1900 / 11 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 12 Jan 1900 18:00:01 GMT) scan diff

ist vorgenommen von den sachverftändigen uns beigeordneten Organen. Es finden aber neuerdings Grhebungen ftatt, ob die Durchschnitts- heuer, die inzwischen schon provisori auf 50 4 erhöht worden ist, noch weiter erhöht werden kann. Eine rückwirkende Kraft kann aber dieser Festiezung von 50 M nit beigelegt werden.

Sächsisher Bevollmächtigter zum Bundesrath, Ministerial- Direktor Dr. Fischer: Meine Herrea! Zu meinem Bedauern bin ih dur dienstlihe Geschäfte behindert gewesen, der heutigen Sitzung von Anfang an beizuwohnen. Wie mir nun mitzetheilt worden ift, hat der Herr Abg. Sachse einzelne Fälle aus Sachsen hier vorgeführt, die, wenn fie wabr wären, fa überaus be- trübend sein würden. Mit Genehmigung des Herrn Präsidenten habe ih das Stenogramm der Sachse'shen Rede eingesehen und daraus entnommen, daß er behauptet hat, unsere Berg- inspektoren haben nah verschiedenen Richtungen hin Falsches in thren Berichten behauptet, insbesondere haben sie sh Unrichtigkeiten zu Schulden kommen lassen in der Berichterstattung, betreffs Abschaffung der Sonntagsschichten und der Doppelshichten der Maschinenwäcter. Außerdem hat er eines Falles geda#t, in dem ein Maschinenwärter 30 Stunden hintereinander gearbeitet haben soll entgegen den geseßlichen Vorschriften. In seinem Stenogramm steht, wahrscheinlich infolge eines Mißverständnisses, dies sei gesbehen auf dem „Württem- bergshacht' ; ih nehme an, daß der „Brükenbergschachi“ gemeint ist. Es wäre nun zu wünshen gewesen, daß der Herr Abg Sachse die Güte gehabt hätte, diesen leßten Fall zur Kenntniß der sächsishen Berginspeftion zu bringen. Da er aber voragezog n hat, hier seiner Erwähnung zu thun, werden wir selbstverständlich nicht ermangeln, unsere Regierung von den Ausführungen des Abg. Sachse in Kenntniß zu seßen. Es steht hiernach zu erwarten, daß insbesondere der leßt- erwähnte Fall genau erörtert weden wird, und daß, wenn er sih als wahr bestätigen sollte, meine Regierung fofort das Geeignete verfügen wird, um die Vorkommniß folher Mißstände für die 2 zu ver- M Fh wollte mir nur erlauben, diese kurze Ecklärung hier abzugeben.

Abg. Schrader (fr. Vgg.) kommt auf die gestern behandelte Wohnungsfrage zurück und macht darauf aufmerk|am, daß es sich dabei um eine Frage handele, die den Reichstag und die Oeffentlichkeit \{on 20 Jahre beschäftige und die cigentlih hon spruchreif sei.

Abg. Molkenbuhr erklärt, er bleibe dabei stehen, daß die See-Berufsgenossenschaft zu kostspielig verwaltet werde, und daß die Matrosen einen Rechtsanfpruch, nit nur einen Billigkeitsanspruh auf eine höhere Rente hätten.

Abg. Dr. Oertel- Sachsen (d.kons,) : Das Börsengeseß ist in drei

Punkten noch nit zur vollen Ausführung gekommen. Die Frühbörje muß tem Gesey unterstellt werden. Nachdem die Börse im Feen- palast geschlossen worden ift, muß auch diejenige in der Heiligengeist\straße dainfotvén Schickfsal unterliegen. Ebenso müssen deren handelsrechtlidze Lieferungsgeshäfte dem Börsengeseß unterstellt werden. Wir wollten hier- über mit größerer Ausführlichkeit reden, sehen aber davon bis zur dritten Lesung ab, weil, wie wir hören, Stritte im Gange sind, die solhen Beschwerden abzuhelfen geeignet sind. Zweck des Börsengeseß23 war es jedenfalls, Lieferungsgeshäften ein Ende zu machen. Ist das nah dem vorliegenden Geseg niht möglich, so muß das Gese revidiert werden. Direktor im Miristerium für Handel und Gewerbe Hoeter: Nach- dem der erwähnte Geschäftsverkehr in der Börse der Heiligengeist- ftraße begonnen hat, ist seitens der Reichsregierung das Erforderlihe gesehen, um den dort sh entwickelnden Verkebr zu beobachten. Die in dieser Beziehung gegebenen Weisungen find nahdem das Ober - Verwaltungsgerihts - Erkenntniß ergangen war, wiederholt und an sämmtliche Börsen - Aufsichtsbeamten, nicht allein an die von Berlin, gerihtet worden. Daraufhin sind weitläufige, sehr schwierige Ecmittelungen angestellt worden, die nahezu als ab- geschlossen bezeichnet werden können. Fedoch mit Rücksiht auf die augenblicklid stattfindenden Verhandlungen wird die Entschließung des preußischen Handels-Ministers voraussihtlih in der allernähsten Zeit erfolgen, falls nicht diese Verhandlungen zu einem friedlihen Au3- glei, der unter allen Umständen vorzuziehen ist, führen. Damit würde gleichzeitig au die Frage des hiesigen Frühmarktes ihre Er- ledigung finden.

Abga. Roeren (Zentr.): Das Dörsengeles hat bisher {hon eine sehr wohlthätige Wirkung gehabt, auch das Gese über den unlauteren Wettbewerb hat sih bewährt. Es sind aber ganz wunderbare gericht- lihe Entscheidungen erfolgt, die Unzufriedenheit erregt haben. Man hat das Gesey nicht nach seinem Geist, sondern lediglih formaliftish nach dem Buchstaben interpretiert. Der Rechtsvrehung if allerdings durch dieses Gesez ein ganz neues Gebiet eröffnet worden. Es ist zu erwarten, daß sh die Richter allmählih in das Geseh hineinleben. Eine Revision is nur noth- wendig in Bezug auf den Ausverkaufs\{chwindel, der jeßt nah den Entscheidungen des Reichsgerichts in viel größerer Blüthe steht, als bor Erlaß des Gesehes.

