1876 / 18 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 21 Jan 1876 18:00:01 GMT) scan diff

Chefs der Aufständishen nah der Herzegowina abgereist. Der Justiz-Minister Djevdet Pascha ist mittelst Kaiser- liher Jrade beauftragt, die Ausführung der angeordneten Re - formen sorgfältig zu überwahen und fich zu dem Ende zu- nächst na Adrianopel und nach dem Vilayet der Donau zu begeben. Der Minister tritt seine Reise unverzüglih an. Von den für die Voruntersuchungen eingesezten Comités sind Polizeikommissariate errichtet worden, dur welche der Verhängung ungerehtfertigter Präventivhaft und der Verwechse- lung unschuldiger Personen mit \chuldigen vorgebeugt wer- den soll.

Ueber die Operationen in der Herzegowina seit Neu- jahr wird der „P. C.“ gemeldet: A i

„Der Gouverneur von Boëênien, Naouf Pascha, hat noch in den leßten Tagen des Dezember die in Nozdre, Presjeka, Gacko, Nikfic und Krstac stationirten Truppen verproviantirt und hat fih sodann mit zwsôlf Bataillonen von Nifksic über Duga gegen die Festung Krftac gewendet. Daselbst ließ er die Festungëwerke ausbefsern. Bon da zog er unter Zurücklassung von fieben Bataillonen a!s Be- saßungen zwischen Krstac und Gacfo in Nevesinje und Ljubinjz mit dem Truppenreste über Stolac nah Moftar, wo weitere drei Bataillone zurüdckgelafsen wurden. Drei andere Brigaden unter Osman Pascha, Hussein Pascha und Mehemed Ali Pascha bewegten sich von Nitsic zurück auf der Straße von Bavrjani gegen Bilec und Trebinje. Nach bewerkstel- ligtec Verbindung auf dém Berge Kita fahen sie sich plößlich am 2. Januar von drei schr zahlreichen Insurgentenabtheilungen unter Führung des Peko Pavlovics, Lazar Sotschiza und des Popen Bogdan Zimonic eingeschlossen. .Nach einem kurzen Kampfe, in welchem etwa 40 Mann auf beiden Seiten fielen, mußten sich die Türk:n zurückziehen, Ueber Duga seßten sie jedoch den Marsch nach Gacko fort, ohne von den Insurgenten verfolgt zu werden. N

In Gacko fanden die drei genannten Brigaden den Militär- gouverneur Muchtar Pascha, welcher am 4. Januar in Trebinje vier Bataillone an fich gezogen hatte. 5 ; i

Am nächsten Tage zog Mu@tar Pascha mit zwei Bataillouen bis zum Grenzorte Carina, requirirte 157 Zugpferde und nahm #0o- daun mit vier Bataillonen über Ljubinje die Nichtung nah Stolac.

Die Besaßung von Trebinje besteht nuumehr aus fünf Ba- taillonena im reduzirten Stande ron 300 bis bhôdstens 350 Marn per Bataillon und aus einer Compagnie Artillerie unter dem Kom- maudo des Brigade-Generals Hussein Vascha. : i:

Fünf Tage vor der Ankunft des Vali unternahmen die JInfur- genten in beträchtliher Stärke unter Kommando der obengenannten drei Führer einen Angriff auf das zwei Stunden von Bilec entfernte Dorf Plano und bemächtigten fich des ganzen dort vorlandenen Viehstandes, vämlih 1289 Hammel, 112 Otsen und 37 Pferde, ohue auf einen Widerstand Seitens der dortigen Türken u stoßen. S G "Auf dem Marsche nah Niksic und zurück verloren die Türken N

Berlín, den 21. Januar 1876. Zum Besten des Studien- und Stipendien-Fonds des Victoria-Lyceums

