1922 / 24 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 28 Jan 1922 18:00:01 GMT) scan diff

Jch habe den Wuns, daß diefe gerechte Steuergesetzgebung den Arbeitermassen auch den. Beweis dafür erbringt, daß die besißenden Kreise gewillt sind, die Lasten für Staat und Neih—mehr auf ihre Schultern zu nehmen, denn nur dadurch, durch diefen Beweis, ist es mögli, ein Mehr an Leistungen bei den Arbeitern durchzusetzen: (Sehr richtig! bei den Soz.-Dem.) Ih bin der Ueberzeugung, daß, wenn wir die Neparationen innen und außen erfüllen wollen, wir dann an die Arbeiter in der Urproduktion wegen Mehrleistung appellieren müssen. (Abg. Dr. Leidig: Das Steuerkompyromiß ist gestern geshlossen!) Das Steuerkompromiß ist in den Grundzügen gestern geschlossen. Die Einzelheiten, Herr Kollege Dr. Leidig, stehen noch nit fest. Jch hoffe aber, daß es bei ihrer Feststellung gelingen wird, der Steuergeseßgebung den Charakter zu geben, der er- Tennen läßt, daß die besißenden Kreise mehr als bisher gewillt sind, zu den Lasten des Neichs, der Allgemeinheit beizutragen. Ich sage noch einmal : Ohne diesen si{tbaren Bewcis werden wir die Arbeiter der Urproduktion zu höheren Leistungen nit bekommen, die wir meines Erachtens haben müssen, wenn wir die Misere von Heute baldigst beseitigen wollen.

In diesem Zusammenhange abgeben, daß die Staatsregierunz Achtstundentag Fir die Beamten Nücksichtslosigkeit durchzuführen. Wir können den Arbeitern der Urproduktion in feuergefährliden und gesundbeits- gefährlihen Betricben keine Verlängerung der Arbeitszeit zumuten, wenn die Arbeiter sehen müssen, daß die Arbeitszeit der Beamten unter 8 Stunden beträgt. (Zuruf des Abgeordneten Kaß.) Ja, wir sind in Deutschland noch bescheiden, so weit wie die Sowjet- regierung gehen wir nicht, den Zwölfstundenarbeitstag baben wir noch nit dekretiert. (Zuruf des Abgeordneten Katz.) Sie werden von mir nit verlangen, daß ih auf die krausen Ideen der Herren von der Kommunistishen Partei eingehe, weder auf die Zwischen- rufe des Herrn Kaß, noch auf die Ausführungen des fommunistishen Redners von gestern, Herrn Rogg.

Herr Nogg hat mir gestern gesagt, ih hätte keine Veranlassung, mich darüber zu beklagen, daß mir die Kommunisten kein Vertrauen entgegenbrächten. Nein, da hat er recht, ich habe keine Veranlassung, mich darüber zu beklagen, und hätte ih fie, ich würde mi ch nicht beklagen; denn wenn ¡mir ein Nedner von der Art des Herrn Rogg sein Vertrauen aussprechen würde, dann wäre mir der Beweis erbracht, daß ih eine Dummheit gemacht habe, daß ih ver- pflichtet wäre, diese Dummheit zu revidieren. Der Herr Abgeordnete Rogg hat ich habe mir die Ausführungen notiert davon ge- fprochen, daß die Anwendung der rücksi{tslosesten Kaimpfmittel geboten sei, um den Kampf bis zur Vernichtung zu führen. Die Staatsregierung wird sich dur derartige Posaunenstöße nicht aus dem Konzept bringen lassen, diese radikalen Kraftphrasen imponieren der Staatsregierung nit im mindesten. Aber etwas Gefährliches enthalten diese Aeußerungen des Herrn Abgeordneten Rogg doch. Draußen wird nämlich bei fkritiklosen Arbeitern der Eindruck erweck, als ob hinter diesem Kraftmeiertum wirk- liche Kraft stände, ‘und wenn dann dazu die Empfehlungen ommen, mit den Waffen in der Hand die Nechte des Proletariats zu crkämpfen, dann find derartige Parlamentsreden und die Praftizierung draußen im Lande zwar nicht geeignet, den Staat zu erschüttern, aber die Arbeiter in neues Elend zu treiben. (Sehr wahr! bei den Soz.) Deshalb habe ich die Verpflichtung, bier vor dem Lande aufzuzeigen, daß es nicht die richtige Vertretung der Arbeiter ist, derartige blutrünstige Neden zu balten.

Bersprechen ist, den mit aller

möchte ich das fest ents{lossen

den

Nun noch ein paar Bemerkungen zu den Wünschen der Herren Redner auf \chleunige Vorlegung der Städte- und Landgemeindeordnung. Ih kann dazu mitteilen, daß fich heute das Staatsministerium mit den Richtlinien der kvmmunalen Verfassungsreform beschäftigen wird. Un- mittelbar im Ans{chluß an diese Sizung werden die Parteien des Landtages Gelegenheit haben, sich zu diesen Richtlinien zu äußern. Mit der größten Beschleunigung werden die beiden Gesetzentwürfe, Städteordnung und Landgemeindeordnung, dem Landtag vorgelegt werden, und zwar noch im Laufe des nächsten Monats. Es kann also keine Nede davon sein, daß es etwa in der Absicht der Skaats- regierung oder des Ministers des Innern läge, die Vorlage der Gesegzentwürfe zu verzögern, wie gestern durch Zwischenrufe aus den Reihen der Deutschnationalen Partei mir unterstellt wurde.

Daun noch eine leßte Bemerkung. er Herr Abgeordnete Wallraf hat an die Staatsregierung das Ersuchen gerichtet, um die Zusammenhaltung Preußens bemüht zu sein. Ich kann ihm erklären, daß dieser Appell bei der Staatsregierung immer Widerhall finden wird. Die Tatsache, daß gerade Preußen durch den Friedenss\{chluß am meisten Gebiet verloren hat, daß wix im Osten und im Westen Landsleute und blühende Städte undOrtschaften abtreten mußten, verpflichtet jede Staatsregierung, die diesen Namen verdient, um den Zusammenhalt Preußens bemüht zu sein. Ich glaube aber, daß in Preußen so viele lebendige Kräfte vorhanden find, daß cs nit allein der administrativen Maßnahme der Staatsregierung zum Zusammens- halt bedarf, daß Preußen darüber hinaus aud) im gewissen Sinne Zuwachs bekommt, daß Preußen andere, kleine Länder anzieht und damit den Traum derjenigen allmählich zur Grfüllung bringt, die da meinen, daß mit den Einzelstaaten aufgeräumt werden müsse, und daß wir so {nell wie möglich zum Einheitsstaat steuern müßten. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten). Das kleine Pyrmont hat den Anschluß an Preußen beschlossen. Die Zentralstelle zur Gliederung des Reichs hat, wie ich zu meiner Freude hier feststellen kann, ißrer Meinung dahin Ausdruck gegeben, daß nicht nur das übrige Waldeck folgen müsse, sondern, daß auch den Bestrebungen der Lipper, und zwar der Schaumburg-Lipper und der Lippe-Detmolder, zu Preußen zu kommen, von ibr, der Zentral- stelle zur Gliederung des Reiches, keine Schwierigkeiten bereitet würden. Die Schaumburg-Lipper hatten kürzlich in offiziellen Be- sprehungen den Wunsch ihrer Landsleute zum Ausdruck gebracht, fich an Preußen anzugliedern, und von Lippe-Detmoldern ist mir gesagt wörden, daß dann, wenn Schaumburg vorangeht, Lippe-Detmold folgen würde. Das find doch Beweise dafür, daß Preußen nit das Länd der Barbaren und auch nicht das Land der Unordnung ift, wie es geflissentlich hingestellt wird. Durch ein starkes, fretes und frieds liebendes Preußen zu einem starken und freien Reih! Das wird, davon dürfen Sie überzeugt fein, auf diesem Gebiete stets die Parole der Staatsregierung sein. (Bravo! bei den Sozialdemokraten.)