Staatssekretär des Jnnern, Staats-Minister Dr. Graf von Posadowsky-Wehner:

Meine Herrén! Ich freue mih, daß der Herr Vorredner der Ansicht is, daß man jeßt gegenüber den Klagen der Gewerbetreibenden über das Gesetz, betreffend den unlauteren Wettbewerb, noch nicht an eine neue geseßgeberishe Hilfe denken könne. Zwei Grfolge kann man dem Gese jedenfalls nahrühmen. Erstens haben die markts{reie- rishen Anpreisungen erheblich abgenommen, und ferner ist \trafrecht- li in einzelnen Fällen auf Grund dieses Geseßes sehr energish ein- geschritten worden. Nun ift ja zu meinen Händen au eine Reibe von Anträgen gekommen, die erheblich \{ärfere Bestimmungen ver- langen. Ich glaube aber, diejenigen Interessenten, welche derartige

Anträge gestellt haben, sind sich nicht klar darüber, daß, wenn man ihren Anträzen durh Geseß wirklih \tattgäbe, der freie Wettbewerb auf dem Gebiete des Handels zum theil überhaupt lahmgelegt würde. Ich freue mich deshalb, wie gesagt, daß si der Herr Vorredner ledig- lih darauf beschränkt hat, hervorzuheben, daß die Auslegung des Reich3gerichts über die Frage des Ausverkaufs seinen Auffassungen nah niht dem Geist und dem Zweck entsprehe, in welchem die be- treffende geseßlihe Bestimmung erlassen worden ist. Ih nehme keinen Anstand, zu erklären, daß, wenn ih heute in der Lage wäre, als rihterlicher Beamter eine Entscheidung ¿u diesem Paragraphen zu fällen, ich auch das Verfahren des Nachschiebens beim Ausverkauf für geseglih nit zulässig erklären würde. Jeder Mensch, der in einen Ausverkauf geht, nimmt an, daß eben nur der Reft der Waaren- bestände wegen Aufgabe oder Verlegung des Geschäfts ausverkauft wird (sehr richtig! in der Mitte und rechts), und nah meiner Ansicht hôrt der Begriff „Ausverkauf“ auf, wenn fortgeseßt neue Bestände zugeshoben werden. (Sehr richtig! in der Mitte und rechts.) Das Erkenntniß des Reichsgerichts ist aber einmal ergangen, und

man wird abwarten müssen, ob nicht vielleiht dieses höchste Gericht

auch seinerseits zu einer anderen gesezlihen Ueberzeugung kommen

kann. Ih werde aber aus den Anregungen des Herrn Vorredners

Veranlaffung nehmen, durch. Erhebungen festzustellen, ob überhaupt in

dem Umfange, wie er das annimmt, das Ausverkaufswesen jeßt wieder

zu einem Unfug geworden ist, ob in der That in dem Umfange, wie

er annimmt, \cheinbare Ausverkäufe, möchte ih sagen, vorgenommen

werden, die auch nach meirer Ueberzeuguug keine Ausverkäufe sind,

weil die Vorräthe fortwährend \sih ergänzen. Sollte das Reichsgericht

nicht zu einer anderen rechtlihen Ueberzeugung gelangen, und follten

in der That die Mißstände im Ausverkaufswesen so groß sein, wie

man nicht diesem Paragraphen eine flarere und rechtlid unanfechtbarere Fafsung giebt.

Publikums immer kleiner würde, weil auf dem Schaufenster die Ankündigung steht:

Ausverkauf statt. (Heiterkeit)

den Gewohnheiten des Publikums wenig ändert. geses will ih nicht sprechen, da Ausgleihsverhandlungen im Gange find. Daß in Preußen wenn auch nur in geringer Zahl, können wir nur bi

Auswahl der Pe:rsôönl Sollten uns die Fabrik-Jaspektorea-Berichte im Origtnaal vorgelegt

werden unter voller Namensnennung der Inspektoren, so würden wir das mit Freuden begrüßen. früber erbalten als bisher. Kesselrevision von der Gewerbe-Jnspektion in Preußen; die N werden fortan freie Hand in den Das 19. Jahrhundert ist das Jahrhundert der Uebelstände sind in Industriegebieten vorhanden, find bereit, die geshlagenen Wunden zu muß die stitution zur Reichssache gemacht werden.

Zigarren-Hausindustrie beschäftigten seien von den Kinder vollkommen überzeugt, aber

weil

Sließlih aber wünschte ih, meine Herren, daß der Kreis des der deshalb nur eine Waare kauft, hier findet ein

Abg. Dr. Pachnicke (fr. Vgg.): Sie sehen, daß ein Gese an

Ueber das Börsen- weiblih: Fabrik-Jnspektoren angestellt werden, [ligen. Bei der vorsihtizg sein.

chfeiten sollte man sehr

Wir würden dann die Berichte auh Eberso erfreulih is die Trennung der Gewerbe- haben. Ein Fortschritt Lohnverhältnissen der arbeitenden Klassen is nicht zu leugnen. Sozialresorm gewesen. aber tausend Hände heilen. Zu diesem Zweck Zahl der Fabrik-Jnspektoren vermehrt und diese ganze In-

wzist auf die große Zahl der in der Squlkinder hin. Die Eltern \hrecklihen Gesundhcitsverhältnissen der Arbeit ihrer fle kôanten nihts dagegen thun, zu wenig verdienten. Die Fabrikanten um- die Arbeiten von den Kindern

Abg. Rosenow (Soz)

sie selbst

gingen das Gesez dadurch, daß iz / zu Hause machen ließen. Seine (Redners) Partei wolle die

Lage der Hausindustrie verbessern und zu diesem Zw-ecke Enquêten veranstalten. Leider werde sie darin von der Reichs- regierung wenig unterstüßt. Die traurigen Verhältnisse der Haus- Spielwaarenindustrie des sächsischen Erzgebirges sollten vor allen Dingen festgestellt werden. Eine \echsköpfi,e Arbeiterfamilie ver- diene für die Fabrikation von Holzthieren wöchentlih 5 A Man gehe um die Feststellung dieser Dinge beinahe herum wie die Kate um den heißen Brei. Die Arbeitershußgeseßgebung müsse auf die

Hausindustrie ausgedehnt werden. Aba. Dr. Hiße (Zentr.): Auch ih könnte die Mittheilung der

Fabrik. Inspektoren-Berichte im Original nur mit Freuden begrüßen. Dagegen könnte ih mich mit einem deutschen Fabrik-Inspektorat nicht einverstanden erklären. In Preußen könnte ja beispielsweise dem Handels- Minifterium ein General. Fabrik-Inspektor beigegeben werden, der für eine einheitliche Berichterstattung zu sorgen hätte. Im allge- meinen aber sollte die Sache in den Händen der Landésregierungen bleiben. In der Frage der Hausindustrie finden Erhebungen statt ; wir wären gerne bereit, au geseßgeberische Schritte zu thun.

