1900 / 30 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 01 Feb 1900 18:00:01 GMT) scan diff

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“Hie . Häufigkeit falsher Verbindungen, zur Sp

zustellung wesentlih leihter sein. Hier in Berlin werden durh- \hnittlich etwas über 900 Räthsel täglih der Postverwaltung unter- breitet. Jch frage Sie nun alle: wenn wir uns mit der Lösung von Räthseln befassen, wird es nicht eine große Zahl von Ihnen geben, die einmal vorbeiräth? (Heiterkeit.) Und fo rathen auch die Postbeamten vorbei. Jch wünschte wohl, daß wir immer die rihtige Lösung träfen, und es wird uns oft gratuliert, daß wir das Richtige getroffen haben. Aber da es thatsählich Räthsel sind, hätten das Publikum und die Presse meiner Ansiht nah die Pflicht, darauf hinzuwirken, daß jedermann deutlich und ordentlih die Adresse schreibt. Was ift es z. B. für eine shwterige Aufgabe für die Beamten in den Bahn-Poftwagen, die bei einer mangelhaften Beleuhtung und in akler Eile ganz klein gekrizelte Schrift entziffern sollen !

Weiter führe ih an, daß es sih bei wichtigen Neuerungen nie um ein einseitiges Vorgehen der Post gehandelt hat, sondern es sind vorher immer die betreffenden Korporationen, die Handel und G.- werbe vertreten auch hier in Berlin —, gefragt worden. Wer hier in Berlin lebt, der wird mir zugeben, daß ih das Berliner Leben anders gestaltet als anderwärts. Wenn man si hier um 11 Uhr Nachts auf der Straße befindet, sieht man noch viel Leben; infolge dessen wird auhch noch viel geschrieben. Es ift zweifellos, daß es für Berlin wichtiger ist, des Abends noh die Briefkästen zu leeren, als daß wir schon des Morgens früh unsere Beamten aus dem Bett jagen, um die Briefe zu sammeln, und dabei doch keinen ordnungsmäßigen Betrieb haben. Ferner is angeführt worden: wir sagten, wir leerten um 12 Uhr, und die Briefkäften würden thatsählich {hon vorher geleert. Es wäre ja mögli, daß bei irgend einem Briefkasten die Leerungszeit einmal falsch eingestellt wäre; aber im allge- meinen werden Sie doch immer finden, daß aus allen deutschen Briefkästen die Briefe zu der Zeit herausgenommen wérden, die an den Kästen angegeben ift. Es kann niemals die Absicht einer Täushung des Publikums vorliegen, sondern wenn man auf dem Briefkasten liest: 113, so leeren wir diesen Kasten um diese Zeit, aber niht um 12 Uhr, während wir allgemein publizieren, die Briefkästen werden 12 Uht geleert. Jch glaube, nohmals zusammengefaßt, der Herr Abg. Dr. Müller (Sagan) wird mir nun zugeben, daß es unmöglich ein System von mir sein kann, eine {lechte Bestellung ausführen zu laffen. Meiner Meinung nach müssen wir im Interesse unseres Landes alle daran arbeiten, die Poftverwaltung so auszugestalten, daß sie den Zwecken der Allgemeinheit zu jeder Zeit dient und die be- rehtigten Wünsche der Bevölkerung au erfüllt. (Bravo! rets.)

Abg. Dr. Vielhaben: Die Verbandl ben d -

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R Muh de i er Ober-Postassistenten u. |. w. dahin

ahdem der Abg. Shmidt-Warburg nohmals das

Wort ergriffen, wird der Antrag Vielhaben abgelehnt und

die Bewilligung der Titel beschlossen. Üeber die Resolution

_soll in der dritten Lesung abgestimmt werden.

Bei den Ausgaben für die Telegraphengehilfinnen bringt der Abg. Dasbach einige Mängel im Lelepbonvertehz, Diféabees rache.

„Direktor im Reihs-Postamt Sydow: Menschlihkeiten kommen

- auch ¡‘m Telephonbetriebe vor. Die bestehenden Vorschriften werden

den Be, inmten und Beamtiunen f\tets ftreng eingeshärft. Etn großer Theil de,” Shuld daran, daß \{lecht verfictulen: wird, liegt aud m

: den Stim men der Angeschlofsfenen. Das Publik ibelfen, - die Mänge. |_zu Eefeitieis i Publikum muß mithelfen

Abg. S inger: Die Fernspreh-Automaten, die jeyt zur Auf- (lung gebr« 'cht find, befinden \fich an ganz E A Ein, bee

e rene zum’ Schalterdienst ift ftets fehr geräushvoll und außerdem |

ist die Wahr. 'ing des Gebeimnifses kaum möglich. Die Apparate ries in ak geshloffenen Zellen untergebraht werden. Die elephoniftinnen, welhe jeßt 10 Jahre auf eine Anstellung gewartet haben, sollen pl3hlich eine E diaser Wartefrift auf 12 Jahre erfahren ; eine Auskunft darüber wäre fehr erwünscht. Die Diäten für die Damen find immer noch sehr knapp bemessen, 6 monatlich, 2,25 4 den Tag, eine Erhöhung wäre sehr angezeigt.

Staatssekretär des Reichs-Postamts vom Podübiels fi:

O

_Postrath mehr

Ich habe zunächst zu erklären, daß: betreffs der Anftellung., der Telegraphengebilfinnen nicht beabsichtigt ist, ipngendwelhe Vershärfungen vorzunehmen. Nichts liegt ferner als das.

Was die Tagegelder anlangt, meine Herren, so möchtx ih darauf hinweisen: grundsäßlkh nehmen wir nicht Damen an, die das 30. Lebensjahr überschritten habew; das liegt ja in den ver- \hiedensten Verhältnissen begründet, Pensionsberbältniffnu u. st w. Es kann also nihi vorkommen, daf so altz Darzen, wie der Herr Abg. Singer meint, noch den Saÿ 1on 2,25- #46, tz h: von mcuatlih 65 M erhalten. Das ift nur der erfte Sag, den die Damen bis: zum zweiten Dienstjahre beziehen; vom 3. bis 4. Jahre æwhalten sie 2,50 4. und von Beginn des fünften Dienftiahres ab: 3. A4 Außeriem ift: \{hon in der Budgetkommission hervorgehoben worden, daß. unsere Damen dadur, daß sie später den Wohnungsgekdzushuß der B e=« amten bekommen, wesentli beffer stehen als die in anderen Betrieban beshäftigten Beamtinnen.

