1922 / 22 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 26 Jan 1922 18:00:01 GMT) scan diff

baß bei der Annahme von 16 Milliarden Mark anf den preußischen Staat etwa 6,5 Milliarden Mark anstatt der eben erwähnten 5,7 Milliarden Mark entfallen werden, so würde hier ein Plus von rund 800 Millionen Mark nahträglih eingehen und in dieser Höhe der Fehlbetrag nachträglich abgedeck werden können. Dann Bleiben immer -noch rund 2 Milliarden Mark, für die die endgültige Decung fehlt. Wir haben mit dieser endgültigen Deckung dadurch begonnen, daß in den Haushalt für 1921 ein Drittel des Betrages, nihè ganz 700 Millionen Mark, in Ausgabe eingestellt ist. Wir müssen mit dieser Abdeckung weiter fortfahren, und Sie finden in den Etat für 1922 die beiden noch fehlenden Drittel mit im ganzen 1328 Millionen Mark eingestellt.

Auch das Rehnungs8ergebnis für 1921 wird vor- aussihtlich niht besser sein als das für 1920. Der Haushalt3plan für 1921 konnte bekanntlih mur balanciert werden die Herren, die das îm Dezember mitgemacht haben, erinnern sih dessen durch Einstellung eines Betrages von 2,4 Milliarden Mark, und diese 2,4 Milliarden Mark wurden im Haushalt der allgemeinen Finanzverwaltung unter dem Titel „aus Erhöhung steuerlicher Einnahmen“ eingestellt, Ursprünglih hatte die Regierung bet diesem Titel cine Einnahme von rund 2,3 Milliarden Mark vor- geschen. Der Landtag hat aber die Ausgaben im Gesamtbetrage von 64 Millionen Mark, die er anderweitig nicht decken konnte, au auf diesen Titel verwiesen, fo daß er auf 2,4 Milliarden Mark angestiegen ist. Fa, meine Damen und Herren, das macht, wenn ih so sagen darf, der Rechenkunst des Landtags alle Ehre (Abge- ovdneter Weissermel: Sehr richtig!), das ist aber verzeihen Sie mir den harten Ausdruck auch alles; denn von diesen 2,4 Mil- liarden Mark aus erhöhten steuerlihen Einnahmen ist auch nicht ein einziger Pfennig vom Landtag bewilligt worden, so daß diese 2,4 Milliarden Mark aus Erhöhung steuerliher Einnahmen tatsäch- li eine einfache Jronie sind (Abgeordneter Weissermel: Sehr rihtig!), denn die steuerlihen Einnahmen sind weder erhöht, noch find sie neu bewilligt worden, und der Haushalt für 1921 balan- ciert zwar äußerlich rechnungsmäßig durch dieses Dispositiv, in Wirklichkeit aber fehlen uns diese 2,4 Milliarden Mark. Also, meine Damen und Herren, wir müssen natürlich damit renen, daß diese fehlenden 2,4 Milliarden Mark (Zurufe bei den Sozial- demokraten: Die neue Grundsteuer!) Ja, sie fehlen aber tat» sächlih und insofern hat Herr Weissermel reht. (Groß Heiterkeit.) Ulso gestatten Sie mir, als Finanzminister mi an die Tatsachen zu halten. Wer daran s{uld ist, kann mir an si gleichgültig sein. Ih stehe auf dem Standpunkt: Hier ist ein Defizit das kann niemand bestreiten von 2,4 Milliarden Mark, und dieses Defizit von 2,4 Milliarden Maxk muß ich glaube, darüber werden wir einig sein doch nun irgendwie gedeckt werden. Jnfolgedessen werden wir uns darüber einigen müssen ich komme nachher bei der Vorlage des Haushalts für 1922 darauf zu \sprechen —, wie dieses Defizit von 1921 gedeck werden soll. Jch möchte jezt hier nur die Tatsachen feststellen und darf zunächst mal in einer rein tat- sählihen Wiedergabe des Rechnunggsergebnisses von 1921 fortfahren.

Der Haushaktsplan von 1921 konnte also damals nur unter Einstellung eines Betrages von 2,4 Milliarden Mark aus Er- höhung steuerliher Einnahmen balanciert werden. Er war in seinen Einnahmen auf den Voranschlag des Reichshaushalts für 1921 aufgebaut. Den Damen und Herren ist ja bekannt und Sie brauchen sich nur den Haushalt der allgemeinen Finanz- derwaliung anzusehen —, daß die Grundlagen des preußischen Haushalts schließlich die Ueberweisungen aus den Reichssteuern find, auf die wix auf Grund des Landessteuergeseßes Anspruch haben, also die Einkommensteuer, die Umsaßsteuer, die Körper- schaftssteuer usw. Diese Beträge waren seinerzeit in den Haus3- haltsplan für 1921 selbstverständlih mit denjenigen Zahlen ein- gesetzt, die sie im Reichshaushalt für 1921 erhalten hatten, und zwar die Einkommensteuer mit einem Gesamtauflommen von 12 Milliarden Maxk, die Körperschafts\steuer von 1050 Millionen Mark und die Umsaßsteuer mit 5,4 Milliarden Mark. Fnzwischen sind nun auf Grund der tatsählihen Verhältnisse diese Zahlen ganz außérordentlich gewachsen. Sie sind in einem Nachtrag zum Reichshaushaltsplan für 1921 erheblich erhöht, nämlich bei der Einkommensteuer auf 20 Milliarden Mark, bei der Körperschafts- steuer auf 2 Milliarden Mark und bei der Umsaßsteuer auf 9 Milliarden Mark. Wenn man annimmt und ih glaube, man darf das annehmen, ohne zu optimistisch zu sein —, daß diese Ansäße auch wirklich eingehen, so würden sich daraus natürli auch für Preußen erhebliche Verbesserungen ergeben, und zwar Verbesserungen, die sich für Preußen im Jahre 1921 belaufen würden bei der Einkommensteuer auf 1669 Millionen Mark, bei der Körperschaftssteuer auf 197 Millionen Mark und bei der Umsaßsteuer auf 344 Millionen Mark, insgesamt bedeutet das für Preußen eine Mehreinnahme aus den Reichssteuern in Höhe von 2227 Millionen Mark, wenn ih noch einige kleine Ver- besserungen bei dexr Erbschaftssteuer und der Grunderwerbssteuer hinzurehne. Auf nennenswerte Verbesserungen bei unseren Be- triebsverwaltungen und bei den übrigen Staat2einnahmen werden wir kaum zu rechnen haben. Dagegen stehen umgekehrt außer- ordentlih große Mehrausgaben sowohl an sählihen wie an per- sönlichen Ausgaben bevor. Es liegt das ja auch auf dex Hand bei der außerordentlichen Entwertung des Geldes, die inzwischen wieder eingetreten ist. Nach den Erfahrungen des Fahres 1920 wird man bei den sählihen Ausgaben mit einer Verschlehterung von mindestens 800 Milliowmen Mark zu rechnen haben.