Abg. Möller -Duisburg (nl.): Die Berbindung der Kesselrevision mit der Fabrik-Inspektion hatte au ihre guten Seiten; natürlich unter der Voraussezung, daß die eine Arbeit niht auf Kosten der anderen vorgenommen würde. In diesem Fre würde die Zahl der Beamten vermehrt werden müssen. Die Ke elrevisoren sollten eine Assistenten- zeit durhmachen. Die von Herrn Rosenow gewünschte fozialpolitische Statistik müßte selbständig, nit in Verbindung mit der Produktions-

statistik gemacht werden. Abg. Hoch (Soz.) kritisiert das Verkalten der Auffichts- und

Polizeibehörden gegenüber den sozialdemokratisch - organisierten Arbeitern und bemängelt die Bauaufsicht.

Staatssekretär des Jnnern, Staats-Minister Dr. Graf von Posadowsky-Wehner:

Ich will ganz kurz, meine Herren, auf einzelne Punkte antworten,

die hier noch berührt Find. Was zunächst die Berichte der Gewerbe-Inspektoren anbetrifft, so

werde ih, nachdem ich die Wünsche des Hauses kenne und die Zu stimmung zu meiner Anregung gefunden habe, mich mit den ver- bündeten Regierungen dahin in Verbindung sezen, ob es nicht prak- tisch wäre, die Berichte der Gewerbe-Aufsichtsbeamten nah einem Formular, in einheitliher Form fo herzustellen, und zwar so, daß auch der Beriht für jeden einzelnen Landestheil einzeln abgegeben werden kann. Dann können die Berichte je nah ihrem Fortschritt, sobald der Druck eines Bandes fertig ist, sofort publiziert und dem Reichstage zugestellt werden. Legen die Berichte sämmtlich im Druck vor, so kann im Reichsamt des &Fnnern ein eingehendes, gründlihes Sachregister aufgestellt werden und nachträglih ebenfalls in die Hände der Herren Reichstag8mitglieder gelangen. Jch glaube, dann wird diese ganze Frage aus der Welt geschafft sein, und Sie werden das Mittel baben, si auf die leihteste Weise über alle einzelnen Fragen der Berichte selbs eingehend zu unterrichten. Man ift auch auf die Produktionsstatistik zurückgekommen. Davor möchte ich dringend warnen, die Produfktions\tatistik, die handels- politis che Zwecke verfolgt, mit irgend welchen Zwecken zu ver- binden, die auf sozialpolit ischem Gebiet liegen. Um Ihnen einen Begriff davon zu geben, was das für eine Arbeit war, wie sie ih kann sagen noch in keinem Staate der Welt geleistet worden ist, so gestatte ih mir, Ihnen mitzuthcilen, daß an 53 000 Betriebe Fragebogen von urs versandt sind, daß hiervon 46 000 beant» wortet wurden und 7000 Antworten noch ausstehen, für welhe zum theil die Frist für die Beantwortung noch nit abgelaufen ist. Also alle die Befürchtungen, die man gegen die Erhebung der Produktions- statistik hegte, daß die Fragen garniht oder sehr unvollftändig beant- wortet werden würden, haben sich nicht erfüllt, denn wenn von 53 000 Fragebogen {on 46 000 beantwortet und nur noch 7000 rückftändig find, die wahrscheinlich auch noh beantwortet werden werden, fo ist das meines Grachtens ein glänzendes Resultat, das wir dem Verständniß und dem Interesse zur Sache, welches in den betheiligten Kreisen der Industrie herrsht, verdanken. Außerdem \soll diese Produktions- statistik noch weiter fortgeseßt und, um ein genaues Lild von der heimishen Produktion zu haben, von Zeit zu Zeit erneuert werden. Wenn wir wissen, was in Deutshland an Waaren erzeugt wird, was nach Deutschland von gleihwerthigen Waaren eingeführt und ausge» führt wird, so können wir gans genau den deutshen Verbrauch be- renen und haben damit eine Grundlage für die Beurtheilung unserer wirthschaftlihen Arbeit, für unsere ganze Zoll- und Handelspolitik, wie sie bisher meines Wissens überhaupt noch kein einziger Staat ge-

wonnen hat. Fch komme zum Schluß mit einigen Worten auf de Vorwürfe,

die bezüglih der Aufsicht im Baugewerbe crhoben sind. Zunächst werde ih mir gestatten, nahdem diese Frage immer von neuem wiederbolt ist, einfah das Rundschreiben zu veröffentlichen, daß ih an die verbündeten Regierungen in dieser Beziehung gerihtet habe. Ich kann versichern, daß in fast allen deutschen Staaten daraufhin jeßt entweder geseßgeberishe Maßnahmen, wie in Sachsen, oder eingehende Polizeiverordnungen vorbereitet sind oder, wie in einer Anzahl kleiner Staaten, die Bedingungen für den Baushug jeßt ausdrücklich in die Bauerlaubniß aufgenommen werden. Sobald alle diese gesezgebe- rishen und Verwaltungsmaßnahmen abgeschlossen sind, werde ih Ge-

Bergwerksbetriebe zugenommen habe, besiger die erforderli Fahre seien mehr Bergarbeiter verwundet 1870/71, in einem so ruchlosen Kriege. könnte er (Redner) jeden Tag fungieren.

im Jahre 1864 an der Bergwe! ks-Direktor geworden. praktischen Erfahrungen genommen?

