1900 / 54 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 01 Mar 1900 18:00:01 GMT) scan diff

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Deutscher Reichstag. 156. Sißung vom 28. Februar 1900, 1 Uhr.

Der von den elsässiscen Abgg. Winterer und Genossen (b. k. F.) eingebrahte Geseßentwurf wegen Abänderung des 8 2 des Geseßes, betreffend die Verfassung und Ver- waltung Elsaß-Lothringens vom 4. Juli 1879, steht zur dritten Berathung. Jn der General-Diskussion behauptet der Abg. Wetterlé (b. k. F.), daß der Abg. Prinz zu Hohenlohe fi am Tage nah der legten Reicbstag8wahl ausdrücklih dahin erklärt habe, cinem Antrag auf Abschaffung des Diktaturparagraphen seine Stimme geben zu woll:n. Er habe fich in der Wablbewegung für Abschaffung aller Ausnahmezesete ertlärt, er habe ih vollständig auf den Boden des Programms des Hagenauer Wablcomités ge- stellt, und auf einem auf amtlihen Pavier gedruckt-n Plakat habe er vor der W2hl erklären laffen, daß er vor allem für Abschaffung des sogenannten Diktaturparagraphen eintreten werd?2. Der Prinz zu Ee habe von einem Anachronismus in dem Berhaliten der

evölkerung gefprohen. Ein Anatronismus fei es aber, wenn ein junger, unerfahrener Mann über die Köpfe zahlreicher, erfahrener, be- währter Beamten hinweg auf einen hohen Verwaltungépoften berufen werde. (Präsident Graf von Ballestrem verwcift dem Redner, die amtlichen und perfönlihen Beziehungen des Nbg. Prinzen zu Hohenlohe in die Debatte zu ziehen.) Das Aergste babe der Statthalter selbst geleistet. Er habe an das Colmarer Wahlcomits die Eröffnung gelangen laffen, daß, wenn der Abs. Preiß nicht wiedergewählt würde, binnen drei Monaten der Diktaturparagraph vers{hwunden sein werde. Das Colmarer Wahlcomité habe aber von diefer Zuschrift keinen Gebrau gemaht. Gegen die katholish:n Zeitungen im Elsaß seien systematisch seit Jahren die Verfolgungen auf Grund ber diktatorischen Vollmachten im Gange; die Blätter, welche für die Regierung ein- träten, blieben unbebelligt. Ein demokratisher Volkéverein habe in Mülhausez gegründet werden follen; er fei verboten worden, weil das Wort „demokratisch" verfassungétwidrig set. Gegen den Wortlaut der Reichsverfassung lei in Elsaß-Lotbringen ein Landeêëpreßzeseß eingeführt, neben welwem alle früheren Bestimmungen der franzößschen Preßgesezgebung gemäß . der Auslegurg der Landes- regierung einfah in Kraft bleiben. Dieje Thatsachen, fo {ließt der Redner seine Ausführungen, werden dem Reichstage wohl die Ueber- zeugung beibringen, daß mit der Diktatur, mit der alles gemacht werden fann, ein- für allemal aufgeräumt werden muf.

Kaiserlicher Geberimer Ober - Regierungsrath Halley: Wir haben in Elsaß-Lothringen weder offizióse Negierungsblätter, noh offizielle Kandidaturen. Ein Dru für die Kandidatur - des Prinzen Piventode ist von der Regierung nihcht ausgeübt worden.

as Sthreiben des Statthalters hättz doch verlesen werden follen, daru würde sich das Haus . überzeugt haben, daß das Behauptete in dem Briefe nicht \tand. Die Ausführungen über das WVereins- und Versammlungéreht baben mit dem Difktaturparagraphen ni&bts zu thun. Es ist ein Vereinsverbot er- folgt, nahdem festgestellt war, daß der Verein die statutarischen Saßungen vollständia übertreten batte. Der betreffende Verein hatte den statutarishen Zweck, Religion und Sittlichkeit zu beben; er zeigte sich aber als rein politisher Vecein bei den Eemeinde- rath8swahlen von 1896, wodur die Gemeinden ia Ecr- regung geseßt und gespalten wurden. Dennoch warde der Verein noH niht aufgelöt; aber bei den Rzich2tagéwaßlen von 1898 mußte die Auflösung wegen feiner Agitation für einen Protestantea gegen etnen ftrenggläubiger, frommen Katholiken selbstverständlich erfolgen. Das Reichspreßgesth bestimmt ausdrütckli®, daß für Elsaß-Lothringen die Landes8ges: gebung auf diesem Gebiete maßgebend bleibt. Wenn gegen gewisse Zeitungen eingeschritten wird, so geschieht es niht auf Grund des Diktaturparagraphen, fondern weil im Jahre 1896 und 1897 der Statthalter zwei Zeitungen in Colmar verboten hat, roelhe eine aän:lich unpatriotishe Haltung beobachteten und z. B. die Perfon des Schôpfers des Reichs direkt verunglimpften, und weil die an die Stelle der beiden unterdrückten Blätter getretenen neuen Blätter, die von dem Aba. W:tterlsó redigiert werd:n, das , Journal de Colmar“ und der „Elsäfser Courtiec“ nih!s anderes als die Fortsezung jener vorstellen. y

Abg. Roellinger (b. k. F.): Alle wabren Freunde des Reihhs- [andes müssen mit u"s ihre Stimme für die Beseitigung eines so gerihteten Ausnahmegesezes erheben.

Damit schließt die General-Diskussion. Der Gesezentwurf wird mit großer Mehrheit definitiv angenommen; dagegen ftimmen nur die anwesenden Deutschkon}ervativen mit Aus- nahme des Abg. Jacobskôötter.

Es folgt die erste und zweite Berathung des von den elsässishen Abgg: Küchly und Genossen (b. k. F.) eingebrachten Gesehentwurfs wegen Neuregelung der Wahlen zum Landes8aus\huß von Elsaß-Lothringen, wonach diese, ebenso wie die Reichstagswahlen allgemein, direkt, gleich und g heim sein sollen und auf je 30 009 Seelen ein Abgeordneter gewählt werden soll.