Was die Fernsprech-Automaten anlangt, fo find wir, wie mir der Herr Abg. Singer zugeben wird, noch im Stadium des Versuchs. Es ift nur der erste Anfang, und außerdem find in vielea Poftämtern die ermietheten Räume so mangelhaft und beschränkt, daß eine auder- weitige Unterbringung des automatishen Fernsprehers fehr \chwer

ift. Gegen den Wunsch, Zellen aufzustellen, lassen fich auch große Bedenken geltend machen. Ich habe zwar nicht Gelegenheit gehabt, speziell hier in Berlin Beobachtungen darüber aazustellen ; aber ih erinnere mi, als ich vor zwei Jahren im Sommer in Wien war, Zellen für den allgemeinen Fernsprehbetrieb gesehen zu haben. Jeder, der da hineinging, beeilte sih, aus den Dingeru wieder heraus- zukommen, denn es herrschte in ihnen eine Hiße zum Umfallen. Eiue praktishe Einrichtung ift dafür bisher leider nicht gefunden worden. Ich muß allerdings zugeben, daß es zur Zeit niht sehr angenehm ift,

in einem Raum \prehen zu müssen, wo Lärm if und andere Leute das Gespräh mit anhören müssen. Immerhin werde ih der An- regung Folge leisten, und wir werden entsprehende Versuche machen; denn au auf diesem Gebiete handelt es sih darum, der Bevölkerung allgemein die Fernsprecher in geeigneter Weise zugänglih zu machen.

Damit glaube ih alles beantwortet zu haben.

Der Titel wird bewilligt. 5 Bei dem Titel „Unterbeamte“ bringt der

Abg. Werner (Reformp.) zur Sprache, daß vielfa den Unter- beamten gegen die bisherige Arbeitsvertheilung eine here Dienst- rten müßten

die Beamten troy einer allgemeinen Verfügung bis zu 90 Stunden Die Dienst- und Arbeits-

räume, besonders für die Pälkereien, seien oft viel zu eng. Das

Leistung auferlegt werde. Jn Berlin und an anderen

wöchentlihe Dienstleistung absolvieren.

AEGNEn mit seinen Ungerechtigleiten sei endlich zu be- gen.

Staatssekretär des Reichs-Postamts von Podbielski:

Meine Herren! Daß ih kein Freund von Gratifikationen bin, habe ih hon öfters au8gesprohen. Jch glaube aber, der Herr Vor- redner hat sich in einem Jrrthum befunden, weil er längere Zeit niht mehr in der Budgetkommission gewesen ift; son müßte er wissen, daß die Posträthe als höhere Beamte keine Gratifikation mehr bekommen. Es kann also von ihm jeßt kein unzufriedener produziert und auf den Tisch des Hauses niedergelegt werden. Die Gratifikation besteht zur Zeit nur noŸh bei den mittleren und Unterbeamten, und wenn ih fie dort beseitigen fönnte, würde ih mich freuen. Es kleben den Gratifikationen sehr leiht mens{hlihe Jrrthümer, menschliches Wohlwollen und unter Umfiänden auch einmal abgünftige Urtheile an. (Sehr richtig!) Also darum bin ich kein Freund derselben. Aber ohne fie ganz aus- ' zukommen, halte ich für sehr {wer, und Sie sollten einmal sehen, wie dieselben Beamten, die heute schreien, wenn ein Anderer eiw2s mehr bekommen hat, ert schreien würden, wenn wir sie bei ihnen ebenso beseitigten, wie wir sie bei den oberen Beamten beseitigt haben. Diese Beamten . renen eben mit der Gratifikation, und wenn Sie den Betheiligten die Frage vorlegen wollten, ob wir die Gratifikation streichen sollen, so würden Sie durchweg ein Nein hören.

Was nun meinen Erlaß vom 17. April 1899 über das Arbeitsmaß der Beamten und Unterbeamten betrifst, der damals, foviel ich weiß, allseitig gut beurtheilt wurde, so erwähnte ih hon, daß er noch niht an allen Orten durhgeführt werden konnte, und wenn ih folhe Mißftände herausftellten, wie der Herr Abgeordnete glaubt, so bia ih ihm dankbar, wenn er mir fie mittheilte; dann werde ih die Sache prüfen. Aber ganz allgemein in die Frage einzutreten, ift sehr s{chwierig. Jh habe meinen Standpunkt in dem Erlaß klar dargelegt, daß ih wünsche, daß die Beamten niht überangeftrengt werden. Daß hin und wieder Räume nicht ausreichen, daß namentlih hier in Berlin vershiedene Postämter in unzulänglichen Räumen untergebracht sind, darüber bin ih niht im Zweifel. Ih gebe auch gern zu, daß in Caffel, wo mir die Räume bekannt find, auch in dem neueren Gebäude niht fehr

große und zweckentsprehende Räume vorhanden sind; aber, meine Herren, vergessen Sie auch nicht, wie enorm unser Verkehr zugenommen hat. Als ich vor drei Jahren mein

Aint antrat, waren es im Etat nur 260 Millionen Einnahme und der Etat, der Ihnen jet vorliegt, rechnet mit einer Einnahme von 368 Millionen. Das find 100 Millionen mehr. Entsprechend sind auch alle Räume mehr beanspruht und die Verwaltung selbst leidet unter diesen Verhältniffen. Aber es ift ja ein gesundes Prinzip der Postverwaltung, daß wir uns aus unferen Einnahmen die erforder- lihen Gebäude schaffen und niht aus Anleihemitteln.