sich

Nothwehr geführt haben,

auf Grund meines Rundschreibens gesehen if, und follte si dann y zeigen, daß das noh nit ausreiht, so werde {ich mich mit einem ex neuten Ersuchen an die verbündeten Regierungen wenden. ‘Im übrigen aber kann ich erklären, daß sich auch der Verband der Bau-Berufs, genossenschaft ausdrüdcklih bereit erklärt hat, eine größere Anzahl von Beauftragten zur Besichtigung der Bauten anzustellen, und zwar Be, auftragte, welche eine entsprehende fahtehnishe Vorbildung haben. Diese Verhandlungen sind im Gange, und ih bin sicher, sie werden zu einem befriedigenden Abschluß führen.

daß die Zahl der Unfälle im weil die Habsucht der Gruben- Suyßvorrichtungen verhindere. In einem worden als im Kriege Als Bergwerks-Direktor Der Abg. Hilbck sei noh Berliner Universität gewesen, 1866 aber {hon Woher habe er in zwei Jahren seine

Abg. Sachse bleibt dabei,

hen

Für stellt fest, daß die Unfallstatistik in den leßten Jahren in Deutshland günstiger gestaltet habe. Die Verhältnisse in Belgien seien nur ¡Seinbar günstiger. Die Statistik sei dort nicht so genau wie in Deutschland. Abg. Hilbck: Ih möchte doŸ Verwahrung dagegen eins legen,- daß der Abg. Sachse den Krieg: von 1870, den wir in der als einen ruhlosen bezeihnet. Ballestrem: Ich hätte diesen Ausdruck jedenfalls gerügt, wenn der Abg. Sachse gesagt hâtte, daß der Krieg von un serer Seite ruchlos angefangen worden wze. habe aber angenommen, daß er damit ausdrückte, wir wären in ruchloser Weise mit Krieg überzogen worden. : Abg. Hil bck (fortfahrend): Ich habe mi vor meinem Studium 2x Jahre praktis bethätigt und später ein so gutes Examen bestanden, daß ih mit einem Stipendium der Regierung die Bergwerke anderer Länder \tudieren konnte. Die Ausgaben für das Gehalt des Staatssekretärs werden bewilligt. / / Um 51/2 Uhr wird die weitere Berathung auf Freitag 1 Uhr vertagt. (Vorher werden die von den Abgg. Freiherr von Stumm (Rp.), Dr. Schädler (Zentr.) und Albrecht (Soz.) dem Jnvalidenversicherungs-Geseß beantragten Resolutionen

u Ferathen werden.)

Geheimer Ober-Bergrath Dr,

Präsident Graf von

Preußischer Landtag. Herrenhaus. 3. Sitzung vom 11. Januar 1900, 11 Uhr.

Auf der Tagesordnung steht die Berathung und Be- (lauen. , verbunden mit einer allgemeinen Diskussion, Über die neschäftliche Behandlung des Gesezentwurfs, betreffend die Zwangserziehung Minderjähriger.

Minister des Jnnern Freiherr von Rheinbaben: Meine Herren! Es ist ein dunkles und tiefernstes Kapitel unseres Volkslebens, das die Vorlage, die JFhrer Berathung unterbreitet worden ist, aufshlägt. Jeder, der mit offenen Augen die Verhältnisse rings um uns herum betrachtet, der namentlich einen Blick wirft auf die Verhandlungen vor den Schranken der Gerichte, insbesondere der großen Städte, der kann ih der Auffassung nicht verschließen, daß in weiten Kreisen eine zunehmende und die Zukunft unseres Volks- lebens gefährdende Verwahrlosung eingerissen ist. Nicht fest haften mehr wie früher die geheiligten Bande alter Ordnung, dex Respekt vor Kirche und Schule, die Ehrfurht vor Eltern und Anverwandten. Weite Kreise der jugendlichen Bevölkerung, ih frei wähnend von diesen althergebrachten und altgeheiligten Rücksichten, stürmen in das Leben hinaus, ihren eigenen Weg \suchend, und jener Kompyasse beraubt, irren sie sehr oft ab vom richtigen Wege. Meine Herren, daß eine solche zunehmende Verwahrlosung unter den jugendlichen Elementen ih bemerkbar gemacht hat, das geht leider zum aller‘ deutlihsten aus der Kriminalstatistik hervor. Die Kriminalstatistik weist von Jahr zu Jahr eine zunehmende Betheiligung der jugend- lichen Elemente an den Straffällen auf. Die Begründung der Vor- lage giebt nähere Daten in dieser Beziehung, von denen ih mir nur einige wenige zur Illustrierung der Vorlage Ihnen mitzutheilen er- lauben möchte.

Im Jahre 1882 fanden 30 697 Verurtheilungen Jugendlicher statt, im Jahre 1896 43 962 das bedeutet eine Steigerung um 43,2% und im Jahre 1897 ift die Zahl sogar auf 45 327 ge- stiegen also gegen das Jahr 1882 eine Steigerung um 47,3 9/6. Au relativ hat die Antheilnahme der Jugendlichen an den Verbrechen und Vergehen zugenommen, indem auf 100 000 Jugendliche im Alter von 12 bis 18 Jahrea im Jahre 1882 568 Verurtheilungen kamen, im Jahre 1896 dagegen 697, so daß eine Steigerung um 22 9/9 eingetreten ist. Auch diese relative Steigerung ist um so bedenklicher, als die relative Steigerung der Kriminalität im allgemeinen, also bei den Erwachsenen, 16 9/9 betragen hat, so daß also auch hier die relative Zunahme bei den Jugendlihen noch eine erheblich größere gewesen ist als bei den sonstigen Elementen der Bevölkerung. Und, meine Herren, die Theilnahme der Jugendlichen hat sih gerade auf die be- denklihsten Arten der Vergehen und Verbrechen ‘erstreckt ; namentli bei allem, was an Gewaltthätigkeit grenzt, finden wir die jugendlichen Elemente der Bevölkerung in besonderem Maße betheiligt. Die Ver bältnißzahl der Verurtheilungen wegen gefährliher Körperverlegung ist von 1882 bis 1896 um 112 0/0 gestiegen. Die Verurtheilungen wegen Sachbeshädigung haben sih um 48 °/o vermehrt, die Ver urtheilungen wegen Nöthigung und Bedrohung häben {ih verdreifacht. Von den im Jahre 1898/99 in die preußischen Strafanstalten eingelieferten Zuchthausgefangenen waren nicht weniger als 26 9% vor dem 18. Lebentjahre bestraft, und nah einer im Jahre 1894 ftattgehabten Erhebung waren von den vorhandenen 17 867 Zuchthau?- gefangenen der preußischen Monarchie 9489 oder 53 °/o mehr als dreimal bestraft. Diese mehr als dreimal Bestraften müssen fast gan nämlich zu 93 9/0, als unverbesserlih, als aus dem Rahmen der gesell \haftlihen Ordnung herausfallend erahtei werden, und von diesen unverbesserlihen Elementen waren nicht weniger als 34 9/9 bercits vor dem 18. Lebensjahre bestraft.

