1876 / 18 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 21 Jan 1876 18:00:01 GMT) scan diff

die Verfolgung aber gegen auswärtige Staaten gethanen An- griffe ex officio vorshreibt. Bisher sei die Gegenseitigkeit immer die Voraussezung der Strafverfolgung gewesen.

Der Bundeskommissar, Geheimer Legations-Rath Wilke, Hob die politische Bedeutung des §. 102 hervor, sowie daß von Seiten der diesseitigen Regierung bei der Strafverfolgung des in Rede stehenden Deliktes ein hohes Interesse obwalten könne, zu- mal die Feststellung der Reziprozität technishe Schwierigkeiten biete. Das Auswärtige Amt lege auf die Annahme der Vor- lage eventuell des Amendements Thilo großen Werth. Abg. Klöppel führte sodann aus, daß der Fall Duhesne überall und namentlich auch in England die Nothwendigkeit der Abänderung der gegenwärtigen Gesehgebung dargethan habe. Deutschland sei es seiner Würde \chuldig, nunmehr au in seiner Geseßz- gebung jenen völkerreWßtlihen Grundsaß zum Ausdrucke zu brin- gen. Das Amendement Thilo scheine ihm sachlich nicht ganz Forreft, auch dürfte dasselbe, so lange das Legalitätsprinzip bei der Strafverfolgung noch nicht voll durhgeführt if, wohl zu entbehren sein.

Abg. Reichensperger (Crefeld) erkannte diese Nothwendigkeit niht an und warnte, aus dem Falle Duchesne Anlaß zu nehmen, ein Gelegenheitsgeseß und namentlich ein Strafgesey zu machen.

Der Bundeskommifsar, Reichskanzler-Amts-Direktor v. Ams- berg wiederholte, daß die verbündeten Regierungen auf die An- nahme der Regierungsvorlage beziehungsweise des Amendements Thilo den größten Werth legen. Es handele fich nit sowohl um ein neues Strafgeseß, als um die Abänderung der Voraussezung der Strafverfolgung. Sollten aus der Durchführung des Legalitätsprinzips wirklih Schwie- rigkeiten entstehen, so sei denselben durh den Antrag Thilo fehr leiht abzuhelfen; denn würde wirkli die Untersuhung Dinge ans Licht bringen, die im Interesse unserer Politik geheim zu halten find, so würde das Auswärtige Amt die Ermächtigung nicht ertheilen. Die Regierungen wären auch einverstanden damit, wenn ftatt der Ermächtigung des Auswärtigen Amts der Antrag desselben erfordert würde.

Abg. Klöppel gab zu, daß der Fall Duchesne nicht ganz analog liege was er auch gar nit behauptet habe, indessen empfehle die gleiche allgemeine Rücksiht, auG hier die Straf- verfolgung, wie regierungsseitig vorgeschlagen, eintreten zu lassen.

Der Abg. Windthorst (Meppen) war der Ansicht, daß die beiden Vorausfezungen der Reziprozität und der Ermächtigung des Auswärtigen Amtes der Annehmbarkeit des Paragraphen \so naturgemäß seien, daß man in keiner Weise davon abgehen könne. Auch der Abg. Dr. Lasker empfahl die Annahme der Kommissionsbeschlü}e, indem er hervorhob, es sei allseitig an- erkannt, daß die Beziehungen zum Auslande so \{chwankender Natur seien, daß die Verfolgung wegen des Verhaltens der Vürger zum Auslande nah Maßgabe der Regierungsvorlage zu den größten Unannehmlichkeiten führen könne.

Nach einer kurzen Bemerkung des Bundeskommissars, Wirlk. Geh. Ober-Regierungs-Rath v. Amsberg, auf welche Abg. Dr. Lasker erwiderte, wurde bei der Abstimmung §. 102 in der Fassung der Kommission mit dem Antrage Banks angenommen, das Amendement Thilo abgelehnt.

S. 103 lautet nach den Beschlüssen der Kommission: Wer fih gegen den Landesherrn oder den Regenten eines nicht zum Deutschen Reiche gehörenden Staats einer Beleidigung {huldig macht, wird mit Gefängniß von Einem Monat bis zu zwei Jahren oder mit Festungshaft von gleicher Dauer bestraft. Die Verfolgung tritt nur auf Antrag der auswärtigen Regierung ein. Die Zurücknahme des Antrages ift zulässig.

Hierzu beantragten die Abgg. Banks, Herz und Genossen, anstatt „von einem Monat“ zu fezen „von einer Woche“, sowie ferner dem ersten Absaze des Paragraphen hinzuzufügen, welchen Antrag der Abg. Herz motivirte.

Nachdem noch der Abg. Lasker das Amendement empfohlen, wurde der §. 103 mit den beiden Amendements des Abg. Banks vom Hause angenommen.

Die folgenden §8. 176, 177 und 178 behandeln die An- tragsvergehen wider die Sittlichkeit. Der Regierungsentwu: f will hier überall den Charakter dieser Vergehen als Antragsvergehen aufheben.

Referent Dr. von Schwarze führte aus, die Kommission habe fich bei diesen Paragraphen mit einer Majorität von 11 gegen 1 Stimme

für die unveränderte Annahme der Regierungsvorlage erklärt. Es seien in der Kommission Gegenanträge gestellt, die dahin gingen, daß das Gericht clbst darüber zu entscheiden haben solle, wenn der Verlezte erklärt, daß er die Verfolgung niht will, ob das öffentliche Interesse die Fortführung der eingeleiteten Unter- suhung erheishe, oder ob das Privatinteresse derart überwiege, daß von der Weiterverfolgung Abstand zu nehmen sei. Die Kommisfion habe diese Anträge abgelehnt in der Erwägung, daß die Durchführung einer derartigen Bestimmung sehr leiht zur Verdächtigung der Gerichte in Bezug auf die Unbefangen- heit und Unparteilichkeit ihrer Erkenntnisse Anlaß geben würde, da sih bei derartiger Hervorhebung von Privatinteressen nur zu leiht Unterschiede nah Klassen- und Standesvorurtheilen ein- \chleihen fönnten.

