1922 / 20 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 24 Jan 1922 18:00:01 GMT) scan diff

kommission versucht, die Delegationsentsendung als Mache ein- gelner Parteien und Volkskreise darzustellen und für die damalige Abordnung in einem an den Völkerbund erstatteten Bericht die Bezeichnung als „Pseudodelegation“ geprägt. Diese Handlungs- weise hat aber einmütigen Protest aller Begzirksvertretungen sowie der großen politishen und wirtschaftlichen Vertretungen hervorgerufen, die in förmlihen Beschlüssen und in der Oeffent- lichkeit erfsärt haben, daß alle Volkskreise hinter jener Abordnung ständen und sie als berufene Vertretung der Interessen der Be- völkerung keim Völkerbunde anerkennten.

Auch jevt bei der neuerlichen Tagung des Völkerbundsrats ist wiederum eine die Klagen der Bevölkerung enthaltende Denk- rift durch eine neue Abordnung der politischen Parteten über- reiht worden, die ausdrücklich von den Vertretungskörperschaften der Saarbevölkerung als ordnungsmäßig legitimiert anerkannt? wurde, obwohl die Regierungskommission durch Verbot von Kreis- tagssißungen dies zu verhindern suchte.

Meine Damen und Herren, es gibt für die Regierung3- kommission wohl keine vernichtendere Kritik als den Ausdruck des mangelnden Vertrauens der Bevölkerung, deren Wohl und Wehe hier zu freuen Händen vom Völkerbund anvertraut ist, mit der einzigen Aufgabe, „keine anderen Pflichten und keine anderen Interessen zu kennen als die Wohlfahrt der Saarbevölkerung“. (Sehr wahr!) Die Klagen der gesamten Saarbevölkerung richten sih dagegen, daß die Regierungskommission sih offensihtlih in erster Linie von außerhalb des Saargebietes liegenden Fnteressen leiten lasse, mit anderen Worten, daß sie ihre Regierungs- maßnahmen vornehmlich anf die Unterstühung der politishen und wirtschaftlichen Biele Frankreichs einstelle. (Sehr wahr!) Diese frankophile Tendenz wird an zahlreichen Vorgängen erkennbar. Jn der Belassung französisher Truppen im Saargebiet erblickt nicht nur Deutschland eine flagrante Verletzung des Friedensvertrages, sondern auch die Saarbevölkerung empfindet die dauernde An- wesenheit des französishen Militärs als einen s{chweren Druck. (Sehr richtig!)

Der Friedensvertrag sieht nur örtliche (saarländishe) Gen- darmerie vor, (Sehr richtig!) Troßdem stehen zahlreiche fran- ¿ösishe Truppen und Gendarmerie im Saargebietz auch haben {rangösishe Kriegsgerichte bis vor wenigen Monaten die Gerichts- barkeit über deutshe Einwohner des Saargebiets au3geübt,

Ein deutscherseits gegen die französische Besaßung beim Völker«- bund und bei der Regierungskommission eingelegter Protest hatte insoweit Erfolg, als die Zuständigkeit der Kriegsgerichte nunmehr auf Militärpersonen beschränkt ist. Die französischen Truppen (7000 Mann) bleiben jedoch einstweilen als Garnijontruppen auf Kosten Frankreichs, angebli zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, namentlich im Hinblick auf den frangzösishen Gruben- besiß, im Saargebiet. Der Völkerbund hat sich vorbehalten, die Entwicklung der örtlichen Gendarmerie zu prüfen und festzustellen, inwieweit späterhin ein Abbau der französishen Truppenmacht möglich ist. Mit der Saarbevölkerung ist die deutshe Regierung der Ansicht, daß eine ausreichende Anzahl geeigneter Männer für die Aufstellung einer saarländishen Landjägerei, die bis jeßt nux in einer Stärke von 50 Mann besteht, sehr wohl im Saargebiet zu finden ist, und daß der von der Regierungskommission angegebene Grund, eine Rekrutierung der offenbar reihliG hochgegriffenen Zahl von 4000 Gendarmen aus dem Saargebiet sei niht mögli, nit stihhaltig ist, Vielmehr muß angenommen werden, daß die Bereitwilligkeit Frankreichs, für die Unterhaltung der Truppen im Saargebiet etwa 40 Millionen Franken jährlich aufzuwenden, in vpolitishen Absichten den Hauptgrund hat. (Sehr richtig.)

Denkt man an die Handhabung der Militärdiktatur während der verschiedenen Sireiks im Saarbecken, an die dabei geübte rigorose AusweisungL2politik, die zahlreiche eingeborene Bewohner des Saargebiets willkürlich von Haus und Heimat trieb, an die drafonischen Urteile der französischen Kriegsgerichte, so wird klar, daß um des moralischen Druck@es willen, den die ständige An- wesenheit der Soldaten einer fremden Macht auf die Bewohner- haft ausübt, wegen des Uebergewichts, das Frankreich dur die Belassung von Tausenden von französishen Heere8angehörigen nicht nur physisch im Saargebiet erhält, die französis orientierte Regierungskommission niht auf dieses Machtmittel verzihten will.

Gegen die Belassung der fremden Wehrmacht werden von der Saarbevölkerung auch die shweren finanziellen Lasten geltend gemacht, die einzelnen Gemeinden durch Bauten für die Unterkunft der Truppen und durch Kosten für die Einrichtung von Wohnungen für die Besayung auferlegt werden. Ebenso wird durch die Jn- anspruchnahme zahlreicher Wohnungen für verheiratete Offiziere und Unteroffiziere die ohnehin shon furchtbare Wohnungsnot im Saargebiet außerordentlih verschärft.

Aus allen diesen Gründen muß daher mit allem Nachdruck darauf hingewirkt werden, daß der Abbau der französischen Militärkrcäfte, der ja grundsäßlih vom Völkerbund als notwendig béezeihnet ist, nicht willfürlih verzögert und damit die Verleßung des Friedensvertrages verewigt wird.