Meine Herren, diese Daten sind in der That erschreckend und müssen Jedem, der es ernst meint mit unserem Vaterlande, zur Pfli machen, hier die bessernde Hand anzulegen und zwar umsomehr, 0 das Maß der Verschuldung bei diesen Vergehen niht immer klar il stellen ift. Wie weit diese große Kriminalität der Jugendlichen au! eigenes Verschulden zurückzuführen ift, wie weit auf die verbreherisdt oder verderblihe Umgebung, in der diese Elemente groß geworde“ sind, das läßt sich nit feststellen. Zweifellos ist, daß die Umgebu®

der Herr Vorredner es darstellt, so kann man allerdings erwägen, ob

legenheit nehmen, eine Zusammenstellung dessen zu veröffentlichen, was

namentlih verbrecherishe, ihre Pflicht verabsäumende Eltern, eint

beraus ungünstigen Einfluß auf die Jugend ausüben, und es ift wohl eins der trübsten und unsere Hilfe heishenden sozialen Bilder das wir sehen können, diese jugendlihen Elemente, welche die Ge- fängnisse und Zuchthäuser bevölkern, weil sie von vornherein im elter- liden Hause der rihtigen Anleitung entbehrten, ja vielfach geradezu auf den Weg des Verbrechens gewiesen worden sind. Aber selbst wo ein Verschulden der Eltern nicht stattfindet, sind vielfach Vermögens- losigkeit, Verarmung, Krankheit oder sonstige Umstände vorhanden, die es nicht möglih machen, die Aufsicht über die Kinder zu üben; und

selbst wo die Eltern ihre Pflicht thun, ift es vielfa der innewohnende Hang zum Verbrechen, die verbrecherische Anlage, die allmählih vom Wege des Rechten herab und die Arme des Verbrechens treibt. Meine Herren, diefe Dinge zu bessern, is eine eminente Aufgabe aller Derjenigen, die berufen sind, hier die bessernde Hand anzulegen, und ih meine, dazu sind in Erster Linie die Kirhe und SHhule berufen.

Namentlich der Einwirkung der Kirche ist es in erster Linie zu danken daß noch so viele Elemente vom Verderben zurückgehalten wurden, untèn {hrer Einwirkung wird es hoffentlih auch gelingen, weite Kreise unserer Bevölkerung auf den rechten Weg zurückzuführen. Neben der Kirche hat eine große Anzahl freiwilliger Vereine, die auf freier Liebes- thätigkeit beruhen, diese Thätigkeit au in der Richtung einer Ver- besserung dieser Zustände entfaltet.

In der Denkschrift ist eine kurze Nahweisung gegeben, aus der die Herren ersehen wollen, daß 678 Erziehungsanstalten theils auf freiwilliger Liebesthätigkeit, theils auf religiöser Grundlage beruhend si der verwaisten, verlassenen und verwahrlosten Kinder angenommen haben, mit einer Jahresausgabe von nicht weniger als 11 Millionen Mark und 30 000 Zöglingen. Jh halte es für meine Pflicht, an dieser Stelle meinem lebhaften Dank Ausdruck zu geben für Alles, was diese Vereinigungen, namentlih au@ die kirchlihen Vereine beider Konfessionen, in dieser hingebenden und überaus mühsamen Liebes- thätigkeit an den Aermsten unseres Volkes gethan haben.

Aber diese Thätigkeit ist bisher nah mannigfaher Richtung ein-

geshränkt gewesen. Die Gesehgebung hatte nicht die nöthigen Zwangs- mittel gegeben, die erforderlich waren, um diesen Vereinen den vollen Nutzen ihrer Thätigkeit zu sihern. Denn die Vereine waren in ihrer Thätigkeit auf die Eltern angewiesen, nur freiwillig konnten die Kinder unter Zustimmung ihrer Eltern in die Anstalten gebraht werden und insofern diese Zustimmung fehlte, fehlte es an Zwangsmitteln, die Kinder in den Anstalten festzuhalten. Wir haben leider sehr oft die Erfahrung machen müssen, daß die Eltern aus Kur;sigztigkeit oder aus Eigennuy die Kinder zurücknaahmen, sobald sie in das ‘erwerbsfäßige Alter traten, auch wenn die Umgebung, in die die Kinder zurücktraten ebenso ungünstig auf sie wirken mußte, wie es früher der Fall war, und die Erziehung der Kinder noch in keiner Weise vollendet wae: Trotz dieser beiden Momente, bevor die Erziehung vollendet ist, die Kinder noch in der Erziehung behalten zu können, is die wichtigste Aufgabe, die die Geseßgebung hat. Jn dieser Beziehung hat sie das bisher nicht -géthan, was vom Standpunkte der ethishen und fozialen Fürsorge für diese Elernente des Volkes nothwendig war.

Der erste Versuch in Preußen ist gemaht durch das Geseß vom 13, März 1878, das Gesey beschränkte sh aber lediglih auf Kinder vom vollendeten 6. bis zum vollendeten 12. Lebensjahr, und zwar nur auf solche, die mit dem Strafrichter in Berührung gekommen sind. Nur solche Kinder, die eine strafbare Handlung begangen haben, des straf- mündigen Alters wegen aber niht zur Verfolgung gezogen werden können, konnten zur Zwangserziehung überwiesen werden. Nun liegt es aber auf der Hand, daß der Umstand, daß ein Kind vor den Straf- rihter kommt, durhaus nicht allein beweisend ift für die Verrohung oder Verwahrlosung des Kindes; die Verwahrlosung kann genau so gut eingetreten sein und ist sehr oft eingetreten, ohne daß es gerade zu einem Verbrechen oder Vergehen kommt, und ohne daß das Kind vor die Schranken des Gerichts geführt wird.