hielt gestern Nachmittag in der Singakademie der Professor Dr. Helmhol§ einen Vortrag über Wirbel ftürme und Gewitter, aus dem wir nachftehende Mittheilungen wiedergeben: Wenn auch feit 40 Jahren die Meteorologie bedeutende Fortschritt? gemacht hat, jo schen wir die Geringfügigfeit der leßteren doch ein, wenn wir na der ab&raften Wissenschaft die Witterung eincs Ortes und einer Wodte bestimmen follen. Hierbei drängt fih die Frage auf: Ist es möglih, die Gründe zu beweisen, daß der Zufall nur scheinbar berrs{cht, und welcher Art find diese Gründe ? Das Wetter wird zunä&st bestimmt durch die unrz-gel- äßige Vertheilung von Lavd und Meer und die Unebenheit der Erdoberfläche, und doch würde das Wetter s{wer aus- zurehnen sein, wenn wir auch die Bodeubeschafferheit eines jeden Quadratmeters unserer Erde kennten. Man sollte sodann meinen, daß durch ten V-rlauf der Witterungsverbältnisse eines oder mehrerer Jahre auf das kommende Wetter geshlessen werden könne. Man hat ja Ebbe und Flut genau bestimmt und Fluttafeln berechnet, warum fteht es denn mit dem Wetter anders? Um die Frage zu beantworten, ist sie zunä%ft enger durch die Bemerkung zu begrenzen, daß nit überall das Weiter einen derartigen Wcc)el aufzeigt, wie bei uns. Jun der heiß-n Zone if er bedeutend und roch in Süd- Europa etwas regelmäßiger, als bei uns. Wir kennen nuc die Mitteltemperatur unseres Landes und wissen, daß sie im Winter kälter ift, als im Sommer, wir beobachten den Stand des Barometers, die Windrichtungen, die Regenmenge und vermögen durch sie die Witte- rungsverhältmsse, soweit sie sich in den normalen Grenzen bewegte, annähernd zu berechnen ; die unregelmäßigen Erscheinungen find freilich zur Zeit ncch unaufgeklärt. Redner erläuterte an einem Globus das Entstehen und die Richtung der Passatwinde, der tropischen und suvtropishen Regen, die Zirfulation der Luft und dez Wassers als einer Reihe von E-r‘cheinungen, deren Naturgeseße erforscht sind. Die häufigen und auffallenden Störungen, die das Wetter erleidet, sind in neuester Zeit Gegenstand des cifrigîten Siudiums geworden. Anm interessantesten gestalten sich die Störungen unter den Trcpen, wo sie meist in Form großer Orkane oder Wirbel- fiñnme, die mit furchtbarer Gewalt über Land und Meer brausen, auftreten. Es ift Prof:ssor Dove's großes Verdienst, nachgewiesen zu baben, daß die Wirbelistürme, deren leßte Aus!laufer insern Erdtheil erreichen, ihren Ursprung in der Gegend der Antillen haben. Im Centrum eines solchen Wirbels ist ein windstiller Raum, der bei greßen Orkanen einen Durchmesser von drei bis fieben Meilen b:sißt und stets einen niedrigen Barometerstand aufweist. Um dieses Centrum dreht sich der heftigste Sturm in einem Kreise, dessen Durhmesser zuweilen 250 geographische Meiien beträgt. Die Drehung ist bei den größ-ren Stürmen durch- aus regelmäßig; sie fängt auf der nördlicen Halbkugel von Norden an, wohin fie Über West, Süd und Oft zurüdckehrt ; auf der südlichen ist es gerade umgekehrt. Die Wuth eines solchen Wirbelsturmes ist unbeschreiblich und spottet jeder Beschreibung, eine Ver- beerungen find ungeheuer, seine mecanische Gewalt ist entseßlich. Er zerstört die Vegetation, entwurzelt die Bäume, ftürzt Häuser uw, vernichtet die Schiffe, hebt zuweile1 das Seewasser und richtet Tausende von Menschen zu Gruude. Diese Luftwirbel bleiben nit stehen, sie bewegen .sich in ziemli regelinäßiger Weise fort, dur(scchneiden die Passate und nehmen aledana cine mebr östliche Richtung an. Sie durcheilen 4 bis 5 geographishe Meilen in der Stunde; ihre Kraft ist daher wesentlich geschwächt, wenn fie nach Europa fommen, und doch reizen sie au hier noch Häuser um und s{ädigen die Schiffe. Ein syfstematisch wvertheiltes Netz metcorologi)cher Stationen wird dereinst mit Hülfe telegraphi- scher Leitungen wesentlich dazu beitragen, die Verheeruagen eines Wirbelsturmes wesentlich zu mildern. Die Frage, wie es möglich sei, daß geringe Temperaturunterschiede der Luft im Staude seien, sich so fur{tbar entladen und Verwüstungen anrichten zu können, beantwortet sich mit der Erforschung des Wesens und der G scte vom labilen Gleich- gewichte, dessen wesentliche Eigenschaften Redner ausführlich erläuterte. Die fzuhte Luft sammelt fih unten, die trocknen Kesselwinde wehen oben, und ein ploßlicer Ausgleich führt zum Wirbelsturm, dessen Kraft durch die Drehung der Erde noch gefcigert wird. (in erläuterndes Experiment rersinnbildlichte die Ausführungen des Redners, der aw Schlusse seines Vortrages noch über die physikalische Erscheinung des Gerwitters und dessen Zusammenhang mit den Ausgleichêversuchen athmosphärischer Strömungen sprach.

Verein für die Geshihte der Mark Brandenburg.

Hr. Gymnasialdirektor Schwar § zu Posen hat im Jahre 1865 gestüßt auf die Ruppiner Sammlung der Feldmannuschen Papiere, den Ursprung der Frovensage aufgedeckt, indem er es wahr|cheinl'ch gemacht, daß die währerd der Sclacht bei Fehrbellin von dem kur- fürsttihen Leibjäger Uh!e bewiesene aufopfernde Treue später auf den

117 Mann in Folge der außerordentlihen Kälte. Jm Allgemeinen ist der Gesundheitêzustand der Truvven ein ungünstiger. Jeßt scerben durchs{nittlich täglich 10 bis 15 Mann.

Amerika. Washington, 20. Januar. (W. T. B.) Zur Unterdrückung der von mexikanischen Streisbanden auf amerikfanishem Gebiete begangenen Räuvereien is von der mit Berathung dieser Angelegenheit beauftragten Kommission des Repräsentantenhauses die Absendung zweier Regimenter Militär an die Grenze von Texas beantragt worden.

Cuba. Aus Havana wird unterm 18. Ds. die daselbft erfolgte Ankunft des neuen General-Kapitäns von Cuba, General Iovellar gemeldet.

Asien. Zwishen Rußland und Japan isst bekanntlich vor einiger Zeit ein Vertrag abgeschlossen worden, kraft dessen ersieres gegen Abtretung der Inselgruppe der Kurilen an Japan in den Alleinbesig der Insel Sachalien (Krafto) AEAO

. Mai Der Text des Vertrages, der in St. Petersburg am 55. April 1875 unterzeihnet worden ist, wird jeßt von den japanischen Blättern veröffentlicht ; derselbe besteht aus aht Paragraphen.

Ufrika. Aegypten. Aus Cairo wird den „Daily News“ unterm 18. ds. telegraphirt: Zur Feier des Jahres- tages des Regierungsantritts des Khedive fand heute im Abdin-Palast ein Empfang statt. Der Khedive empfing die Mitglieder des Konsular-Corps sowie die Spigen der Gerichts-, Finanz- und Handelsbehörden. Um Donnerstag wird im Abdin- Palaft ein offizielles Dejeuner gegeben,

Vereinswefen.

Zu unserer Mittheilung über die Epidemie in dem Großher- zoglich sächsischen Rhöngebirgedo:f Fraukfcuheim (f. Nr. 15 vom 18. Januar) haben wir hinzuzufügen, daß niht blos in der nächsten Umgebung auf den verschiedenen angrenzenden Staat3gebie- ten sih die Hülfsleistung organisirt, sondern daß die Theilnahme auch aus der Feine si \chnell werkthätig erwiesen hat Aus Weimar und Eisenach war der Beistand zur Stelle, sobale die Noth ruchbar wurde. Auch der Berliner Vaterländische Frauenvein trat mit dem patrioti- hen Frauenvereine in Weimar sofort in telegraphische Verbindung und fandte demselben einen Unterstüßungsbiitrag. Wenn auä) der Hauptgrund des Nothfstandes in Frankenbeim in der ôitliZen, na- menilich in den elenden Wohnung -& verhäitnissen zu suchen ist, welche, wie einst in Oberschlesien, der Epidemie eine furtbare Stätte bes reiteten, und wenn auch diesem Uebelstande gründ:id nuc dur ener» gishes Einschreiten der Behörden gesteuert werden kann, fo ist doch die allseitig für das fleine Rhöngebirgsdorf si regende Hülfe, welche üb?»riragen worden

gefallenen Stallmeister gen w zum Militär-Wochen-

in diefem Kampfe allen lme vorjährigen Beibefte

ist, In einem der Blatt M ch 6 Thatbestandes von der Hand gewiesen. In Folge dessen gelangte in der Dezembersißung des verflossezen Jahres ein Aufsatz des Hrn. Schwarß zum Vortraze, in wclchem er noch einmal die