Abg Winterer begründet den Antrag. Der Lande2auétshuß stebe noh heute jedem Einzel-Landtage an Bedeutung nah; er stehe unter der Vormundschaft des Deutichen Reichatages. Auch diese Un- mündigkeit des Landezausshusses werde beseitigt werden müssen, wenn das Neichéland ein gleihbere(wt'gtes Staatswesen w-rden solle. Eivst- weilen b-anspruche indessen tie Besei'izung des buntsch-ckigen indirekten Wabi systems, aus dem jeßt der Lindesausshuß hervorgehe, das Hauptinteresse. Die 20 Abgeordneten der Kreise wüiden von ten Gemeinderätben gewählt; dbiesec Waiblmodus öffne allen Wah:- intriguen Thür vnd Tbor, und bon freier Wahl tei richt die Rede. ie Gemeinderäthz, Kceis- und Baiirkstage, auh die Reithstage

en Lantesauss{uß eirgeführt weiden. Der Reichétag habe den 7, 1 {on mehimals angenowmin; Redrer bittet, dics auch heute 1 thun,

Büsing (nl.): Wir sind zu unserm Bedauern nicht in der

Gesundheitsrückstc, „Ar:raz der Elsäfser Abgeordneten zu unterstützen. Ohne beten: das Gesuch ) ede und Vortheile der cinzelnen Wablsysteme einzugeben,

Mt dem Reichelande zu thun baben, glauben wir, daß Ldie Aufhebung des Diktatunparagraphen erreicht

Noch: Hafer. 13,00 13,00 13,00 13 00 13,50 14 00

13 80 14,10 14,20 13,80 14,00 13,60

13,80 14,34 15,00 13 60

14,00 13,20 14,00 12,80 13,00 11,60 11,90

13,33 13.40 14,09 14 00 14 49 14,29 14,00 15,09 14 09 14,00 13,00 12,10

12,67 12,50 13,20

13,90 13,40 13,40 14,34 13,60 13,20 12,80 11,40

12,67 12,50

13,80 13,20 13 20 13,90 13,20 12,20

11,30

emerkungen. Die verkaufte Men e wixb auf volle Doppelzentner und der Verkaufswerth auf volle Mark abgerundet mitgetheilt. Der Dur liegender Strich (—) in den Spalten für Preise hat die Bedeutung, daß der betreffende Preis nicht vorgekommen ist, ein

werden foll, die Beruhigung der Bevölkerung, dur die Einführung des Reichswahlrehts und die damit untrennbar verbundene Agitation und Aufregung wieder verloren gehen würde. Aus diesem einfachen Grande stimmen wir beute gegen den Antraa.

Abg. Kücbly: Auf dem Volke baut fh doch alles auf. Ver- waltung und Regierung find für das Volk da „und nicht umgekehrt. Eine Wahl, welde nur fo oberflählih geshieht und noch dur allerlei Beeinflussungen verunstaltet wird, kann die Stimmung des Bolks nicht richtig wiedergeben. Hcffeatlih unterstüßt uns das hobe Haus au diesmal und hilft den Bann vershwinden machen, der noch immer über den elfaß-lothringishen Brüdern liegt.

Abg. Gröber (Z ntr.): Es ift sehr interessant, daß gerade ein Liberaler sfi gegen die direkte Wabl ausspriht. Bisher haben gerade fie ein großes Gewicht darauf gelegt, und der von Herrn Büsing angeführte Grund trifft ganz und gar niht zu. Der gegenwärtige Landesaushuß kommt auf dem Wege einer Siebung zu stande, welhe eine Zusammenseßung erçiebt, die nicht mehr vom Ver- trauen der Bevölkerung getragen wird, die nur noch den Sein einer Volksvertretung darstellt. Herr Büsing wird doch noch wissen, wie Fürst Bismarck sih über die indireften Wablen au8gesprohen hat. Die Nationalliberalen wollen die Elsaß-Lothringer vor der Aufregung bewahren, wle direkte Wablen mit si bringen; sie verF&ssen, daß bei den Reihêstagswahlen diese Aufreaung auch von den Reichslanden nicht fern gehalten werden kann. Und es ift doch ein seltsames Sthau'piel, wenn ein auf Grund des allgemeinen Wahl- rechts Gewählter fi für die! indirekten Wahlen ausfpriht. Wir werden, wie fcüber, für den Antrag stimmen. Da der Untrag ja do jest s{werlich Geseß werden wid, so bringen die Antragsteller bei späterer Wiederaufnahme desselben eine nottwendige Verbesserung hinein, da jeßt eine Bestimmung über die Mandatsdauer fehlt.

Abg. Bebel (Soz.): Herr Giöber irrt, wenn er glaubt, erst beute trâte ein Nationalliberaler gegen das allgemeine Wablrecht auf. Das haben die Nationalliberalen bei jeder sih bietenden Gelegenheit gethan; fie haben au das allgemeine Wahlrecht in Sachsen aufs heben helfen. Jn den meisten deulshen Bundeëstaaten bestehen leider noch indirekte Wablsysteme. Daher freut es mich doppelt, wern eine so starke Partei wie die Z-ntrumépartei für die direkte Wahl eintritt. Für Elsaß-Lothringen würde die Annahme des Antrages nur die Wiederherstellung eines alten Rechts bedeuten. Wäre Herr Büsing mit feiner Meinung im Recht, daß die indirekten Wab- len Beiubigung schaffen, so müßte doch auch für den Reichstag die indirekte Wabl den Vorzug verdienen. Mit dieser Haltung treten übrigens die Nationalliberalen in Widerspruch zu ihrer Meinung, daß ter Diktaturparograph aufgehoben werden |, muß, weil keine Aufregung, keine, Unruhe, keine Be- wegung im Lande vorhanden fei, die die Aufrechterhaltung zur Nothwendigkeit mae. Das ift jz eben das Wunderbare, daß die Regierung vom Volke für sich blindes Vertrauen verlangt, dem BVoike aber nah wie vor mit dem größten Mißtrauen gegenüversteht. Ein trauriges Zeugniß ift es überhaupt, daß jeyt nah 30 Jahren noch, wo schon eine neue Generation im Reichslande erwachsen ift, immer nsch wie mit einer eben eroberten, durhaus feindlich g:\finnten Be- völkerung verfahrea wird. Ï