Solche Kinder, die nicht vor den Strafrichter kommen, konnten bisher nicht zur Zwangserziehung überwiesen werden, wenn es au im cigenen Interesse des Kindes noch so nothwendig war, es aus der bisherigen Umgebung herauszureißen und das Kind in eine gesunde Umgebung zu bringen und einer Erziehung zu unterwerfen, die hoffen ließ, daß es auf den rechten Weg zurückkommen werde.

Bei den Jugendlichen über 12 Jahre, zwischen 12 und 16 Jahren, war ay auf Grund des § 56 des Strafgeseßbuhs dem Strafrichter die Möglichkeit gegeben, diese Jugendlihen einer Besserungsanstalt zu überweisen. Wenn in Verneinung der ausreichenden Urtheilsfähigk-it eine Strafe nicht erfolgte, dann war der Richter in der Lage, den Betreffenden einer Besserungsanstalt zu überweisen, eine Be- fugniß, von der die Gerichte nur sehr mäßigen Gebrauh gemacht R, nur etwa tausend solche Jugendliche befinden \sich in einer

Ueber 16 Jahre hinaus war überhaupt die Möglichkeit bisher nit gegeben, eine Zwangserziehung eintreten zu lassen, und dies ist meines Erahtens als cin besonderer Mangel der bisherigen Gesetz: gebung anzusehen, denn gerade diese Jugentlichen zwishen 16 und S Jahren finden wir sehr zahlreih bei allen Vergehen und Ver- e namentli au gewaltthätiger Art, betheiligt, und ein Blick n die Gerichtsfäle, namentlich auch von Berlin, beweist Jedem, in welhem Maße diese Jugendlichen s|{ch an Gewaltthätigkeiten, Auf- rubr, Auflauf u. \. w. betheiligten. Und, meine Herren, ich kann “ird pons es niht verhehlen, daß sich ein Prozeß in diesem letzten A i hier abgespielt hat, der die Aufmerksamkeit des ganzen Volkes S as lebhafteste in Anspruh genommen hat, der in der That den 4 G nahe gelegt hat, Jugendlihe, auch wenn sie majorenn sind, nd zwar gerade Jugendliche aus den oberen Ständen, der Zwangs- Mag überweisen zu können.

glaube mi mit diesem hohen Hause darüber einig zu wissen

O tHefsten Bedauern und der tiefsten Entrüstung bártbts: us R e aan die die Hingabe für König und Vaterland, für den bidber Q Allgemeinheit, die eine {lichte und einfache Lebensweise Mit F ihren Stolz gehalten haben, jugendlihe Elemente, dieser as Eid Traditionen uneingedenk, ein frevles Leben in Genußsucht L T ihre Aufgabe gehalten haben. (L-bhaftes Bravo!) Jh mit e G betheiligten einsihtigen Elemente müssen diesem Treiben bet E entgegentreten und verhindern, daß diese jugendlichen denen fie 4 berehtigten guten Nuf der Kreise und der Eltcrn, von betheiligte ammen, beeinträhtigen. Ich habe einem der Haupt- bén ven ib: der meiner Verwaltung unterstellt war, absichtlih nicht Dis jipli m erbetenen Abschied bewilligt, sondern ihn auf Grund des nargeseßes aus dem Diensté entlassen, und ich werde unnach-

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mit ihren Pflichten als St D, aatsbeamte vereinbar