äußeren und inneren Gründe zufammeynstellt, welche seine Auffassung |

ri

als die richtige erscheinen lassen. Der Auffaß wird demnächît in

der Zeitschrift füc Preußishe Geschichte uud Landeskunde gedrudckt |

werden,

In der Sitzung vom 12. Januar d. J. wurde Hr. Baron von Uslar-Gleichen, Vorsteher des Königlichen Instituts für Glasmalerei, zum Delegirten des Vereins in den wissenschaftlichen Beirath des Märkischen Provinzialmuseums gewählt. Hr. Seheimer Ober Regierungs-Rath Zitelmann knüpfte an einige anregende Mittheilungen des Hrn. Dr. Oidtmann zu Linnich bei Aachen Be- trabiungen über die Wichtigkeit der „Geneanomie“, d. h. der Missenschaft, welhe die natürliten Geseze für das Ent- stehen, Blühen und Absterben der Familien und Geschlechter darstellt, und betonte, wie es eine Aufgabe gerade der histo- rischen Vereine sei, durch planmäßige Sammlung von Por- träts, Stammtäumen und Nachrichten die Viologie der Fa- milien 2:sammenzustellen, namentlich die Lebensdauer der)elben na der Zahl d :

1 s der Geshlechtsfolgen in direkter und Seitenlinien, die territoriale Autbre:tung der Familien und die Arten ihres Berufs die besonderen Familien-Eigenthümlichkeiten nach ihrer physischen, aeistinen und sittlichen Entwicklung endlich ihre volitische, wirth-

schaftliche und soziale Bedeutung. Hr. Schulvorsteher Budczies sprach im Anschluß an zwei im 4. Bande der Urkfundenfammlung der Gesellschaft für Sleswig - Holstein - Lauenburgi]che Geschichte mitgetheilte Belehnungsbriefe König Christians T. von Dänemark über den wahrscheinlihen Ursprung und die Dauer des Lc nsverbält- nisses, in welchem einige braxdenbucgise Güter zu dem im Jahre 1640 erloschenen Holstein-Schauenburgischen Grafenhau}te gestanden haben; er wies darauf bin, daß die von Christian I. vergenommei e Beleihung ein Eingriff in die Rechte der Holstein-Schauenburgischen Grafen gewesen zu sein seine, wie denn später auch nur von diesen und nicht von dem Holfteiniscen Herzoge aus dem Haute Oidenburg die Belebnungen mit den brandenburgishen Gütern erfolgt seien Zum Schlusse veranlaßte Hr. Staatéarhivar Dr, Hegert eine all- gemeine Diékussion, indem er, theils unterrihtend, theils Auékunît suchend, die Frage zur Sprache brachte, wo die Originale derjenigen das Kloster Lebrin betreffenden Uikunden zu suchen se:er, welch? obne bestimmte Angabe des Aufbewahruzgéoctes im Riedelshen Codex diplomaticus Brandenburgen is abgedrudckt sfiad,

In der gestrigen Sißung der Stadtverordneten wurde der Stadtverordnete Dr. Stcyck, dessen Wahl zum dritten Provin- zial- und Kommunallandtags- Kbgeordneten von der Königlichen Regierung zu Potzdam nicht bestätigt war, abermals mit 46 gegen 27 Stimm-n für jenes Amt gewählt. Der Magistrat theilt mit, daß er in der Absicht, eine wirklihe Stadt-Haupt- kasse her:ustellen, mit der Stadt Hauptkasse, d. h. einer Kasse der Stadtgemeinde Berlin, durch welhe ale Einnahmea der Korporation erhoben und alle Ausgaben der Stadtgemeinde geleistet werden können und sollen, und welche nur mit Geldern der Kommune, ausfschiießlih derjenigen der Berliner Eigeutbim-er, der Stiftungen, des Legaten- fonds und für den Staat zu erhebenden Sieuern u. f. w. zu thun, hat, beschlossen have, nach bewirktem Jahresabsc{lusse meh- vere zum ttädtishen Hauthaltsetat gehörige Spezialverival- tungen, die jeßt bei der Haupt Armenkfasse verwaltet werden, von dort abzutrennen und mit der Stadthauptkasse zu vereinigen, und andere nicht zum städtischen Haushaltsetat gehörige Nebenkassen von der Stadthauvtkasse abzuzweigen und der Haupt-Stiftungékasse zu überweisen. Die Versammlung nahm Kenntniß von der Mittheilung. Für die in diesem Jahre erforderlihen: Erweiterungs- und Erneuerungsbauten der städtischen Gatanstalten fordert der Magistrat auf Gcuud der vorgelezten Voranschläge einen Kredit von 3,084,000 «4 Wir haben in der gestrigen Nr. d. Bl. die Vor- lage des Magistrats ausführiih mitgetheilt. Auf Antrag des Stadtv. Misch wurde die Vorlage dem Ausschusse für die Erweiterungsbauten der städtishen Wasserwerke zur Vorberathung überwiesen.

Vom Kunstmarkt. Am Sonnabend, den 22. Januar, Vormit- tags von 10—2 Ubr, findet in dem bekannten Lokal in der Kroren- straße 19a. die 179. Lepke’sche Kunfstauktion ftatt, die sih auf eine von dem verstorbenen Sanitäts-Rath Luße in Cöthen binterlafsene Sammlung von meist modernen Oelgemälden sehr ver}ch*edenen Werthes erstreck#. Bemerkenswerth sind unter denselben neben einer guten Kopie nach Govert Flinks „Verstoßung der Hazar ramentlih einige von Stielke und von W. Kray herrührende Arbeiten. Von dem Ersteren sind drei Scenen aus dem Leben der Jungfrau von Orleans, ein Bild „Judith und Holofernes* und eine

wird ohre eingehenden Gegenbewecis diese Dazlegung des |

das lebendige Gefühl der Gemeinfamkeit bekundet, ein erfreuliches Zeichen des erwachten nationalen Lebens und Strebens in Deutschland.

