1922 / 27 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 01 Feb 1922 18:00:01 GMT) scan diff

die zahlreihen einzelnen Punkte eingehen, die in dem Bericht berührt worden sind, will aber doch folgendes hervorheben:

Herr de Lasteyrie rügt die Politik des Reiches auf dem Gebiet der Lebensmittelzushüsse. Sie alle wissen, meine Damen und Herren, daß wir sehr ungern an diese Ausgaben herangegangen sind, daß sie aber unter Zustimmung aller beteiligten Stellen bisher in Deutschland bewilligt werden mußten, um nach den Stürmen der Folgezeit des Krieges die Ruhe im Funern zu sihern. Sobald es möglich war, ist die deutshe Regierung daran gegangen, diese Zuschüsse abzubauen, und zwar lange vor den Beschlüssen von Cannes, weil sie sich der Erkenntnis nicht ver- shlossen hat, daß eine solhe Zushußwirtshaft mit den Grund- säßen einer ordnungsmäßigen Etatswirtshaft auf die Dauer unvereinbar ist. Es entspriht daher au niht der Sachlage, wenn der Herr Abgeordnete Graf Westarp gemeint hat, daß die Brotpreiserhöhung auf Befehl der Entente erfolgt ist. Vielmehr handelt es sich, wie dargelegt, nur um den weiteren Abbau der infolge des verlorenen Krieges notwendig gewordenen staatlihen Uebergangsmaßnahmen zur normalen Wirtschaft.

Jch darf \{ließlich Herrn de Lasteyrie daran erinnern, daß die Leben3mittelzushüsse keine auf Deutshland beshränkten Maß- nahmen waren, sondern in einer Reihe von Ländern, darunter auch Frankrei, eine erheblihe Rolle gespielt haben. (Hört! Hört! rechts.)

Die Regierung hat die bestimmte Absicht, den völligen Abbau bis zum Ende des Wirtschaftsjahres 1922 durchzuführen. Während im Laufe des Rehnungsjahres 1920/21 noch mit etwa 22 Mil- liarden gerechnet werden muß diese gewaltige Summe ist wesentlih eine Folge der Zerrüttung unserer Valuta und der hohen Réeparationsleistungen —, hoffen wir, im Jahre 1922 mit einem Restzushuß von 1 Milliarde Mark auszukommen. Dabei ist allerdings Vorausseßung, daß eine weitere Vershlehterung der Valuta gegenüber dem jeßigen Stande nit eintritt. Wenn Herr de Lasteyrie weiter rügt, daß die Regierung zahlreiche neue Aemter geschaffen und die Zahl der Beamten um mehr als 40 vH. vermehrt hat, so ist {hon wiederholt darauf hingewiesen worden, daß die Vermehrung der Zahl der Beamten gegen früher im wesentlichen auf der Uebernahme der Beamten der Betriebs-, Finanz- und Zollver:valtungen auf das Reich beruht.

Die Zahl der Beamten, Angestellten und Arbeiter, einschließ- lih aller Hilfskräfte des Reichs, beträgt augenblicklich rund 740 000 gegenüber allerdings nux 201 000 im Fahre 1914. (Hört! Hört! bei den deutshen Demokraten.) Dieses Mehr von 540 000 Köpfen erklärt sich aber daraus, daß durch den Uebergang der bayerishen und württembergishen Postverwaltungen auf das Reich über 28 000 Köpfe, durh Uebernahme der Eisenbahnen auf das Reich 371 000 Köpfe übernommen worden sind und für die neue Reichssteuerverwaltung 55000 Beamte erforderlich waren. Diese 455 000 Beamte sind daher der Zahl aus dem Fahre 1914 hinzuzurehnen, so daß sich inêgesamt ein Mehr von nur etwa 85 000 Köpfen ergibt. Diese Vermehrung erstreckt sich in der Hauptsache auf die Betriebsverwaltungen, deren ernste Aufgabe es ist, die Möglichkeit einer weiteren Personalverminderung zu prüfen. (Sehr richtig! bei der Deutschen Volkspartei.)

Wie sehr die Reichsregierung bestrebt ist, auf dem Gebiete der Personalverrin8erung alles Erreihbare zu tun, bitte ih auch daraus zu entnehmen, daß die §8 6 und 7 des früheren Haus=- haltsgeseßes auch in das neue Gese übernommen sind. Dadurch besteht die Möglichkeit, die Zahl der Beamten nah und nah auf vH. zu vermindern.

Wenn Herr de Lasteyrie ferner der Reichsregierung zum Vor- wurf macht, Mittel zum Vau von Arbeiterwohnungen ver- shwendet zu haben, so muß ih zunächst hervorheben, daß int Haushaltsjahr 1921 Zuschüsse zu diesem Zweck überhaupt nicht verausgabt sind, daß es sich vielmehr nur um verzinsliche und zu tilgende Darlehn handelt. Auch der von Herrn de Lasteyrie an- geführte Betrag von 3 Milliarden Mark zum Bau von Berg- arbeiterwohnungen ist der Zahl nah nicht rihtig. Es handelt si vielmehr zuzüglih der Aufwendungen im Jahre 1920 insgesamt nur um 1,8 Milliarden, die, wie gesagt, dem Reich zurückzuzahlen sind. Jch muß hierbei aber ausdrücklih betonen, daß die Er- bauung dieser Bergarbeiterwohnungen notwendig war, um die gewaltigen Lasien des Friedensvertrages auf dem Gebiet der Kohlenförderung zu erfüllen (sehr richtig! rechts), also wesentli im Fnteresse Frankreihs hat erfolgen müssen. (Erneute Zu- stimmung rets.)

Zy diesem Zwecke sind seit dem Fahre 1919 insgesamt 196 000 Bergarbeiter mehr notwendig geworden (hört, hört! rechts), d. h. es ist die gesamte Belegschaft um etwa 25 vH. ver- mert worden. (Erneute Rufe rechts: Hört! Hört!) Von diesen 196 000 Vergarbeitern hat troy der vorshußweisen Gewährung dieser Reichsmittel nur etwa der zehnte Teil seßhaft gemacht werden können. Die Allgemeinheit mag daraus ersehen, daß irgendeine Vershwendung von Reichsmitteln der Reichsregierung keinesfalls zur Last gelegt werden kann.