Zu diesen Mehrau3gaben von 800 Millionen Mark treten nun noh die ungeheuren Kosten, die entstanden sind durch die Bes soldungSverbesserung, die seit dem 1. Oktober 1921 erst im Reih und damit zwangsläufig au bei uns stattgefunden hat. Wir haben uns, wie Sie wissen, unter Zustimmung des Landtages immer“ auf den Standpunkt gestellt, daß die Gehälter, die Ein- fommen der preußischen Beamten, den Gehältern der Beamten des Reiches gleich sein sollten. Wir waren infolgedessen, und zwar cu aus sachlihen Gründen genötigt, die Besoldungsverbesserung, die das Reich seit dem ungeheuren Sturz der Mark seit dem 1. Oktober für seine Beamten eingeführt hat, auch bei uns in Preußen mitzumachen, Diese Besoldungs3verbesserungen werden sih im Jahre allein für Preußen vorauss\ichtlich auf 3 Milliarden Mark belaufen.

Auf das Jahr 1921 fä!lt, da diese Besoldung2verbesserungen am 1. Oktober eingetreten sind, von den 3 Milliarden Mark dîe Hüulfte, also 1500 Millionen Mark. Diese 1500 Millionen Mark treten somit den 800 Millionen, von denen ih eben spra, hinzu, und der im Hanshaltsplan für 1921 enthaltene Fehlbetrag

bon rund 2360 Millionen Mark wird also dementsprechend teils vermindert durch die eben erwähnte Mehreinnahme an Ein- kommensteuer und anderen Reichssteuern, teils vermehrt dur die Mehrausgabe an sählichen Kosten und an Besoldungserhöhungen. Es bleibt {ließlich ein Fehlletrag von 2483 Millionen oder rund 2,4 Milliarden Mark übrig, also dasselbe Ergebnis, von dem wir in dem Haushaltsplan für 1921 ausgingen.

Meine Damen und Herren, nehmen wix nun an, daß von

diesem Fehlbetrag von 2433 Millionen Mark, der sih infolge der Mehrbetwilligung durch den Landtag um 664 Millionen Mark er- höht, etwa der Betrag von 1500 Millionen Mark für Besoldungen durch nahträglihe Steuereingänge des Jahres 1921 gedeckt wird natürlich ist auch das noch nicht sicher, wenn es auch nach gewissen, in der Zwischenzeit gemachten Erfahrungen anzunehmen is —, so bleibt immerhin noch ein Betrag von beinahe einer Milliarde, genau von 997 Millionen, übrig, der irgendwie gedeckt werden muß, der aus den laufenden Einnahmen des Jahres 1921 jeden- falls nit gedeckt werden konnte und nicht gedeck werden kann.

Meine Damen und Herren, diese Fehlbeträge der Fahre 1920 und 1921 konnten aber inzwishen naturgemäß niht ungedeckt bleiben, sondern sie verlangten eine vorläufige Deckung, die wir aus den bereiten Vetrieb3mitteln der Generalstaatskasse genommen haben. Wir waren dazu ermächtigt infolge eines Kredites von fünf Milliarden, der uns bewilligt war und der zurzeit in Höhe von 2,6 Milliarden in Anspruch genommen ist. Preußen hat also zurzeit es fann das namentlich füx die Verhandlungen im Hauptausschuß wesentlih sein eine \chwebende Schuld von 2,6 Milliarden. (Hört, hört! bei der Deutschen Volkspartei.)

Jch komme nun kurz zu dem Haushaltsplan für 1922, Jn dem Haushaltsentwurf für 1922 sind naturgemäß die Anteile an den Reichssteuern, insbesondere an der Einkommen- steuer, mit dem Saß angeseßt worden, mit dem sie im Reichshaus3- halt für 1922 eingeführt worden sind. Das bedeutet, meine Damen und Herren, ein Gesamtaufkommen bei der Einkommensteuer von 23 Milliarden, bei der Körperschaftssteuer von 4 und bei der Um- saßsteuer von 23,5 Milliarden. Nimmt man nah diesen Sägen den geseumäßig feststehenden preußischen Anteil, und zwar nur den staatlihen Anteil nah Abzug des Anteils an, der auf die Ge- meinden entfällt, so stellt sich der Gesamtsaß, den Preußen im Rechnungsjahr 1922 aus den Reichssteuern an Ueberweisungen ers warten darf, auf 6810 Millionen Mark. Das bedeutet gegenüber dem Haushalt von 1921 ein Plus von beinahe 4 Milliarden Mark, näâmlih von 3971 Millionen Mark.