._ Abg. Dr. Wiemer (D. Vp.): Die Ausführungen des Ministers waren nicht alle geeignet, dem Gedanken derx großen Koalition zu dienen. Wir hätten einiges füc entbehrlih gehalten.

(N ) POA

Jn der Aufrechterhaltung der Disziplin bei der Schutpolizei wollen wir den Minister durchaus unterstüßen. Wenn der Minister als oberster Chef der Schußpolizei aber hier ausspricht, daß an dem Untergraben der Disziplin oft Vorgesebte {huld seien, jo bergen {olche Aeußerungen die Gefahr, daß ihr Ziel nicht erreîicht wird. Der Herr Abg. Rogg hat gestern gesagt, wenn im Kabinett die sozialdemokratischen Minister der Deutschen Volkspartei gegenüber etwas Rüdctgrat zeigen, dann fliegen sie mit Glanz aus der Regie- rung hinaus. Das Fliegen liegt ja den Herren (nach links) viel- leiht sehr nahe. (Abg. Scholem: Sie sind aus der Demokratischen Partei geflogen!) Wir fordern, ‘daß auf dem Boden praktischer Politik die Parteien zusammenarbeiten mit dem Ziele, sich über die nächsten Aufgaben zu verständigen. Gemeinsame Zusammen- arbeit von Männern, die gewiß verschiedener politisher Ueber- zeugung sind, die aber willens sind, dem bedrängten Vaterlande zu helfen. Unter dem alten Preußengeist verstehen wir den Geist der Sparsamkeit, der Pflichitreue und der Arbeit. Jh kann nur ivünschen, daß diesex alte Preußengeist auch im neuen Preußen eine Pflege finden möge. (Lebhafte Zustimmung rechts.) “an der heutigen Not der Zeit gehören Arbeiter und Arbeitgeber zusammen. Es muß mit allem Ernst der Versuh gemacht werden, eine Brücke zwischen hüben und drüben zu {lagen und die Fntercssen zum Ausgleich zu bringen. Wir sind gewillt, daran mitzuwirken, daß das latente Defizit des Staates tatsächlich bald verschwindet. Wir werden die Anregung prüfen, die Grundsteuer zu einex Kommunal- steuer umzugestalten. Es bleibt aber immer noch die Frage offen, ob es möglich ist, dem preußischen Staate weitere Einnahmen zur Verfügung zu stellen. Sicher ist, daß neue Ausgaben kommen werden. Die lebte Entscheidung über Forderungen der Beamten muß dem Parlament vorbehalten bleiben, sonst wird eine Neben- regierung cingerihtet. Redner ftritisicrt die Erzbergersche Steuer- reform und spricht üker die Selbstverwaltung der Gemeinden. Auch seine Partei bedauere, daß den Lohn=- und Gehaltsempfängern die Steuern pünktlich abgezogen werden, während die Besißenden auf die Veranlagung warten. Ohne Mitwirkung des Mittelstandes set der Wiederaufbau nicht durchführbar. Wir begrüßen es, daß die deutshe Landwirtschaft ihre Krast anspannen will, um uns vom Ausland unabhängig zu machen. Jn der äußeren und inneren Politik wollen wix einen Weg der Verständigung finden, daß die politische und wirtschaftlihe Vernunft in dieser [chicksalsschweren Zeit wieder zur Geltung komme und wir aus dem Dunklen der Gegenwart wteder zu einer sicheren Zukunft hinaufgeführt werden. (Lebhafter Beifall rechts.)

Abg. Krüger --Potsdam (Soz.): Ministers des Fnnern unterstreihen wir Wort füx Y Gedanke der großen Koalition wird nicht gefördert, wenn die Re- gierung auf Kreise Nücksicht nimmt, die tatsächlich oder in ihrer hohen Anschauung außerhalb der Koalition stehen. Diejenigen, links und rechts von der mittleren Linie stehen, müssen ih damit abfinden, daß in der Regierungspolitik sich nur cin Teil ihrer Anschauungen verwirklichen | Redner wendet sih gegen einige Ausführungen des Abg. Wiemer. Wenn wir uns zur Koalitionspolitik bereit erklärt haben, so nur deshalb, weil wix uns als größte Partei des deutschen Volkes für die Zukunft und das Leben Deutschlands verantwortlih fühlen. Es war die einzige Möglichkeit, um wenn es überhaupt eine Gesundung gibt diese Gesundung herbeizuführen. Sie (zu den U. Soz.) sind in zusrieden, daß wir diese Politik machen. Die Politik im Reich und Preußen ist zum großen Teil zwangsläufige Politik, die niht von unseren Wünschen bestimmt wird, sondern von dem Willen ganz anderer Mächte. Der kom- munistische Redner hat gestern das auch von uns im Reiche abge- schlossene Steuerkompromiß als einen Verrat an der Arbeiter- schaft erklärt. (Sehr richtig! bei den Komm.)