Die wirtshastlißhe Lage der Beamten, Angestellten und Arbeiter des Reichs wird von der Reichsregierung nach wie vor mit größter Aufmerksamkeit verfolgt und fortdauernd geprüft, in- wieweit die fortschreitende Teuerung und Entwertung unseres Geldes eine weitere Erhöhung ihrer Bezüge, im Rahmen des Mög- lichen, notwendig macht. Nach dem jezigen Stande der Besoldungs- regelung wird den Beamten der Gruppe AIIIl der Besoldungs- ordnung das Sechzehnfache, der Gruppe A VII das Zehnfache, der Gruppe A X das Achtfache, der Gruppe B IIIl der Einzelgehälter das Siebenfache der Friedensbezüge nach Abzug der Einkommen-

steuer gewährt. Die gesamten Aufwendungen des Reichs für die Beamten, Angestellten und Arbeiter, einshließlich der Wehrmacht, betragen über 50 Milliarden Mark, von denen 11,5 Milliarden auf die allgemeine Reichsverwaltung, der Rest aber auf die beiden Betriebsverwaltungen entfällt. Troß dieser gewaltigen Summe ist nicht zu verkennen, daß sich ein Teil der Beamten, Angestellten und Arbeiterschaft in einer s{chwierigen wirtschaftlichen Lage befindet und unter den steigenden Kosten für die Lebenshaltung schwer zu [leiden hat. Andererseits darf nicht übersehen werden, daß die Kosten für die Lebensführung in den verschiedenen Teilen des Deutschen Reiches große Unterschiede aufweisen und daß daher mit allgemeinen Erhöhungen der Bezüge für das ganze Reichsgebiet sehr vorsichtig vorgegangen werden muß, damit nicht die Gefahr

Besoldungen die des privaten Wirtschaftslebens erheblih überholen

und daher durch eine allgemeine Erhöhung das ganze Wirtschafts-

leben in diesen Gebieten wesentlih verteuert wird. Es wird da- her eingehend geprüft werden müssen, ob den berehtigten Wünschen der Beamten, Angestellten und Arbeiter in denjenigen Gebieten, in denen dies nicht zutrifft, insbesondere in Orten mit besonders s{chwierigen wixtshaftlihen Verhältnissen, in einer anderen Weise Rechuung getragen werden kann.

Wie Jhnen bekannt ist, ist in Aussicht genommen, den Reichs- arbeitern durch Gewährung von Ueberteuerungszushüssen in Orten, in denen ihre Bezüge hinter denen der Privatwirtschaft wesentlih zurückbleiben, einen Ausgleich zu schaffen, der ihnen die Führung einer ausreihenden Lebenshaltung gewährleistet.

Wie bereits von der Reichsfinanzverwaltung in der Sihung des Reichstages vom 21. Fanuar erklärt worden ist, ist die Reich3- regierung bereit, die Frage, inwieweit auch für die Beamten und Angestellten in einer ähnlihen Form in den besonders teuren Orten eine Zulage gewährt werden kann, mit dem hohen Hause eingehend in aller Gründlichkeit durchzuprüfen. Diese Prüfung hat im 23. Ausschusse bereits eingeseßt, und es wird nach An- hörung der Landesregierungen dem Reichstage in den nächsten Tagen Mitteilung von der Stellungnahme der Reichsregierung zu dieser Frage zugehen. Jch darf schon jeßt bemerken, daß sih meiner Ansicht nah ein gangbarer Weg finden lassen wird. Auch die Frage einer automatishen Anpassung der Bezüge der Beamten, Angestellten und Arbeiter ist, wie Jhnen bekannt, bereits Gegen- stand eingehender Beratung in Fhrem 283. Ausschusse gewejen, und es ist dafür mit Rücsicht auf die Schwierigkeit der ganzen Materie ein Unterausschuß eingeseßt worden, der sich mit der Frage im Einvernehmen mit der Reichsregierung noch eingehend beschäftigen wird. Ebenso wird die Reichsregierung Wert darauf legen, hin- sihtlih aller übrigen Besoldungsfragen mit diesem Hohen Hause in enger Fühlung zu bleiben und alle gräandsäßlihen Fragen ein- gehend mit Fhnen zu erörtern.

Sie wollen daraus ersehen, meine Damen und Herren, wie unverantwortlih es ist, wenn gewisse Teile der Beamtenschaft in einem Zeitpunkt, in welchem über alle diese grundlegenden Fragen noch eingehende Verhandlungen zwischen den nah der Verfassung berufenen Faktoren sthweben, die Aussicht auf befriedigende Lösung eröffnen, zum Streik auffordern (sehr richtig! im Zentrum und rechts) und damit namenlosen noch gar niht zu übersehenden Schaden für unser gesamtes Wirtschaftsleben heraufbeschwören. (Sehr richtig! im Zentrum und rechts.) Fch kann daher meiner- seits namens der Reichsregierung alle Beamten nux dringend warnen, diesen Aufforderungen zu folgen. (Bravo bei den Deutschen Demokraten, Zentrum und rechts.) Fch möchte keinen Zweifel darüber lassen, daß die Reichsregierung allen derartigen Versuchen, die auf eine unverantwortliche Störung der bestehenden Ordnung und des Wirtschaftslebens hinauslaufen, mit allen ihr zu Gebote stehenden Mitteln nachdrüdcklichst entgegentreten wird. (Lebhaftes Bravo! im Zentrum und rechts.) Um auch die Bezüge der Pensionäre und Hinterbliebenen der Erhöhung der Bezüge der Beamten und Angestellten des Reihs anzupassen, sind an Pensions3- usw. Gebührnissen im vorliegenden Haushalt allein 10,7 Milliarden Maxk ausgeworfen, von denen 8,7 Milliarden aus Anlaß des Weltkrieges entfallen. An erhöhten Zahlungen für die Militärrentenempfänger ist aus Anlaß der seit Herbst 1920 ein- getretenen weiteren Teuerung ein einmaliger Betrag von 1,7 Mil- liarden eingeseßt worden. Aus ähnlihem Anlaß sind auf Grund der in den leßten Wochen vor Weihnachten von dem Hohen Hause gefaßten Beschlüsse erheblihe Etatsansäße zur Linderung der Not weiter Volkskreise angeseßt worden. Fch verweise dafür auf. den Betvag von 2,8 Milliarden Mark, der zu Zuschüssen zu Notstands- maßnahmen zur Unterstüßung von Empfängern von Renten aus der Jnvaliden-, Alters- und Angestelltenversißerung ausgebracht worden ist.