Abg. Bargmann (fr. Volksp.): Wir fordern programmmäßig die Ausdehnung d s allgemeinen, gleichen, direkten und geheimen Wablrechts auf die Einzelstaaten, und seheu in den speziellen Ver- bältnifsen der Reichélande kein Hinderniß der sofortigen Einführung. Nur dadur, daß wir den Elsäfsern volles Vertrauen entzegenbringen, können wir das ihrize gewinnen. Die Furht vor Aufregung tann uns nicht irre mah2n; wir haben das Volk und seine Veitretec nicht

zu bevormunden. Damit schließt die erste Berathung. Nach dem Schluß-

wort des Abg. Delsor (b. k. F.) tritt das Haus sofort in die zweite Beratyung ein, in welcher der Geschentwurf in seinen einzelnen Paragraphen gegen Deutschkonservative, Neichspartei und Nationalliberale ohne Debaite angenommen wird. E

Darauf beschäftigt sih das Haus mit Petiticnen und seßt zunächst die gestern abgebrohene Berathung über die Petition wegen der Besteuerung der sächsischen Konsum- vereine fort.

Abg. Bebel fübrt aus, es sei charakteristish, daß die äße Regierung und ihr Vertreter die Kon'umvereine der Arbeiter mit den großfapitaliftisch-n Vereinigungen gleih ahteteo. Trotz dieser künst- lihen Klassifi!ation seien wirklich aroßkapitalistiihe Unternehmungen von dieser Sondersteuer niht getroffzn worden, die Maßregel sei aus- \chließlich aegen die Konsumvereine der Arbeiter gerihiet. Das thue dieselbe Regierung, welhe mit 2 Millionen im Budget das ländli@e Genofsensch1f!8vesen unterstütz-, also etwas thue, was den Mittelstand nothwendig s{chädigen müsse. Man habe heute unter den [ändliden Genofsenshaften eine Merge von Einkaufs- und Verkaufsgenoss-nshaît:n; diese s{hädigten unzweifelhaft das Kleingewerbe, nameutlid in den kleinen Städten, ganz avßerocdentlih. Das beleuchte ‘die angcblihe Mittelfitandop-litik in b6chsstt eigenartiger Weise. Sie verkauft-n alle Kolonialwaaren, Weine, Papier 2. 2c., es gebe kaum noh einen Gegenstand, den si? nit in ih en G2\hiits- betrieb zôzen, aber von einer besonderen Besteuerung höre man nid ts, von diesem Gesiht?puakt aus bekomme tie Umsfatz‘teuer den C arakter eines Klassonausnahmegeseyes. Früher habe man den Arbeitern die Genossenshaft in gewissm Sinne als Allbeilmittel enpfohlen und danah das Gencfsenschaftsgeses umgestaltet; baute gebe eine Regierung, wie die des induftriell so boch entwidckelten L2ndes Sachsen, mit solhen Ausnahme:naß- regeln gegen die Arbeiter vor, welche ih diess Mittels nab dem Geseg bedienten. Nit die Bazare, die Konsumzenc\s 1schaiten scien es, welhe die Ersheinurgen herbeirührten, gegen die min in Sahse: und jeyt auh in Preußen mit Steuervexationen vorg:h?, es set die ungebenerlie Z1nahme des Kleinh :ndels selbst, der sit felkec cine viel shärfere Kcnk..rrenz mache als früher. Das erzete die Statistik mit unfehlbarer Sicherheit. Das Vorgehen Sachsens und Preußens sei daher ein Swblag ins W.}:r, avec das Maß der Erbitterung in d-n Arbtiicerkceisen wide dadur immer voller. Die säcbsishen Konsumvereine zöien nah dem Abg. Oertel 14, 16, 189% Dividenden, davon ließen sih auch noch 29/9 abzeben. Das stimme nicht, denn die 2 %/o würden 1iht vom Ertrage, sondecn vom Umjaye erhoben. Daneben müßten 4% Staaisgewerbesteuer

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unkt (.) in den

13,00 13,20 13,27 13,89 13,89 13,69 13,65

231 1040 602 466 400

12,83 13,00 13,70 13,92 14,07 5 369 13,60 1 168 13,53

shnittspreis wird aus den unab ernnbeten len berehnet, eßten sechs Spalten, daß ciforedicader B Bohle fehlt.

und ebenfo viel oder xoch mehr Gemeindesteuer bezahlt werden. Jn Preuß-n würden 49% vom Einkommen erft von den aller- höchsten Einkommen erhoben; cine kleize Atbeiterfamilie müfse aber eiwa 25% vom Umfaße im Korsumverein als Steuer bezahlen, die größte UngereŸtigkeit, die man si denken fönne. Aber habe nicht Herr Gamp geftern im preußischen Abgeordnetenhause mit Recht verlangt, daß auch die andzren Groß- betriebe getroffen werden müßten? Warum folle bloß der Handel getroffen wecden? Auch der Abg. Oertel sei ja für eine Staffel- steuer tür die Grofimüllerei; warum nur für diese, warum nit für alle Großbetriebe überhauyt? Gebe man erft einmal auf diesem Gebiete vor, fo gebe es kein Halten mehr. Komme man mit dieser Argumentation, 1o habe auh der Arbeiter ein Ret zu fragen, wo tenn seine Eriftenz bleibe. Auf dieser kapitalistishen Entwicklung beruhe aber die wirthshaftliße MaHhtstelung Deutschlands.

