E Aka e S A T E R E
E 7 Se Ens A are;
Bea E A D Sre E Ri aats Fin
S nan g q E Des A C E Ein: uta
La a I O
E Ta
Nichtamtliches. Deutsches Nei.
Preußen. Berlin, 29. Januar. Se. Majestät der Kaiser und König nahmen heute die gcwöhnlihen Vorträge sowie einige militärishe Meldungen entgegen und arbeiteten mit den Chefs des Militär- und des Civil-Kabinets, General-Major von Albedyll und Geheimen Kabinets-Rath von Wilmowski.
— Beide Kaiserlihe Majestäten ershienen gestern auf dem Opernhausballe.
— Se. Kaiserliheund Königliche Hoheit der Kron- prinz empfing gestern Vormittags die Generale v. Sandrart, Graf v. Gneisenau, v. Flöckher und andere höhere Offiziere zur militärishen Meldung. Nachmittags 45 Uhr ertheilte Höchft- derselbe dem Regierungs-Präsidenten Bitter Audienz. Abends 9 Uhr besuchten die Kronprinzlihhen Herrschaften den Sub- \friptionsball im Opernhause.
— Gestern Abend fand in dem zu einem großen Saale vereinigten Zuschauer- und Bühnenraume des Königlichen Opern- hauses der erste diesjährige Subskriptions-Ball statt.
Die Dekoration und Ausstattung des Festraumes, mit wel- hem der zu einem Speisesaal umgewandelte Konzertsaal ver- bunden worden, war im Wesentlichen dieselbe, wie in den frühe- ren Jahren.
Der Tanzsaal und die Logen, die nach dem BVühnenraume zu durch einen Anbau erweitert waren, füllten sich bald nah der Eröffnung des Hauses um 74 Uhr mit einer zahlreichen, glänzenden Gesellshaft. Die Logen zur Rechten nahmen die Herren vom diplomatischen Corps mit ihren Damen ein.
Um 9 Uhr erschienen die Allerhö chsten und Höchsten Herrschaften in den Prosceniumslogen zur Linken, von denen aus Allerhöchst- und Höchstdieselben den ersten Umgang durch den Saal antraten, mit welhem der Ball eröffnet zu werden
egt. pr “Dem Zuge voran schritt der General-Intendant der König- lien Schauspiele, Kammerherr von Hülsen, die Palastdame Ihrer Majestät der Kaiserin-Königin, Gräfin von Hake, führend. Se. Majestät der Kaiser und König führten Ihre Kaiser- lie und Königliche Hoheit die Kronprinzessin, während Se. Kaisferlihe und Königliche Hoheit der Kronprinz Ihre Majestät die Kaiserin-Königin führte; es folgten Se. König- lihe Hoheit der Prinz August von Württemberg mit Ihrer Kö- niglihen Hoheit der Prinzessin Carl, Se. Königliche Hoheit der Prinz Carl mit Ihrer Königlichen Hoheit der Prinzessin Fried- rich Carl, Se. Königliche Hoheit der Prinz Friedrich Carl mit Ihrer Königlichen Hoheit der Prinzessin Marie, Se. Königliche Hoheit der Prinz Alexander mit Ihrer Königlihen Hoheit der Prinzessin Elisabeth.
Bei dem zweiten Umgang führten Se. Majestät der Kaiser und König Ihre Königliche Hoheit die Prinzessin Carl, während Ihre Majeflät die Kaiserin-Königin von Sr. Königlichen Hoheit dem Prinzen Carl geführt wurde; es folgten Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz mit Ihrer Kaiserlihen und Königlichen Hoheit der Kronprinzessin, Se. Königlihe Hoheit der Prinz Alexander mit Jhrer Königlichen Hoheit der Prin- zessin Friedrih Carl, Se. Königliche Hoheit der Prinz Friedrich Carl mit Ihrer Königlichen Hoheit der Prinzessin Elisabeth, Se. Königliche Hoheit der Prinz August von Württemberg mit Ihrer Königlichen Hoheit der Prinzessin Marie.
Dás diplomatische Corps war zahlreih vertreten; ebenso bemerkte man viele Mitglieder des Reichstages.
Die Allerhöchsten und Höchsten Herrschaften verließen kurz nah 12 Uhr den Festraum. — Der Ball erreihte um 2 Uhr fein Ende.
— Der Bundesrath hielt heute die 4. Plenarsißzung unter Vorsiß des Staats-Ministers Dr, Delbrück. Zur Vorlage famen Schreiben des Präsidenten des Reichêtags über die Be- \chlü}se des Reichstags, betreffend: a. den Entwurf eines Ge- seßes wegen der weiteren geshäftlihen Behandlung der Iustiz- Gesetzentwürfe; b. den Entwurf eines Geseßes wegen Feststellung cines Nachtrags zum Haushalts-Etat des Deutschen Reichs für 1876 ; c. die Uebersicht der ordentlichen Ausgaben und Einnahmen für 1874; d, eine Anzahl von Petitionen,
Ferner der Entwurf einer Verordnung, betreffend die Tage- gelder, Fuhr- und Umzugskosten der Reichsbevollmäehtigten und Stations-Controleure.
Demnächst wurde Beschluß gefaßt über den Entwurf cines Gesetzes, betreffend die Kaiser - Wilhelm - Stiftung für die Angehörigen der Reichs - Postverwaltung, über den Antrag, betreffend die pensionsfähige Dienstzeit des Vorsißenden der Centraldirektion der Monumenta Germaniae und über den Antrag wegen des Abschlusses einer Vereinbarung mit Luxemburg über gegenseitigen Markenshußt.
Aus\chußberichte wurden erstattet über: a, den Entwurf eines Gesetzes wegen des Etatsjahres für den Reichshaushalt ; b. die Bereit - stellung der Geldmittel zur Bestreitung der Reihsausgaben für 1876. c, die aus der französishen Kriegskostenentshädigung zu er- seßzenden gemeinsamen Kosten des Krieges gegen Frankreich.