Das die Zusammenseßung der zur Führung der Verwaltung des urdeutshen Landes berufenen Regierungskommission, deren Mitglieder mit geringen Ausnahmen nicht einmal der deutschen Landessprahe mächtig sind, (hört! hört!) niht den Wünschen und Bedürfnissen der Bevölkerung entspricht, ergibt sih schon aus den beim Völkerbund dagegen unternommenen Schritten. Aber auch in fast alle leitende Stellen der Verwaltung sind, zum Teil im Widerspruch mit den seinerzeit den deutshen Beamten gegenüber erteilten Zusicherungen, Ausländer, und zwar fast durchweg Franzosen berufen worden. (Hört! Hört!) Dadurch wird der französishe Einfluß, namentlich beim Fehlen einer parlamen- tarishen Vertretung, außerordentli gestärkt. Au dagegen wendet sich die eingeborene Bevölkerung mit vollem Recht und beansprucht die stärkere Berücksichtigung des saarländischen Elements bei der Aemterbesehzung.

Aber niht nur dur die Haltung des französishen Militärs und duxch Bevorzugung französisch gerihteter Beamten hat die Re- gierungskommission bedauerliherweise zur Verstärkung des Ein- flusses Frankreichs beigetragen, sondern in der Hauptsache sind es Maßnahmen auf wirtshaftlihem Gebiet, die im Gegensaß zu dem Willen der Bevölkerung und unter Verleßung des Friedensver- trages getroffen und rücksichtslos durchgeführt sind, lediglich um den französishen Jnteressen zu dienen,

Durch die von ihr begünstigte oder direkt erzwungene Ein- führung der Frankenzahlungen hat die Regierungskommission eine große Verantwortung auf sich geladen,

Nah dem Friedensvertrage ist die alleînige gescßlihe Währungsmünze im Saargebiet dîe deutshe Mark. Die Eigen- schaft eines ledigli geseßlich geduldeten Umlaufgeldes ist dem französishen Franken dur die Bestimmung beigelegt worden, daß der Umlauf französishen Geldes im Saargebiet nicht verboten und nit beschränkt werden darf. Eine Gleichstellung des Franken mit der Mark erfolgt nur insoweit, als dem französishén Staat das Recht eingeräumt wird, sich zur Begleichung seiner Verbindli- keiten, die mit der Ausbeutung der in seinen Besitz übergegangenen Saargrouben und ihrer Nebenanlagen zusammenhängen, des fran=- zösischen Geldes zu bedienen.

Von diesem Ret hat die französische Grubenverwaltung {on bald nach dem Jnkrafttreten des Vertrages Gebrauch gemacht, in- dem sie die Bezahlung der Kohlen in Franken forderte... Dadurch wandte sie ein sowohl politish wie wirtshaftlih für Frankreich wirkendes Druckmittel an, da sie dur die von ihrem Willen ab=- hängige Art der Kohlenverteilung und die Preisfesiseßbung in Franken in verhältnismäßig kurzer Zeit den größten Teil der blühenden Saarindustrie in französische Hände zu bringen ver- mochte. Troy anfänglicher Ablehnung der Arbeitershaft wurde dann die Frankenlöhnung bei den Gruben- und Hüttenarbeitern eingeführt. Jnfolge der plöglihen Steigerung der Kausffähigkeit dieser Kreise entstand eine sprunghafte Verteuerung der gesamten Lebenshaltung für die übrige Bevölkerung des Saargebiets, die wirtschaftlichen und sozialen Gegensäße in der Bevölkerung ver- tieften sich durch das Nebeneinanderbestehen der beiden Zahlungs- mittel außerordentlich und führten zu unerwünschten Folgen in moralischer Hinsicht.

Konnte man den von der französischen Grubenverwaltung ausgehenden Maßnahmen die vertraglihe Zulässigkeit niht ab- sprechen, so handelt es sih bei der von der Regierungskommission ohne Anhörung der Bevölkerungsvertreter angeordneten Erhebung aller Gebühren îm Eisenbahn-, Poste- und Telegraphenverkehr in Franken nach deutscher Auffassung um eine glatte Verleßung des Friedensvertrages. (Lebhafte Zustimmung bei den Sozial- demokraten, in der Mitte und rechts.)

Durch die Erhebung der Gebühren in Franken wird ein geseßliher Zwang zur Zahlung in Franken eingeführt, dem Franken also die Eigenschaft eines geseßlichen Währungsmittels beigelegt unter völliger Ausschaltung des wirklichen geseßlichen Zahlungsmittels, der deutshen Mark. Gegen diese unter Ab- änderung des Friedensvertrages ergangene Verordnung hat die deutsche Regierung sowohl bei der Regierungskommission wie beim Völkerbunde mit allem Nachdruck Einspruch erhoben und ihre Auf- hebung verlangt. Fn dem daraufhin an den Völkerbundsrat erstatteten Beriht hat die Regierungskommission unter Be- lämpfung der deutschen Rechtsauffassung in der Frage der Wäh- rung des Saargebiets ihre Maßnahmen auch damit zu ret» fertigen versucht, daß ihr nah § 33 des Saarstatuts zustehe, alle Zweifel über die Auslegung der vertraglichen Bestimmungen zu entscheiden. Der Völkerbundsrat hat sih diesen Darlegungen an-

geschlossen und erklärt, daß die dur die angefohtene Verordnung vom Regierungs8auss{chuß getroffene Entscheidung zu irgendwelchen Völlerbundes keine Veranlassung gebe.

Bemerkungen des (Hört, hört!)

Bei dieser Sachlage ist leider auch in dieser Frage der Staats- regierung vorläufig keine Handhabe geboten, etivas Wirksames gegen die verderblihe Vermehrung des Frankenumlaufs und dtîe weitere Verdrängung der Mark zu unternehmen. Aus der dem Völkerbunde überreichten Denkschrift ergeben sich mit ershreckender Deutlichkeit die furchtbharen wirtshaftlihen Folgen der Franken» politik für die gesamte saarländische Bevölkerung. Troß der tn der Denkschrift wiedergegebenen dringenden Warnungen der maß- gebenden Wirtschaftskreise hat die Regierungskommission niht nur durch Einführung der Gehaltszahlungen in Franken für die Staatsbeamten, sondern au, und zwar unter s{werstem Eingriff in die lommunale Selbstverwaltung, durch Erzwingung der Fran= kenzahlungen an die städtishen Beamten weiter den Umlauf des französishen Geldes vermehrt. Ohne Rüdsiht darauf, daß durch Bezahlung von Kohlen und Löhnen in Franken, durch Einführung des Frankentarifs im gesamten Verkehr3wesen die Konkurrenz= fähigkeit der Saarindustrie auf den allein für sie in Betracht kom- menden deutschen Markt beseitigt wurde, hat die Regierungs- rommission die s{werste Wirtschaftskrise über das Saargebicet heraufbeschworen, lediglih um die westliche Orientierung des Saar=- gebiets und die Erreichung der politishen Ziele Frankreihs zun fördern.

