1921 / 281 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 01 Dec 1921 18:00:01 GMT) scan diff

nit den Provinzen auf diesem oder jenem Gebiete größere Rechte einräumen kann. Das Staatsministerium ist aber grundsäßlih der “Auffassung, daß eine übertriebene Autonomie der Provinzen niemandem nügt, auf der andern Seite aber sehr viel Schaden an- rihten kann. Wenn man auf dem Standpunkt steht, die Ver- waltung vereinfahen und verbilligen zu wollen, dann darf man Feine Einrichtung schaffen, die diesen Zweck nit nur nicht erreicht, sondern - ihm entgegensteht. Eine Zerteilung der Provinzen und nihts anderes würde bei übertriebener Autonomie das Ergebnis “TJein. Ein Auseinanderreißen des preußischen Staatsgefüges würde niht nur neue Regierungen entstehen lassen, sondern wahrscheinlich au eine derartige Diskrepanz in dén verschiedensten Verwaltungen herbeiführen, daß damit durchaus nichts gebessert wäre. | Die Selbstverwaltungder Gemeinden wird selbst- verständlich vom Staatsministerium peinlih behütet werden. Aber ih darf da wohl auf einen wunden Punkt aufmerksam machen. Die heutige Finanznot im Reiche und Staate, das Streben nah einer unitarishen Steuergeseugebung machten es ungemein s{chwer, die Selbstverwaltung der Gemeinden so zu shüßen, wie es der Herr Kollege Dr. Berndt wünscht. Darüber sind die Gemeinden sch auch vollständig im klaren, daß mit der neuen Reichssteuergeseß- gebung ihre eigene Steuerverwwaltung auf dem Papier steht. (Zuruf links.) Ja, gewiß; aber ob die Zeitläufte dazu angetan sind, jeßt eine Aenderung eintreten zu lassen, wo wir im Reich darauf hin- gewiesen sind, zunächst die Mittel aufzubringen, die uns von dem äußeren Druck befreien sollen, Herr Kollege Goll, diese Fage wird man doch wohl verneinen müssen.

Jn bezug auf die Ernennung der höheren Beamten hat Herr Kollege Dr. Berndt im Zusammenhang mit der Erörterung über “den Autonomiegeseßentwurf sih ebenfalls geäußert. F möchte darauf aufmerksam machen, daß diese Frage nicht erst ge- klärt zu werden braucht dur diesen Geseßentwurf oder durch die

Provinzialordnung, das ist ja das weiß Herr Kollege Dr. Berndt auch bereits in der Verfassung festgelegt. Schon heute ist das Staatsministerium nicht mehr imstande, nah eigenem Ermessen die höheren Beamten der Provinzen zu bestimmen, hon heute ist durch die Verfassung vorgeshrieben, daß | diese Er- . nennung im Einvernehmen mit dem Provinzialaus\chuß erfolgen muß. Jh stehe aber durchaus auf dem Standpunkt, und der Verfassungsaus\huß der Verfassunggebenden Preußischen Landésversammlung hat diesen Standpunkt anerkannt, daß, wenn dieses Einvernehmen zwischen dem Provinzialausschuß und dem : Staatsministerium sich nicht erzielen läßt, lebten Endes das Staatsministerium die Entscheidung zu treffen hat.

Jch gebe hierbei die bündige Erklärung ab, daß, wenn es wirkliG richtig ist, was Herr Kollege Dr. Berndt vortrug, daß zwischen höheren reaktionären Beamten noh ein Spigel- “dienst eingerichtet ist, um geheime Personalakten anzu- _legen, ih diesem Unfug mit aller Schärfe entgegentreten werde.

(Bravo!) Meine Damen und Herren, ih würde allen Parteien des Landtages sehr dankbar sein, wenn sie mir Material überreichen “wollten, das. einen Fingerzeig für die Verfolgung dieser Anregung „geben könnte.

Der Herr Abgeordnete Krüger und auch der Herr Abgeordnete

“Dx. Berndt haben an mich das Ersuchen gerichtet, verfassung 3- treue Beamte in Shuy zu nehmen gegen Verleum- dungen, die geflissentlih von rehtsgerihteter Seite gegen sie - gemacht würden. Jh glaube, es ist überflüssig, zu sagen, daß ich diesem Ersuchen nahkommen werde. Jh habe die Wahrnehmung gemacht, daß besonders in der Provinz Pommern im Klatsch gegen politishe Beamte, besonders solche, die auf der Seite der Linken stehen, ungemein viel geleistet wird. (Sehr richtig! links.) Die Beschuldigung gegen den Polizeipräsidenten von Stettin, der mit seinem Auto die familiären Sprißfahrten unternehmen soll, scheint mix jo durch die Bemerkungen des Herrn Abgeordneten Dr. Berndt schon zurückgewiesen zu sein. Fch will diese Sache restlos aufklären lassen und bin gern bereit, persönlih daran mitzuwirken. JFch erinnere aber daran, daß dem Landrat Ahrens früher in Belgard nachgesagt wurde, daß er der Freund eines großen Humpens set, daß dem Landrat Bülow in Naugard nachgesagt wurde, er trinbe gern eins über den Durst, und daß man den Regierungspräsidenten von Stralsund im Frühsommer des vergangenen Fahres eines ähn- lichen Verbrechens zieh, Kurzum, in der Provinz Pommern scheint mir cin so kleinlicher Geist zw herrschen, besonders gegen links gerichtete Beamte, daß ih dringend wünschen möchte, daß diese Atmosphäre bald beseitigt. würde. Jch habe hier einen amilihen Bericht, der auch ein bezeihnendes Schlagliht sagen wir: auf die Geistesverfassung (ih bitte, diesen Ausdruck nicht allzu übel zu nehmen) gewisser Kreise in Pommern wirft. Es heißt da: Es sprach noch ein anderer Herr. Fch nenne den Namen einstweilen niht, der Herr ist Mitglied dieses Hauses. : Fr forderte die sofortige Entfernung des Reichspräsidenten Ebert. Solange Herr Ebert noch nit über große Geldmittel verfügte, ginge es noch so leidlih; aber seitdem er seine Wohnung mit Perserteppichen und Oelgemälden {hmüdckt, wäre er nicht mehr der, der er sein soll. Ebert „der Vorläufige“ müsse unter allen Umständen gehen, damit endlih wieder ein Mann an die Regie- rung kommt, ein Mann wie Bismarck, zu dem das deutsche Volk Vertrauen habe. Drei Jahre hindurch fei das deutshe Volk von Eseln regiert worden. Dabei muß das Mitglied dieses Hauses doch wissen, daß der Herr Reichspräsident Ebert in einem Reichsgebäude wohnt, daß diese Perserteppiche und auch die Oelgemälde Eigentum des Reichs- fisfus sind. (Zuruf bei den Sozialdemokraten.) Fawohl, die ous der Vorkriegszeit stammen. Wenn heute der erste Repräsen- tant des Reiches in diesem Hause wohnt, in einem Hause, das mit Einrichtungen der Vorkriegszeit ausgestattet ist, dann läßt das doch den Schluß zu, daß die früheren Beamten und Repräsentanten des Reiches auch in Wohnungen gewohnt haben, die mit Perser- teppihen und Oelgemälden ausgestattet waren. Es ist überhaupt bezeichnend, daß man bei der Beratung des Haushalts des Mini= steriums des Jnnern über Oelgemälde und Perserteppiche reden muß. ZFch kann nur wiederholt den Wunsch äußern, daß diese Art. des sogenannten geistigen Kampfes recht bald aus unserem politischen: Leben vershwindet. (Sehr richtig! links.) - Wenn alle Herren, z. B. alle Landräte der Deutschnationalen Volkspartei, von den Linksparteien unter eine derartig kritishe Lupe genommen würden, dann würde man, glaube ih, feststellen können, daß trinf- jejtie Herren auch unter den Hexren der Deutschnationalen Volks-