Jn diesen beiden Punkten hat das Reich zu einem erheb- lihen Teil Aufgaben übernommen, die an sich zur Zuständigkeit der Länder und Gemeinden gehören. Die Reichsregierung ver- kennt niht die {were Notlage der Länder und Gemeinden, kann aber andererseits im FJnteresse der Erhaltung ihrer Selbst- verwaltung und Selbstverantwortung niht so weit gehen, alle Lasten auf das Reich zu übernehmen. Daher kann sih die Reich3- regierung auch niht mit dem Beschluß des Reichsrats abfinden, neben den zur Unterstüßung der Sozialrentner ausgeworfenen 2,8 Milliarden Mark noch einen Betrag von 160 Millionen Mark zur Unterstüßung derjenigen Gemeinden einzuseßen, die nicht in der Lage sind, den auf sie entfallenden Anteil von 20 vH. zu tragen. Auch die Beträge für Wochenhilfe und Wochenfürs®rge haben mit Rücksicht insbesondere auf die Steigerung des Milch- preises auf 340 Millionen Mark erhöht werden müssen.

Alle diese Summen sind im Haushalt des Reichsarbeits- ministeriums ausgebraht worden, und ich möchte daher noch kurz auf einen der wesentlichsten Posten dieses Etats verweisen, nämlih die Mittel der Erwerbslosenfürsorge. Wie im Vorjahr sind dafür insgesamt 1,3 Milliarden Mark, davon 100 Millionen zur Unters- stüßung besonders stark in Anspruch genommener Länder und Gemeinden, ausgeworfen worden. Es kann damit gerechnet werden, daß ein großer Teil dieser Beträge dadurch erspart wird, daß im Laufe des Jahres das in Vorbereitung befindliche Arbeits- losenversiherungsgeseß in Kraft tritt. Fnfolge der allgemeinen Wirtschaftslage läßt sich die Sorge niht von der Hand weisen, daß die Zahl der unterstüßten Erwerbslosen wieder ans{chwillt. Daß troy der Verringerung ihrer Zahl eine Ersparnis nicht möglih war, folgt daraus, daß die Unterstüßungssäße der Geld- entwertung entsprehend haben erhöht werden müssen. Die Reichsregierung gibt \sich der Hoffnung hin, daß die produktive Erwerbslosenfürsorge, die dazu dienen soll, die demoralisierende Virkung der Arbeitslosenunterstüßung abzuschwähen und statt Zahlung der Unterstühungssäße für die Allgemeinheit nug- bringende Werte zu schaffen, auch auf diesem s{hwierigen Gebiet allmählich Wandel schaffen wird. Es muß aber Gewicht darauf gelegt werden, daß mit allem Nachdruck die geseßlihen Bestim- mungen in einer Weise durchgeführt werden, welhe eine Unter- stüßung von Personen ausschließt, die keinen geseßlihen Anspruch auf eine solche haben. (Zwischenrufe von den U. Soz.)

entsteht, daß în einzelnen Teilen des Reichs das private Wirt- shastsleben Schädigungen ersährt, weil die vom Reich gezahlten

Fch darf dabei betonen, daß alle diese Maßnahmen auf sozialpolitishem Gebiete und auch auf dem dex Ernährungstwirt- schaft erforderlih waren und zum Teil noch sind, um im Reih das innerpolitishe Gleichgewicht zu erhalten und zu verhüten,

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Verpflichtungen aus dem Friedensvertrage unmbglih gema#

wird. Jh gebe mich daher der Hoffauug hin, daß in dieser Erkenntnis au die 1nterallirerten Regierungen die Gründe zu würdigen wissen werden, die uns diese Äupwenvungen zur unab- weislichen Pflicht staatlicher Selbsterhaltung machen.

F habe vorhin beiläufig darauf hingewiesen, daß das Reich in der Fürsorge für Sozial- und Kleinrentner in wesentlichem Umfang Aufgaben übernommen hat, die ihm grundsäßlih uicht obliegen. Eine sharfe Abgrenzung der Aufgaben zwischen Reih, Ländern und Gemeinden ist wesentlihes Erfordernis für eine end- gültige Ordnung der Reichsfinanzen. (Sehr rihtig! im Zentrum und rechts.) Es ist daher dringend geboten, hier klare Verkält- nisse zu schaffen, insbesondere auch das Vorshußwesen hinsihtlih der Besoldungen möglichst bald einzustellen. (Sehr richtig! im Zentrum und bei der D. Bp.) Neue Vereinbarungen zwischen Reich, Ländern und Gemeinden werden notwendig sein. Voraus» sezung hierfür wird aber sein, daß insbesondere au bei den Ge= meinden mit der gleichen Sparsamkeit die Verwaltung geführt wird, wie das im Reich geschieht. (Lebhafte Zustimmung.) Ohne hier im einzelnen Vorwürfe erheben zu wollen, fühle ih mich doch veranlaßt, darauf hinzuweisen, daß bei einer großen Anzahl vou Gemeinden Gehälter an Beamte gezahlt werden, die weder der Verantwortung der Beamten noch der finanziellen Leistungs- fähigkeit der Gemeinden entsprehen. (Sehr richtig! bei den D. Dem., im Zentrum und bei der D. Vp.) Die Gemeinden werden hier zu zeigen haben, daß auch sie bereit sind, sih der Notwendigkeit einer sparsamen Haushaltsführung niht zu bver- schließen. (Sehr richtig! rechts) Jch möchte dabei allerdings betonen, daß das Reich in keiner Weise einen Eingriff in die Finanzhoheit der Länder und Gemeinden und ihre Selbst= verwaltung beabsihtigt. (Sehr gut! bei der D. Bp.) Allergrößte Sparsamkeit ist auch hinsichtlih der Kriegsgesellz schaften erforderli, die die Reihhsregierung weiter abzubauen be- strebt ist. (Beifall rets.) Jch darf in dieser Beziehung auf die Ausführungen des Herrn Reichsshaßministers im Haushalt3- aus\huß dieses hohen Hauses verweisen, nah denen von den insgesamt vorhanden gewesenen 198 Kriegsgesell(haften nur noch 2 vorhanden und 37 in Liquidation sind. 158 Gesellschaften sind bereits aufgelöst worden. Es wird weiter der ernstesten Auf merksamkeit bedürfen, daß auch bei der Abwicklung der leßten Reste dieser staatlißhen Zwangswirtshaft ein beschleunigtes Tempo eingehalten wird. (Sehr richtig! bei den D. Dem.)