Der Verband der deutschen Frauen-Erwerbs- vereine wird zu Ostern d. I. in Hamburg seine Generalver- sammlung halten,

Statistische Nachrichten.

Na Mittheilung des statistishen Bureaus dec Stadt Berlin sind bei den hiefigen Standesämtern in der Woche vom 9. Januar bis infl, 16. Januar cr. zur Anmeldung gekommen: 163 Eheschlie- ßungen, 879 Lebeadgeborene, 49 Todtgeborene, 620 Sterbefälle.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Im wissenschaftlihen Verein in der Singakademie wird am Sennabend, 5 Uhr, der Ober-Verwaltung2gerichts-Rath Prof. Dr. G ueist einen Vortrag über die Denkschriften des Frei- herrn vom Stein halten.

Getverbe und Sandel.

Dem Jabresabshluß der Aktiengesellschaft Eisen- Hüttenwerk Thale pr. ult. Juni v. J. entnehmen wir folgende Daten nach der „B. Börs. Ztg.*: Der Betrieb der Werke hat einen Gewinn von 89,914 Æ ergeben, von welchen 30,009 F dem Amor- tisationsfonds zugewiesen und 59,914 4 auf Verlust per 1873/74 abges&rieven wurden, während das leßterwähnte Jahr mit einem Verlust-Saldo von 339,882 4 geschlossen batte. Das Defizit be- trägt zur Zeit sonach noch 329,967 Es wurden im Jahre 1874—7ò fabrizirt 8,939,924 Kilo Luppen gegen 6,092,250 Kilo im Vorjahre, 6,792,894 Kilo Walzeisen gegen 5,048,850 Kilo im Vorjahre, 163,671 Kilo Hammereisen gegen 189,800 Kilo im Borjahre, 329,347 Kilo Achsen gegen 348,300 Kilo im Vorjahre, 207,466 Kilo Bleche gegen 24 350 Kilo im Vorjahre (fast nur zum eigenen Gebraube). 148,482 Kilo Gescirre gegen 110,050 Kilo im Vorjahre, 325,255 Kilo Gußwaaren gegen 356,950 Kilo im Vorjahre.

Wien, 20. Januar. (W. T. B.) Die Generalversammlung der Nationalbank hat den pro 1875 erstatteten Rechenschafts- beriht guigeheißen und die Vertheilung ciner Dividende von 26 Gul- den pro zweites Semester, sowie die Übrigen von der Direktion ge- stellten uud bereits bekannten Anträge genebmigt. . i

Pest, 20, Januar. (W. T. B.) Der Kaufvertrag über dîe ungarische Ostbahn ist zwischen den Vertretern der Regierung und der Ostbahngesellschaft heute definitiv avgesch!ofsen worden.

nom, 20. Januar. (W. T. B.) Wie die „Opinione" weldet, find die Verhandlungen behufs Nückaufes der süditalie- uiscen Eisenbahnen durch die Regierung nunmehr beendet und ift cine vollfkemmene Uebereinstiamung zwischen dem Ministe- rium und der Gesellschaft erzielt worden. Die Gesellichaft löst sich cuf und lôßt dem Staate das Eisenbahnnez und das bewegliche Eisenbahnmaterial. Der Staat übernimmt die {webende Schuld und die Anleihen der Gesellschaft und gesteht 25 Lire Rente per Aktie

i zu. Diese Rente beträgt nah Abzug der Steuer 21,70.

Gruppe jagmnder Amazonen in fast leben8großen Knie- fizuren zu erwähnen. Von W. Kray ift eine größere Anzahl voa- Bildern vorhanden, eine Reibe von Studien, unter denen das krâftige Brustbild eines jungen italienischen Violinspielers hervor- tritt, das Bruftbild einer Dame, das in der tüktigen Modellirung des Kopfes vzerdienstliche lebensgroße Porträt E. M. Arndts in ganzer Figur, ein tleineres Genrebild, die Gruppe „badender Mädchen in der Johannisnacht“ und die ebenfalls von einer früheren Kunstaus- stellung her bekannte Gestalt der „Lorelcy", zu deren malerischer Be- handlung eine ältere Arveit, die von dem s{webenden Amor empor- getragene Psyche, in ihrer kühlen Färbung den vollsten Gegensaß bildet. L :

Nicht ohne Interesse find die in den leßten Gemäldeversteigerun- geu erzielten Preise. Ja -der 172. Auktion, die nur ältere Bilder ent- hielt, erreihte das dem Tenniers zugeschriebene Bild mit 1350 # den hôften Preis. Von den bald darauf versteigerten Aquarellen Hilde- brandts erzielten die Freshwaterbay 1350, das Bodethal im Harz 1110, der Hexentanzplaß 630, ein Sonnénuutergang am Nil 600, eine Meeresbucht bei Funchal 5*5, eine Straßenanficht aus Paris 528, die meisten übrigen Stüe 150—450 (G In der 177. Aufktien endiich wurden eine ältere Schweizerlandschaft von Kalckreuth mit 3690 und ein gleichfalls älteres Bild von Genß mit 1533, sowie zwei historishe Scenen von Borckmaun mit 1749 F erstanden, während ein Mondschein von Schleich nur 243, der schr frische „Sommertag in Schleißheim* von Q 1aglio 375 Æ brachte. Ein großes Genrebild von Hiddemann erreichte 1425, ein Kinderköpf{hen von Meyer von Bremen 1365, ein weiblichder Kopf von Vautier 993, eine Scene auf der Bleiche von F. E. Meyerheim 1950, ein Strand in der Bretagne von C. Hoguet 2490, eine Abendlandschaft desselben Künstlers 1800, ein Sonnenuntergang von Ed. Hildebrandt 921, ein Strand desselben Malers 1830, die geistreihe Weinlese von P. Meyerheim 900, ein Thierstück desselben 1470, ein Thierstück von Volt 900, eines von Mali 1200 M.

Der Verein zur Beförderung des Gartenbaues in den preußishen Staaten veranstaltet vom 6. bis 9. April d. J. in Ber- lin cine Frúhjahrsausftellung in dem mit Glas überdachten Saal des Admiralsêgarteubades (Fricdrichstraße 102).