partei zu finden sind (sehr richtig! und Zurufe liñks), woraus ih niemand einen Vorwurf mache.

Herr Abgeordneter Dr. Leidig hat der Regierung empfohlen, sich ein dickdes Fell anzueignen. Meine Damen und Herren! Jch kann Jhnen verraten: ih habe dieses die Fell. (Sehr gut! und Heiterkeit links.) J klage nit bei Presseangriffen, die gegen meine Person und gegen meine Amtsführung gerichtet sind; ih berichtige sogar niht. F bin in diesen Tagen aufgefordert worden gestatten Sie mir, daß ich Jhnen diese persönliche Kleinigkeît mitteile —, einer Zeitung einige biographische Notizen zu geben und einen Wahlspruch bekanntzugeben. Jch habe als Wahlspruch zwei Buchstaben angegeben: „V. S.“ Fch weiß nicht, ob die Herren die Bedeutung dieser beiden Buchstaben kennen; in meiner engeren Heimat erseyt oder ergänzt man sie mit den Worten: Laß jausen oder laß schwaßen. Jh bin der Meinung, daß die „Täg- liche Rundschau“. oder die. „Deutsche Tageszeitung“ das Recht haben, meine Amtsführung zu kritisieren, über sie zu Gericht zu sigen, ih gewähre allen Blättern vollständige Schimpffreiheit, ob sie auf der Rechten oder der Linken siyen. Aber bei dem Verbot der „Täglichen Rundschau“ kam es auf persönlihe Empfind- lichkeit gar nit an; da handelte. es sich um etwas ganz anderes. Der leßte Say in dem Artikel, der zum Verbot der „Täglichen Rundschau“ führte, lautet folgendermaßen:

Es gibt nur ein Land, in dem ein solcher Mann bis zum nächsten Morgen weiter wirtschaften darf. Herr Josef Wirth lebt in diesem Lande.

(Hört, hört! bei den Sozialdemokraten.) Es ist nach dem Morde Erzbergers, wie Herr Kollege Berndt heute. morgen ganz rihtig festgestellt hat, darüber geklagt worden, daß erst die Angriffe in einer gewissen Presse, die Angriffe in gewissen Versammlungen die Atmosphäre geschaffen haben. (sehr wahr! bei den Sozialdemo- krtaen), die die beiden unreifen Lute evmunterte, den Bubenstreih auszuführen. (Sehr richtig! links.) Fh glaube, in unserer s{nell- lebigen Zeit, die unsere politishen Nerven so leicht abstumpfen läßt, haben wir alle ein kurzes politisches Gedärm. Der Minister des Junern, der aber für die Aufrechterhaltung der Ordnung und Ruhe in erster Linie verantwortlih ist, darf sich den Luxus des kurzen politishen Gedächtnisses nicht gestatten; ex muß sich daran erinnern, daß die Hebe gegen Erzbéerger, die schließlich mit der Er- mordung endete, auch so anfing. (Sehr wahr! links. Zuruf rechts.) Wenn ih auc in diesem Falle vom Reichsrat desavouiert bin, so erkläre ih troßdem: Handelt es sih in Zukunft Herr Kollege Baecker, wollen Sie davon Notiz nehmen um Zeitungs- artikel, die nah meiner Auffassung die Situation zu vergiften und junge Leute zu Mordtaten zu verführen geeignet sind (Zurufe und Unruhe rets), dann werde ih dieselben Maßnahmen ergreifen. (Lebhafter Beifall bei den Sozialdemokraten.) Sie, meine Herren von der Deutschnationalen Volkspartei, haben sih sehr über eine Weisung erregt, die auf meine Veranlassung an die Landräte er- gangen ist, auf die Kreisblätter einzuwirken, daß die Erklärung des Herrn Ministerpräsidenten möglihst im Wortlaut inden Kreisblättern veröffentlicht werden soll. Man fann über die Form dieses Telegramms streiten; aber ih glaube, jeder objektiv Denkende wivd daraus der Regierung keinen Vor- wurf machen, daß sie versucht hat, diese Erklärung des Herrn Ministerpräsidenten möglichst wörtlich“ in den Kreisblättern zum Abdruck zu bringen. (Sehr rihlig! bei den Sozialdemokraten.) Und weni dem Télegvamm angefügt wurde das ist auf meine besondere Weisung geschehen —, man möge versuchen, daß nicht früher Berichte über die Rede des Herrn Ministerpräsidenten in den Zeitungen erschienen, so sollte das durhaus nicht die Freiheit dèr Kreisblätter beschneiden sie konnten ja später ihre Kommen- tare an die Rede knüpfen —, sondern es sollte verhindert werden, daß die Kreisblätter vielleiht mit dem Hinweis darauf, daß sie über die Rede schon im Auszug bevichtet hätten, den Abdruck der vollständigen Erklärung ablehnen könnten. Das Telegramm hatte gar feinen anderen Zweck. Von einer Beschränkung der Freiheit der Presse kann, glaube ih, in diesem Zusammenhang nicht ge- sprochen werden. j