Die Ausführungen des

Wort. Der F

ho DI

Wirklichkeit

AILLi

Das Kompromiß befriedigt auch uns nicht ganz, aber wenn die „Rote Fahne“ und die Kommunisten jeßt das Steuerkompromiß und die Zwangs anleihe “s bezeichnen, so hat die „Rote Fahne“ dieselbe Bezeichnung auch für die Erfassung der Sach- werte für angebracht gehalten, als die zuerst in Betracht ge= zogen wüurde, Zwischen uns und den U. Soz. sind die Anschau- ungen über die Steuergescße gar nicht fo sehr verschieden, in sämt- lichen Steuerausschüssen des Reichstages sind die U. Soz. mit uns zusammengegangen. Für unsere Politik wird die Arbeiterschaft durchaus Verstandnis haben. Die Kommunisten halten uns jeßt vor, daß wir uns von den Brosamen nährten, die von Herrn Stinnes Tische fielen. Es hat doch aber verlautet, daß die Kommunisten gerade von Herrn Stinnes und seinem Kreise Sub- ventionen erbeten haben unter Hinweis darauf, daß gerade die Herrschaft der Kommunisten in Rußland die Erteilung so großer Aufträge an die deutsche Jndustrie zur Folge gehabt habe. (Große Unruhe und Zwischenrufe bei den Komm.) Davon, daß Deutsch- land an dem Weltkriege s{chuldlos sei, ist ein Teil auch der Deutsch- nationalen sicherlich selbst niht überzeugt. (Rufe rechts: Unerhört!) le abentecuerliche Politik Wilhelms hat Deutschland schließzlich in

als Lando

t T

f der ganzen Welt als den shwarzen Mann erscheinen lassen und die

Drangsalierung und demokratisher Beamten

der Jsolierung gemacht. Der

Politik möglich und Schikanierung sozialistisher iegen threr politishen Anshauung werden wix uns mit der gleichen Entschiedenheit widersegen wie dem Verlangen, den Ländern und Gemeinden ihre frühere Steuerhoheit wiederzugeben.

Abg. Dallmer (D. Nat.): Der preußische Staat ist immer sozial gewesen. Auch seine Funktionäre in der Steuerverwaltung. Herr Heilmann hat gestern die Beamten der Finanzämter ange- griffen. Die alten preußischen Beamten sind in den Landes- sinanzämtern längst dur andere erseßt worden, deren Auswahl der Reichsfinanzminister sich vorbehalten hat. Wie in diesen Aemtern deutschnationale Politik getrieben werden 0 T Mur ebensowenig verständlih als die Forderung desselben Herr Heil- mann, daß der Volkswille als Basis des Rechts zu gelten habe. Herr Heilmann will Preußen zur Stüße und zum Helfer des Reiches machen und tut dabei alles, um diese Stüße in threr Festigkeit zu ershüttern. Auch sein Bekenntnis zur Familie war in seinem Munde merkwürdig; hätte er noch das „christlih“ vor- geseßt, so hätte er ganz auf deutschnationalem Standpunkt ge- standen. (Heiterkeit rechts.) Der Zentrumsrednex Dr. Hager hat sür den monarhishen Gedanken Verständnis gezeigt. Von Derrn Fehrenbah haben wir ganz entgegengeseßte Aeußerungen vernommen, immerhin freut es uns, daß die monarchischen An- |chauungen im Zentrum so stark im Wachsen begriffen sind. (Na, na! und Heiterkeit in der Mitte.) Was Dr. Hager über die Pari- tatssrage gesagt hat, läßt auch die Deutung zu, daß es in der Hauptsache darauf ankommt, daß nicht sowohl dex Katholik als der Zentrumsmann in die amtliche Stellung gelange. Den Aus- [uhrungen des Abg. Oeser über die Wohnungsnot können wir ZU= stimmen, aber nicht ganz seinen Deduktionen über die Erfüllungs- politik. Noch immer hat man von neuem, wenn wir eine Unter- [rift gegeben haben, die Daumenschrauben angezogen. Für die Kleinrentner verlangen wix nicht Almosen sondern eine grund\äß- lihe Aenderung des jeßigen Zustandes. Die linke Seite des Paujes glaubt [hon cine Einheitsfront geschaffen zu haben, wenn M n dèm _Wort „Ar be iterklasse“ „Gebrauch macht. Der Marxismus ist tot, das 1st kein Zweifel. U denen, die nah dem November 1918 offen crklärt haben, daß sie, wenn die Fricdensbedingungen unerträglich werden, wieder zu den Waffen Meisen werden, hat auch der 1cßige Minister Severing gehört. (Hört! hört! rets.) Ob der. Minister Severing vom Wesen des Parlamentarismus eine Ahnung hat? Er lehnt die Beantwortung [leiner Anfragen ab, und begründet die Ablehnung mit den großen Kosten. Was hat es dem Lande gekostet, als im vorigen Sommer die Etatberatung so lange vers{leppt wurde? Sein Hinweis auf 1909 und auf die Ablehuung der Erbschaftssteuer im Reiche hat auch keine Veweiskraft. Fu interne Angelegen- heiten der Selbstverwaltung hat Herr Severing im Kreise Neiden- aues nerectige eingegrifsen. Von der Disziplin in der Schußz- polizei behauptet er, sie sei Ia, da ist er von seinem Referenten [chr [als unterrichtet. Die ungeheure Brotverteuerung, die jeßt von Reichs wegen gemacht wird, reiht noch lange niht aus, um

die Kosten zu decken, es bleibt immer noch die kolossale Ster von 1014 Milliarden Mark ungedeckt. Natürlih wird man wiedez der Landwirtschaft diese Verteuerung, an der ie gar nit \chuld ist, in die Shuhe schieben. Sie is daran ebenso wenig huld, wie an dem heutigen Kartoffelpreis von 1,65 Mark für ‘das Pfund in Berlin. Der neue Staat muß die von thm verheißene Freiheit allen seinen Bürgern gewähren, er muß au jeder Richtung in. der Arbeiterschaft volle Freiheit lassen; die Unter. drüdung innerhalb der Arbeiterschaft jelvst muß aushören. Wie es um den Volkswillen steht, das zeigt das stetige Anwachsen der Deutschnationalen Volkspartei. (Beifall rechts.)