Meine Damen und Herren, dieser an sih so erfreulichen Ver- besserung von beinahe 4 Milliarden Mark stehen nun aber leider Verschlechterungen gegenüber, Verschlehterungen einmal von 46 Millionen bei den Betrieltsverwaltungen und von 2670 Millionen bei den übrigen Staatsverwaltungen. Wenn wir also von den 83971 Millionen, die wir vom Reih mehr bekommen, diese 2716 Millionen, die wir mehr 6u83- geben, abziehen, so bleibt nur ein Rest von rund 1,3 Milliarde übrig, Dieser Betrag reiht nur aus unter Hinzunahme noch einiger anderer Verbesserungen, die wir haben, die im Hausholt für 1921 fehlenden rund 2,4 Milliarden Mark im Haushalt für 1922 bis auf 948 Millionen Mark auszugleichen. Mit diesem Fehl- betrag von etwa einer Milliarde \chließt der Haushaltsplan: von 1922 ab, und der. Landtag wird si nach meiner Aufsässung bei der genauen Prüfung, die er bei jeder Ausgabe- und jeder Eins nahmeposition des ihm vorgelegten Haushaltsplanes selbstver- ständlih vornehmen wird, unmöglich der Verpflichtung entziehen Tönnen, si darüber klar zu werden, wie dieses nach unserer Auf- fassung mit rund einer Milliarde zu shäßende Defizit des Haus3- haltsplans für 1922 zu deckden sein wird,

Meine Damen und Herren, ih will bei dieser Gelegenheit nicht des näheren es wird dazu demnächst, ih glaube, am Sonnabend [hon Gelegenheit sein auf den Entwurf über die Erhebung einer vorläufigen Grundsteuerabgabe eingehen, der ja dem Hause vorliegt. Die neue Staatsregierung hat sich in Anerkennung der Notwendigkeit entschlossen, diesen Gesebentwurf, der seinerzeit von der vorigen Regierung aufgestellt und dem Staatsrat zugeleitet war, auch ihrerseits dem Abgeordnetenhause vorzulegen, ohne damit ich werde das demnächst bei der Beratung dieses Grundsteuer entwurfs noch ausführen mit jeder Einzelheit dieses Gesetze entwurfs sih identifizieren zu wollen. Aber wir konnten uns der Verpflichtung, für den Fehlbetrag, den ih mir eben darzulegen er- laubte, eine Deckung zu schaffen, unmöglich entziehen. Wir haben uns deshalb gesagt, wir müssen diesen Entwurf über die Erhebung einer vorläufigen Grundsteuer dem Landtag unter allen Umständen vorlegen. Wir haben uns auc dadurch niht davon abhalten lassen können, daß der Staatsrat fi ‘auf den Standpunkt gestellt hat, er wünsche erst eine reinlihe Scheidung zwischen den Einnahmen des Reiches, der Länder und der Gemeinden, bevor er einer derartigen wie ih ohne weiteres zugebe in die Jnteressen der Ge- meinden außerordentlih weit eingreifenden Steuer zustimme. Dem, vas der Staatsrat ih habe das auch im Staatsrat aus- geführt mit dieser Forderung wünscht, stimmen wir, glaube i, alle zu; dem stimmt auch die Regierung zu. Die Frage ist nur, ob man die Deckung des nun einmak vorhandenen De\izits von der Erfüllung dieses an sih durhaus berechtigten Wunsches, dessen Er- füllung aber noch lange Zeit in Anspruch nehmen würde, abhängig machen kann, ob wir niht vielmehr gezwungen sind, das Defizit, das in den leßten Fahren immer wiedergekehrt und sih damit als ein chronishes8 erwiesen hat, nun endlih dauernd zu beseitigen. Der Zustand, diefes Defizit in der bisherigen Weise von einem Rechnungsjahr auf das andere zu überwälzen, ist auf die Dauer mit einer soliden Finanzgebarung unverträglih. Die Regierung hat geglaubt, diese Frage verneinen und deshalb den von mir er- wähnten Gesehentwurf dem Landtag unterbreiten zu müssen.

Meine Damen und Herren, so sehen Sie, daß die Verhälts- nisse unseres preußishen Staatshaushalts do ch außerordentlich ernst sind. Sie sind sicher niht so ernst wie. die Verhältnisse des Reiches. Sie sind aber immerhin noch ernst genug, um uns alle zu bewegen, mit äußerster Sparsamkeit und mit äußerster Zurückhaltung an die Beratung dieses Staats- haushalts heranzugehen.

JIch sagte vorhin schon,

der Staatshaushalt {ließt mit einem Gesamtbetrage von 29 Milliarden ab. Sie können aus der neuen Art der Aufstellung des Haupthaushalt3ylans mit Klarheit ersehen, wie sih die Uebershüsse und die Zuschüsse in den einzelnen Bea trieben zusammenseßen. Wix haben, wie ih schon gesagt habe, bei

den Einnahmen zunächst mit den erheblich höheren Ein-

nahmen aus den Reihssienerüberwe?frnyex B rechnen. Auf wesentlich höhere andere Einnahmen tverden wi, niht rechnen dürfen, insbesondere haben, wie Sie aus Staatshaushalt sehen, die Einnahmen der preußishen Betrieb, verwaltung-n gegenüber dem Haushalt pon 1921 si leider e, heblich vershlechtert. Sie finden bei den Betriebsverw

gegen das Jahr 1921 eine Vershlechterung von im

46 Millionen Mark, und die Gesamtvershlechterunz bei den Staatshoheits8verwaltungen beträgt es ist natürlih, daß hier ganz außerordentlih bedeutende Forde. rungen entstanden sind rund 2670 Millionen Mark. Diese höheren Ausgaben, die bei den Staatshoheitsverwaltungen inz, besondere entstanden sind, find natürlich als eine Folge der allgemeinen zwangsläufigen Geldentwertung entstanden, wie wir sie überall im Reih und in allen anderen Staaten, in unserer ganzen Wirtshaft haben. Die Folge diese Geldentwertung ist gewesen, daß wir gewisse Fonds în sehr erheh. lichem Maße haben aufbessern müssen. Jusbesondere ist ein

wesentliche Erhöhung bei den Fonds für die Dienstaufwandz, |

entshädigungen, für die Unterstüßungen, für die Geschäftsbedürf

nisse und die Reisekosten exfolgt. Das Nähere darüber ist im Vor.

beriht ausgeführt worden. Vor allen Dingen machen uns abe naturgemäß die Erhöhungen der Bauunter: haltungsfonds ganz außerordentliße Kosten. Man hat lange, viellcicht zu lange schon aus Sparsamkeit8gründen gezögert, der Geldentwertung bei der Dotierung der Bauunterhaltungs. fonds Rechnung zu tragen, und die Folge, meine Damen und Herren, ist nun natürlich, daß wir jeßt auf cinmal sehr erheblich in die Tasche des Staates greifen müssen, wollen wir nicht, daß die staatlichen Vauten noch weiter verfallen und uns {Gließlich na her die Erhaltung noch erheblichere Mehrkosten macht, als daz jeßt schon der Fall ist.