Bei den Beratungen über den. Etat des Ministeriums des Fnnern hat im vorigen Jahre und auch in diesem Jahre die Frage Selbstshuyÿorganisationen eine große Rolle gespielt. Mein Standpunkt in dieser Frage ist bekannt, und ih glaube, ih: bin nicht verpflichtet, ihn nohmals hier zu präzisieren. F habe wiederholt exklärt, daß ich es für die Aufgabe des Staates ansehe, dem einzelnen und der Allgemeinheit den notwendigen Schuß zu gewähren, daß aber der private Selbstshuß nicht ein Ferment der Beruhigung, sondern das genaue Gegenteil ist. An diesem Standpunkt halte ih unerschütterlih fest. Fch werde für meinen Teil ‘nah besten Kräften dazu beitragen, daß etwa noch bestehende Selbstshußorganisationen, Arbeitsgemeinschaften, oder, wie sie heißen mögen, möglichst bald aufgelöst werden. (Lebhafter Beifall links.) Am 22. November find die leßten Arbeitsgemein- schaften aufgelöst worden. J darf darauf aufmerksam machen, daß ih gleich. nah meinem Amtsantritt den Herrn Reichsinnenminister gebeten habe, mit diesem Verbot sofort vorzugehen. (Hört, hört! rets.) Herr Abgeodneter Baeter, ih bin Jhnen sehr dankbar für die Unterstreihung dieses Bekenntnisses durch Jhr „Hört, hört!“. Es sind in den leßten Tagen Fnterna über. Vorgänge in der fommunistishen Bewegung veröffentliht worden, die den

Eberlein nicht geräde angenehm gewesen sein können. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Jch glaube, wenn einmal Fnterna über die Arbeitsgemeinschaften veröffentlicht würden, dann würden die die Herren von. der „Deutschen Tageszeitung“, die die Selbstshußy- organisationen bis jeßt verteidigt haben, auch nicht sehr angenehm von diesen Veröffentlichungen berührt sein. (Sehr richtig! ‘bei den Sozialdemokraten. Zurufe: Heraus mit diesem Material! Veröffentlichen Sie es nur! Unruhe.) Meine Herren, wir sind gar nit nervös in der Staatsregierung. Sie müssen uns schon den Zeitpunkt für derartige Veröffentlichungen selbst überlassen. Wir haben mit mehreren Behörden und Stellen zusamnien zu arbeiten; so einfa, wie Sie sich die Sache denken, ist sie leider niht. Fch stelle fest, daß den meisten Parteien des Landtags, ih glaube, allen Parteien, mein Standpunkt in der Frage der Selbstshußorgani- sationen bekannt war. Troßdem hat der Herr Abgeordnete Eber- lein den Mut gehabt, diese Stellungnahme in Frage zu ziehen. Er hat in seiner Rede und die „Rote Fahne“ in ihrer Wieder- gabe der Rede so getan, als ob ih die Selbstshußorganisationen cbenso begünstige wie rechtsgerichtete Kreise. Davon kann gar keine Nede sein. Die „Rote Fahne“ schreibt dazu dann noch zu meiner

Begrüßung:

Herren von der kommunistischen Partei oder den Herren um.