Abg. Dr. Lau scher (Zentr.): Die gestrige Rede des Abg, Wallraf nötigt mich zu einer Stellungnahme. Er hat meiner un bedeutenden Persönlichkeit die Ehre erwiesen, das hohe Haus mit Einzelheiten meines Lebensganges bekanntzumahen. Frrtümlih ist darin nur, daß ih in meinem Leben nit in einer Kleinstadt tätig gewesen bin. Er hat aber augensheinlich meinen Lebensgang in der Absicht rekapituliert, um mih durch eine Art argumentum ad hominem zu überzeugen, wie unrecht und undankbar es von mir ist, Preußen gegenüber eine solhe Stellung einzunehmen. Er ist selbsi i Nahe i Heimat eine Rethe von Fahren amtlih [elbsi in der Nahe meiner Deimc i / E t Î tätig gewesen, da spreche ih zunächst meiw Befremden darüber aus, daß er eine Reiße von Unterlassungen, deren Preußen sich gerade in scinem früheren Amtsbezirk s{chuldig machte, unerwähnt ge lossen hat. Der Grenzbezirk, der seit zwei „Fahren der Gegen- stand unserer nationalen Sorge und Trauer geworden ist, hat von Preußen das Maß von ¿Forderung nicht erfaÿren, auf das er Anspruch hatte. Als Eupen an Preußen kam, hatte es die gleiche Einwohnerzahl wie Crefeld. Eine weitere Entwicklung ist Eupen nicht beschieden gewesen, die dortige hofsnungsvoll ent- wickelte Fndustrie ist niedergegangen und hat nur noch einen armen Schctten früheren Glanzes zurückgelassen, denn Preußen versäumte, Eupen rechtzeitig eine Bahnverbindung unmitlelbar ins deutshe Land zu schaffen. Als Monschau 1815 an Preußen fam, hatte cs 5000 Einwohner, heute zahlt es 1800. Auch hier ist die Jundustrie eingegangen, weil sie keine VBahnverbindung mit dem Binnenlande erhielt. Dieses Stück Nordeisel hat erst 1885 seine’ erste und cinzige Bahn bekommen, die uns jeßt [ast ganz verlorengegangen ist, und auch sie würde heute noch fehlen, wenn niht andere hochpolitishe Zwecke bei ihrem Bau maßgebend ge- wesen wären. Malmedy, wo Herr Wallraf Landrat 1 ar, ist auch auf dem Niveau geblieben, auf dem Preußen es ubernahm, auh Malmedy hatte bis in die neunziger Fahre einen kummerlihen Bahnanschluß. Auch bezüglih der Siedelung Hat der Staat Preußen Unterlassungssünden begangen, er hat die sehr guten Versuche dèr Vrovinz auf diesem Gebiete niht unterstußt. Herr Wallraf hat mich dann ) begleitet, Als geborener Kölner hätte er doch auch e Vehandlung Kölns dur die preußische Regierung erwähnen müssen. Es ist ritig, daß die Universität Bonn cin Geschenk der * preußischen Regierung an die Rheinlande ist, aber es bestanden im Rheinlande zwei Universitäten, Koln und die beide in den Stürmen der französi]hen Neu untergegangen sind. Die Universität Köln bestand seit Sie sind niht wieder ins Leben gerufen worden, und aus der Geschichte der Universität Bonn von Professor von Bezr crsehen, daß das kfonfecssionelle Moment dabei eine jeh gespielt Hat. (Hört, hört! im ) Und was Friedrid Wilhelms-Gymnasium in Köln angeht, wo ich acht Fahre Yber: lehrer war, so ist das nur bedingt rihtig, daß auch eine Stiftung der preußischen Regierung ist, denn das Gymnasium steht auf altem Karmeliterklosterboden, man hat spater verjuht, eine evangelishe Anstalt daraus zu machen und dann thr einen pati: tätishen Charakter zu geben, womit es aber erst nach hundert Fahren wirklih ernst geworden ist. Jch Habe niemals bestritten, niemals verkannt, daß Preußen sih um die Rheinlande | trächtliche Verdiensie erworben hat. Die sind aber reihlich vete golten worden . durch außerordentlich reihen Mittel, di Préußen aus den Neuerwerbungen im Westen {{chopfen Was wäre Préußen ohne die Rheinlande und Westfalen ? (Et

Hi Tyr f oildenDe Kref

nad) Kon

r

O00 1 O8 L008,

sind

Ben in

D (18

IChr bes

Die

Fn LONNE

Fi ntor nauci

richtig! im Zentrum.) Daß wir Rheinländer niht in besonderem Maße bewiesen hätten, trifft für die neutt - ist aber auch durchaus nicht auffällig. Dieses reite

| des farolingischen Ke ms

Beit zu, Nheinland ist das Kern- und Herzftüd nud des mittelalterlihen deutshen Reiches

von der Herr Wallraf gesprochen hat, war doch nicht auf die lande beshränkt, sie .war das Los der deutschen Lande ü haupt. Sie fand sich ebenso im deutshen Süden. 4 Wallraf sih dann mit meinem Verhältnis zu Preußen ansihs der tatsählichen Situation im Rheinlande beschäftigte, so ivar das im Grunde auch nicht nötig. Daß es im Augenblick sür dos Deutschtum gefährlich wäre, dic 1 10jen

Die Kleinstc

a A gy Wenn ert

Verbindung mit Preußen by bedurfte niht erst der Feststellung durch Herrn Wallraf.

auf dem Rheinischen Parteitage des Zentrums in aller erklärt, daß, solange die Heere der Entente am t von derartigen staatsþpolitishen Fragen und Gedanken keine sein dürse. Darin besteht zwischen uns keine Meinungsverschieden- heit. Wenn nicht wir vom Zentrum im beseßten Gebiet und tent nicht die großen Arbeitermassen in den rheinishen Großstädten einmütig und treu zu der Wacht am Rhein ständen, würde das kleine Häuflein der Deutschnationalen niht imstande sein, die Lucke auszufüllen. (Lebhafte Zustimmung im Zentrum.) L Paritätsfrage haben wir hier niht anshneiden wollen. Frappiert hat mich nur die Offenheit, mit der Herr Wallraf betonte, daß seine Partei die Wahrung der Parität zu den höchsten Aufgaben der gegenwärtigen Staatsregierung zählt. (Lachen im Zentrum.) Warum nur der „gegenwärtigen“ Die Vers

Q 2 4 } in Dein |]

StaatlSregtierung? 1

gangenheit hat dem gegenwärtigen Staat so gut wie alles zu tun ubrig gelassen, und wie haben es denn die Konservativen, die Bok- gänger der Deutschnationalen (Widerspruch rets), gehalten ? Vie Deutschnationalen sind doch nicht infolge der Revolution von irgendeinem Fixstern heruntergefallen. (Große Heiterkeit.) Feden- falls ist im Punkte der Parität in der Zeit, wo die alte fon servative Partei der Regierung am nächsten stand, nicht das Nöôtigste geschehen. Mit der Parität soll es im Rheinland j1ebt besser 96 worden sein, und das sei mit dem Zentrum zu verdanken, sagt Perl Wallraf. Fch begrüße diese Feststellung. Bekanntlich hat sih das heutige Zentrum als besondere Fraktion erst entwickelt, nahdem 11 der ersten preußischen Verfassung sich gezeigt hatte, daß man nit aewillt war, dem katholishen Volksgeist entgegenzukommen. 2/02 Zentrum hat sih die Bekämpfung der Jmparität zur gans f sonderen Aufgabe gemaht. Jch halte den Abgeordneten Wallra sür einen Mann von außerordentlichem Geschmack. Fh muß ihn

ee S ä K . . B u F d gegenüber aber sagen, daß heute, nahdem wix drei Fahre lang del

