1922 / 23 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 27 Jan 1922 18:00:01 GMT) scan diff

wird der Bedarf der Landwirtschaft an Düngemitteln für die Frühjahrsbestellung zweifellos voll gedeck#t werden. Der Lager- besiand au Stickstojî des großen Werkes Leuna, der im. Dezember noi rund 100.000 Tonneu betragen hat, ist bereits am 23. Januar auf rund 27 000 Tonnen gesunken.

160. Sizung vom 2. Januar 1922, Abends 6 Uhr. (Vericbi des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger*®).) Das Haus ist fast vollzählig besezt, die Tribünen sind bis

auf den leßten Plaß gefüllt. Neben dem Reichskanzler und den Neichsministern sind auch zahlreiche Vertreter der einzelnen

Länder anwesend.

Präsident Loebe eröffnet die Sißzung kurz nah 6!/, Uhr.

_ Von dem dritten Nachtragsetat für 1921 stehen noch zwei

Titel aus, über die der Reichsrat anders beschlossen hatte, als der Neichstag, und über die deshalb nochmals abgestimmt werden muß. Mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit werden die Beschlüsse des Reichstans aufredterhalten, wonach zur Förderung des Nachrichtenwesens im Jnland weitere 6 Millionen Mark (Reichsrat: nux 4 Millionen Mark) und für Uebergangsmaßnahmen zur Umwandlung geeigneter ehemaliger militärischer Bildungsanstalten in bürger- liche Reichsbildungsanstalien 100 000 .4, die der Reichsrat ganz abgelehnt hatte, bewilligt.

Darauf nimmt das Wori zu einer Erklärung der NReicharegierung der

Reichskanzler Dr. Witrth: Herren! Als die Reichsregierung in ihrer jeßigen Zu- fammensezZung am 2W. Oktober mii einer programs- matischen Erklärung vor den Reichstag trat, vertrat ih im Namen des Kabinetts die Meinung, daß die innere und auswärtige Politik, die wix seit dem Mai 1921 eingeschlagen hatten, in ihren Grund- linien auc in der neuen Lage fortgeführt werden müsse, welche durch die ungünstige Entscheidung des Obersten Rates über Ober- [schlesien geschaffen worden war. Diese Politik ist, wenn ick; sie auf kurze Formeln hringen darf, im Jnnern Erhaltung und Wiederaufban des Reiches, Ueberwindung der wirtschaftlichen, sozialen und moralischen Kriegsshäden durch innere Konsoli- dierung der Nation, in der auswärtigen Politik aber: Mitarbeit Deutschlands an der Herstellung eines wahren Friedens in der Welt und als Mittel hierzu die Bereitwilligkeit, die Lasten Deutschz lands aus dem Frieden3vertrag und seinen Annexen bis zur Grenze der Leistungsmöglichkeit zu erfüllen, in der Ueberlegung und Ueberzeugung, daß nur durh praktische Leistungen die Leistungs- grenze wirktlih festgestellt werden kann und daß, nur dîe weltwirt- shaftlihen Folgen der deutschen Leistungen die Welt über die wixkliche Natur der deutshen Neparationsverpflihtungen aufklären fonnen. Denn im Mittelpunkt aller Probleme und alle anderen übersŸattend steht die Reyaration, die eine Frage fowohl der äußeren wie der inneren Politik ist, wie es überhaupt ein charak- teristishes Merkmal der deutschen Gegenwartspolitik ist, daß innere und äußere Gesichtspunkte ineinander überfließen, niht von einander getxennt werden können, ein Umstand, der die höchste Konzentration aller Regierungsackeit erfordert, und eine Sachlage, die, wie ich dankbar und anerkennend hervorheben will, îin zu- nehmendem Maße im gesamten deutschen Volke und bet alken Parteien Verständnis zu finden beginnt. Gerade dieser Kardinal- frage der Reyaration nun, meine Damen und Herren, hat in den lezten Wochen die hauptsächlihste Arbeit und Sorgfalt der Regie= ung gegolten. Sie kennen alle —-- und zum Teil ist der Reichstag

Meine Damen und

in den dazu berufenen Ausschüssen besonders und vertraulich |

darüber unterrihtet worden die Entiwiklung, welche die Repya- xationsfrage in der leßten Zeit genommen hat. Fcch darf nux kurz rekapitulieren: Entsprechend ihrem Programm dex Leistungen richtete die Regierung im Dezember, nachdem sie festgestellt hatte, daß die am 15. Januar und 15. Februar fälligen Barkeistungen an Reparationsverpflichtungen aus laufenden Mitteln niht bezahlt werden können, an die Bank - von England das Er- suchen, Deutschland die Zahlungen durch eine langfristige Anleihe von eiwa 500 Millionen Goldmark oder durch ent- sprechende fkurzfristige Bankkredite zu ermöglichen. Dieses Gesuch is von der Bank von England mit der Begründung abgelehnt worden, daß unter den Bedingungen, die zurzeit die Zahlungsverpflihtungen Deutschlands beherrschen, ein Kredit in England nicht echältlih sei. Damit war zum ersten Male von autoritativer Seite aus den Reihen unserer ehemaligen Gegner festgestellt worden, daß die Lasten, die Deutschland auferlegt

wurden, seine Kreditwürdigkeit vernihten, solange diese Zahlungs-

verpflihtungen eine Aenderung nicht erfahren haben. Die Folge- xung, welche unter den gegebenen Verhältnissen die deutsche Res gierung aus dieser Sachlage ziehen konnte, war das Jhnen be- lannte Gesu an die Reparationskommission um Stundung der