Abg. D asbach: Die Wohnungsfrage drückt ganz besonders auhch die Unterbeamten. Jeder dieser Beamten muß 1/5 seines Einkommens für die Wohnung opfern. Erhöhen wir die Gehäkter, so folgt meistens sofort auch eine Grhöhung des Wohnungspreises, und der Beamte is um nihts gebessert. Die Hausbesizer find sehr eifrig dahinter, ' wie mehrere mix zur Kenntniß gekommene Fälle beweisen. Die Postverwaltung follte doch nah dem Beispiel anderer für ihre Unterbeamten eigene Wobnungshäuser bauen; um Grundftücke würde fie nihht verlegen sein.

Staatssekretär des Reichs-Postamts von Psdbielsfki:

Dem Herrn Abg. Dasba habe ih zu erwidern : die Unterbringung einer großen Anzahl von Unterbeamten auf dem Lande ift bereits als nothwendig anerkannt, und die Budgetkommission bat mit dem Reichstage die erforderlihen Beträge eingestellt. Aber dort handelt es fich um Wohnungen bis zu 4 Familien, meist einftôckig, wo die Familien neben einander Leben mit getrenntem Haushalt. Ih habe auf meinen Reisen gerade umgekehrte Erfahrungen gemacht, z. B. bei Eifenbahnbeamten. Jn Berlin siad zum theil für die Unterbeamten größere Häufer gebaut ; fie klagten und

} mit Reht über Kasernierung. In Berlin könnten wir niht ein-

ftôödige Häuser bauen, dazu ist der Grund und Boden viel zu theuer. Hier müßte man große Miethskasernen aufführen mit Treppen- fluren, die den verschiedensten Familien zugängliÞh find. Grade dadurh würden Schwierigkeiten entstehen. Jch bin niht für eine Kasernierung unserer Unterbeamten, das sage ih ganz ofen. Selbst wenn man Hinterhausterrain erwerben würde für einen derartigen Hausbau was würde das koften! da ift der andere Weg richtiger, den Unterbeamten Freiheit zu geben, fih selb eine Wohnung zu+fuchen, und ihren Wohnungsgeldzushuß zu erhöhen. Die Ansichten darüber mögen verschieden sein, aber zur Zeit bin ih gegen eine Kasernierung in den großen Städten.

Abg. Werner: Die Mietbspreise sind in Berlin sehr verschieden ho; darauf sollte au bei Bemessung des Wohnungsgeldzuschufses Rückfiht genommen werden. Kafernierung der Unterbeamten würde ih auch niht empfehlen können.

Abg. Dasbach : Von dem Ausdruck „Miethskafernen“ würde ih mi nit \s{hrecken lafsen; in diesen staatlichen Ralernes würde doch eine ganz andere Wirthschaft herrschen, und auch das läftige Wohnungs- suchen würde fortfallen.

Abg. Dr Müller - Sagan: Die Kasernierung der Beamten ift ein System, so unglücklih wie möglih; wenn fih auch die Männer vertragen, die Frauen vertragen sich niemals. Die Wohnungsuoth ift vorhanden; dieser abzuhelfen, haben wir das Syftem der Theuerungs- zulagen und eventuell eine neue Tarifierung der Theuerungssäge.

Damit schließt die Diskussion.

_ Nach dem Titel „Stellenzulagen“ ist im Etat ein neuer Titel eingeschaltet, welcher als Theueruñgzzclagen für Unter- beamte 1 435 800 F auswirft.

“Abg. Singer spriht die Befürchtung aus, daß bei der Ver- theilung dieser Theuerungszulagen ebenso wie bei denen der Stellen- nb bitiet den Staatssekretär um Verwendun, dieses Fonks Lvinlis un en Staatssekretär um Verwendun es Fonds led nach den Grundsäßen der Gerechtigkeit. L Mes. Dans LBRNE

Bei den Ausgaben für Stellvertretungskosten für Beamte und Lmie L E Fans der g. Singer mehr Berücksichtigung der Landbriefträ Gewährung von Grholungsurlaub. Os E E E Bei den Titeln, betreffend Tagegelder, Fuhrkosten, Umzugs- kosten und Miethsentshädigungen bei Verseßungen der Beamten beslemortet egi die Einfüh iner Vors ¡ nger die Einführung einer Vorschrift für di - unterbeamten, analog derjenigen für die Militärpersonen, Ry innerhalb 4 km von der Stätte ihrer amtlihen Wirksamkeit aus Vote De e TlTeT Sagan tritt dieser Anregung ent f g. Dr. er-Sagan eser Anregung entgegen; au die Mietbhsentshädigung bei Verseßung hätte eine V d keinen Einfluß. Wolle man den e s le dine lolcje Bors@rift nungófrage entgegenkommen, so könne dies lediglih durch Theuerungs-

zulagen geschehen, i

" Bei den Ausgaben für Miethe für Postgebäude 1 422 000 4 bem Moe Ei Thoff, daß die auf G g. off, e rund von Verträgen errichteten Gebäude häufig niht entfernt dem wirklichen E R ORENE ergestellt seien, sodaß sehr bald neue Unzuträglihkeiten entftänden. o lägen die Verhältnisse zu Mülhausen.- Auch in Altendorf im Rheinland set den dringenden Bitten der Gemeinde um Erweiterung der dortigen Poftanlage niht entsprochen worden. Der Rest des Ordinariums wird unverändert bewilligt. Um 58/4 Uhr wird die Fortsezung der Berathung auf Donnerstag 12 Uhr vertagt.

Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten.

14. Sigung vom 31. Januar 1900, 11 Uhr. __ Die zweite Berathung des Staatshaushalts-Etats v Ses wird bei dem Etat der Forstverwaltung fort- geleßt.

Die Einnahmen aus den Holzverkäufen, 711/2 Millionen Mark, sind wegen der gestiegenen Holzpreise um 51/2 Millionen E als im vorigen Jahre, die Einnahmen aus Nebennußungen ind auf 4349000 M veranschlagt. j

Die Abgg. von Mendel-Steinfels, Freiherr von Wangenheim, Papprigt (kons.) und Genossen bean- tragen:

Die Königlihe Staatsregierung wird ersucht, in Zukunft in den Etat der landwirthsaftlihen Verwaltung ausreichende Beträge zur Förderung der bäuerlihen Forstwirthschaft einzustellen U ies Beträge nah Bedarf den Landwirthschaftskammern zu Udverwetîlen.

