. — Der ehemalige Präsident des geseÿgebenden Körpers, Direktor und Hauptaktionär der Eisenwerke von Creuzot, Eugen Schneider, is, wie {hon mitgetheilt, am 27. im Alter von 70 Jahren gestorven. Seine industriellen Fähigkeiten hatten sich fo früh eniwickelt, daß er hon im Alter von 25 Jahren mit der Direktion der Eisenhämmer von Bazeilles betraut wurde. Bald darauf trat er mit seinem älteren Bruder an die Spiße des Etablissements von Creuzot, welches ‘ihm einen großen Auf- \{chwung zu danken hat. Im Jahre 1845 ersehte er seinen Bruder nah dessen Tode in der Deputirtenkammer. Unter dem Kaiserreih wurde er in die Konsultativkommission berufen, bald darauf zum Vize-Präsidenten und nah dem Tode Moruys, als Walewski fih in diesen Funktionen nit bewährte, zum Präsi- denten des gesehgebenden Körpers ernannt. Auf diesem Posten behauptete er fih bis zum 4. September 1870, seitdem hat er das Privatleben niht mehr verlassen und sih, soweit es sein \chwer ershütterte Gesundheit erlaubte, aus\chließlich der Direkeion des Creuzot gewidmet. In den parlamentarischen Kreisen hinter- läßt er das Andenken eines geshäftskundigen, täktvollen und unparteiishen Präsidenten.
— Der Eid, welchen die Professoren der katholischen Universitäten leisten müssen, lautet nach der „Köln. Ztg,“
wie folgt:
einbart fein werden, Bei dicsfen Vcrbandlungen werden die häneik- :
JIH lasse die heilige Schrift mit dem Sinne zu, welchen die Sire ihr giebt und gegeben hat, der cs zusteht, den wahren Sinn ade wahre Auslegung der heiligen Schriften zu beurtheilen, und ich werde ie _niemals anders verstehen oder anders ausêlegen, als
712 nis Cir väter einstimuiig gethan “7ben. Jch erkenre die dieses die Kir. nd ayostolis ; 2. tor 1d Herci römische, fatholiscje =nd apoîtolische Kirche für die Yue,. "1d Herrin aller Kirchen au. Jch s{chwdcé Uo verspree dem rômishen p» ajczy Stellvertreter Jesu @,©risti,, Nachfolger von St. Petrus, Fürsteit der Apostel, axfrihtigen Ge. horfam._ Ih bekenne mich auch gewiß!lich ¿u allen anderen, von der Trad. tion Überlieferten, vou den heiligen Kanones und von den ökumenischen KOnzilen,- iz8besondere vom beiligen und gebeiligten Konzil von Triem ausgesprochenen Lehren ; desgleichen verdamme, verwerfe und verflue ich alle entgegenscßten Lehren und alle Keßereien, welche sie auch sein men, und die von der Kirche verdammt, verworfen und verfluht worden sid. Ich also, N. N, {chwöre, versprehe und verpflichte mih, beständig und bis zu mei- nem leßten Athemzug mit Hülfe Gottes die Integrität dieses wahr- haften Glaubens, des fatholischen Glaubens, zu wahren und zu beobachten, außerhalb dessen Niemand selig werden kann, und zu dem ih mich gegenwärtig aus freiem Willen bekenne, und den ih in voller Wahrheit besiße; ih s{chwöre und verspreche, ihn in Anwendung zu bringen, so viel es an mir steht, damit er von denen gepredigt, ge- lehrt und gewahrt werde, welche von mir abhangen oder die meiner Sorge anvertraut sind. So wahr mir Gett helfe und die heiligen Schriften, die ih mit meiner Hand berühre. |
— 29. November. (W. T. B.) Lesseps hat cin Cir- fular veröffentliht, in welch2m er daran erinnert, daß zur Zeit, als die Subskription auf die Suezkanalaktien eröffnet wurde, ein bedeutender Theil derselben für England reservirt worden sei, welhes damals an der Subsfkciption nit nur nicht Theil nahm, sondern den Bau des Kanals bekämpfte. Heute erhalte England den Theil, - der ihm damals loyaler Weise re- servirt worden sei. Jn Folge dessen müsse England notzwen- diger Weise von jener feindseligen Haltung ablassea, die es ehe- dem den Aktionären gegenüber, die das Unternehmen gründeten, beobachtet habe. Lesseps glaubt, die mächtige Solidarität, welche jezt zwischen den englishen und. französishen Kapitalien behufs einer rein industriellen und somit friedlichen Ausbeutung des Suezkanals eintreten werde, vielmehr als eine glückliche That- sache ansehen zu dürfen. -
Versailles, 29. November. (W. T. B.) Die Natio- nalversammlun g sezte in ihrer heutigen Sißung die dritte Berathung des Wahlgesezes fort. Nah Ablehnung sämmtliher zu Art. 14 gestellter Amendements wurde derselbe \hließlih mit 401 gegen 200 Stimmen angenommen mit der einzigen Modifikation, daß die Untereintheilung derjenigen Ar- rondissements, deren Bevölkerung 100,000 Einwohner übersteigt, nur durch ein béfonderes Gefeß geändert werden \olle. Im weiteren Verlaufe der Sizung wurden die Art. 15—18 ohne erheblihe Debatte genehmigt. Ein zu Art. 19 des Wahlgeseßes („Jedes Departement in Algerien ernennt einen Deputirten“) geftelltes Amendement, nach welchem Algerien 6 Deputirte, also jedes Departement 2 wählen \olle, wurde mit 379 gegen 330 Stimmen abgelehnt.
