mfr gegen deutshnationale Widerstände in das - Landwirtshaft8- ministerium berufen worden. (Hört, hört! links.) Und wenn Herr Warmbold nicht in meiner Amtszeit mit der, nah Ansicht der Deutschnationalen, notwendigen Gründlichkeit und Sachlichkeit seine ganzen Kräfte in den Dienst der Landwirtschaft stellen konnte, so trägt mit dazu bei die Haltung, die die Deutschnationale Partei damals eingenommen hat. (Sehr richtig! links.) Sie hätte nur das Geseß über die Selbstverwaltung der Domänen, das gerade seinen Urheber in Herrn Warmbold hat, niht abzulehnen brauchen, dann hätte Herr Warmbold damals schon zu meiner Zeit Gelegen- heit gehabt, seine ganze Sachlichkeit und Gründlichkeit auf dem Gebiete der Landwirtschaft zu zeigen. (Sehr ‘gut! links.) “ Aber, meine Herren, gerade die Ausführungen des Herrn deutshnationalen Redners und noch mehr die Ausführungen in der deutshnationalen Presse gegen den Herrn Minister Dr. Wendorff zeigen ja, daß die Angriffe, die seinerzeit gegen mich als Landwirtschaftsminister gerihtet wurden und die dahin gingen, ih sei niht Fahmann, ih verstände davon nichts, ih hätte keinen Sinn für die Land- wirtschaft, - sich nicht so sehr gegen den Nichtfahmann und nicht gegen meine angebliche Nichtsahhverständigkeit, sondern gegen meine Parteizugehörigkeit richten. Denn Herr Wendorff ift Fahmann; das werden Sie nicht bestreiten können. (Zurufe vechts.) Nein, nicht theoretish, Herr Abgeordneter Graef, sondern auch praktisch: er hat sih zweifellos sehr viel mehr in der praktischen Landwirt- schaft betätigt als Sie, Herr Abgeordneter Graef. (Heiterkeit.) Jedenfalls werden Sie mir das niht auch abstreiten können. Und gleihwohl wird heute bereits niht nur hier, sondern viel “mehr noch in der deutshnationalen Presse ganz der gleihe Ton gegen Herrn Wendorff angeschlagen, wie er seinerzeit üblich war, als ih noch das Landwirtschaftsministerium führte. (Zuruf rets.) Das ist ein Beweis, meine Herren, daß nicht mehr oder weniger Fach- kenntnis, sondern die Parteizugehörigkeit der betreffenden Minister da maßgebend ist. (Zurufe rechts.)
Meine Herren, ich komme jeßt mit wenigen Worten auf ‘die vom Herrn Abgeordneten Winckler angeschnittene Beamtenfrage. Jh hätte eigentlich angenommen, daß meine Erklärung in dieser Beziehung klar war, so klar, daß man eigentlih dazu keines weiteren Kommentars bedarf. Jn bezug auf die Ausführungen, die ih über das Verhalten der Beamten im Amte gemacht habe, bestehen ja auch wohl keine Zweifel, und ih darf annehmen, daß auch die Herren von der Deutshnationaklen Partei mix darin zu- stimmen; jedenfalls hat ihr erster Redner an dieser Fassung keinen Anstoß genommen. Er wünschte lediglih einige Klar- stellungen in bezug auf meine Ausführungen, die das Verhalten der Beamten außerhalb ihres Amtes betrafen. Meine Damgn und Herren, ih glaube, auch diese, insbesondere wenn man sie mit meinen Ausführungen über das Verhalten der Beamten im Amte zusammenhält, waren durchaus klar, so klar wie sie nah Lage der Sache sein können. Es heißt nämlich:
„Auch außerhalb des Amtes muß sie = d. h. die Beamtenschaft —
unbeschadet der durch die Reichsverfassung gewährleisteten
Freiheit ihrer politishen Meinungëäußerung bei ihrem Ver-
halten stets der besonderen Pflichten eingedenk sein, die ihr
gegenüber dem Staate und der Regierung obliegen“ Meine Damen und Herren, wie die Beamten das im einzelnen ausführen, ist Sache des Taktes und läßt sich auch nur im fonkreten Falle beantworten, darüber lassen sich im einzelnen eingehende Anweisungen nicht geben. (Unruhe rechts.) Das war früher so und wird auch in Zukunft so sein. Es ist selbstverständ- lih, daß keinem Beamten verwehrt ist, außerhalb des Amtes seine politishe Auffassung zu vertreten, zu vertretèn in der Weise, wie es eigentlich unter gesitteten Menschen üblich sein soll. Aller- dings meine ih — um nur diesen einen Fall anzuführen —: wenn es vorkommt, daß ein Beamter hier und da außerhalb seines Amtes, in politishen Versammlungen oder sonst irgendwo, z. B. am Stammtisch, sich in wüsten Beshimpfungen gegen die Re- gierung, die Regierungsorgane oder die Verfassung sich ergeht, dann steht das nicht im Einklang mit den Pflichten, die er als Beamter hat. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Eine entschiedene sahlihe- Vertretung seiner Ansichten, vielleiht auch seiner monarchistishen Ansichten wird niht verwehrt; das fällt nicht unter diese Bestimmung. Das gewährleistet jeßt im Gegen- say zu früher die freie republikanische Verfassung dem Beamten.