Die Paragraphen wurden ohne Debatte in unveränderter Fassung vom Hause angenommen.

Gleihfals wurden die beiden §8. 223 und 223a ange- nommen. Dieselben lauten :

8. 223. Wer vorsäßlich einen Anderen körperlich mißhan- delt oder an der Gesundheit beschädigt, wird wegen Körperver- legung mit Gefängniß bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bis zu eintausend Mark bestraft. If die Handlung gegen Ver- wandte aufstcigender Linie begangen, \o ist auf Gefängniß nicht unter Einem Monat zu erkennen.

S. 228a, Ift die Körperverlezung mittels einer Waffe, insbesondere eines Messers oder eines anderen gefährlichen Werkzeuges, oder mittels eines hinterlistigen Ueberfalls, oder von Mehreren gemeinschaftlich, oder mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung begangen, \o tritt Gefängnißstrafe nicht unter zwei Monaten ein.

Nach der Vorlage waren im §. 223 900 ( als Maximum der Geldfirafe, dagegen in dem folgenden Paragraphen als Mi- nimum der Gefängnißstrafe drei Monate angeseßt.

Um 4 Uhr vertagte sich das Haus bis Freitag 1 Uhr.

In der heutigen (34.) Sizung des Deutschen Rei chs- tages, welher am Tishe des Bundesraths der Reichts kanzleramts-Direktor Wirkl, Geh. Ober-Regierungs-Rath v. Ams- berg mit mehreren Kommissarien beiwohnte, seßte das Haus die zweite Berathung der der XI\l. Kommission zur Vorbera- thung überwiesenen Paragraphen des Gesetzentwurfs, betreffend die Abänderung von Bestimmungen des Strafgeseßbuchs für das Deutsche Reih vom 15. Mai 1871 und die Ergänzung . dessclben, auf Grund mündlihen Berichtes der Kommisfion mit der Diskussion über §. 228 fort. Derselbe wurde ohne Debatte

N der Faffung der Kommissionsbeschlü}e genehmigt, welche autet:

„Sind mildernde Umftände vorhanden, so ift in den Fällen des §8. 223 Absatz 2 und des §. 223 a. auf Gefängniß bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bis zu Eintausend Mark, in den Fällen der 88. 224 uud 227 Absaß 2 auf Gefängniß nicht unter Einem Monat, und im Falle des §. 226 auf Gefäugniß nicht unter drei Monaten zu erkennen.“

Darauf erläuterte der Referent Dr. von Shwarze die Gründe, welche ‘in der Kommisfion bei der Faffung des §. 232 maß- gebend waren. Derselbe lautet in der Fassung der Kommissions- beschlü}se:

„Die Verfolgung leichter vorsäßlicher, so wie eller durch Fahr- lässigfeit verursahter Körperverleßungen (§8. 223, 230) tritt nur auf Antrag ein, insofern niht die Körperverlezung mit Uebertre- tung einer Amts-, Berufs- oder Gewerbspfliht begangen worden ift, odex nah Ermessen der strafverfolgenden Behörde eine Ver- foigung im öffentlichen Interesse liegt. ;

Jt das Veraehen gegei einen Angehörigen verübt, so ift die Zurücknahme des Antrages zulässig. :

Die in den 88. 195, 196 und 198 enthaltenen Vorschriften finden auch hier Anwendung; 5

während die Regierungsvorlage folgende Fassung vorschlägt:

„Die Verfolgung der durch Fahrläsfigfeit verursachten Körper- verleßungen tritt nur auf Antrag ein, insofern nicht die Körper- verletzung mit Uebertretung einer Amts-, Berufs- oder Gewerbsê- pflicht begangen worden ist." E

Hierzu beantragte der Abg. Herz: In den Kommissions- beschlü}en die Worte „oder nah Ermessen der {strafverfolgenden Behörde im öffentlihen Interesse liegt“ zu fstreihen, und der Abg. Becker: Zu §. 232 der Regierungsvorlage hinzuzufügen :

„Die Ve:cfolaung leichter vorsäßlicher -Körperverleßungen (8. 223) unter Augebörcigen tritt nuc auf Antrag ein. Die Zurücknahme des Antrages ist zulässig.“ pi g E Brf

Die Antragsteller motivirten ihre Anträge, worauf beim Schlusse des Blatts der Abg. Bär (Offenburg) das Wort ergriff.

Der Reichskanzler Für| von Bismarck hat \ih durch andauerndes Unwohlsein genöthigt gefunden, die nächsie auf den 22. d. Mts. angesezte parlamentarische Soirée absagen zu lafsen.

Jn den nähsten Tagen wird das vom Auswärtigen Amt jährlih herausgegebene amtlihe Verzeihniß der Kaiserlih deutshen Konsulate ersheinen können. Das- selbe erscheint, wie die früheren Verzeichnisse, in der von Decker- \chen Geheimen Ober-Hof-Buchdruerei.

Die Reihstags-Kommission zur Vorberathung der Entwürfe eines Gerihtsverfassungs-Geseßtzes, einer Strafprozeß - Otdnung und einer Civil- prozeß - Ordnung neb| Einführungsgeseczen berieth in ihrer Sizung vom 18. Januar zunächst den vorbehaltenen, auf das Reichsgeriht bezügliGen Antrag der Abgg. Dr. Bähr und Reichensperger. Derselbe lautet im Wesentlichen:

„S. 104, Bei dem Rzichtgecriht werden für die Strafrechts" pflege, sowie für jedes der reichsgerichtlichen Zuständigkeit unterliegende größere Recht8gebiet der Civilrehtspflege besondere Abtheilunzen gebildet. Die Zuweisung der Mitglieder (Präfidenten und Räthe) zu diesen Abtheilungen erfolgt durch ihre Anstellung. Die Ver- seßung eines Mitgliedes aus einer Abtheilung in die andere is nur mit dessen Zustimmung zulässig. Eine Vertretung der Mitglieder durch Mitglieder einer anderen Abtbeilung ist nur in Nothfälien, so- wie in Feriensahen zulässiz. §. 1042. Jede Abtheilung kann in Senate getbeilt werden. Die den einzelnen Senaten zuzuweisenden Sachen-siad geographisch abzugrenzen. Für die zu der Zuständigkeit des bislßerigen Reichs-Oberhandelégerichts gehörigen Civilsachen, sowie für andere Civilsachen, bei welchen die Verleßung bestimmter Reichs- geseze in Frage steht, können besondere Senate aus Mitgliedern \ammtliher Civilabtheilungen gebildet werden.“