Wie die bei der Fanuartagung des Völkerbundes von der Ab- ordnung der politishen Parteien überreihte Denkschrift erkennen läßt, bilden noch zahlreiche andere Beschwerdepunkte den Gegen- stand der berechtigten Klagen der Saarbevölkerung. Troß ausdrück- liher Ablehnung der Vertretungsorgane der Bevölkerung erließ die Regierungskommission ein Gese über die Eigenschaft als Saar=- bewohner, das eine Beschränkung der im Friedensvertrag gewähr- leisteten . Rechte dex Saarbevölkerung zugunsten eingewanderter Ausländer und auch sonst nah deutscher Auffossung eine Verleßung des Friedensvertrages darstellt. (Allseitige lebhofte Zustimmung.) Dem von der deutschen Regierung erhobenen Protest ist nach Hei- tungsnachrihten vom Völkerbundsrat leider niht stattgegeben worden,

Eine weitere Klage der Saarbevölkerung bezieht ih auf die angebliche vorzugsweise Berüdcksichtigung von Ausländern bei der Wohnungszuweisung. Der Zuzug vieler landfremder Beamten und Offiziere beeinträchtigt mehr und mehr die Möglichkeit einer ange- messenen und gesunden wohnlihen Unterbringung der Ein- heimischen, insbesondere der weniger zahlungskräftigen Kreise.

Außer den politishen und wirtschaftlihen Maßnahmen hat insbesondere ein auf kulturellem Gebiet liegender, gegen die deutshe Schule gerihteter Vorstoß der Regierungskommission eine tiefgehende Erregung nicht nur in der Bevölkerung des Saar- gebiets, sondern im gesamten übrigen Deutschland hervorgerufen. (Lebhaftes Sehr wahr!) Schon früher war durch Einrichtung sahlreicher französischer Bergschhulen und Erleichterungen ihres Bez suches durch Kinder deutscher Eltern die Verbreitung französischer Sprachkenntnisse gefördert worden. Durch Entsendung von vierzig saarländischen Lehrkräften zu französishen Spralhkursen in Frank- reich sollte angeblich die Erteilung fakultativen französischen Sprachunterrichts in deutshen Schulen gefördert werden. Plößlich wurden in der Presse angeblihe Anordnungen der Saar-Regie= rungskommission veröffentlicht, die unzweideutig die Einführung

oblîgatorishen französishen Sprachuntkerrihts îin allen deutshen Volksschulen bezweckten. (Lebhaftes Hört, hört!) Da den Saar- gebietseinwohnern die Erhaltung ihrer, d. h. der deutschen, Schulen und: ihrer Sprache im Friedenusvertrage ausdrüdcklih gewährleistet ist, erhob sih gegen den beabsichtigten Vertragsbruch einmütig die gesamte Bevölkerung und die öffentlihe Meinung des Saar. gebiets in s{chärfster Ablehnung. Die Regierungskommission des mentierte darauf die Nachriht und erklärte, daß nur frei, williger französischer Sprahunterricht beabsichtigt worden sei, Die Presse des Saargebiets hat durch Abdruck entsprechender Vey. fügungen den Nachweis erbracht, daß tatsählih die Absitht der Zwangseinführung der französishen Sprache mindestens an ein, zelnen Stellen der Regiecungskommission bestanden hat, (Rufe: Unerhört!) Wenn es dur die aufrechte Haltung der gesamten deutschen Saarpresse und der Bevölkerung gelungen ist, einstweilen

diesen weiteren Französierungsversuch zum Scheitern zu bringen, |

so wird die Staatsregierung gleichwohl die weitere Entwickluy der Frage sorgfältig beobahten und nötigenfalls mit allem Nat- druck dafür eintteten, daß die Saarbevölkerung in einem Kampfe um thr heiligstes Gut, die deutshe Muttersprache, die deutsche Rez gierung an ihrer Seite findet. (Lebhafter Beifall.)

Daß die Saar-Regierungskommission versucht, auch die Presse ihren Wünschen gefügig und sie nötigenfalls mundtot ¿u machen, ist niht nur dadurch kar geworden, daß bei dem früheren Be. amtenstreik in erster Linie eine Reihe von Redakteuren Und Ver- legern der deutshgerihteten Blätter von der Au3weisungsmaß- nahme getroffen wurden. Auch jeßt wieder hat die Regierungs: kommission gegen den Redakteur Braun der „Saarbrüdcker Volks, stimme“’, die sich durch ihre aufrechte Haltung Éesonders auszeih: nete, die Ausweisung verfügt. Unter dem Drudck der öffentlichen Meinung mußte sie die Anordnung zwar zunächst wieder zurü ziehen, hat aber vor kurzem zum zweiten Male die Landesver weisung ausgesprohen. Dem einmütigen Eintreten der Saarpresse für die Aufrechterhaltung der bedrohten Pressefreiheit sowie den von einzelnen Kreistagen erhobenen Protesten ist es wohl zu danken, daß auch jeßt wieder die Ausweisung auf unbestimmte Zeit vertagt worden ift. h

Wenn man die überzeugenden Darlegungen der wirtschaft: lien und politishen Vertretungen des Saarlandes liest, die si ausdrüdTid zur loyalen Mitarbeit bei der Ordnung der Verhält- nisse des Landes nah den im Friedensvertrage [niedergelegten Grundsäßen bekannt haben, so muß man zuversichtlich hoffen, daß sie auf die Dauer ihren Eindruck auch bei den Mitgliedern des Völferbundes niht verfehlen können. Leider ist es noch nit so weit. Denn der Völkerbundsrat hat in seiner jüngsten Tagung die Regierungskommission in ihrer bisherigen Busammensebung auf ein weiteres Jahr wiedergewählt (Hört, hört!), obwohl in einer Reihe dem Völkerbunde zugegangener Eingaben der bes rufenen Vertretungen der Bevölkerung und der politishen Organi- sationen des Landes nicht nur das mangelnde Vertrauen gege über der bisherigen Führung der Regierungsgeschäfte zum Aus druck gebracht, sondern geradezu die Abberufung der jeßigen Mit- glieder der Regierungskommission gefordert wurde. Was