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Tao Herr Severing hat schon aus seiner friheren Täfigkeît sovie Schandtaten auf e S G: ehr richtig! bei den Kommunisten) Sk: 4 4 # n “ia jeßt mit dezn größten Mißtrauen begegnen. Wir fündigen schon heute an, daß wir gegen diesen Minister und gegen jede seiner Maßnahmen gegen das Proletáriat mit aller Schärfe, - mit allen Mitteln, mit aller Leidenschaft - kämpseu iverden. h (Sehr richtig! und“ Zurufe bei den Kommunisten.) Jh habe gar nichts. anderes erwartet und wünsche nichts anderes (Bravo! bei den Sozialdernokratén), aber ih muß an Sie doch die bescheidene Bitte richten: identifizieren Sie sich doh nicht mit dem Proletariat:. (Sehr gut!- bei den Sozialdemokraten. Zurufe bei. den Kom= munisten.) E A L are A Herr Abgeordneter Eberlein hat gemeint, ih hätte als” erste meiner Amtshandlungen eine Verfügung treffen müssen, die den Erlaß meines Herrn Amtsvorgängers, den bekannten Kom- munistenerlaß, aufhebt. - Jn dieser ‘Auffassung bin ih mit Herrn Eberlein auch mal einer Meinung. (Bravo! bei dén Koms- munisten.) Das war nicht mtr_meinë Auffassung; das war meine erse Amtshandlung. (Hvrt, hört! bei den Sozialdêmokraten. Zurufe bei den Kommunisten.) Jh weiß nicht, was für un- gültig exklärt worden ist. (Zurufé. bei“ den Kommunisten.) Fch habe im Hauptausshuß des ‘Landtages im Funi d. F. hon: er- klärt, daß ih diesen Erlaß als ein Ausnähmegesey, ein gegen die: Kommunisten verhängtes Ausnahmegesel betrachte, und. ih hätte keine Neigung zu Ausnahmegeseßen oder: dazu, auf. dem Boden von Ausnahmegesezen Verwakltungsmaßnahnien zu ‘treffen. (Zuruf bei den Kommunisten: So was sagt man nicht; so was fut man!) Dieses Wort habe ih in jener- Sißzung nit erfundet,. sondern dieses Wort ist mir entgégengerufen worden, und- ih habe es, um gar keins Mördergrube aus meinem. Herzen zu machen, akzeptiert. (Sehr richtig!) Fch habe gesagt: jawohl, so was sagt man nicht; sv was tut man. Damit habe ih aber niht etwa ausdrücken wollen, wie mir unterstellt worden ist, daß ich hintenrum so handeln würde, sondern ih habe sagen wollen: das alles ist von der Beur- teilung des Einzelfalles abhängig, das kann man nit generali- sieren; da kann man nit in Bausch und Bogen eine Partei aus= nehmen. Diesen Standpunkt habe ih auc in der Abänderung des Erlasses zum Ausdruck gebracht, der Sie doh besonders inter- essieven wird, so daß ih nicht verfehlen will, Fhnen den Wortlaut zur Kenntnis zu bringen: ( ; ; Mein Herr Amtsvorgänger hat dur Runderlaß vom 16. Juni 1921 die Kommunisten für ungeeignet erachtet, ein wichtiges obrigkeitlihes Amt in der Staats- oder Gemeindever- waltung insbesondere das eines Landrats, Amtsvorstehers, Bürgermeisters und Gemeindevorstehers zu bekleiden, und die zuständigen Stellen angewiesen, in allen Fällen, in denen über die Bestätigung der Wahl einer der kommunistishen Richtungen angehörenden oder für diese wirkenden Person für ein solches öffentlihes Amt Entscheidung zu tresfen fst, nah diesem Gesichts- punkt zu verfahren. Jch kann die Voraussezungen, die meinen Herrn Amtsvor- gänger zu diesem Erlaß bestimmt haben, als . weiterbestehend _nicht qnerkennen. Es mehren si die. Fälle, die dartun, daß die “Weisungen einex auswärtigen. Stactsgewalt, die früher rihtungs: gebend für die Haltung der Kommunisten waren, von mehreren. fômmunistishen: Gruppen abgelehnt werden unter gleichzeitigent : Verzicht auf àlle putschistischen Bestrebungen. Zudem scheint mix die grundsäßlihe Ausschließung der Kommunisten aus den Aemtern der Staats- oder Gemeindeverwaltung mit dem Sinn des Artikels 130 Abs. 2 dex Reichsverfassung nicht vereinbar. - Wenn den Beamten in diesem Artikel die Freiheit ihrer politi- schen Gesinnung gewährleistet wird, dann sollte das bloße Bes- fenntnis zur Kommunistishen Partei kein Grund zur grundsäßs lihen Auss{chließzung von Staats- und Gemeindeämtern sein. Untex Aufhebung des Erlasses vom 16. Funi 1921 bestimme ih daher folgendes: i La 208 / Aus politische Gründen ist die Bestätigung der Wahl eines Bewerbers für ein Amt in dex Staats- oder Gemeindeverwaltung zu versagen, wenn der Bewerber die Erreichung des auf gewalts= samen Umsturz der bestehenden Staatsordnung gerichteten Zieles der Partei, zu der ex sih bekennt, dur . positive Handlungen fördert oder zu fördern versucht. | f Sie sind nun niht mehr unter ein Ausnahmerecht gestellt; wenn sie jet gewdlisame Bestrebungen: einer Partei durch. positive Handlungen unterstüßen oder zu unterstüßen versuchen, und das kann die Möglichkeit werdèn auch die Herren von rechts zus geben auch dur die sogenannten Rechtsbolschewisten geschehen, - dannt ‘wérden sie auf einen Rechtsboden gestellt: die Herren von rets und die Herren von links. Ueber ein Ausnahmegesey können Sie sih heute niht mehr beklägen. O A l Jm Hauptausschuß des Landtags ist im Juni d. J. nach den

Jch habe heute die traurige Pflicht, Jhnen zu sagen, daß bei der Schußpolizei 34 Tote und 54 Verwundete gezählt wurden und daß

zu beklagen hat. (Zuruf beiden Kommunistéw: Da sind Sie {uld!) ZJch weiß nit, wer diesen Zwischenruf. gemacht hat, aber. Eberlein

Polizeiaktion {huld sei an diesen blutigen Opfern, ‘und in der „Roten Fahne“ ist diese Melodie off nächgesunigen worden. Es hat bei dieser Art der Beweisführung durch die Herren der Komnus- nistishen Partei auch eix Artikel eine wesentlihe Rolle gespielt, den ih im April in der Zeitschrift „Der getreue Eckart“- veröffent« liht habe. Die „Rote Fahne“ hat ‘mir noch ‘am 22. Januar d. J. in den Mund oder in die Feder. gelegt, daß das Polizeiaufgebot gegen Mitteldeutshland den Zweck. gehabt. habe, einen“ in Vorbe=- reitung befindlichen Kommunistenaufstand vorzeitig zu entfesseln, um ihn mit Waffengewalt niederzuschlagen, und damit die fommunistishe Gefahr bannen zu können. Dieser Saß sollte in einem Artikel des „Getreuen Eckart“ gestanden haben, So wird in der „Roten Fahne“ behauptet und von vielen kommu- nistishen Rednern draußen im Lande. erzählt. Jch habe den Artikel des „Getreuen Eckart“ aufmerksam gelesen und niht einen Satz gefunden, der auch nur entfernt dem ähnlich gewesen wäre. (Hört, hört! bei den Sozialdèmokraten.) Wahr ist, daß in einer Besprechung unmittelbar vor dem Einseßen der Polizeiaktion int Merseburg, als über die Folgen einer Verstärkung der Polizei int jetem Bezirk Mutmaßungen von verschiedenen Seiten aufgestellt