im Januax und Februar fälligen Barzahlungen. Dieses Gesuch ist |

von der Reparationskommission in Cannes dahin beantwortet worden, daß die Zahlungen unter einer gewissen provisorischen Regelung gestundet wurden und daß die endgültige Beschlußfassung übex eine Aenderung des Zahlungs3planes für das Jahr 1922 auf Grund eines von der deutschen Regierung innerhalb vierzehn Tagen vorzulegenden Reformprogramms erfolgen soll Dieses Programm wird morgen in Gestalt einer kurzen Denkschrift mit erläuternden Anlagen der Reparationskommission übecgeben werden. Dieser äußere Rahmen, in dem ih Fhnen den Gang der Reparationsverhandlungen der leßten Zeit slizziert habe, enthält jedoch, so bedeutsam er ist, nicht das Wesentliche der gesamten Be=« wegung, in die, wie wir glauben, die Reparationsfrage und das mit ihr innig zusammenhängende Problem der Weliwirtschaft geraten ist. Sie wissen, daß dieje offiziellen Schriite der deutshen Regie- rung begleitet waren von aujklärenden Besprehungen, die von privater deutsher Seite, wenn auch unter Wissen der deutschen Regierung, zuerst in London und dann in Paris geführt wurden. Herr Dr. Rathenau hat sih in dankenswerter Weise und mit Ein- sekung seines ganzen Wissens und Könnens der Aufgabe unter- zogen, die deutshe Regierung ihrem großen Ziele näher zu führen, endlich mit den ehemaligen Gegnern in eine nähere Berührung zu fommen und die vielen Mißverständnisse und unzukänglihen Auf- sässungen über unsere Lage zu beseitigen, die immer wieder eime vernünftige und mögliche Regelung unserer Beziehungen zum Ausklande ershwerten. Jch möchte auG diese Gelegenheit be- nuyen, um Herrn Dr. Rathenau vor der deutschen Volksver-

7) Mit Ausnahme der durch Sperrdruck hervorgehobenen Reden der Horren Minister, die im Wortlaute wiedergegeben sind.

tretung zu danken für die Auföpférung, mit der er sh diesem Dienste am Volke unterzogen "hat.

Wir können mitten im Fluß der Reparationsfrage nicht von einem abschließenden und fiheren Ergebnis unserer Bemühungen fprechen, aber das eine föônnen wir sagen, däß es uns in Cannes zum exstenmal gelungen ist, in freier Weiss und anders als in einem Verhör die wahre Lage Deutschlands vor einer Konferenz auseînanderzusezen, auf welche die Augen der ganzen Welt gé- riltet waren. Diese Kon\erenz hat auch Veranlassung genommen, Deutschland zu einer nächsten Konferenz als Teilnehuter einzukaden, auf der die Lage der gesamten Weltwirtshaft und die Probleme der Erneuerung friedlicher, internationaler Wirtshastsbeziehungen, inSbesondere die Frage der Errettung Rußlands und Mitteleuropas aus ibrer wirtschaftlichen Jsolierung, beraten werden sollen. Wenn ih von der Konferenz in Genua sprehe, die Anfang März statt= finden joll, so hoffen wir, daß durch die Vertiefung weltwirtscha|t= licher Probleme und Zusammenhänge auch die Frage der Repara- tionen immer mehr in ihrex wahren Bedeutung erkannt wird, und daß dadurch auch die vor uns loyal und aufrichtig exstrebte ver- nünftige und mögliche Lösung der Reparationsfrage gefördert merden möge, nit allein zu unserem Nuhen, sondern auH zum Vorteile der Linder, die aus der Reparation berechtigt sind. Wir werden nach Genua gehen und kommen nicht mit dem Dolch im Gewande und mit hinterlistiger Absicht,, sondern mit offenem Visier und mit der Devise, die auch die des Konferenzprogramms ist: Verständi« gung aller Nationen, der armen und der reichen, der Sieger und der Besiegten zu dem gemeinsamen Ziel der Wiederherstellung der internationalen wirtschaftlichen Beziehungen. Nux in diesem Sinne habe ih gesprochen, als ich kürzlih auf der Tagung der Zentrum8a partei davon sprach, daß wir mit der Kon'erenz von Genua einen Erfolg erzielt hätten, Worte, die der franzöfische Ministerpräsident in der Kammer irrtümlich fo ausgelegt hat, als ob ih die Konfe= renz von Genua als ein Mittel aufgefaßt habe, um dort in erster Linie das Reparationsproblem aufzurollen.

Jch möchte im Anschluß an diese Worte, von denen ich wünsche, daß fie in Frankreich so aufcihtig aufgenommen werden, wie fie gemeint sind, noch einiges sagen über das, was wir in der lehten Zeit aus unserem westlichen Nachbarkande gehört haben.

Der französische Kabinettswechsel, der Herrn Voincaré an die Spive der Regierung führte, ist in Deutschland, aber nicht nur îèn Deutschland, fondern fast in der ganzen Welt als ein Symptom dafür ansehen worden, daß der Wiederherstellung eines dauerhaften politishen und wirtschaftlihen Friedens in Eurova noch Rük- {läge drohen könnten. Es steht mir als dem Chef der deutshen Regierung nicht zu, derartige Prognosen aufzustellen, sondern ih bin der Meinung, daß die deutsche Politik jeder französishen Re- gterung gegenüber, ob fîc von Herrn Briand oder von Herrn Poin=« caré geführt wird, dieselbe Haltung einzunehmen hat: nämli die aus dem ehrlichen Friedenswillen einerseits und dex nühternen rund flaren Erkenntnis realer poliîitisGer Machtverhältnisse arderer- seits fi ergebende Bereitwilligkeit, den Jnuteressen Frankreichs feweit Befriedigung zu verschaffen, als dies nux irgend in unserar Macht kiegt. Aber die Beurieilung unseres guten und aufrichtigen Willens und des Maßes, in dem er [ih betätigen kann, ist natürli cbhängîig von den Anschauungen und der Sinnesaxi der aus3s [ändishen Politiker und Staatsmänner, mit denen wir uns au3- einanderzusezex haben. Des3wegen kann ih es nicht unterkassen, mich mit den Ausführungen zu beschäftigen, die der französische Minmisterpräsident nah Uebernahme der Regierung vor der franu- zösischen Kammer gemacht hat, und in denen wir ein Progreomm seiner politisGen Einstellung zu Deutshland zu exblickden haben.