Jch möchte au bei dieser Gelegenheit besonders darauf hin» weisen, daß im Versorgungswesen die Einsparung einer erheb lihen Zahl von Beamten sich hat ermöglichen lassen, was Sie als Beleg dafür hinnehmen wollen, daß die Reichsregierung, wo sich immer die Gelegenheit bietet, die Beamtenstellen auf das erträglihe Maß verringert.

Dafür bietet ein weiteres shayministeriuums, aus dem

Beispiel der Haushalt des Reichs

verschiedene Arbeitsgebiete zum Zweckte der Einsparung von Kräften auf das Reichsfinanz- ministerium übernommen worden sind. Dem Reichs\haßz- ministerium verbleiben in der Hauptsache nur die Vermögens verwaltungen für die beseßten rheinishen Gebiete, die Ange- legenheiten der mit Reichsmitteln arbeitenden Jndustrie und die Mitarbeit bei der Bearbeitung der reichseigenen nicht milîs tärischen Liegenschaften und Bauangelegenheiten, Dementsprehend ist dieses Ministerium selbst verkleinert worden.

Ein kurzes Wort zur Frage der Aufhebung des Schaßz- ministeriums und von Mini ‘erien überhaupt. Diese Frage soll weiter sorgfältig von der Reichsregierung geprüft werden. Jh muß aber dabei darauf aufmerksam machen, daß es im einzelnen Falle niht von finanzieller Tragweite zu sein braucht, ob das eine oder das andere Ministerium als solhes weiter besteht, sondern daß der Schwerpunkt dahin zu verlegen ist, den Aufgaben- kreis und den Umfang der Betätigung der Reichsberwaltung überhaupt einzuschränken und auf das unbedingt notwendige Maß zurückzuführen. (Sehr gut! bei den D. Dem., im Zentrum und rechts.) Wenn dies geschehen ist, wird zu prüsen sein, ob sih al3 Folge hiervon auch eine Auslösung einzelner Ministerien und eine anderweite Verteilung der Arbeitsgebiete ergeben kann.

Meine Damen und Herren! Fch komme nunmehr zu dem \chmerzlihen Gebiet der unwirtschaftlihen Ausgaben, die uns dur die interalliierten Kommissionen auferlegt werden. Solche Ausgaben verursaht insbesondere die auf Erfordern der inter- alliierten Militärkommissior woiedereingerihtete Heeresbauverwals- tung, deren Aufgaben mit Leichtigkeit durch die Reichsbauverwalz tung hätten mitrersehen werden können. (Hört! Hört! im Zentrum.) Ferner müssen auf Anordnung dieser Kommission Munitions und Kriegsmaterial, soweit sie zur Ersparung der Kosten der Ersaßbeschaffung und zur Schonung der Kriegs=- ausrüstung über die Sollbestände hinaus bisher noch zurü behalten waren, jeßt zerstört werden. Hierdurh entstehen für die Neubeschaffung im Fahre 1922 mindestens 50 Millionen unwirt- schaftlicher Mehrausgaben, die sih in der Folgezeit noch erheblih steigern werden. (Lebhafte Rufe: Hört! Hört!)

Weiter entstehen unwirts{haftlihe Kosten auch durch die Um- stellung ungecigneter Privatfabriken, auf welche die interalliierte Militärkommission die Herstellung von Kriegsmaterial beschr.nkt hat, obwohl Fabriken mit den für jenen Zweck erforderlihen Ein- richtungen vorhanden sind. (Rufe in der Mitte und rechts: Hört, hört!) Es wäre dringend zu wünschen, daß die alliierten Regie- rungen, die von uns so energish Sparsamkeit verlangen, dafür Sorge tragen, daß ihre eigenen Organe uns niht zu unwirtschaft- lihen Ausgaben zwingen. (Sehr gut! bei den Sozialdemokraten, in der Mitte und rechts.)

JFchG gehe nunmehr zu den Betriebsverwaltungen über. Diese haben zum ersten Male wieder einen balancierenden Haushalt vorgelegt. Die Tarife sind sowohl bei der Eisenbahn twoie bei der Post gewaltig erhöht worden, und zwar im Eisenbahnpersonen- verkehr auf das 15- bis 19ache, im Eisenbahngüterverkehr auf das 32fache und im Post- und Telegraphenverkehr auf das 21fache der Friedenssäße. Sie sind also zum Teil stärker erhöht worden, als es der inneren Entwertung der Mark entspriht, (Hört, hört! bei den Deutschhnationalen.)

Die Verkehrsverwaltungen sind sich mit diesem hohen Hause darüber klar, daß die Balancierung ihres Etats nicht nux auf dem Wege einer schematischen Tarif- und Gebührenerhöhung, sondern vor allem auch durch innere Sanierung dexr Betriebe erreiht werden muß. (Zustimmung bei den Deutschen Demokraten und der

daß durch Zusammenbruch der Staatsordnung die Erfüllung der

Deutschen Volkspartei.) Zur Beschränkung der Ausgaben haben

L a A C S S I E E E I I E F

E H A Lia E Sai:

E Le E C tz g

daher beîde Verwaltungen Reformpläne aufgestellt, welche Sicer- heit dafür shaffen sollen, daß das mit Mühe hergestellte Gleich- gewiht in ihrem Haushalt erhalten bleibt. Den inneren Reformen stellten sich einzelne Demobilmachungsvorschriften hindernd in den Weg. Jn gemeinschaftlichen Beratungen der beteiligten Ministerien der Arbeit, der Post, des Verkehrs und der Finanzen ist es aber gelungen, eine Grundlage für die Wegräumung des insbesondere durch § 12 der Demobilmachungsvorschriften gegebenen Hinder- nisses zu erzielen, und ih darf. feststellen, daß dieser von der Reich3- regierung vorgeschlagenen Regelung in den leßten Tagen auch der Sozialpolitishe Ausschuß des Reichswirtschaftsrats zugestimmt hat. Für die Reichsfinanzverwaltung darf ih bei dieser Gelegenheit die Erklärung abgeben, daß sie bei aller Erkenntnis von der Not- wendigkeit eines beshleunigten Personalabbaues in den Verkehr8- verwaltungen doch ihrerseits bereit ist, dazu beizutragen, im Rahmen des Möglichen etwa im Einzelfall entstehende Härten zu mildern.