— Der Bundesrath und der Aus\shuß desselben für Zoll- und Steuerwesen hielten heute Sizunge1i,
— Aus der Seitens des Bundesamtes für das Hei- mathwesen dem Reichskanzler erstatteten Geschäftsübersicht für das Jahr 1874/75 entnehmen wir, daß in diesem Jahre nur 329 Sachen eingegangen waren, gegen 404 im Vorjahre. Da aus dem Jahre 1873/74 noch 20 unerledigt geblieben, waren im Ganzen 349 Fälle zu bearbeiten, von welher Zahl 329 in 30 Sitzungen erledigt wurden. Referirt haben Prôsident König in 53, Geheimer Ober-Regierungs-Rath Wohlers in 34, Gehei- mer Regierungs-Rath Goepel in 180, Ober-Tribunals-Rath von Holleben in 43 und Kammergerihts-Rath Leske in 35 Sachen. Von der Gesammtzahl der Prozesse betrafen 303 Streitigkeiten zwischen Armenverbänden desselben Staates, 46 \{chwebten zwishen Armenverbänden verschiedener Staaten. In den Lan- dessachen hatten in 1, Instanz entschieden preußische Behörden in 293 Fällen, darunter allein die posenshe Deputation in 54, das Verwaltungsgeriht Potsdam in 22, Königsberg in 21, die hannovershe Deputation in 19, die \{leswig-holsteinsche Deputation und das Verwaltungsgeriht Frankfurt a. O. je 18 u. \.w,; der Großherzoglich hessishe Administrativ-Iustizhof hatte in 4, der sahsen-weimarishe 1V, und V, Verwaltungs-Bezirksaus- \{chuß, die Herzoglih \ähsishe Kreishauptmannschaft Altenburg, die Fürstlih \{chwarzburgischen Deputationen in Rudolftadt und Sondershausen, die Fürstlich reußishe Deputation für das Hei-
entfielen auf Preußen 22, je 3 auf Mecklenburg - Schwerin, Sachsen-Weimar, Reuß j. L. und Hamburg, je 2 auf Hessen und Sachsen-Yieiningen, je 1 auf Sahsen, Baden, Sachsen- Altenburg, Sachsen-Coburg-Gotha, Schwarzburg - Rudolstadt, Lippe-Schaumburg, Lippe und Bremen.
— Im weiteren Verlaufe der gestrigen Sißung des Deutschen Reichstags konstatirte in der Diskussion über 8. 131 der Strafgeseznovelle der Bundesbevollmächtigte Großherzogli hesfisher Minister-Präsident Hofmann, daß er zu seinen Auslafsungen über eine eventuelle Veränderung der po- litishen Situation zwishen den Regierungen und dem Reichs- tage nicht vom Fürsten Bismarck veranlaßt sei. (S. unter Reichstagsangelegenheiten.) Nah einigen Bemerkungen des Abg. Dr. Bamberger, worin er feine vorgestrigen Aeußerungen richtig stellte, und einer persönlihen Bemerkung des Abg. Dr. Lasker wurde bei der Abstimmung hierauf zunächst das Amende- ment Krüger und demnächst der §. 131 selbst mit sehr großer Majorität vom Hause abgelehnt.
Desgleichen wnrde ohne Debatte abgelehnt der folgende
030!
Î „Wer eine Urkunde, ein Register, Akten oder einen sonstigen Gegen-
stand, welche si zur amtlihen Aufbewahrung an einem dazu be- stimmten Orte befinden, oder welche einem Beamten oder einem Dritten amtlich übergeben worden sind, vorsäßlich vernichtet, bei Seite schaft oder beschädigt, wird mit Gefängniß bestraft. War die Hand- lung geeignet, das Wohl des Deutschen Reichs oder eines Bundes- staats zu gefährden, so kann auf Zuchthaus bis zu fünf Jahren er- kannt werden. Ift die Handlung in gewinnsüchtiger Absicht begangen, so tritt Zuchthausftrafe bis zu zehn Jahren oder Gefängnißstrafe nicht unt?r drei Moaaten ein; an kann auf Vexlust der bürgerlic;en Ehrenrechte erkannt werden,“
Dagegen wurde |
8. 135: Wer ein öffentlihes Z-:ichen der Autorität des Reiches oder eines Bundeéfürsten oder ein Hoheitszeichen eines Bundes- staates böswillig wegnimmt, zerftört oder beschädigt, oder be- \chimpfenden Unfug daran verübt, wird mit Geldstrafe bis zu N ‘Mark oder mit Gefängniß bis zu zwei Jahren be- itraft,
mit geringer Majorität vom Hause angenommen.
S. 140 der Vorlage lautet :
„Wegen Verleßung der Wehrpflicht wird bestraft: i
1) ein Wehrpflichtiger, welcher in der Absicht, sich dem Eintritt in den Dienst des stehenden Heeres oder der Flotte zu entzichen, ohne Eclaubniß entweder das Bundesgebiet verläßt oder nach erreichtein militärpflihtigen Alter sich außerhalb des Bundesgebiets aufhält : mit Geldstrafe von einhundertfünfzig bis zu dreitausend Mark oder mit Gefängniß von Einem Monat bis zu Einem Jahre;
2) eine beurlaubte Militärperson" der Reserve, Land- oder See- wehr, welche ohne die vorgeschriebene Erlaubniß auswandert: mit Geldstrafe bis-zu eintausend fünfhundert Mark oder Haft oder Ge- fängniß bis zu drei Monaten; ;
3) ein jeder Wehrpyflichtiger, welcher nach öffentlicher Bekannt- machung einer vom Ksiser für die Zit eines Krieges oder einer Kriegsgefahr erlassenen besonderen Anordnung in Widerspruch mit derselben auswandert: mit Gefängniß niht unter drei Monaten, neben welchem auf Geldstrafe bis zu dreitausend Mark erkannt wer- den kann. :
Gegen Offiziere und im Offizierrange stehende Aerzte kann im Falle der Nr. 2 die Geldstrafe bis zu dreitausend Mark und die Ge- fängnißstrafe bis zu scchs Monaten erhöht werden,
Der Versuch ift strafbar.
Das Vermögen des Angeschuldigten kann, infoweit als es noch dem Ermessen des Richters zur Deckung “der den Angeschuldigten mög- licherweise treffenden hôch{chsten Geldstrafe und der Kosten des Ver- fahrens erforderli ist, mit Beschlag belegt werden.
Die Nr. 1 dieses Paragraphen is nur eine redaktiorelle Aenderung der bisherigen Fassung des §. 140, dagegen enthält die Nr. 2 eine Verschärfung der Strafe für die bis jeßt nur als Uebertretung (§. 360) bestrafte unerlaubte Auswanderung der Reservisten und Landwehrleute, während die Nr. 3, sowie der folgende Absay über die Erhöhung der Strafe gegen Offi- ziere und Aerzt2 neue Zusäße sind.