Meine Damen und Herren, die Ausführungen des Herrn Ab- geordneten Winkler über Oberschlesien treffen ja “nicht meine Rede, sondern sie waren in der Hauptsache gegen die Reichs- regierung gerihtet. Fch muß aber, weil ih, wie ih gestern aus- führte, es im JFnteresse Preußens wie des Reihes liegend erachte, daß ein gutes - Verhältnis zwischen Preußen und dem Reiche be- steht, von dieser Stelle aus den entschiedensten Einspruch dagegen einlegen, daß die Tätigkeit des Herrn Reichskanzlers in dieser Weise herabgeseßt wird. (Lebhafte Zustimmung im HBentrum und links.) Meine Herren, ich will ganz dahingestellt sein lassen, was zu der ungünstigen Entscheidung über Oberschlesien geführt hat. (Zuruf rechts: Rathenau!) Sie sagen: Rathenau. — Fh will niht im breiteren - ausspinnen, ob nicht Ausführungen, wie sie in einem Artikel eines prominenten Abgeordneten der Deutschnationalen Volkspartei vorgekommen sind, und die in politish bewegter Zeit von der „Waffenkammer Deutschlands“ réden, ob - derartige Unvorsichtigkeiten niht wesentlißh zu einer ungünstigen Entscheidung über Oberschlesien beigetragen haben. (Sehr richtig! links.) Fch will andere Aeußerungen, die in dieser kritishen Zeit in der gánz rechtssehenden Presse veröffentlicht worden sind, nicht weiter erwähnen. Fch bin aber der Auf- fassung, daß diese Aeußerungen nicht dazu beigetragen haben, die Reichsregierung in ihrem zweifellos vorhandenen Bestreben, die Entscheidung über Oberschlesien für uns günstig zu gestalten, zu unterstüßen. Aber ich muß auf das eine hinweisen: es ist ein ganz unhaltbarer Vorwurf, wenn hier erklärt wird — der Herr Abgeordnete Oeser hat das schon mit Recht und mit aller Schärfe zurückgewiesen —, der Reichskanzler sci an der Entscheidung über Oberschlesien \huldig. Fch sche ganz davon ab, daß durch eine jolhe Beschuldigung gegen den ersten Beamten des Reiches ge- wissexmaßen alle die Leute, die in der unerhörtesten Weise gegen ux83 gearbeitet haben, wie z. B. Korfanty, bis zu einem gewissen Grade exkulpiert werden. (Unruhe rechts.) "Fch weise darauf hin, daß der ganze Vorwurf dadur hinfällig wird, daß über das Schidsal Oberschlesiens in der Tat im Oktober 1918 ¿entschieden worden war. (Sehr wahr! links, — Zuruf - rechts.) — Die Doku- mente liegen vor. =— Daß die deutsche Heeresleitung sich bewußt
war, daß - die - Front niht mehr zu halten war (Unruhe rechts), und sie Hals über Kopf den Waffenstillstand wünschte, - ist ihnen ja so bekannt, daß ih die Dokumente niht vorzulegen brauche... Jedenfalls - steht fest, daß die oberste Heeresleitung damals von der Reichsregierung darauf hingewiesen wurde, daß das Ahb- schließen des Woaffenstillstandes Hals | über Kopf eventuell auch den Verlust der östlichen Landesteile mit sih bringen könnte, und auf/.die Frage, ob gleichwohl der Waffenstillstand abgeschlossen werden - sollte, haben Hindenburg und Ludendorff zurüdcktelegra- phiert: Es ist abzuschließen. (Sehr richtig! * links) Meine Herren, tatsächlich ist! damals hon Oberschlesien, und zwar ganz Oberschlesien, aufgegeben worden, und tatsählih suchte die Zivil- regierung schließlich aus dem Zusammenbruh zu retten, was noch zu retten war, und es ist gelungen, das Verhängnis ñoch ein ganz wenig milder zu gestalten, als es nach den damaligen An- weisungen die Herren der- obersten Heeres]eitung“ geschaffen haben. (Sehr richtig! links.) So liegen die Dinge. i
Wenn Herr Abg. Wincklex gegenüber den Bestrebungen der Entente, uns immer weiter herunterzudrücken, meinte, felbst wohl- wokllende Leute aus dem Auslande hätten uns geraten: widersteht doch wenigstens einmal — meine Herren, wir haben einmal wider- standen. (Sehr gut! links.) Es gab. eine deutsche Reichsregierung, die einmal widerstand, die ein stolzes Wort in London “aussprach. Diejenigen, die es aussprahen — t1ch"“will hier nichts gegen sie sagen —, sie glaubten, in der Situation. ihre Pflicht gegenüber dem Lande zu tun, sie wurden mit Jubel in Berlin begrüßt. Für dieses* cinmal ausgesprohene Wort fühlen heute noch die rheinishen Städte die militärishen Sanktionen (Unruúhe rechts), fühlen heute noch -die rheinischen Wirtschastskreise, die monatelang unter den ‘wirtshaftlichen Sanktionen s{chwer gelitten haben, die Folgen dieses einmaligen „Nein“. Schließlih wurde dieses „Nein“ später, um die: Sanktionen niht noch \{limmer zu gestalten, dur ein „Fa“ erseßt. Sie sehen: aus dem, was ich Fhnen nur kurz kizziert habe, ergibt sih die Situation, in der wix uns befinden.
Daraus rechtfertigt sich auch meine“ Aeußerung, die ih in dem Artikel getan habe, den Herr Abg. Winkler anzug, daß wir nicht Gewalt gegen Gewalt seßen können. Wenn „wir das täten, wären wir von vornherein verloren. Wer nit gewohnt ist, nach dem Gefühl zu handeln, sondern wer nüchtern die Tatsachen ansicht, wie sie vor uns liegen, der muß mir doch zustimmen, wenn - ih sage, wir würden geradezu eine komishe Figur heute in der Welt machen, wenn wir versuchen wollten, Gewalt gegen Gewalt zu sehen. (Sehr richtig! links.)