Dann, meine Damen und Herren, spielen natürkih bei dey Ausgaben die Besoldungen der staatlihen Beamien eine große Rolle. Fch habe {hon vorhin davon gesprochen, daj das Reich vom 1. Oktober an die Grundgehälter durch eine neu Reform schr wesentlih erhöht hat, und neuerdings ist auch nog vom Reich ein Teuerungszushlag von 20 % wie es dort heißt; für die exsten 10000 Æ dazugeklommen. Meine Damen und Herren, über diese Erhöhung der Besoldungen der Reichsbeamten, die ja zwangsläufig eine Erhshung der Besoldungen au de staatlichen Beamten und auch der Gemeindebeamten zur Folg haben wird, haben zwishen der Regierung der einzelnen Lünder und dem Reiche sehr eingehende, man kann rußig sagen erregte Verhandlungen stattgefunden. Das Reich ist ja {licßlich in der Lage, aus dem erhöhten Steuerecinkommen diese Besoldungs erhöhungen zu bestreiten. Uns stehen derartige Einnahmen nit zur Seite. Wir sind auf der anderen Seite selbstverständlich nit in der Lage, namentlich Preußen nicht, bei der Besoldung unserer Beamten hinter dem Reihe zurüdckzubleiben. Fnfolgedessen habet wir dem Reiche gegenüber den Anspruch erhoben, daß au das Reich die Länder und Gemeinden unterstüßen müßte, wenn sie aus eigener Kraft nicht in der Lage seien, die Vesoldung3erhöhungen mitzumachen. (Andauernde Unruhe. Glocke des Präsidenten.)

Diese Verhandlungen zwischen dem Reich und den einzelnen Ländern haben \{ließlich zu einex Erklärung geführt, die ja wörtlih im Vorberiht abgedruckt ist, die ih aber doch, wenn Sie gestatten, kurz verlesen möchte, weil sie von außerordentlicher B deutung für das ganze Verhältnis zwishen dem Reich und der Ländern ist. Sie lautet:

Die Reichsregierung ist der Auffassung, daß die Mesp au3gaben, die den einzelnen Ländern, Gemeinden und Gemein verbänden durch eine Verbesserung der Veamtenbesoldung # wachsen, als unmittelbare Folge der Geldentwertung automth in einem diesen Mehrausgaben entsprechenden Teile der lt einnahmen Deckung finden werden.

Meine Damen und Herren, ih erlaukte mir, unter oder nua diese Auffassung der Neichsregierung doch immerhin ein Frag zeichen zu seßen. (Sehr rihtig!) Das3 hahe ih auch der Reibe regierung gegenüber zur Geltung gebraht, Fch hoffe natürli auch, im Jnteresse des Reihes wie in unserem Jnteresse, daß diese Auffassung der Reich3regierung richtig ist, aber i bin nich wie die Reichsregierung, der Ansicht, daß sie rchtig ist. Zch hoffe nux, daß sie richtig ist, und ih vershließze mich den großen Zweifeln nicht, die gegen die Richtigkeit dieser Annahme bestehen Wir müssen also als vorsihtige Finanzleute damit renen, daß diese Ansicht der Reichsregierung auch falsch sein kann, und wir müssen deshalb als vorsichtige Finanzleute versuchen, Vorsorge zl treffen für den, wie mir scheint, niht so allzu unwahrscheinlihen Fall, daß der Optimismus der Reichsregierung nicht berechtigt ist. Die Reichsregierung hat sih dem auh nit ganz verschlossen, l Sie aus den folgenden Vereinbarungen sehen werden. Die Ver- einbarung fährt fort: un Da aber dieses Mehr an Einnahmen aller Wahrscheinlihkeit nah erst im Laufe des Rechnungsjahres 1922 eingehen wird; also zu den Zeitpunkten, wo das Geld erforderlich ist, noh nit zur Verfügung steht, ist das Reich bereit, zunächst für die Rep nungsjahre 1921 und 1922 den einzelnen Ländern, soweit ihnen die für die Besoldungsaufbesserung erforderlihen Beträge nit anderweit zur Verfügung stehen, Vorshüsse in Höhe des Mehr- bedarfs für Besoldungszwecke schon jet in Anrechnung auf die später zu erwartenden Mehreinnahmen an Ueberweisungs- steuern vierteljährlih im Voraus zur Verfügung zu stellen. Also ein Vors{uß! Sollte die Erwartung das ist wohl das Wichtigste . ür nicht in Erfüllung gehen, daß der Mehrbedarf der Länder f ; Besoldung8zwecke durch einen dem bisherigen Verhältnis L Besoldungsausgaben zu den gesamten Landesausgaben ut sprehenden Teil der Mehreinnahmen gedeckt wird, so wird vel Reih den danach fehlenden Betrag im Falle eines aut de vorsichtiger und dex gemeinsamen Notlage Rechnung A Aufstellung des ordentlihen Haushaltsplans nicht pem Defizits aus Grund von Richtlinien, die zwischen dem iten und den Ländern vereinbart werden, als Zuschuß überwe bie Also, meine Damen und Herren, außer diesen Vorschüssen, "n das Reich zunächst geben will, um uns aus einer vorüiberge)e Not, die durch die Besoldungserhöhung entstanden ist, J mait zuhelfen, will es, wenn auch stark verkllausuliert das wir Got! wohl sagen fönnen —, sich bereit erklären, {ließli t N schüsse in Zuschüsse umzuwandeln. Es knüpft aber L i anssezung dos wird man dem Reich von seinem Stand