preußischen Regierung angehören, im ganzen zwei Oberpräsidenten uns nahe stehen, dazu drei Regierungsprasidenten und eta 11/» Duyend Landräte. Wie kann man angesihts einel folhen, durch genaue Statistik ermittelte LTatsachen A haupten, das Zentrum habe das Kreuz U der N Jh möchte zeigen, daß wir ven politishen Einfluß, den wir L acgenwärtigen Staat haben, niht mit der Rüdcsichtslosigkeit Geh. uben, wie andere Leute das zu anderen Zeiten getan haben. Z hts) hafte Zustimmung im Zentrum.) Zur Zeit, wo Sie (nah n das Kreuz gehabt haben, haben Sie sih niht nur gesegnet, 10 ia anderen Leuten es weidlih auf den Kopf geschlagen. o rig 1 im Zentrum und Heiterkeit.) Der Abg. Wallraf hat gesagt, ut in der Deutschnationalen Partei gutgläubige Katholiken N Sil so mehr muß ih verurteilen, wenn diese niht denjenigen Papstes ausüben, den man wünshen möchte. Beim Tode des P Benedikt XV. hat man dem Verstorbenen in einer Ale he gehuldigt, wie es wohl selten, solange es eine tatholisde : ebt, gibt, der Fall gewesen ist. Die Seele, die in jeder Par therein das Herz, das in jedem Parteilêrper s{lägt, müßte vont Rau die Moglichkeit beseitigen, daß solhe Worte L (Un- wie sie in dem Nachruf des „Reichsboten L e die ruhe recht3) Es handelt sich darum, ob es richtig Diess These Deutschnationalen katholikenfeindlih sind oder nit. 7 Wohl hat hafte ih im Auge und lasse mi nicht davon ablenken. tung die offiai V ionalen Partei manche Lil die offizielle Leitung der Deutschnationalen

des „ReichSboten“ mißbiltigt und thm aut eine empfindliche öffent- iche Züchtigung angedeihen lassen, leider muß ih aber sagen, daß die Versöhnungsaktion so shnell eingeseßt und zum Ziele geführt hat, daß der „Reichsbote“ seine Position auf Zhrer Seite für un- bedingt gefestigt halten muß, daß er es wagt, in einem solchen Maße gegen den Stachel zu löken. Ich möchte diese Geshmack- losigkeit des „Reichs8boten“ um nicht ein fehr viel stärkeres Port zu gebrauhen auf das allerschârfste zurüdweisen. Nicht viel besser steht es mit der „Deutschen Zageszeitung“. Redner itiert Artikel aus der „Deutshen Tageszeitung“ über das Ab- ben des Papstes. (Abg. Dr. cke rx (D. Nat.] ruft nach Ver- lesen des Artikels: Wenn Sie behaupten, das rihte sih gegen den Papst, dann können Sie überhaupt nit deuts lesen! Heiter- seit.) Jch verstehe das Bedürfnis des Abg. Wallraf, sih mit mir auseinanderzuseßen. Es ist seine cigene Sache und sein gutes Recht, weun Herr Wallvaf si den Deutschnationalen angeschlossen hat. Jn rheinischen Kreisen hat das vielfa Verwunderung er- ægt. Troß der Verschiedenheit unserer politishen Grundanshauung mußte seine Partei vielleicht ein Fnteresse finden, die Gegensäße auf der parlamentarischen Arena zum Ausdruck zu bringen. Fh glaube, daß man im Rheinland mie bisher einsehen wird, daß die Juteressen der großen Mehrheit des rheinischen Volkes nah wie vor am allerbesten aufgehoben sind bei der Partei, der gerade das Rheinland in seiner großen Mehrzahl seit mehr als einem halben Eer: das volle Vertrauen geschenkt hat. (Stür- misher Beifall im Zentrum.)

Abg. Kleinjpehn (U. Soz.): Die Regierungsparteien werden bald erkennen, daß es ohne Érfassung der Sachwerte keine Revision des Versailler Vertrages geben wird. Dann wird es viel shlimmer sein, wenn der Befehl von außen wieder an Deutschland elangt. Seit Jahrzehnten fehlt es der deutschen Politik an politischer ntishlußkraft. Die Haltung der Sozialdemokratie in der Frage des S Ps beweist das. Das Steuerkompromiß ist nihts weiter als ein Betrug an den breiten Massen. Die Aus- führungen des Ministers waren so zu verstehen, daß eine rücksihts- lose Durhführung des Achtstundentages für die Beamten eine Erweiterung des Achtstundentages der Bergarbeiter zur Folge hätte. Die Staatszuschüsse können nur auf Kosten der Be- ißenden abgebaut werden. Der Luxus bei den größeren Land- wirten kennt heute keine Grenzen mehr. Die Sozialdemokratie sollte sih endli ihrer Mission gegenüber der Arbeiterklasse bewußt werden. Sie will Außenpolitik treiben, während ih in der cFnnen- politik die sozialen Gegensäße immer weiter vershärfen. Wir vollen in unserm Kampfe die steuerpolitishen Forderungen unseres Leipziger Manifestes vorantragen. (Beifall links.)

Abg. Sch netter (Komm.): Wir brauchen uns nit zu shämen, wenn wir von den sozialistishen Bruderparteien in Ruß- land unterstüßt werden. Die fozialdemokratishe Presse in Mittel- deutshland wird von kapitalistishen Unternehmern an die Arbeiter des Leunawerkes verteilt, weil die Jnteressen der Kapitalisten dort so gut vertreten werden. Der Etat ist ein getreues Spiegelbild der Machtverhältnisse im Klassenstaat Preußen. Die Zahlen zeigen die alte Diktatur des Preußentums. Wir sehen in dem Etat nichts, was geeignet sein könnte, die Verelendung der Massen aufzuhalten.