Meine Herren, wir sind — ich lasse dahingestellt, wie es dazu gekommèn ist —, ich fasse lediglich als nüchtern denkender Politiker die Tatsachen ins Auge., Die Tatsache ist, wir sind wehrlos und können eben nur noch mit der Kraft unserer Jdee gegen die Bedrücker von auswärts kämpfen. Wer das ‘nicht erkennt, der sieht eben die Tatsachen nicht, wie sie sind. Das kann wohl der eine oder andere Politiker aus parteipolitishen Gründen tun, -aber- fein verantwortlicher Politiker; er stehe, an welcher Stelle er auch stehe. (Sehr richtig! links.) / Jh meine, wer so ruhig untd nüchtern die Tatsachen sieht, und danach seine Politik einstellt, der handelt nach meiner Auffassung — vielleiht nit nach Jhrex Auffassung —- national, der. handelt- aber zweifellos:
nach :der Auffässung aller poklitisch Unvoreingenommenen durchaus -
im nationalen Futeresse unserès am Boden liegenden Vaterlandes. (Sehr richtig! links.) Der Nationalismus. in Jhren Kreisen und
in den extremen Rechtskreisen gibt uns keinen Ausweg aus dieser -
furchtbaren Situation, in der wir uns befinden. Derjenige, der die Tatsachen ruhig sieht, wie sie sind, und versucht, in dieser Situation wenigstens noch das Beste für unser Volk und Land herau8zuholen, der handelt im wahren Sinne national. Deswegen habe ich auch in dem Artikel geschrieben: "nicht der deutsche Nationalismus kann den fremden Nationalismus bekämpfen, sondern wir müssen eben das gesunde nationale Emvfinden am die Stelle dieses überhißten Nationalismus seßen. Wenn Herr
„Abg. Winckler meinte, die Jdee, von der ih spra, hätte schon
vor dem Kriege versagt, meine Herren, so möchte ih hier das eine aussprechen: ich wünschte, die Jdee, die ih vertreten und
“au in dem Artikel vertreten habe und auch heute vertrete, hätte
vor 1914 nicht nur bei uns, sondern in der ganzen Welt mehr Geltung gehabt, das furchtbare Unglück, das über Deutschland, über die ganze Welt gekommen is, wäre uns erspart geblieben. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten. — Zuruf rechts: Er- zählen Sie das den Franzosen!) Fch erzähle es allen, die es hören wollen. (Lachen rechts.) Jch begreife es, daß Sie es nicht hören tollen. Darin sind Sie ebenso - úunbelehrbar wie die Nationalisten, die auf der anderen Seite in diesen Tönen reden. Ih halte die Hoffnung aufrecht, daß die JFdee der Menschlichkeit, die Jdee der Versöhnung der Völker und der Hochhaltung der nationalen Eigenheit ‘jedes Volkes leßten Endes doch noch siegen wird und daß insbesondere die Völker aus dem furhtbaren Blut- bad, dur das sie gegangen sind, aus dem furhtbaren Unglü, das über - die Welt gekommen ist, das eine lernen werden: Nie wieder darf es dahin kommen! (Lebhafter Beifall -bei den Soz.)
Inzwischen ist von den Unabhängigen und Kom- munisten folgender Antrag eingegangen:
„Die Zusammenseßung der Staatzregierung widerspricht den Interessen des werktätigen Volkes und stellt den Versuch dax, die Arbeiterklasse darüber zu täuschen, wo ihre - wixkliden Gegner sißen, die ihren Widerstand“ gegen die wirtschostlihe Verclendung und gegen die erstarkende politische Reaktion brehen und die Ab- wälzung der Steuerlasten von den Kriégzschuldigen auf die not- leidenden Klassen erreichen wollen. Der Landtag versagt daher dem Staatsministerium das Vertrauen.“
Das Haus beschließt, daß bei der zweiten Redner- garnitur nur je eine halbe Stunde geredet werden soll.
Abg. Schul z - Neukölln (Komm.) kritisiert die Haltung der Sozialdemokratie. Während Herr Krüger von der Sozialdemo- kratie gesagt hat, das Ministerium Stegerwald sei Tnsrudibar, hat Her? Braun wertvolle Leistungen dieses Ministeriums entdeckt. Der jeßige Handelsminister Herr Siering hat beim Antkritt der Regierung Stegerwald gesagt: „Der leisests Versuch mußte den Nachweis bringen, daß die Sozialdemokraten und die Deutsche Volkspartei niht vor einen Wagen zu spannen sind.“ Heute sehen wir, daß Herr Siering die Deutsche Vollspaxtei liebt. Es gibt ja auch fäufliche Liebe, das würde allerdings durchaus der Haltung der Rechtssozialisten entsprechen. (Redner erhält wegen dieser es einen - Ordnung?ruf.) Die Rechts\sozialdemo- kratie hat jo etwas wie politishes Dirnentum gezeigt. Erst auf Dringen- der Arbeiter mußte das Wort „Klassenkampf“ in das Görlißer Programm aufgenommen werden. Klassenkampf ist den Rechtssogialisten etwas wverhaßtes. Sie denken gar nicht den Kampf nah rets zu “führen. Herr Hergt hat auf dem Parteitag in München erklärt, daß bei der großen rechten
Politik der Deutschnationalen ] heren Kon) Mvativen, hat allerdings mit -dazu beigetragen, daß das Abstim
Koalition. selbstverständlich die - Deutsche Volkspartet dabei muß. So wie- die. Rechtssozialisten sich entwickeln und die Liebe bis zur Deutschen Volkspartei ausgedehnt haben, wird ez nid lange dauern, daß: sie inbrütistig die Herren von der Deuts nationalen Volkspartei umshlingen. Dann ist der Grundsag dez Herrn Braun Vérsthnung der Klassen“ verwirklicht. Die 3, ierung hat ‘in ihrer Erklärung weni oatite fe gesagt Statt der Sozialisierung, die die Rechtssozialisten früher gs: Glanzpunkt herausgestellt haben, wird nach dem Verlongen ‘de deutschen u eine reine Kapitalisisrung des Reiches durchgeführt werden. Herx Siering hat bei | sprechung der Erklärung des Ministeriums Stegerwald beklagt daß das Wort- „Sozialisierung“ keine Aufnahme gefunden bat un der. Erklärung- des Ministeriums Braun ist von dem Worte
zialisierung nitt das allermindeste zu merken. Die Soziq], demokraten meinen \wohl, daß das Wort N rung und nog vielmehr die Tat der Sozialisierung nunmehr endgültig abgetq, werden kann. * Herr Braun sollte weniger nationalistische Ton anschlagen und. sih erinnern, daß in Oberschlesien das deutidy und das polnishe Proletariat in der \händlichsten Weise au. gebeutet worden ist. (Sehr richtig! links.) Troß ‘alledem nit als nationalistische Albernheiten aus dem Munde. der Reds. sozialisten. Von Amnestie für die revolutionären Arbeiter habey wir von Herrn Braun leider nichts gehört. Es fann gar keine Rede davon sein, daß die preußische D das Recht hat, di Mörder ‘des Ministerpräsidenten Dato sestzu alten, genau so, 1j Dominicus in dér s{chändlichsten Weise das ‘Asylrecht niedertrit (Vizepräsident Dr. v. Kries erteilt dem Abg. Schulz einen zweite, Ordnungsruf.) Als der Abg. As davon spricht, daß der Vize: präsident seinen Ausführungen anscheinend nit folge und q einen Diener bitten werde, ihm ein Glas Wasser zu _holen, er tönen von den bürgerlihen Parteien stürmische Schlußruj Während der Vizepräsident bemüht ist,“ sich Gehör zu versthassey, gehen die leßten Worte des Redners unter stürmischen Schlu: Lufeit der Mehrheit verloren.