Zu Gunsten des Antrages wurde auf die Verschiedenheit der in Deutshlaud geltenden materiellen Rehts\ysteme hinge- wiesen. Dagegen wurde bemerkt, der Antrag führe thatsählich dahin, mehrere nux ganz äußerlih zusammengeshweißte oberste Gerichtshöfe zu schaffen, gefährde die Rechtseinheit und sei in seinen Einzelheiten gar nicht durchführbar. Bei der Abstimmung wurde der Antrag mit großer Majorität abgelehnt. Sodann ge- langten Vorschläge des Abg. Dr. Lasker über die Rechts- anwaltshaft beim Reichsgeriht zur Verhandlung. Dieselben \{chlo}en sich im Allgemeinen an die Beschlüsse der Kommisfion über die Rechtsanwaltschaft bei den übrigen Gerichten an, ent- hielten aber die wesentliche Modifikation, daß zur Rehtsanmwalt- haft beim Reichsgericht nur zugelassen werden soll, wer min- destens fünf Jahre das Amt eines Richters oder Staatsanwalts oder die Rechtsanwaltshaft ausgeübt oder bei einer deutschen Universität die Stelle eines ordentlihen Professors bekleidet hat. Die Zulafung soll nach Anhörung der Anwaltskammer dur den Präsidenten des Reichsgerichts erfolgen, die Anwaltskammer aus der Zahl der beim Reichsgerihte zugelassenen Rehtsanwälte gebildet werden. Die Vorschläge wurden meistens mit großer Mehrheit angenommen, mit Ausnahme einer Bestimmung, wonach die Vertretung bei der mündlihen Verhandlung in den reihsgerichtlichen Prozessen nur den beim Reichsgerichte zuge- lassenen Anwälten gestattet sein soll. Daneben wurde auf den Antrag des Abg. Struckmann beschlossen, daß die Anwälte beim Reichsgerichte niht bei anderen Gerichten die sonft den Anwälten allgemein gewährten Befugnisse ausüben dürfen. Schließlih erledigte die Kommission die von dem Abg. Beer vorgeschlagenen Einzelbeftimmungen über die großen Schöffen- gerichte. Dieselben {lossen fi{ch im Wesentlichen an die von der Kommisfion zu den kleinen Schöffengerichten gefaßten Beschlüsse an und enthielten nur in so weit Aenderungen, als fie dur die Natur der Sahe geboten waren. Eine eingehen- dere Debatte entspann fich über die Vorshläge we- gen der Berufung der Rei{s- und Landesbeamten zu Schöffen, welhe nicht auf die zu dem betreffenden Punkte bei dem kleinen Schöffengerichte, sondern auf die bei dem Shwur- gerichte gefaßten Besblüsse Bezug nehmen. Sthließlih wurde beshlofsen, daß von dem Schöffenamte diejenigen Reihs- und Staatsbeamten nicht ausgeschlo}en sein sollten, welhe keine Be- soldung beziehen oder nur mittelbare Staatsbeamte seien, wobei der zweiten Lesung die Erwägung vorbehalten blieb, ob noch weitere Kategorien von Beamten, welche niht in besonderer Ab- hängigkeit von der Regierung ftehen, als Schöffen zuzulassen seien. Im Uebrigen fanden die Vorschläge des Abg. Beer Annahme.

Der heutigen (4.) Sißung des Hauses der Ab- geordneten wohnten am Ministertishe der Vize-Präsident des Staats-Ministeriums, Staats-Minister Camphausen, die Staats- Minister Dr. Achenbach, Dr. Falk, Dr. Friedenthal mit mehreren Kommissarien bei. An neuen Vorlagen find eingegangen die Uebersicht über den Fortgang des Baues und die Ergebnisse des Ertrages der Staatseisenbahnen in den Jahren 1873 und 1874, die Wegeordnung und ein Gesehentwurf, betr. die Ablösung der

den Kirhen, Pfarren, Küstereien und Schulen zustehenden Holz= abgaben des Regierungsbezirks Wiesbaden und in den zum Regierungsbezirk Cafsel gehörigen vormals Großherzoglih hessi- schen Gebietstheilen. Auf der Tagesordnung ftand die erste Berathung des Staatshaushalts-Etats für 1876, wozu

zuerst der Abg. Osterrath das Wort ergriff. Er bedauerte, daß.

die jeßige Geshäft8behandlung der Etarsberathungen der Gründlichkeit Eintrag thue, unterwarf die Etatsaufstellung einer allgemeinen materiellen Kritik und beantragte \chließ- lich die Verweisung des ganzen Etats an die Budget- kommission. Denselben Antrag unterstüßte der Abg. Tiede- mann, doch wollte er nicht in eine akademische Unterhaltung über den Etat eintreten, sondern im Interesse des Geschäfts- ganges, zumal der diesjährige Etat sich dur seine Einfachheit und dur nur geringe Abweihungen vom vorjährigen vortheil- haft auszeichne, die Kommisfionsberathungen während der Sizungen des Reichstages beendet sehen. Dagegen erklärte fich der Abg. Rickert Namens seiner politishen Freunde für die zweite Berathung des Etats im Plenum und nur für die Verweisung einzelner Theile an eine ‘Kommission aus eben denselben Gründen, welche d¿r Vorredner für seine Meinung geltend ge- macht hatte. Er benugzte diese Gelegenheit, den Finanz-Minister zu veranlassen, sch gegen die in den Provinziallandtagen er= hobenen Vorwürfe zu rehchtfertigen, als habe die Staatsregierung bei der nah den 88. 3, 17 und 26 des Dotationsgeseßes vom Jahre 1875 erforderten Ueberweisung der Fonds an die Pro- vinzialverbände am 2, Januar d. I. den Cours bedeutend in die Höhe treiben lasen.