Jh werde ihm aber auf das Gebiet rückschauender historischer Urteile nicht folgen, weil ih dies für unfruchtbar und für die Lösung aktueller lebenswichtiger Probleme exschwereud halte. Fragen diejer Art sind zwar ich will dies niht vertennen sehr wichtig, und sie werden auch în unserem Volke leidenscaftlih und mit dem starken Rufe nah Gerechtigkeit erörtert; üh bin auch überzeugt, daß diese Gerechtigkeit ihren Lauf nehmen wird, aber ih ftann mir jeßt von öffentlichen Wechselreden der leitenden Staatsmänner über eine kompskizietre historische Entwicklung uichts versprechen în einem Augenblick, în dem es gilt, die Grundlage für eine neue, friedlihe und glückclihe Zukunft Europas zu suchen und zu finden.

Nux insoweit also, als dieses Ziel niht gestôrt werden wird, will ich auf die Ausführungen des Herrn Poincaró eingehen. Er hat zum Eingang seiner ersten Rede îin Senat und Kammer evr=- klärt, Deutschland müsse endlich anfangen, seine Verpflichtungen, die es eingegangen hat, zu erfüllen und die Schäden wieder gut

| zu machen, die es angerichtet habe, damit Frankreich die vielen

Milliarden, die es für diese deutshe Schuld bereits zum voraus verau3gakte, zurüderstattet würden. Wenn durch diese Worte iu Frankreich und in der Welt der Eindruck erweckt werden soll, daß Deutschland noch gar unicht begonnen habe, seine Reparations- verpflichtungen, die ihm der Friedensvertrag auferlegt hat, zu erfüllen, so muß ich dem laut widersprechen, Deutschland hat allein seit Annahme des Londoner Ultimatums an die Ententke- mächte Varkeistungen im Betrage von 1108 Millionen Goldmark, und Sachleistungen im Bertage von 420 Millionen Goldmark ab- geführt. Hierzu treten die im Clearingverfahren seit dem Friedens- {luß abgeführten Beträge von 500 Mill. Goldmark, Abex schon in der Zeit vom AbschGluß des Wasffenstillsiaudes his zur Annahme des Londoner Ultimatums hatte Deutschland bereits Leistungen ge- tätigt, die man nit einfach unberüdsihtigt lassen darf, wie dies Hexr Poincars getan hat. Jh nenne nur die Ablieferung der Handelsflotte, der Lokomotiven und Eisenbahnwagen, der See- fabel u. a. m.

Wenn also Herr Poincars erklärt, Deutschland habe nis ge- leistet, fo ist das niht richtig. Er fist aber weitergegangen, indem er jagte, Deutschland habe auch uihts leisten wollen, fondern es habe absihtlich eine Politik verfolgt, die zu seiner eigenen Be- reicherung und zur Schädigung der französischen Finanzen und der französisheæx Juteressen geführt habe. Wir begegnen in der Rede des Herrn Poincaré gegenüber der deutschen Finanz- gebarung und der deutschen Wirtschaftsführung allen den Vors würsen, die auf einer völlig unzutreffenden Auffassung der ökonomischen Grundlage der deutschen Entwicklung în der leßten Zeit beruhen und die wir seit Wochen und Monaten durch ernste und wahrhaftige Aufklärung zu zerstreuen bemüht sind, überall dort, wo sie uns im Ausland in den Weg treten bei unserem Be- streben, Verständnis für unsere wahre Lage und für das wirkliche

Wesen der Aufgaben zu exwecken, die Europa bevorstehen. Wenn wir bei diesem Werke der Rechtfertigung und Aufklärung in dex leyten Zeit manes erreiht haben, so erwecken die Vorwürfe, die Herr Poincaré érhebt, den Eindruck, als ob wir in Frankreich tauben Ohren gepredigt hätten, aks ob man uns dort nit hôren will. Die Behauptung, Deutshland vermindere systematisch seine Staatseinkünfte, erhebe weniger Steuern als Frankrei und treibe diese Steuern nicht ein, begünstige durch eine künstlide JInflation seine Exportindustrie, suche einen Staatsbankrott herbeizuführen, furz, alle jene Anschuldigungen, die uns seit Monaten in dex gegnerisGen Presse begegnen und die aus einer oberflählihen Beobachtung der deutschen Zustände und aus einer

ungenügenden volk3wirtschaftlihen Erkenntuis fließen, die aber

der nicht teilen kann, der die deutschen Verhältnisse ay Ort und Stelle gewissenhaft und unvoreingenommen studierte kehren in der Rede des französishen Ministerpräsidenten wieder. Wir sehen voraus, daß in derx Aufklärung über die wirtschaftlichen Verhältnisse Deutshlands und über die Zusammenhänge dey Reparation, der Jusflationsersheinung, der deutshanm Export. entwidung und der Lage der WeliwirtschGaft überhaupt, noh eine Lücke klafft, die wir zu s{hließen bemüht sein werden. Jy habe schon bemerkt, daß in den Mitieilunget der Repargtionz:- fommission, dîe un3 in Canne3 über das Stundung2gesuh der Zahlungen vom 15. Januar und 15. Februar gemacht worden sind, un3 aufgegeben wurde, unsere finanziellen und wirt\{Gaft- lichen Verhältnisse fowie den Stand unseres Etats genau darzu- legen. Dîes werden wix tun und dabei Gelegenheit finden, den beharrlihen Frrtümern entgegenzutreten, denen wir it der Rede des Herrn Poîncars wîeder begegnen mußten, obwohl wir kten annehmen dürfen, daß sie {hon durch unsere bisherigen Dar: legungen wentigstens erschüttert worden seien. Vieles wird davon abhängen, wie diese unsere Darlegungen wirken werden, mehr noch aber davon, ob die französischGe Regierung überhaupt bercit ist, sie auf sich wirken zu lassen. (Sehr lebhaftes: Sehr richtig!)

Jn dieser Hinsicht könnte die Versicherung des Herrn Poincaré verhcißend sein, daß si Frankreich nicht vom Geiste der Rachsucht und des Hasscs und auch nicht von Eingebungen des Egoismus feiten lassen werde. So gern ih geneigt wäre, dies àu glauben, fo {wer wird es fein, in Deutshland für einen jelen Optimismus werbend aufzutreten, wenn man die Stellung în Vetracht zieht, die der französische Ministerpräsident u. a, in der Frage der sogenannten Kriegsbeschuldigien einnimmt.