Abg. Herold (Zentr.): Es war niht unsere Absiht noth ein mal in die Debatte einzugreifen, nur die unerhörten Angriff welche der Abg. Winckler, der Vorsißende der Deutschnationale Fraktion, gegen den Reichskanzler Dr. Wirth gerehtet hat, gebe mix Veranlassung, als Reichstagsabgeordneter einige Worte dara zu erwidern. Dex Abg. Wincklerx erhebt den Vorwurf, daß dur dit Politik des Reichskanzlers Oberschlesien verloren gegangen s (Lebhafte Pfui-Rufe im Zentrum.) Fc glaube, es ist ein Vi brechen am Volke und am ganzen Lande, venn hier ein Abgeord netex dem ersten Beamten- des Reichs den Vorwurf macht, daß e die Veranlassung gewesen sei, daß Oberschlesien verloren ging. Di olkspartei, der früheren Konser
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gesamten r V
mungsverhältnis in Oberschlesien nicht noch befriedigender ausfid] ohne diese Politik wäre vielleicht in Oberschlesien das Votum ein timmig zugunsten Deutschlands ausgefallen. Wir haben dic Balitif immer bekämpft, “die es zur Folge gehabt hat, daß fi 39 vH. der Bevölkerung. für Polen ausgesprochen haben und nu kommen Sie daher und wollen den Reichskanzler dafür verantivor lich machen. Aber nicht nux die frühere Politik von der ret Seite, auch ihre jezige Stellungnahme hat die Anschauungen de Enteute in bezug auf Oberschlesien sehr stark beeinflußt. (Sehr gu im Zentrum und links.) Gerade der Reichskanzler Dr. Wirth ho vom ersten Augenblick seiner Tätigkeit an seine ganze Politik mi Rüeksicht“ auf Oberschlejien eingestellt; seine Erfüllungspolitik, fü die er sih mit aller Kraft einseßte, hatte nur den Bweck, Ober \hlesien uns zu erhalten. Wenn das nicht in vollem Umfange q lungen ist, so liegt das gewiß nicht an dem Reichskanzler; aber do ist gewiß, wenn: die Politik der Deutshnationalen Volkspartei be folgt worden wäre, dann wäre vielleicht ganz Oberschlesien Pol zugesprochen worden. (Große Unruhe rechts, lebhaîte Zustimmun im übrigen. Hause.) Man soll doch wirklih nicht von Patriotismu und dergleichen: sprechen, wenn man den ersten Vertreter de deutschen. Volks fitx! diesen Ausgang „dis: Schuld beimißt und nid
„der Eutente. uud ihr allein die erantwortung dafür zushreib
Dex Abg. Winckler hat weiter sein dauern därüber ausgesprochen, daß der Reichskanzler Dr. Virll den Kampf gegen Mtioun geführt hat. Fst es nicht gerade dai Verdienst des jebîigen Reichskanzlers, daß er einen vollständige Ausgleih auf diejem Gebiete geschaffen hat? (Gelächter rets, Es scheint wixklich, als wenn die Deutshnationale Volkspartei fü ihre Agitation gegen die Reilsregierung neuerdings um Matetia verlegen ist und nun zu solchen Hilfsmitteln greift. Sie kônni solche Angriffe gegen den Reichskanzler doch ihren Pariet im Reichstage überlassen. Solche Behauptungen hat ein Mitglie dieser Partei im Reichstage noch nicht aus usprechen gewagt, e E dort doch etwas besser oxientiert sind. Van bekommt gerade den Eindruck, als wenn die Herren besorgen, daß ihre Anhänge! chaft im Lande kleiner werden könnte, so daß sie“ desiregen mi Actien offerieren men, die mit den Tatsachen direkt in Widerspruch e Aber jelbst «Jhre Anhänger im Lag werden soviel Einsicht haben, daß sie den hier ausgesproen! Worten keinen Glauben schenken werden und Fhre a dieser Beziehung keinen Erjolg haben wird. (Lebhaster Beifall it Zentrum.) j ; / va O Abg. Möb u ch (U. Soz.): Das neue ‘Kabinett E J des Preußis. “en Staates seine Begründung verdonken. Dos A man auch für das Reih geltend machen, und o. wird E die Arbeiterklasse auf einen ähnlihen Vorgang im, Bee 5 nächst gejaßt machen müssen. Seit. threm ersten SUngenss i 4. August 1914 sind die Rechtssozialisten immer weiter ne V gerückt und die Erlösung ‘ vom kapitalistishen Elend sie;t ? Arbeiterschaft“ in immer nebelhastere Ferne verschwinden, ¿M Weimar hat die Deutshe Volkspartei die Reichsver|a|11 abaelent, sie bekennt stch zum, Monarchizmus, u alledem fallen die Recht5ssozialisten auf die plumye df ; falle l'inein! Sie scheinen sih allen Ernstes cinzubilden, da
wenn es*so. gekommen -ist.
_den Kapitalriesen Stinnes, der auch Minister aufkautt, me
können. Für diese modernsten Mehrheitssozialisten muß au) neuer ider Maßstab gefunden werden; es sind a n Handlanger von Stinnes. Das Proletariat verlangt na Vin keit und Einigung, und gerade in dieser Zeit unendlihen heit chastsammers, in dieser Zeit rapider Entwertung der Ld kraft kommt man dem arbeitenden Volk mit einer O pril Kompromißvolitik! Not tut uns ein allgemeines 0 programm der Arbeiterschaft gegen die Junker und q?!
Stinnes; die Rechtssozialisten- aber gehen tatsichlich mit Stn
gegen die Arbeitershaft. Auf die „Taten“ dieser Regier Lins man gespannt alt Herr Braun empfichlt heute 4 Politik der Stetigkeit; es ist ja lange her, daß er auf d Fliigel seiner Partei \tand. Nicht eine Politik der liel brauen wir, sondern eine neue Revolution. — Und at wird ja schon der- Hunger das Proletariat auf die Straße zw
é . A " dei Aba. Heilmann (Soz.): Die Deutshnationalen begrün 4 ihr Mita damit, - daß ein Sozialdemokrat d b Spigze -des neuen Kabinetts s Und perwecseln Cu l wieder einmal das. nationale Jnteresse mit dem Partei! A Das Schicksal Oberschlesiens ist keine?wegs eine nation i Frage. Jedes Volk hat einen berechtigten Selbsterhaltun0? il der jedem andern Volke seine Rechte läßt, der aber Z Mia Oberschlesien als Konsequenz verlangt, daß auch die Die nt Rechte dort niht mit Füßen. getreten werden dürfen. uf iht aroße Koalition hatte niht alle meine Parteigenossen an Sette. Viele hätten der alten Koalition dèn Vorzug, gene tab jederzeit evtl. Hilfe von links oder von rechts lâtie cid fönnen. Was der Abg. Obuch über eine neue Meotu t hat, sieht. mit ‘dem Programm, der ‘U. Soz. im - Rei dei : Widerspru. Wo war denn die einmütige Aktion der Sreitel! klasse in den 6 Monaten der Aera Stegerwald? Die «Sonnt hat am 9, November sehr elegisch darüber geleitartikelt,
(Fortsehung in der Zweiten Beilage.)
um Deutschen Reichs
Ir. 267.