dus niGt übeTneDmeu können —, daß die Länder und au die Gemeinden immer das Defizit, das durch diese Erhöhung der Be- ‘soldung entsteht, niht vermeiden können, mit anderen Worten, daß auch Länder und Gemeinden die allerdings ja wenigen Steuermöglichkeiten, die ihnen bei der jegigen Entwicklung der Reichsgeseßgebung und insbesondere des Landessteuerge setzes uts stehen, restlos auss{öpfen. Auch das, meine Damen und Herren,

ein Grund mehr, um uns die Frage vorzulegen, ob wir, falls ian zu der Auffassung unserer ernsten Finanzlage kommt, nit in der Tat den Versuch machen missen, noch mehr als es bi3her war, auch in Preußen diejenigen, wie ich anerkenne, geringen Möglihkeiten, die un3 verblieben sind, doc so auszuschöpfen, daß uns vom Reich aus kein Widerstand entgegengeseßt werden kann, wenn wix auf Grund dieser Erklärung die Zuschüsse zu den Ba- soldungen haben wollen.

Es heißt dann weiter:

Was die Mehrbelastung der Gemeinden (Gemeinde- verbände) durch die Besoldungsaufbesserung betrifft, fo ist es zunächst Sache der Länder, den Gemeinden (Gemeindeyer- händen), die nit imstande sind, die ihnen aus der Neuregelung der Veamtengehölter erwaGsenden Mehrkosten selbst zu tragen, die erforderlichen Vorschüsse zu leisten,

Soweit den Ländern die dazu notwendigen Beträge nicht anderweit zur Verfügung stechen, wird das Reich ihnen au hierfür die erforderlihen Vorschüsse in Höhe des Mehrbedarfs jür Besoldungszweckde schon jeßt in Anrechnung auf die später zu erwartenden Mehreinnahmen an Ueberweisungssteuern vierteljährlich zur Verfügung stellen. /

Sollte bei Gemeinden (Gemeindeverbänden) die Erwartung niht in Erfüllung gehen, daß der Mehrbedarf für Besoldungs- zwede durch einen diese Mehrausgaben ersezenden Teil der Mehreinnahmen gedeckt wird, und gewöhren die Länder ihnen de3halb die erforderlihen Zuschüsse, so wird sich das Reih an diesen Zuschüssen nah Maßgabe von Richtlinien, die zwischen ihm und den Ländern vereinbart werden, beteiligen. Voraus- seßung ist dabei, daß sich bei Prüfung durch die Landesregierung der Haushaltsplan der betreffenden Gemeinde (des Gemeindes verbandes) als vorsihtig und unter Verüdcksichtigung der gemein- samen Notlage von Reich, Ländern und Gemeinden (Gemeinde- verbänden) aufgestellt erweist.

Das Reich hat sich also nah dieser Vereinbarung erfreulicher- weise grundsäßlih bereit erklärt, nit nur Vorschüsse, sondern auch Zuschüsse für Länder und Gemeinden aus Reihsmitteln zu geben, venn die erforderlihen Besoldungserhöhungen aus eigenen Mitteln der Länder und Gemeinden niht aufgebracht werden fônnen. Aber es knüpft allerdings an diese Bereitwilligkeit eine Reihe von Bedingungen, die zu erfüllen niht immer ganz leit sein wird. Man wird sich aber bei der durchaus ernsten Finanz- lage, in der sich das Reich befindet, sagen müssen, daß das Reich in der Tat nur dann in der Lage ist, Länder und Gemeinden aus Reih8mitteln zu unterstüßen, wenn es die Neberzeugung hat, daß diese Unterstüßung untex allen Umständen notwendig ist, mit inderen Worten, daß erst einma! diese Länder und Gemeinden ihre tigenen Einnahmequellen aus\chspfen und daß sie au eine durch den Ernst der Verhältnisse gebotene Sparsamkeit befolgen. Dénn do3 kann man natürliß dem Reiche, bei den Verhältnissen, in denen es Tebt, nicht zumuten, daß es Länder und Gemeinden unter- üt, bei denen diese beiden Voraussezungen nicht vorliegen. Man wird 8s vom Standpunkte des Reiches aus verstehen können, daß es diese Bedingung an seine Zuschüsse knüpft, so unangenehm, möchte ih sagen, diese Prüfung durch das Reich auch ist und so

| hwierig sie auch ist; ich bîn mix vollkommen darübcr far, daß

eine genaue Prüfung auf Hellex und Pfennig eigentlich unmöglih ist, und es ist mir auch von der Reichsregierung zugesagt worden, daß e3 sich nicht um eine kUleinlihe Prüfung handeln soll.