Abg. Gröber: Die rechtlihe Zulässigkeit solher Landesfteuer ist außer Zweifel Es hat eine Zeit gegeben, wo man den Charakter der Konsumvereine als Sewerbebetriebe bezweifelte. In Württemberg wurde sogar gerihtlih die Steuerpfliht der Konsumvereine reineint ; diese Praxis de3 höcsten Gerichts hat sich aber geändert. Auch die Bezugs nahme der Petenten auf Aeußerungen mehrerer württembergisher Minister ist nit durbs{chlagend. Es bängt alles ab von der Frage, was Gewerbe- steuer. ift, denn die Gewerbeordnung überläßt den Bundesgesetzgebungen, Gewerbefteuern zu belassen oder einzuführen. Da die Gewerbe- orduung keine Definition giebt, muß man auf die allgemeine Aus- legung des Begriffs zurückzreifen. Da sind die Auffassungen in den Einzelstaaten sebr verschieden. Jedenfalls steht dem ni§ts entgegen, den Umfang des Absatzes als Merkmal für eine Gewerbesteuer zu erklären. Es handelt sih also um eine Zweckmäßigkeitsfrage.

Abg. Dr. Dertel-SatSsen (d. konf.): Ih kann nur wiederholen, daß wir alle Genossenschaften bekämpfen, die bestimmt und geeignet find, den selbständigen Kleinhandel und das seßhaft: Handwerk aus- zuhalten, daß wir aber alle, die die Produktion unterstüßen, für gut und gedeihlid, aber nicht etwa für ein Allbeilmittel halten. Wenn ländlihe Genossenschaften Kakao, Kaffee 2c. vertreiben, so müssen sie au, wenn eine Umsaßsteuer eingeführt wird, von dieser betroffen werden. Der Bund der Landwirthe hat keine derartigen Genofsensczaften ins Leben gerufen. Der Bund der Land- wirth: handelt aud nit mit Ploeg-Zigarrex; die hiesigen Taback- händler haben die Frage geprüft und haben gegen die Handlungéweise des Bundes der Landwirthe nichts einzuwenden ; diese kleine Ploetz- Zigarre könnte doch also als Nogitationémittel verschwinden. Die Verkaufsgenossenshaften, die angeführt sind, sind Aktiengefell chaften; würde eine Filialfteuer eingeführt, so müften sie unter allen Um- ständen mitbvetroffen werden. Jn wenigen Wochen wird das Ergebniß der Umfrage über die sogenannten 1ypishen Betriebe veröffeutliht werden ; daraus ergiebt fi, daß der Großgrundbesiß niht über 24 9% Rente kommt, der mittlere aber bis an 49% hberanreiht. Groß- grundbesiger von der Kapitalkraft einez von Siemens oder Mosse werden jz wohl noch eine günftigere Rente berau8wirths{haften. Für die Großindustrie durhweg brauchen wir bo gewiß keine Staffel- steuern; fo do rit für Panzerplatten. Dagegen wären sie bei Großmüßhlen und Brauereien fehr angebraht; im Prinzip stimme ih einer geftaffelten Gewerbesteuer für alle Betriebe zu. Noch im Jahre 1895 hat im November Herr Bebel ausgeführt, daß die Zahl der selóftändigen Betriebe im Handeltgewerbe gegen 1882 relativ gesunken ist. Heute seßt sih Herr Bebel aus dem neuen Jahrhundert mit dem Herrn Bebel aus dem vorigen Jahrhundert in Widerspru, wenn er von ter gewaltigen Zunahme der felbständigen Unternehmer im Handel und Ve:kehr spriht. Ich gebe dem Abg. Bebel zu, daß die absolute Vermehrung der Zähl der kleinen Handeltreibenden die Konkurrenz unter ibnen vershärft hat; aber die {ärfste Konkurrenz ist erst seit 1895 durch die rapide Entwick-lung der groß- fapitalistis@en Betriebe für sie eingetreten. Ih have auch nicht Umsaßsteuer und Reingewinnsteuer verwehselt. Die sächsischen Konfumbvereine baben in einem Jahre 46 Millionen Umsay und 5x Millionen Reingewinn gehabt; das find- etwa 129/06. Zahlen si: 29% Umsaßsteuer, so bleibt eine Dioidendz von 10 9/6, und da kann man doch von einer Erdrofselung von einer Steuer, weile gegen die guten Sitten verstoße, nit reden. Die Umsaßsteuer foil Alle glcihmäßig treffen; der Konsumverein soll nit besser und niht s{lechter gestellt werden, er ift au ein fapitalistiiher Verein, wie es auch die großen Vereine für Beate und Offiziere nah meiner Meinung find, an denen si zu betheiligen den Beamten und Offizieren untersa,„t werden sollte. Dean eine solchze Betheiligung is in unseren erregten fozialen Zeiten eine {were soziale Versündigung. Uns fommt es niht auf die Art des Betriebes der Genoffenschaft, sondern nur auf ihre Wirksamkeit au. Die Umsaßsteuer wird ja stets nur ein recht kleines Mittel bleiben; aber man ta:f nicht darauf verzichten. Die wirthscaftlihe Selbstänt izkcit ist das Imponderabile, auf w-lchem ‘die Bedeutung und Kraft des Mittelstaades beruht. Werden diese selbständigen Existenzen durh Beamte, Angestellte 2. erseyt, fo ist es mit dem Mittelstand vorbei. Auf ihm und auf unserer mona2rchischen Verfassung aber beruht die Einzelwirtbschafts- ordnung Deutschlands und di2 Kraft Deutschiands. Mittelstands- politik treiben ist Politik der Staatserhaltung treiben; obue den Viitelftazd helfen uns au 8, 10, 12 Geschwader nithts.