Opfern gefragt, dié der Märzaufstand- gefordert hat. die Zivilbevölkerung 145 Tote und 51 Verwundete und 3-Vermißte

hat in seiner Rede derartige Anspielungen gebraucht, daß die

einen größerem Widerftand der Arbeiter nicht glaubten und der Ansicht seien, daß, wenn die Arbeiterschaft in Mitteldeutschland den Ernst der Staatsregierung erkennen würde, wit allen Mitteln jeßt gegen Räuber und Terroristen einzu- shreiten, die ordnungsliebenden Elemente um so mehr Ruhe halten würden. Das ist das genaue Gegenteil von dem, was die Herren von der Kommunistishen Partei untecstellen, daß wir nämli die Absicht gehabt hätten und ih speziell, dur die Polizei- okftion erst den Widerstand zu enffesseln und dann den entfesselten Widerstand niederzushlagen. Nein, wenn ih von dem nieder- geshlagenen Widerstand überhaupt gesprochen habe, dann nur als einer vom Standpunkt des Staatsganzen begrüßenswerten Neben- erscheinung der Polizeiaktion. Fch habe auf die Angriffe, die ih aus deutshnationalen Kreisen erfahren habe, daß die Polizei zu shwach eingeseßt und zu spät eingeseßt sei, folgendes im „Eckart“ geschrieben:

Man hat diese Verteilung der Polizeikräfte —— Hinterher natür- li, wo sich's vom sihern Port gemächlih raten läßt

‘aus diesem Zwischensaß wollen Sie die Tendenz der Aus- führungen erkennen ;

als unzweckmäßig bezeichnet, da fie gerade die Banden zum

Widerstand herausgefordert habe. u 2 Dann fahre. ich wörtlih fort: ¿ut i P

:Jh exblicke darin keinen Nachteik. ì

Jh habe nicht gesagt, daß das meine Absitht gewesen wäre, sondern daß ich diese Nebenersheinung im Jnteresse des Staat3ganzen begrüßt habe. i :

Wäre der Einsaß von Polizeikräften so massiert worden, wie es

heute (vermutlich aus parteipolitishen Erwägungen) als größte

Weisheit bezeihnet wird, dann wäre das Gewitter nicht zur Ent-

sadung gekommen

(lebhafte Rufe: Hört, hört! bei den Kommunisten),

die Shwüle aber geblieben. Sicher hätte die Polizei einige

Waffen gefunden, Dynamit den rechtmäßigen Besißern wieder zu-

geführt und Rowdys zur Anzeige gebraht. Aber zu einer völligen

Beruhigung hätte dieser Erfolg nicht geführt » (hört, hôrt! bei den Kommunisten) L,- Ÿ

Der Aufstand wäre latent geblieben. i (Lebhaftes Hört, hört! und Zurufe bei den Kommunisten.) Das haben Sie nicht behauptet! (Abg. Dr. Meyer-Ostpreußen: Ja- wohl!) Wenn Sie das behaupten, so bin ich ganz einverstanden. (Andauernde- Zurufe bei den Kommunisten.) Nein, von einem solhen Willen ist niht die Rede! Wenn Sie das nit verstehen können, tuts mir leid. Das i} eine Nebenersheinung der ganzen Aktion gewesen, die ih durchaus begrüßt habe, sie hat aber nicht in dex Absicht der Veranstalter dex Polizeiaktion gelegen. (Weitere Zurufe bei den Kommunisten.)

: Meine Damen und Herren! Es wäre sehr interessant und vielleiht auch erwiümsht, auf weitere Fvagen einzugehen, die mein Ressort berühren, z. B. auf die Frage der Regelung des Paßwes ens. Im Hauptausschuß des Landtages sind darüber recht bewegliche Klagen geführt worden. Jch glaube, daß sie jeßt zum Teil \chon abgestellt sind, denn seit den Tagen der Verhand- lungen im Hauptausschuß sind reihlich fünf Monate verslossen. Es wäre vielleiht auch erwünscht, das Ostjudenproblem, das

Problem der Einwanderung von Osteuropäern an dieser Stelle zu

besprechen. Fch darf aber zu allén diesen Fvagen erklären, daß die Schaffung eines Reihsfremdenrehchtes in naher Aussicht steht, daß mein Ressort auf baldige Verabschiedung dieser Matérie drängen wird, und daß ich dem Landtage bei passender Gelegenheit eine Erklärung darüber abgeben werde, ob ih in der Lage bin, den leßten Erlaß meines Herrn Amtsvorgängers über diese Frage aufrecht zu erhalten oder ob es etwa angezeigt erscheint, daran wieder Aenderungen vorzunehmen. Unter diesen Umständen werden Sie es mir wohl erlassen, auf diese Dinge näher einzugehen. __ Aber eine Frage glaube ih verpflichtet zu sein, hier noch zu be- handeln, zumal ein Antrag der Zentrumsfraktion sih damit be- \chäftigt, ob es, zweckmäßig erscheint, beim Pokizeipräsidium in Berlin eine bejondere Zentralstelle zur Bekämpfung der unsittlichen Literatur einzurihten. Alle Fahleute sind der Meinung, daß es \ich n i cht empfiehlt, diese besondere Stelle beim Berliner Polizeipräsidium zu schaffen. Jch glaube, daß Herr Kollege Dr. von Winterfeld nicht mit Unrecht auf dic unbefvriedigende Lage hingewiesen hat, in der sich das Staats- fonmmissariat für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung befindet, Alle diese Staatskommissariate und alle diese befonderen Stellen, die fich nicht in den gewöhnlichen Behördenapparat ein- gliedern, kommen leiht zu Reibungen mit den ordentlihen Be- Hövden, - erschwevren, komplizieren den ganzen Geschäftsbetrieb und schaffen, glaube ich, im Endergebnis niht mehr als die ordentlichen Behörden selbst. Wenn die Herren Antragstellex oder die Parteien des Landtages shlechthin zu der Auffassung gelangen, daß auf diesem Gebiete mehr zu geschehen hätte, dann würde es sih empfehlen, dem Staatsministerium nahe zu legen, im Polizei- präsidium Berlin selbst: noch einige Stellen zu schaffen, die die be- sondere Aufgabe haben, Entartungserscheinungen auf dem Gebiete der Literatur zu bekämpfen. Jch stelle anheim, in dieser Weise vorzugehen. Jh glaube, daß die Herren sich den Erwägungen nicht vershließen werden, die von Fächleuten angestellt worden find, die schon heute in der Bekämpfung dieser Erscheinungen stehen.