Nun hat si in leßter Zeit ih Habe es sehr bedauert, aber ih habe es nit ändern können aus Anlaß der Besoldungs- berbesserung ein leider recht weitgehender Zwiespalt, kann man sagen, zwishen dem Staat und den Staatsbeamten auf der einen Seite und den Gemeinden und den Gemeindebeamten auf der anderen Seite herausgebildet. Jch erkenne ohne weiteres an, daß die Gemeinden ebenso wie der Staat verpflichtet sind, der Geld- éntwertung zu folgen und die Gehälter der Beamten und An- gestellten entsprehend zu erhöhen. ZJch erkenne ebenso an, daß 6 für die Gemeinden außerordentlich {chwer ist, die Mittel hier- für aufzubringen, und daß hierfür, wie ih das in der von mir berlesenen Erkläcung gezeigt habe, das Reich, vor allen Dingen der auch die Länder bis zu einem gewissen Grade werden ein- treten müssen. Aber, meine Damen und Herren, ih habe doch den Eindruck gewonnen ganz abgesehen von den Bestimmungen des Sperrgeseves, auf die ih formell gar nicht zurückkomme —, daß eine Reihe von Gemeinden nicht immer das nötige Maß bei der Zumessung der Beamtengehälter gehalten haben, wie es die ernste Lage ihrer eigenen Finanzen, die ernste age der Finanzen der Länder, die ernste Lage der Finanzen des Reiches erfordert hätten (sehr rihtig! Hört, hört!), und daß eine Reihe von Gemeinden in der Einreihung und în dem Verglei hrer Beamten mit staatlihen Beamten außerordentlich weit egangen sind. Meine Damen und Herren, ih stehe keineswegs uf dem Standpunkt, daß die Gemeindebeamten und die Staats- beamten sih ohne weiteres und schematisch vergleihen lassen innen, J weiß, daß es eine Reihe von Beamten, namentli bon leitenden Beamten, in den großen Gemeinden gibt, die fi iehr schwer mit andeten Beamten vergleichen lassen. Teils stehen lie sehr viel mehr in der vorderen Linie ich möchte sagen: mehr 8 der Verhandlung mit der Bevölkerung, sie sind Angriffen oft vel mehr ausgeseßt als vielleicht der betreffende staatliche Beamte, will sagen, als cin Regierungspräsident oder ein Oberpräsident. Andererseits find die Aufgaben der Gemeinden ja auch in den vten Jahren so ungeheuer gewachsen, daß meiner festen Ueber- ëugung nah an vie Spive einer solhen schwierigen Gemeinde- verwaltung unter allen Umständen eine Kraft allerersten Ranges

t, und eine solhe Kraft allerersten Ranges muß man auch wentlih bezahlen. (Sehr richtig!) Von solchen besonderen gen, von solGen besonderen Ausnahmen, von solchen be- londeren Persönlichkeiten, meine Damen und Herren, spreche ich qk J sprehe von dem Gros; ih spreche von der großen dye, N der Gemeinden und der staatlihen Beamten, und da haben h leider große Kreise unserer staatlihen Beamten, insbesondere

Uh der staatliheu mittleren Beamten, den Eindruck, daß eine

gleihe Tätigkeit bei den Gemeiuden ganz anders, in gar keinem Verhältnis zu dem Gehalt bezahlt wird, was der Staat für der- artige Tätigkleiten gibt, Das Reich hat bekanntlich seinerzeit das Sperrgesey gemacht, und das Reich verlangt von uns, daß von diesem Sperrgeses Gebrauch gemaht wird. Wir haben der Entwurf liegt, wenn i niht irre, dem Landtag augenblitlich vor —, um Streitigkeiten über dic Angemessenheit odex Nichts angemessenheit derartiger von den Gemeinden festgesezter Ge- hälter zum Austrag zu bringen, solche Streitigkeiten zu entscheiden, den Entwurf eines Landesschiedsgerihts dem Landtag vorgelegt. J hoffe und bitte dringend darum, daß er möglichst bald verabschiedet wird,

Aber, was ih eben sagte, das sind Klagen, die auch neulih auf einer Konferenz der einzelstaatlihen Finanzminister, die unter Leitung des Herrn Reihsfinanziinisters stattfand, ganz allgemein erhoben worden sind (hört, hört! rechts), und zwar allgemein er« hoben worden sind, meine Damen und Herren, von den Hecren, die der sogialdemokratishen und, ich glaube, zum Teil sogar der un- abhängigen sozialdemokratishen Partei angehörten, bis weit in die Kreise der Herren hinein, die auf cinem ganz anderen poli tischen Standpunkt stehen, E3 herrscht darüber, daß viele Ges meinden in dieser Vezichung nicht Maß und Ziel gehalten hätten, Vebereinstimmung. Es herrscht auch Uebereinstimmung darüber, daß eine ganze Neihe dex davon betroffenen Beamten das selbst gar nichi wollen. Es herrscht weiter darüber NVebereinstimmung, daß weite Kreise der städtishen Bevölkerung, der Steuerzahler, unter keinen Umständen das wollen. Das alles hat dem Reichs- finanzminijter schließlich Veranlassung zu einem Schreiben an die einzelnen Regierungen und Ministerien der Länder gegeben, in dem es zum Schluß heißt;

Vom 1. April 1922 ab werden den Ländern Vorschüsse nux für solhe Gemeinden überwiesen, die ihre Besoldungsvorschristen gemäß F 3 des Besoldungssperrgesezes neu geregelt und bis zum 15. März 1922 den zuständigen Landesbehörden zur Genehmi- gung vorgelegt haben. Für die Gemeinden, die der Verpflich- tung aus § 3 des Besoldung8sperrgesezes nachgekommen sind, erhalten die Länder Vorschüsse unter der Bedingung, daß sie an diese Gemeinden nur insoweit abgeführt werden, als ihre Be- soldungsbestimmungen nicht im Widerspruch mit dem Besol- dungssperrgesez stehen. Unabhängig hiecvon wird die Reichs- regierung mit dem Reich3rat Richtlinien zur Ausführung der Zusage vereinbaren, die sie in ihrer mit Zustimmung des Reichs- rats am 10. November 1921 dem Reichstag abgegebenen Er- klärung gegeben hat. |

Das ist die Erklärung, die ih vorhin vorgelesen habe.

Also, meine Damen und Herren, der Reichsfinanzminister steht auf dem Standpunkt, daß ihm nichts anderes übrig bliebe, als schließliÞh Ordnung um diesen Ausdruck z12 gebrauchen in die Sache dadur zu bringen, daß er dîe Gewährung von Zus- shüssen seitens des Reiches von diesen von mir eben mitgeteilten Bedingungen abhängig mat.