Abg. N1ab (Reformv.): Von dem politisGen Standpunkt der Sojialdemokiatie ist ivr Verhalt-n zu den Bestrebungen der Mittel- standêpolitik ihr Spott über die „Mittelstandèretterei“ nur zu ver- ständlih. Wir seben aber in diejer „Mittelstandsritterei“ ouch den a'ößten und wichtigsten Theil der Arbeiterfrage. Leider int noch tein vollständiges, statistis&cs Material vorh1uden, aber einige Stichproven sind doch gemaht worden, welchze zeigen, wie bedrobliG bereits die soziale Lage des Kleinhandels und Kleingewerbes sih verschlehtert hat. Jn Sachsen ist die Durh- shnitiéveranlaguna sür diese SHhichten erheblich gesunken; in Hamburg ist die Zahl der Neuarmeldungen von Betrieben stetig zurück„egangen. Gewiß mözen die Konsumvereine noch manche s{häptaren Seiten auf- weisen, indem sie gegenüber den Waarenhäusern uad Filial- ges{äften sich richt erfreulich abbeben. Bber ein Bedürfniß in dem VMaß-, wie ia den 50er oder 60er Jabren, ift für sie viht mebr vorhanden. W na aber die groß:n Millionen- umfsäze unerfreulih in die Ersheinunzg treten, dann ift es doch wobl zulässiz, mit einer Steuer dicser Ersh:inung entgegenzutreten. Nach einer in Hamburg veranstaltet-zn amtlihcn Erhebung werden in fast

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E d 4 der Häl)re der Artikel die Korsumvereine theurer als die Detail geschäfte (Zurufe bei den Sozialdemokraten: Bessere Waaren !), nein, davon ift gar keine Rede; es handelt si durchaus um dieselben Marken und Waaren. Dana gewinnt die Sache doch schon ein anderes Gesiht. Hauptsählih kaufen in den Konsum- Vereinen höhere Beamte, denen es garnicht darauf ankommt, ob sie etwa billiger einkaufen. Die Konsumvereine find in der Hauptsache au politis%he Unternehmungen der Sozialdemokratie; manche von ibnen sehen ja in ihnen {on die Vorläufer der Zukunst3gesellshaft. Wic werden einstweilen für den Kommissionsbeschluß auf Uebergang ur Tagesordnung stimmen und den Antrag der Sozialdemokraten ab- nen.

Abg. Wurm (Soz.): Herr Oertel scheint nit zu wissen, daß, wenn ein Gewinn von 1009/6 auf 8/6 sinkt, das nicht ein Verluft von 2, sondern von 209/% ist. Die Ziffern, welhe der Abg. Bebel im Jahre 1896 verwerthete, betrafen nah der Berufsstatistik Handel und Verkehr, diesmal hat er nur die auf den Handel bezügliben Zahlen vorgeführt. Dana hat sih der selbftändige Handel um 40% vermehrt. Um sih zu decken, zieht si Herr Oertel binter die no% nicht exiftierende neueste Statistik zurück. Herr Oertel sieht den Staat zu Grunde gehen, w?nn nicht der Mittelstand erkalten wird; wenn er Mittelitandsretterei treibt, so treibt er sie aber auf Koften der Aermsten der Arbeiter, die preiszegeben werden müssen, um den Mittelstand zu retten. Wenn der Zwischenhändler nidt nothwendig ift, und Sie wollen ihn jz überall tonft ausschalten, fo ift er au im Kleinhandel ein unnüßes Zwischenglied, und gerade Herr Raab müßte feinem fonstigen politisden Bekenntniß nah den Zwischenhandel auch hier perhorreëszieren. Troy der Konsumvereine hat sid die Zabl der Einzelgeshäfte eben ganz erheblih vermehrt. Die säthsishe Konsumfteuer hat eine große Zahl dieser Konsumvereine in harte Bedrängniß gebraht. Solche Mittelstandspolitik giebt dem Volke Steine statt Brot. i

Nach Ablehnung des sozialdemokratischen Anrtraas wird der Uebergang zur Tagesordnung über die Petition von der großen M-hrheit beschlossen.

Der Vorstand des „Deutschen Vereins gegen den Miß- brauch geistiger Getränke“ zu Hildesheim hat um höhere Besteuerung des Trinkbranntweins petitioniert. Die Petitionekommission shlägt vor, die Petition dem Reichskanzler als Material zu überweisen.

Abg. Bindewald (Reformpy.) tritt dem Antrag der Kommission entgegen. Man sollte lieber auf Mitt-l sinnen, den Biergeauß mehr als bisher zu verallgemeinern. Der Schnaps könne eine höhere Be- fteuerung nicht mehr vertragen; er sei im Preise seit dem Brannt veinsteuergesep stark gefstiezen, und“ man fönne tbn uiht als billig beichnen. Auf dem Lande und bei zahl- reihen {weren Verrichtungen sei der Scnaps das einzige Getränk, auf das die arbeitende Bevöikerung angewiesen sci. Die Regierung fei den Wünschen der Petenten geneigt, si2 erwartz einen weiteren Nück;ang des Konsums. wenn der Steueraufsh!a, g?nügend ho wäre. Um dem gegenüber öffentlih zu befunden, daß der Neichs- tag dies nicht wolle, müfse zur Tagesordnung übergegangen werden, was Redner beantragt. i

Der Antrag wird von den anw:senden Mitgliedern der Reformpartei, Freisinnigen und Sozialdemokraten in genügzn- der Zahl unteritüßt und vom Hause angenommen, da auch ein Tyeil der Rechten und des Zentrums dafür stimmt.

Darauf wird die Sizung veitagt.

Schluß nah 51/2 Uhr. Nächste Sißung Donnerstag 1 Uhr. (Etat des Auswärtigen Amts.)

Preußischer Landtag. i Haus der Abgeordneten. 34. Sißung vom 28. Februar 1900, 11 Uhr.

Die zweite Berathung des Staat3haushalts - Etats für 1900 wird bei dem Etat der Preußischen Zentral- Genossenschaftskasse fortgeseßt, zu dem eine Petition der Schleswig-Holsteinischen Landes:Genossenschaftskasse in Kiel um Echöhung des Grundkapitals der Preußischen Zentral- Genosscnschaftskasse auf 200 Millionen Mark, sowie um gleic- mäßige Behandlung der provinziellen Zentralkassen durch die- selbe vorliegt.

Berichterstatter Abg. Shilling (konf.) berihtet über die Kom- mifsion8verhanadlungen und die Ge häftsergebnisse der Kasse.