Meine Damen und Herren, die tiefgehende gegen die bisherige Regierungsführung im Saargebiet erwachsene Zolksbewegung, die offenbar nur von s{werster wirtshaftlißher und politischer Not diktiert wurde, zeigt überzeugender, als es in wohlbegründeten Protesten geshehen kann, auf welcham Wege allein dem Saarlande geholfen werden kann. Die deutsche öffentliche Meinung hat in erfreulihem Maße fthre Aufmerksamkeit den Saarsrage zw gewendet. Daß auch das preußische Parlament und die pr, zit Regierung mit innigster Anteilnahme den Kampf der Brüder at der Saar verfolgt und nah Kräften zu seinem Teil dafür sort und dazu helfen will, daß aus diesem so blühenden und {innt urdeutschen Lande niht ein zweites Oberschlesien oder gar eint französische Kolonie wird, das zeigen die heute zur Erörterung stehenden Anfragen. Fst es nach den für uns bindenden vertrage lihen Bestimmungen leider nicht viel, was wir für das Saarland tun können, so ist doch die Staatsregierung nah wie vor gewillt, mit voller Aufmerksamkeit die Geschidke des Landes zu verfolgen und, wo es geht, einzutreten sür die Rechte seiner Bevölkerung, deren Treue zum Stammlande ih \o vorbildlich bewährt hat. (Bravo!) Daß es nicht nur Worte sind, sondern daß wir es auh durch die Tat beweisen wollen, das hat die preußische Regierung auch dadur gezeigt, daß sie bei jenem furchtbaren Unglück in Saartwwvellingen nah Kräften sich bemüht hat, durch eine, wenn auh noch so bescheidene Spende die Not derx Betroffenen lindern zu helsen. (Bravo!) So soll es auch fernerhin bleiben. Möge man au dort an der Saar sich vor Augen halten, daß es der preußischen Regierung jeßt niht immer in erwiütnshtem Maße möglich ist, tat» kräftig zugunsten der so treuen und uns so teuren Landsleute ein- zutreten, daß aber Volk und Regierung die Stunde der Wieder- vereinigung herbeisehnen, wo es mögli ist, Treue mit Treue z1u vergelten. (Bravo!)

Abg. Meginger (Z.) verbreitet ih in längeren Aus- führungen über die wirtshaftliche Lage des Saargebietes. Die Wirtschaftskrise im Saargebiet ist zwar nur ein Teil der allgemeinen Weltwirtschastsfrise, ist aber dur das Eindringen des französischen Franken bejonders groß geworden. Das Saargebiet ist auf die Einfuhr von Rohstoffen, aus Deutschland angewiesen, dis Landwirtschaft ist iht imstande, die Bevölkerung zu ernähren, In der Glasindustrie kommen noch nicht 10 % Ausfuhr nah ¿xrankreih in Frage, in der keramishen Fndustrie gehen 85 % der &Erzeugnisse nah Deutschland. Der wirtschaftlihe Zusammenhang mit Deutschland ist ein absolut notwendiger und nicht zu zerstören; Während die Einnahmen der Jndustrie zu drei Vierteln in Mar O, müssen die Ausgaben der Jndustrie zu 90 % in Franken erfolgen. Die Saargebietsindustrie kann daher ihre Erzeugni) niht mehr na Deutschland verkaufen. Betriebsstockung und Ab- sablosigkeit drohen. Die Folge davon trifft vor allem die ärmere Polks\hichten. Mit der Saarkohle hat Frankreih heute einen Kohlenüberfluß, während auf den Kohlenhalden der Saargruben 800 000 bis 1 Million Tonnen Kohle lagern. Troy des Ueber- flusses herrscht im Saargebiet und in dex Umgebung eine Kohlen- not, da die Kohlen nicht zn bezahlen sind. Leute, die man atv pu den besser gestellten Kreisen zählte, müssen heute bei den u euten geradezu um einen Eimer Kohle bitten. Wohl hat burt die Einführung des Franken ein Teil der Bevölkerung Ave gehabt, die Tragweite der Einführung der Frankenwährung ist Bo ei dem größten Teil verkannt worden. Die Kaufkraft der it völkerung mit einem Maxrkeinkommen ist fast auf den Nullpur" gesunken. Wir haben im Saargebiet einen Ausverkauf gehabt, Di thn das übrige Deutschland noch nicht kennen gelernt hat. “ie Bevölkerung hungert unter dem französishen System mehr ei twvährend des Krieges gehungert hat. Die Einführung des Fran i hat nicht nur materiellen, sondern auch moralishen Schaden Ln ursaht. Dazu kommt noch die politishe Not. Die Bevölkert! des Saargebiets ist heute rechtlos. Sie wird ohne Mitbestimmu

f tert. Das Regiment i vollkommen cutokcatisch. Zu allent h er Druck einer Tia avsländishen Besaßung. Man eht mit Ausflüchten in der Saarregierung an der erpflivtung jorbei, eine drtliche Gendarmerie einzurichten. Die französische egierung hat unbegründete Furcht vor einer Bevölkerung, die zu der ruhigiten, intelligentesten und fleißigsten Bevölkerung Deutsd- [ands gezählt werden darf. (Beifall. ) Die Besaßung wäre noch aträglih, wenn fie sich aus französischen, englischen, überhaupt aus europäischen oldaten zusammenseßen würde. Was Frankreich mit seiner schwarzen Besaßung an der Saar tut, das ift die größte gulturshande des Fahrhunderts. (Lebhaftes Sehr richtig!) Die 150 000 Franzosen bestanden nur in der Phantasie französtsher Staatsmänner oder in einer bewußten Lüge, um einen bestimmten qwed zu erreichen. Was sih bei der ganzen Unterdrücknnq im daargeviet „eniwickeln wird, wird zweifellos nicht dem Frieden der Welt dienen. Den Wünschen der Bevölkerung hat man in kiner Weise Rehnung getragen. Das Bild, das nían dem fran- gsishen Volke und dem Auslande zeigt, steht im Gegensaß zu dem, was Wirklichkeit ist, Wir hoffen aber, daß Recht au in der Zukunft eiînmal Recht werden wird, und daß die Bevölkerung an der Saar auh in der Zukunft troy aller Unterdrückung deutsch in und bleiben wird. (Lebhafter Beifall.)