Der Vize-Präsident des Staats-Ministeriums, Finanz-Wini= ster Camphausen erklärte hierauf, daß er die erwähnte Cours- steigerung am 3. Januar weder gewünsht noch veranlaßt und nichts dagegen habe, daß der Abrehnung der Cours des 31. De- zember v. I. zu Grunde gelegt werde. Nach der grundlegenden Bestiminung des §. 5 des Gesezes vom 30. April 1873 falle der Gewinn wie der Verluft aus einer zinsbaren Anlegung der verwalteten Fonds den Provinzialverbänden zu, und nian folgere wohl irrthümlich aus dem Geseße von 1875, die Regierung müsse mindestens den Kapitalwerth der angekauften Effekten zahlen. Indessen gebe auch der Cours vom Dezember v. I. noch einen Zinsenüberschuß. Der Minifter gab fodann eine eingehende Darlegung des bei der Belegung der Fonds, namentlih in Pricritäten der Hannover-Altenbekener Bahn, beobachteten Ver- fahrens, welches vollständig korrekt gewesen sei. Der Abg. v. Benda wollte die eben angeregte komplizirte Frage heute niht zum Austrage bringen und befürwortete den Antrag Rickert, da es Schwierigkeiten bereiten werde, die ganze Budgetkommission während der Vertagung zusammenzuhalten. Der Abg. Richter (Hagen) wollte ebenfalls die eingehende Erörterung der Frage über die Belegung der Fonds auf spätere Verhandlungen ver- schieben und hob die Vortheile des jeßigen Geschäftsganges gegenüber dem langwierigeren, von dem Abg. Dfterrath empfoh- lenen hervor, während der Abg. Dr. Virhow diese gründliche Behandlung in einer Kommission lobte, dennoch aber in Rücksicht auf die Geschäftslage die Bestellung von Kom- missarien wünschte, um etwa hervortretende Dunkelheiten durch eine Budget-Kommwmission \päter aufhellen zu lassen. Redner ging s\sodann zu einer Kritik der Coursfteigerung am 3. Januar über, wobzi f\einer Behauptung nah namentli Privatinteressen im Spiele gewesen seien. Der Finanz-Minister trat auch diesen Ausführungen eutgegen, indem er die Finanzmaß=- nahmen der Regierung als von der Börsenaktion unabhängig darstellte. Der Abg. Frhr. v. Schorlemer-Alf|t führte aus, daß gesezlih der Cours vom 31. Dezember 1875 viel eher zu Grunde zu legen sei, als der vom 3. Januer 1876, da der zweite Januar kein Börsentag gewesen sei. Im Uebrigen trat er den Ausführun- gen des Abg. Dr. Virhow bei und beantragte \chließlih die Verweisung des Budgets an eine Kommission. Der Handels- Minister Dr. Achenbah verwahrte \ich gegen eine Unterstellung des Abg. Dr. Virhow, als sei die Magdeburg-Halberstädter namentlich durch die Ueberlassung des Betriebes der Hannover- Altenbekener Bahn vom Handels - Ministerium begünstigt worden. Der Abg. Sharnweber wünschte, daß dée Schwierigkeit, welhe die Frage nah dem Tage der Coursfeststelung für die Abrehnung zwishen Staat und Provinzialverbänden verursahe, im Wege der Deklara- tion gehoben werde. Der Abg. v. Below war befriedigt, daß die noch auf einige Wochen hinausgeschobenen Berathungen Ge- legenheit geben werden, alle Details herbeizushaffen, wodur die eigentlihen Shuldigen an den fleinlihen Börsenmanövern Élar gestellt würden, damit niht für die Regierung das „aliquid haeret“ gelte, Nah kurzen Bemerkungen der Abgg. Richter (Hagen), Graf Bethusy-Huc und Rickert wurde die Verweisung an eine Kommission abgelehnt, und nah §. 24 der Geschäfts- ordnung die zweite Berathung im Plenum unter Zuziehung von Kommissarien genehmigt. Die Kommissarien sollen in der Sonnabend 10 Uhr ftattfindenden Sizung proklamirt werden. Schluß 12# Uhr.

Am 3, November pr. find die Akten und Register des Standesamtes Ranzin durch Brand vernichtet worden. Sofort nah diesem Ereignisse if 1) das Erforderlihe behufs Anfertigung neuer Registerbände, Formulare 2c., sowie 2) behufs Anfertigung beglaubigter Abschriften von den, an die Gerichte bereits eingereihten Duplikaten der Standesregister veranlaßt worden; es ist 3) mit den betreffenden Bfarrämtern und mit dem Königlichen Statistishen Bureau zu Berlin in Verbindung getreten worden, um aus den Kirhenbüchern resp. aus den Zählkarten thunlihst die im laufenden Jahre 1875 —, (für welches auch die Duplikate verloren gegangen \ind), aufgenom- menen Standesakte zu ermitteln; es if sodann 4) der Standes- beamte zu Ranzin angewiesen worden, unter Benußung des auf diesen und jedem sonst geeignet \{heinenden Wege ge- wonnenen Materials, durch protokollarishe Vernehmung der Anzeigepersonen, der Eheschließenden und Zeugen den Inhalt der aufgenommenen Akte zu konstatiren, die aufgenommenen Ver- handlungen zu besonderen Aktenstücken zu sammeln und die leßteren statt der vernihteten Standesregister aufzubewahren. Mit diesem Verfahren hat \sich der Minister des Innern, nach- dem derselbe über die in Rede stehende Angelegenheit auch mit dem Justiz - Minister in Verbindung getreten ist, einverstanden erklärt, dabei jedoch bemerkt, daß auch eine öffentlihe Bekannt- machung über die stattgehabte Vernichtung der Standesregifter durch das Amtsblatt, das Kreisblatt und sonstige Zeitungen mit der Aufforderung an die Interessenten, zum Zwecke dec Aufnahme der oben gedachten Verhandlungen vor dem Standes- beamten zu erscheinen fich in jedem Falle dann empfehlen wird, wenn nicht auch ohne eiue solche Bekanntmachung mit Bestimmtheit festgestellt werden kann, welhe Akte in den vernihteten Registern enthalten waren. Ferner, daß die behufs Wiederherstellung der Standesakte aufzunehmenden Ver-