Bir fordern Produktionskontrolle und Kontrolle der Pretse. Den Unabhängigen werden wir brüderlich unsere Hand reihen. Fn dem Moment, wo die Besteuerung der Sahwerte praktisch durchgeführt ist, wird auch der Kampf um die Diktatur des Vroletariats siea- reih entschieden sein. Wir s{hwören, daß wir zur Erreichung dieses Zieles den Kampf mit aller Energie fortsezen werden. (Leb- hafter Beifall links.) __ Abg. Bieter (Dtsh.-Hann.): Jm Vertrage von Versailles sind dem deutshen Volke Bedingungen auferlegt worden, denen feine Erfüllungspolitik gerecht werden kann. Än dem parlamen- tarishen Wasserkopf Berlin sollte man eine Operation vornehmen, die würde vielleiht auch auf die übrigen Glieder -vorteilhoft wirken. Jn Pyrmont sind tatsählich Stimmen gegen den An- chluß und für denselben abgegeben worden; mit Ausdrüdcken wie rate Eroberung“ muß man also ret vorsichtig sein. Wenn {leine Staaten si freiwillig größeren anschließen wollen, gut, aber die Reichsverfassung und ihr Artikel 18 muß na jeder Mtb Wyektiert werden. Die Deutsch-Hannovershe Partei hat immer tw die Shwierigkeiten Rücksihßt genommen, die der Neugliederung | enigegenstehen, aber sie wird sh auch ferner nit beirren lassen, uf Grund des Artikels 18 für Hanúover sein Recht zu fordern. . Abg.Wa llraf (D. Nat.): Der Minister Severing hat mi be- Wolih der Demobilmachungsaus\hüsse mißverstanden, ebenso be- züglih der Grundsteuer. Herr Lauscher hat die ganze ihm heute ur Verfügung stehende Redezeit mir gewidmet. (Heiterkeit.) Daß Städte wie Eupen, Monshau, Malmedy nit prosperieren fonnten, lag eben an threr Grenzlage, es uh zahlreihe Bahnen gebaut worden, wo nicht strategishe NRück- sichten mitspielten. Julius Bachem hat 1905 in einex Denkschrift die Verdienste Preußens um die Rheinlande unumwunden aner- lannt. Jn derselben Schrift wird die Kleinstaaterei im Rheinland bor der preußischen Okkupation, der Zerfall in 50 Zwergherrschaften Usw. sehr anshaulih geshildert. Was die Parität betrifft, so e ih sehr oft katholishe Beamte gesucht (Zuruf im Zentrum: ber was für welche, keine Zentrumsmänner! Allgemeines Ah! techts und links.) Fn den Wahlflugblättern des Zentrums ist zu lesen: Für den gläubigen Katholiken gibt es nur eine Partei, das gentrum. Die andern, Deutshnationale wie Demokraten, sind Atheisten! (Große Heiterkeit.) Fm ausdrüdlichen Auftrag der Partei habe ih dem verstorkenen Papste Worte der Anerkennung gemidmet, Wenn das Zentrum eine Politik weiterführt, die die rehtsgerihteten Elemente der Partei hindert, sh Geltung zu ver shaffen, so werden wir Deutschnationalen die Tore weit öffnen für den Zuzug der Katholiken, der hoffentlich sehr zahlreih sein wird. (Æbhafter Beifall rechts.) Damit schließt die erste Beratung.

Persönlich bemerkt der :

Abg. Dr. Lauscher (Zentr.): Herr Wallrof hat seîne günstige Position, als leßter Redner in der Debatte zu sprechen, voll aus- Anußt. Fch kann ihm heute in persönliher Bemerkung nicht dienen, werde das aber beim Etat des Junern um so gründlicher nahholen.

Der Elaksentwurf gehi an den Hauptausschuß.

Hierauf tritt das Haus in die erste Beratung des Geseyentwurfs über die Erhebung einer vorläufigen Steuer vom Grundvermögen.

Finanzminister Dr. bon Richter: Meine Damen und Herren,

festatten Sie mir, nach den hocpolitisGen und interessanten Aus- slhrungen, die wir alle soeben gehört haben, zurützukommen auf eine Utßerordentli*ß wenn Sie wollen nüchterne, aber doch deshalb ht minder wichtige Angelegenheit, die uns jeßt nach unserer Tages- bidnung gemeinsam beschäftigen wird, auf den Geseßentwurf über die Erhebung einer vorläufigen Steuer vom Grundvermögen. Hier mte ih zunälst über die Entstehungsgeshichte dieses Gesetz- tntwurfs folgendes voraus\{hicken. „Als das jetzige Ministerium sein Amt antrat, war von dem vor- ligen Ministerium, von dem Herrn Mintsterpräsidenten Stegerwald wnd dem Herrn Finanzminister Saemish der Entwurf eines Gesetzes tirses Inhalts dem Staatsrat zur Begutachtung vorgelegt worden v Staatsrat hatte sh naH eingehender Beratung, in der er fich Uh mit Einzelheiten des Entwurfs beschäftigt hatte, auf den Stand- unkt gestellt, der hnen ja bekannt is. Er wünschte zunächst eine finlihe Scheidung der Zuständigkeiten auf steuerlichem Gebiet Wilhen dem Reich, den Ländern und den Gemeinden und lehnte halb ein Gutalten über diesen ihm vorgelegten Entwurf ab. Mit Mer Aeußerung des Staatsrats gelangte der Gesetzentwurf wieder

d an die inzwischen neugebildete Staatsregierung. Diese stand

ün

sind in Eifel und Hundsrück später

sch nun erst ihrerseits materiell und eingehend mit dem Gesegentwurf zu befassen, was ¿weifellos wohl gewisse Aenderungen zur Folge gehabt hätte, und mit dem neuen, von ihr aufgestellten Entwurf wieder an den Staatsrat zu gehen oder aber diesen Entwurf, wie er von dem Ministerium Stegerwald dem Staatsrat vorgelegt war, dem Landtage vorzulegen. Wir haben uns nah eingehenden Verhandlungen zu dem zweiten Weg entf{lossen, und zwar haben wir dies deshalb getan, weil bei uns Uebereinstimmung darüber herrs{chte, daß wir unter allen Umständen eine ftaatliße Grundsteuer in einem gewissen Um- fange, und zwar möglichst bald, nötig haben, und daß wir nit mehr die Möglichkeit hatten, diesen Entwurf zu einem Gesetze zu gestalten, wenn er nicht sofort dem Landtag zugeht; denn wenn dieser Entwurf umgearbeitet erst wieder dem Staatsrat vorgelgt würde, von diesem vielleiht nachß Wochen zurückäme und erst dann dem Landtag vorgelegt würde, wäre es unmögli, hon am 1. April diese staatliche Grundsteuer einzuführen, was nah unferer Meinung notwendig war. Von diesem Gesichtspunkt aus haben wir uns erlaubt, diesen Gesetzentwurf, den wir nicht selbst aufgestellt haben, Ihnen vorzulegen. Ih bemerke das deshalb, weil fich daraus ergibt, daß die jeßige Negierung zwar den Entwurf im ganzen sonst Hätten wir ihn natürlich nicht vorgelegt grundsäglih billigt, daß sie sich aber nicht mit jeder Einzelheit, die Sie in diesem Entwurf finden, identifiziert, sondern daß wir als selbstverständliß an- nehmen, daß Sie Gelegenheit nehmen werden, unter Mitwirkung der Staatsregierung den Entwurf vielleicht im Auss{huß nit nur zu beraten, sondern auch in mchr oder weniger wesentlichen Punkten anders zu gestalten.