(Fortseßung aus der Ersten Beilage.) q
wir és darauf ankommen lassen, daß sich ein neues bürger- lihes Kabinett Stegerwald-Dominicus " bildete? Noch ute hat Herr Winckler dem verflossenen Kabinett Stegerwald blutige Tränen nahgeweint. Jm neuen Ministerium hat unsexe Fraktion wenigstens einigen Einfluß. Der Streit darüber wird i der Arbeiterbewegung einen {weren Schaden nicht anrichten, wenn die Tonart Leid die Oberhand behält; s{hlimmer stände es, wenn die Tonart Obuch obsiegte. Nach der Zurücknahme oder llnannehmbarmahung des Angebots des Reichsverbandes der Jndustcie werden wir die Forderung der Erfassung der Sachwerte mit aller Kraft zu ecrkämpsen un3 bemühen. Hermann Müller- Franken ist erst durch den Moskauer Krassin mit Stinnes und seinem Generaldirektor bekannt geworden (große Heiterkeit), aber niemals wird meine Partei so intim mit Herrn Stinnes ver- kehren, wie die russishe föderative Sowjetrepublik. (Große Heiterkeit.) Während bei den Kommunisten alle Augenblicke eine neue Partei entsteht, haben wir den gesunden Grundsaß, daß die Minderheit sich der Mehrheit fat Hättet Jhr (zu den Kom- munisten) immer diesen Grundsaß aufreht erhalten, so wäre es niht zu der Zecsplitterung der O! ekommen. - (Großer Lärm links.) Wir werden die Regierungskoalition ehrlich unter- stüßen. Nicht Liebe zur Deutshen Volkspartei, niht Freude an der Macht des Herrn Stinnes hat uns. zu dieser Koalition ge- trieben, sondern ledigli der Wunsch, die Arbeiterklasse nicht ganz aus der Macht der preußishen Regierung ver- drängt zu schen. Wir wünshen, daß die Re- giccung staxk sei, insbesondere wünshen wir dies vom Kultusminister. (Abg. Schulz-Neukölln: So eine Gemeinheit! Heiterkeit.) Wir haben uns die Koalition nicht nach unserem Geshmack aussuhen können, aber das alte Shakespearewort hat recht: Die Not schafft sonderbare D Mi (Stürmische Heiterkeit.) Damit will ih nicht sagen, daß die Minister Schlas- gesellen sind, sondern, daß es die Not ist, welche dieses Kabinett gebildet hat. Auch die Reichsregierung, die von den Unabhängigen unterstüßt wird, wird nicht die Îtôte des Volkes mit einem Schlage beseitigen können. Nach dem Prinzip des kleineren Uebels gefällt uns dieses Kabinett besser als das Kabinett Stegerwald- Dominicus. Die Einheitsfront wird von allen Seiten gefordert, dieser Gedanke scheint aber keineswegs einheitlih zu sein. Die Kommunisten wollen die internationale Einheitsfront gegen die Verräter der Arbeiterinteressen, Abg. Winckler fordert die [nationale Einheitsfront, dur die sosort Millionen von Volksgenossen davon ausgeschlossen werden. Die Einheitsfront der Mittelparteien, wie sie Abg. Oeser proklamiert hat, scheint mir die größere Möglichkeit zu sein. Aber nicht unter allen Umständen wollen die Unab- hängigen etwas von der Einheitsfront mit den Kommunisten wissen. Bei der Feier des 9. November haben sie eine Gemein- schaft mit ihnen abgelehnt, weil sie mit diesen Leuten s{chleckchte Erfahrungen gemacht haben, hinsichtlich ihrer Bündnisfähigkeit. Jn lichten Augenblicken geben sie zu, daß die Kommurisien die besten Brüder auch nicht sind. Die Politik der Einheit in der Mitte ist mögli, wenn sie auf dem Boden der Demokratie steht. Die Theorie, daß man mit Paxlamentsmehrheiten allein nit regieren kann, kommt lediglich der kommunistishen Stagnation zugute, den Räteshwärmern, den Anhängern der Diktatur. Helfferich hat gesagt: Dos deutsche Volk muß lernen, în Ehret unterzugehen. | Wir wollen nicht, daß das deutsche Voll untergehe, sondern verkörpern den Willen des demokratischen lebénsfähigen Deutschlands. (Beifall bei den Sozialdemokraten.) R
Abg. Baecke r - Berlin (D.Nat.): Zin das Verhältnis der . Zentrumspartei zum Reichskanzler Dr. Wirth möchten wir uns niht einmishen. Wir weisen aber darauf hin, daß auch im Reichstag ein Zentrumsabgeordneter gegen Dr. Wirt gestimmt hat, so ganz einhellig scheint also die Meinung nicht zu: sein. Nun hat Abg. Herold dem Abg. Winckler gegenüber behauptet, er habe die Shuld an dem Verlust Obershlesiens niht der Entente, sondern ‘dem Reichskanzler zugeshoben. Das ist eine völlig un- zulässige Unterstellung, die bei den parlamentari chen Erfahrungen des Abg. Herold ganz unverständlich ist. Das Wort Wincklers hat nur der Betätigung der deutschen Politik gegolten, die in keiner Weise den {maählihen Rechtsbruch der Entente in Oberschlesien gerecht gewoxdek ist. Diese beiden Dinge mußte Abg. Herold aus3- einanderhasten können. (Sehr richtig! rechts.) Auch Minister- präsident Braun hat den Reichskanzler Wirth gegen yhsere Bor- würfe in Shuß genommen. Nach unserer Ueberzeugung hat aller» dings Dr. Wirth nicht cine Politik getrieben, die uns bershlesien erhalten konnte. Abg. Heilmann will den