handlungen zweckmäßiger Weise \fch in ihrer Form der für die Standesakte selbs vorgeschriebenen Form, soweit ausführbar, anzuschließen haben werden. Die Aufsichtsbehörden werden dar- über zu wachen haben, daß bei Ausführung der, wie vorstehend erwähnt, getroffenen Verfügungen mit aller derjeni- gen Sorgfalt verfahren werde, welche erforderlich sein wird, um den Beweis der stattgehabten Geburten, Eheshließungen und Sterbefälle, des Tages derselben und aller dabei nach dem Geseße in Betracht kommenden Um- stände zu fihern. Um für zukünftige ähnlihe Unglücksfälle gleicher Verlegenheit vorzubeugen, wird es sich empfehlen, da, wo es geschehen kann, die Duplikate der Standesregister, auch vor ihrer Ablieferung an die Gerichte, an gesonderten, fiheren Orten aufzubewahren.

Der Kultus-Minister Dr. Falk hat zu einmaligen Unterstüßungen für emeritirte Elementarlehrer und Lehrerinnen aus dem im Jahre 1875 verbliebenen Disposis tions-Quantum den sämmtlihen Regierungen der alten Provin- zen jeder eine Summe zur Verfügung gestellt.

Nah dem Etat für das Iahr 1876 find im Ganzen 42 niedere landwirthschaftlihe Lehranstalten (Acker- bau-, Obftbau-, Wiesenbaushulen) auf die Provinzialverbände übergegangen. Denselben werden hierfür 131,770 A Unter- haltungszushuß aus Staatsfonds gezahlt.

Das JIustiz-Ministerialblait enthält einen Aufsaß: „Das Regulativ vom 6. Dezember 1875 zu dem Geseze vom 6. Mai 1869 (die juriftishen Prüfungen und die Vorbereitungen zum höheren Justizdienst betreffend).

Eine Eisenbahngesellschaft, welhe ihre Anlagen }

so einrihtet, daß sie die Eigenthumsrehte der Adjazenten resp. die aus deren Eigenthum fich ergebenden Rechte shädigen, ift für jeden entstehenden Schaden ersaßpflihtig. Dagegen braucht der Geshädigte fich nicht auf eine Vergütigung für die fort- dauernde Beschädigung durch eine Kapitalabfindung einzula}sen. (Erkenntniß des Ober-Tribunals, Ill. Senat, vom 13. De- zember 1875.)

Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Großherzoglich oldenburgische Geheime Ober-Regierungs-Rath Selkmann, ist hier eingetroffen.

Der General-Major Hugo Prinz zu Schönburg- Waldenburg, à la suite der Armee, ist wieder abgereist.

Der General-Major von Herzberg, bisher à la suite der Armee (1. Königlih Württembergischen) ift aus Anlaß sciner Ernennung zum Commandeur der 43. Infanterie-Brigade zur Abstattung perfsönliher Meldungen mit Urlaub hier eingetroffen.

Lauenburg. Ratzeburg, 20. Januar. Das Staats- budget des Herzogthums Lauenburg pro 1876 if im Druck erschienen und beziffert \fich in seinen Hauptsummen wie folgt: An Einnahmen aus direkten Steuern 328,184 #, Stempel- steuern 26,010 #, indirekten Steuern 115,100 #, aus der Justizverwaltung 57,600 #, verschiedene Einnahmen 35,600 #, Beitrag des Landesverbandes 21,000 A, einmalige außer- ordentlihe Einnahmen 31,500 /4 An Ausaaben: Herauszahlun- gen an Reichssteuern 104,774 #, Matrikularbeiträge 62,638 M, Staats-Minifterium 33,540 A, die oberen Verwaltungsbehör- den 80,038 M, die Distrikisbehörden 28,452 M, die Standes- ämter 1000 4, Landgensd'armen 21,200 46, Veranlagung und Erhebung der direkten Steuern 12,350 #, Kontrole und Er- hebung der Stempelsteuer 2800 #, Verwaltung der indirekten Steuern 24,000 4, Iuftizverwaltung 147,700 Æ, Elbftron- bauten 24,000 /é, Pensionen und Unterstüßungen 18,600 f, Entschädigung an Beamte 935 A, unvorhergesehene Ausgaben 20,000 M, einmalige außerordentlihe Ausgaben für Regelung der Grundsteuer 31,500 #, Balance-Summa: 613,000

Bayern. München, 18. Januar. Die ehemalige Königin von Neapel is heute Vormitiags mit dem Pariser Schnellzug ebenfalls anläßlih der {weren Erkrankung ihrer Mutter hier eingetroffen und hat im Sotel Bellevue Ab- fteigequarticr genommen. Am Bahnhofe wurìe dieselbe von ihrem Bruder, dem Herzog Ludwig, empfangen; kurz darauf fiattete dieselbe im Hotel „Zum bayerishen Hof“ ihrer Schwester, der Kaiserin von Oesterreich, einen Besuch ab. Der König von Neapel wird seiner Gemahlin hierher ehestens nachfolgen. Die Herzogin Sophie von Alençon wird heut Abends gleihfalls hier ankommen und im Hotel Bellevue Wohnung beziehen. Graf Trani ist mit Ge- mahlin und Gefolge von Baden-Baden hier eingetroffen und im „Rheinischen Hof“ abgestiegen. Die Kaiserin von Oesterreich fuhr gestern im genannten Hotel vor und begrüßte ihre Ver- wandten. Das heut Abends 6 Uhr bezüglich der Krankheits- \symptome der Frau Herzogin Maximilian ausgebene Bulletin lautet folgendermaßen: „In dem Befinden Ihrer Königlichen Hoheit der Frau Herzogin is im Laufe des heu- tigen Tages keine wesentlihe Veränderung eingetreten.“ gez. Dr. von Buhl. Dr. Loßbeck. Dr. Mayer.