Der Berliner Bezirksverein 137—41 hat in seiner leßten Sißung bischlossen, auf eigene Kosten und dur fceiwillige Bei- träge seiner Mitgl‘eder, wie in Anspruch zu nehmende Privat- woblthätigkeit, eine als nothwendig erfannte „Sanitäts- wache für die Dauer der Naht* zu eröffnen. Einige Aerzte haben ihre Unterftüßung des Unternehmens bereits zugesagt.

In der Königliben Gewerbc-Akademie wurde am 17. d. M. gelegentlich der Eröffnung eines an Stelle des amtlichen Unterrichts im Abgeordnetenhause eingerihteten Uaterrichtékursus in der Stolze- schen Stenographie ein Vortrag über das Wesen der Steno- gra phie gehalten. Die Frage: «Was ist Ster ographie ?“ wurde mit der Auéführung beantwortet, daß diese Scrist nicht, wie dies häufig angerommen werde, eine lediglih zum Nachschrei- ben von Debatten und Vozträgen bestimmte Schzellschrift sei, sondern hauptsächlich au eine Schrift, welhe dem Schüler, dem Geschäftémann, den Behörden, dem Militär, dem Gelehrten u. s. w. eine leiht erlernbare, zuverlässige, furze und darum viel Zeit er- svarende, die Kurrent- und Kursivschrift aber vollständig erseßende Mit- theilungsform biete; die Stolze’she Stenographie sei ritig bezeichnet : „dié Schrift in ihrer zeitgemäßen Vollendung“. Wie wir hören, ift die Theilnahme an dem Unterrichtskursus so groß, daß fih die Ein- richtung eines weiteren Kursus nöthig erweist.

Gestern früh is ein Kommando des Garde-Pionier-Bataillons zur Sprengung des Eises in der Oder unterhalb Bellin- chen nah Freienwalde a. O. abgerückt.

Bei der vorgestrigen ungarischen Heßjagd im Zirkus Salomonski ritt zum ersten Mal Frau Rentiere Streit hierselbft, mit. Die Dame erreihte auf einem Cirkuspferde, „Hertha“, mit Eleganz und unter lautem Beifall des gefüllten Hauses die Kaékaden.

Redacteur: F. Prebm. Beriag der Expedition (Kej el), Fünf Beilagen (einsczließlich Börsen-Beilage), außerdem die Liste der Prämien, welche auf die Shuld- vérséhecidnmätn der Staats-Prämien-Anleihe vom Iahre 1855

in der am 15, uud 17. Iauuar ftattgehabten 21. Ziehung gefallen sind,

Berlin: Druck W. Elsner.

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlih Preußischen Staats-Anzeiger.

e/ T4 4, A Nichtamtliches.

Nufßland und Polen. (Monats-Uebersicht für Dezember.) Am 1. Dezember neuen Stils reisten der Kaiser und die Kaiserin von Rußland von Livadia ab und trafen am 4. Dezember in St. Petersburg ein. Am 6. Dezem- ber langten Ihre Königlichen Hoheiten der Prinz und die Prinzessin Carl von Preußen und Se. Kaiser- lihe Hoheit der Erzherzog Albrecht von Oesterreich mit Ihrem Gefolge in St. Petersburg an. Der Toast des Kaisers von Rußland am russishen St. Georgsfeste betonte die unershütterte Fortdauer des Drei-Kaiser-Bündnisses unter An- knüpfung an die im russishen Volke mit unges{chwähter Klarheit fortlebenden Traditionen von der Zeit, wo Preußen, Ruffen und Oesterreicher zur Vertheidigung derselben Sache zusammenf|tan- den, um Europa den Frieden zu geben. So besteht au jeßt das Drei-Kaiser-Bündniß nur für Aufrechterhaltung des euro- päischen Friedens.

Ferner berichteten die Zeitungen von der 25jährigen Feier des Kaisers von Rußland als Ritter des St. Georgs-Ordens und von der Verleihung des Maria-Theresien-Ordens in Er- innerung an die 25 Jahre vorher ftattgehabte Affaire im Kau- kasus, bei welcher der Kaiser Alexander (als Großfürft und Thronfolger) fich hervorgethan. Ebenso wurde von der Auf- nahme des Erzherzogs Albrecht als Ehrenmitglied der Militär- Akademie, wie au von seiner bald darauf erfolgten Abreise be- rihtet. Am 16. Dezember reisten der Prinz und die Prinzessin Carl von Preußen nah Mosfau, von wo fie am 23. Dezember nach Berlin zurückehrten. Nach der Abreise der Fürfstlichkeiten, die zum St. Georgsfeste gekommen waren, entfaltete sh an der

Newa das gesellige Leben der Wintersaison nit ganz mit derselben |

Lebhaftigkeit, wie sonst ; die tiefe Theilnahme für die Krankheit der ältesten Schwester des Kaisers, der Großfürstin Maria Nikola- jewna, kommt in dem Verhalten der St. Petersburger Gesell- haft zu unverkennbarem Ausdruck. Am 31. Dezember feierte der Kaiser sein 50 jähriges Jubiläum als Chef des Paw- lowsfki'schen Leib-Garde-Regiments. Bei dieser Gelegenheit wurde von den Offizieren des genannten Regiments dem Kaiser ein großes kunstvolles und interessantes Erinnerungsbild darge- braht, und fand auch die Einweihung einer neuen Fahne statt.

In Bezug auf die orientalischen Angelegenheiten blieb die Auffassung ruhig, wie vorher.

Als eine der ersten Aufgaben, mit welchen der Reichsrath in der oegenwärtigen Sesfion fih beschäftigt, erscheint die Reform des Paßwesens. Der Paß is in Rußland nicht blos ein Identitätsbeweis, sondern auch noch ein Dokument über das Steuerverhältniß des Inhabers. Bei den steuerfreien, privi- legirten Ständen sind die Schwierigkeiten zur Reform des Paß- wesens nicht #\o belangreih, desto mehr sind fie es bei den steuerpflihtigen Ständen, also bei der großen Mehrheit der Staatsangehörigen. Erfahrene Polizei- Chefs haben ftets für thunlihste Erleichterung der Paßformalitäten plädirt, aber die bisherigen Steuerverhältnisse ziehen eine immerhin {wer zu be- rührende Grenze. Indessen if das Streben bemerkbar, die Reform des Paßwesens in möglihst erleihternder Weise durhzuführen,