Avg. Dr. Arendt (fr. konf.): Dec Geschäftsbericht weist nicht nur günstige finanzielle, sondern au wirthschastli&e Ergebaisse aut. Die Kafse hat alle SŸhwierigkeiten glücklich überwunden und gesunde Kreditverbältnisse hervorgerufen. Die \chlimmen Wirkungen des boben Zinéfaßes find dur die Zentral-Bencfsenscaftskasse auÏgeglihzn worden. Die Kasse hat eine Verzinjung von 3% der Ein- lagen erreiht. Der Kuréverlust von 1,9- Millionen liegt an unvermeidlihen Faktoren. So bedauerlih diese Folge des hoben Geldzinsfußes is, so hat si gerade gezzigf, wie nüglih in dieser Zeit die Zentral-Genofsenschafislfse gewesen ift. Wir sind hier in Preußen in der Lage, die Scädigungen der Politik der Reichsbaak wieder. ausgleißen zu müfsen. Preußen müßte feinen Ginfluß dahin geltend macen, daß eiue den Grundsäßen der A Zentral - Genoffenschafttk2fe entspreende Reich3- inanzpolitik? getrieben wird. Die Diskontpolitik der NReichsbark durkreuzt die Entwickelung der Zentral-Genosserschaftékasse. Fm Laufe von fünf Jahren haben sih die Anlagen bei dec Reichsbank vou 471 rvur auf 689 Milionen Maik vermehrt; das ift duch die Vermehrung der Bevölkerung erklärlich. Wenn dakci die Reichsbank zu einem \o hoben Zinéfuß hat greifen müssen, so muß eiwas nicht rihtig sein. (Präsident von Kröcher unterbricht dea Redner mehrmals mit der Beme:kung, daß dies nicht zum vorliegenden Segenstand der Tazesordnung geböôre, während der Redner meint, daß er die allgem?inen Geldverhältnifse Hierbei bespreben fönne. Der Präsident erwidert, daß man dann mit demfelb:n Rechte beim land- wirthschaftlichen Etat vielleiht über Erdbeben sp-echen könne, und ver- weist den Redner unter Heiterkeit der Linkez wiederholt ¿zur Sade.) Die Frößlihfeit der Herren von der Lirken beweist mir, weilen Werth sie auf facklide Ar¿umentation legen. Da wir eine Steigerung des Zinéfußes vor un3 baben, so werden die Haleabschneiderci n be- deutend erleichtert. Sollte, um die Z?ntral-Genoffznschaftéïasse in die Lage zu f: 82n, den shweren wirthsaftlihen Schâdigu"g?a, welche Unser Kreditsyitem durch die allgemeinen Geldverhältaiss* erfährt, entgegenzutreten, eine Erhöhung der Mittel der Zentcal-Genoss?n- \haftsfasse gefordeit werden, so werde ih das fceudig begrüßen. Die Grxist-nzbedingungen des Mittelstandes, die {won schwver genug sind, werden dur eine Steigerung des Zinsfußes noh bedeutend vershärft, und der Werth des B-sß-s wird gefährdet. Ih hoffe, daß rie Zentral-Senofsenshastsfafje ihre Aufgabe, die Shädigungen der Reichs-

inanzpolitik zu paralysieren, au ferner erfüllen werde.

Abz. Geisler (Zentr.): Die Zentrzl-Gencfznschaftäkasse hat segentreihe Folgen fär den Mittelstand gehabt, nameatlich auch für die genofsenschaftliche En!wickelunz in meiner H-imatbyrovinz Schl-sien. Die G nossenschaften in meinem Kreise Habel|chwerdt baben in einem Jahre 400 090 4 Umsay gehabt. Die Spar- uno Darlehnsfasszn nennt man mit Recht die Dorfbanken. Diese G2noss:nschaftzkasjzn nügen der kleinen Landwirthschait weszntliÞh durb den gemeinsamen Bezug von allen möglichen Produkten und stärken cen Sinn der Zufammengehöitzk.it,

Abg. Dr. Crüger (fr. Volkep.): Nachdem die Z?ntral-Benofsen- \chaftöfkasse über alles gelobt und ihr fogar die Aurgabe zug sprochen ist, in die Reihs-Finan,politik einzugreifen und die ganze Mittel» ftandsfrage za1 lôsen, muß ich meine entgegengesetzte An} hauung vor- tragen. Die Ausführungen des Abg. Arendt gebörten allerdings nit ¿ur Sache (Präfident von Kröcher: Ich titte, sich meiner Kritik nicht

anzuschließen). Dur@ die Zrutral-G:nossenschaftskasse ist allerdings 700 000 Personen Kredit gewährt worden, aber es entfallen auf id? Person nur 42 « Damit kann die Mittelftandsfrage doch niht gelöst werden Aus dem Umsay der Kasse kann die that- sächlihe Leistung nicht ersehen werden. - Die Kasse ift bestrebt. die [laufenden Rechnungen möglich zurückzudrängen und an derea Stelle den Welhselkredii zu e Daher kann fie zu einem billigen Zins- fuß kommen Ez ift gejagt, daß die Reichtfinanzpolitik die Thätigkeit der Zentral-Genofsenschafskasse durchfkreuzte. Jh lege dagegen BVer- wabrung ein, daß die Zentral-Gencssznschaft:kafse auf Gebie gedrängt werde, mit denen fie nihts zu thun hat. Der Handels-Minister hat in einem Falle dadurch störend in die Thätigkeit der Zentral- Géenofsenschafiskafse eingegriffen, daß er Genossenshaftea bei der Erhöhung des Zinsfußes der Kasse um F % die Mehr- ausgaben ersezte. Die Umsfaßzabhlen beweisen nichts, nur die Statistik der Bilanz giebt ein klares Bild von der Thätigkeit der Kasse. Darnach könnte diese noch vielmehr Kredit geben, als augen- blicklich der Fall ist; aber die Kasse stebt auf dem rihtigen Stand- punkt, daß nicht ohne weiteres Kredit gegeben, sondern untersucht werden soll, ob das Kreditbedürfniß ein aesundes ift. Die Kasse ift uicht in der Lage, den Zinsfuß der Reichsbank zu regulieren, und würde au bestens dafür danken, wenn ihr diese Aufgabe zugeshoben wurde. Spannt man die Forderungen an die Zentra!-Genofsenscafts- kafse zu bo, sodaß sie dieselben niht erfüllen fann, fo wird damit

nur Unzufriedenheit erregt. _ Hierauf nimmt der Vize - Präsident des Staats- Ministeriums, Finanz-Minister Dr. von Miquel das Wort,

dessen Rede morgen im Wortlaut nachgetragen werden wird.