19. Januar. Das heute Abend erschienene Bulletin über das Befinden der Herzogin Maximilian lautet: „Im Laufe des heutigen Vormittags traten wieder mehrfahe Anfälle von Er- \{chöpfung ein; der Nachmittag verlief ungeftörter.“

Meeklenburg. Rofstock, 20. Januar. Die philoso- phische Fakultät der hiesigen Universität hat den Beschluß gefaßt, die nah den bisher bei ihr geltenden Be- stimmungen über Promotion in doctorem philosophiae in ge- wissen Fällen zulässige Dispensation vom mündlichen Examen fortan nicht mehr eintreten zu lassen. Sie will also überhaupt feine Promotionen in absentia mehr vor- nehmen. Als Grund dieses Beschlusses führt die Fakultät an, wie |die Erfahrung gelehrt habe, daß die bisherigen Promo- tionsbestimmungen ihr keinen ausreihenden Shuz vor Täu- {ung gewährt haben.

Sachsen - TWeimar- Eisenach: “Seimar, 20. Ianuar. (Weim. Zig.) Heute Vormittag reisten der Für f und die Fürstin Reuß j. L. wieder von hier ab. Die Ver- mählung der Prinzessin Marie mit dem Prinzen Reuß findet, wie verlautet, am 6. Februar, Nachmittags 2 Uhr, in der Kapelle des Großherzoglihen Residenzshlosses ftatt. Der Trauung folgt eine Cour und Tafel. Ueber die an den vorhergehenden Tagen stattfindenden Festlichkeiten sind bis jezt Bestimmungen dahin getroffen, daß am 3. Fe- bruar Ball im Großherzoglihen Schlosse stattfindet, am 4. Festvorstelung im Hoftheater. Der Landtag des Großherzogthums wird in der Mitte Februars, wahrschein- lich am 14,, zu einer außerordentlihen Sesfion zusammenberufen werden. Vorgestern fand in der Kaserne die feterlihe Ueber- gabe der Bilder der Führer des 5. Thüringischen

und Commandeur der 51. Infanterie - Brigade .

Infanterie-Regiments Nr. 94 (Großherzog von Sahsen), welche im [eßten Kriege geblieben find, in Gegenwart des Erbgroßherzogs stat. Das Regiment verlor den Oberst

von Befsel bei Sedan, den Oberst: Lieutenant von Pallmenstein |

bei Poupry. Beide Bilder, welhe ein Geschenk Sr. Majeftät des Kaisers sind, hat Herr von Haber in Weimar gemalt.

DSldenburg. Oldenburg, 16. Januar. Das „Gesetzbl. f. d. H. O.* veröffentliht das Finanzgesegz für die Jahre 1876, 1877, 1878 vom 31. Dezember 1875. Nach demselben betragen die Einnahmen und Ausgaben des Großherzogthums in den genannten 3 Jahren 882,300 resp. 865,100 und 912,300 M; des Herzogthums Oldenburg E'nnahmen: 6,572,000 rep. 4,625,000 und 4,619,000 4M, Ausgaben: 5,144,000 resp. 4,808 000 und 4,579,000,/6; des Fürftenthums Lübeck Einnahmen : 955,300 resp. 603,200 und 599,100 Æ, Ausgaben: 697,990 resp. 644490 und 651,190 #6; des Fürstenthums Birkenfeld Einnahmen: 762,000 resp. 511,000 und 510,000 s, Auzëgaben : 973,800 resp. 540,800 und 540,800 6.

Braunschweig. Braunschweig, 17. Januar. Die Vorlagen für den 15. ordentlichen Landtag find dieser Tage den bezüglihen Kommissionen zur Vorprüfung überwiesen. Die Hauptaufgabe der Finanzkommission besteht in der Prüfung des Etats für diz Finanzpzriode 1876/78. Derselbe wird Seitens der Kommission der Laadesversammlung zur unveränderten An- nahme empfohlen werden. Das Etatsprojekt \{chließt, wenn von dcr namhaften außerordentlihen Einnahme bei den Berg- und Hüttenwerken im Jahre 1873 abgesehen wird, sehr viel gunstiger ab, als dex Etat für die Finanz- periode 1873/75. Es if dieses in der Hauptsache die Folge einer genaueren Veranschlagung der Forstaufkünfte. Die nah dem Finananébenvortrage auf Forsftkulturen zu verwendende Summe. i#t nach dem Entwurfe um mehr als das Doppelte des bisherigen Ansagzes überschritten. Die Gesammt- summe der Einnahmen beträgt für die dreijährige Periode 7,417,500 M, diejenige der Ausgaben für dieselbe Dauer 4,142,500 M, \o daß der an die Herzoglihe Haupt-Finanzka}se abzuliefernde Uebershuß zu ca. 3,275,000 / angenommen ist. Der bisherige Maßstab der Theilung der Forstintraden zwischen der Kammer- und Klost-rverwaltungskafse zu 21/5, und 2/54 wird auch für die nähfie Finanzperiode beizubehalten Seitens des Minifteriums vorgeschlagen.

Anhalt. Dessau, 19. Januar. (Leipz. Ztg.) Bei Eröffnung des Landtage s wurde von dem Minister v. Krosigk darauf hingedeutet, daß die günstige finanzielle Lage des Landes hauptsählih dem Salzwerke Leopoldshall zu danken sei (mit Brutto 40 Proz. der gesammten Einnahme), daß man fich aber nicht verhehlen dürfe, daß dieses Werk allen Wechselfällen eines industriellen Unternehmens ausgeseßt sei. In Ueber- einstimmung mit dieser Beurtheilung der Finanzlage und unter Berülksichtigung der Thatsache, daß durch die Aus- beutung eines Bergwerks immer eine Subftanzverminderung eintreten müsse, für welche der gewissenhafte Verwalter einen Ersay schaffen solle, ward jeßt bei Berathung des Haupt- Finanzetats der Antrag gestellt: „Der Landtag wolle be- schließen, die Staatsregierung um eine Vorlage zu ersuchen, nach welcher ein Reservefonds durch Ansammlung eines Theils der Uebershüsse des Salzbergwerks Leopoldshall (die beiläufig im Jahre 1875 circa 350,000 A betragen) zu biiden ift.“

Sachfen-Altenburg. Altenburg, 20. Ianuar. Der Prinz Albrecht von Preußen ift gestern Abend zum Be- suche des Herzoglichen Hofes hier eingetroffen.