. Italien. Rom, 29. November. (W. T. B.) In der heu- tigen Sißung der Deputirtenkammer wurde die Regierung über die Maßregeln interpellirt, welche zum Schuge der italieni- hen Besizer türkisher Obligationen Seitens der italienishen Regierung getroffen seien. Der Minifter der aus- wärtigen Angelegenheiten, Visconti-Venosta, erklärte, die Regie- rung habe fich mit den anderen Mächten ins Einvernehmen geseßt; dieselbe werde zwar die Nothwendigkeit nicht aus dem Gefichte verlieren, die Schwierigkeiten der dermaligen Lage nicht noch zu vermehren, werde indeß für die italienishen Inhaber tür- kfisher Obligationen dieselben Garantien beanspruchen, wie solche anderen Gläubigern gewährt würden. i
Türkei. Konstantinopel, 22. November. (Polit. Corr.) Erft vorgestern find die detaillirten Relationen Reuf und Halil Paschas über die am 10. und 11. November vorgefallenen blutigen Treffen zwishen Gacko und Goransfo auf der hohen Pforte eingelangt.
Auf die Kunde, daß die Insurgenten fich um Piva, im gleich- namigen Diftrikte gelegen, konzentriren, rückte Scheffet Pajcha mit einer zeha Bataillone starken Brigade gegen sie. Am 9. November kamen die türkishen Kolonnen nur bis Glafsovizka, wo sie Naw@truhe hielten. Am 10. Nevember Morgeus brach Scefket Pasha mit seiner ganzen Macht auf und ftie) nah eiastündigem Marsche bei Moravigza (alias Muratovic)) auf den Feind. Die Jusurgenten, in der beiläufigen Stärke von 10,009 Mann, nahmen seh: feste Stellungen auf dem jta:k hügeligen, bewaldeten und {wer zugänglihen Terrain ein. Schefket traf sofort die erforderlichen Diépcfitionen und nachdem seine Truppen in die Gefechtestellung übergegangen waren, bëgann gegen Mittags auf der ganzen Linie eine sehr lebhafte Füfillade.
Der Kampf dauerte volle jechs Stunden, bis tief in das Duxkel der Nacht, und endigte mit der Niederlage der Insurgenten. Unsere Truppen, fagt die türkische Relation, bivouakirten auf den Positic- nen, die sie innehatten, und befestigten dieselben provisorisch. Die Insurgenten holten ihre Todten vom Schlachifelde beim Scheine der auf den Höhen angezündeten Feuer. Man fah auch ihre Signale um Verstärkungen. * Jn Wirkiichkeit trafen auch am darauf “folgenden Morgen (11. November) neue JInfurgenten- banden ein. Der Ober-Kommandant der Infurgenten, Peko Pav! o- vitch, ließ verschiedene Positionen im benachbarten Gebirge von seinen Schaaren beseßen und beobachtete mit seinen in zwölf Kolonnen ge- theilten S:rcitkräften die Bewegungen der türkischen Truppen.
Schefket Pascha gab alsbald seinerseits die nothwendigen Be- fehle und es entwickelte sih eine neue Schlacht.
__ Dieser zweite Kampf endete, Dank der Tapferkeit der Kaiser- lichen Truppen, mit der Niederlage der Insurgenten. Nach dem Kampfe ließ Schefket Pasha zur Feier des Sieges Artilleriesalven geben und führte hierauf seine Trupp:n nach Gacko zurü.
Diese zweitägige Schlacht ist ohne Zweifel die bedeutendste, weiche seit Beginn der JInsurrektion geschlagen worden ift.
Die Insurgenten habeu viele Leute verloren, da, abgerechnet von den Todten und Verwundeten, welche sie in der Nacht entfernt haben, mehr als 450 Todte auf dem Schlachtfelde gefunden wurden
Im Vergleiche zu diesen Verlusiziffern sind die Verluste der Kaiserlihen Truppen verhälinißmäßig unbedeutend.
__— 830. November. (W. T.-BV.) Der ehemalige Großvezir, bisher Gouverneur von Smyrna, Essad Pascha is ge- storben. — Gutem Vernehmen nah hat der Justiz-Minister Mithad Pascha seine Demission eingereiht. — Die Re- gierung hat d.n. Gouverneuren der Provinzen den Befehl zugehen lassen, alle eingehenden Gelder sofort nah Kon- stantinopel zu senden. Dieselben sollen bei der ottomanischen, Bank hinterlegt werden, um die Einlösung des JIanng:- coupons der Staats\huld zu fichern.
_ Numänien. Bukarest, 29. November. (W. T. B.) Die Deputirtenkammer wählte in *ihrer heutig-\g Sigzung den Fürsten Ghika einstimmig zum Präsiden“ en, bei der Wahl der Vize-Präfidenten wurden die früheren Nzize-Präsidenten, unter denen fich auch der ehemalige Minist; der auswärtigen Angelegenheiten, Boerescu, besindet, wiedergewählt. Das ris Bureau dex Deputirtenkap,ner gilt als regierungs- reundlih,