Jh halte mih aber für verpflichtet, bei dieser Gelegenheit den Fall Brun ner zu besprechen, die Zuständigkeit Brunners festzustellen und überhaupt üher die Tätigkeit Brunners einige Mitteilungen zu machen. Herr Professor Brunner steht auf dem Etat des Wohlfahrtsministeriums. Eine Einwirkung vom Fnnen- minister ist nur. in“ ganz beshränktem Umfange möglich. (Zuruf links.) Jch bin nicht in der “Lage, so {nell mit Professor Brunner fertig zu werden.- Denn. wenn ih auch zugebe, daß seine Tätigkeit veihlih einseitig gewesen ist und daß er es nit ver- standen hat, alle Bevölkerungsschichten zur Mitarbeit auf seinem Speziälgebiet heranzuziehen, so muß doh selbst der strengste Kritiker seiner Tätigkeit anerkennen, daß er ein temperamentvoller Und fleißiger Herr ist, dem es ernst gewesen ist mit der Bekämpfung des Shmuyßes und des Shundes in der Literatur. Aber ob Herr Professor Brunner geeignet ist, als Autorität an Gerichtsstelle zu fungieren, weni ‘es sih darum handelt, künstlerishe Werke nah Inhalt oder Tendenz zu beurteilen (Zuruf rechts: Künstlerische?) e: Ih weiß nicht, Herr Kollege, ob Sie alles, was auf dem Ge- biete der Kunst geschaffen wird, unter das Rubrum Schmuß ein- gliedern wollen. (Zuruf reGts: Nein, aber der aNReigen“, das ist. S{mus! Zuruf links: Das ist Jhre Auffassung, weil Sie es

G

mit {muhigen Augen ansehen. Große Unrußhe.)* Fch stelle fest daß ih kein Wort vom „Reigen“ gesagt habe. Professor Brunner ist niht allein im „Reigen“-Prozeß als Sachverständiger ver- nommen worden, sondern in sehr vielen anderen Prozessen, in diesem Jahre in mindestens sechzehn Strafprozessen; und ih weiß nicht, ob die Dinge immer so klar und einfah gelegen haben wie jeyt im „Reigen“-Prozeß. Jh kann selbstverständlih dem Herrn Justizminister und der Staatsantvaltschaft keine Vorschriften darüber machen, wen sie als Gutachter, als Sachverständigen in solchen Prozessen zu vexnehmen haben. Aber tas kann ih ändern daß Herr Professor Brunner als die Autorität der Polizei- verwaltung immer zu diesen Verhandlungen gerufen wird: und das soll geändert werden. (Sehr richtig! links. Hört, hört! rets.) Auch darüber freue ich mi, Herr Kollege Baecke, daß Sie das wieder unterstreichen. Jch möchte Fhnen aber doch Fhr Konzept verderben und glei hinzufügen: ich beabsichtige keineswegs, meinen Einfluß, der zwar gering ist, darauf zu verwenden, die Tätigkeit des Herrn Professor Brunner einzustellen; im Gegenteil ih ivünschte, daß Herr Brunner noch einige Kröfte bekäme, die ihn darin unterstüßten, dem wirklichen Schund und Schmuy nach- zugehen. Jh. glaube, wenn man ihm nahelegte, au alle Vereini- gungen in Berlin, die dieses Programm ebenfalls auf thre Fahne geschrieben haben, heranzuziehen, so würde seine Arbeit noh größere Erfolge zu verzeichnen haben als bisher. Aber darüber sind ih alle Sachverständigen einig, daß er als Gutachter in Kunstfragen zu einseitig ist und daß diese Einseitigkeit im Polizeipräsidum abge- stellt werden wuß. (Zurufe rechts. Unruhe.) Jh habe deshalb gestern mit dem Herrn Polizeipräsidenten und dem Dirigenten in der betreffenden Abteilung, Hercn von Glasenapp, vereinbart, daß das Polizeipräsidium eine kleine Kommission, bestehend auë Künstlern und Schriftstellern, beruft, die immer dann den Herren von der Staatsanwaltschaft und dem Herrn Justizminister empfohlen werden soll, wenn Fälle, die an der Grenze liegen, nit von einer Person, sondern von mehreren Personen entschieden erden müssen. Jh glaube, daß eine solche Gutachterkommission viel weniger den Widerspru der öffentlichen Meining und be- sonders der interessierten Kreise hervorrufen wird als die Persön- lichkeit des Herrn Brunner, die bei aller Anerkennung ihrer Tätig- Teit, ihrer Verdienste doh recht einseitig in diesen Fragen vorge- iti ist. L richtig! links.) un noh ein paar Worte zu den Dingen, die sich in ben l

Tagen und Wochen hier in Berlin abgespielt S «ia die Rie Niederschlag gefunden haben in der Kleinen Anfrage der Herren Dr. Grund und Genossen unter Nr. 1512, zu den Plünde- rungen von Ladengeschäften in Groß Berlin. An das Staatsministerium ist nicht erst in dieser Kleinen Anfrage, sondern auch in der Presse die Anfrage gerichtet worden, ob es einen politischen Hintergrund dieser Plünderungen und dieser Exzesfe gäbe. _Ich habe mich mit den zuständigen Stellen des Berliner Polizeipräsidiums in Verbindung geseßt, und diese Stellen können den Betveis dafür erbringen, daß in der Tat politishe Drahtzieher hinter den Plünderungen gestanden haben. (Hört, hört! Zuruf bei den Kommunisten: Wer?) Es wird gefragt: wer? Fh studiere alle Separationen in der Arbeiterbewegung sehr genau, aber ih kenne mich in der Kommunistischen Partei niht mehr aus. (Große Heiterkeit, Zuruf bei den Kommunisten: Fauler Wih!) Fh kann deswegen au nicht wissen, in welhem Verhältnis die fommunistishe Arbeiterjugend zur Kommunistishen Arbeiter-