Abg. Struckmann (Diepholz) beantragte:
1) die Nr. 2 des Abs. 1 und den Abs. 2 zu streihea; 2) in Nr. 3 statt der Worte: „nicht unter drei Monaten“ zu seßen: „von drei Monaten bis zu zwei Jahren. “
Abg. Gerhardt {lug vor, im lehten Alinea hinter den Worten „und den Kosten des Verfahrens erforderlih iß“ einzu- halten: „auf Antrag der Staatsanmal!schaft jederzeit“.
Endlich beantragte Abg. Dr. Lasker, in der Nr. 3 zu sagen: „mit Gefängniß bis zu zwei Jahren.“
Der Abg. Struckmann (Diepholz) erkannte an, daß der Versuch des hier bezeihneten Vergehens strafbar gemaht werden müsse, weil gegenwärtig, wo er nicht strafbar ist, die ganze Strafbestimmung illusorish sei, da das Vergehen erft konsumirt ist, wenn der Auswanderer auf der See, d. h. außer dem Be- reihe des Gesetzes is, Dagegen liege kein Grund vor, die Nr. 2, in welcher es \sich um die bloße Uebertretung einer Polizeivorshrift handelt, unter die Vergehen aufzunehmen, wcs- halb Redner die Annahme seines Antrages empfahl.
Der Abga. Dr. Lasker erklärte, er habe anfangs die Absicht ge- habt, den §. 140 einfa abzulehnen, weil er die Drdnung der \{hwie- rigen Materie, welche hier in Rede steht, gern bis zur allgemeinen Revision des Strafgeseßbuhs aufgeshoben hätte. Nachdem diese jedoch in weite Ferne gerückt erscheint, sei er genöthigt, {ih auf die Bestimmungen des H. 140 einzulassen, welher einem Mangel abhelfen soll, über den man \ih bei der Berathung des Militärgeseßes nicht verständigen konnte.
Der Bundesfkommissar Oberst-Lieutenant Bluhme erkannte an, daß die Nr. 2 die bloße Uebertretung einer Polizeivorschrift enthält, insofern den Beurlaubten der Reserve, Land- und See- wehr die nahgesuchte Auswanderungserlaubniß nicht versagt werden fann, wenn fie nicht zum Dienst einberufen sind. Dennoch müßte auf die strenge Beobachtung der vorgeschriebenen Form im Interesse der Erhaltung des militärischen Pflicht- bewußtseins in der Reserve ein- großer Werth gelegt werden. Es fei erstaunlih, wie sehr die Unterlafsungen der Anzeigen zu- genommen hätten, seit sie nur als Uebertretung bestraft würden.
Der Abg. Pr. Lasker erkannte nochmals die durch die Nr. 3 auszufüllende Lücke als vorhanden an, wodurch jedoch keineswegs das vorgeschlagene Strafmaß gerechtfertigt werde. Letzteres wurde vom Abg. Grimm mit Hinweis darauf befür- wortet, daß die Regierung im Falle einer Mobilmachung wirk- same Strafmittel gegen pflihtvergessene Wehrpflihtige in der Hand haben müsse.
Der Reichskanzleramts-Direktor v. Amsberg machte darauf aufmerksam, daß der zweite Absaz des Paragraphen aus dem Militärstrafgeseßbuch übernommen sei. Er könne ftehen bleiben, auch wenn man die Nr. 2 streiht, weil er auch in diesem Falle eine Neuerung gegen das bestehende Recht enthält, insofern der Versuch strafbar gemacht werde. Der Abg. *Struckmann gab dies als rihtig zu. Man würde aber mit der Aufrechterhaltung des zweiten Alineas eine Bezugnahme auf die zu streihende
[ Nr. 2 und den zweiten Absaß zu streihen und bis zur dritten Lesung eine zutreffende Fassung zu vereinbaren. Dagegen pro- ponirte Abg. Thilo, bis zur dritten Lesung die Nr. 2 und den zweiten Absay zu genehmigen.
Der Antrag auf Streihung der Nr. 2 und des zweiten Alineas wurde hierauf gegen die Stimmen der Rechten ange- nommen, und §. 140 mit dem Amendement Lasker genehmigt.
8. 144 lautet:
„Wer es sich zum Geschäfte mat, Deutsche zur Auswanderung zu verleiten, wird mit Gefängniß bis zu zwei Jahren bestraft.
Mer unter Vorspiegelung falscher Thatsachen oder wiss-ntlich mit unbegründeten Angaben Deutsche zur Auswanderung verleitet oder zu verleiten suchßt, wird mit Gefängniß nicht unter Einem Jahre bestraft.“
Die bisherige Fassung bestimmt:
„Wer es sih zum Geschäfte macht, Deutsche unter Vorspicgelung falscher Thatsaßen oder wissentlich mit unbegründeten Angaben zur Auswanderung zu verleiten, wird mit Gefängniß von einem Monat bis zu zwei Jahren bestraft,“
Der Abg. v. Cuny {lug vor, in dieser leßteren Fassung hinter den Worten „unbegründeten Angaben“ einzufügen: „oder durch andere auf Täuschung berechnete Mittel.“
Der Abg. Dr. v. Gerlach hob hervor, daß man \ih jeßt zur Frage der Auswanderung ganz anders stelle als früher, da bei weitem niht mehr der große Trieb zur Auswanderung vor- handen sei, ja sogar ein Rückstrômen stattfinde. Es sei auch durh- aus nit richtig, die Staatsbürger an der Auswanderung zu verhindern, da durch das Zurüdchalten unwilliger Be=- völkerung nur die Zahl der Sozialdemokraten vermehrt werde. Sollte sich das Amendement Cuny vielleiht auf solche Mitthei- lungen von Versprehüngen der Agenten, von denen sie selbst wissen, daß fie unwahr oder, wenn wahr, nichts werth sind, beziehen, \o sei nur zu wünschen, demselben eine klarere Fassung u geben.