Abg. B a he m (D. Nat.) begründet die großen Anfragen seiner Partei. Es ist bedeutungsvoll für die gegenwärtige Lage Deutsch- lands, daß gleichzeitig die Frage mehrerer Grenzländer an die Yolksvertvetung herantritt. Es scheint manchmal so, als ob das Ehidsal des ganzen Volkes mehr oder weniger durch das Grenz- landshidsal bestimmt wird. Redner geht auf die deutshfeindlihe ZTütigleit der sranzösishen Behörden im Saaragchiet ein. Durch cine wohldurchdachte wirtschaftliche Einbringung wird mit immer neuen Methoden versucht, das Wirtschaftsleben des Saargebietes von Deutschland zu trennen und mit dem Wirtschaftsleben FFrank- reihs zu verknüpfen, Ueber wirtschaftlihe und militärische Ein- fallspjorten hinaus hat Frankveich vert, sich kulturelle Einfalls- jforten zu ershließen. Die Haltung der Saarregierung gegenüber den Kreistagen stellt einen Schlag gegen die Demokratie dar. die doch Frankrei dem Volke an der Saar bringen wollte. Die Saar- evölkerung hat keinen sehnliheren Wunsch, als ihre Zugehörigkeit ¡n Deutschland zu beweisen. (Bravo)! Frankreih wird bei der Abstimmung niht wagen, eine ungeschminkte Willen3äußerungq zu ermöglihen. Wir wünschen besonders, daß das deutsche Volk in demselben Umfang S zu den Saarländern jederzeit bekennt, wie de Saarbevölkerung sich zum Deutschtum zu bekennen nie auf- hôren wird. (Beifall)

Abg. H u e (Soz.): Wenn wir dem Saargebiet Helfen wollen, dann bitte ih die Perren von der Deutschnationalen Partei, in dem Porgellanladen möglihst wenig entzweizushlagen. Die Innexioniîten in unserem Lande arbeiten den Chauvinisten in anderen Ländern in die Hände. Tardieu, der Herausgeber der gende von den 150 000 Franzosen, folgt nur den Spuren Martin êpahns, der sih auch bemüht, die Deutschstämmigkeit von ans- lindishen Volksteilen nachzuweisen. Wir Sozialisten kämpfen ncht nur gegen die deutschen Annexionisten, sondern auch gegen die mndever Staaten. Die Unabhängigen Sozialdemokraten gaben sich lipp und klar auf den Standpunkt gestellt, daß das Saargebiet (ls urdeutsches Land nah der 15 jährigen Trennung wieder an eutshland zurüdckfallen muß. Zch stelle aber auch ausdrüdlih istt, daß die zahlreihen Anhänger der Kommunisten im Saar- jebiet den Bestrebungen des Herrn Walz nicht folgen wollen. Der segierung8auss{chuß im Saargebiet fühlt sih als Vertreter des fanzösishen Chauvinismus und Annexionisntus. Dadurch wird inner wieder die Gefahr eines neuen Elsaß-Lothringens heraufs hshivoren. Die Aufrihtung einer Autokratie, wie wir sie in ganz furopa niht mehr haben, muß das hochkultivierte Volk au der Gar erbittern. Die Jsolierung von Deutschland wivd immer kutliher, die Teuerung im Saargebiet ist dur die Einführung k Franken ungeheuer gestiegen. Der Zentner Kartoffeln wird USaargebiet hon mit 350 Mark bezahlt. (Hört, hôrt!) Dur é Uebertragung deutshen industriellen Eigentums an den fran= fsiihen Kapitalismus wird von deutscher Seite der Französierung vorshub geleiste. Es wäre für die deutshen FJnteressen das Rilhtigste und Wirklsamste, wenn wir uns als Mitglied des Völker-

bundes zu gleicher Zeit in die Rechte des Mitverwalters des Saar-

gebiets begaben und auf die GeschickÆe des Saarlandes direkten Ein luß ger4inen würden. (Beifall bei den Soz.)

Abg. Ei choff (D. Vp.): Die ausgezeihneten Daukegungen des Ministerpräsidenten werden im Saargebiet lauten Widerhall finden. Sie haben einen Begriff von dem Kampf gegeben, den die Bevölkerung für das Deutshtun zu führen hat, und gleich- fitig ein vernihtendes Urteil gefällt über den Völkerbund, der liner Aufgabe, zu treuen Händen zum Wohle der Bevölkerung das Land zu verwalten, in keiner Weise gerecht geworden ist, der zugelassen hat, daß die Regierungskommission vollständig unter km Einfluß Frankreichs steht. Fm Völkerbundsrat hat aus- perehnet ein Chinese hier zu ents{heiden gehabt. Es muß alles daran gesezt werden, auf eine Aenderung der Zusammenseßung dr Regierumngskommission hinzuwirken. _Frankreih darf darin nht mehr vertreten fein, sondern es müssen Vertreter neutraler Staaten darin sißen, und Leute, die auch von Land und Leuten die wotvendige Kenntnis haben. Selbst ein Mitalied des englischen Unterhauses Hat die Auffassung öffentlich vertreten, daß das Vor- sehen Frankreichs im Saargebiet ein Bruch des Friedensvertrages il. Ueber die verheerenden Wirkungen der Einführung der drankenwährung wird mit Recht von allen Seiten lautesie Klage trhoben, Dem „Hilfsbund für Markempfänger“ sollte die Re- serung jede Vnierstüßung zuteil werden lassen. Dur die Ent- wertung der Mark werden s{ließlich die Kleinrentner, Pensionäre und viele Gewerbetreibende zur Auswanderung gezwungen, und derauf scheint es abgesehen zu sein, vielleiht hofft man auf diese Veise nachträglich die 150 000 Clemenceau-Fvanzosen zu beschaffen Und damit der Französierung zum Durchbruch zu verhelfen. Die Laarbrücker Polizei hat ein Plakat verboten, auf dem das deutsche vote Kreuz zu sehen war. Die 800000 Einwohner des Saar- fbiets sind ohne parlamentarische Vertretung und werden voll- ¿mmen autokratish regiert, noch dazu von Landfremden. Die tthéregierung hat sih bisber zu passiv verhalten, sie hâtie fich vol mehr aktiv betätigen können, um die Zusammengehörigkteit 3 Saargebiets mit dem Deutschen Reibe und ihre Sympathie mit der Saarbevölkerung zu betonen. Für die von dort Ver- triebenen sollte eine besondere Fürsorge stattfinden. Nicht von der