partei steht, und ih weiß nicht, ob die kommunistische Arbeiterjugend eine Filiale Jhrer Partei ift oder ob sie sich zur Kommunistishen Arbeiterpartei rechnet. (Zuruf bei

den Kommunisten: Erkundigen Sie sich bei der Abteilung T a! Hexr Weißmann weiß es auch!) Jedenfalls konnte ih auf den Zwischenruf niht antworten. (Zuruf bei den Kommunisten: Ver- leumdungen!) Jh kann Fhnen doch den Beweis dafür er- bringen dieses Plakat ist doch der Beweis dafür, daß es sih niht um Verleumdungen handelt. (Zuruf bei den Kommunisten: Lesen Sie vor!) Jch bin sogar bereit, es auf den Tisch des Hauses niederzulegen. (Zuruf bei den Kommunisten: Wer steht hinter dem Plakat?) Es ist unterzeihnet von der Kommunistischen Arbeiterjugend, von der Kommunistischen Arbeiterpartei, von der Allgemeinen Arbeiterunion und von dem Aktionsausshuß der Er- werbslosen. (Zurufe bei den Kommunisten.) Was wollen Sie? JIch habe Jhnen do erklärt, ih sei niht in der Lage, zu ant- worten, wenn Sie mih fragen „wer?“ (Zurufe bei den Kommunisten.) Hâtte ich Sie bezihtigen wollen, danm dürfen Sie mir zutrauen, daß ih das offen ausgesprochen hätte. (Zurufe bei den Kommunisten: Lesen Sie doch vor!) Jh lege dieses Exemplar auf den Tisch des Hauses. (Zurufe bei den Kommunisten: Das ist die Heye gegen die Kommunisten, die von Abteilung Ta inszeniert wird unter Fhver Leitung!) Jch weiß niht, ob Sie dieses Blatt kennen: „Der Arbeitslose“, Fnformationsblatt. der Aktionsausshüsse. Es ist: gedruckt im Verlage der Kommunistischen Arbeiterpartei Deutschlands, (Zurufe bei den Kommunisten: Das kennen wir sehr gut! Damit sollen die Progrome gegen die Kom- munisten begründet werden.) Wer die Absicht hat, Progrome zu veranstalten, geht aus einigen Auslassungen hervor, die im Leit- artikel dieses Flugblattes enthalten sind. (Zuruf bei den Kom- munisten: Vorlesen!) Da heißt es am Schluß des Artikels: Die Bankerotterklärung des „Berliner Tageblattes“ und des „Berliner Börsen-Couriers“ wird das Proletariat beantworten müssen mit der Ergreifung der Macht zur Sicherung se ines Lebens. Es wird dabei nicht zurückshrecken au vor jenen Formen des Kampfes, die der Bürgerkrieg bildet, (Sehr rihtig! bei den Kommunisten. Hört, hört!) hr fordert unser Leben, wir das Eure! Auge um Auge, Zahn um Zahn, und dann JFhr Herren: Memento mori. (Große Heiterkeit.) Jch bin gerade kein Lateiner. Aber der Sinn dieses Wortes ist hier sehr cindeutig. Man hat mix mal früher erzählt, daß es ungefähr heißt: Gedenke des Todes! Zch glaube nicht, daß das hier bildlih gemeint ist. Aber wenn Sie daran noch einige Zweifel haben, fo bin i, glaube ich, in der Lage, au diese Zweifel zu beheben. Fn einem Aufruf, den dieses Flugblatt, herausgegeben von den Aktionsausschüssen, enthält, heißt es: Fegt hinweg alles, was euch hindert! Sett eu ch hinweg über die Geseßze ; die Revolution schafft ihre eigenen! (Hört, hört! Zuruf bei den Kommunisten: Lesen Sie doc den „Borwärts“!) Was eine Zeitung schreibt, und sei es der „Vor- ivärts“, kann für die Entschließungen des Fnnenministers nit maßgebend sein. Fch habe an dieser Stelle und in meiner Anmts-

führung nie gesagt, daß Sie hinter diesen Plünderungen stehen,

daß S ie die Krawalle angezettelt Haben. Abex es it of

die Kommunistische Arbeiterpartei, die zu Gai He t, die mit dem Bürgerkriege droht, die Mordtaten E lündigt E (Abg. Frau Wolffsiein: Jn die S#æ Ihre Spihel s{hicken, die das machen! Große Heiterkeit Ganz anders als sonst in Menschenköpfen malt sih in Ta Kopf die Welt. Jch weiß nit, wie die Abgeordnete Wolfstein si das denkt, Spitel in die Versammlungen zu s{icken. (Zurufe bei den Kommunisten.) Ach Gott, dieses Märchen glauben Sie ja antes nicht. Hat ein Agent provocateur diese Stellen dieses Artikels geschrieben, diesen Aufruf veröffentlicht? (Zurufe bei den Kommunisten: Erkundigen Sie sich bei Herra Weismann er wind Jhnen Antwort geben!) Meine Herren, reden Sie sih do nit ein, als ob Sie an die Märchen glaubten. Die Oeffentlichkeit werden Sie nit betören, die Oeffentlichkeit hält sih an diese un- widerlegliche Tatsache, daß in geheimen Konventikeln, in den Aus- \chüssen der Arbeitslosen, in Zirkeln der Kommunistischen Arbeiter- partei die Plünderungen vorbereitet sind. Und wenn die Vlündo- rungen geglüdckt wären, die Ausschreitungen cinen größeren Vaifaná angenomnien hätten, aus der Revolte die Revolution ente, iwväre, der sich nach der Meinung der Kommunistishen Arbeiter- partei auch die Kommunisten angeshhlossen hätten, wären Sie wirtlid abseits geblieben? (Zurufe bei den Kommunisten: Glauben Sie, daß Arbeiter Konsumvercinsläden plündern?) Wenn Sie 5 a in die Luft sprengen wollen, daun

es nur ein Schritt bis zu Plü in Schri

A laiaa ch zu Plünderungen, und zwar ein Schritt Ih möchte keinen Zweifel darüber aufkommen lassen, daß die Staatsregierung sih ihrer Pflicht bewußt ist, gegen ale Aus- schreitungeft anzugehen, ganz glei, von welcher Seite sie kommen ob es fich um Ausschreitungen von Arbeitsgemeinschaften over voni fommunistishen Plünderern handelt, ganz glei, ob es sich um fommunistische oder um vechtsbolschewistishe Verschwörungen andelt, Es ijt ja zuzugeben, daß die Not heute sehr groß ist (Zuruf bei den Kommunisten: Nah rechts vorzugehen, haben Sie nicht die Kraft!) Fch habe ZHnen eben mitgeteilt, daß mit auf meine Veranlassung die Arbeitsgemeinschaften aufgelöst sind. Fch glaube, das ist ein Beweis dafür, daß wir uns auch nah rechts die Kraft zutrauen, Ordnung in unserem Sinne zu schaffen.