nationglen deu Gen Gedanken hohhalten: Darin sind wir uns alle einig? den deutschen Gedanken wollen wir alle pflegen, aber für die politische Dur» seßung nationaler Notwendigkeiten genügt dies nit, ondern wir müssen auch den Willen eines Volkes zu Abwehr stählen und das vermissen wir bei der Politik der Sozialdemokrat ._ Denken Sie an die ungarishe Nation, die eine Erleichterung der s{hweren Friedensbedingungen erlangt hätte. Die Waffe. dés Rechts ist in den leßten Fahren immer in verlogener Undrehung gegen uns gewandt worden. Seit Versailles eine Niederlage e der andern. (Sehr richtig! rechts.) Gegenüber der Darstellung des Herrn Ministerpräsidenten über den Zusammenbruch möchte ih das etne betonen: Vergessen Sie nicht die Revolution. Der, Reichskanzler Wirth hat gewiß den Willen gehabt, Oberschlesien zu retten, aber was er dachte, war Zllusion. Wir wünschen, daß, wirklih in solhen Dingen wie Oberschle ien einmal Laten zu; sehen sind. Heute haben wir ein starkes Nationalgefühl sehr viel“ nötiger als je. Eine Versöhnung der Völker kann nur kommen, wenn man in Deutschland wiedex eine aktive Politik macht und wenn wir uns felbst nit zu passiven Kadawer machen. Jun der Erklärung der Regierung bezüglich der Beamten besteht ein Widersprycch. Bigs- marck dat gesagt: Jeder. Beamte hat das volle Recht, sich gegen die Politik seiner Regierung zu erklären. (Lachen links.) Wir werden darauf ahten wie, Sie die Bestimmungen in die Tat um- Len und wenn Sie versuchen wollten, Beamte in ihrey ver- assungsmäßigen Rechten zu shmälern, werden wir zum uhe der Beamten zur Stelle sein. (Höhnische Rufe und Lachen links.) Im nere werden die preußishen Gerichte der Regierung zeigen, tvo die Grenzen der Verfassung sind. Die Gewalt- und Ausnahîne- geseße müssen aufgehoben wérden. Meine Freunde bedauern auf- richtig, daß die Art, wie diese Koalition zustande gekommen ist und die Act, wie die Regierung E ein au8gesprohenes ‘Ministerium, Braun aus\sieht, es uns nit leiht machen wird, mit der Deutschen, Volkspartei künftig die guten" Beziehungen zu pflegen wie bisher. ;
Dem neuen Landwirtschaftsminister müssen wic unser Mißtrauen |, hen. W nine l Rede, die der Prinz. Max von Baden spät x auf Veranlassung der
auêsprehen. Wir können auch nicht in dem Minister Stertn einen S sehen. Wir glauben nicht, daß die Industrie U das Handwerk Vertrauen zu Herrn Siering haben werden. Neben den parteipolitischen Qualitäten ‘sind fachliche, sachliche Eigen- haften als Nebensache berücksihtigt worden. Die vielen Krisen, die der Preußische Staat hatte, hat er nur überwunden, wenn ih in ihm die Kräfte zusammenfanden, die auf derselben Grundlage der nationalen Ueberzeugung standen. Ohne eine Zusammen- fassung dex nationalén Kräfte werden wir aus dem Elend [nit herauskommen. (Stürmischer Beifall rets, höhnische Rufe links.)
Ministerprässdent Braun: Meine Damen und Herren!
Einige Ausführungen des Herrn Vorredners zwingen mich gzu
wenigen Worten dexr Enigegnung, Soweit er Angelegenheiten der.
Zweite Veilage
Berlin, Montag, den 14. November
einzelnen Ressortminister berührt Hat, werden diese Herren bei der Beratung ihres Etats oder vielleiht shon früher Gelegenheit nehmen, ihre Auffassung dem hohen Hause mitzuteilen. Fh will nur auf wenige Ausführungen eingehen, die sich auf meinc gestrigen und heutigen Darlegungen bezogen.
Der Herr Abgeordnete Baecker meinte, ih hätie.in meinen heutigen Ausführungen, die ja nur zur Abwehr des von Herrn Abgeordneien Herold zutreffend auakterisierten Angriffs des Herrn Abgeordneten Winckler auf den Reichskanzler dienten, ver- gessen, daß die Revolution den Zusammenbruch im November 1918 ausgelöst oder wesentlich dazu beigetragen hätte. (Sehr richtig! bei der Deutschnationalen Volkspartei.) — Herr Abgeordneter Baecker, das paßt zwar in das Lexikon der deutshnationalen Agi- tation hinein, aber es steht mit der historishen Wahrheit nicht im Einklang. (Widerspruch bei der Deutschnationalen Volkspartei.) — Warten Sie ab! — Die Revolution brach am 9. November aus, als eben alles zusammenbrach. (Zuruf bei der Deutschnatio- nalen Volkspartei: Jn Kiel am 5. November!) — Fn Kiel cinige |
