1921 / 258 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 03 Nov 1921 18:00:01 GMT) scan diff

E Abs Ats Ew N a E bi aba a S Wi é X s - A ch

Nichtamtliches.

Deutsches Reich.

Der Reichsrat trat heute zu einer Vollfizung zusammen, vorher hielten der Ausschuß für Rechtspflege, der Ausschuß für Volkswirtschaft und die vereinigten Ausschüsse für Steuer und Zollwesen, für Volkswirtschaft und für Rechtspflege Sizunagen. E

Der aus dem Amte scheidende Staatssekretär Dr. Lewald hat fih gestern, wie „Wolffs Telegraphenbüro“ mitteilt, von den Beamten des Reichsministeriuums des Jnnern verabschiedet. Der Ministerialdirektor Dammann dankte dem scheidenden Staats- sekretär für seine dem Reich und der Beamtenschaft geleisteten Dienste und gab einen kurzen Ueberblick über das umfassende Wirken, das Lewald in dreißigjähriger Dienstzeit im Reichs- ministerium des Jnnern entfaltet hat. Staatssekretär Dr. Lewald schilderte in seiner Dankes- und Abschieds3rede seine vieljeitige Tätigkeit im Amte und gab der Hoffnung Ausdruck, daß es auch auf dem Boden der Demokratie möglich Mia werde, dem Staate ein starkes und tüchtiges Beamtentum zu erhalten,

Zu Delegierten der gemishien Kommission für Oberschlesien sind dem „Wolffschen Telegraphenbüro“ zu- folge der Geheime Bergrat Bunzel und der Bankdirektor ake dd aus Breslau (Schlesischer Bankverein) ernannt worden.

Sachsen.

Der Landtag trat gestern nahmittag in Anwesenheit sämitliher Minister zu einer ordentlichen Tagung zusammen. In seinen Begrüßungsworten gedachte der Präsident Fräs- dorff laut Bericht des „Wolffshen Telegraphenbüros“ der brutalen und widerrechtlihen Zerreißung Oberschlesiens, die er als einen Willkürakt bezeichnete, der die Erfüllung der Reparationsverpflichtungen völlig in Frage stelle, Ein Rechts- zustand würde die Zerreißung Ole lens niemals werden. Der Präsident sprach der obersch ma Bevölkerung die Sympathie des sächsischen Volkes aus und Alis hieran die Hoff- nung auf baldige Revision der Versailler und Genfer Diktate. Die Lage Deutschlands, so fuhr er fort, gebiete es, daß die Parteien ihre Gegensäße niht auf dem Rücken und zum G des Volkes austragen. Das Volk3wohl sei das oberste

veseß.

Zn Anschluß hieran gab der Minister des Innern Lipinski eine längere Erklärung ab über Me a ARLE sationen in Sachsen und stellte fest, daß die gesamte Organisation der vom Reichspräsidenten verbotenen rgesch in Sachsen auf die Brüder von Stein übergegangen sei. Geldgeber für die Orgesh und für die Brüder von Stein seien die Finanzausschüsse der sächsischen Jndustrie. Mehrere Waffenlager seien beshlagnahmt worden. Der Minister loß:

Die erlangte Mitgliederliste und das gewonnene Material lassen erkennen, daß die Brigade Erhardt und die Organisation Escherih als „Brüder von Stein" zusammenarbeiten und daß eine ges{lossene Organisation der Konterrevolution in Sachsen besteht. Das Polizet- amt Leipzig ist angewiesen worden, die Auflösung des Vereins herbei zuführen. Sobald die Untersuchungen abges{lossen sind, wird die Bestrafung der Beteiligten herbeigeführt werden.

Braunschweig.

Jn der gestrigen Sißzung der Landesversammlung teite der Minister Oerter mit, daß in dem Schacht des Kalibergwerks Hedwigsburg, wo am Montag Morgen ein Langeneinbruch erfolgte, das Wasser hundert Meter ge- stiegen sei. Von den 600 Arbeitern könnten nur die Hälfte vorläufig e der Saline des Werks weiter beschäftigt werden. An eine Beseitigung der Wassermassen sei in absehbarer Zeit nicht zu denken.

Ungarn.

Die ungarische Regierung hat der t\checho- slowakishen Regierung laut Meldung des „Wolffschen Telegraphenbüros“ offiziell mitgeteilt, daß sie alle Beschlüsse durchführen werde, welche ihr von den Regierungen der Groß- mächte vorgelegt werden.

Jn der gestrigen Sißung der Partei der kleinen Land- wirte teilte der Ministerpräfident Graf Bethlen mit, daß er heute der Nationalversammlung einen Geseßentwurf vor- legen werde, der die Aufhebung der Herrscherrehte König Karls und der Thronfolge des Hauses Habs- burg zum Jnhalt hat. Jn dem Gesezentwurf heißt es obiger Quelle zufolge:

Die Herrscherre(ßte König Karls werden aufgehoben. Die Pragmatische Sanktion, die die Lhronfo! erehte des österreichishen Hauses regelt, hat ihre Wirksamkeit verloren, und hiermit ist das Recht der freien Königs8wahl wieder an die Nation zurückgefallen. Die Nation hâlt die Staatsform des Königtums unverändert auf. ret, verschiebt jedoch die Besetzung des Königsstuhls auf spätere Zeiten und weist das Ministerium an, zu geeigneter Zeit entsprehende Vorschläge zu machen. Das Gesez tritt am Tage der Veröffent- lihung in Kraft.

Die Partei hat beschlossen, dem Geseßentwurf zuzustimmen.

Vlättermeldungen zufolge ist das englische Kanonenboot „Glowworm“ mit dem früheren König Karl und seiner Gemahlin an Bord in Orsoya von rumänischen Donau- n übernommen worden, um es nach Galaß weite zu geleilen,

Grof:britannien und Frland. Die britishe Regierung hat vorgestern eine lange

Antwort auf die Sowjetnote, in der si die Bolschewisten -

bereit erklären, die Vorkriegsschulden Rußlands anzuerkennen,

nach Moskau gesandt. Die britische Note ersucht, dêèm „Wolffschen-

Telegraphenbüro“ zufolge, um Klärung zahlreicher Punkte. Die

Sowjetnote nehme z. B. Bezug auf die zaristischen Schulden,

an denen Frankreih außerordentli interessiert sei, erwähne jedo nicht die riesigen Forderungen aus städtischen Anleihen, an denen das englische Kapital in Me hohem Maße beteiligt sei.