Abg. Dr. Hahn (B. d. L): Die Aeußerungen des Ministers werden die Hoffnungen des Mittel#andes auf die Zukunft stärken; man muß dem Mittelstande durch steuerliche Maßnahmen und durch Befriedigung sciner Kreditbedücfnisse entgegenkommen. Der Minifter hat fi nit als ein Aubängec der mantesterlihen Anshauungen ge- zeigt, er will die Befriedigung des Kreditbedürfnisses des "Nittel- standes mögli unabbängig von dem land:süblichen Zinéfuß machen. Der Goldbestand der Reichskasse ist in den lezten Jahren verhältnißmäßig stärker ¿urückzegangen als in Frankreich, es fehlt uns an Umlaufsmitteln. Wir müss-n ten [andeéüblichen Zinsfuß herabzudrücken suchen, allerdings nicht hier, sondern im Reichstage. Die Eatwickelung der Zentral Genofsenschaftskass2 hängt mit den allgemeinea Geldverbältnisscn zusammen. An Kapital fehlt es in Deutslznd nicht, daraus 1äßt si also die Erhöhung des Zinsfußes nit herleiten, wiz Here Bamberger, die Leuhie der Goltwährungs- partei, felbst az8gesprohen hat. Der Diskontverkéhr der Zentral-Ge- nofszashaftsfafse beträgt eiwa 409/09, die laufenden Nechnungen 60 9% des ganzen Umsaßes. 409/69 de: 700 090 Personen baben also unter den allgz- meinen Geldv-rhältnifsen zu leiden gehabt. Ein Pcimaner dürfte cine folh: Nehuung nit aufstellen, wie Herr Crüger, der berausre(net, dag auf j-d: Person nur 42 4 entfallen. Wie viele von diesen 709 090 Personen hätten denn überhaupt ihr Kreditbedürfniß ohne di? Zeniral-Genossenschaftskafse befriedigen können ? Die Erzebnisse der Waarenhausfteuer müssen irgendwi? für den Mittelstand nußbar gemabt twerden, um bictem die Kozkurrenz zu erleihtern. Der Bund der Lanewirthe - kann der Zentral. Genossenshaftskaff} nur Dark auêsprehen ; diz genossensha'tlihe Abtheilung des Bundes hat die Zentralkasse in Anspruh gerommen füc die l[and- wirthsGafilch:n Genoss:nschaften, welche produïtise Zwedcke vere folgen. Der Bund will durch stine Genoffenschaften niht den Mittelstand, Müllerei, Bäckerei 2c., cus\halten, sondern nur den spekalatizen, unnöthigen Zwischenhandel. Der Bund kat nur die Erlaubniß gegeben, eine Zigarr: Plögz-Zigarre zu nennen, sie wird aber ni&t vom Bunde verfauft, sondern ift in allen kleinen Geschäften zu haben. Wenn ein Beamter des Bundes einmal Acetylenlampen, Fahrräder 2c. verkauft bat, fo ist das sofort reftifiziert worden. Ih mödhte die Herren auf der Linken bittea, endli einmal in der Preffe dahin zu wirken, daß sol: falshen Beschuldigungen des Bundes der Landwirthe aufhören. Dringend würde ich wünschen, daß die Seebandlung ihre verfügbaren Mittel der Zentra! - Genofsen- scaftékasse zur Verfügung stellte. Der Finanz - Minister hat einmal veklagt, daß jo viel Kapital ins Auéland fließze. Die Zentral-Gerofsznshaftskässe in Verbindung mit der Seehandlung könnte dies verhindern durÞ die Schaffung von Gelegenheit zur Kapitalanlage für das Publikum. Reitótaze gema@ten Vorschlag, daß bei Einführung des Post Scheck- verfebrs dic verfügbaren Bestände der Zentral - Genofsenshattsfasse übergeben werden. Wir verwahren uns entschieden dagegen, daß fie in die Reichsbank fließen.

Hierauf nimmt der Vize-Präsident des Staats-Ministe- riums, Finanz-Minister Dr. von Miquel das Wort, dessen Rede morgen nachgetragen werden wird.

Nach längeren persönlihen Auseinandersezungen zwischen dem Abg. Dr. Crüger einerseits und den Abgg. von Werde ck (fons.), Dr. Hahn und Dr. Arendt anderersei!ns wird über die Petition zur Tagesordnung übergegangen und der Etat bewilligt. Ï

Vom Etat der Justizverwaltung waren die Ein- nahmen aus den Gerichtskosten, welche auf 69071 700 M veranschlagt sind, zusammen mit den auf das Jzstitut der Gerichtsvollzieher bezüglihen Titeln an die Budgeikom- mission zur schriftlichen Berichterstattung zurückverwiesen worden.

Das Jastitut der Gerichtsvollzieher soll gänzlih umge- staltet werden. Die Gerichtsvollzieher sollen vom 1. April ab cin festes Einkommen vom Staat erhalten, wogegen der Staat die Gebühren für die Parteiaufträge vcreinnahmt.