; Jh sage: die Staatsregierung ist sich der schwierigen Situa- tion, in die zahlœeihe Schichten unserer Bis Ss d Teuerungswelle geraten sind, voll bewußt, und die Regierung hält es für ihre Pilicht, alle Gutdenkenden im Lande aufzucufen Auf- flärung darüber zu verbreiten, daß zerbrochene Fenschersheiben und geplünderte Läden niht in der Lage sind, die Not abzustellen; daß das, ivas hier in Berlin vorgekommen ist, das allerungeeignetste Mittel ist, eine geregelte Lebensmittelverteilung durchzuführen. Wer es dann doch wagen sollte, dieser Gewalttheorie nachzugehen darf darüber keine Klage führen, wenn er ih der Gewalt des Staates gegenübergestellt sieht. Meine Herren, es gibt noch eine größere Gewalt als die Gewalt der Zerstörer, als- die Gewalt des Staates: dos ist die Gewalt der Vernunft. An diese Ge- walt appelliere ih vor dem ganzen Lande, und ih bin überzeugt daß dieser Appell bei allen Guten im Lande niht ungehört ver- hallen wird. (Bravo! Zischen bei den Kommunisten.)

_ „Zn Erwiderung auf Ausführungen der Ab d (D. Vp.), Dr. von Droander (D. Nat.) und Drewiß (WirtsEafiae 5 partei) erflärte der Minister des Innern Severing:

Ich bin verpflichtet, einige Ausführungen des Df ander zu berichtigen. Der Herr Abg. Dr. von L L T L der Stellungnahme feiner politifhen Freunde zur Frage der Monargie unter anderm auch auf den früheren Minifterpräsidenten Stegerwald berufen. Ich habe zwgr nicht das Mandat, den Herrn Minister- prâfidenten Stegerwald gegen unbereßtigte Angriffe in Shuß zu nehmen, ich glaube aber, im Interesse der Nichtigkeit, im Interesse der Wahrheit feststellen zn müssen, daß der Herr Ministerpräsident in jener Auseinanderseßung im Hauptauss{chuß des Landtages von der Frage der Wiederherstellung der Monar@chie als von einer Sonntagsangelegenheit gesproßen hat, die im Augenblick das deutshe-Volk nit zu beschäftigen brauche. JIch weiß nicht, woher der Abg. Dr. von Dryander die Berechtigung nimmt, diese Ausführungen Stegerwalds zu seiner Beweisfüßrung heranzuziehen. Jh glaube, das ist doc ein sehr gewagtes Erperiment. Ich habe aus den Ausführungen Stegerwalds ‘etwas ganz anderes herausgehört. Stegerwald hat si, " wenn ich mi recht diefer Aus- einanderseßung entfinne, gegen den Vorwurf verwahrt, den ich ihm angeblich in einer Versammlung in Münster gemacht haben sol. Er hat sehr lebhafte Beschwerde darüber geführt, daß ih ihn mit jenen seiner Parteifreunde identifiziert habe, die in der Frage Republik oder Monarchie mindestens sehr zweifelhaft vom Standpunkt der Sozial- demokratischen Partei anzusehen sind. Ih hoffe, daß Herr Dr. von Dryander auf Grund dieser Erinnerung Gelegenheit nehmen wird die Heranziehung des Herrn Ministerpräsidenten Stegerwald für - seinen Standpunkt einmal einer Revision zu unterziehen.

Aber das ist nit die Angelegenheit, die mi veranlaf einmal die Tribüne zu besteigen, sondern e Madtas n v Abg. Dr. von Dryander zu der Amtsführung des Ober- präsidenten Hörsing und zu der Frage desSelbstschutes machte. Jch bin über die Einzelfälle, auf die sich Herr Dr. von Dryander beruft, nit unterrihtet. Jn einem Falle hat er darauf hingewiesen, daß ein Schriftstück im Ministerium des Innern liegt- - Ich werde Gelegenheit nehmeu, mich über den Inhalt dieses Schrift- stück8 zut unterrichten, um festzustellen, was an der Behauptung Nichtiges ist, daß in der Provinz Sachsen unter der - Aegide des Oberpräsidenten die Gesinnungs- \chnüffelei betrieben wird, die zu bekämpfen ih heute dem Landtage versprochen habe. Jch glaube aber, daß es nicht richtig ist, daß es mindestens sehr voreilig ift, Aeußerungen, die ‘der Herr Neichswehrminister oder ein Beamter des Neichswehrministeriums oder ein Vertreter des Herrn Reichsinnenministers über den Ober- präsidenten Hörsing gemacht hat, schon als unumftößliß hinzu- stellen. Ich darf vielleiht Herrn Dr. von Dryander auf eine Kontro- verse aufmerksam machen, die ih auch mit ihm hier einmal anläßlih der Besprechung der großen Anfrage seiner politischen Freunde gehabt habe, als es sich darum handelte, festzustellen, ob die Anfchuldigrengen die gegen den Landrat Naute erhoben waren, richtig seien oder nit. Herr Abgeordneter Dr. von Dryander berief sich damals auf Aus- führungen militärischer Dienststellen hierüber, denen er, nehme ih an, eine besondere Autorität darüber beimaß, und mußte erfahren, * daß

eine Berichtigung dur das Neichswehrministerium gegeben wurde.