_— Jm Oberhause erklärte Lord Parmoor, L die

industrielle und finauzielle Unsicherheit auf die Reparationsforderungen zurüc{zuführen Crawford erwiderte, die Lage auf dem Kontinent trage natürlih zu der herrshenden Arbeitslosigkeit bei, sie sei jedoch keineswegs die einzige Ursache. Es gebe noch andere sehr ernste Gräüude dafür.

Im Verlaufe seiner vorgestrigen Unterhausrede erklärte

einer Waffenlandung in Jrland den Maßnahmen der deutschen Regierung j

so fügte Lloyd George hinzu, daß dies dem Unterhause mit- geteilt werde.

seiten der Regierung folgende Mitteilungen gemacht: zösisch-türkishen A 18 d ! mitgeteilt. Beide Regierungen stehen in einem Meinungäaustaus über diese Frage.

gea worden sind, werden ungefähr 30 Millionen Pfund Sterling

nächsten Yreilag Gelegenheit zu einer Dekatte über die Washing-

toner t j D hoffe, daß das Unterhaus die Frage in einer Weise erörtern werde,

Tonnte.

Benesch zur Kenntnis, die laut Meldung des „Wolff|chen

Dynastie erkläre, dadur die kleine Entente die geforderten

‘qachverständiger dem Minister dur den französishen Gewerk-

ohen sei, worauf Lord

u verdanken sei. Es gehöre sich,

Im Unterhause wurden auf verschiedene Anfragen von

1. Die französishe Regierung hat den Wortlaut des fran- A mens der britischen Regierung

2. Die Baukosten “für vier Großkampfsciffe, die in Bestellung

etragen. 3. Chamberlain gab bekannt, er hoffe, daß das Unterhaus am

onferenz erhalten werde. Er fügte hinzu, die Regierung

die die erfolgreiche Arbeit der Konferenz niGt ungünstig beeinflussen

Frankreich. Die Botschafterkonferenz nahm gesiern vornittag eine Note des theo - slowakishen Ministerpräsidenten

Telegraphenbüros“ feststellt, daß, wenn die ungarische Regierung die Absezung aller Mitglieder der Habsburgishen

beruhigenden Versicherungen erhalte. Damit die Versicherung der Budapester Regierung, die Absezung zu erflären, der Kleinen Entente die Möglichkeit gebe, ihre militärischen Vorbereitungen einzustellen, beschloß die Konferenz, von der ungarischen Regierung zu verlangen, daß sie bis spätestens zum 8. No- vember t1atsächlih die Abseßung der Habsburger ausspreche. Darauf beschäftigte sich die Boischasterkonferenz mit der Frage, in welher Weise Karl von Habsburg zu internieren und insbesondere auch, wie er zu überwachen sei. Ein weiterer Be- {luß der Konferenz betrifft die albanishe Frage. Die südslavische Regierung soll aufgefordert werden, ih aller mili- tärishen Operationen gs Albaniens zu enthalten, dessen Grenzen unverzüglich festgestellt werden sollen.

Der Minister Loucheur hat gestern eine Abordnung von Vertretern der deutschen Arbeiterverbände und deutshen Sachverständigen aus. Jndustrie, Handel und Landwirtschaft empfangen, die in Begleitung von Delegierten des französischen Gemwerklschaftsbundes und ranzösisher industrieller, Handels- und Landwirischafts-

\chaftssekretär Marcel Laurent vorgestellt wurden. Dieser hielt dem Minister Loucheur Vorirag über ein vorläufiges Abkommen, das den raschen Wiederaufbau von elf Dörfern an der Somme (Gegend von Chaulnes) bezweckt, die die Delegation in den leßten Tagen besichtigt hat. Der Wiederaufbau soll [0 im Laufe des Jahres 1922 vollziehen. Die Delegierten wiesen darauf hin, daß sie sih in weitestem Maße der Bestimmungen des Wiesbadener Abkommens zu be- dienen beabsichtigen. Der Minister Loucheur nahm diese Er- klärungen zur Kenntnis ; es wurde vereinbart, in einer Sigung am kommenden Montag die praktishen Vorausseßungen für die Durchführnng dieses Plans zu prüfen.

Spanien. Amtlich wird aus Melilla gemeldet, daß die spanischen

Truppen troß erbitterten Widerstandes den Berg Taxuda

beseßt haben. i S In der Kammer kritisièrte, wie „Wolffs Telegraphen- büro“ berichtet, Olascvoa ga im Laufe der ‘Debatte über Marokko scharf das Verhalten des Völkerbundsrats in der obershlesishen Frage. Sein Spruch sei ein Hohn auf die Gerechtigkeit. Jn der Welt gelte allein noch brutale

Gewalt. Portugal.

Nach amtlichen Meldungen, die bei der portugiesischen Gesandtschaft in Berlin eingegangen sind, haben si Vertreter der Landes- und Militärbehörden am Montag zum Präsi- denten der Republik begeben, um ihn zu bitten, auf seinem Posten zu verbleiben. Der Präsident s diese Zusicherung in der Hoffnung, daß alle vereint dem Wohle des Vaterlandes dienen würden. Jm ganzen Lande herrsche Ruhe und Ordnung. Das öffentliche Vertrauen sei allgemein.

Schweiz,

Wie die „Schweizer Depeschenagentur“ mititeilt, werden die Shweizer Vertretungen in Belgien, England, Holland, Spanien, Schweden, Norwegen und Däne- mark beauftragt, diesen Staaten den Abschluß von Abkommen über gegenseitiges Fallenlassen des Visums vom 1. De- zember ab vorzuschlagen. Der Regieböung der Vereinigten Staaten Nordamerikas wird durch die Schweizer Gesandischaft in Washington mitgeteilt, daß das Visum für die nordamerikanischen Staatsangehörigen vom 1. Dezember ab aufgehoben werde. Sie wird eingeladen, den Schweizern Gegenrechte zu gewähren. Mit Rücksicht auf die große Arbeitslosigkeit wird für diejenigen Angehörigen der genannten Staaten, die zum Zweck der Arbeits- übernahme in die Schweiz einreisen wollen, das Visum aufrecht: erhalten bleiben. Auf das Erfordernis des Passes könne heute noch nicht verzichtet werden. /

Die Kommission für V belieral Le Fragen hat der Internationalen Arbeitskon erénz empfohlen, die Mitglieder der Internationalen Arbeits- organisation zu ersuchen, Maßregeln zu ergreifen, die den landwirtschaftlihen und wirtschaftlichen Verhältnissen jedes ‘einzelnen * Landes entsprechen ‘und geeignet find, der Arbeitslosigkeit - der Landarbeiter vorzubeugen. Die Kommission empfiehlt namentlih die Urbarmachung un- produftiver Ländereien, die Ergreifung von Maßnahmen zur Erleichterung der Kolonisation im Lande selbst, die Erleichterung einer intensiveren Bebauung durch verbesserte Bildungsmethoden und die Etleichterung der Bildung von Landarbeitergenossen-

- schaften zur Bebauung und zum Kauf von Ländereien.