Die Ausgaben im außerordentlihen Haushalt beider Verkehrs- verwaltungen sind so weit eingeschränkt wie irgend möglih. Bei der Eisenbahnverwaltung betragen sie nur 1% v. H. des Anlage- wertes, während in der Vorkriegszeit darauf etwa 3 v. H. aufge- wandt worden sind. Neue Bahnen sind seit dem Kriege überhaupt nicht in Angriff genommen worden, und von strategishen Bahnen, von denen Herr de Lasteyrie in seinem Berichte spricht, ift über- haupt nit die Rede. (Hört! Hört!) Die in Baden und Württem- berg angelegten und von ihm bemängelten Linien sollen aus- {ließlich dazu dienen, den im Westen gesteigerten Anforderungen, inSbesondere der Kohlenabfuhr, zur Erfüllung des Friedensvertrages zu entsprechen.

Meine Damen und Herren! Der Haushalt zur Ausführung des Friedensvertrages erfordert als laufende Ausgaben die ungeheure Summe von rund 148 Milliarden Mark und für außerordentliche Ausgaben rund 40 Milliarden Mark. (Hört! Hört!) Diese Aus- gaben sind bemessen. anf Grund des Londoner Zahlungsplans. Dabei ist ein Entwertungsfaktor von 45 für die Umrechnung der Goldmark in Papiermark zugrunde gelegt. Hier tritt wieder die völlige Unsicherheit der Aufstellung des Etats bei nicht stabiler Valuta deutlih in die Erscheinung. (Sehr richtig!) Ob dieser Faktor richtig gegriffen ist oder nicht, ist völlig unsicher. Die Lasten können si, in Papiermark ausgedrüdckt, stark ermäßigen, sie können sh aber au sehr erheblih steigern. Dazu kommt, daß wir noch nit wissen, was das Ergebnis der jeßt schwebenden Reparation3- verhandlungen mit der Reparationskommission und den Alliierten Mächten sein wird. Wenn wir dies erhalten haben, werden wir die Höhe unserer Leistungen und die sich daraus ergebenden Ziffern für den Etat mit etwas größerer Sicherheit übersehen können.

Meine Damen und Herren! Sie haben inzwischen aus der Presse ersehen, welche Antwort die deutsche Regierung auf die Ent- hließung der Reparation3kommission vom 13. Januar gegeben hat. Die deutsche Regierung hat darin dargelegt, daß, wenn man das Reparationsproblem rein vom wirtschaftlihen Standpunkte an- schen will, Deutschland für das Fahr 1922 zu Leistungen in Devisen überhaupt niht herangezogen werden dürfte. Die Produktivität der deutshen Wirtschaft, insbesondere au der Landwirtschaft, ist er- heblich zurüdgegangen, und die Handelsbilanz Deutschlands ist in sehr beträchtlihem Maße passiv und wird es wohl auch bleiben, jo daß es nicht möglich ist, die erforderlichen Barbeträge heraus- zuirirtshaften. Der unentbchrliche Einfuhrbedarf an Rohstoffen und Lebensmitteln beläuft sich auf je annähernd 214 Milliarden Goldmark. Während der Wert der Ausfuhr vor dem Kriege aber rund 10 Milliarden Goldmark betrug, ist er auf rund 4 Milliarden Goldmark gefallen, also unter Berücksihtigung der allgemeinen Steigerung der Weltmarktpreise auf etwa den vierten Teil der Aus- fuhr vor dem Kriege. Daher ist die Zahlungsbilanz mit etwa rund 2 Milliarden Goldmark passiv und infolgedessen eine anhaltende Festigung der Mark niht mögli. Unter diesen Umständen be- dingt jede erhebliche Devisenzahlung eine neue Erschütterung des Markkurses und entwertet gleichzeitig die inneren Einnahmen unter Steigerung der Ausgaben. Dabei muß dann die JFnflation weiter anshwellen und Deutschlands Fähigkeit zu Reparationsleistungen immer mehr s{winden.

Die deutsche Regierung hat sih tro ihrer schwierigen Lage aber der Erkenntnis nicht verschlossen, daß aus politishen Gründen ein Hinausschieben der Barleistungen jegt nit mögli sein wird. Die deutsche Regierung hat stets die Bereitwilligkeit erklärt, für die Wiederherstellung der zerstörten Gebiete alles zu tun, was irgendwie in ihrer Macht steht. Sie hat sich daler darauf beschränkt, die Reparationskommission darum zu ersuchen, nochmals unter Berüdcksichtigung der in der Note angeführten Momente zu prüfen, ob niht die in Cannes genannten Zahlen von 720 Millionen Mark in Gold in bar herabgeseßt werden sollen. Geschieht dies niht, so würde sich im Kalenderjahr 1922 eine Reparations- leistung Deutschlands bis zu 2,17 Milliarden Mark Gold ergeben. Vei einem Umrechnungsfaktor von 45 ich will der Einfachheit halber diesen dem vorliegenden Etat zugrunde gelegten Faktor bei- behalten würde das einen Aufwand in Papiermark von rund 97,5 Milliarden Mark bedeuten. Das is zwar weniger als die im ordentlichen Haushalt mit 135 Milliarden ausgeworfene Summe zur Ausführung des Londoner Zahlungsþlanes; es ist aber immer noch eine Ziffer, die Deutshland unmöglih aus laufenden Ein- nahmen oder aus Anleihen einschließlich einer Zwangsanleihe delen kann. (Sehr wahr! bei den Deutshen Demokraten.)

Werden die Leistungen in dieser Höhe festgeseßt, so bleibt nihts übrig, als wieder die Notenpresse in starkem Umfange in Bewe- gung zu seßen, und damit ist das von den Alliierten selbft gewünschte Ziel der Stillegung der Notenpresse von vornherein vereitelt. Die Alliierten müssen sich darüber klar sein, daß die beiden Ziele, nämlich erhebliche Reparationsleistungen und Besei- tigung der deutshen Jnflation mit ihren bekannten Nachteilen für die Jndustrie der alliierten Länder nicht zu vereinigen sind. (Sehr rihtig! bei den Deutschen Demokraten, im Zentrum und bei der Deutschen Volkspartei.)