Ueber den Beginn der Debatte is in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet worden.

Minister für Landwirthschaft, Domänen und Forsten Freiherr von Hammerstein:

Meine Herren! Auf die Erörterungen des Herrn Vorredners wird der Ober-Landforstm-ister eine kurze Erwiderung geben. Ih C mich auf einige kurze Bemerkungen zu dem hier gestellten

ntrag.

Meine Herren, da mir exakte Zahlen augenblicklich nicht vor- liegen, bin i genöthigt, mi nach dem Gedächtniß und nach den Mittheilungen meines Herrn Nachbars auf allgemeine Zahlen zu bes fchränken. Nach der vorliegenden Statistik vertheilt sh der Wald zwishen Privatbesizg, Staatsbesiy und Genossenschaftsbesiß in fol- gender Weise: 52 9% unferes Waldbesißes in Preußen befinden sich im Privatbesiß, 30% im Staatöbesitz, der Rest, also 28 9/0, ift Ges meinde- und Geñossenshaftswald. Meine Herren, Sie sehen daraus, daß der Schwerpunkt unserer Waldwirthschaft, und vielleicht der größte, im Privatwalde bezw. im Genoffenfchafts- und Gemeinde- walde liegt. Vom Privatbesiß sind auszusheiden große Fidei- kommißforften, auch im wesentlihen die Forftien des Großgrundbesigzes, von denen man, wie ih glaube, im großen Ganzen fagen darf, daß dieser Wald forstwirthschaftlich rihtig und konservativ bewirthshaftet wird, fodaß also eine Gefahr nach dieser Richtung nit vorliegt. Dagegen wird derjenige Waldbesiß, der fih in der Hand des mittleren Grundbesitzes, auch einzelner nicht allzu großer Privatbesiter, befindet, in Preußen mehr oder weniger devastiert. (Sehr richtig !)

Dazu wirken eine ganze Reihe von Urfachen mit. Eine ift hier \chon angeführt. Es ift zweifellos, daß die schwierige Lage der Land- wirth\{aft vielfah den Landwirth nöthigt, auf das Kapital, das feine Vorfahren erspart haben, zurückzugreifen, um \sich vorübergehend in der \{chwierigen Lage der Landwirthschaft zu helfen. Die Nothwendigkeit oder die Neigung, in dieser Richtung vorzrgehen, wird wesentlih dadur verstärkt, daß die Verkehrsmittel sich in der ganzen Monarchie außer- ordentlih verbessert haben, daß in Landestheilen, wo es früher nicht möglih war, Waldreichthum abzusetzen, das jeßt dur die Eisenbahnen, dur bessere Verkehrswege u. |. w. erheblich gefördert ist. Auch der Bedarf an geringwerthigen Hölzern, namentlih an Grubenhölzern, hat außerordentlich zugenommen ; im Preise sind diefe Hölzer geftiegen. Alle diese Umstände haben mit dazu geführt, daß selbst konservativ wirthshaftende Landwirthe troß einer gewissen Liebe für ihren Wald- besiß, sowohl mittleren und kleinen Besitz, einmal die Konjunktur benugend und anderntheils dur die shwierige Lage der Landwirth- schaft veranlaßt, ihren Waldschaß' angreifen.

Meine Herren, wie if nun gegen diese Mißstände vorzugehen ? Der vorliegende Antrag hat ja infofern eine große Bedeutung, als der Staat mit erheblihen Mitteln eine Wiederaufforstung der ab- geforfteten Grundflähen fördern sol. Jh glaube namens der Staatsregierung, obgleich ein bestimmter Beshluß über diese Frage noch nit gefaßt hat, die Erklärung abgeben zu dürfen, daß die Staatsregierung ein Bedürfniß - nach dieser Be- ziehung anerkennt, und daß die staatilihe Finanzverwaltung, wie ih glaube, wenn das wirthschaftlihe Ziel der rihtigen Ver- wendung der Mittel gesichert ift, für diese Zwecke größere Mittel zur Verfügung ftellen wird. (Bravo!)

Meine Herren, aber damit ift die Sache nicht erledigt. Eine große Gefahr der zunehmenden Entwaldung liegt beispielsweise darin, daß große fkapitaliftishe Unternehmungen ih will sie dem Namen nah nicht nennen Grundbesiß erwerben, vielleiht unter dem Vor- wande, damit politische Ziele zu verfolgen, daß aber thatsächlich diese großen Genofsenshaften den Grundbesiß in unangemessener Weise vertheilen, verkehrt in der Art der Anseßzung von kfleinerem und mittlerem Grundbefiß vorgehen (sehr rihtig!), vor allem aber den erworbenen Grundbesitz dazu benußen, um den darauf befindlihen Forstbeftand auszushlachten. (Sehr richtig !) Dieses Vorgehen hat bereits so großen Umfang angenommen, daß die Staatsregierung der Frage näher zu treten sich verpflichtet erachtet, ob auf dem Wege der Geseßgebung gegen dieses gemein- gefährlihe Vorgehen einzuschreiten i. (Bravo! rechts.) Meine Herren, soll das gesehen, dann muß das hohe Haus aber au die Staatsregierung in diesem Vorgehen unterstüßen. Jch erinnere daran, daß schon wiederholt seitens der Staatsregierung der Versuch gemacht ift, die freie Befugniß über den Privatwald dur Einführung einer Staatsauffiht einzuschränken, dadurch zu erstreben, daß der Privat- forstbesiger seine Forften forstwirthshaftliÞ behandelt, für eine angzmessene Wiederkultur der abgetriebenen Flähen sorgt.

(S{luß in der Zweiten. Beilage.)

zum Deutschen Reichs-A

M 30.

Zweite Beilage

Berlin, Donnerstag, den 1. Februar

nzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.

1900.

(Séhluß aus der Ersten Beilage.)