Polen.

Im - parlamentarishen Aus\chuß für Aus- wärtiges - erklärte. der Minister bes Aeußern Skirmunt, wie der „Venkov“ meldet, der einstweilige O Ge l aaa ids n Mert rog sei bereits unterschrieben, er werde jedo erst nah Abschluß des politishen Uebereinkommens zwischen den beiden Staaten in Kraft treten. Polnischen Blättern zufolge soll dieses politishe Abkommen folgende drei Bedingungen enthalten: 1, Gegenseitige wohlwollende Neutralität für den Fall eines Angriffs seitens einer benachbarten Macht, 2. Freiheit des Munitionstransports über die (Grenze, 3. Ein-

Finnland. Die Festseßung der finnish-russishen Grenze an der Petschenga ist beendet und das Grenzabkommen am

Montag unterzeichnet worden.

Dschecho-Slowake{. 7 In der gestrigen Sizung des Wéhrausschusses er- stattete der Minister sür nationale Verteidigung Udrzal über die Ereignisse in Grasliß und über den Stand der

Mobilisierun g Bericht. Der Minister berief sih auf die

veröffentlichte amtliche Mitteilung und erklärte dem „Tschecho- Slowakischen Pressebüro“ zufolge, daß die Jntervention des Militärs dur den Ueberfall auf die militärishen Abteilungen und durch deren SORuns veranlaßt worden sei. Die Berichte von der Anwendung von Dumdumgeschossen seien eine Erfindung. Ueber die Mobilisierung sagte der Minifter, sie habe bis ans Ende durchgeführt werden müssen, niht nur als Prüfstein, sondern auch als Vorbeugungsmaßregel. Weitere Sn, würden einberufen werden.

Amkerika.

Der amerikanishe Kongreß hat einen Beschluß angenommen, wonach der Tag des Wasffenstillstandes zum Nationalfeiertag erklärt wird. i

Na einer Meldung des „New York Herald“ wird von zuständiger Seite mitgeteili, Japan habe die Vereinigten Staaten wissen lassen, es sei noch nicht bereit, seine Besaß ungs- truppen aus der Nordhälste von Sachalin zurück-

zuziehen. Afrika.

Der General Smuts hat bei einem Bankett in Prätoria und auch am Montag im Kongreß in einer Rede erklärt, er bedauere, daß drei der englishen Dominions, obwohl auf der Pariser Friedenskonferenz alle Dominions als unabhängige Staaten behandelt worden seien, an der Was n pin er -Ab- rüstungskonferenz nicht beteiligt würden. Au diese Weise werde das britische Reich auf dieser ersten großen internationalen Konferenz seit Paris nicht mit seiner ganzen Autorität auftreten können. Emuts verlangte deshalb, daß man si bezügli der Washingtoner Konferenz und auch künftiger Konferenzen von dem durch die Pariser Konferenz geschafsenen Veispiel leiten lasse. Der General betonte, daß der unabhängige Verband, der das britische Reich bilde, die in den einzelnen Dominions herrschenden Verfassungen zur Grundlage habe.

#

Statistik und Volkswirtschaft. Die deutschen E im Monat September

Nach der neuesten Monatsstatistik der deutschen Sparkassen, die der Generaldirektor der Landesbank der Provinz Westfalen H. Reusch in der E „Sparkasse“ veröffentlicht, hält der Nückgang der eigentlihen S pa x einlagen an. Die Gründe sind bekannt: die günstige Konjunktur, die auf vielen Gebieten einen großen Kapitalbedarf her- vorgerufen hat, ferner die Kauflust des ublikums, das sich angesichts der drohenden weiteren Steigerung der Preise noch schnell einzudecken sucht, oft ganz unvernünftiger weise, und endlich das Spekulations- fieber, das auch Sparerkreise ergriffen hat. Daneben wirken noch andere Momente mit, wie die ungünstigen Steuerverhältnisse und ‘die allgemeine Not dex Beamten und kleinen Kapitalisten.

: Wenn troßdem der September eine Zunahme des Einklagen-

. bestandes bei der Gesamtheit der deut|dhen Sparkassen gebracht hat,

so tührt dies aus\{ließlih von der Gutjchrift der Beamtengehälter her, die kurz vor Monats\{luß erfolgt ist. Diese Beträge können als „Ersparnisse“ nicht betrahtet werden, da sie in kurzer Zeit wieder abfließen werden. :

Die Zunahme des Einklagenbestandes für September kann auf 450 Millionen Mark geshäßt werden gegen 700 bezw. 200 Millionen Mark im gleihen Monat der beiden Vorjahre 1920 und 1919. Der Gesamtizuwachs jeit een beträgt 4650 Millionen Mark gegen £640 bezw. 5100 Millionen Mark in der gleichen Zeit der beiden Vorjahre. Auf die einzelnen Monate entfallen die folgenden Zu- nahmen. (+4) bezw. Abnahmen (—) des Einlagenbestandes bei der Gesamtheit der deutschen Sparkassen:

1921 1920 1919 Millionen Mark 00 -— 110

E 800 + -l- 1000 -+ 1100 -- 1600 —- 1200 400 -- 700

-+ 5640

Lo S

ape ebruar Ll

ri Mai iy

u August . September

zusammen

o. ®

800 400 700 100 150 900 600 200

e eo ®chg . m. ck B. S D e 6 6-0: 8 5 60 S S S @ Q G T

++++++++++

S

Arbeitsstreitigkeiten.

In JIndianapolis traten, wie „W. T. B.* meldet, die Kohlengrubenarbetiter in einen Ausstand ein, als Protest gegen einen Beschluß des Bundesgerichts, der ihnen verbietet, gewisse Methoden anzuwenden, um Grubenarbeiter von Westvirginia in ‘ihren Verband zu bringen. Diese Methoden bezeichnete das Gericht als eine Verleßung des Gesetzes, welches die Arbeit hindernde Hand- lungen verbietet. Der Ausstand droht sih auf andere Kohlendistrikte auszudehnon. j

Parlamentarische Nachrichten.