cMierung allein ist das Heil zu erwarten, auch die Presse aller Varteien muß dafür sorgen, daß die Notschreie der Bevölkerung "n der ganzen Welt gehört werden, dann wird die Absicht der Fran- Pen, dieses urdeutshe Land nah 15 Jahren in die Tasche zu lden, zushanden werden. e dg. Fansen - Solingen (Dem.): Wenn man dew angeb- lichen Adressen der angeblichen 150 000 Saarfranzosen so großeu tt beilegte, dann hätte man auf der anderen Seite doch auch m Saarvolke ein Parlament zugestehen müssen. Der Re- erungskommission und der französishen Regierung machen wir

n Vorwurf, dak sie in drei Fällen den Friedensvertrag verleßt bat, Troß des Vertrages stehen îm Saargebiet 7000 schwarze Eoldaten, eine ShmaG für eine Kulturnation; tros des Ver-

4 hat man dur ein Geseb den Begriff des „Saarbewohners

hafen, um auf diese Weise der späteren Annexion vorzu- tibeiten, troß des Vertranes bat man die Frankenwähruna qe- dltfam durGgeführt. Alle diese politishen und wirtsHa!tli%en men verfoloen nur den Zweck. das Land vom Mrtter- inde loZzureißen, Die Fraqe, ob es für 1ns vorteilhafter wäre.

: \n wir jest im Völkerbund vertreten ären, möhto ih, wenn

A êweifelnd, bejahen, aber zunächst sind wir noch draußen

Va nen nur immer wieder an das Gerechtiakeitäaefühl der

lik dphellieren. Unser Volk wird nihi mehr auf Erfüllungs- i if einzustellen sein, wenn auf der anderen Seite VPertrags- 1 auf Vertragsbruh folgt. (Beifall) : bros d Otter (U. Soz.): Die Fraukenwährung ist von den eten selbst verlangt worden. Heute wird drei Viertel der g #| im Saarstaat in Franken entlohnt. Es muß alles ut werden, um durchzuseßen, daß auch bei der Entlohnung

E

îin Mark die gleiche LohnHöße ausgezahlt wird, dadur alleîn ist der französische Einfluß matt zu seßen. Es trifft nit zu, daß der Anschluß an deutsche Arbeiterorganisationen verboten ist. Dec deutsch¿ Vergarbeiterverband hat im Saargebiet zahlreihe Mit- glieder. Die Fortschritte Deutschlands auf dem Gebiete der außeren Politik können durch nationalistis Reden nur ge- shäâdigt werden.

Abg. Dahlem (Komm.): Wenn niht wieder alles {lagen werden soll, täten die Redner der Rechten bis zu Demokraten doch besser, nit jol&e nationalistishen Töne wie heute zu risfieren. Es war auth kein Anlaß, heute von der „Schwarzen Schmach“ zu reden. (Unruhe recht3.) Fedex von uns, der während des Krieges draußen toar, weiß doc, daß es

auch Föôlle von weißer Schmach gegeben hat. (Andauernde große Sie glauben wohl, Sie sind hier in dex

Unruhe rechts; Zuruf: N sranzösischen Kammer?) Die Einführung der Frankenwöhrung

war zuerst rein wirtschafiliher Natur, sie ist erst später auf das politische Gebiet herübergezogen worden. Die voriges Jahr nah Genf gegangene sogenannte Vertretun des Saarlandes (große Unruhè rechts) hat von der Arbeitershaft kein Mandat gehabt. (Viderspruch und Zurufe des Abg. Hue.) Die Arbeiterschaft des Saargebiets Hatie nichis bom deutschen Militarismus Au erwarten und hat auch nihis zu erwarten vom französishen Militarismus, sie nimmt p Siellung nach ihrem alten Grundsaß: Hie Arbeiter- chaft, hie Kapital! m Saargebiet arkeitet franzöôsishes und deutsches Kapital Hand in Hand gegen die Arbeiterschaft.

Damit schließt die Erörterung, Jn persöonlihen Be- merkungen seßen sstch die Abg. Dahlem und Hue noch weiter in sehr gereiztem Tone auseinander, wobei Ausdrücke wie: Lügner, Schwindler u. a. fallen.

Das Haus geHt übev zur gemeinsamen Veratung der Anträge und großen Anfragen, die sich auf die Besazungszulagen, die Unterstüßung der geschädigten Ge- meinden im Kreise Monschau, auf die Ernährungsschwierig- keiten im beseßten Gebiet, auf die widerrechtliche Beseßung von Düsseldorf, Duisburg und Ruhrort, auf die Wirtschafts- beihilfen für die Beamten des beseßten Gebiets und auf die Ueberwahung der Schulen des beseßten Gebiets dur einen Ausschuß der Rheinlandkommission beziehen.

Minisier des Innern Severing: Ueber die Besetzung von Düsseldorf und Duisburg-Nuhrort ift seinerzeit unter Hervorhebung der Nechiswidrigkeit dieser Maßnahme mit einer auh in der Tages- presse veröffentlichten Note bei den alliierten und assoziierten Regie- rungen nachträglich Verwahrung eingelegt worden. Na Annahme des Loudoner Ultimatums hat die Reichsregierung îm Einvernehmen und auf ausdrüdliden Wunsch des preußischen Ministers des Innern bei jeder sih bietenden Gelegenheit darauf hingewiesen, daß na ihrer Auffassung die weitere Aufrechterhaltung der auf Grund t

zêr= den

der Londoner Beschlüsse gegen Deutschland verhängten wirtsGaftlihen und mili- tärishen Sanktion8maßnahmen sich auß vom Standpunkt der alliierten und afsoziierten Mächte niht mehr rechtfertigen lasse. Die ¿Frage der Aufhebung dieser Maßnahmen hat darauf wiederholt den Gegenstand von Erörterungen zwischen den alliierten Negterungen gebildet. Diefe Erörterungen baben dazu geführt, daß am 30. Sep: tember v. J. das im Rheinland eingeführte besondere Zollregime in Wegfall gekommen ift, und daß über die Beseitigung des dort ein- gerichteten besonderen Ein- und Ausfuhrsystems Verhandlungen geführt werden Tonnien, die indes noch nicht zum Abfluß gelangt sind. Dagegen haben die alliierten Mächie die militärischen Zwangs- maßnahmen bisber noch aufrechterbalten.