So oft ich erinnere beispielsweise an - die. Wald- Gesetzgebung für den Kreis Olpe die Staatsregierung den Versuch gemacht hat, gegen die in Frage stehenden Schäden gefeblich einzuschreiten, hat die Staatsregierung niht immer die Unterstüßung des Hauses gefunden. Das Haus hat meistens Be- denken getragen, in tas freie Verfügungsreht des Privatforstbesißers einzugreifen.

Nun komme ich auf die vorliegende Anregung zur Verwendung größerer Staatsmittel für die private Aufforftung, für die Wieder- belebung der Forstthätigkeit der Privatforstbesißer zurü. Sollen diese Bestrebungen Erfolg haben, so muß Garantie dafür geboten sein, daß das mit Mitteln des Staats Geschzffene forstwirthshaftlih rihtig behandelt und nicht wieder ausgeschlachtet wird, sobald es verwerthbar und günstige Konjunkturen die unwirtbhschaftliße Ver- werthbarkeit fördern. (Sehr richtig! rechts.) Dann if es ein Danaidenfaß, das man forlwährend füllen, müßte, ohne den Zweck, den wir alle wollen, unserem Vaterlande den nothwendigen Wald- besiß zu \haffen und zu erhalten, zu erreichen.

Meine Herren, jeder \tügt ih gern auf Erfabrungen aus seiner früberen dienstlihen Thätigkeit, kennt au am besten die Verbältnisse seiner heimathlihen Provinz. In meiaer früheren dienstlichen Thätig- keit als Landes-Direktor und Mitolied der Previnzial-Verwaltung für die Provinz Hannover habe ich umfassend Antheil an der Selbst- verwaltung der Provinz Hannover genommen ; dieselbe hatte fih das Ziel gesteckt, gegen die Entwaldung des mittleren und kleineren Grund- besitze, unter Umständen auch des größeren Grundbesißes, präventiv vorzugehen. Nah meiner Auffassung hat die Verwaltung der Provinz Hannover in diesec Richtung glücklich gewirthschaftet. Dieselbe gewährt jedem, der auffocsten will, aus einem für diesen Zweck geschaffenen Aufforstungsfonds die nothwendigen Kulturmittel gegen einen niedrigen Prozentsaß, in der Regel 1% und 29/0 Amortisation. Die Gesammtkosten, die durch die Aufforstung er- fordert werden, werden also zur Verfügung gestellt. Daneben bietet dieselbe durch ihr technisches Personal den Privatforstbesigern jede tehnishe Hil'e unentgeltlih, und endlich wird durch große Forst- gartenanlagen fast für umsonst das Bepflanzungsmaterial in der vollendetsten Beschaffenheit zur Verfügung gestellt. Außerdem hat diè Provinzialverwaltung etwa eine Quadratmeile grcßen provinziellen Forstbesiß geshaffen, dort bildet sie für Privatforstbesizer tüchtige Forstwärter aus. Mit diesen Maßnahmen is Großes er- reiht. Zu meiner Freude kann ih feststellen, daß dieses Vorgehen auch bei den übrigen Provinzialverwaltungen allmählih Nachahmung findet, daß auch sie, wenn auch auf vershiedenen Wegen, die Bestrebungen der Privatforstbesizer unterstüßen. Die wobltbätige Wirkung dieser Bestrebungen wird immer mehr in Erscheinung treten und von der Köntglihen Staatsregierung möglichst gefördert.

Meine Herren, wenn die Staatsregierung die fraglihen Be- ftrebungen in geeigneter Weise fördern will und soll, fo ift dazu Ge- währung größerer Staatsmittel, aber auch Eingreifen dur die Gefeßz- gebung erforderli. Zu meiner Freude kann ich feststellen, daß fast in allen Landwirthschaftskammern der Monarchie auch das Bestredven \sich regt, auf diesem Gebiete mitzuwirken. Darüber dürfen wir uns aber nicht täushen: wollen wir dauernd etwas Gutes shaffen und erhalten, dann wird au die Geseß- gebung energish eingreifen müssen. (Sehr rihtig! rechts.) Aus mehr oder weniger theoretishen Gründen wird man Maßnahmen der Geseßz- gebung niht bekämpfen oder abweisen dürfen, maßgebend dürfen nur wirtbshaftlihe Gründe sein. Das Gesammtwohl des Vaterlandes wird allein entsheidend sein dürfen. Die Staatsaufsiht muß dahin wirken, daß volkswirthshaftlih, forstwirthschaftlih rihtig der Privat- besitzer seinen Waldbesiß benußt und bewirthschaftet.

Meine Herren, ih glaube mit diefen kurzen Bemerkungen {ließen zu dürfen. Es geht daraus klar bervor, daß die Staats- regierung und das höhe Haus in dem Ziele, das hier in dem zur Be- rathung \tzhenden Antrage niedergelegt ift, einverstanden sind, daß aber allein mit der Bewilligung von Geldmitteln das gemeinsame Ziel nicht erreiht wird, daß eine Reihe anderer Aufgaben zu lösen find und namentlih Aufgaben, die auf dem Gebiete der Geseßgebung liegen. Da gebe ih mi der Hoffnung hin, daß, wenn die Staats- regierung eine solche Vorlage bringen wird, niht aus theoretischen Bedenken éine Ablehnung der Volkévertretung erfolgen wird, daß vielmehr ledigli forstwirthshaftliße und allgemein wirthschaftliche Gesicht:punkte entscheidend sein werden, selbst auf die Gefahr hin, daß dadurch die Pcivatbefugnisse der Waldbesizer etwas eingeschränkt werden müfsen.

Meine Herren, ich glaube mi auf diese Bemerkungen beshränken zu dürfen und gebe mih der Hoffnung hin, daß die durch den Antrag gegebene Anregung zum Segen unseres Waldes, für den ih ftets, wie jeder Deutsche, ein warmes Herz haite, dienen möge. (Lebhafter Beifall.)