Dem Reichstage sind die Entwürfe eines Ver- mögenssteuergeseßes, eines Vermögenszuwachs- steuergejeßes, eines Gesezes über eine Abgabe vom Ne M gen ads aus der S eines Kapitalverkehrsteuergesezes, eines Geseßes, be- treffend Abänderung des SNIAN Ne eg enes vom 24. Dezember 1919, eines ersiherungssteuer- gesches, eines Kraftfahrzeugsteuergeseßes, eines Rennwett- und T B sowie eines Geseßes über das Verfahren in Versorgungssachen nebst Be- gründungen zugegangen.

Zum Entwurf eines Vermögenssteuergeseßes wird bemerkt, daß eine Uebereinstimmung zwischen dem Reichsrat und der Vorlage der Reichsregierung sih nicht hat erzielen lassen bei der im § 22 des Entwurfs geregelten Frage, wie hoch der Zuschlag zur Vermögenssteuer ar die natürlichen

ersonen zu ea ist. Der Reichsrat hat beschlossen, nicht über 200 vH der Vermögenssteuer hinauszugehen, während die Reichsregierung der Auffassung ist, daß von den über 500 000 4 hinausgehenden Vermögensbeträgen ein Zuschlag von 300 vH der Vermögenssteuer getragen werden kann und muß. Gemäß Artikel 69 der Reichaverfafsan wird die abweichende Aufz

der Premierminister Lloyd George, wie „Reuter“ meldet, daß ein Teil des Beweismatexials für die Vorbereitungen

seßung einer gemischten- Kommission zur Regelung der Frage der Minoritäten,

fassung des Reichsrats dem Reichstag zur Kenntnis gebracht

Der Entwurf enthält daher bei § 22’ neben der vom Reichsrat beshlossenen Fassung die besondere Vorlage der Reichsregierung. Jm übrigen wird in der amtlichen Begründung zum Entwurf eines Vermögenssteuergeseßes u. a. ausgeführt:

Das Ultimatum hat dem Deutschen Reiche die Verpflichtung auferlegt, die gesamte Wirischaftskraft zur Abbürdung der aus dem Kriege übernommenen Lasten anzuspannen. Jn den Verhandlungen, die dem Ultimatum Ves find, haben die allierten und assoziierten Mächte mit Nachdruck darauf hingewiesen, daß nach § 12b 2 der Anlage IT zu Artikel 233 des Vertrags von Versailles das Steucrsystem im Deutschen Neiche im allgemeinen im Verhältnis vollkommen ebenso {wer sein müsse wie in irgendeinem Lande, das in der Reparationskommission vertreten sei, daß aber die steuerliche Erfassung des Verbrauhs in Deutschland bisher binter der der alliierten Hauptmähte zurückbleibe. Deut)chland mußte daber dazu übergehen, das System der Verbraucssteuern so auszubauen, wie es noch irgend mit der Aufrechterhaltung des wirtschaftlichen Lebens ver- einbar ift. Zwar hat die Erkenatnis an Boden gewonnen, daß die Ver- braudssteuern vielfach imKreislauf der Wirtschaft von demVerbrauher auf den Arbeitgeber weitergewälzt werden, daß auf der anderen Seite die Steuern vom Einkommen und Vermögen von der Ueberwälzung nicht ausgeschlossen sind, und daß sie inébefondere im Wege allgemeiner Preissteigerung den Verbrauh nicht minder berühren als die Ver- brauchs\teuern. Selbst wenn man aber diese Auffassung als richtig unterstellt, muß doch darauf Bedacht genommen werden, die Belastung mit direkten und indirekten Steuern nah Möglichkeit von vornherein gleihmäßig hoch zu gestalten. Im Hinblick auf die gesteigerte Be- lastung des Verbrauchs war daher erneut die Frage zu prüfen, ob auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und Berit3gen bereits alle Quellen ausges{öpft sind. Die berantwortlihe Prüfung er- forderte besondere Sorgfalt ; hatten do die Sachverständigen der Allüerten in ihrem Bericht über die Konferenz von Brüssel ihren Standpunkk dahin zusammengefaßt: „Die ge enwärtigen Tarife für die direkten Steuern scheinen in eutschland bis auf das Höchstmaß gesteigert zu sein; vielleicht wird man sogar, wenn die Ver- an E wieder in Ordnung ist und die Steuern ibren vollen Ertrag bringen, zu der Feststeäung kommen, daß im Interesse des fiskalischen Ergebnisses, weles mit dem wirts{hastlihen Wohlstand eng verbunden ift, eine Ermäßigung gewisser direkter Steuern zu erwägen sein wird, besonders derjenigen, die auf Handel und Industrie laften®“ (zu vergleichen Weißbuch, enthaltend eine Sammlung von Aktenstückten über die Verhandlungen auf der Konferenz zu London vom 1. bis 7. März 1921, Drucksachen des Reichstags 1921, Nr. 1640 S. 99). Daß eine Mehrbelaslung des Arbeits- einkommens nicht angeht, darf als Willensmeinung der Mehrheit des Reichstags angesprochen werden, die bei der leßten Aenderung des Einkommensteuergesezes zu unzweideutigem Ausdruck gekommen ist. Gs bleibt daber nur die Frage, inwieweit das Vermögen und der Ertrag des Vermögens mehr noch als bisher und in anderen Formen zur Lastentragung herangezogen werden können. Dabei darf der Gesichtspunkt niht außêr aht gelassen werden, daß es gilt, die Mittel für die Erfüllung des Ultimatums zu stärken und daß die in ihm enthaltenen Forderungen eine doppelte Beteiligung der alliierten und assoziierten Mächte an den Crträgnissen der deutschen Wirtschait „vorsehen. Es verpflichtet einmal Deutsch- sand zu festen jährlihen Zahlungen; es erstrebt darüber hinaus aber einen Anteil „an den Ergebnissen einer gebesserten deutschen Wirtschaft, wie sie nur aus der Gesundung der Produktion und einer darauf gestüßzten Steigerung der Ausfuhr erwartet werden darf. Eine Maßnahme, die in Erfüllung des Ultimatums getroffen wird, entspricht daher den völkerrechtlich übernommenen Verpflichtungen nur dann, wenn sie bei aller Schärte des Eingriffs nit von vorn- herein die Möglichkeiten einer Kräftigung der deutshen Wirtschaft untergräbt. Nur eine Finanzgebarung, die diesem oversten Grundsaß Rechnung trägt, erfüllt zugleich die Verpflihtung des Deutschen Reichs zur tätigen Mitarbeit am wirtschaftlichen Wiederaufbau der Welt, deren Grundlinien die internationale Finanzkonferenz in Brüssel vorgezeihnet hat ‘(zu verglèichen Drucksachen des Reichstags 1920 Nr. 912). Intvieweit unter diesen leitenden Gesichtspunkten, deren Verntachlässigurg nicht nut die deuttshe Wirtschaft gefährben, fondern zugleich: die Zusagen aus bem Ultimatum entwerten würde, eine weitere steuerliche Belastung durchgeführt werten tann, wird \ich nur darin übersehen lassen, wenn man fich vergegenwärtigt, welhe Steuern s den Besiß treffen, worin die Mängel dieses Besteuerungs- ystems liegen, worin es noch ausbaufähig ist. |