Schwarzburg-Nudolstadt. Rudolstadt, 18. Januar. Das mit dem Landtage vereinbarte Geseg, den Staatshaus- halts-Etatder Finanzperiode von 1876 bis 1878 betreffend, ist kürz- lih publizirt worden. Das neue Gesetz über die Fortbildungs- \chulen ist mit dem neuen Jahre {hon in Kraft getreten. Nach demselben sind die Gemeinden nunmehr berechtigt, durch Orts- statut Fortbildungsshulen zu errihten, zu deren Besuche alle aus der Volfks\{hule Entlafsenen oder einzelne Klassen derselben auf die Dauer von 2 bis Z Jahren verpflihtei werden fönnen, wenn niht in anderer Weise für ihre Fortbildung genügend gesorgt ift.

Be 1 e Gera. 19. amar De Furst U gestern von Gotha nah Weimar gereist, um dort mit der Für- ftin zum Besuche am Großherzoglihen Hofe zusammen zu treffen. Ende dieser Woche wird das Fürstliche Paar hierher zurückchren. Im Laufe der Woche wird der neue Hofmar- \chall hier eintreffen. Der Fürst hat den früheren Fürstlich lippishen Kammerherrn und Kabinets-Rath Frhrn. v. Mey- \senberg für diesen Posten ernannt. Die Verhandlungen fan- den zu diesem Zwecke bereits vor dem Ableben des verewigten Fürsten Leopold zur Lippe ftatt.

Lippe. Detmold, 20. Januar. Der Fürs hat be- füimmt, baß das laut der Bekanntmachung vom 1. April 1868 im Kabinets-Ministerium bisher dem Geheimen Regierungs-Rath Meyer übertragene Referat in den unter der Verwaltung des Konfistoriums stehenden Kirchen- und Schulsachen wieder mit dem Ressort des Vorstandes des Kabinets-Minifteriums vercinigt werde.

Oesterreich -: Ungarn. Wien, 19. Jznuar. Im Abgeordnetenhause wurde der Antrag Göllerichs, betreffend die politishe Verwaltungsreform, wegen der Erkrankung des Ministers des Innern von der Tagesordnung abgeseßt. Der Gescßhantrag Heilsbergs wegen Erhöhung des Maximalbetrages bei dem Bagatellverfahren auf 50 Fl. wurde angenommen, des- gleichen eine Resolution Hascheks, welhe die Regierung auffor- dert, eine Gesezvorlage wegen der Regelung der Steuereinhebung

Pest, 19. Januar. (Wien. Z.) Nachdem die Gegen- provosition des Verwaltungsrathes der Ostbahn auch vom V fer Präsäwrten zurückzewiesen wurde, beschloß der Verwal- tungsrath einstimmig, die weiteren Verhandlungen dur einen einzelnen Delegirten fortsezen zu lassen. Es wurde hierzu der Verwaltungsrath Dr. Wilhelm Herz defignirt. Die Verhand- lungen fsticßen auch heute auf große Schwierigkeiten. Der Finanz- Minister gewährte \{ließlich zehn Millionen Goldobligationen mit

; cinzubringen.

abgehaltenen Verwaltungsrathsfigung angenommen. träge werden morgen zwischen der Regierung und den vom Verwaltungsrathe hierzu delegirten Bevollmächtigten Baron Vay, Grafen Dziedzicki und Dr. Wilhelm Herz unterfertigt werden. %20. Januar. Das Abgeordnetenhaus hat in seiner

heutigen Sizung den Gesezentwurf, betreffend die Einlösung :

von 20 bis 22 Millionen Shatzbons aus der zweiten Hälfte des Rentenanlehens, unverändert angenommen.

Schweiz. Bern, 18. Januar. Der internationale Postkongreß hat in seiner Dienstag - Sizung eine Kommis- sion bestelit, deren Aufgabe es sein wird, die einz:lnen Anträge vorzuberatgen und alsdann dem Kongresse Bericht zu erstatten.

Großbritannien und Jrland. London, 19, Januar. (A. A. C.) Der Herzog von Connaught (Prinz Arthur), welcher gegenwärtig in Gibraltar weilt, wird, wie verlautet, in Kurzem die Insel Malta besuchen, wo Se. Königliche Hoheit der Gast des General-Gouverneurs sein wird. Die „London Gazette“ meldet die Ernennung des Mr. John Pope Hen=- nessy zum Gouverneur und Oberbefehlshaber der Inseln Barbados, Grenada, St. Vincent, Tobago und St. Lucia. Das amtliche Blatt verzeihnet auhch die Beförderung des Admi-= rals Sir Michael Seymour zum Vize-Admiral des Vereinigten Königreihs von Großbritannien und Irland. In gestriger Sißzung des Royal - Colonial - Institute, bei welcher der Herzog von Manchester den Vorsiß führte, ver- las General-Lieutenant I. B if\s\el eine hocinteressante Abhand- lung über Südafrika und seine Kolonien. Der General, der einen großen Theil seiner militärishen Laufbahn am Kap der guten Hoffnung verbraht und mit den dortigen Verhält- nissen sehr vertraut zu sein cheint, gab nach einem historischen und ftatistishen Exposé über die vier südafrikanishen Staaten, nämli die Kap-Kolonie, Natal, den Orange-Freistaat und die Transvaalshe Republik, der Meinung Ausdruck, daß diese Kolonien, dem Beispiele Canadas folgend, in einen einzi- gen großen Bund vereinigt werden müßten. Dies fei hon des- halb nöthig, weil jede Kolonie einzeln mahtlos fei, um irgend einem Aufstande der wilden Eingeborenen Widerstand zu leisten oder Gescze für deren gute Regierung zu geben, insbesondere was die Erwerbung von Waffen und Munition betreffe. Gegen- wärtig verbiete nur eine Kolonie den Eingeborenen den Besiß von Waffen, ausgenommen unter gewissen Umständen, während die andern einen Freizandel in Feuerwaffen gestatten, Und (0 e e van agetommen, odaß Die farbigen Eingeborenen während der legten fünf oder sechs Jahre in den Besiß von 500,000 Gewehren gelangt seien, und daß im Laufe des vorigen Jahres 500,000 Pfund Pulver in Südafrika importirt wurden. Für die Zukunft Südafrikas \ei dies eine sehr ernfilihe Frage, da diese Waffen im ganzen Lande cirku- lirien, irährend die besondere Gesehgebung jeder Kolonie darauf bere(net s& lolale Kriege herbeizuführen. Die Herstellung eines Bundes würde auch dem rasch empor- blühenden Handel des unermeßlich großen und an natür- lihen Hülfsquellen überaus reichen Landes sehr zu Statten kom- men. Der General berührte in feinem Vortrage auch die zwischen den Kolonien Großbritanniens und den niederländischen Republiken exiftirenden Differenzen und gelangte zu der Schluß- folgerung, daß, falls die projeftirte Konföderation sämmtlicher verschiedenen Staaten und Kolonien nicht zu Stande kommen sollte, aus Südafrifkz niemals ein großes und gedeihlihes Land werden würde. Im Laufe der Diskussion, welche fich an den Vortrag knüpfte, wurde geltend gemacht, daß die Ausführung des Konföderationsprojekis Schwierigkeiten be- reiten und nothwendiger Weise geraume Zeit in Anspruch nehmen sei begreiflih, aber ehe derselbe verwirkliht werden fönnte, müßten erft viele Akte der Ungerechtigkeit aus der Erinnerung dürfte. Die Diskussion wurde bis zur nächsten ordentlichen Sitzung des Instituts, am 15. Februar, vertagt.