Am 30. Dezember ward unter dem Vorsitz des Kaisers ein Ministerrath abgehalten,“ welcher über die für die projektirte \ibi- rishe Bahn zu wählende Rihtung entshied. Die Hauptfrage drehte sich darum, ob einer direkten Verbindung zwischen Moskau und Sibirien, oder einer solchen zwischen St. Peters- burg und Sibirien der Vorzug zu geben sei. Bei der direkten Verbindung zwishen Moskau und Sibirien, welche die \og. \üdlihe Richtung repräsentirt hätte man die Bahn von Nishny-Nowgorod aus (über Kasan und Katharinenburg) nah Tjumen zu ziehen, und würde die bisherige außerordentli belebte Handelsstraße inne halten. Bei der direkten Verbindung zwischen St. Petersburg und Sibirien der sog. nördlichen Richtung ginge der Weg durch lauter verkehrsarme Gegenden, die erst belebt werden müßten. Die südliche vor der nördlichen (die von dem Kommunikations-Minister ver- treten wurde) den Vorzug. Das Interesse für die projektirte neue Bahn, die circa 1500 Werft betragen - wird, nimmt die gespannteste Aufmerksamkeit aller Kreise in Anspruch: die Frie- denszuversiht, welhe in Rußland vorwaltet, sichert neben der günstigen Finanzlage der lezten Jahre die Ausführung des groß- artigen Unternehmens.

Die diesjährige Aushebung, bei welher von circa 698,000 Mann, die fich ftellen mußten, 180,000 in die aktive Armee

Richtung erhielt

| Naifiht bewilligt.

eingereiht wurden, is plan- und vorschriftsmäßig ausgeführt |

und zum Abschluß gebraht. Da in diesem Jahre 30,000 Mann mehr ausgehoben wurden, als im vorigen, so traten entsprehende Beurlaubungen ein, \o daß der Aktivstand der Armee unver- ändert blieb.

Eine Verordnung des Kaisers ändert diejenige Bestimmung ab, nah welcher Edelleute, die in dem Gouvernement, zu deren

Adelsforporation fie gehören, rittershaftlihe Aemter übernehmen |

wollen, bisher irgend einen Klafsenrang oder einen Orden be- figen mußten. Es genügt in Zukunft, daß solche Edelleute auch als Friedensrichter, als Beamte in Bauersachen gewirkt, oder in landständishen Wahlposten gestanden haben.

nen Klassenrang oder Orden besißen, müssen eine höchste Lehr- anstalt (Akademie, Universität, Lyceum) durhgemaht, oder doch das Abiturienten-Examen abgelegt haben, wenn fie auf Aus-

übung der ihnen durch Geburt zukommenden korporativen Rechte |

reflektiren.

Am 29. und 30. Dezember wurden im „Regierungs- Anzeiger“ die beiden neuerdings mit dem Königreih Italien ab- ges{chlofsenen Konventionen über das Konsularwesen und über den Schugz der Hinterlassenshaften von rusfishen Staats- angehörigen in Jtalien und von Italienern in Rußland ver- öffentliht. Die Befugnisse der Konsuln wurden im Interesse der beiderseitigen Erb- und Vermögensrehte mehrfah bedeutend ausgedehnt.

Da troß der großen Anstrengungen des Unterrichts- Ministers Grafen Tolftoi es noh niht möglih gewesen, die heran- reifenden Abiturienten in der griehishen Sprache ebenso fest zu

machen, wie in der lateinischen, so ward für s\olhe, die das |

Abiturienten-Examen auf Grund häusliher Erziehung ablegen, in Bezug auf das Griechische noch für die Jahre 1876 und 1877

l Edelleute, die | nicht in den leßtgenannten Stellungen gestanden und auch fei- |

Berlin, Freitag, den 21. Januar

Im Lateinischen war es darum mögli, die Forderungen gleich nach Durchführung der Gymnafialreform auf die geseßlihe Höhe zu stellen, weil man {on von der Zeit des Ministers Uwarow her das Lateinishe als zum Gymnafialkursus obligatorisch (das Griehishe aber nur als fafkultativ) zu be- trahten gewohnt war, Eine besondere Verordnung ge- gestattet Nicht-Gymnafiasten sich auch Prüfungen zu unterwerfen, welche mit einigen mittleren Klassen des Gymnasiums korrespon- diren, und für die Dienstpfliht damit verbundene Rechte zu erwerben.

Dem Vernehmen nach sollen die Staatseinnahmen auf das Jahr 1876 in folgender Weise veranshlagt werden: Direkte Steuern 130,651,255 Rubel , indirekte Steuern 300,944 898 Rubel, Regalien 21,455,018 Rubel, Einnahmen vom Staats- Eigenthum 28,778,908 Rubel, diverse Einnahmen 45,854,958 Rubel, Transéfkaukasien 7,106,553 Rubel, Spezial-Ressourcen (Eisenbahnen, Hafengelder 2e.) 10,893,789 Rubel reziproke Einnahmen 24,453,229 Rubel.

Die Ausgaben werden für 1876 fo veranshlagt : Staats- \{hulden 108,417,987 Rubel, höchste Reichsbehörden 1,982,643 Rubel, Refsort der Synode 9,784,962 Rubel, Ministerium des Kaiserlihen Hofes 9,029,099 Rubel , Ministerium der Aus- wartigen Angelegenheiten 2,927,243 Rubel, Kriegs Minifterium 180,267,019 Rubel, Marine-Ministerium 25,038,381 Rubel, Finanz-Ministerium 66,266,446 Rubel, Domänen- Ministerium 19,042,177 Rubel, Ministerium des Innern 53,468,391 Rubel, Ministerium der Volksaufklärung 15,153,507 Rubel, Kommuni- kations - Ministerium 17,018,350 Rubel, Justiz - Ministerium 14,340,226 Rubel, Reichskontrole 2,155,021 Rubel, Reichsgeftüt- wesen 787,765 Rubel, Budget von Transkagukasien 7,025,903 Rubel, Eisenbahnwesen 10,893,789 Rubel, reziproke Ausgaben 24,453,229 Rubel, Steuerausfälle 2,000,000 Rubel. Somit werden die Staatseinnahmen pro 1876 auf 570,138,308 Rubel, die Ausgaben auf 570,052,138 Rubel, der muthmaßlihe Ueber- \{chuß der Einnahmen auf 86,170 Rubel veranshlagt. Der Baarvorrath, welher aus den Einnahme-Uebershüssen der lezten Jahre übrig geblieben if, beläuft sfich auf 23,431,960 Rubel ; dabei „wurden seit 1870 87,876,000 Rubel Staatsschulden amortisirt.