Die Einkommensteuer belastet in gleicher Weise fundierkes und unfundiertes Einkommen. , Sie geht in ihren Säßen bis zu 60 vH. Eine Ertragssteigerung wird niht mehr durch Crhöhung der Sätze sondern nur noch dur Verbesserung des steuerlihen Zugriffs, dur eingehende Kontrollmaßnahmen, insbesondere auf dem Gebiete der

uch- unñd Betriebsprüfung, erreiht werden können. Die Körper- \chaftssteuer stellt eine Vorausbelastung des Einkommens dar, soweit es aus dem in wirtshaftlihem Zusammens(hluß arbeitenden Ver- mögen fließt. Diese Steuer erscheint sowohl in - ihren Sätzen gerung fat als auch geeignet, die Heranziehung des Einkommens wetter Vevölkerungskreise dur Erfassung an der Quelle zu sichern. Der Entwurf einer entsprechenden Aenderung des Körperschaftssteuer- geseßes geht dem Reichstag gleichzeitig mit dieser Vorlage zu.

Laufende Belastungen des Vermögens bilden die Grund-, Ge- bäude- und Gewérbesteuern, deren Ausnußung und Ertrag zurzeit den Ländern und Gemeinden überlassen ist, ‘und die zum Teil bereits außerordentli stark „ausgebaut sind oder a demnächst ausgebaut werden; für die Kapitalvermögen ferner die apitalertragsteuer, die in Höhe von 10 vH zugunsten des Reichs erhoben wird. Hierzu treten als Vermögenszuwachs\steuern die laufende Besibsteuer und die Kriegsabgabe vom Vermögenszuwahs, sowie als réine Ver- mögensteuer das Reichsnotopfer. Die Frage, inwieweit der Vermögenszuwachs, sei es einmal zur CErfassung der Nach-

Triegsgewinne, sei es laufend, im weiteren Umfang als bisher

erfaßt werden kann, soll dur) besonders vorgelegte Gesetze, ein Ver- mögenszuwachésteuergeseß, das dem früheren Besißsteuergeseß ent- spricht, sowie ein Geseß über die Abgabe vom Vermögenszuwachs aus der Nachkriegszeit beantwortet werden. \ , Was die Vermögensbesteuerung als solche angeht, so war das Reichsnotopfer als eine einmalige große Abgabe vom Vermögen gedacht, «durch die der Besiß der äußersten Not des Reichs opfern“ sollte. Der Wille des Gesetzes ging nicht dahin, die Steuer aus dem Einkommen ablösbar zu E vielmehr sollte durch diese Steuer, die bis zu 65 vH des Vermögens anstieg, das Vermögen selbst an- gegriffen werden. Der Einmaligkeit der Abgabe hätte die sofortige Ginziehung entsproen; die Verwirklihung dieses Plans scheiterte aber am wirtichaftlih Möglichen. Um dem Notopfer nicht den Charakter einer vernichtenden Beeinträchtigung der Produktions- mittel zu ‘geben, wurde bestimmt, daß das nah dem Stande des Vermögens vom 31. Dezember 1919 ermittelte Reichsnotopfer nebst ò vH Zinsen vom 1. Januar: 1920 ab in jährlichen Tilgungsrenten, von 9,9 vH der Abgabe beim Grundbesiß und 6,5 vH der Abgabe bei fonstigem Vermögen, entrichtet werden sollte. Die Geldnot des Reichs auf der einen, die Wirkungen der Noteninflation auf der anderen Seite haben dazu gedrängt, von der Verteilung des Neichsnotopters auf 28 oder 45 Jahre abzugehen. Nach dem Geseße vom 22. De- zember 1920 über die beshleunigte Veranlagung und Erhebung des Neichsnotopfers sind 10 vH des Vermögens, mindestens aber 4 der Abgabe, mithin bei den größten Vermögen etwa 21.6 vH des Ver- mögens, in der Zeit vom 1. Mai 1921 bis zum 1. Mai 1922 zu entrichten. Der Teil des Notopters, der über die Hiernach zu ent- richten Beträge hinausgeht, soll in Tilgungsrenten entrihtei werden, die vom 1. Oftober 1922 zu laufen beginnen. / , „Auch in der Form, die das Notopfergeseß durch das Gefeß über die beshleunigte Erhebung erhalten hat, erscheint es indessen auf die Dauer nicht durchführbar, ohne s{chwere Schädigungen des einen Teils, Uunbegründete Bevorzugungen des andern Teils der Wirtschaft zu be- wirken, Der beschleunigt zu entrihtende Teil des Reichsnotopfers G in die Neichskasse fließen ; insoweit känn an eine Uendecung des Gesetzes nicht mehr gedacht werden. Jm übrigen aber muß versucht werden, das Reichsuotopfer der fortschreitenden Entwertung der Mark und den Aenderungen der Wirtschaftsverhältnisse, denen es nah feiner