Dn S 1666 Folgendes: 8 ird das geistige oder leiblihe Wohl des K , fährdet, daß der Vater das Reht der Sorze de s s 6 Kindes mißbraucht, das Kind - vernachlässigt oder si eines ehr- losen oder unsittlihen Verhaltens schuldig maht, so hat das Vor- mundschaftsgeriht die zur Abwendung erforderlichen Maßregeln zu treffen. Das Vormundschaftsgeriht kann insbesondere anordnen A O zum Zwede der Erziehung in einer geeigneten Sas | H Aut ; f S Erziehungsanstalt oder einer Besserungzanstalt § 1838 des Bürgerlichen Geseßbuhs giebt dann ähnli weitergehende Rechte dem Vormundsckaftsrihter über Prag Dies mundete Kind. Er ist an die Beschränkung des § 1666 nur gebunden een an A oder Mutter handelt; im übrigen ist er be gt, das Kind der Zwangserziehung zu ü i E des Kindes rale E 2 o segensreich diese Vorschriften nd, ü der Ausbildung: dur die Se ee a E schaftsrichter ist außer stande, sie zur Durchführung zu bringen, sofern es an einem Organ fehlt, das die Kosten der Zwangserziehung zu übernehmen hat. Die Eltern der hier in Betraht kommenden Kreise siad meistens dazu niht im Stande und sofern nit aus öffentlihen Mitteln die Kosten gedeckt Seiden, würden diese höhstwihtigen Paragraphen auf dem Papier stehen und nicht zur Ausführung kommen. Deswegen sind fast alle Bundes- staaten dazu übergegangen, Institutionen zu hafen, die ihrerseits die Zwangserziehung thatsählich in Vellzug seßen. Artikel 135 des Ein- führungsgeseßes giebt dazu die Möglichkeit. Er bestimmt in einem weiteren Sage des Absayes 1: „Die Anordnung nämlih der Zwangéerziehung fann außer den Fällen der 88 1666, 1838 des Bürgerlichen Geseßbuchs nur erfolgen, wenn die Zwangserziehung zur Verhütung des völligen sittlihen Verderbens nothwendig ist.“ Wir haben geglaubt, von diefer Befugniß auch Gebrauch machen zu müssen; denn gleihviel, ob Verschulden der Eltern vorliegt oder nicht und gleichviel, ob die Kinder {hon mit dem Strafrichter Bekannt- haft gemacht haben oder nicht, es is in ihrem Interesse und im Interesse der Gesellshaft unerläßlih, sie der Zwangserziehung zu überweisen, wenn eine völlige sittlihe Verwahrlosung zu besorgen ist. Auf diesem Gedanken beruht ter § 2 der dem hohen Hause unterbreiteten Vorlage, der in Ne. 1 die beiden Fälle des Bürger- lichen Geseßbuhs wiedergiebt, dann in Nr. 2 das bisher bestehende E a ets von 1878 und dann in Nr. 3 den von mir eben erwähnten roichtigen Fall berührt, den i i A A F h Fall der allgemeinen sittlid)en Ich glaube mih für heute bei der Generaldisku i Punkte beschränken zu können und ih möchte nur wnen Se geh die Frage der Kosten betrifft, mih in Kürze äußern. : In dem in meinem Ministerium aufgestellten Geseßentwurf war eine Drittelüng der Kosten vorgesehen in der Weise, daß ein Drittel auf die Ortsarmenverbände, ein Drittel auf die Provinzen als Träger der Landarmenpfliht und ein Drittel auf den Staat entfielen. Diese Drittelung der Kosten hat mancherlei für si; denn es ift unzweifel- baft, daß, wenn die Zwangterziehung rechtzeitig ausgesprohen wird die Ortsarmenverbände, die Provinzen als Landarmenverbände und der Staat entlastet werden, indem seine Gefängnisse und Zucht- häuser nicht mehr in dem Maße bevölkert werden. Bei der Wichtig- keit der Gesetzesvorlage habe ih die sämmtlihen Landes-Direktoren des Staats zu einer Konferenz gebeten, und bei dieser Konferenz ist einstimmig gebeten worden, von einer Heranziehung der Gemeinden ganz abzusehen. Die Herren Landes-Direktoren, die mit dieser Materie auf das eingehendste vertraut find, befürhteten von. einer solchen Betheiligung der Gemeinden einmal den Erfolg, daß nicht rechtzeitig und nicht oft genug die Anträge auf Einleitung der Zwangs- erziehung gestellt werden, weil diz Gemeinden dann ein matertelles Interessedaran hätten, einen folhen Antrag nicht zu stellen. (Sehr richtig!) Sie befürhteten ferner, daß {ließlich doch bei einer großen Anzah1 von unvermögenden Gemeinden die Kosten auf die Provinz als Land- armenverband fallen mürden und das Ganze nur eine große Schreiberei ohne erheblihen Nuyen geben würde. Aus diesem Grunde haben die Landes-Direktoren einmüthig gebeten, diese Drittelung aufzugeben und wieder auf den Maßstab des Geseßes von 1878 zurückzugehen, nämlich auf die Halbierung der Kosten zwischen der Provinz und dem Staat. JIch bin dem Vorschlage gefolgt und kann den betheiligten Spitzen der Provinzen wie dem Herrn Finanzminister nur dankbar sein, daß sie sich bereit erklärt haben, diese Mehrkosten auf ihre Schultern zu übernehmen. F glaube mich auf diese Momente beschränken zu können; die einzelnen Punkte zu besprehen, wird die Diskussion und die Verhand- lung in der Kommission noch Veranlassung geben. Jch darf noch einmal Jhrer Erwägung anheimgeben die außerordentlihe Wichtig- keit der Vorlage in religiöser, sittliher und fozialer Beziehung. Es handelt sih darum, schwere Schäden des Volkélebens zu beseitigen und gefährdete Kreise unseres Volkes wieder unserem Volksleben und unserer Gesittung zurückzugewinnen. “Das hohe Haus hat allen nah dieser Richtung hin ihm von der Staatsregierung unterbreiteten An- trägen ftets. ein besonderes Maß von Sachkenntniß und Entgegen- kommen entgegengebracht, und die Staatsregierung giebt ih der Hoff- nung hin, daß es auch bei dieser Vorlage der Fall sein und die Re- gierung so in den Stand geseßt werden wird, diese schweren Schäden mit Nachdruck zu bekämpfen und auch auf dem hier in Rede stehenden Gebiete die Zukunft unseres Volkes sicher zu stellen, (Bravo!) Herr von Below-Saleske giebt sei ü daß die erste Thal des Ministers his ele S dieser Vorlage gewesen sei: fie zeige, daß er ein offenes Auge für die Schäden unjeres öffentlichen Lebens habe. Alle geseßlihen Maß- nahmen reiten aber niht aus, wenn nit die Religion und die :erain thre Hilfe bôten. Der Hauptgrund der Verwahrlosung der ugend liege in der {hlechten Erziehung in vielen Familien der unteren

Klafsen. Der Vertheilung der Kosten nur auf Stadt und Provinzial- verband unter Weglassung der Gemeinden könne er nur ae O

ti 9 gegen alle Elemente einschreiten, die ein derartiges Leben

halten. (Lebhaftes

Meine Herren, war die bisherige Gesetzgebun um die Zwangserziehung E E wendig, so find wir, gottlob, durch das Bürgerlihe Gesezbuch in dieser Beziehung einen wesentlihen Schritt weiter gekommen. Das Bürgerliche Geseybuch bestimmt in dem haup!sähli hier in Betracht

Graf von Mirbach: Auch meine politischen | | reutide \tehen d E der Borlage sehr sympathisch gegenüber, in sih A mncine ga n noch nit mit der Vorlage beschäftigt hat. Das Herren- he at sich {on einmal gegen eine. weitere Belaftung der Pro- nzen aSgelprocen; aber hier verlangt der Staat die Errichtung nrt Bon aaten durch die Kommunalverbände. In den Städten s \ i s Me der Jugend rapid, aber ebenso jeßt au auf E pla A Lande infolge der Vagabundage unserer ländlichen Ar- E a Bas dabei aus den Kindern werden soll, if ja klar. Die M Mend eir! wird durch das Vermitilerwesen begünstigt, und auh A g Os wird daran nichts änderr. Die Kom- verlangen. on der Negterung eine Revision der Provinzialdotationen err von Helldorff bemerkt, daß ebenso wichti ie di A E a die Grziehung o Fiebticder sel. R und an den Mindeflfordernden ver eben würden. Zur Zwangserziehung in Anstalten ei x Theil dieser Kinder. Anstalten könnten Se v as aue : A Ae E, n iy E N zu einer richtigen Er- ] estattet seiten. ie Kinder ü i Landwirthschaft oder im Handwerk unterwiesen A G 7 lange die Fürsorge der Anftalt genießen, bis sie im Leben allein fest dastehen können. Sonst fielen sie in die Verwahrlosung d Die Aufsiht der Behörden müsse reformiert werden: viele ee Wohithaten, welche das Institut der Waisenräthe bringen solle A nur auf dem Papier. Aus den Verwahrlosten rekcutierten ih e Verbrecher, welhe dem Staate Millionen kosteten; deshalb sei es unangebracht, wenn der Staat in der Frage der rihtigen Erziehung