Nach Lage der Verhältnisse kann troß der fortgesetzten, auf die Beseitigung diefes rechtswidrigen Zustands gerichteten Bemühungen der Reichs- und Staatsregierung leider niht damit gerechnet werden, daß die Aufhebung der Beschung von Düsseldorf und Dufsburg- MNuhrort vor Behebung der in der Neparakionsfrage in neuerer Zeit entstandenen Schwierigkeiten von den alliierten Mächten in Erwägung gezogen wird. (Lebhaftes Hört, hört!)

Auf Anregung und in völligem Einvernebmen mit der preußisGen Megierung und den Regierungen ter übrigen Länder wird von der Meichsregierung gegenüber den Regierungen der Besatzungsmächte ebenso wic dur ten Yeichs- und Staatskommissar für die besetzten rheinishen Gebiete bei der Nheinlandkommission dauernd auf die durch die Maßnahmen der Besaßzungsbehörde hervorgerufene schwere Beiastung der rheinishen Bevölkerung hingewtesen und Abhilfe verlangt,

Gegenüber der von den Besatßzungsbehörden verlangten Neu-

errichtung von Grerzierpläßen, Flugpläßen und Schießpläten ist noch in neuesler Zeit insbesondere darauf hingewiesen worden, daß angesihts der im Rheinlande bereits vorhandenen umfangreichen militärischen Anlagen dieser Art ein Bedürfnis für Neueinrihiungen nicht vorliegen kann, und daß dur derartige Anforderungen einerseits die Bevölkerung auf das s{chwerste geshädigt, andererseits die Neihs- finanzen in einer Weise belastet werden, die die Erfüllung der Neya- rationsforderungen auf das nachteiligste beeinflußt. (Sehr wahr!) Der Herr Reichsschazminister hat vor einiger Zeit dem Reichstage eine Denkschrift über die Besazungskosten vorgelegt, die im Inlande und Auslande große Beachtung gefunden hat und die in ihren wesentz lichsten Teilen auch in Uebersetzung weiteren Kreisen des Auslandes zugänglich gemacht werden wird, Staatêministerium Hat Gelegenheit benußt, dfe rhecinichGen Wirtscla!tékreise durch die zuständigen Handelekammern auf die tim Einzelfalle drohenden Gefahren einer wirtschaftlicken UVeberfremdung aufmerksam zu mahen. Das zuständige preußische Ressort steht mit den Handelskammern über diese Frage in ständiger Verbindung.

Das Staatsministerium bedauert es außerordentli®, daß zwisGen dem Geist und der Ausführung des Rheinlandabkommens eine klaffende Divergenz entstanden ist. Wenn bei der Besetzung seinerzeit die Grundsätze aufgestellt wurden,

1. möglihste Verschonung mit Einquartierungsklasten, d. h. Ein-

quartierungeu in Kasernen und reservierten Zonen,

2. vollkommene Selbstverwaltung der deutschen Behörden,

3, Ausnahme der Selbstverwaltung nur für den Umfang mili-

tärischer Bedürfnisse, so zeigt sih in Wirklichkeit heute ein zunehmendes Militärregiment, das mit dem Geist des Rheinlantabkommens nit in Einklang zu bringen ist. (AUgemeine Zuslimmung.) Spstematish werden Be- {werden nah dem bekannten militaristishen Grund'ay dadur unterdrückt, daß man die Bes{chwerdeführer wegen ihrer Be, schwerde verfolgt. Eine Beschnerde beitvieltweise über Ein- quartierungélasten ist um deswillen unpraktisch, weil sie in der Wirkung nur stärkere Lasten und Belästigungen zur Folge hat. (Hört hört!) Deégleichen widerrät jeder erfahrene Verteidiger der Einlegung einer Berufung, da diese hârtere als die erstinstanzlihe Stiaten zur Folge zu haben pflegt. Diese militärishe Willkür soll angeblich die militärische Autorität s{hüßen, die aber von keiner Seite angetastet wird. Es handelt sich vielmehr um eine si{htbare Tendenz, diese militärische Macht in der Verwaltung des beseßten Gebietes zu erweitern.

Das jede

E83 is Aufgabe aller DiensisieMen und aller im zffffent- lichen Leben stehenden, ihrer Verantwortnng bewußten Perfonen und Organisationen, auf diese Besaßzungsleideu moralischer und materieller Art immer wieder hinzuweisen. Die preußitche Negierung flellt ihre Bebörden und den Staatskommissar für die befezten Gebiete willig jedem {ußsuchenden Nheinländer zur Verfügung.

Den Versuchen einer ausländischen Macht, rbeinisGes Gebiet vom Reich und Preußen loszulösen, kann wirkîam nur die rheinifcke Bevölkerung selbst entgegentreten. (Sehr rihtig!) Das Vertrauen der Bevölkerung zur Staats» und Reichsregierung ist der sicherste Schus gegen die von französischer Seite genäßrten Loslöfungs- bestrebungen. Dieses Vertrauen der Reichs- und Staatsregierung zu siheru, ist u. a. der Zweck der wirtshaftli*hen Fürsorge, die den Nheinländern werden foll. Die vreußiihe Negierung hat ihrerseits zu dem gesunden Sinn der Mehrzabl der rheinis schen Bevölkerung das Vertrauen, daß fie den französisden Einflüssen den kräftigsten Widerstand entgegensezen wird. Es mag zum Teil aus geschichtlichen Gründen ein gewisser Mangel au Sympathie für den preußischen Staat und für eine preußische Ver= waltung bei ihr bestehen, aber auc dieser Teil der Bevölkerung will feiner überwältigenden Mehrzahl nah die fi hieraus ergebenden Fragen nit zur Lösung bringen, solange eine tremde Besazung eine einwandfreie Lösung der Frage nit zuläßt. (Sehr rihtig!) Dis Mehrzahl der Bevölkerung wendet sih daher aud gegen die Agitation, die si gegen die preußischen Verwaltungs- und Zeutralsielen richtet, deren Loderung der erste Schritt zu dem erstrebten Separatismus fein würde. Die Neichs- und Staalksregierung, nie erlahmend in der Wahrnehmung der Jateressen der Rheinländer, und die Nheinländer, unershütterliG im Vertrauen zur NReichs- und Staalsregierung, so muß es gelingen, allen ausländiiden LoStrennungsbestrebungen mit GSrfolg entgegenzutreten. (Bravo !)