Meine Damen und Herren! Diese Ausführungen zeigen, daß mit einer Regelung für das laufende Fahr und sih etwa ansthlie- ßenden Regelungen für künftige Fahre das Reparation?problem nit zu lösen ist. Sie wissen, daß uns der Leiter der Bank von England in Uebereinstimmung mit den Auffassungen der Londoner

Bankwelt mitgeteilt hat, daß, solange wir unter der Herrschaft

der gegenwärtigen Bedingungen des Londoner Zahlungsplanes stehen, uns ein ausländischer Kredit niht gegeben werden kann. Anders als mit einem großen derartigen Kredit können aber die

Bedürfnisse der Allüierten, in*besondere von Frankrei, auf Zah- lung in Devisen nicht befriedigt werden.

L Die Lösung der Frage kann nur so erfolgen, daß durch eine andere Gestaltung der uns auferlegten Bedingungen für die Repa- ration die Kreditwürdigkeit Deutschlands wiederhergestellt wird. Wir müssen immer wieder auf diesen Kardinalpunkt des Problems den Finger legen. Wie groß auh unsere Anstrengungen sein mögen, sie werden ein unzulänglicher Versu zur Regelung unserer Finanzlage bleiben, solange niht die alliierten Länder an der Lösung diefer entscheidenden Frage der Weltwirtshaft in weit stärkerem Maße als bisher positiv mitarbeiten werden. (Sehr rihtig bei den Deutschen Demokraten, im Zentrum und bei der Deutschen Volkspartei.) Nur die höhste Anstrengung unserer Leistungsfähigkeit in Verbindung mit einer ihr angepaßten Fest- seßung unserer Reparationsverpflihtungen kann die Gewähr für eine allmähliche Abwendung von der heutigen unerträglichen Lage bieten. Es scheint, als ob diese Erkenntnis weiter auf dem Marsche ist, wenigstens in den Wirtschaftskreisen des Auslandes. Ob sie allerdings in absehbarer Zeit auch auf dem Gebiete der politishen Führung der Völker sich positiv auswirken wird, steht heute noch dahin. Und doch liegt gerade hier der Schwerpunkt. Die ungeheuere Disharmonie zwischen der politishen Gedanken- welt und den wirtschaftlichen Notwendigkeiten lastet chwer auf der ganzen Welt (sehr rihtig bei den Deutshen Demokraten) und ver- strickt neben der deutshen Wirtschaft in zunehmendem Maße auh diejenige dex anderen Länder in die shwerste Depression. (Sehr richtig! bei den Deutshen Denokraten, im Zentrum und bei der Deutschen Volkspartei.) Noch \s{üttelt sich die nah Gesundung ringende Weltwirtschaft in shweren Fiebern, und noch sehen wir nicht die Zeichen einer wirklihen Rekonvaleszenz. Eins allerdings scheint mir siher. Es muß und wird der Tag kommen, an dem der nackte Wille zum Leben die Völker dazu treiben wird, den heutigen Krankheitszustand der Wirtschaft der Welt gemeinsam zu heilen. Aber noch ïst es völlig ungewiß, ob dieser Tag nah oder fern ist; und noch ist es auch durhaus ungewiß, ob es dem deutschen Volke troy alle? Mühen und Opfer gelingen wird, bis zu jenem Tage seine Wirtschaft und sich selbst weiter mühsam wie bisher über Wasser zu halten. (Sehr richtig! im Zentrum und bei der Deutschen Volkspartei.)

Es bleibt uns nichts übrig, als den kommenden Dingen ruhig, ohne Optimismus, aber im Gefühl unseres guten Rechtes, im Be- wußtsein unserer äußersten Anstrengung zur Erfüllung unserer Verpflihtungen und shließlich auch mit dem selbstverständlichen Willen nationaler Daseinsbejahung entgegenzusehen. (Sehr gut! bei der Deutschen Volkspartei und im Zentrum.) Auch das deutsche Volk hat noch ein Recht zum Leben, wenn es sich auch damit ab- finden muß und abgefunden hat, unter wesentlich härteren Be- dingungen zu leben als vor dem Kriege.

Und noch auf ein anderes Recht dürfen wir Anspruch erheben. Die Tatsache, daß außerhalb unserer Grenzen immer wieder fo namentlich in den leßten Wochen der ernste Erfüllungswille des deutschen Volkes angezweifelt wird, zwingt uns dazu, laut vor aller Welt auf unsere gewaltigen Leistungen zur Durhführung des Friedensvertrages und zur Heilung der durch den Krieg der Welt geschlagenen Wunden hinzuweisen. (Sehr richtig! bei der Deutschen Volkspartei.) Der Zähigkeit des JFrrtums müssen wir immer wieder die Wucht der Wahrheit entgegenseßen. (Bravo! im Zentrum, bei den Deutschen Demokraten und bei der Deutschen Volkspartei.) Es ist an der Zeit, daß die Welt nicht nur vom deutshen Erfüllungswillen hört, sondern auch unsere Erfüllungs- tätigkeit erkennt und würdigt. (Beifall.) Gewiß ist die Welt heute im allgemeinen propagandamüde, und wir wollen sie auch nicht mit einer neuen großen Propagandawelle überziehen. (Leider! bei den Deutshnationalen.) Aber wenn sie immer wieder mit allge- meinen Vorwürfen gegen Deutschlands Willen und Leistung be- unruhigt wird, so dürfen au wir nicht offensiv, sondern in be- rehtigter Abwehr mit den konkreten Tatsahen an das Welt- gewissen appellieren. (Zustimmung bei der Deutschen Volkspartei.)