der Freist sparen wollte. reiherr von Durant: Die Hauptursahe d - i, der Jugend liegt in der Roe von Tur Berin S des Christenthums, welche tbeils bewußt, theils aus Nichtachtung mehr und mehr um’ fih gegriffen hat. Nur von E heraus können diese äußeren Schäden geheilt werden. i e Jugend wird \chon der matertalistishe, auf Gewinn E ete Sinn geweckt und großgezogen. Die Rücksiÿhtslosig- A, esGiet f L heute A dicktlchnur für das eigene Hans» i; ist heute die Devise. Deshalb wünschte ih bei dieser Gelegenheit, daß die Firma K i d fie ar England Geschüße für einen un He Set U I B O 1] t gerechten Krieg liefere, für unb det erkläre. Rückkehr zu den Grundsä i 1 ist das best Mute gegen p Benwahrlosung, des Christenthums ift das beste retherr von Manteuffel: Jh danke dem Mini Ü M die Wünsche der Landes-Direktoren, an deren E És eilgenommen habe, im wesentlichen berücksihtigt hat. Die jeßige E A N g D ¿f nit ausreihend. Von zwei y n xdorf wurde der ä De nur mit einem Verweis bestraft , j way eee Dee Zwangkserziehung überwiesen; das iff ungerechtfertigt H daß es in den Anstalten auch Prügel giebt ist p selbstverständlih. In der Kommission muß au die otationéfcage erôrtert werden, und das Abgeordnetenhaus wird ees hoffentlid) diese finanzielle Frage ins Rollen bringen. Die Provinzen wären mit einer Theilung der Kosten in dem Sinne ein- L daß der Staat zwei Drittel übernimmt. Den größten E bon der Ausdehnung der Zwangserziehung hat ja auch der s taat. Die Provinzen werden besonders viele Kosten dadur haben sie neue Erziehungsanstalten bauen müssen, denn die Unterbrin ung a R E e Gui anderen Familien ist nicht zu empfe [len ; a eseß angeno ird; : E Gas aber E Abernibni 1A geh cus nigen er-Bürgermeister Delbrück- Danzig spricht n as U etage ann E aber e E Ee ringung der Kosten; denn d i \chon hinreichend belastet. Wenn aber deth: vie S n vinzialdotatioaen aufgerollt werde. könne daran leiht diese Vorlage A. Die Belastung der Provinzen fei ganz verschieden, die rmenla\t drücke im Dsten mehr als im Westen. Hoffentlich werde en t a E sei, die Regierung au die Hand , die Provinziald S C Ae ne E otationen und das Besteuerungsrecht der

Damit schließt die Diskussion. Die V e wird ei ate ag von ha 5 ert E ah einem Schreiben des Justiz - Minist isi Redaktcur der sozialdemokratishen Roon N Mie Gib hat der des Derr haue bestraft worden, und das ] em Herrenhause die Befugniß öffentli des E N tat E I R Nag Dem Antrage des Berichterstatters der Geschäftsord - eva Feeidern Lun E ed DeiGlieRt L ; er Publikations in di i Berau zu machen efugniß in diesem Falle keinen on Seiner Majestät dem Kaiser und König i folgendes Telegramm eingegangen: h spreche dic D hause für die Mir aus Anlaß der Geburt des dritten Sohnes Meines Bruders, des Prinzen Heinrih von Preußen, dar- gebrachten Glückwünsche einen wärmsten Dank aus. Wilhelm R. Die Mitglieder hören die Verlesung des

Telegramms stehend an. Schluß 123/, Uhr. Nächste Sißung unbestimmt.

Haus der Abgeordneten.

3. Sißung vom 11. Januar 1900, 11 Uhr.

Auf der Tagesordnung steht die Verlesun i olgende Jnterpellation der Abgg. Arendt-Labiau R gender _„Inwiefern erachtet die Könizglihe Staatsregierung die im vorigen Sommer im Anschluß an die Abstimmung dritter Lesung über die Kanalvorlage gegenüber einer Anzahl von Staats- beamten von ihr getroffenen dienstliwen Maßnahmen E ages mit den Vorschriften der Actikel 83 und 84 der Ver- Der Reichskanzler und Präsident des Staats-Ministeri Fürst zu Hohenlohe erklärt sih bereit, die i (lation sofort zu beantworten. ia \ B E a Begründung der Jnterpellation erhält darauf das Abg. von Köller (kons): Die Regierun Kanalvorlage durhzubringen, zu Maßregeln ißre vat ua 2e nommen, die ohne Vorgang find. Vor der Abstimmung, als die Mehrheit für die Vorlage immer zweifelhafter wurde, ge- brauhte der Reichskanzler und Minister - Präsident dem Hause ge ens über Worte, welhe si nur als eine Drohung deuten lassen Am Morgen der ent|heidenden Abstimmung in dritter Lejung zitierte der. Minister des Innern die kanalgegnerischen Mhatótdbneten derLRechten, die in Staatsämtern ftanden, und wies sie auf ihre Dienstpflichten hin. Wußte der Minister nit, daß dies mit der Ver- fassung in Widerspruch steht ? Sind die Beamten nicht im Gegentheil verpflichtet, sich von der Ecfüllung ihrer Pflicht weder durch Er- öffnung von Vortheilen, noch durch Androhung von Nachtheilen ab-- halten zu lassen ? (Die weiteren “e saoranges des Redners werden auf der Tribüne nur sehr {wer im Zusammenhang verständlich.) Gewiß kann die Regierung jederzeit die }ogenannten politishen Beamten zur Disposition stellen. Aber das Gesey von 1851 iff nach Emanation der Verfassung erlafsen worden ; hätte es diese ändern sollen, so hätte das in dem Gefeß feinen Ausdruck finden oder mindestens eine awet« malige Abstimmung vorgenommen werden müssen. Die Verfoassu aber will gerade au die Beamten gegen folche Maßregeln eas

stimmen. Er beantrage die Ueberwei [ mission von 15 Mitgliedern. eisung der Vorlage an eine Kom

stellen. Jch traue den sämmtlichen Disziplinierte von ihnen troy des Schicksals, das ihm widerfahcen ift, jest lten