tragen. Freilich bleibt, da die

Anläge uicht 9eFmung tragen Tony, auzupafsn. Sn erfter nte entbehnt das Festhalten an einen bes:immten Sl ichtag, der nicht nur über die Steuerpflicbt, sondern auc üker den Vermögensstand und die Bewertung des Vermögens entsceidet, bei der gegen- wärtigen Gestaltung der __ Virtschaft, die jeder Schwankung der Mark folgt, der sachlichen Berechtigung. Bei dem Reichénotopfer werden Vermebrungen des Vermögens und Wert- beranderungen, die nach dem 31. Dezember 1919 eingetreten \ind, grundfäßlih nit, Wertverminderungen nur in dem engen Rahmen des § °7 in der Fassung des Gesetzes vom 6. Juli 1921 berüdsictigt. Neu gebildete Vermögen werden von ihm nit erfaßt. Dieser Aus- fall ift um so weniger tragbar, als seit dem Beginne des Jahres 1920 die Abwärtsbeweguug der Mark in damals nicht vorbergesehener Weise fortgeschritten is und erst nah dieser Zeit die Bereicherung für weite Kreise von Handel, Industrie und LandwirtsKaft, ebenso wie für zahlreide an der Spekulation beteiligte Personen eingeseßt hat. Es kommt hinzu, daß die Ablösung des Reichsnotopfers, das auf der Grundlage einer besseren Mark errechnet worden ist, mit der {lehteren Mark vorgenommen werden fann. Das Reichsnotopfer läßt mithin gerade diejenigen in weitem Umfang unberührt, die im . wahren Sinne des Wortes Tuiltieste der Geldentwertung geworden sind. Es ftellt aber weiter deshalb eine unzulängliche Erfassung des tragfähigen Vermögens, dar, weil die in ihm gegebenen Bewertungs- vor|chriften unter dem Grund}aß einer besonderen Schonung der Sachwerte stehen. Es genügt, daran zu erinnern, daß das Betrichs- vermögen mit nur 80 vH feines Wertes, dex Grundbesiß nur mit dem Ertrag8wert, und ówar mit einem der Negel des § 152 der MNeichsabgäbenordnung gegenüber um /; verminderten Ertragêwert herangezogen worden ist. .Vielfachß wird darüber hinaus dem Geseß entnommen, daß die dauernd dem Betriebe gewidmeten S Ene mit dem Anschaffungs- oder Herstellungêpreis eingestellt werden dürfen, und daß die Vergünstigungen, die im Ertragswert und in der fimebung des Betriebsvermögens mit nur ‘/,; seines Wertes belegen sind, „zujammentxeffen können. Eine Bevorzugung der Sachwerte gegenüber dem reinen Kapitalvermögen erscheint unter den gegen- wärtigen Verhältnissen niht mehr vertretbar. Das Kapitalvermögen vermindert e A bei gleihbleibendem Nennbetrage wirt\chattlich mit der sinkenden Kaufkraft der Mark. Dagegen blèêiben Gewerbebetrieb und Grundbesiz im wesentlichen von der Geldentwertung verschont, sofern sie entweder als Träger êiner durch die Zwan éwirtschaft nicht oder nicht wirksam gebundenen Prodüktion ihren Crtéag der allge- meinen Geldentwertung anpassen können, oder sofern sie als bevor- zugte Kapitalsanlagen unter dem Gesichtspunkt besonderer Sicherheit einen erhöhten Marktwert erlangen. Schließlih vermag das Reichsnotopfer in seiner bisherigen Gestalt die ihm für die Staatswirtschaft_- gugewiesene Aufgabe auch um deswillen nit zu erfüllen, weil die Abgabe auf 28 oder 45 Jahre bver- teilt die Erträgnisse zugunsten des Reichs niGt in angemessener Weise steigert. Die in der Entwickung der Wirtschaft begründeten Schwächen des Gesehes über das Reichsnotopfer werden dadur ver- stärkt, daß sein weiterer Vollzug technischen Schwierigkeiten außer- ordentlicher Art begegnen und zur Anseßung eines fostspieligen, zu den Einnahmen nit in rechtem Verhältnis stehenden Verwaltungs- apparats zwingen würde. Die Feststellung der Tilgungsrenten und insbesondere des RKeichsnotzinses erfordert ein solches Maß an Einzelberehnungen, daß an ihrer DurWhführbarkeit unter den für die Finanzverwaltung gegebenen Arkeitsverhältnissen gezweifelt werden muß. Jedenfalls aber würde mit einer so großen Verzögerung in der Festseßung u rechnen sein, daß fließende Erträge [hon dadur auf längere en hindurch unmögli gemd&{t wurden.

„„Gine Abhilfe, die dem Interesse der Gesamtwirtschaft an einer gleimäßigen Belastung ebenso wie dem Ce des Fiskus genügt, Tann nur dur sahgemäß en Ausbau des Notop ergedankens gefunden

werden. Zunächst bt si daran denken, auf dem Boden des alten Gefeßes den im Geseß über die E Erhebung beschritienen Rel wenerangezen und das Reichénotopfer unter Beseitigung des Rechts auf _ ens in einen kürzeren Erhebungszeitraum zu- sammenzudrängen. „Damit wäre ein technischer Vorteil gewonnen, der sachlichen E aber, die das Notopfergeset in seiner gegen- wärtigen Gestalt zeigt, nicht wirksam begegnet. Es bliebe dabei, daß ferde die neuen Vermögen freigelassen würden, daß reine Kapitalvermögen tark belastet, Betriebs- und Grundvermögen vielfah mit einem unzu- reichenden Werte herangezogen werden würden. Sollen diese Mängel ver- mieden werden, fo müssen die Grundsäße des Mes übér das Reichsnot- opfer in entscheidender Weise geändert werden. Ziel der Gesetzgebung u sein, soweit trgendmöglih dauernde laufende Einnahmen fle die Auf- bringung der großen Lasten sicherzustellen. Eine solde dauernde Be- lastung kann dér Besiß aber nur tragen, wenn seiner jeweiligen Leistungsfähigkeit Rehnuug getragen wird. Der Entwurf \{lägt demgemäß vor, den festen Stihtag aufzugeben und damit alle neu gebildeten Vermögen zu erfassen, „Und serner die Steuer in Zeit- abständen von höchstens drci zu drei Jahren zu veranlagen und damit Wertsteigerungen und Wertminderungen zu berüdsihtigen. Jhre Begrenzung findet eine laufende Vermögenssteuer in dem Crfordernis, daß fie aus dem Eintommen zu tragen ist, wenn sie nit zu einer {leidenden Vermögenskonfiskation führen foll. Sn Würdigung dieses Erfordernisses wird vorgeschlagen, daß die Vermögensteuer bei physischen Perjonen mit 1 v. T. beginnt und bis zu 1 v. H. aufsteigt; bei nicht physischen otetionen soll sie stets 14 v. T. be-