In Rußland bestehen seit 1864 in 33 Provinzen (wozu später 3 hinzukamen) landständische Institutionen, welhe von dem Kaiser zur autonomishen Wahrnehmung der Bedürfnisse der betreffenden Gouvernements und Kreise eingeseßt wurden. In vier Provinzen konnten im Dezember die Berathungen nicht eröffnet werden wegen Mangels an Betheiligung. Dagegen zeigten fih einige landftändische Versammlungen sehr rege, na- mentlich für das Volks\hulwesen, wie auch für Abwendung der Nothstände in den vom Mißwachs heimgesuhten Provinzen.

Eine der regsten landständishen Versammlungen war die des Gouvernements St. Petersburg vom 19. Dezember bis zum 1. Januar. Sie berieth über Austrocknung der Sümpfe im ge- nannten Gouvernement, üver Hebung des Volks\chulunterrichts, über Veranstaltung und Förderung pädagogisher Kurse, Chaussirung der Keksholmer Straße, die Erhaltung des Zug- weges neben den Kanälen Peters des Großen am Ladogasee, Anschaffung von Rettungsböten neuer Konstruftion, Revision der bisherigen Einshäßung von Immobilien, Maßregeln s\anitäts- polizeilihen Charafters. Abgelehnt hatten die St. Petersburger Landstände die Diskusfion eines Projekts zur Organisation einer aus allen Ständen (d. h. nicht blos aus dem Bauernstande) be- stehenden Landgemeinde als kleinster adminiftrativer Einheit.

Die Gesellschaft zur Hebung des rusfischen Handels und Gewerbfleißes beshloß, eine Expedition auszurüsten zur ferneren Erforshung der Nordküsten Sibiriens, und die Fügrung der Expedition den um die Entdeckung des Seewegs zu den Jenisei- und Dbmündungen hochverdienten Herren Nordenstjöld und Wiggens anzuvertrauen.

Neichstags- Angelegenheiten.

Berlin, 21. Januar. In der gestrigen Sißzung des Deutshen Reichstags nahm in der Diskussion über den Gesezentwurf, betreffend die weitere geschäftliche Behandlung der Iustizges eze, der Bundesbevollmächtigte Justiz-Minister . Dr. Leonhardt nah dem Abg. Dr. Lasker das Wort:

Meine Herren! Wie daxkbar ich dem Herrn Abgeordneten für Meppen auch sein muß für die überaus freundlichen Worte, welche meine Person zum Gegenstande haben, so muß ich doch Verwahrung einlegen, wenn er behauptet hat, daß in neuester Zeit in dem preu- ßischen Staate die Staatsanwaltschaft gemißbrauht worden sei. So lange ih preußischer Minister bin, i das auch nicht in einem einzigen Falle geshehen. (Rufe aue dem Centrum.) Gewiß nicht; nennen Sie mir einen Fall, so kann ich mi verant- worten, aber gegen so allgemein gehaltene Behauptungen fann ih nur Verwahrung einlegen. Jch bin mir vollkommen dessen bewußt, was ih gethan habe, und werde mich contra quem et quos zu ver- theidigen in der Lage sein,

Meine Herren! Es würde mir nit ziemen, ein Urtheil abzu- geben über die Arbeiten Jhrer Juftizkommission., Ih kann mi auch niht äußern dazüber, ob die von der Justizkommission eingeshlagene Methode der Behandlung die richtige sein möge oder nicht. Aber das muß ih der Justizkommission doch bezeugen, daß sie wit großem, viel zu großem Eifer gearbeitet hat, daß ihre Verhandlungen überaus gründlich und selbst für Je- manden, der um die Sache genau Bescheid weiß, belehrend sind. Das kann ih bezeugen, weil ich wiederholt in der Justizkommission anwesend gewesen bin und igt diese Ueberzeuguyg gewonnen habe.

In Betreff des Strafprozesses ist von dem Herrn Abgeordneten von Meppen gewiß mit Recht bemerkt, daß es einer großen Resig- nation bedürfen würde, um diesen Entwurf wirklich ins Leben zu führen. Der ganze Lauf der Verhandlungen berechtigte den Herrn Abgeordneten zu dieser Bemerkung.

Was das Gerichtsverfassungsgeseß anbelangt, so boffe ich auch mit dem Hrn. Abg. Dr. Lasker, daß es möglich sein werde, ein Verständ- niß über dieses sehr wihtige Geseß herbeizuführen. Aber dieses Ver ständniß ist, soweit ih die Sache Übersehe, noch lange nicht erreicht, vnd es werden noch große Schwierigkeiten in dieser Beziehung zu überwinden sein.

Der Hr. Abg. Dr. Beseler hat sih über den Beschluß, betreffend die Beseitigung der Handelsgerichte, ausgelafsen; darüber habe i mich nicht zu äußern. Ich gestatte mir jedoch die Bemerkurg, daß es mich in nit geringes Erstaunen geseßt hat, daß, nachdem dieser Beschluß gefaßt worden war, in der Prefse außerordentlich ungünstige

E ° Be B. dPET E I D D

FBGO,

Urtheile gefällt wurden. Jh meinerseits bin entshieden für die Bei- behaltung der Handelsgerihte und zwar aus politischen Gründen. Ich glaube, es ist aus politishen Gründen urthunlich, tie Handels- gerichte in denjenigen Staaten, in welchen sie bislang mit großer Wirksamkeit bestanden haben, zu beseitigen. Dagegen muß man an- erkennen, daß von allgemeinen legislativen Gesichtspunkten aus die Frage den größten Bedenken ausgeseßt ist, und daß es keinen herben Tadel verdient, wenn die Reichs juftizkommission derjeaigen Ansicht beigepflichtet hat, welhe man, wie es scheint, von vielen Seiten verwirft.

Auch kann ich mi dem Hrn. Abg. Dr. Beseler gegenüber in Betreff der Civilprozeßordnung außern. Er bemerkt, die Reichs- justizkommission habe das Prinzip der Mündlichkeit erweitert, Das ist, 0 viel ih weiß, uach feiner Seite hin ge\hehen. Ih wüßte auch gar nicht, wie die Justizkommission es hätte anfangen sollen, das Prinzip der Mündlichkeit in noch weiterem Umfang zu gewähren. Man könnte der Reichsjustizkommission höchstens den Vorwurf machen, daß sie nicht das Prinzip der Mündlichkeit, wie es durchge- führt ift in der Prozeßordnung, beschrärft hat.