Minister für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung Boel i 6: Meine Damen und Herren! Die der deutschen Oeffentlichkeit zuerst aus der französishen Presse bekaunt gewordene Entschließung der Juteralliierien Rheinlandkommission, einen Untersuhungs=2

ausshuß für den im beseßten Gebie: erieilten Unterricht éinzue

seßen, hat in den weitesten Kreisen der Bevölkerung des Rheina lands wie ganz Deutschlands lebhafte Beunruhigung hervor=- gerufen. (Sehr richtig!) Die Maßnahme wird in ihren Zielen als ein weder mit dem Friecdensvertrag noh mit dem Rheins landabkfommen im Einklang stehender Eingriff in die deutsche Schulverwaltung empfunden.

Sofort na Bekanntwerden der Nachricht bin ich mit den beteiligten Reichs- und Staatisbehörden in Verbindung getreten. Der Reichs- und Staatskonimissar für die besezten rheinischen Gebiete hat dementsprechend bei ber Rheinlandkomnrission cis dringliche Vorstellungen erhoben.

Wenn die Rheinlandkommission zur Begründung thres auf- fälligen Vorgehens sich auf die Versetzungen von Lehrern und Lehrerinnen aus dem unbesezten Deutschland in die beseßten Landesteile beruft, so übersicht sie die Notlage, die für die Unter=« rihtsverwaltung durch den Vertrag von Versailles und den auf ihm beruhenden Verlust weiter deutsher Gebiete herbeigeführt ist. So haben wir für die anderweite Unterbringung einiger Tausende von Lehrern und Schulbeamten zu sorgen, die zunt Verlassen ihrer biéherigen Heimat gezwungen sind. Unter ihnen- befinden sich über 3000 ?atholishe Lehrer und Lehrerinnen, für deren Versorgung wach der bestehenden Schulverfassung wesentlich tatholishe Gebietsteile in Frage kommen. Jede politische Tendenz liegt bei diesex auf dem Unterbringungsgeseß beruhenden Maßregel der Unterrihtsverwaltung völlig fern. Sie legt den größien Wert darauf, bei der Auswahl der Lehrer und der Ge staltung des Unterrichts den Heimatsgedanken und alle heimats lichen Zusammenhänge besonders zu pflegen. Dieser Gesicht34 punkt findet natürlich auch gerade für das beseßte Gebiet ernsteste Beachtung. Jhm auch in Zukunft Geltung zu schaffen, werde ih siets bestrebt sein.

Ebenso achtet die Unterrihtéverwaltung felbstverständlih darauf, daß die Unterrichtserteilung îin den preußischen Schuley sih im Einklang mit dem Artikel 148 dex Reichsverfassung be- findet. Dieser Artikel sieht eine Erzichung der Jugend einerseits im Sinne der Völkerversöhnmung, andererseits im Geiste des deutschen Volkstums vor. Es ist mix richt ersihtlih, wie die Rheinlandkommission zur Begründung thres Vorgehens sich auf diese Bestimmung glaubt berufen zu können. Der vaterländischen Erzichung im Geiste der Verfassung zu dîenen, wird stets eine der obersten Pflichten der preußischen Unterrihtsverwaltung sein. Sie kann dabei vertrauen auf die bewöhrie vaterländische Ges sinnung gerade dec unter der Besezung s{hwerleidenden Volks teile. (Bravo!)

Abg. Schmiîdt-Cons (Zentr.) begründet die großen An=- frogen feiner Fraktion, über die Entschädigung der dur die Abtretung in shwerste Bedrängnis geratenen Gemeinden des Kreises Monschau, über die Leben3mittelversorqung im beseßten Gebiete, und die beiden Unträge, die reftlihen 20 % der von den Gemeinden gezahlten Wirts%oaftsbeihilfe füx die Gemeindebeamten des beseßten Gebietes auf die Staatskasse zu übernehmen, und das Ersuchen, auf die Reichsregierung einzuwirken, im beseßten Gebiet ein beschleunigtes Abschäßunasverfahren dex Kriegs- und Besabungsschäden zu veranlassen. Die erdrüdende Mehrzahl derx rheinischen Bevölkerung wendet 1c allen Losreißungsbesirebungen ges{losscn entgegen. (Lebhaftes Bravo.) 3 müsse aber der Einz druck s{hwinden, als wollte man das rheinische Volk seinem Schid- sale selbst überlassen. Die Lebenêmittelversorgung fei im Rhein land so shwieria, daß man nux noch zu Valutapreisen kaufen (Borten m Lanbwirtlhaft müsse im besonderen geholfen werden, (Beifall.

Abg. Bachem (D, Nat.): Obwohl Deutschland den An« orderungen der Sanktionen restlos nachgekommen ist, ist die Bes s der Brüdckenköpfe Düsseldorf und Duisburg nicht zurüdcke gezogen worden. Die Beseßung auf dem rechten Rheinufer dauert fori, um bestimmte weitergehende Pläne der französischen Rhein- landspoliti? zu fördern, um auf diesem Wege zur Uschnürung des ganzen besegten Gebiets vom übrigen Deutschland zu gelangen, um aber e. ein politisches Sprungbrett zu einem weiteren militärischen Vorstoß in das deutsche Herz zu präparieren, um Essen in den Bereich der französishen Geshüke zu bringen. Dazu bedient man sich mit mehr oder minder Geshick ouch gewisser deutscher innenpokitischer Verhältnisse. Am Tage nach dem Eins marsch in Düsseldorf hat ein französisher Major den Vertretern dor Arbeiterpresse erklärt: „Wix sind gekommen, euch f helfen, den Kapitalismus der Stinnes und dax übrigen Kriegsß und Krieg art agner äu E Von er N e gt î iese u éer Beeinflussung zurü ; daralterisiert aber die franzosisde Goliti, bie aud) VUR ia

olitishen Vorgänge vor ihren außenpolitischen Wagen zu spannen bemüht war. Dingu Tommt, wie sih aus der französis Hen Presse