Frankreich. Paris, 19. Januar. Ein Runds\chrei- ben des Bauten-Ministers Caillaux, welhes im heu- tigen „Journal officiel“ bekannt gemaht wird und an die Eisenbahngesellshaften gerichtet ift, lautet :

Versailles, 15, Januar. Meine Hecren! Meine Aufmerksamkeit wurde wiederholt auf die Frage betreffs der Heilighaltung des Sonntags hingelenkt. Jch fragte nah, ob es nicht gut sein würde, die Bestimmunzen, welche der Staat zu Gunsten dec Staats- werkstätten erlassen hat, auf einen Theil Ihres Personals auszu- dehnen. Wenn es in der That unmöalich wäre, an den Sonn: und Feiertagen den Eisenbahudienft vollständig aufzußeben, so wäre es wenigstens wünsczenswerth, daß die Angest-llten und Arbeiter der Eisern bahrböfe nicht durch Dienstzwang von jeder Theilnahme an dem Gettesdierst ansgeschl. sen würden. Die Handelskammern, di? Ge- neralrätte haben zu vershiedenen Malen Wünsche in dielem une kundgegeben. Ihrerseits hat die Nationalversamm!ung ihre Theilnahme an dieser wichtigen Frage gezeigt. Der ministerielle Beschluß, daß die Güterbabhnhßfe an Sonne uad Fesitagen um 12 Uhr Nachmittags gescicssen werden, ist eine erste, aber nicht ausreichende Verbesserung. Der Rugenblick fcheint nüûn gekommen, die Maßregel dadurch zu vervollständigen, daß die Vorschriften für die Sonutagsfeier alle mit den Erfordernisscn des Belriedes der Eisenbahnlinien ver- träglich: Kuédehkung erhalten. Ich glaube, daß man, ohne den Dienst zu benachtheiligen, an den Sonn- und Festtagen die Bahnhöfe für die gewöhnlicheu Fiachten schließen kann: vom 1. April bis 30. September um 9 Uhr Morgens; vom 1, Oktober bis 31. März um 11 Ubr Morgens. Jch bitte Sie, meine Herren, mir Jhre B merkung über dieje Modifikation mitzutheilen, Jch zweifle mckt, d Sie gezeigt sind, mit Jhrem ganzen Einfluß die Verwirklichung einer Maß-egel zu erleichtern, welche so lebhaft das von Jhnen g Per1onal betrifft. Empfangen Sie 2c. Der Mizaister der êFentli Bauten. E. Caillaurx.

Bersatlles, 20. Januar. (W. S. B.) In der heu gen Sißung der Permanenzkommission beshwerte fich die Linke über den von den Präfekten bezüglih der Wahlen aus- geübten Einfluß. Der Minister des Innern, Buffet, erwiderte, daß er sih auf keinerlei Besprehung von Waßlvorgängen ein lassen werde, ehe es sh nicht um die Waßlprüfungen felbst handle, «r könne der Permanenzkommisfion R zugestehen, die rufen, falls fie das für

Nationalversammlung 1wvieder

opporiun Straßenverkaufs der Io

seine bezüglihe Auslegung

aufrecht. Im vollständigen

Minifter Dufaure sei er der Anficht, daß Artikel 6 des Ge- seßcs vom Jahre 1849 noch zu Recht bestehe, worin den Prä- fekten das Ret gewahrt sei, die Erlaubniß zur Kolportage zu ertheilen oder zurückzuziezen. lte die Linke die Richtigkeit dieser Ausicht be so würden die Gerichte darüber zu ent- scheiden haben. wishenfall hatte keine weitere Folge, die

e V LLT) Ey E 1 fue s s Ur | Verwahrung einzulegen. 5 pCt. in Gold verzinslich, jedo ohne Steuerfreiheit, und erklärte dies | «als das Ultimatum. Diese Proposition wurde in einer Abends | Die Ver- |

| Pascha ift hier eingetroffen,

Linke beschränkte f rauf, gegen die Erflärung des Ministers Die Kommission vertagte \sih darauf auf heute üder 14 Tage.

Turkei. Konstantinopel, 20. Januar. (W. T. B.) Der seitherige Minister für öffentlihe Bauten, Kadri Bey, ist zam Musteshar im Marine-Ministerium ernannt und in dem Ministerposten durch Halet Pascha ersegt worden. Server Ali Pascha und Constant Effendi find zur Erledigung ihrer Versöhnungsmission an die