\ A Abg. v. Cuny theilte die Ansicht des Abg. Dr. v. Gerlach, daß die Auswanderung, wie sie sich bei uns gestaltet hat, in mancher Hinsicht ein Krebs\chaden der Nation geworden ist, weit entfernt von der früher herrshenden Ansicht, daß die Auswanderung eine Abhülfe gegen soziale Uebel fei. Indeß sei ja die prinzipielle Frage bei Berathung des Strafgeseßbuchs von der Mehrheit des Reichstages entschieden worden: Der Staat bedürfe nicht des Schutzes gegen die Auswanderung, sondern nur des Shuzes gegen betrügerishe Mittel, die angewendet würden, um zur Auswanderung zu bestimmen. So bezwecke denn sein Amende- ment nur den jeßt geltenden Thatbestand des Strafgeseßbuchs, der durchaus ungenügend sei, zu ergänzen, da hier von der „Unterdrückung richtiger Thatsachen“ nihts gesagt sei, und doch folhe Vorspiegelungen, die, ohne objektiv falshe Thatsachen zu enthalten, durch ihre ganze Darstellung dazu angethan sein könn- ten, eine Täushung über das Ziel der Auswandêrer zu bewir- ken, ebenfalls für die Staatsbürger sehr verderblih wirken.
Der Abg. Dr. Banks stimmte dem Amendement Cuny bei, obgleih er diese Ergänzung für ziemlich irrelevant hält, da au die von dem Antrag betroffenen Fälle ja zu den Vor- spiegelungen gehörten. Sehr bedeuklih dagegen {eine ihm die Regierungsvorlage, da durch Streihung der Worte „unter Vor- \piegelung falsher Thatsachen oder wissentlih“ die Worte „zum Geschäft macht“ und „verleiten“ ihre îlare Bedeutung verlieren. Ueberdies würde der vorliegende Paragraph fi nicht nur gegen Agenten, sondern auch gegen solche Personen richten, die viel- leiht aus Humanitätsgründen irrige Mittheilungen machen. So dehnbare Begriffe in das Strafgeseßbuch aufzunehmen, erscheine höchst bedenklich. Nach den Motiven solle ferner die Feststellung der Grenze, wo öffenilihe Bekanntmachungen, Venachrichtigungen und dergl. mit unter dicsen Paragraphen fielen, „dem Ermessen des Strafrichters überlassen bleiben“. Das sei seiner Meinung nach eine noch nit dagewesene strafgeseßlihe Abnormität, da es doch das Erste sei, was ein Staatsbürger verlangen könne, daß er felbst sich sagen könne, ob etwas nah den Gesezen strafbar sei oder nicht.
Der Bundesraths - Kommissar, Wirkliher Geheimer Ober- Regierungs - Rath v. Amsberg, hob hervor, daß ja die Regie- rungévorlage die Auswanderungsfreiheit durchaus niŸht beshrän- ken, sondern nur die shädlihen Einflüsse betrügerisher Agenten in wirksamerer Weise, als bieher bescitigen wolle. Die Bedenken des Abg. Dr. Banks wegen der Dehnbarkeit der Ausdrücke fänden in der Praxis keinerlei Bestätigung. — Da das Amendement Cuny wenigstens einige von den bisher außer Acht gelassenen Fällen damit umfasse, werde die Regierung eventuell mit dem- selben sih begnügen. : |
Der Abg. Hölder war ebenso, wie Dr, Banks gegen die Regierungsvorlage, da diese wegen ihrer großen Unbestimmtheit das solide wie das unsolide Agenturgeschäft bedrohe. Daher werde die \olide Auswanderungsagentur, die beste Stüße für die Auswanderer, vershwinden und die Staatsbürger völlig \{chutlos sein. : i
Abg. Dr. Kapp war gleichfalls gegen die Regierungsvor- lage. Man solle, wie Graf Eulenburg einmal im Abgeordneten- hause empfohlen, die Zustände der Heimath dem Staatsbürger fo behaglih als möglih machen; Zwangsgeseße und Polizeimaßregeln würden dagegen nichts- nügen, sondern das Gegentheil erreichen. Hierzu komme, daß die Bestimmungen gegen die Agenten zu unbestimmt seien und sehr verschieden ausgelegt würden. Nach der Fassung des zweiten Absagzes könnten selbst Verwandte, die in gutem Glauben ihre Erfahrungen mittheilten, verurtheilt werden, ja selbst der Vater, der seinen eigenen Sohn nachkommen lasse, wenn dieser die Zustände in dem neuen Lande vielleicht nicht finde, wie jener angegeben. Er werde daher das Amende- ment Cuny unterstüßen, zumal dasselbe sowohl den Ansichten des Hauses, als denen der Regierung entspreche.
Bei der Abstimmung wurde das Amendement Cuny mit großer Majorität angenommen.
8. 145 lautet in der bisherigen Fassung: j
„Wer die vom Kaiser zur Verhütung des Zusammcnstoßens der Schiffe auf See erlassenen Verordnungen übertritt, wird mit Geld strafe bis zu fünfhundert Thalern bestraft.“
Die Regierungsvorlage bezweckt, diese Strafbestimmung auch auf solche Kaiserlihe Verordnungen auszudehnen, welche über das Verhalten der Schiffer nah einem Zusammenstoße von Schiffen auf See oder in Betreff der Noth- und Lootsensignale für Schiffe auf See und auf den Küstengewässern erlassen sind.
Der Abg. v. Freeden war mit dieser Ausdehnung der Straf- bestimmung einverstanden, beantragte jedoch, die Strafe für Uebertretung der „zur Verhütung des Zusammenstoßens der Schiffe auf See“ erlassenen Verordnungen fallen zu lassen. Zur Begründung dieses Antrags machte der Redner geltend, daß diese Verordnungen theilweise \o unklarer und unbestimmter Natur seien, daß es juristish außerordentlih \{chwierig sei, Ueber- tretungen derselben festzustellen. Er könne deshalb der Regie- rung nit dringend genug an das Herz legen, mit den übrigen
mathwesen in Gera und die Senatskommission zu Lübeck in je éinem Falle entschieden. Von den 46 interterritorialen Sachen
Nr, 2 stehen lassen. Er \{chlug deshalb vor, vor der Hand die
seefahrenden Nationen eine baldige Revision dieser Bestimmungen
zu vereinbaren. In der Erwartung, daß man diesem Wunsche entsprechen werde, ziehe er seinen Antrag zurü. S. 145 wurde hierauf ohne weitere Debatte angenommen. Um 4 Uhr vertagte sih das Haus.