Die vom Obersten Rat eingeseßte Kommission hat den in der Tagesprejje verbreiteten Beschluß gefaßt, dem derx französische Ministerpräsident in der Kammer ausdrüclich beigetreten ist, den Beschluß, daß die Ueberlassung weiterer Fälle zux Akurteilung dur das Reichsgericht zu keinem zweckmäßigen Resultat führen könne und die deutsche Regierung deshalb aufgefordert werden müsse, die Angeklagten den alliierten Mächten zur. Aburteilung auszuliefern. (Pfuirufe rechts.)

Soweit în dem Beschluß dem Neichsgericht dear Vorwurf der Parteilichkeit gemacht wird, muß er mit aller Schärfe zurüd: gewiesen werden. Das von den Alliterten zusammengetragent Velastungsmateriak ist in den verschiedenen Hauptverhandlungen ohne jede Einschcänkung verwertet worden. Daß die Beweisauf: nahme selbst und die sonstige Führung der Hauptverhandlung i vollster Unparteilichkeit erfolgt ist, ist nicht nux von Angehörige neutraler Staaten, die den Verhandlungen beigewohnt haben, hervorgehoben, jondezn auch von Mitgliedern der englischen Delegation, die beè den Verhandlungen der englishen Fälle immxr zugegen war, bei den verschiedensten Gelegenheiten ausdrüdli) als über jeden Zweifel fehend, betont worden. (Hört, hört!)

Gleihwoßl scheinen die einzelnen Mitglieder dexr Kommissot das Recht für sich in Anspruch genommen zu haben, auck in den Sachen, denen sîe nicht keigewohni Haben, dem Gericht den Vor- wurf der Parteilichkeit zu machen. Jch darf der Hoffnung Aus- druck geben, daß der Oberste Rat das Gutachten der Kommission nicht als genügende Grundlage ansehen wird, um darauf da Verlangen nah Auslieferung Deutscher zu wicderholen. Wie die deutsche Regierung scinerzeit nach Empfang der Anuskieferung?- liste der physischen Unmöglichkeit gegenüberstand, die verlangte Auslieferung auszuführen, so wird aud heute im vierten Jahre nah Beendigung des Krieges keine deutshe Regierung sich halien können, die den BVersuch machen wollte, die Auslieferung zwangs- weise durchzuführen. (Lebhafter Veifalk bei der Mehrheit, Zuruf des Abg. Adolf Hoffmann: Da freuen sih die Verbrecher! Prâfident Loebe erteilt dem Abg. Hoffmann einen Ordnungsruf.)

Jch kann die Befürchtung niht unterdrücten, und dîe Reden des französishen Ministerpräsidenten geben genug Anhaltspunlte dafür, daß die französische Regierung diese Frage der sogenannte! Kriegsbeschnldigten und noch andere Fragen, so die der angeblit) noch nit durchgeführten Entwaffnungsaktion, dazu benußen will, 2m von neuem das System der Garantien und Sanuktiouen au zuwenden, mit deut man seit Abschluß des Krieges gegen uns vor- gegangen ist, und das in so verhängnisvoller Weise die endgültige und vernünftige Regelung der zwischen Deutschland und Frankrei zu bereinigenden Fragen verhindert hat. Wir werden diesem gänzlih negativen und unfruchtbaren Programm der französischen Regierung, wenn es ein solches sein sollte, cin positives Program entgegensezen, von dem ih hoffe, daß cs die öffentliche Meinung auch in Frankreich langsam aufklären wird.

Da3 Wichtigste in diesem Programm ist ein baldiger voll- ständiger Wiederaufbau der zerstörten Gebiete Nordfrankreihs und Belgiens. Jch stelle fest, daß schon mein Hexr Amtsvorgänger !! der am 23. April v. J. der französishen Regierung übergeben! Note \i{ auf das bestimmteste bereit erflärt hai, am Wiederaufba! mit allen verfügbaren Mitteln und Kräften mitzuwirken und bet der Durchführung im einzelnen jeden Wunsch derx beteiligten Mächte, soweit irgend möglich, zu berüdsihtigen. Jn Verfolg dieser Erklärung ist dann nach langwierigen und von beiden Seiten mit großer Hingebung geführten Verhandlungen gwische! den Ministern Rathenau und Loucheur das sogenannte ur badener Abkommen vom 6. Oktober 1921 zustandegekomnten, des vor allem dazu bestimmt war, deu französishen Wunsch, 9e Wiederaufbaulieferungen troß der ungünstigen Lage der E hen Staatsfinanzen während der allernälhsten Fahre dur zu können, zu berücksihtigen. Meines Erachtens wird es vor C Z Dingen Aufgabe der künftigen Reparationsverhandlungen h auf die eine oder andere. Weise es Fraukreih zu ormöglichen, fe it zerstörten Gebiete aufzubauen. Deutschland ift jedenfalls "Mit unbekümmert um die in dieser Frage bisher entstandenen

A

pertänduisse und BVerstimmungen, das seinige dazu beizutragen, uud es fann sich auch für das Jahr 1922 eine befriedigende Regelung der Reparationsfrage nicht denken, ohne daß die Frage des Wiederaufbaue3 Nordfrankreichs dabei in den Vordergrund geuückt ist.

Wenn wir in der Wiederaufbaufrage und in den anderen gragen bereit sind, den französishen Funteressen Genugtuung zu geben, fo tun wir dies in der Erwaxtung, daß damit Deutschland die Besürc)tungen genommen werden, die es bisher in bezug zuf seine staatliche Freiheit und die Unverschrtheit sciner Grenzen von der französischen Politik befürchten mußte.