Vermögenss\teuer grund\äßlih den Ein- fünften entnommen werden soll, das Bedenken, daß das Einkommen im Deutschen Reiche schon bis aufs äußerste belastet erscheint. Die vorgeschlagene Belastung trifft indessen ihrer Natur nach nur die fundierten Einkommen, stellt also insofern wie die fruheren landes- rechtlihen Vermögen- und Grgänzungssieuern eine ergänzende Ein- kommensteuer auf das fundierte Einkommen dar. Es zar erwartet werden, dal die Steuer in der a Gagenea Höhe bei einge- schränktem Verbrauch und gesteigerter Hütererzeugung noch aus dem Nugen des Vermögens getragen werden tann. Der Entwurf muß aber, foll cin vollwertiger Crjaß für das Notopfer geschaffen werden, in seinen Anforderungen an den Besit darüber hinauëgehen. Die Ver- mögenésubstanz kann nicht unberührt bleiben. Der Entwurf sieht daher für die Dauer von 15 Jahren einen Zuschlag zux Veruösgenssteuér vor. Die Frage der po 0 des Zuschlags steht in engem Zusammenhang mit der Höhe des beschleunigt „zu entrihtenden Notopferbetrags. Durch die Verquickung von zwei verschiedenen Maßstäben (10 vH des Vermögens, mindestens aber ein Drittel der Abgabe) ist der Prozentsaß des beschleunigt zu entrichtenden Betrages, gemessen am Gesamtbetrage, ein ganz verschiedener. Die kleinen Vermögen haben mit 10 vH des Vermögens das ganze oder nahezu das ganze Not- opfer cntrichtet, die mittleren einen geringeren, aber verhältnismäßig immer noch hohen Prozentsaß (Vermögen von 650 000 4 ungefähr 50 vH, Vermögen von einer Million Mark etwa 40 vH des gesamten Notopfers), die großen Vermögen über 1500 000 .# ein Drittel dex Abgabe. Die F puntte für die Zahlung sind in der Weije vorgeschen, daß eir Drittèl der Gesamtabgabe in zwei gleichen Raten (also von je einem Sechstel der Gejamtabgabe) im Jahre 1921 zu entrichten ist, während der über ein Drittel der Abgabe hinausgehende Betrag bis zu 10 vH des Vermögens am 1. Mai 1922 zu bezahlen ist. Die roßen Vermögen haben also ihre ganze Sofortzahlung im Jahre 1921 ent- richtet. Für die mittleren und kleinen Vermögen bleibt noch ein Teil im Jahre 1922 zu zahlen. Um die sich hieraus ergebenden Ver- schiedenheiten zum Teil auszugleichen, ist vorgeslagev, bei steuer- pflihligen Vérmögen von 1 027 000 .% und darüber den Prozentsatz der Sofortzablung von 334 auf 40 vH der Abgabe zu erhöhen. Die Grenze von 1 027 000 M ift deshalb gewählt, weil bis zu 1 026 000 4 die Sofortzahlung in Höhe von 10 vH des Vermögens 40 vH der Gefamtabgabe ausmaht. Dem Gedanken der \chärferen Heranziehung der Sachwerte ist au erdem dadur Rechnung getragen, daß die Er- werbsgesellschaften ( ftiengesellshaften, Kommanditgefellschaften auf Aktien, Kolonialgesellshaften, Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Berggetwoerkscaften u. a.) im Jahre 1922 noch eine befondete Abgabe in Höhe der Hälfte der Notopfershuld zu entrichten ha-en, obwohl sie mit der borgeshriebenen Sofortzahlung bereits ihr ganzes Notopfer abgebürdet haben. Die Folge dieser Grhöhung ift also, daß nunmehr bei allen Abgabepflichtigen die Sofortzahlung

mindestens 40 vH (stalt jegt 331 vH) béträgt und daß alle Abgabe- pflichtigen au im Jahre 1922 noch einen Teil der Sofortzahlung

[ zu entrichten haben. Vokiftändig ift die Glel{mäßigkeit dauit abe

selbstverständlih noch nit hergestellt. Das geschieht erst dur ten

Zuschlag zur Vermögenssteuer, dessen Bemes ung der Geranfe zu-

grunde liegt, daß der Zuschlag um fo geringer sein muß, je böber 7er

Prozentsaß der Sofortzablung des Reichsnotopfers war. Diesem Ge-

danken tragt der Entwurf dadur Rechnung, daß cinerseits die ersien

100000 Æ# stets fteucrfrei bleiben (von Vermögensfsteuer und ¿zu-

{lag) und daß anderseits der Zuschlag nach es Höbe des Ner-

mögens gestaffelt ist, In der Ausgestaltung der Staffelung hat si

zwischen dem Reichsrat und der Neichöregierung eine vollständige

Vebereinstimmung nicht erzielen lassen. ebereinstimmung besteht

infofern, als für die ersten 100 000.4 des steuerpflidtigen Vermögens

der Zuihlag 100 vH und für die folgenden 150 000 .# 150 vH ter

Vermögenssteuer betragen sol. Während der Neichsrat aber von

den dann folgenden Beträgen einheitlich 200 vH der Vermögensieuer

als Zuschlag erheben, also über 200 vH nit binauégehen will, schlägt die Reichsregierung vor, für die nähsten 250 000 4 200 vH und darüber hinaus 300 vH der Vermögensteuer als Zuschlag zu erheben. Die E ist der Ansicht, daß ein folher Zu- lag, da er ja in die Substanz eingreifen foll, für die Dauer bon

15 Jahren getragen werden kann und muß. Gemäß Artikel 69 dcr

Reichsverfassung wird daher der den Zufthlag regelnde § 22 des

Entwurfs in doppelter Fassung (des Reichsrats und der Neichsa

rats und der Reichsregierung) vorgelegt. Die Konkfequenzen, die sich

aus der Staffelung des Zuschlags und der Zulassung von Vermögens freigrenzen ergeben, find folgende: L. dadur, daß Vermögen bis zu 100 000 .4 ganz frei bleiben,

haben diejenigen, die mit einer Sotortzahlung von 10 H ihres Vermögens das ganze oder nahezu das ganze Notopfcr entuidtet haben, nihts mehr zu zahlen;

. dadurch, daß darüber hinaus die ersten 100 000 .4 stets frei bleiben und daß bei den ersten 500 000 .46 des steuervflichtigen Vermögens durchgestaffelt nur 100 bis 200 vH der Vermögen- steuer als Zuschlag erhoben werden, sind solche Vermögen, bei denen die Sofortzahlung den größten oder den größeren Teil der Gesfamtnotopfershuld ausmacht, erheblih begünstigt, denn die Crleichterungen wirken um fo stärker, je geringer das Ver- mögen ist, und kommen dadurch den Vermögen zwischen 100 000 und 500 000 „6 in verstärktem Maße, den Verin ögen áwischen 500 000 .# bis 1 027 000 # aber immer noch in einem sehr erheblichen Maße zugute;

- bei den großen und größten Vermögen (von 1027 000 4 an) werden die für die Untergrenzen gewährten Begünstigungen immer weniger wirksam. Das ist auch gewollt, da sie mit der Sofortzahlung einen geringeren Prozentsaß des Gesamtnotovfers entrichtet haben als die mittleren und kleineren Vermögen.