Ober-Landforstmeister Donner: Die Frage, ob die Holzverkäufe wieder ia den Wald zurückverlegt werden follen, ift wiederholt erörtect, und die Meinungen gehen sebr auseinander. Wir werden indeß die neue Anregung wiederum prüfen. J verweise abe: nur auf das Wetter, dessen wir uns heute zu erfreuen haben. Bei jolchem Wetter köanen die Protokolle niht im Freien geführt werden. Nach langer Praxis siand wir zu dem jeßigen Verfahren gekommen. Die Holzauktionen werden au vorher lange genug bekannt gemacht.

Abg. von Mendel-Steinfels (kons.): Wir können uns mit den Ausführungen des Ministers vollkommen einverstanden erklären. Deutschland muß seine abgeholzten Ländereien sowie feine Deds ländereien um so mebr wieder aufforsten, weil von anderen Läntern, von denen wir jeßt L beziehen, wegen des dort betriebenen Raub» baues bald weniger Holzzufuhr zu erwarten ift. Eine Aufforstung in den Quellgebieten würde großen Schuß gegen die vielen Ueber- \{hwemmungen bieten, unter denen wir jeßt zu leiden haben. Beim Ab!hluß der neuen Handeltverträge ift in Betracht zu ziehea, ob nicht auf Q uebracho- bolz ein Zoll zu legen ist, da durch die zollfreie Ginfuhr unfer Schâl- wald, der Ernährer des kleinen Mannes in den westlihen Provinzen,

geschädigt wird. Gerade die bäuerlihen Besißer haben viel Wald n threm Besiy. Der Schwerpunkt für die Interessenvertretung

des Waldbesißes liegt in den Landwirtbschaftskammern. Für diese empfiehlt sib die Schaffung eines forstlihen Beiraths. Je allge- meiner die Ueberzeugung von der hohen Bedeutung des Waldbetriebs wird, desto leihter werden sih die Betheiligten gewiffe Schranken zur Erreichung dieses Ziels auferlegen lassen. n der \chle{ten Zar der Privatforsten hatten bisher die meiften Shädigungen dur orftschädlinge ihren Grund. Ia dieser Richtung können die Land- wirthschaftekammern und die Vereinigungen voa Pcivatforstbesitz-rn am nüßlichsten wirken. Darum müssen den Landwirthschaftsfkammern die Mittel zur Verfügung geftelt w-rden zum Segen der Privat- forstwirthshaft, die in hervorragendem Maße wirths{aftlihe E:n- nahmen bringt.

Abg. Goerd eler (fr. kons.) wün\{ht, daß auf die kleinen Leute in der Nähe des Waldes insofern größere Rücksiht genommen werde, daß beim Einschlag ein größerer Prozentsaß als Brennhoiz abgegeben wird. Bei Strasburg in Westpreußen sei von der Herrschaft Gra- bowo ein Wald von 400 ha niedergeshlagen worden. Es sei be- trübend, daß der Staat in solhen Fällen nicht eingreifen könne. Redner wünsht eine Nachweisung darüber, wie sich Nugzholz zu Brennbolz in den einzelnen. Provinzen verhalte.

stei Minister für Landwirthschaft 2c. Freiherr von Hammer- ein:

Nur eine kurze Erwiderung. Der geehrte Herr Vorredner hat den Wunsch ausgesprohen, daß im Etat eine getrennte Bemerkung über die Nugßholz- und Brennholzerträge gegeben werde. Wenn der geehrte Herr die Güte gehabt häitz, die Bemerkungen auf Seite 3 nahzusehen, so würde er gefunden haben, daß das in dem Etat hon

geschehen ift

Abg. Wamhoff (nl.) meint, daß der Antrag noch geändert werden müsse; fo sei zweifelhaft, ob die betreffenden Beträge allein den Landtwirthshaftskammern zur Verfügung gestellt werden follen. Der Redner macht verschiedene Vorschläze zur Verbefserung der Wald- ivirtbschaft. Die genofsenschaftlihe Organisation sei jedenfalls empfehlenswerth, aber was für eine Provinz passe, brauhe noch nit für eine andere angemessen zu sein. In manchen Gegenden könne vielleicht cine Verkoppelung der Grundstücke vorgenommen werden. Im Prinzip flimme er dem Antrag vollkommen zu und wünsche, daß er der Forstwirthsast zum Segen gereichen möge.

Abg. Freiherr von Wangenheim (konf.) widerspricht dem Vor- redoer darin, daß die Landwirthshaftskammern aus dem Antrag heraus- gelassen werden sollten. Der kleine Waldbesiß stehe thatsähhlich vor der Gefahr der Devastation. Der Antrag habe durch die Debatte seinen Z veck erfüllt, und er ziehe ihn deshalb zurück. Bei neuen Ansiedelungen sollten die entstehenden Gemeinden zur Anlegung von Gemeindeforsten angehalten werden. (Die weiteren Ausführungen des R bleiben auf der Tribüne unverständlih, da er abgewendet pricht.