Und noch eins darf ich zum Schluß Hinzufügen. Die Not unseres Volkes ist so groß und der auf uns allen lastende Dru so furhtbar, daß es wahrlich einer noch weiteren Verschärfung unserer Lage nicht bedürfen sollte, um uns alle erkennen zu lassen, daß es an der Zeit ist, unseren häuslihen Streit mehr zu begraben (sehr gut! bei den Deutshen Demokraten) und uns daran zu er- innern, daß wir alle Glieder einer großen eng verflochtenen Vo!ks- gemeinschaft sind, deren Wiedererstarkung eine gemeinsame Lebens- notwendigkeit für uns alle darstellt. (Sehr gut! bei den Deutschen Demokraten.) Man braucht niht Gegner der Austragung vor- handener Fnteressengegensäße zu sein und kann doch den Wunsch hegen, daß unser Volk in großen nationalen, Sein und Nichtsein angehenden Fragen einig zusammenstehen sollte. (Sehr richtig! bei den Deutschnationalen, bei der Deutshen Volkspartei und bei den Deutshen Demokraten.) Nur so dürfen wir hoffen, die uns zukommende Aufgabe bei einer wirklihen Besserung der inter- nationalen Lage zu erfüllen und die notwendigen Vorausseßungen für eine ersprießlihe Arbeit bei der nächsten Etappe inter- nationaler Fühlungnahme der Konferenz von Genua zu schaffen.

Wenn weiter das hohe Haus im Einvernehmen mit der Reichsregierung und dem Reichsrat sih die baldige Verabschiedung des Haushalts angelegen sein läßt, so werden wir, meine Damen und Herren, der deutshen Delegation die Möglichkeit bieten, die Verhandlungen in Genua mit dem Hinweis darauf zu erleichtern, daß das deutsche Volk alles aufbietet, um seiner aus dem Friedens- vertrag geborenen Notlage gerecht zu werden. Daher geht meine dringende Bitte an Sie, die Beratung {nell und unter An- wendung des Grundsaßes der äußersten Sparsamkeit durchzu- führen. (Bravo! im Zentrum, bei den Deutshen Demokraten und bei der Deutschen Volkspartei.)

Abg. Sch eidemann (Soz.): Die Zahlen des alten Etats ersheinen uns gegen die jeßigen geradezu fleinlih; dieser Etát zeigt uns den furchtbaren Absturz unseres Landes. Wir sind zu einem Volk von Bettlern geworden, und es liegt niht in unserer Macht, mit einem Schlage eine Besserung herbeizuführen. Webs dem Besicgten! Hätte man die Wechselwirkungen zwis der au seren und inneren Politik früher erkannt, so wäre uns der ent- [es iche Stieg vielleicht erspart geblieben. Das deutsche Volk muß

ie frühere Politik jeßt teuer bezahlen. Abgesehen von Schiebern und Kriegsgewinnlern, denen es glänzend gebt, die aus der Not des Volkes Gewinne ziehen, leidet das ganze Volk {were Not.

Vis vor zweï Monaten hatten die Sozialrentner täqlich rur 3,20 Æ Rente, die Unfallverlezten nur 2,40 M, die Waisen nur