Tage früher! — Aber am 28. September 1918 richtete der Ober- | befehlshaber Generalfeldmarschall von Hindenburg an die Reichs- regierung jenes bekannte Telegramm, in dem dargelegt wird, daß die Kraft der Front zu Ende sei, daß binnen 48 Stunden Woffen- stillsiand geschlossen werden müsse. (Hört, hört! links.) Da war von Revolution noch keine Rede, und in dem Telegramm ist auch | keine Rede von dem Dolstoß von hinten, den Sie später erfunden haben, und dergleichen Dingen mehr. (Zuruf bei der Deutsch- nationalen Volkspartei: Auch keine Rede von Unterwerfung unter feindliche Bedingungen!) — Von dieser Unterwerfung ist sogar die Rede gewesen. Jh will Jhnen das an Hand des Telegramms nahweisen. Fn dem Telegramm wurde verlangt, daß sofort eine neue Regierung gebildet werde, und zwar eine mehr liberale Regierung als vorher; denn man hatte niht das Vertrauen, daß die alte Regierung in der shweren Situation etwas Besseres für unsex Land herausholen würde. Deswegen verlangten gerade die Herren von der Obersten Heeresleitung sofort eine andere Regie- rung. Diesem Wunsche wurde stattgegeben. Der neue Reichs- kanzler Max von Baden sah, in welcher ungünstigen Situation ex sich durch dieses Telegramm befand, durch dieses offene Ein- geständnis der Obersten Heeresleitung, daß die Kraft des deutsGen Heeres zu Ende wäre. (Widerspru bei der Deutschnationalen Volktspartei,) Ex fragte bei dex Obersten Heeresleitung an, ob tatsählich so shnell cin Waffenstillstandsangebot hinausgehen sollte. Darauf telegraphierte Hindenburg am 83, Oktober zurück, die Oberste Heeresleitung bleibe auf ihrer am Sonntag, den 28. Sep- iember * gestellten Forderung der sofortigen Herausgabe des Friedensangebots an unsere Feinde bestehen. Jufolge des Zu- | sammenbruchs der macedonischen Front, ‘der dadurch notwendig | gewordenen Shwächung der Westreserven und infolge der Unmög- lichkeit, die in den Schlachten der leßten Tage eingetretenen schr | erheblichen Verluste zu ersehen, bestehe nah menschlihem Ermessen keine Aussihht mehr, dem Feinde den Frieden aufzuzwingen. (Zu= ruf bei der Deutshnationalen Volkspartei: Aufzuzwingen!) — Das Telegramm ist noch nicht zu Ende. — Der Gegner seinerseits führe ständig neue frishe Reserven in die Shlacht. (Hört, hört! links.) Noch stehe das deutsche Heer festgefügt und wehre sieg- reih alle Angriffe ab. (Hört, Hört! bei der Deutshnationalen Vokkspartei.) — Wo ist der Dolchstich von hinten? Warten Sie ab! — Die Lage verschärfe sih aber täglich und könne die Oberste Heeresleitung zu s{chwerwitgenden Entschlüssen zwingen. (Hört, hört! links.) Unter diesèn Umständen sei es geboten, den Kampf abzubrechen (hört, hört! links), um dem deutshen Volke und scinen Verbündeten nußlose Opfer zu - ersparen. (Hört, hört! links.) Jeder versäunmte Tag koste Tausenden von Soldaten das Leben. (Sehr richtig! bei der Deutshnationalen Volk3partei.) Daraufhin ist zurücktelegraphiert worden, die Dinge lägen so, daß der Friede für uns; vernihtend werde, wenn wir nicht noch wenigstens 14 Tage ¿Zeit gewinnen. Darauf hai die Oberste Heeresleitung telegraphieri: Gleichviel wie es kommt, es muß ab- geschlossen werden! —| (Hört, hört! links, — Widerspruch und Zu- rufe bei der Deutshnätionalen Volkspartei: Den Wortlaut vor- lesen! Weiterlesen!) Jch bitte Sie, Sie haben doch das Material in dex Presse gelesen; iun Sie doch nicht so, als ob es ZJhnen nihi bekannt wäre. Diese Telegramme find doch veröffentlicht worden. (Zurufe bei der Deutschnationalen Volkspartei: Jhre Darstellung ist vollkommen irreführeud!) — Meine Darstellung ift irreführend? Jh habe dén Wortlaut des Telegramms vorgelesen, aus dem hervorgeht, daß ar 28. September 1918 unsere Kroft. zu Ende toar, daß es nihts anderes mehr gab, als Woaffenstill-- stand und Friedens8angebot. (Kurufe bei der “Deutshnationalen Volkspartei.) — Sie sagen: keiñe Revolution zu machen. Nein, meine Herren, die Revolution war die zwangsläufige Folge des totalen Zusammenbruhs. (Sehr Fpahr! bei den Sozialdemokraten. — Lebhafter Widerspruch bei der Deutshnationalen Volkspartei.) — Jhr Redner hat am Vormittag ‘mit Ret hervorgehoben, daß der Parlameniarismus durch - dêrartige fortgesezie Unter- brehungen der Redner niht gerade gehoben würde; aber die Extreme von links und rechis scheinen 'ziemlich konform zu gehen. Jh habe Zhren Redner ruhig angehört \und kann wohl verlangen, daß man auch mich ruhig anhört. /
Es ist ganz irreführend, wenn der Abgeordnete - Baecker die
Obersten Heeresleitung.im Reichstage gehalten hat, um wenigstens einigermaßen deit Anschein aufrechtzuerhaltek, als ob es noch nicht vollständig mit uns zu Ende sei, als Beweis dafür hinzustellen vetsuht hat, daß wir noch. nit fertig waren. Da ist die „Posi“, Jh Parteiorgan, seinerzeit sehr viel ehrlichey, gewesen, die damals sheb, wenn jeßt die Oberste Heeresleitung behaupte, das Telégramm vom -28. September sei ein Jprtum gewesen: Nun, dartn ist kein Jrrtum- so verhängnisvoll_ für das deutsche Vater- and gewesen als dieser Jrrtum. (Zuruf bei der Deutschnatios ntalen Volkspartei: Das wax ein falscher Zungenschlag der „Posi“!)
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anzeiger und Preußischen Staatsanzeiger
__1921
— Sie sagen, das isi ein falscher Zurtgenshlag; jedenfalls ist es Tatsache.