Meine Damen und Herren, ih möchte abex auh darauf hins- weisen: ih gönne den Gemeindebeamten, wie ih das vorhin hon gesagt habe, genau wie jedem Staatsbeamten dasjenige, was ihm auf Grund seiner Tätigkeit, auf Grund der teuren Lebensverhält- nisse zukommt. Aber ih habe als preußischer Staats- und Finanz- minister auch darauf zu sehen, daß die berehtigten Jnteressen derx staatlichen Beamten bei diesem naturnotwendig gegebenen Ver- gleih mit den Gemeindebeamten nicht zu kurz kommen. (Sehr rihtig!) Jh habe mir zu sagen, daß es für die siaatlihe Beamten- schaft und für den Staat geradezu unerträglich ist, wenn weiteste Kreise der staatlichen Beamtenschaft das Gefühl Haben, daß sie Diener der Oeffentlichkeit zweiten Ranges sind, die \chlechter ge- stellt sind als weite Kreise von Gemeindebeamten, die wahrschein- lih ganz ähnliche oder dieselben Dienste der Allgemeinheit leisten. (Sehr richtig!) Jch meine, daß dieser gemeinsame Gesichi3punkt, daß staatlihe und Gemeindebcamte allesamt dazu da sind, um dem öffentlichen Wohl zu dienen, unbeschadet dex vorhin von mir vors genommenen Ausnahme besonderer Persönlichkeiten, dazu führen sollte, daß wir eine gewisse Gleihmäßigkeit keine ganz formale, aber eine shematische —- über gewisse Grundsäße erzielen könnten. Denn sonst besteht für den Staat die außerordentliche Gefahr, daß die tüchtigsten Leute beim Staat nicht mehr bleiben, daß sie nur unzufrieden und verärgert ihre Pflicht tun, und ih halte bei aller Sparsamkeit, die ich als preußischer Finanzminister pfliGtmäßig zu wahren habe, mich doch auch als Staatsminister für verpflichtet, dafür zu sorgen, daß die preußische Beamtenschaft niht in ihren großen und mittleren Schichten verärgert wird, daß sie nur wider- willig ihre Pflicht tut. Jchch habe im Jnteresse der Gerechtigkeit darauf zu sehen, daß Licht und Schatten gleih verteilt und die Beamten mit gleihem Maß gemessen werden.

Von diesem Gesichtspunkt aus halte ih es, ohne damit meiner Meinung nach zu weit in die Selbständigkeit dex Gemeinden einzit- greifen, für durhaus rihtig, wenn die finanzielle Seite in der Weise von uns und jeyt auch vom Retchsfinanzminister betont wird, wie sie betont worden ist. Fch weiß, daß ih damit gegen: über den Gemeinden bis zu einem gewissen Grade einen {weren Stand habe; aber auf der anderen Seite weiß ih auch, daß eine ganze Reihe niht nur staatlicher Beamter, sondern auch von Ge- meindeangehörigen die Richtigkeit dieser Stellung, die der Reich3- finanzminister eingenommen hat und die ih teile, ohne weiteres anerkennen wird.

Außer dieser Besoldungsfrage, die gang außerordentlich în die Mehrkosten, in die Gestaltung des Haushalts eingegriffen hat, sind es natürlich die Erhöhungen der Bezüge der Ruhegehalts- empfänger, der Wartegeldempfänger und Hinterbliebenen und vor allen Dingen die neue Ortsklasseneinteilung, die zu wesentlichen Erhöhungen geführt haben.

Jch darf noch auf einige wichtige Mehrausgaben hinweisen, die Sie im neuen Haushalt finden. Da3 Ministerium des Fnnern beanspruht im ganzen eine Mehrau8gabe von 568 Millionen. Darunter besinden si 220 Millionen für die SHhuppolizel. Das Finanzministerium beansprucht einen Mehrbedarf von 300 Mil- lionen, die im wesentlihen beansprucht werden dur dis Mehrx- ausgabe für die neue Ortsklasseneinteilung, Erhöhung der Rubheos gehälter, Verstärkung der ordentlichen Fonds bei den Regierungen. Das Ministerium für Kunst und Wissenschaft beansprucht einen Mehrbedarf von 250 Millionen. Beim Ministerium für Volts-

wohfahrt wird ein Mehrbedarf vou 196 Millionen entstehen. Der Mehrbedarf des Zustizministeriums beträgt 180 Millionen. Beim Ministecium füx Handel und Gewerbe wird ein Wohrbedarf von 89 Millionen, beim Ministerium für Landwirtschaft von 81 Mil- lionen gefordert. Bet der allgemeinen Finanzverwaltung wird ein Mehrbedarf gefordert von 845 Millionen Darin lieten aber die 664 Millionen Mehrbetrag zur Deckung des Fehlbetrages vom Jahre 1920, die dem staatlichen Vermögen wieder zuzuführen sind.

Eine Reihe von Abgeordneten wird es interessieren, daß in der allgemeinen Finanzverwaltung derx Mehrbedarf auch dadur hervorgrufen wird, daß ein Betrag von 165 Millionen Mark als Zushuß zu dem Fonds für die Provingzgial- dotationen gefordert wird.