Nachdem ih bi3hex das Zentralproblem der Reparation nach seiner außenpolitishen Bedeutung behandelt hate, wende ich mich furg zut seiner innerpolitischen Seite. Jn dem Prozeß der Auf= flärung Über die wahre innere Lage Deutschlands, den wir ein- geleitet haben, ist auf der Gegenseite in erster Linie die Auffassung pertreten worden, daß wir nicht genügend getan hätten, um die Lage unseres Staatsbudgets în Ordnung zu bringen, und daß wir daduxc micht nux die Reparation ershwerten, sondern auch die Yorausfeyung einer endgültigen Regelung der Reparationsfragen, den Kredit des Reiches und die Stabilisierung des Markkurses hinianhiclten. Wieweiti die allgemeinen Verhältnisse der Nach- friegszeit es verhinderten, Ordnung in den deutshen Staat3haus- halt zu bringen, will ih hier nit erörtern. Aber ih stelle fest, daß in diesem Punkte die Forderungen der Ulliiecrten nah Ab- stellung dieses Mangels und das Junteresse Deutschlands selbst absolut identisch sind. Die Regierung hat sich deshalb bemüht, einerseits durch neue Steuern die Einkünfte des Reiches zu ver= mehren, andererseits die Au3gaben zu verringern und die haupt= sählichsten schwersten Defizite des Etats zu beseitigen.

Die neuen Steuern, wie sie nun zustande kommen sollen, darf ih folgendermaßen skizzieren: Das Gesamtaufkommen unserex Steuern überhaupt nah) Annahme der vierzehn Steuergesete, die jest zur Verabschiedung kommen sollen, wird auf rund hundert Nilliarden Mark geshäßt. Gegenüber den im Haushalt für 1921 eingestellten rund 55 Milliarden Mark bedeutet dies fast eine Ver- doppelung. Um dieses Ziel zu erreichen, war cin Kompromiß not- wendig, das heute zustande gekommen ist (Lachen auf der äußersten Linken); an diesem Kompromiß haben sich die Parteien von der Mehrheiissozialdemokratie bis zur Deutscheu Volkspartei beteiligt. (Lebhafter Beifall bei der Mekrheit; hört! hört! auf der äußersten Linken.) Die genannten Parteien haben sich im wesentlichen auf die Regierungsvorlagen geeinigt, jedo mit folgenden Aenderungen:

1. Bei der Vermögenssteuer und der Vermögenszuwachssteuer ind die von der Regierung vorgeschlagenen mittleren Tarife vorzusehen; der Zuschlag zur Vermögen3steuer soll 200 vH betragen. Dazu foll dur Geseh eine Zwangsanleihe in Höhe des Gegenwertes von einex Milliarde Goldmark aufs gelegt werden, die in den ersten drei Fahren unverzinskich bleiben soll. Daduxr® sollen die Mittel füx die Kredite flüssig gemadit werben, die dur das Reich8haushaltägeschß des Nechnungsjahres 1922 bereitgestellt und nicht für die Verkeßrsanstalten bestimmt sind,

. Die Nachkrieg8gewinnsteuer soll fallen gelassen werden, de ihre Erhebung den Finanzämtern eine niht im Verhältnis zum Aufkommen stehende Arbeit verursahen (hört! hört! links) und die Flüssigmachung der übrigen Steuern erheb- ih verzögern würde.

3 Bei der Umfabsteuer foll ausnahmsklos3 ein Saß von 2 bH zux Anwendung kommen; die vielfach bestrittene Frage der Umsaysteuer der Genossenschaften soll aus der Diskussion ausscheiden; insoweit soll es bei der Regierungsvorlage sein Bewenden bchalten (hört! hört! links).

4, Die Kohlensteuer soll grundsäßlih 40 vH betragen mit der Möglichkeit der Anpassung an die Wirtschaftslage. (Zuruf link3: Aber niht genug!)

Die Zuckersteuex wird mit Rücksicht auf die starke Vors

belastung des Verbrauhs durch die Umsaß- und Kohlen-

steuer und auf die Bedeutung des Zuckers für die Säuglings- ernährung auf 50 Mark für den Doppelzentner festgeseßt.

, Die Zölle auf Kaffee, Tee und Kakao sollen nah den Vors {chlägen des Reichswirtshaft8rats bemessen werden. i Bei der Biersteuer sollen bezügli der Steuersäße die Bes {hlüsse erster Lesung aufrechterhalten werden, Die Rege- lung der Gemeindebierbesteuerung son dem Landessteucer- gese überlassen bleiben. j

d. Dia Einheit der gesamten Steuervorlagen soll dur ein Mantelgesey gewährleistet werden; in diesem sollen die. Vor- \hriften für dic Zwangsanleihe Aufnahme finden.

Jm Ansluß an dieses große Gesebgebungêwerk (Lachen auf der äußersten Linken) wird bei den sonstigen Steuern geprüft werden müssen, ob und inwieweit sie der Geldwertentwicklung ongus passen sind. Hierbei wird im Juteresse einer möglichst schleunigen Durführung der bestehenden und der zu beschließenden Geseßze insbesondere auf das Bedürfnis der Steuerverwaltung nah mög- lihster Vereinfachung der Gesehgebung weitgehendste Rücksicht zu nehmen sein. “ti

komme zum Schluß, indem îch die Ziele unserer Politik nolmals zusammenfasse und dabei an ein Wort anknüpse, das unlängst der englishe Premierminister gebrauht hat. Er hat darauf hingewiesen, daß die Welt nit gesunden könne, wenn niht daà Vertrauen wiederkehre, das Vertrauen von Volk zu Volk, von Regierung zu Regierung, von Volkswirtschaft zu Volkswirtschaft. Von der Herstellung des fnternationalen Vertrauens hänge die Viederecweckung des Handels ab. Diese Worte wird jedex Politiker, dem es um die Befriedigung der Welt, um die Wiederaufrihtung der Virischaft und um das Wohl der Völker ehrlich pr fün ist, nur Utlersreiden können. Jch nehme dieses Wort vom internationalen

rirauen auf, nit -al3 ein bloßes Wort, sondern als ein großes holitishes Bekenntnis. Jch nehme es auf, indem ih darauf hin weise, daß auch das deutsche Volk, die deutsche Demokratie die For-

tung nah Vertrauen erhebt mit Rücksicht auf das, was es bisher

Wleistet hat. Die Welt will den Fricden, die Völker wollen deu

6 frei haben für neue Aushauarbeit. z Der Kriegsgeist sol! mit dem Kriegsbeil begraben sein. Das it die Hoffnung der Völker. Was bedeutet die Politik der Macht,

d Diftats, der Gewalt und der Drohung? Kann ste den von |

ten Völkern sg sehnlicßft gewünschten Frieden herbeiführen? h lage: Nein! Die Politik der Gewalt hat durch fieben lange Kriegs- Ee geherrscht, die europäisdhe Staatenwekt ist dadurch zum großen