Bei)piele:

Das sind vH des steuerbaren Vermögens

Steuerbares Steu Vermögen | Steuer | Zuschlag Zusa

h M M

100 000 frei -— 200 000 100 200 350 000 329 762,50 600 000 825 2 262,50 850 000 1 450 4 762,50 1 100 000 2200 7762,50 1 600 000 4 200 15 762,50 2 100 000 6 700 25 762,50 3 100 000 12 700 49 762,50 5 100 000 26 700 105 762,50 10 100 000 66 700 265 762 50 20 100 000 f 156 700 ; 625 762,50 50 100 000 | 456 700 11 369 062,50 j 1 825 762,50

: An diesen Beispielen zeigt sch aud, weshalb es n ängi ist, die Sofortzahlung des Reichönotopfers allgemein weiter auf §0 O des gesamten Reichsnotopfers oder gar darüber hinaus zu erböben. Würde / man einen solchen Prozentsaß festsegen, so würden davon Vermögen von éiner halben Million ab oder gar noh darunter be- troffen werden, die einen mehr oder weniger hohen Betrag der Us noch itn Zahre 1922 zu entrihten haben und die gegenwärtig als nicht besonders leistungsfähig angesehen werden Éönnen; ganz abgesehen davon, würde den Finanzämtern aber eine Mehrarbeït erwachsen, die die Durchführung der fen ohnehin stark im stand befindlichen Einkommensteuerveranlagungen für die Rechnungs- jahr 1920 und 1921 im höchsten Maße getährden würde. Eine Ers öhung der Sofortzahlung nur i den gccßen Vermögen würde die in Aussicht genommene Belastung mit Vermögens- steuer und Zuschlag unmöglich machen. Denn {on bel einer Sofortzahlung von 40 vH des Reichsnotopfers und bei tünfzehns jähriger Zahlung von Vermögensteuer und Zuschlag na einem gegenüber der Notopferveranlagung um das Dreifache erhöht:n Ver« mögen eine Erhöhung, die, wenn die privilegierte Behandlung der Sachwerte im Notopfergeseß (80 vH des Betriebsvermögens u. a.) durh die Bewertungsvorschriften des Entwurfs erseßt wird, fi durchaus in mäßigen Grenzen hält sind inégesamt in 17 Jahren etwa 250 vH der ursprünglichen Notopfershuld, die ch auf 30 bis 45 Jahre verteilt, zu zahlen, also mehr als das 2zfache im dritten Teil der Zeit. Eine zu starke Heraufsezung der Sofortzahlung würde auto- matisch eine Verringerung des Zuschlags ¿ur Vermögensteuer zur Folge haben müssen und dadur die privilegierte Stellung der Sachwerte Betriebs- und Grundvermögen) weiter aufrechterhalten. Aus diesem runde wird vorgeschlagen, bei Vermögen über 1 027 000 4 hinaus nidt mehr als 40 vH der Gejamtabgabe als Sofort ahlung zu erheben. Dadurch, daß jede Begünstigung des werbenden Benbtais beseitigt ist, mehrt sich der Druck tür das Betriebs: und Grundvermögen. Gleichzeitig vermeidet der Entwurf aber jeden unmittelbaren Zwang zu unwirtschaftlicher Abgabe von Teilen der Substanz, weil er den Zugriff als Vermögenssteuer Ee und die Leistungen an das Reich in Geld ablöëêbar macht. Er überläßt es auf diese Weise der eigenen Entschließung, wie der Steuerpflichtige die regelmäßig nicht aus seinen Einkünften tragbare Zuschlagslast abbürden will. Damit bleibt der Weg ofen, unter außergewöhnlicher Belastung der Anlage- werte die Leistungen aufzubringen, die darin liegende ehrbelastung des Gesamtbetriebs aber im weiteren Verlaufe der Wirtschaftsführung auszugleichen. Für den reinen Kapitalbesiß, der durch die Geld- entwertung am bärtesten betroffen ist, sind sowohl bei der Sofort- zahlung des Neichênotopfers wie bei der Belastung nach diesem Ent» wurf Begünstigungen „vorgeschen. i __ Besondere Schwierigkeiten bieten sch vom Standpunkt einex richtigen Bemessung der Steuer für die Bewertung des Vermögens. Grundsäßlich foll der gemeine Wert, wie ibn die Neich8abgaben- ordnung umschrieben hat, zur (Hrundlage der Wertermittlung gemalt werden. Der 8 159 Abs. 2 bis 6 der Reichsabgabenordnung (Be- wertung der fundlidde nah dem Ertragswert) und der 8 139 Abs. 2 der Reichsabgabenordnung (Bewertung des Anlagekapitals nah dem Anschaffungs- oder Herstellungspreis) sollen feine An- wendung finden. Damit kehrt der Entwurf zu einem Grundsaß zurü, den die Regierungsvorlage des Geseges über das Neichs notopfer enthielt. Schon damals war insbesondere auf die Untauglichfeit des Grtrag8werts für die Bewertungsprarxis in der gegenwärtigen Wirt- schaft hingewiesen (Drucksachen der Nationalversammlung Nr. 674 ». 20 ff.). Die Erfahrungen haben diefes Urteil beslätigt. Fast cin- stimmig haben die andesfinanzämter die Ermittlung eines zus verlässigen Ertragêwerts sür die Landwirtschaft als unausführbar bes A und darauf hingewiesen, daß dez Ausweg, den die Praxis ge- unden bat, in weitem Umfang eine Bevorzugung der Landwirtschaft darstellt. Es wird sih aber nit verkennen lassen, daß auch mit der Autnahme des gemeinen Wertes und der Grundsäße der Reichs- abgabenordnung in das Geseg allein für den unmittelbaren Bollzug feineswegs alles gewonnen ist, Der Kampf um die Bewertung bei Betriebs- und Grundvermögen, wie er ita Ans{luß an die Beranlagung zum Reich8notopfer geführt worden ist, zeigt, daß

es mebr auf die praktische Dur ührbarkeit und Gleilhmäßigkeit der Bewerkung als auf theoretische Bezeichnung des Wertuaßs