1,10 f. Der Laib Brot wird in | LToppelte des heutigen Preises n De Son EEA in die Höhe, die Mieten müssen gesteigert, sonst kann nit werden; unsere Häuser werden in Ruinen verwandelt, rend rankreih wiéder aufgebaut wird. Die Statistik zeigt uns das Sohnungselend in Berlin. Die Einkommensteuer soll 23 Mil- [iarden erbringen, die Ae die die Aermsten noch mehr belastet als die Reichen, 4 Milliarden. Auch die besißenten Klassen müssen erkennen, daß sie si einshränken und erheblich / ößere Opser bringen müssen. Wenn unser Volk weiter so Not eiden soll, dann muß es wenigstens ein Ziel haben, für T es nirt und friert, orst verfällt es dem Fatalismus oder der narchie. Un wir haben ein solches Ziel. Wir wollen ein ge- sundes Volk als ein starkes und gleihberehtigtes Mitglied der Kulturwelt. Wir wollen vor allem eine geachtete und eine ge- sicherte Republik. Leider sind wir von dem letzteren Ziele noch recht weit entfernt. (Zuruf bei den U. Soz.: Euere Schuld!) Unsere Rechtsprehung genießt heute weniger Vertrauen als je zuvor. Man braucht nicht zu unterstellen, daß unsere Richter etiva bewußt ungerecht sind, aber die Richter der Republik sind noch zum Teil die Richter des Kaiserreihs und haben sich mit der neuen Ordnung noch niht abfinden können. Die Gräfin Schlieffen wurde wegen Anstiftung zum Mord mit 14 Fahren Gefängnis bestraft; eine Kommunitistin, die während des mitteldeutshen aa einen Sanitätsdienst eingerichtet hatte, erhielt 6 Fahre Zuchthaus. Uls in einem Prozeß eine Prinzessin vernommen werden soll, shickt der Amtsrichter den bürgerlichen Gerichtsschreiber weg und läßt einen adeligen holen. Das find Beispiele deutscher Richter, deren sich die Republik chámen muß. Zugursten der Reaktion werden Progeife je nachdem von den zuständigen Richtern auf Jahre vershleppt oder in einem abgekürzten Verfahren erledigt. Gegen einen Redakteur wurde Anklage erhoben, weil er bei ciner Schilderung der Zustände in der Etappe behauptet hatte, die Offi= g zeigten in der Mehrzahl nur Beispiele besonderer Zügellosig- eit, der Kronprinz beherbergige einen Harem von Dirnen usw. Der Angeklagte benannte für die Wahrheit seiner Behauptungen 1500 Zeugen. Das Gericht wußte sih nicht anders zu belfeh, als daß es alle gestellten Beweisanträge als wahr unterstellte. Fn Schöneberg hat ein Amtsrichter ein Urteil „im Namen des Pöbels“ erlassen. Undere Gerichte erlassen ihre Urteile nach wie vor „im Namen des Königs“. Noch toller sind die Zustände in den Gefäung- nissen. Der vom Reichsgeriht zu mehreren Jahren Gefängnts verurteilte Leutnant Boldt ist aus dem Gefängnis entflohen. Gegen den Erlaß eines Steckbriefs legte die deutsche Offiziervereinigung Protest ein. Man hat den Leutnant bis heute noch nit wieder- gefunden, aber jein Kollege Ludwig Dittmar ist in der verflossenen Nacht aus dem Gefängnis in Naumburg entflohen. (Hört, hört!) Es gibt in Deutschland eine wohlorganisierte reaktionäre Ver- brecherbande, die dafür sorgt, daß die von einer Mörderzentrale ge- dungenen Mörder, do 3. B. die Erzberger-Mörder, nit gefaßt werden, oder daß, falls so ein erbärmliher Bursche gefaßt und ver- urteilt wird, er wieder entfliehen kann. Welcher Kontraft zwischen den auffallend milden Urteilen gegen reaktionäre Verbrecher und Hen graujamen Urteilen, die wegen Teilnahme an dem Putsch im Mitteldeutshland verhängt worden sind! Jch bitte den Juitiz- minister dringend, seinen Bestrebungen um Erlaß ciner Amnestie im Kabinett zum Durchbruch zu verhelfen. Auch in der Verwal-= tung sicht es schlimm aus. Die Tatsache, daß Beamte sih weigern, den Eid auf die Republik zu leisten, zwingt uns die Frage auf, ob nicht shnellstens das Beamtenrecht revidiert werden muß. Beamte, die das Geld der Republik nehmen, aber ihre Geseße und ihre Ver- lang sabotieren, kann und darf die Republik Ee gefallen lajjen. Fälle von Zurückseßungen, Schikanierungen, Maßregelungen ¡O demokratisher und sogar dem Zentrum ange=- )öriger Beamter haben geradezu in unglaubliher Weise zugenom- men. Das sollten sich die Beamten einfach nit gefallen lassen. Wir wollen wirflich keine Gesinnungsshnüffelei, aber wir müssen ver- langen, daß die Beamten sich wenigstens loyal verhalten. Wenn der Staatssekretär Bredow aus dem Reichspostministerium ih öffentlih auf dem Bahnhof als antisemitisher Agitator betätigt, so ist das mehr als eine Geshmadlosigkeit, und die Erklärung, die er und der Postminister gegeben haben, genügt uns in Kiner Weise. Warum verwendet man im Auswärtigen Amt die alten Siegelmarken aus der kaiserlihen Zeit? I Reichswehr muß ein durchaus e NRES Instrument im Dienste der Republik sein und bleiben; deshalb müssen alle ausgemerzt werden, die ge- willt sind, sie zu mißbrauchen. Die Fälle von Selbstmord in der Reichswehr injolge ungebührliher Behandlung durch Vorgesebte mehren sich in erschreckender ise. Manche Offiziere scheinen drauf und dran zu sein, das Uebermenshentum im Heere wieder einzusühren. Es stände übel um die Republik, wenn sie nicht ersten Anfängen mit großer Energie entgegenträte. Nach dem Bericht der E Nachrichten“ hat am 1. Januar der Kommandant eines Schiffes zwar die neue Reichsflagge aufziehen lassen, aber die der alten Flagge Senne üblichen Ehren- bezeigungen wurden nicht erwiesen, sondern die Man ften er- hielten einfach das Kommando: „Wegtreten!“ Dieses rt sollte der Wehrminister auch jedem Kommandanten zurufen. Der Leipziger Prozeß hat enthüllt, was für Leute an dem Dan Na beteiligt waren. Die Fagow, Schiele usw. waren beim Kapp- Putsch genau so tapfer wie im November 1918. Kapp verlangte von der Reichsbank 10 Millionen zur Besoldung seiner Truppen. Was ist es für ein Unterschied, wenn Hölz für seine Truppen Millionen erpreßt und Kapp für seine Truppen das gleiche ver- suhte? Jn Leipzig gab es Enthüllungen kleinster Streberei und Futterkrippenpolitik. Sie Unruhe rechts: Reden Sie doch nicht von der Futterkrippe; Sie sien ja selber E Beteiligt waren am Kapp-Putsch dieselben Leute, die durch ihre Schnoddrigkeit und Großspurigkeit die ganze Welt gegen uns aufgebracht, im Kriege dry ihr Maulheldentum alle Friedensmöglicteiten sabotiert und durch ihre militärishe Unfähigkeit das meiste zu der Niederlage beigetragen haben. (Lebhafte Atimmung ei den Sozial- demokraten, große Unruhe rechts.) dner zitiert uuter Lachen und Zurufen der Rechten Stellen aus einem Buche von Delbrück, worin von N L Q. sgsagt ird: Er Es nur Soldat und kein Stratege gewejen. Selbst Lintemirs ist vor den Angriffen der Deutschnationalen nicht sicher. (Die Rechte unterbriht dên Redner L mit Zurufen. Der Redner gerät dadurch in solche Erregung, daß er fortwährend mit der Faust auf das Pult s{lägt.) Bezeichnennd für die Kampfesweise der Deutshnationalen ist ein Artike des Hamburger Blattes „Die Reichsflagge“, worin die Verurteilung Eberts und Scheidemanns wegen Landesverrats ver- langt wird. Die deutshnationalen Blätter leisten an Hebe das Schamloseste, was es a (Zustimmung bei den Sozialdemokraten, roße Unruhe rets.) Lesen Sie (nah rets) doch die Rede hres Professor Roethe. Schämen Sie sh, daß ein Professor aus Jhren Reihen so spricht. Jeßt wird die Heye hesonders gegen Wirth betrieben. Sie sollten aber bedenken, daß das, was für Deutsch- land gerettet ist, nur gerettet wurde dank der Politik „dieses Hercn aus Baden“. Bei deutshnationaler Politik wäre alles verloren. (Großer Lärm rechts.) Von deutshnationaler Seite ist sogar die Frage aufgeworfen worden, ob Wirth an Paranoia oder mentia leide. (Zurufe rechts: Was soll das von dieser Tribüne aus?) Die Etatsberatung ist normalerweise die einzige Gelegen- heit, die gesamte Politik zu erörtern. Briand hatte in Washing- ton ret, als ex unterschied zwischen n und vernünftigen Männern, die in Deutschland friedli demokratishe Ein- rihtungen wollen, und anderen, die dur den Krieg nichts gelernt hätten. Die Briands sind ja auch in Deutshland noch nicht aus- gestorben. Die vreaktionären Herrschaften gewarnt, sollen nicht noch einmal mit dem Feuer spielen. Sie würden N die Finger weit s{hlimmer verbrennen. Wenn es nah ( auch zwei Deutschlands gibt, so haben die verstiegen nalisten bei uns im groben ganzen doch nichts zu auch gerade heute wieder spezie Montag“ De verlauten, lesen da von

Parteigenossen

iell aus Bayern in der elt am die zu denken geben g M r Aeußerung eines Hauptmanns, daß man f