Teil besonders wirtshaftlich in Trümmer gegangen, unermeßlihe

Kulturwerte sind zershlagen. Die Politik des einseitigen MahHt- ;

willens hat au seit dem Waffenstillsiande geherrsht. (Sehr rihtig!) Hat sie die großen Probleme gelöst, die aus dem Kriege erwachsen sind? Hat sie die Wege zum Ausbau*? gewiesen? Die Kräste der Volkswirts4aft sind solidarisch auf das Aufbauproblem hin zu ordnen. Nein, die großen Probleme sind nicht gelöst, sondern in vielen Punkten vershärst; das wirtshaftlihe Elend der Besiegten greift weiter und wird zur wirtschaftlid,en Not erst bei den Siegern, wächst sih aus zu einer großen wirtshaftlihen Welt- krise. Es [iegt darin eine harte wirtshastliche Logik. Die wirt- schaftliche Vernunft kann nicht vergewaltigt werden, ohne daß der feingliedrige Organismus der Weltwirtschaft die größte Schädigung davonträgt. Die Welt muß die Warnung verstehen, die aus der jezigen Arbeitslosigkeit im Zusammenhang mit dem Reparations- problem sich ergift. Die Welt, alle Staatsmänner wissen, daß die Weltwirtschaft unter öfonomisch unertragbaren Zahlungsverpflih- tungen Deutschlands einmal nit besehen kann. (Zustimmung.) Man hat vergessen, daß die Welwirtschaft ein Organismus ist. Wie bei cinem Organismus die Erkrankung und Schwächumg eines Teiles auf die Dauer zur Schwächung des Gesamtorganismus führen muß, so muß auch die Weltwirtshaft geschädigt werden, sobald ein wichtiges Glied derselben geschädigt ist. Unter der Herr- schaft der jeßigen Reparation3forderungen konnte es nit aus bleiben, daß der ganze Welthandel in die größte Verwirrung ge- raten ist. (Sehr rihtig!) Unrichtige Einstellung der Reparations3- oufgaben und Ueberspannung derselben hinsihtlih ihres Ilmfanges müssen unausbleibliß zu großer Not des arbeitenden Volkes in allen Teilen der Welt führen. (Sehr wahr!) Die Politik der Gewalt fann leine Politik des Aufbaues sein, sie wird zu einer Politik der Katastrophe, wie es der Weltkrieg selbst vorgezeigt hat Welcher Weg aber bleibt zur Rettung aus der harten Not der Zeit? (Zuruf links: Sozialismu3! Lachen recht8.) Der Weg kann nur führen durch das Tor eines wahren, dauerhoften Friedens. - Der wirkliche Friede wird nur erzielt werden auf dem Wege der Ver- ständigung, auf dem Wege der wirtshaftlihen Vernunft.

Nun müssen die Männer der Wirtschaft zusammentreten, nah- dem die politishe Atmosphäre fih geklärt und gereinigt hat, sie mssen sih beraten, müssen die wirtshaftlihen Tatbesiände der Welt einmal ruhig durchstudieren unter Zurüdstelung aller nationalen Leidenschaften und in Verfolgung des einen Zieles: zu einem wahrhaften Lufhau und damit Völkerfortschritt zu kommen. Weitestgehende produktive Maßnahmen zur Beseitigung der Er- werbslosigkeit werden ein Hauptziel von Genua sein müssen. An dieser Grundfteinlegung einer produktiven Völkergemeinschaft wird Deutschland nicht mit leeren Händen und niht nur als Bedürftiger und Bittender, sondern als Mitträger auf Erfahrungen beruhender Mittel und als Pionier auf neuem Wege erscheinen lônnen. (Zu- stimmung.) Wir glauben uns mit allen Mächten einig, daß der Wiederaufbau Rußland3, dem auf der Konferenz in Genua bes sonderes Juteresse zugewendet wird, nur im Einvernehmen mit Rußland ausgeführt werden kann. Vorschläge von drittex Seite, gemeinsam mit un3 und im Einvernehmen mit Rußland in dieser Beziehung zu arbeiten, werden wir begrüßen, wir würden fedoch die größten Bedenken haben gegen cine Politik, die Rußland wie eine Kolonie betrachtet und behandelt wissen will. (Lebhafte Zu- stimmung.) Keine Kolonialpolitik, sondern gemeinsame Arbeit auch im Verein mit besiegten Völkern, die neben uns bluten und darben!

«Fn diesen Tagen hat ein Mann scine Augen zur leßten Ruhe geshlossen, dem die Herstellung des Friedens in der Welt nicht nur Aufgabe seines Amtes, sondern höchstes Herzensbedürcfnis und Ausdru seines ganzen Wesens war. Jn diesem hohen Hause ist bercits des Ablebens Seîner Heiligkeit des Papstes Benedikt XV. gedacht worden. Jch beklage cs auch im Namen der Reihs= regierung, daß Deutschland und die ganze Welt îin dem Toten einen großen Völker- und Menschenfreund und den vornehmsten Förderer des Friedens verloren hat. Jch habe mich bei seinen Hinscheiden lebhaft an die Worte erinnert, die er noch während des blutigen Völkerringens als Appell an die Kämpfenden gerichtet hat, als sie sih anschickten, in das vierte Fahr des blutigen Krieges einzutreten. Papst Benedikt XV. richtete damals am 1. August 1917 an die Oberhäupter der kriegsühreuden Völker folgenden Notschrei: „Soll denn die zivilisierte Welt nunmehr ein Leichenfeld sein? Soll Europa, fo ruhmreich und so blühend, wie von einem all- gemeinen Wahnsinn fortgerissen, in den Abgrund rennen und die Hand gegen sih selbst wenden zum Selbstmord? Ju einex solch angstvollen Lage, angesichts einer solch {weren Gefahr erheben wir von neuem den Ruf nach Frieden und erneuern den dringenden Appell an die, in deren Händen die Schicksale dex Nationen liegen.“ Dieser Appell ist damals zum Schaden der Welt nicht gehört worden. Die milde Stimme, die klare Er- kenntnis ist ungehört über den Erdball verhallt. Er ist aber heute noch fast ebenso dringlich wie damals und ih richte ihn deshalb in ebenso dringlißer Weise an alle diejenigen, von denen dex Fricden der Welt abhängt, mit dem Ersuchen: Gebt der Welt den wahren Frieden!