— In der heutigen (41.) Sizung des Deuts&en Reichs- tages, welchéer am Tische des Bundesraths der Präsident des Reichskanzler-Amtes Staats-Minister Dr. Delbrück, der Staats- Sekretär von Bülow sowie der Reichskanzler-Amts-Direktor, Virkliher Geheimer Ober-Regierungs-Rath von Amsberg und andere Bundes-Kommissare beiwohnten, seßte das Haus die zweite Berathung der Strafgeseÿnovelle mit der Diskussion über §. 183 fort. Derselbe lautet:
__ aWer durch eine unzüchtige Handlung oder Aeußerung öffent- lich ein Aergerniß giebt, wind mit Gefängniß bis zu zwei Jahren ol and kann auf Verlust der bürgerlihen Ehrenrechte er- annt Werden.
In minder s{hweren Fällen tritt Geldstrafe bis zu Fünfhundert
Mark ein.“
Bisher waren nur unzühhtige „Handlungen“, niht „Aenße- rungen“ strafbar. Hierzu beantragte Abg. Dr. v. Scgiouige S. 183 in folgender Fassung anzunehmen:
„Wer durch eine unzücbtige Handlung öffentlich ein Aerzerniß gieft, wird mit Gefängniß bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bis zu Fünfhundert Mark bestraft.
Neben der Gefängnißstrafe kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrete erkannt werden.“ : Abg. Dr. Gerhard beantragte, in der Regierungsvorlage die Worte „oder Acußerung“ zu streihen. Nachdem die Antrag- steller ihre Anträge motivirt hatten, empfahl der Bundeskommissar Geheime Justiz-Rath Oehlshläger die Regierungsvorlage zur Annahme, worauf \ich Abg. Frhr. v. Maltahn-Gülg für und Abg. Dr. Lasker gegen das Amendement v. Schwarze erklärten.
Das Amendement wurde \{chließlich angenommen. Auch
§8. 200: „Wird wegen einer öffentlih oder durch Verbreitung von Schriften, Darstellungen oder Abbildungen begangenen Belei- digung auf Strafe erkannt, so ist ¿ugleich dem Beleidigten die Befugniß zuzusprechen, die Verurtbeilung auf Kosten des Schuldi- gen öffentlich bekannt zu machen, Die Art der Bekanntmachung, sowie die Frist zu derselben, ist in dem Urtheile zu bestimmen.“
S. 208. „Hat der Zweikampf ohne Sckuudarten stattgefunden, fo kann die verwirkte Strafe bis um die Hälfte, jedech nicht üver fünfzehn Jahre, erhöht werden.“ : A
8. 275, Nr. 2. „Unechtes Stempelpapier, unechte Stemypel- markey, Stempelblankette oter Stempelabdrücte für Spielkarten, Pässe oder sonstige Drucksachen oder Schriftstücke, ingleichen wer unechte Post- oder Telegraphen-Freimarken oder gestempelte Briefs couverts in der Absicht anfertigt, sie als edt zu verwenden. “
S. 319. „Wird einer der in den §F. 316 und 318 erwähnten Angestellten wegen einer der in den 88. 315 bis 318 bezeichneten Handlungen verurtheilt, so kann derjelbe zugleih für unfähig zu einer Beschäftigung im Eisenbahn- oder Telegraphendienste oder in beslimmten Zweigen dieser Dienste exklärt werden ;“
und §. 321, welcher lautet:
„Wer vorsäßlich Wajjerleitungen, Schleusen, Wehre, Deiche, Dämme oder andere Wasserbauten oder Brücken, Fähren, Wege oder Schußwehre, oder dem Bergwerkebetriebe dienende Vorrich- tungen zur Wasserhaltung, zur Wetterführung oder zum Ein- und Ausfahren der Arbeiter zerstört oder beschädigt, oder in \{chiff- baren Strömen, Flüssen oder Kanälen das Fahrwasser ört und durch eine dieser Handlungen Gefahr füc das Leben'voder die Ge- sundheit Anderer hexbeiführt, wird mit Gefängniß nicht unter drei Monaten bestraft.
Ist durch eine dieser Handlungen eine {were Körperletzung ver- ursaht worden, -fo tritt Zuchthauëstrafe bis zu fünf- Jahcea und, wenn der Tod eines Menschen verursacht worden ist, Zuchthaus- strafe niht unter fünf Jahren ein,“ :
wurden ohne Debatte genchmigt.
S. 348 lautet:
„Sin Beamter, welcher, zur Aufnahme “söffentliher Uikunden befugt, innerhalb seiner Zuständigkeit vorsäßlih eine rechtlich cr- beblicbe Thatsache fals beurkundet oder in öffentlihe Negister oder Bücher fals einträgt, wird mit Gefängniß nicht unter Einem Monat bestraft. Auch kaan auf Verlust der bürgerlichen Ehren- rechte erkannt werden. /
War die Handlung geeignet, das Wokl des Deutschen Reichs oder eines Bundesftaats zu gefährden, fo kann auf Zuchthaus bis zu fünf Jahren erkannt werden
Dieselben Strafvorschriften finden auß dann Anwendung, wenn ein Beamter eine ihm amtlich anvertraute oder zugängliche U-funde vorsäßlih vernichtet, bei Seite schafft, beschädigt oder verfälscht,“
Derselbe wurde nach einigen Bemerkungen der Abgg. Dr. Lasfer und Dr. Reichensperger (Crefeld) gegen die Vorlage, welche von dem Bundeskommissar Wirklichen Geheimen Ober- Regierungs-Rath v. Amsberg vertheidigt wurde, abgelehnt.
8. 360 lautet:
3) wer als Ersaßtzreservist erster Klasse au8wandert, ohne von feiner bevorstehenden Auswanderung der Militärbeh örde Anzeige erstattet zu haben; E
, 4) wer ohne s{chzriftlicen Auftrag eier Behörde Stempel Siegel, Stiche, Platten oder andere Formen, welche zur Anfertigung von Metall- oder Papiergeld, oder yon solchen Papieren, welche nach §, 149 dem Papiergelde gleichgeachtet werden, oder von Stempel vavier, Stem- pelmarken, Stempelblanketten, Stempelabdrücken, öffentlitzen Be- sheinigungen oder Beg!aubigungen dienen können, anfeitigt oder an einen Anderen als die Behörde v‘rabfolgt;
7) wer unbefugt die Abbildung des Kaiserlichen Wappens3 oder id E eines Buudesfürsten odex von Landeswappen ge- raubt ;
… 12) wer als Pfandbleiher oder Rückaufshändler bei Ausübung
a Gewerbes den darüber erlassenen Unordnungen zuwider-
jandelt.