Dem Reichstag is folgender Entwurf eines Gesegzes, betreffend die Feststellung eines Nachtrags zum Haushalts-Etat des Deutshen Reichs für das Iahr 1876, vorgelegt worden :

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König

von Preußen 2c. verordnen im Namen des Deutschen Reichs, nah erfolgter Zustim- mung des Bundesraths und des Reichstags, was folgt:

S. 1. Die unter Kapitel 20 der Einnabme des Haushalts-E des Veutschen Reichs für das Jahr 1876 (Reichs-Sesetzblatt 1 S. 325) in einer Summe festgestellten Matrifkularbeiträge werden, vorbehaltlih der Berichtigung nah Maßgabe der Ergebnisse der Volkszählung. vom 1. Dezember 1875 auf die einzelnen Bundesstaaten vertheilt, wie folgt:

1) Preußen 31,730,696 Æ, 2) Lauenburg 72,793 M, 3) Bayern 16,078,924 Æ, 4) Sajen 3,676,779 M, 5) Württemberg 5,987,108 M, 6) Baden 4,647,435 M, 7) Hessea 1,162,731 X, 8) Medcklenburg- S@werin 758,196 L, 9) Sachsen-Weimar 401,382 M, 10) Mecklen- burg-Streliß 132,364 , 11) Oidenburg 438,258 M, 12) Braun- schweig 485,145 #4, 13) Sachsen-Meiningen 266,346 X, 14) Sachsen- Altenburg 204,711 Æ, 15) Sachsen-Coburg-Gotha 245,896 A, 16) Anhalt 305,354 4, 17) Schwarzburg-Sondershausen 95,904 Æ, 18) Shwarzburg-Rudoistadt 104,744 (, 19) Waldeck 74,077 M, 20) Reuß âitere Linie 65,168 #1, 21) Reuß jüngere Linie 136,145 X, 22) Schaumburg-Lippe 46,725 4, 23) Lippe 141,319 A, 24) Lübedck 93,058 6, 25) Bremen 239,035 4, 26) Hamburg 711,815 4, 27) Elsaß- Lothringen 3,074,109 4 Summe 71,376,215 M

S. 2. In dem Haushalts-Etat des Deutschen Reiches für das Jahr 1876 treten :

1) unter Kap. 12 Tit. 18 der fortdauernden Ausgaben (Gesandt- haft in Rom) an die Stelle der beiden ersten Ansätz? die folgenden : Botschafter nebst freier Wohnung 100,000 A Erster Botschafts- Sekretär 12,000 M;

2) unter Kap. 1 Tit. 3 der einmaligen Ausgaben wird der An- saß: „Zu den Kosten der Betheiligung des Deutschen Reichs an der Weltausstellung zu Philadelphia im Jahre 1876* bebufs Herstellung eines auf dem Ausstellungéplaß zu errihtenden Pavillons auf 550,000 erhöht ;

3) unter Kap. 1 der einmaligen Ausgaben ift als Tit. 9 ein- zusiellen :

Einmaliger Beitrag zu den allgemeinen Einrichtungs- und anderen Generalkosten für di? deutshe Betheiligung an der in Brüssel stattfindenden internationalen Ausstellung für Gesundheitspflege und Rettungswesen 75,000 M

S. 3. Die Mittel zur Bestreitung des in dem vorstehenden 8. 2 festgeftellten Mehrbedarfs im Betrage von 201,200 find, soweit derjelbe nicht durch Mehrerträge bei den außer den Matrikular- beiträgen zur Reichékasse fließenden regelmäßigen Einnahmen seine Deckung findet, durch Beiträge der einzelnen Bundesstaaten nah Maßgabe ihrer Bevölkerung aufzubringen.

Urkundlich 2c. Gegeben 2c.

E A S Bt iw Ce:

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Landtags- Angelegenheiten.

Berlin. Die Motive zu dem dem Herrenhause vorgelegten Entwurf ‘eines Gesegzes, betreffend die Ablösung der Servituten, die Theilung der Gemeinschaften und die Zusammenlegung der Grundstücke für die Provinz Schleswig-Holstein, lauten im allgemeinen Theil :

In den Heczogthümern Schleswig und Holstein ist die Gemeiu- heitstheilurng und Sezvitutablösung {on in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts durch geseßliche Vorschriften befördert und näber geregelt worden.

Zunächst erging für Schleswig die Verordnung vom 10. Februar 1766, welche den Landinterefsenten gestattete, ihre zusammen und für fich allein liegenden, aus der gemeinen Weide entnommenen Ländereien jofern einem Dritten keine Gerehtsame an denselben zuständen zukoppeln, d. h. mit Wäülen oder Hecken einzufriedigen. Daneben wurde zur Beförderung der Gemeinheitstheilung l daß, wenn eine Dorfschaft mit F der nah Lar dbesitz S.immen die Separation eines ihr allein gehörigen schließe, dieser Beschluß auch die Minderbeit binden lihe Aenderungen, namentlich auch dabin f: Gemeinbeiten künftig die Hälfte der Pfluzzabl der Provokanten genügen joll-, traf die Verordnunz 1770 mit den dieselbe abändernden uad ergänzen Patenten und Verfügungen vom 10. Dezember Dl Url 1600, 0, Mai 1780 2c. gro Verfahren war auch die Beftimmung, daf Stavenbesißer behufs der Einkoppelung seines Antheils meine Vermessung sämmtlicher Dorfländereien verlangen f daß die Kosten der Vermessung uud Ausweifun interessenten getragen werden mußten, wen die Gemeinschaft unter si{ beizubehalte

Im Herzogthum Holstein Antheil (die Aemter Ab : thal, Stadt Plôên) schon ansceinend währe Einkoppelung | Aemtern Kiel,

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fihaft Ranzau und die § om 19 17 mentlich in einem Reskript vom 3. a dom 4 Auguft 1784 gefunden bat. n diese Vorschriften mit der \{leswigshen Verordnung anuar 1770 überein. igens waren in beiden Herzogthümern die Bezirke der Güter von dem Geltungsbereihe der erwähnten Orduunzen n, doch kamen auf Grund der freien Vereinbarung auch è Theilungen und Einkoppelungen häufig vor.

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