Das große Wort, da3 neulich in Englond aufgenommen worden ist: „Friede auf Erden und den Menschen ein Wohl- gefallen“ (Unruhe links), kann und könnte der ganzen Welt neuen Trost bringen, abex die große Verheißung der Christnacht ist an die Bedingung geknüpft, daß Friede nux denen beschieden ist, die guten Willens sind. (Lebhastes Sehr wahr! bei der Mehrheit, Lachen links.) Er wird von einem festen Willen getragen, von einer starken Autorität, die sih durch eine starke Parlamentsmehr- heit ausprägen, hinter der eine überwältigende Majorität des Volkes stehen soll; dicsen guten Willen haben wir gezeigt. Wir werden ihn dauernd als vorhanden erweisen, im Vertrauen darauf, daß dem guten Willen als dem Besten, was im Menschen s{lummert, die Berechtigung und die gerechte Würdigung in der Welt nicht versagt werden kann. (Stürmischer, sh wiederholender Beifall.)

raf Westar h i ot n V

ma ua, e L nett D ey: A EA t ivu wendungen des Herrn Reichskanzlers aß- und auf das eigentliche Problem yinzulenien. (Unruhe und ma Zwischeurue, Kuse: Unerört! Zahlreide Abaeordnete strömen der Rednertribüne zu. Präsident Löbe bittet die eordneten. ihre Pläße wieder ein- unehmen und den Redner nih unterbrechen.) Durch die Ent- ins der Reparationzlommätiio

und wir haben die Uto U angenommen —, biz morgen a

rantieplan für unser Bu

einen angemessenen Reform- und

d eren La uné Sachleistungen für das Fahr 1922 einzureihe Namen meiner politischen Freunde kaun ih nux dem alleräußersien

n sind wix ausgefordert worden !