Hierzu beantragte der Abg. Thilo: Nr. 3 zu fassen:
„Wer als Beurlaubter, Reservist oder Wehrmann der Land- oder Seewehr ohne Erlaubauiß auswandert, oder wer als Gisaßz- rejervist u. \. w.
_ Der Abg. Struckmann (Diepholz) sowie der Bundeskom- missar, Wirkl. Geh, Ober-Regierungs-Rath v. Amsberg, befür- worteten das vom Abg. Thilo motivirte Amendement, welches vom Hause genehmigt wurde.
8. 361, Nr. 6, lautet:
Mit Haft wird bestraft: „eine. Weib2person, welche weaen ge- werb8mäßiger Unzucht einer po!izeilichen Aufficht unterstellt ift, wenn fie den in dieser Hirsiht zur Sicherung der Gesundheit, der Ooffentl:chen Ordnung und des öffentlichen Anjtandes erlassenen po- lizeilihen Vorschriften zuwiderhandelt, oder welche, ohne einer solchen Aufsicht unterstellt zu sein, gewerbsmäßig Unzucht treibt.“
8. 363 lautet:
__ Wer, um Behörden oder Privatpersonen zum Zwecke seines besseren Fortkommens odec des besseren Fortkommens eines Ande- ren zu täuschen, Pässe, Militärabschiede, Wande: bücher oder son- tige Legitimationspapiere, Dienst- oder Arbeitsbücher odec sonstige auf Grund besonderer Vorschriften auszusteUende Zeugnisse, sowie Führuvgs- oder Fähigkeitszeugnisse falsch anfertigt oder verfälscht, oder wisseatlih von einer solchen falschen oder verfäls{chten U: kunde Gebrauch macht, wird mit Haft oder mit Geldstrafe bis zu Ein- hundert und fünfzig Mark bestraft.
ob fie für ihn ausgestellt seien, Gebrauch mat, oder welcher sol{e für ihn ausgestellt2? Urkunden einem Anderen zu dem gedachten Zwecke überläßt. _§. 366 bestimmt: Mit Geldstrafe bis zu 20 Thalern oder mit Haft bis zu 14 Tagen wird bestraft :
3) wer auf öffentlichen Wegen, Straßen, Pläßen oder Wasser- straßen das Vorbeifahren Anderer muthwillig verhindert ; .
3) wer nah einer ôffentlichen Straße oder Wasserst-aße oder nach Orten hinaus, wo Menschen zu verkehren pflegen, Sachen, durch deren Umstürzen oder Herabfallen Jemand beschädigt werden kann, ohne gehörige Befestigung aufstellt oder aufhängt, oder Sachen auf eine Weise ausgießt oder auswirft, daß dadurch Jemand be- \{châdigt oder verunreinigt werden kann;
_9) wer auf öffentlichen Wegen, Straßen, Pläßen oder Wasser- siraßen Gegenstände, durh welche der freie Verkehr gehindert wird, aufstellt, hinlegt oder liegen läßt;
10) wer die zur Erhaltung der Sicherheit, Bequemlichkeit, Reinlichkeit und Nuhe auf den öffentlihen Wegen, Straßen, Pläßen oder Wasserstraßen crlassenen Polizeiverordnungen übezrtritt.
Dieselben wurden ohne Debatte genehmigt.
§. 367 lautet:
_ 9) wer bei der Aufbewahrung oder bei der Beförderung von Giftwaaren, Schießpulver oder Feuerwerken oder bei der Auf- bewahrung, Befördzzung, Verauêëgabung oder Verwendung von Sprengftoffen oder bei Ausübung der Befugniß zur Zubercitung oder Feilhaltuny dieser Gegenstände, sowie der Arzueien die des- halb ergangenen Verordnungen nicht befolgt;
9) wer ohne polizeiliche Eclaubniß an bewohnten oder von Menschen besuchten Orten Selbstgeschosse, Schlageisen oder Fuß- angeln legt, oder an solchen Orten mit Feuergewehr oder anderem Schicßwerkzeuge shießt oder Feuerwerkékörp?zr abbtrennt ;
10) wex bei einer Schlägerei, in welche er nicht ohne sein Ver- schulden hineiugezegen worden ift, oder bei einem Angriff si eiuer Schuß-, Stich- oder Hiebwaffe, insbesondere cines Messers, oder eines anderen gefährlihen Werkzeuges bedient.
Hierzu beantragten Abg. Fürst zu Hohenlohe-Langenburg, Nr. 10 zu fafsen, wie folgt: h
_ Wer bei einer Schlägerei, in welche er nißt ohne sein Ver- {Gulden hincirgezogen worden ist, oder bei einem Angriffe si einer Waffe, insbesondere cines Messers oder cines anderen gefährlichen Werkzeugeëé, bedient. und Abg. Dr. Websky:
In Nr. 5 statt: „Sprengstoffen® zu sagen: „explodirenden Stoffen."
Der §. 367 wurde mit den genannten Amendements ge- nehmigt. 8. 369 lautet: :
„Mit Geldstrafe bis zu Einhundert Mark oder mit Haft bis ¿zu vier Wochen werden bestraft : |
1) Schlosser, welche ohne obrigkeitlihe Anweisung oder ohne Genehmigung des Inhabers einer Wohnung Schlüssel zu Zimmern
* oder Behältuissen in der leßteren anfertigen oder Schlösser an den- selben öffnen, chne Genebmigung des Hausbesizers oder f\eine3 Stellvertreters einen Hanss{lüssel anfertigen, oder oyne Erlaubniß der Polizeibehörde Nachscblüssel oder Dietriche verabfolgen ;
2) Gewerbtxreibende, bei denen zum Gebrauche in ihrem EGe- werbe geeignete, mit dem geseßlichen Eichungsstempel uicht ver- sehene oder unrihtige Maße, Gewichte oder Waagen vorgefunden werden, oder welche sich ciner auderen Verleßung der Vorschriften über die- Maß- und Gewichtspolizei s{uldig machen ; i
3) G-werbtreibende, welcke in Feuer arbeiten, wenn si? die Vorschriften nicht befolgen, welhe von der Polizeibehörde wegen Anlegung und Verwahrung ihrer Feuéerstätten, sowie weg: der Art und der Zeit, sih des Feuers zu bedienen, erlassen sind;
Im Falle der Nr. 2 ift neben der (&eldstrafe oder der Haft auf die Einzichung der vorschriftswidrigeu Maß», Gewichte, LWaag- gen oder sonstigen Meßwerkzeuge zu erkennen."