Abg. Gamp (fr. konf.): Der Minister hat die stetig zunehmende Abholzung auf die Nothlage der Landwirthschaft und die günstige Konjunktur zurückzeführt. Jh möchte sie allein auf die Notblage zurückführen und meine, daß die günst’ge Konjunktur gerade eine walderhaltende Wirkung ausübt, da der Waldbesiger, der aus Noth verkaufen muß, bei günstiger Konjunktur weniger zu verkaufen bravcht und dur diese Konjunktur erst die Aufforftung rentabel wird. Das Beispiel des hannoverschen Provinzialverbandes kanu im Often ohne Mit- hilfe des Staats nicht nahgeahmt wzrden. Den Privatbesitzer, der aus Noth Wald verkauten muß, kann man nicht zwingen, im öffent- lichen Interesse wieder au‘zuforsten, oder man muß ihn dafür aus allgemeinen Mitteln entschädigen. h müssen sowohl für den großen, wie für den kleinen Besiß erleichtert werden; denn die Forfifideifkemmisse haben eine große wirtbshaftlihe Bedeutung. Die uns \{chon vor Jahren ver- sprchene Ermäßigung des Fideikommißstempels is aber noh immer nicht eingetreten. In Swlesien ift der : rivate Walobesiß da- durch erhalten worden, daß die Landschaften diesen Besiy beleihen. Unser Buchenholz würde sich zu Eisenbahnschwellen gut eignen, wenn es in passender Weise in prägniert wücte. Die mecklenburgishe Re- gierung hat bestimmt, day das Material für Eisenbahnshwelien aus medcklenburgishen Wäldern entnommen werde. Es is nit richtig, daß die Eisenbahnverwmaliung mit Buchenshwellen in Clfaß-Lothringen Versuhe macht. Die Hebung der allgemeinen Lage der Landmnirth!chaft, die Dotation der Provinzialverbände, die Erleichterung der Forstfidei- fommisse und die Verwerthbarkeit unserer Holzbestäade das find die großen Mittel zur Hebung der Waldwirthschaft. Ferner sollte die Ansiedelungskommi'sion in diesem Gebiete mit berangezogen werden. Die günstige Finanzlage muß der Staat zur Vermehrung der Auf- focstung benuyen. Eine intensiv2 Beichäftigung der Arbeiter in den Forsten würde den Arbeitern auch im Winter Arbeit verichafffen. Daß der Nußholzeinshlag veimindert und der Brennholzeinshlag vermehrt werde, fann man niht von einer guten Forstverwaltung verlanzen, Der Minister hat Herrn Goerdeler mißverstanden, der eine Mit- theilung für die einzelne Provinz bezüzlih des Nuß- und Brennholzes wünschte, und darüter steht nihts in den Etatserläutecungen.

f Minister für Landwirthschaft 2c. Freiherr von Hammer- tein:

Meine Herren! Einige kurze Bemerkungen zu den Dar- legungen des Herrn Abg. Gamp. Herr Abg. Gamp hat zunächst ge- fragt, in welcher Lage si die in Aussicht gestellte Fideikommißgeseßz- gebung befinde. Der Entwurf für ein solches Geseß ist im wesentlichen festgestellt, konnte aber in diesem Jahre nit vorgelegt werden, weil umfassende Verhandlungen mit den Lokalbehörden, namentlih mit den Fustizbebörden, nothwendig waren, und weil die Prüfung des Entwurfs im Fustiz-Ministerium noch niht abgeschlossen ist. Vorauésihtlih wird es gelingen, den Entwurf für die nähstjährige Sefsion fertig zu tellen und vorzulegen.

Der Herr Abg. Gamp hat weiter angeregt, ob es nit möglih sei, eine bessere Verwerthung der Bvoche zu erzielen, und hat Bemerkungen über die Imprägnierung ter Buche, die an- geblih zu diesem Zweck nah Elsaß-Lothringen geshickt werden müsse (Widerspru des Abg. Gamp), gemaht. Meine Herren, die Bestre- bungen, eine bessere Verwerthung des Buchenholzes zu erzielen, find schon seit einer Neihe von Jahren in umfassender Weise in die Wege geleitet. Ein großes Interesse für diese Angelegenheit bewies stets auch Fürst Bismarck, mit dem wir Erfahrungen auf diesem Gebiet ftets ausgetausht haben, solarge ich der landwirthschaftlihen Ver- waltung vorftehe. Das Ziel, das Buchenholz besser als früher zu verwerthen, ist \chon wesentlich gefördert. Es ergiebt ih hon daraus, daß der Preis des Buchenholzes in den leßten Jahren erheblich geftiegen ist. Allerdings {eint er in diesem Fahre etwas zurückzugehen. Aus diesem Grunde haben wir auch die Erträznisse aus den Staatsforsten etwas niedriger veranshlagt, was im Hause bei der Generalberathung des Etats gerügt wurde. Daß

Bucenholz aus Deutschland nah Elsaß-Lothringen geshickt wird, um

Die Forstfideikommißbildungen- 4

es dort zu imprägnieren, das glaubt der Herr Abg. Gamp selb|Æ wobl nit. (Widerspruch tes Abg. Gamp.) Ja, ih habe des Herrn Abgeordneten so verstanden und men Nachbar au.

Sodann hat der Herr Abg. Gamp die Bitte ausgesprochen, es möge die Ansiedelungékommission auch in der Aufforslungsfrage mit thätig sein. Diejenigen Flächen, welhe die Ansiedelungékommission durch den Erwerb größerer Güter in Besiy erbält, welhe sih zur Aufforftung eignen, werden fast regelmäßig der Staatsforstverwaltung überwiesen. Das is auch ihr richtiger Plaß; die Aufgaben der An- fiedelungsko:nmission liegen auf anderem Gebiet.

Weiter hat der Herr Abg. Gamp gewünscht, daß die Aufforftung von erworbenen Oedlandt flähen möglichs sofort erfolge. Der Herr Abgeordnete wird ih erinnern, daß der Herr Finanz-Minifter außere ordentliherweise im Vorjahr eine erhebliße Summe für Fo!stkultur- zwecke zur Verfügung geftellt hat, damit sind wir auch be- deutend vorwärts gelangt. Daneben ist neulich {on erörtert, daß die Forstverwaltung befugt ist, aus dem Ankaufsfonds für Forftkultur Mittel zu entnehmen. Im Prinzip bin ih mit deu Abg. Gamp dahin einverstanden, daß es unerwünscht if, Oedlands- flähen zu erwerben und sie unaufgeforstet liegen zu lafsen, weil das allerdings eine Vergeudung der Erträge eines angelegten Kapitals bes deuten würde.