Wenn ich nach diefer Einleitung auf den Entwurf selbst kurz zu sprehen kommen darf, ih darf zunächst auf die sehr ausführliche Begründung Bezug nehmen und will die Herren nicht damit langweilen, aus der Begründung hier mehr oder weniger Einzelheiten vorzutragen möchte ich auf das eingehen, was die Voraussezung des Entwurfs ist und weswegen wir neulih gebeten haben, ihn erst nach der Be- ratung des Haushalts hier im Hause vorzunehmen, nämlih auf den Nachweis der Notwendigkeit des Entwurfs. Meine Damen und Herren, wir stehen selbftverständlih mit Ihnen allen auf dem Stand- punkt, daß Steuern nicht auf Vorrat zu bewilligen sind. Ich erkenne auch ohne weiteres an und die Staatsregierung erkennt das mit mir an —, daß wir Jhnen unter den jetzigen unsiheren Verhältnissen sclbstverständlih einen mathematishen Beweis dafür, daß diese oder irgendeine andere Steuer zur Deckung des Fehlbetrags notwendig ist, nicht führen können. Das wird keine Regierung können. Es ist selbstverständliß gänzlich ausges{lossen, meine Damen und Herren, beim Haushalt Ihnen nachzuweisen, daß irgendwelche Einnahmen auf Heller und Pfennig eingehen, daß irgendwelhe Ausgaben wirklich in der jeßt veranshlagten Höhe entstehen werden. Wir haben bereits ih habe es persönliß getan, und es ist auß von allen Seiten des Hauses erklärt worden bei der Be- ratung des Haushalts darauf hingewiesen, daß das, was wir Ihnen als Haushalt vorgelegt haben, auf völlig unsicheren Grundlagen beruht, und daß wir selbstverständlich, da unsere Währung unsere wirtschaftlihen Verhältnisse vollkommen s{wanken, und da sch unsere Währung im allgemeinen in einer abwärts gleitenden Be- wegung befindet, nicht in der Lage sind, irgendwelhe Garantie dafür zu übernehmen, daß der Voranschlag, den wir noch dazu etwa im August oder September aufgestellt haben, nun wirkliß während des laufenden Etatsjahrs der Wirklichkeit entspriht ; sondern wir werden leider mehr oder weniger damit rechnen müssen, daß das Schätzungen sind, die sich vorausfichtlich von der harten Wirklichkeit sehr weit ent- fernen werden. Aber, meine Damen und Herren, das enthebt uns doch nicht der Pflicht, einmal einen folchen Voranschlag aufzustellen und, soweit es möglich ist, den Versu zu machen, zu prüfen, ob wir —— mag der Voranschlag in Einzelheiten richtig und zutreffend sein oder nicht ohne Schaffung neuer steuerlicher Ginnahmen im laufenden EGtatëjahr auskommen werden oder niht. Und da darf ih auf folgendes hinweisen:

Es ist bereits in den Beratungen des Haushalts nit mit Un- recht darauf hingewiesen, daß wir außerordentli starke, ih will mal sagen, stille Reserven in den neuen Haushaltsplan haben, die ins- besondere darin liegen, daß voraus\ichtlich aus den Holzverkäufen, aus den Kohlenverkäufen der Bergwerke infolge der gestiegenen oder steigenden Holz- und Koblenpreise sehr erhebliße Mehreinnahmen zu erzielen sein werden. Aber auf der anderen Seite, meine Damen und Herren, glaube i, ist doch bei diesen durchaus zutreffenden Bemerkungen bei der Beratung des Haushalts vergessen worden, daß mit diesen Mehr- einnahmen ziemlich automatisch auch die Mehrausgaben steigen werden, wenn so wichtige Produkte wie Holz und Kohle erheblich verteuert werden. Ich habe darauf hingewiesen, auf die Besoldungserhöhungen, die eingetreten find und die naturgemäß noch nicht Halt gemacht haben. Ih weise weiter darauf hin, daß durch diese Besoldungs: erhöhungen die Mehreinnahmen, die wir ja selbst {on bei der Ein- fommensteuer geschäßt haben, zu einem großen Teil aufgezehrt werden. Ich weise weiter darauf hin, daß die Mehreinnahmen, die bei uns gerade den Hauptgrundstock unseres Staatshaushalts bilden, an den über- wiesenen Neichésteuern, an der Einkommensteuer, an der Körperschaft3- steuer, an der Umsaßsteuer, wie ih mir neulich erlaubte, hier auszuführen, {on vom Reich jeßt in einer Höhe eingestellt sind, daß es nah unserer Auffassung leichtfertig sein würde, mit einer weiteren ent- sprechenden Steigerung dieser Einnahmen zu rechnen, wie wir sie seit 1919 erlebt haben.

Dazu kommt, daß wir, ohne daß ich prophezeien will, vor- aussihtlich doch sehr ernsten wirtshaftlihen Zeiten im Früh- jahr und im Sommer entgegengehen werden, jedenfalls darauf rechnen können, daß dic Blüte, eigentliß muß man sagen, die S(einblüte, jedenfalls die auf nicht natürlichen wirtshaftlihen Gründen be- ruhende augenblickliche Blüte unseres Wirtschaftslebens über kurz oder lang aufhört. Die Folge würde sein, daß die staatlihen Ein- nahmen insbesondere aus Steuern sich nicht auf der Höhe halten können, wie es bisher der Fall gewesen ist. Die Steigerung der Betriebseinnahmen tvird aus diesen von mir hervorgehobenen Gründen elbstverständlih nur bis zu einem gewissen Geade mögli sein. Wir müssen, fürchte ich, mit einem Abflauen der günstigen Entwick- lung auf wirtschaftlilßem Gebiete zum Frühjahr oder spätestens zum Sommer in sehr erheblihem Umfange rechnen. Wenn wir das müssen, so ist es meiner Meinung nach leihtfertig, fi einem un- begründeten Opkimiêmus hinzugeben und daraus, daß in dem Haus- halt, wie ih vorhin hervorgehoben habe, eine Anzahl sogenannter

nun vor der Wakbl, entweder

stiller Reserven steckt, zu schließen, daß wir unter allen Umständen in

e

es ift daß sie fi in absteigender Nichtung bewegen, beizeiten Vorsorge zut treffen. Besjaht man aber diese Frage, wie ih es tue, dann entsteht die weitere Frage: können wir mit den Einnahmen, wie sie durchaus vorsichtig eingestellt find, auskommen oder nit? daß gegenüber den vorausfihtlich sich außerordentlih steigernden Aus- gaben die Einnahmen s\ich so steigern werden, daß wir daraus allein

der Lage sein würden, ohne die Erhöhung oder die S&Haffung neuer staatliher Einnahmen den Etat im Gleichgewicht zu halten.

Ih bin mir vollkommen klar, daß das Sache der Auffassung ift.