Derselbe wurde nach einigen Bemerkungen des Abg. Brok-
haus angenommen:
Art. 11, §. 92 lautet:
Nr. 4 „Ourch die Veröffentlißung von Kundgebungen aus- ländisher Regierungen oder geistiiher Oberen zum Ungehorsam gegen Gesetze oder rechtsgültige Verordnungen oder gegen die von der Obrigkeit innerhalb ihrer Zuständigkeit getroffenen Anord- nungen auffordert oder anreizt, insbesondere, wer in der angegebenen Weise solchen Ungeho:s2am als etwas Erlaubtes oder Verdienst- liches darstellt.“
Hierzu beantragte der Abg. v. Secydewiß und Genossen, in der Regierungsvorlage die Worte von: „oder anreizt“ bis zum Slufse zu fstreihen. Der Abg. Dr. Baumgarten erklärte \ich mit dem Gedanken des S, 62 einverstanden, wüns{chte aber den Wegfall der Schlußworte von „insbesondere“ an und motivirte in längerer Rede, weshalb er im Gegensaß zu dem Amendement Seydewiz die Anreizung zu Ungehorsam 2c. strafbar machen wolle. Nachdem der Abg. Freiherr v. Malzahn-Gülg die An- nahme des Amendements Seydewiz empfohlen hatte, wurden die Amendements Seydewiß und Baumgarten angenommen, und darauf §8. 62 abgelehnt.
S. 10539,
„Wer cin öffcniliches Zeichen der Auterität eines nicht zum Deutichen Reiche gehörenden Staats oder ein Hoheitêzeicten eines folchen Staats böswillig wegnimmkt, zerstört , oder beschädigt oder beshimpfenden Unfug daran verübt, wird mit Geldstrafe bis zu sechshundcrt Mark oder mit Gefängniß bis zu zwei Jahren be- straft,“
wurde ohne Debatte genehmigt. 8. 287a. lautet:
„Wer einen Anderen vom Mitbicien oder Weiterbieten bei ciner von einem Beautiten vorgenommenen Berfteigerung, dieselbe mag Verkaufe, Verpachtungen, Verdingungen, Lieferungen, Unternehmun- gen oder Giscbäfte irgend einer Art betreffen, durch Gewalt cder Drohung, durch falsche Vorspiegclungen, dur Versprechen oder Ge- währen cines Vortheils abhält, wird mit Geldstrafe bis zu neun- hundert Mark oder mit Gefängniß bis zu sechs Monaten bestraft.“
Hierzu beantragten Abg. v. Cuny, statt der Worte: „durch Versprechen oder Gewähren eines Vortheils“ zu seßen: „durch ein Geschenk oder durch Versprechen eines Geschenkes“/, und die Abgg. Schulze (Guhrau) und Haarmann, die Worte: „dur Versprehen oder Gewährung eines Vortheils“ zu streichen. Nachdem der Abg. Schulze (Guhrau) seinen Antrag motivirt hate, ergriff beim Schlusse des Blatts der Bundeskommissar, Geheimer Over:Finanz-Rath Dr. Michely das Wort,
— Im TIahre 1875 betrugen die Netto-Einnahmen des Deutschen Reihs an Zöllen und BVerbrauchs- steuern (aus\chließlih der Aversen der Zoll-Aus\{hlü}se, aber einshli-ßlich der ausstehenden Kredite) 305,442,414 M T4 (darunter 65,304,756 M6 Kredite), 3,320,120 M 25 „F mehr, als im Jahre 1874. Zu den Summen trugen bei: Zölle 123,111,326 M 75 S (+449,706 M. 4 5), Rübenzuckersteuer 72,588,726 M 70 S (— 4,525,191 M 33 S), Salzsteuer 41,454,052 M6 89 „S (— 687,408 M T2 S), TZabaksf\teuer 478,482 M (— 363,795 A6), Branntweinsteuer 52,160,184 M 42 „5 (4+ 4,616,788 /( 28 S), Brausteuer 15,649,641 M 98 S (— 169,979 M 2 :S).
— Es würde für das reisende Publikum zweifellos von Interesse sein, darüber, auf welhen Routen Wagendurchgang, auf welchen Stationen Wagenwechsel stattfindet, in um- fassenderenm Umfange, als seither, durch hier und da erlassene
Sleiche Strafe trifft Denjenigen, welcher zu demselben Zwecke von solchen für einen Anderen ausgestellten echten Urkunden , als
zu werden. Als vorzugsweise für diesen Zweck geeignete Stelle empfehlen fich die Plakatfahrpläne, Einige Bahnver- waltungen haben auch diesen Weg bereits betreten, indem fie, wie z. B. die General-Direktion der Großherzoglich badischen Verkehrsanstalten, am Kopfe, oder, wie die Königliche Eisenbahn- Direktion zu Stuttgart, am Fuße der Fahrpläne eine kurze, geringen Raum einnehmende Notiz bringen, auf welchen Rou- ten und bei welchen Zügen Durchgangswagen eingestellt sind. Empfiehlt \ich diese Art der Bekanntgabe und zwar nah dem Vorbilde der badishen Bahnen am Kopfe des Fahrplans (unter der Ueberschrift) in Bezug auf \solche Wagen, welche das Bahn- gebiet transitiren oder wenigstens auf Nachbarstrecken übergehen, so fehlt es doch noch an einem geeigneten Mittel, um au die- jenigen Züge allgemein und übereinstimmend erkennbar zu machen, auf denen innerhalb des Bahngebietes Wagendurhgang, stattfindet. In dieser Hinsicht hat das Reihs-Eisenbahnck- Amt den Eisenbahnverwaltungen empfohlen, in der betreffenden Spalte vor der Abfahrtzeit des Zuges ein Zeichen, etwa in Form eines kleinen lateinishen Kreuzes ({) anzubringen und dasselbe unten in den Bemerkungen des Näheren zu erläutern : »Wagendur{hgang“, event. unter Angabe der Orte von — bis und der Wagenklafsen.