Dann hat der Herr Abg. Gamp ausgeführt, es sei ein Glück, daß die ferstlihen Kulturarbeiten nicht mit den l[and-

wirthschaftlihen Kulturarbeiten zusammenfallen; es sei deshalb erwünsht, daß im Frübjahr, wenn die ländlien Arbeiter noch nicht genügende Beschäftigung in ländliher Arbeit

baben, im vollften Maße zu Kulturarbeiten herangezogen werden, und daß ihnen auch möglihs\t au8giebige Beschäftigung in der Winterarbeit im Walde gewährt werde. Dieser Gesichtspunkt ift zutreffend; ih kann aber feststellen, daß die Staatêregierung {on ftets dana ver- fahren bat. Ich erinnere z. B. daran, daß in der Kafsubei die Forst- verwaltung dur Heranziehung der kassutishen Arbeiter in der Winter- zeit und durch Gewährung an Waldarbeit eine große sozialpolitische Aufgabe erfüllt, die von der segensreihften Wirkung auf den Wohl- ftand der fassubishen Arbeitec, auf ihre allgemeine und auf ihre wirthschaftlißhe Bildung is. Die Forstverwaltung gewährt nicht allein Arbeit im Walde; die staatlichen Forftbeamten nehmen fih au in der landwirthschaftlihen Ausbildung der Arbeiter an. Durch Arlegung größerer Moorflähen zu Wiesen wird eine bessere Vieh- haltung ermögliht und das Treiben des Viehes in den Wald ver- mindert. Damit sind überall günstige Erfahrungen gemacht. Die ftaatlihe Forstverwaltung wird auf diesem Wege auch fernerhin fort- fahren. (Bravo!)

Abg. Pohl (fr. Vga.) bemerkt, daß eine Holznoth im Often be- stehe. Daß die Holzpreise nicht wesentlich über die Taxe hinaus- gegangen seien, habe seinen Grund in den überaus \{chlechten Wegen, die in den letzten Jahren kaum zu passieren gewesen. Auf weite Cats- fernungen Holz zu kaufen, empfehle sich durchaus nicht. In den Terminen würden oft große Posten Holz au®gedoten, die dann von vereinigten Fabrikbesizern,-die si niht überböten, zu billigen Preijen aufgekauit würden, während die Landwirthe bedeutend über Taxe be- zahlen müßten und somit ges{hädigt würden. :

Abg. von Sanden- Tilsit (nl.) bedauert, daß auf die Holjz- industcie viel mebr Rücksicht genommen werde, als auf die Landwirth- schaft. Der Verkauf des Holzes in großen Loosen ershwere es den kleinen Leuten, fh ibren Holzbedarf zu verschaffen. Der Redner bittet, die Ablösung des Schulholzes in wohlwollende Ecwägung zu ziehen, weil in der Anrehnung des Holzes für den Lehrer der Wertb des Holzes zu shematish, ohne Rucksicht auf die lo?!alen Ver- hältnisse bemessen werde. /

Ober-Landforstmeister Donner erkennt an, daß die Beschwerden in dieser Hinsicht begründet seien, erklärt aber eine Ablösung des Sulholzes aus geseßlihen Gründen nit für zulässig. Es müfse eine Entschädigung in anderer Weise eintreten i

Abg. Freiberr von Heereman (Zentr.) betont die Nothwendig- feit ter Erhaltung des Wald2s gerade für den kleinen und mittleren landwirthschaftliten Besiß und erklärt fich deshalb dur die Aus- führungen des Minifters für außerordentlich befriedigt. Die Unter- stügung des kleinen Besiges auf diesem Gebiete sei gerade um des- willen nötbig, weil sich der Wald erst naŸ Generationen ver- werthen laffe. ( i

Abg. Lüders-Gronau (fr. kons.) weist auf die guten Refultate bin, welche in der Provinz Hannover dur Forstgenossenshaften in der Regelung einer einheitlihen Waldwirthschaft erzielt worden seien. Diese Genossenschaftsbikdung fehle im Osten. Die Regierung müsse lerner hinreichende Mittel bereitstellen, um die Dedländereien aus- zuforsten. Z

Abg. Sch midt- Nakel (fr. konf.) wünscht größeren Holzeinschlag auf den Domänen in der Provinz Posen. e À s

Abg. Szmula (Z) glaubt, daß cine gewi}e Verpflihtung für die Regierung vorliege, den kleinen Leuten auf dem Lande durh Her- gabe von Brennholz und Waldftreu entgegenzukommen. Seit Friedri dem Großen hätten die Koloniften in Schlefiea ein Anrecht darauf. Die Preise für Brennholz müßten niedriger gehalten werden. :

ber-Landforstmeister Donner erwidert, daß die Preise im vorigen Jahre in Preußen sih niedriger gehalten hätten als in den anderen dzutschen Bundesstaaten, in Preußen habe der Preis 8 M betragen, im Königreich Sachsen 15—16 #4, in Baden 11 ä 2c. Auch für die Hergabe von Waldstreu sei geforgt. :

Abg. Dr. Hahn (B. d. L): Ein Bauer aus dem Siegerlande wünscht in einem Brtefe an den Bund der Landwirthe neben einer Stemvelung des mit Quebracho gegerbten L-ders einen Einfuhrzoll auf Quebrahzoholz. Der Preisuntershied zwischen Swuhzeug aus Quebracholeder uxd solchem aus mit Eichenlohe gegerbtem Leder ift nur unbedeutend; aber das erftere ift minde:werthig. Jch habe an meinen eigenen Stiefeln hier in Berlin traurize Erfahrungen in dieser Beziehung gemacht. Die Regierung müßte eine Stempelung einführen, da es fich bier um eine der vielen Seiten des unlauteren Wettbewerbs handelt. Wir wollen damit das Surrogat nicht beseitigen, aber das Publikum muß in die Lage kommen, zu beurtheilen, welche Waare es kauft. In Preußen ist dies bicher nicht genügend berücksihtigt worden, obwohl die Forderung do sebr bescheiden if. Die Rentabilität der großen Gerbereien, die mit Quebraho arbeiten, is niht zurückzegangen, fondern manche derartige Gesellschaften haben bis zu 3% 9% Divi- dende gezahlt. Dem gegenüber if der weitere Rüdgang der kleinen Lohgerbereiin, die mit Eichenloße arbeiten, ganz un- cermeidlich. Hierauf „muß der Bundesrath mehr als bisher achten. Der Reichtag hat vor einigen Jahren eine Resolution auf Einfüh- rung eines Einfubhrzolls auf Quebraho angenommen, und auch die größeren Gerbereien follten den Eihenshälwaldbauern diesen Schuß zuerkennen. Für diese Bauern muß gesorgt werden, weil es königs-