Wenn nun angesichts dieser Tatsacheu der Abgeordnete Baetcker meint, es käme darauf an, nicht nux den deutschen Ge- danken zu haben, sondern man müßte ihn propagieren, man müßte den Willen haben, ihn ourchzuseßen, man müßte den Villen haben, auch Widerstand zu leisten, — den Willen in allen Ehren, Jch gehöre niht zu den Leuten, die den Willen nicht cine ganz erheblihe Bedeutung im Leben des einzelnen, auß im Leben der Völker zuschreiben, Aber wenn ich einen Willen habe und ihn durchsezen will, dann frage ih erst, ob ih die Mittel habe, ihn durhzusezen. Wenn mix die Mittel fehlen, dann ist es ein ganz unsinniges Unternehmen, einen Willen durhseßen zu wollen, zu dessen Durbsezung mir jederlei Mittel fehlt, Des= wegen würde es irreführerd sein und unserm Volke nichts nüßex, ivenn wir ihm den Willen suggerierten, Widerstand zu leisten, und ihm nicht die Mittel geben könnten, diesen Widerstand mit
| Erfolg durhzusezen. Das Beispiel der Türkei und Ungarns kaun
für uns niht in Frage kommen. Diese Länder haben cine ganz andere geographische, wirtschaftliche und sonstige Lage. Wix konnen uns niht wie der Türke hinlegen, mit türkishem Tflegma die Beine über Kreuz schlagen, die Pscife rauhen und abwarten, was kommt. «Wir sind auch nit wie Ungarn ein vornehmlih agrarisches Land, das die Lebensmittel, die es braucht, i seinem eigenen Lande erzeugen kann, was die Hauptsache für die Auf- reterhaltung des Volkes ist, und deshalb vom Auslande unab- hängig ist. Deswegen sage ih, cin solcher Vergleich hinkt; es fommt die soziale, die wirtschaftliche, die geographishe Lage in? Frage. Der Wille zum Widerstand in allen Ehren, er wohnt viel- leicht bei uns allen, bei jedem, i glaube, jedex Partei des Hauses, geht wider den Strich, ruhig hinzunehnmen, was dort über uns verhängt wird. Aber es geht in solhen Dingen, wie ih am Vormittag schon sagte, niht nach dem Gefühl, sondern hier muß der nüchterne und ruhige Verstand sprechen. (Zurufe links urd rechts.) A[l die Dinge, die der Herr Abg. Baecker in der Presse, in Versammlungen und hiex im Hause vorgetragen hat, bringen uns aus der prekâren Situation, in die unsere Feinde uns vere seßt haben, nit heraus. Wir hoffen, daß die Zeit kommt, wgs unsere Situation mit der Kräftigung unserer Wirtschaft si stärkt, und wo wir s{ließlich zu einer Revision dex Verträge kommen werden, die jeßt auf uns lasien. Durch starke Worte erzielen wir das aber nit, sondern nux durch cine kühl abwägende, die Tat- jachen nicht außer aht lassende, ruhige und vernünftige Politik. Wenn hier von Zllusionspolitik gesprohen worden ist, so glaube
_tch, daß sie mehr auf Jhrer Seite liegt als auf der Seite, wo man
ruhig mit den Tatsachen rechnet. (Lebhafte Zurufe rechis und lints.)
Nun noh einige Worte zu dex Beamtenfrage. Dex Herx Abg. Baedcker meinte, die Erklärung in meiner Rede über die Aufgaben und die Pflichtert der Beamten sei so gefaßt, daß man mit jedent Wort cigenilich einen Beamten an den Galgen bringen könnte, Meine Damen und Herren, ih glaube, der Herr Abg. Baeter lebi doch noch gar zu sehr in- dex Gedankenwelt der vor- revolutionären Zeit. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Da brachte man cs allerdings selbst bei einer den Beamten noh viel mehr entgegenkommenden Fassung von Anweisungen und Instruktionen gleihwohl in der Praxis fertig, jeden Beamten au
Galgen zu bringen, der si politisch unliebsam machte. Wenn Jet Herr Abg. Baecker mit Emphase ausruft, die Deutschnatio- Yale Volkspartei würde zum Schuße der Beamten zur Stelle sein, 0, konstatiere ih mit Vergnügen diesen Fortschritt. Früher waren Sié, nicht zur Stelle, wenn ein Beamter wegen Betätigung sozial- demokratisher oder freisinniger Gesinnung gar — während des [turkampfs — auch wegen ZentFümsgesinnung infam disziplinizxt und gemaßregelt wurde. (Sehr richtig! bei den Sozialdemßkraten.) Wenn Sie jeyt bei unberehtigten Diszipli- nierungen, die nach meiner Auffassung na, den jeßigen Ver« fassungsverhältnissen unmöglich sind, für den Schuß der Beamtrat eintreten Le jen so ist das ein Fortschriit, den ih nux mit Freuden grüßen kann. (Bravo!)
Âbg. Dr. Leid ig (D % Au meinte Freuhide betrahtew dié Ereigniess vom Novemb 18 als ungemein \chmerzvoll un „als den ZFnteressen des deuts Volkes widersprechend. Heute abex
ilt es, der Not des Tages Fu *bêgegnen und zu dem ernsten Ver= uch zu schreiten, aus der Notlage, in die uns die Vergangenheit der legten Jahre gebracht hat, zu retten, was zu retten ist. Wix sehen heute und sind überzeugt, daß der Staat3wagen im Reiche und in Preußen mit immer rasenderer Eile dem Abarund ent- gegenrollt. Ver Kurs des Dollars ist heute 298; die Entscheidung Uber Oberschlesien drückt auf unsere Ns unsere Politir, unser nationales Empfinden in schwerstex Weise. Der Ausverkauf Deutschlands zeigt uns, daß unsere Wirtschaft sich dem Ende z1us- neigt. Da haben wir von der Deutshen Volkspartei uns gesagt,
«es wure geradezu landesverräterisch, wenn wix nicht versuchten,
mitzuhelsen, um aus dieser Not herauszukommen, auch wenn wir kur ein wenig mithelfen können. Gewiß ist das Zusammenwirken von vier Parteien, die in ihren Programmen in unendlich vielen Ptinkten auseinandergehen, kein Zusammenarbeiten in cinheite lien Jdeen; aber ih habe aus den interfraktionellen Verhand« lungen die Ueberzeutgun mitgenommen und deshalb auch meine Ron den Rat zur Beteiligung gegeben, daß bei alien vies arteien der ehrliche Wille vorhanden ist, in sachlihex Arbeit den Versuch zu machen, aus der Not und über die Not des Tages hirte as men. Wer uns dabei helfen will, ist uns willkommen Jede Partei hält dabei an ihren Zielen fest, die Deutsche Volks« E denkt nicht daran, von ihrem Programm auch nur cis itelhen * aufzugeben. (Hört, hört! recht8 F. Auch die Soziala demokratie* gibt siherlih von ihrem eam ntchts auf. Miit- bestimmend" bei der ganzen Aktion ist ußser Glaube gewesen, daß die geradezu übermenshlich drüdende* Not in den nächsten Monaten dazu führen muß, nah dem Voëtbilde reusent auch im Reiche die gleiche Koalition zu bilden. Wir müssen sie haben, sie ist die einzige Möglichkeit, die Schwierigkeiten zu überwinden, die uns die nächsten Mortate bringen werden. Selbstverständlih erwarten Bs a ein?m e in dem un me Aan sind, da alle Fra ahlich gewertet werden. ustirt Unser W haftsleben ist in kritisher Lage. Gewi es lieber’ gesehèn, wenn von aht Ministern fünf e Volkspartei gehörten (Beiterkeit); aber es ist gpbên
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