_ Es würden fodann derartige Notizen in die Kursbücher übergehen und dadurch allgemein nußbar werden.
— Den für die diesjährige internationale Aus- stellung für Gesundheitspflege und Rettungswesen in Brüssel bestimmten Gütersendungen is wie in Belgien so auch im Gebiete des Deutschen Reiches Seitens der Eisen- bahnverwaltungen eine Tarifermäßigung von 50 Proz. zugeftan- den worden. Diese Vergünstigung kommt nicht nur den im Reichsgebiete zur Aufgabe gelangenden, sondern auch f\ämmt- lihen durch Deutshland mit der Bestimmung nah Brüssel transitirenden Ausftellungsgütern zustatten. ;
— In den deutshen Münzstätten find bis zum 22. Januar 1876 geprägt: an Goldmünzen: 983,515,080 „46 Doppelkronen , 305,136,230 4/6 Kronen; hiervon auf Privat- rechnung: 94,501,915 /6z an Sildermünzen: 26,561,185 9-Markstücke, 111,867,015 4 1-Markstütke, 13,563,966 /4 50- Pfennigstücke, 20,527,848 #6 40 Z 20- Pfennigstücke; an Nidelmünzen: 13,381,695 6 90 5 10-Pfennigstüde, 7,565,854 b 09 &Z 9-Pfennigstüke; an Kupfermünzen: 4,741,212 46 8 S 2 -Pfennigstüde; 2,547,833 /6 54 S 1-Bfennigstüte. Gesammtausprägung: an Goldmünzen: 1,293,651,310 4; an Silbermünzen: 172,520,014 F 90 H Z; an Nickelmünzen: 20,947,550 6 75 S; an Kupfermünzen: 7,289,046 4 52 S
— Vom 8, bis 15. Januar 1876 hat die Neihsbank an Gold angekauft: In Münzen für 2,342,338 , in Barren für 494,364 /( Vom 16. bis 22, Ianuar 1876 in Münzen für 3,609,739 46, in Barren für 96,758 M Vorher seit dem 3. Januar 1876 in Münzen für 1,794,784 4, Zu- sammen in Münzen für 7,746,861 A, in Barren für 091,122 M6
— Der erste Friminal-Senat des KönigliYhen Ober- Tribu- nals verhandelte gestern gegen den chemaligen Sürstbishof von Breslau, Dr. Heinrich Förster. Derselbe wurde vom Stadt- und Appellationsgeriht in Posen wegen Exkommunika- tion des Propîtes Kik zu Kähme (Berlezung des Gesetzes vom 12. Mai 1873) zu 2000 A Geldbuße event. 260 Tagen Gc= fängniß verurtheiit, Gegen dieses Erkenntn:ß legte der Angc- flagte die Nichtigkeitsbeshwerde ein. Das Ober-Tribunal ver- nichtete die verurtheilenden Erkenntnisse und beschloß, die Ange- legenheit an die zweite Instanz und zwar an das Königliche Kammergeriht zu Berlin nohmals zu verweisen.
— Das neueste Justiz-Ministerialblatt enthält einen Aussagz:
Geseßlihe Vormundschaft der Verpflegungsanstalt, vom Geheimen Dver-Iustiz- Rath Kurlbaum Il,
— Der General-Lieutenant v. Voigts-Rheßt, à la suite des Königs - Grenadier - Regiments (2. Westpreußisches) Ne. 7 und Commandeur der 20. Division, ist nach Hannover zurück- gekehrt. 5
3
— Der General-Major v. Ziemießky, Commandeur der 42. Infanterie-Brigade, ist zur Abstattung persönlicher Mel- dungen von Frankfurt a./M. hier eingetroffen.
— Aus Cöln, 29. Januar, 6 U. 10 M. Vormittags, wird gemeldet: Die fällige Englische Post, aus London den 28, fruh, planmäßig in Cöln um 11 U. 35 M, Abends, ist ausge-
blieben. Grund: Entgleisung bei Tirlemont.
Oefen: Darmsiadt, 27. Januar. Prinz und Prin- zessin Ludwig sind heute zum Besuche des Großherzoglichen Hofes nah Karlsruhe abgereijt.
Lippe. Detmold, 28. Januar. Der Fürst und d Fürstin find gestern Abend von Karlsruhe hierher zurü gekehrt. ;
Hamburg, 27. Januar. Der Senat und der Bürger-=- ausschuß haben auf eine von der Zoologishen Gesellschaft, den Naturwissenschaftlihen Verein, der Ethnographischen Gefell- haft und dem Verein für Kunst und Wissenschaft eingereichte Supplik beshlossen, der Deutschen Zoologischen Station in Neapel eine einmalige Unterftüßung von 5000 (4 zu gewähren.
Januar. In der heutigen Sizgung des Abgeordnetenhauses wurde die Be- rathung über den Antrag Kopps, betreffend die Aufhebung der Kollegiengelder, fortgeseßt. Nah lebhafter Debatte ging das Haus mit großer Majorität über den Antrag zur Tagesordnung über,
Oesterreich - Ungarn. Wien, 28.
Pest, 28. Januar. Der Zustand Deaëts wird jegzt als hoffnungslos angesehen, die behandelnden Aerzte befürchten, daß in jedem Momente der Tod eintreten könne. Die Verwandten und nächststehenden Freunde Deaks find an dessen Krankenlager gerufen worden.
— 29. Januar. (W. T. B.) Franz Deak ist in tee verflossenen Nacht gestorben.
Schweiz. Bern, 26. Januar. Ueber die heutige Plenarsißzung des internationalen Postkongresses wird der „N. Zürchicher Zeitung“ aus Bern berichtet: Nach cinläßliher Berichterftattung und Antragstellung dur die Kommission hat die Konferenz folgende Beschlüsse gefaßt: 1) Für jeht is eine “Vereinbarung zu treffen nuc in Bezug auf den Beitritt British-Osftindiens und der fran- zösishen Kolonien. — Diese Vereinbarung wird nach dem An- trag der Kommisfion unverändert angenommen. UAlseitige Ras tifikation vorausgeseßt, werden demnach British-Ostindien und
Bekanntmachungen geschchen, übersichtlih und ficher unterrichtet
die franzöfishen Kolonien vom 1, Juli 1876 an dem Postverein