apierumlaus sowie einen Plan über Ene Ah \ en. Jm |

y aelrepBen Ausdruck geben darüber, wie man diese Ausgaze - in

diejem Ho en Hause und wie sie vor allem jeßt der Herr Reihs- kanzler hier behandelt hat. (Secr wahr! bei den Deutshnationalen.) Der Plan hinsihtlich unseres Budgets und der Einla unseres Papierumlaufs sind für die Zukunft des deuts: Volke weittragende Dinge. Sie enthalten Verpflichtungen, die na meiner Auffassung vom parlamentarischen System niht einge- gangen werden können ohne Zustimmung des Reid8tages, (eor richtig! bei den Rectsparteien.) Der Plan schcint fertig zu sein und 1st vielleiht {on abgesandt. Der Reihstag hat h urit diesem Plan überhaupt noch nicht beshäftigt, und auch im Aus- wärtigen Ausschuß ist darüber niht geredet worden. (Zuruf das Abg. Gelffert h: Mit keinem Wort, das i 1 abgelehnt worden!) Fh hôre sceben aus einem Zuruf. daß der Auswärtige Aus Huß für morgen einberusen ist. Jh löôre davon jezt zum ersten Male. Das ändert aber an meiner Ansiht niht3, deun morgen ist es zu spät. Wir verlangen, doß das Plenum des Reichstages in die Lage LEnE wird, zu dieser Frage Stellung zu nehmen, wir lassen un dieses Ret nicht nehmen. Eine Prüsung na sachlihen Gesi ht3- punkten ist unter diesen Umständen niht möglih. Der Herr Reichskanzler hat sein O nicht erfüllt uns rel tzeitig Mitteilung zu machen. Zu Plan uber unser Budget gehört das Steuerkompromiß. Dic ganzen Verl-andlungen der 14 tägigen Pause und au die interfraktionellen Vesprehungen haben Fh unter suggestiver Einstellung lediglih auf das Steuerkomprontiß ges- ritet. V gebe zu, daß das Sfteuerlompromiß materiell ein Teil des vorzulegenden Planes it und meiter, daß das Lustandekommen des Kompromisses zu den Voraus ebungen gelbört, unter denen die Regierung Wirth bleiben und den Plan vorlegen konnte. Aber es ist ein auf die Dauer unerträgliLer Zustand und eine Verurteilung des ganzen Systems, unter dem unser Volk seit drei Fahren kleidet. deß man die Frist nur dazu benuven konnte. 1m eine Vorausseßung füx die Einreichung des Programms zu schaffen, daß aber die parlament=- tarischen Instanzen mit dem Programm Ph sh nicht be- N zt haben. Wir geben zu, daß die politische Lage in dex elt jh geändert hat, daß in2besondere das Verhältni: ziwisßen England und Frankrei anders geworden ist. Man wixd lber diese Dinge auf deutsher Seite mit aroßer Zurückhaltung zu sprechen haben. Lloyd George betont în seiner Denkschrift mit Eifer die Notivendigkeit des Weiterbestehens der Entente zwischen England und Frankreih, aber man darf wohl annehmen. daß England kein Jnteresse daran hat, Frankreih auf dem Kontinent stärker werden zu lassen, al3 es jegt ift. Meinungsvrerschiedeneiten besteben zwishen England und Frankreih offenbar hinsidtlih der französischen Politik. Frankreihs Politik ift nah wie vor gertchtet auf die Zertrümmerung Deutschlands, England dagegen begreift, daß der Versailler Vertrag und das Londoner Ultintatum auh für da3 englishe Wirtschaftsleben chwere Schäden im Ge» folge hat. England scheint mehr und mehr bereit zu sein, aus dieser Erkenntnis praktishe Folgerungen zu ziehen. eine be- sondere Freundlichkeit liegt darin aber niŸht, hat doch Lloyd George noch in Cannes erklärt, daß England keinen Anlaß babe, Deutschland zu shonen. Immerhin ist doc die Anwendung diesex Wahrheit etivas anders geworden, wenigstens haben sich Ansäte gezeigt für eine andere Behandlung der deutshen Frage. Lloyd George hat vershiedene Aussprüche getan, aus denen zu ents nehmen ist, ex werde den deutschen Lebensnotwendigkeiten mehx als bisher Rechnung tragen. (Zuruf des Aba. Ledebour: Was sol dieses gestohene Gerede?) J lasse mir von Zhnen, Herr Ledebour, mein Recht, zu reden, nicht nehmen. (Neue Zwischenrufe des Abg. Ledebour: Huruf rechts: Quaish nih, Krause! Unrukbe.) Das deutsche Volk wird schG fragen müssen, ob die Politik des Kabinetts Wirth bisher dazu beigetragen hat. daß es auf Seiten Englands zu Taten gekommen ist, die Lebenênottrendigkeiten Deutschlands anzuerkennen. Wir sind der Meinunza, daß dis Aenderung der politishen Lage durch die Erfüllungspolitik und die Aeußerungen des Herrn Reichskanzkers Wirth und seinex Ministerkollegen nicht gefördert, sondern gehemmt worden ist. (Lachen in der Mitte und links.) Besonder3 der Schritt vou 10. Mai und die übrigen Erklärungen der Regiexung gingen immer von der Vorausseßung aus, daß wix das, wo3 zu erfüllen wir 12ns bereit erklärten, auch wirkli erfüllen können, wenn vir nur wollen. (Zuruf bei den Sozialdemokraten: Wer glaubt Jhneu dettn das?) Was ist für uns în dex Welt erreicht? Reichskanzler Wirth hat die Tätigkeit des Herrn Rathenau rühmend hervorgehoben und davon gesprocen, daß es gelungen sei, den Aberglauben der Gegner zu beseitigen. Fn den levten Aeußerungen Poincarés ist aber deutli genug zum Ausdruck gekommen, daß _Frankreih nach wie vor diesen Glauben festzuhalten sucht, daß Frankreiß noch immer glaubt, daß Deutschland böswilligerweise seinen Etat in Unerdnung bringe, und daß das deutsche Wirtschaftsleben blühe, während der Staat ruîniert |rerde, Fs nun in England ein anderer Glauben eingetreten? Diese Frage ist s{werlich zu bejahen, wenn man fich daran erinnert, daß Lloyd George noch fürzlih erklärt hat, Deutschland solle bezallen, weil es beza“len könne. (Hier erecianct ih ein Zwischenfall. Die Aba. Frau Z î e b erleidet eimen Ohn- macht8anfall und wird von Abgeordneten aus dem Saale getragen.) Als Erfolg, den man mit dex Ersïllungsvolitik in Cannes glaubt erzielt zu haben, wird berichtet, daß unsere Unterhindler, ins- besondere Kerr Rathenau, mehr als früher mit den ausländischen Unterhändklern auf gleichem Fuße haben verkehren und verhandeln können. Fch muß saçen: Ein shreckliheres Symptom für die Lage Deutschlands als die Freude darüber, daß es nit einfach wie ein Verbrecher verhört und abgeurteilt worden ist, kann es überhauyt niht geben. (Sehr wahr! und lebhafte Zustimmung rechts.) Jn sahliher Bezichung ist nux erreiht worden, daß am 16. Fanuarx wegen Ni®b1zahlung der fünf Milliarden Goldmark keine Exekutizu über Deutschland verhängt worden ist. Gewiß, da3 ist ein Erfolg, aber man darf doch auch nicht vergessen, auf dexr Gegenseite zu buchen, daß dre Reparationskommission sih vorbehalten hat, jeden Tag mit vierzehntägiger Frist die gestundeten Beträge erneut füx fällig zu erklären und damit den Weg für eine Exekution über Deutschland freizumachen. Das „Berliner Tageblatt“ spricht iu dieser Beziehung mit Reht von dem Provisorium eines Pro- visorièums. Man hat uns nah Genua eingeladen. Die Haupisache in der Entscheidung ist doch die: Man hat uns cine vierzehntägige Frist gestellt. in dexr wix selber cinen Zahlungsplan und einen Plan über unser Finanzgebaren vorzulegen haben. Auch darin vermag ih mit meinen politischen f reunden einen Erfolg nicht zu sehen. (Beifall und Zustimmung rechts.) Wit sehen în der Notwendigkeit, ein soles Anerbieten zu machen, dessen Erfüllung doch unmöglih sein wird, niht einen Vorteil, sondern eine {were SSNL Deutschlands. (Beifall rets.) Es ist ja heute vielfach üblich, bei allen diesen Dingen in erster Linie an die wirtschaft liche Seite der Sache zu denken. Es scheint mir aber doch notwendig, în diesem Zusammenhang daran zu eriunern, daß die politishe Lage Deutschlands sich in keiner Weise verbessert, sondern im Gegenteil wesentlich verschärft hat. (Sehr wahr! rets.) Der Garantievertrag zwischen Frankreih und England, über den die Verhandlungen schweben, bedeutet nihts meßr und nichts iveniger, als daß gewisse Bestimmungen des Versailler Vers trages erneut mit Sicherungen versehen werden sollen. Dazu fommt, daß die ausländishen Staatêmännex nach wie vor die Lüge von der Schuld Deutschlands am Kriege aussprehen und Deutschland diese Beschuldigung niht nux nit ins Gesicht schleus dern, sondern sie au als Wictibtago der Aehtung und Versklavun Deutschlands benußen. Wir können es niht für rihtig balten, da der Reîchskanzler es nit für nôtig gehalten hat, heute dieser Lüge entgegenzutreten. (Beitall rechts.) Wir sind dex Meinung, daß, wo und wann immer diese Lüge ausgesprochen wird, es SaSe der maßgebenden deutschen Stellen sein muß, dieser Lüge mit aller Deutlichkeit und Entschiedenheit entge ereien (Leboofter Beifall urid Zustimmung rechts.) Der Reichskanzler hat das abge- lehnt, mit dex Be riouna, das sei jeßt, wo nah neuen Grund- lagen für bessere Verhältnisse gesucht werden müsse, niht an der Zait. Die Hexren Poincars und Lloyd Georges bezeihnèn Ja ber gerade das Bekenuntnis der deutshen Shuld als die Grundlage

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