Ich habe mir vorhin {on erlaubt, Ihnen zu sagen, daß mathematish niemand diesen Beweis führen kann. mathematisch den Beweis führen können, Selbstverständlichß find Sie irgendwel{che Position in der Einnahme im Haushalt zu erhöhen und dies auch mit guten Gründen zu verteidigen. nit. lichen, von niemand zu übersehenden Verhältnissen, die so lange an- dauern werden, bis wir zu einer Stabilisierung unserer Währung ge= tommen sind, wohin wir sobald niht kommen werden, worauf es also ankommt, ist nicht, wie in normalen Zeiten auf Heller und Pfennig nachzuweisen, ob der Haushaltsplan mit einem Plus oder Minus abschließen wird das wird niemand mathematisch ausrechnen können fondern nach meiner Auffassung und der Auffassung der Regierung kommt es nur darauf an, daß man sich die Frage vorlegen muß: Werden sich unsere wirts{chaftlißen Verhältnisse vorausfihtlih

Es wird mir auch niemand daß wir auskommen. und ist die Negierung in der Lage,

Das leugne ih gar Worauf es aber ankommt unter den absolut unwirtschaftz

Nichtung bewegen, und Fall, den ich annehme,

in aufsteigender oder in absteigender dehalb auch nötig, für den

Ich glaube nit,

in der Lage sein werden, alle diese Mehrausgaben, namentlich bet eintretender wittshaftliher Krisis oder Niedergang, zu den. Wir haben deshalb die Verpflichtung, Vorsorge zu treffen für den außer- ordentlich wahrscheinlihen Fall, daß das Defizit im Haushalt nit gedeckt werden kann.

Meine Damen und Herren, wenn man s\ich auf diesen Stand- punkt stellt, dann muß man sich naturgemäß gleich{zeitig auch die Frage vorlegen: was für Mittel stehen dem preußischen Staate zur Seite, um cine dann als notwendig erkannte Deckung des voraus- sihtlichen staatlichen Defizits vorzunehmc1? Sie wissen alle, daß wir infolge der Reichssteuergeselzgebung verhältnismäßig wenig eigene steuerlihe Einnahmen haben. Als folche Haben Länder und Ges meinden eigentliß nur die sogenannten Ertragssteuern: die Grund-

steuer, die Gebäudesteuer und die Gewerbesteuer. Wir haben uns

ents{chlossen, in einem gewissen Umfange auf die Grundsteuer zurück=

zugreifen, und zwar aus zwei Gründen: einmal aus einem Grunde

der in unserem Verhältnis zum Reiche liegt, nämlich deshalb, weil nah unserer Ueberzeugung, wenn wir in Preußen nit, wie es die anderen Linder ebenfalls getan haben, die Grundsteuer mit zur Schaffung ftaatlicher Einnahmen benußen, die sehr nabe, liegende Gefahr besteht, daß das Reih auch auf diese Steuer seine Hand legen wird, und daß dann diejenigen, die diese Steuer gerade für die Gemeinden reservieren wollen und deshalb ihrer Jnansyruch

nahme seitens der änder ablehnend gegenüber stechen, vom Regen in die Traufe kommen. Dann ist nämlich der tertins gandens einfach nicht das Land Preußen, sondern das Deutsche Reich. Den Nahteil aber, wenn überhaupt cin Nachteil damit verbunden ist, haben die Gemeinden in dem einen wie in dem anderen Falle. Aus diesem Grunde haben wir uns gesagt, daß wir nicht zögern dürfen, die Grundsteuer au für den Staat in Anspruch zu nehmen, um ihrer Beanspruchung seitens des Reiches vorzubeugen.

Meine Damen und Herren, wir haben uns weiter dabei selb\tvera ständlich die Frage vorgelegt, einmal: ist mit Rüdsicht auf die Leistungs« fähigkeit der Steuerpflichtigen, also des Grundbesigzes, diese Steuer gegenüber dem Lande, und zuglei gegenüber den Gemeinden ertragbar ? Wir haben uns zweitens die Frage vorlegen müssen: wie stellt i tas Verhältnis zu den Gemeinden, wie stellt fi die Leistungsfähigkeit der

è Gemeinden, wenn auch - der Staat seinerseits die Grundsteuer für

sich in Anspruch nimmt? Da möchte ih bemerken, wie ih das hier {hon öfter getan und auch neulih in meiner Etatsrede ausgeführt habe: Meine Damen und Herren, wir stehen auf dem ganz selbst verständlihen Standpnnkt, daß unter keinen Umständen ein Steuer- eingriff des Staats auf dem Gebiet der Grundsteuer erfolgen darf, der etwa die Steuermöglichkeit für die Gemeinden \{Gädigt und des- halb die Gemeinden der Möglichkeit beraubt oder ihnen die Möglih« keit erschwert, auf dem geringen Gebiet, wo sie überbaupt steuerliche Hoheitsrehte ausüben können, dies wenigstens noch in dem Maße zu tun, wie es zurzeit der Fall ist. Wir haben aber geglaubt ih werde darauf nachher noch kurz zu sprehen kommen —, daß, sfagen wir einmal, ein Nebeneinander einer staatlihen Grundsteuer in einem gewissen mäßigen Umfange neben einer bestehenden Gemeindegrundsteuer durhaus mögli ist vom Standpunkt des Steuerpflichtigen mit NRücksiht auf seine LeistungsfähigXeit und daß andererseits es. au durhaus möalich ist, obne die be rechtigten, auch bon mir voll anerkannten Interessen der Gemeinden zu s{ädigen. Meine Damen und Herren, ih verweise dabei au noch auf eins. Die alte Grund- und Gebäudesteuer, namentli die alte Grundsteuer, wie sie seit rund 60 Jahren glück- lih in Preußen besteht, ist daran kann kein Zweifel sein im höchsten Grade veraltet; sie bringt auc daran kann kein Ziveifel sein nicht entfernt das auf, was sie obne zu starke Belastung des Grundbesitzes bei vernünftiger Veranlagung aufbringen könnte. Wenn das aber der Fall ist, muß man sich darüber klar sein, daß diese Veranlagung zur Grundsteuer auf Grund eines vor nunmehr 60 Jahren erlassenen Geseßzes eine UngereWtigkeit gegenüber anderen Steuerpflichtigen bedeutet. Wenn fie bedenken, daß in allen Kreisen unseres Vaterlandes die Provinzialsteuern beispicl8weise unter weitgehender Heranziehung der vom Staate veranlagten Grund- und Gebäudesteuer aufgebraht werden, wenn Sie dabei berüdsichtigen, daß diese vom Staate veranlagte Grundsteuer auf dem Lande zweisel- los sehr niedrig ist, so kommen Sie in einzelnen Provinzen zu einem Ergebnis, das der Billigkeit geradezu ins Gesicht {lägt. Ich darf daran erinnern, daß beispielsweise in der Provinz Ostpreußen 422 vH der sämtlihen Provinzialsteuern von der Stadt Königsberg aufs gebracht werden. (Hört, hört!) Das liegt daran, daß die Stadt Königsberg durch die Gebäudesteuer verhältnismäßig stark besteuert wird, während das platte Land auf Grund der veralteten Grunda steuer verhältnismäßig sehr wenig beiträgt. Die Herren der städtischen Gemeinden, namentlich der großen städtishen Gemeinden, dier wie das im Staatsrat geschehen ift, gerade vom Standpunkt der Selbstverwaltung, der Selbstherrlihkeit oder Selbst«

berrshaft ihter Gemeinden aus gegen diesen VersuH der Ein führung einer staatliden Grundsteuer protestiert haben, solltet

A A