Gegenüber diesem außerordentlichen Steigen der Beblirfnisse der cinzelnen Verwaltungen im Staatshaushali ift es für das Staatäministerinm selbstverständlich, daß es si die Frage vor- legt, wie diesen Höheren Ausgaben dur eine Steigerung der staatlihen Einnahmen Rechnung getragen werden kann. Sie alle, meine Damen und Herren, wissen —— wix Haben uns in diesem Hause ja hon oft darüber unterhalten —, daß na Ein- führ1ng der Reichssteuerhoheit durch die Reichsverfassung für die Länder die Möglichkeiten schr gering geworden finhb, sich neue Einnahmen au schaffen. Nach dem Landesftevergesez sind den Ländern im wesentlichen nux die sogenannten Ertragssteuern, die Grundsteuer und die Gebäudefteuer verblieben. Bei einex der wesentlichsten Reichsfteuern, der Reichscinkommensteuer, ist vor= läufig, wie Sie wissen, das Verhältnis zwischen Reich, Ländern und Gemeinden so geteilt, daß das Reih ein Drittel, Länder und Gemeinden die übrigen zwei Drittel erhalten; Länder und Ges meinden teilen \sich ihrerseits diese zwei Drittel zu gleichen Teilen, iy baß also jeßt das Reich ein Drittel, die Länder ein Drittel und die Gemeinden ein Drittel erhalten. Auf diese Weise sind wir zu Kostgängern des Reiches geworden (Schr wahr! reckchts), und es ist sowohl für die Länder wie für die Gemeinden außer» ordentlih schwierig, eine Verwaltung zu führen, wenn faum die Mittel vorhanden sind, um die notwendigen Kosten zu bestreiten. Das Reich ift in der angenehmen Lage, fi durch seine Steuer- hoheit, wenn ouch nit leit, Einnahmen zu verschaffen. Wenn wir jeßt allerdings sehen, 31 welchen Schwierigkeiten das BVe- streben führt, dem Reiche neue Einnahmen zu keschaffen, so liegt. das ja an gewissen politischen Gegensäßen und Schwierigkeiten; aber rechili und tatsählih ift das Neich derjenige Faktor, dezr die Steuerhoheit au8s{chließlich au83sGchöpfen kann.

Es fragt sich, ob bei diesem Zustande den Jnieressen der Länder und der Gemeinden genügend Rechnung getragen wird. Wenn ih nicht irre, Habe ich son als Abgeordneter in meinen Ausführungen kei dem Haushalt der allgemeinen Finanzver- waltung im vorigen Jahre darauf hingewiesen, daß vom EStand=- punkt der Länder und der Gemeinden aus dieser Zustand selbsts berständlich als etwas ihre staatliche und gemeindliche Tätigs feit unter allen Umständen schwer Beeinträchtigendes und Hemmendes empfunden wird, und ih bin überzeugt, daß die Vestrebungen, die Länder so zu stellen, daß sie den ihnen ofliegenden staatlichen Aufgaben finanziell auch gerecht werden fönnecn, innerhalb der Länder niemals aufhören werden, ganz gleichgültig, welhe Regierung an der Spiße der Länder steht. (Sehr rihtig! rechts.) Denn i glaube, mich eins zu wissen mit den Mitgliedern des Staatsministeriums, wenn sie auch sonst auf verschiedenem politischen Boden stehen, in der Auffassung, daß das in der Tat keine politische Frage ist, sondern eine Frage der wirtschaftlichen und politischen Existenz der einzelnen Länder und Gemeinden. Jh glaube, daß auch das Reich sich dem Gedanken nicht berschließt, daß es si schließlicho doch zu weiteren Zugeständnissen wird entschließen müssen, um die Existenz der Länder und die Existenz der Gemeinden au ermöglichen. Ob aller- dings diese weiteren Zugeständnisse in dem jeßigen Augenblick öu erreichen sein werden, das ift naturgemäß aus außerpolitischen Gründen mehr als zweifelhaft; ih möchte es verneinen. FJch glaube nit, daß das Reich selbst beim besten Willen zurzeit auf Einnahmen, die in seinem eigenen Haushalt stehen, zugunsten der Länder oder der Gemeinden verzihten könnte, weil es damit in diesem Augenblick natürlich den Eindruck erwedcken würde, nicht die Politik der Sparsamkeit zu treiben, auf die seltstverständlich zurzeit unsere früheren Feinde das allergrößte Gewicht legen; und i glaube, daß, wenn jeßt das Reich einen solhen Versuch machen würde, die Entente diesem Versuche einen sehr energischen Widerstand enigegensezen würde. Deshalb bin ih mir der Schwierigkeiten nach dieser Richtung bei den augen- blidlichen politishen Verhältnissen völlig bewußt. Jch sage mir aber troßdem: wir können und dürfen dieses Ziel nicht aus dem Auge verlieren, weil es für eine kraftivolle ftaat!ihe und gemeind- liche Verwaltung, nah meiner Auffassung wenigstens, ein Ding der Unmöglichkeit ist. Jch würde es sehr begrüßen, wenn es möglich wäre, den Gemeinden und auch den Ländern vom Reiche aus einen gewissen beweglichen Faftor zu überweisen, der ihnen gestattete, innerhalb ihres Bedürfnisses gewisse steuerliche Ein- nahmen mehr oder minder hoch zu temessen. JIch würde das namentlich deshalb in den Gemeinden freudig begrüßen, weil ich in diesem beweglichen Faktor ein sehr erziehlihes Moment sehe. Wenn der, der Ausgaben bewi*igt, gleichzeitig von scinen Wählern dafür verantwortlich gemacht wird, daß diese Ausgaben not- wendigerweise auch eine Steigerung der Einnahmen, der Steuern zur Folge haben müffen, dann wird er in seinem Bewilligungs= eifer schr viel vorsitiger sein (sehr wahr! rets), als wenn ex die Bewilligung lediglich aus\priht auf Kosten einer Summe, die andere Leute ihm überweisen, die andere Leute bezahlen und der gegenüber der Bürger in der Gemeinde irgend etwas an seinem eigenen Leibe niht erfährt. Das würde fich, glaukte ich, in der Praxis schr gut bewähren; wir haben es ja früher au - gehabt. Deshalb würde es, glaube ih, auch von diesem erziche lichen Standpunkt aus durchaus erfreulich sein, wenn wir einen solhen beweglichen Faktor in unsere Länder-, besonders in unsere Gemeindesteuergesebgebung Hineinbringen könnten. Aber ih gebe zu, daß e8 augenblicklich sehr schwierig ist. s

Der zweite Punkt, der für uns in Frage kommt, und der mir nun eas aussichtsvoller zu sein scheint als der, von dem ih eben gesprochen haba, ist die Gestaltung der staatlihen Be- triebôverwaltungen. Wenn Sie sich die staatlihen Be- trieböberwaliungen imm neuen Haushalt ensehen, so werden Sie, genau so wie ich, als ih es zum ersien Male sah, einen gelinden