Der Etat wirft aus für 1447 Gerichtsvollzieher I. Klase ein Gehalt von 1500 bis 2700 M und für 632 Gerichtavoll- zieher IT. Klasse 1400 bis 1800 4 Nach der dem Etat bei- liegenden Denkschrift soll für jedes Amtz3geriht mindestens eine Gerichtsvollzieherstelle geshaffen werden. Die erstgenannten Bcaraten sollen im Gehalt jährlih um 200 A steigen bis zur Erreichung des Höchstgehalts nah 18 Jahren. Die nicht voll im Gerichtsvollzieherdienst beschäftigten Beamtcn sollen das geringere Gehalt beziehen. ] : :

Außerdem sollen die Gerichtsvollzieher einen Antheil von 10 Proz. der Gebühreneinnahmen als Vorzugevcrgïtung wegen der besonderen Art ihrer Geschäfte und ferner 14 Proz. als Vergütung für Auslagen erhalten. Endlich soll den Gerichts- vollziehern, die bei dreijährigem Durchschnitt cin ihr künftiges Gehalt übcrsteigendes Einkommen bezogen haben, auf 5 Jahre die Differenz zwischen dem künftigen Gesammteinkommen und dem feüheren Einkommen bis zum Höchfivetrage von 4500 M4 aecwährt werden, wenn die von 1hnen der Staatskasse verdienten Gebühren die gleihe Höhe erreichen. 88

Die Budgetkommission beantragt, die Regierung zu ersuchen:

a. den nit penfionsfäßigen Antheil von d2n Gebühren in Parteisachen, den die Gerichtsvollzießer für Haltung cines Geschäfts- lof2als und die Besh2ffung der Dienstbedürfnisse beziehen, aus- \hließtich der ibnen ais Reineinnahme in dier Denkschrift zu- gésiherien 10 9%, tm Falle des n2chzewiesenen Bedürfnisses über 14 v/g binaus angemessen zu ertdben ;

b. bei der in diejer Venks@rift vorgesehenen Entschädigung der- jznigen Geritt3»olzieher, welche bisher bei dreijäbrigem Durh- \{nitt ein ihr fünftiges Sebalt übersteigendes Ginfommen bezeget?, von der Vocrautseßung abzusehen, daß die von thnen der Staats- kas: verdient-n Gevühren eine thren Gesammibezügen gleihkommende Höbe erreichen;

c. bei der in Autsiht genommenen Heranziz-hung von Gerihts8- bvollziehern zu den G-schäftea des Gericht8sihreiberei-, Kanzlet- und

Ich erianere ferner an den im.

Unterbeamtendienftes dieselben autnabmslo3 von den gröberen Ver- rihtungen des Gerihtsdieners (Reinigung 2c.) fernzuhalten und von den Geschäften des Gefangenen-Aufsehers, soweit es sich bei leßterem niht um eine vorübergehende Vertretung handelt ;

d. nah En der demnächst für die Staatskasse si er- gebenden Ersparniß eine Herabseßung der Geritsvollziehergebühren in die W-°ge zu leiten.

j Die Abgg. Peltasohn und Rickert (fr. Vgg.) bean- ragen :

das Gehalt der Gerichtsvollzieher 1. Klasse auf 1800 bis 3000 Æ, das Gehalt der Gerichtsvollzieher IT. Klafse auf 1500 bis 2100 M festzuseßen, oder für den Fall der Ablehnung dieses Antrags wenigstens das Anfangsgehalt der Gerichtsvollzieher II. Klasse auf 1500 M festzusegen.

Der Abg. Seydel- Hirschberg (nl.) beantragt:

1597 Stellen für Gerihtévollzieher 1. Klasse mit dem Gehalt von 1500 bis 2700 4 unb nur 482 Stellen für solche II. Klasse zu schaffen, für wel@e er das Gehalt auf 1500 bis 2100 4 feste jegen will; er beantragt ferner, den Auslagenersaß von 14 auf 20 9/0 ¿u erböhen und bei der Berehnung des Einnabmeausfalls der Gerichtévollzieher (zwecks Feststellung der für die Uebergangszeit zu gewährenden Entschädigung) den Wohnungëégeldzushuß bei Er- mittelung sowobl des bisherigen als des zukünftigen Eink2mmens außer Ansaß zu lafsen. «

_ Abg. Seydel -Hirschberg äußerf im aügemeinen seine Zu- stimmung zu der Umänderung des Instituts der Gerichtsvollzieher, welGe von diesen selbst gewünscht werde, wenn auch das bisherige System manche Vortheile gehabt habe. Die materielle Stellung dieser qualifizierten Beamten müfse aber besser sein, als der Etat vor- shlage, welcher die Zahl der Gerihtévollzieher IT. Klasse zu hoch be- mefse und deren Gehalt zu niedrig anfege. Mit Nücksiht auf die Regreßansprüche, die häufig an die GerihtsvolUzieher gestellt würden, müsse der Auslagenersaÿß auf 20 %o erhöht werden.

Abg. Peltafohn begründet scine Anträge auf Geha!tserböhung damit, daß für diese ganz eigenartige Beamtenkategorie, di2 ganz auf sih selbst angewiesen sei, also selbständig sein müsse und einz: hohe Verantwortung trage, nur das beste Material ausgewählt werden müfse. Mit Rückicht darauf, daß diese Beamten intatt erhalten werden müßten, müfse ihnen ein ausfkömmliYes Gehalt gegeben werden.

Abz. Dr. Friedber 3 (nl) maht barauf aufmerk'am, daß in der dritten Lesung noch ein Antrag auf Abänderung der Etatssummen gest [lt werden müsse, weil diese Reform nunmehr erst am 1. Oktober in Kraft treten folle. ;

Abg. Dr. Lewald (kons.) hält die Gehalts\äße, biz ter Etat vor- s{chlage, für ausreihend und weist darauf hin, daß die Stellen der Gerichtsvollzieher 11. Klasse nur Durchgangsstadium, aber niht dauernd von denselben Perfonen bescßt seien.

_Aba. Schmigtz- Düsseldorf (Zentr.) erkennt an, daß die manYerkei Mißftände im Gerichtsvollzieherwesen die Regierung mit Recht zu dieser Reform bestimmt habèn; die Reform könne aber nur mit Erfo!g durhgefübrt werden, wenn eine fstetige, sha:fe Kontrole geübt werde. Für die Anträge Peltasobn werde er mit einem Theil seiner Freunde stimmen, ebenso für die ersten bciden Anträge Seydel; den Antrag bezüglich des Wohnungs8geldzuschusses lehne seine Partei aber vorläufig bis zur dritten Lesung ab.

Justiz-Minister Schönstedt:

Meine Herren! In Anknüpfung an die letzten Worte des Herrn Abg. Schmit kann ih meinerseits bestätigen, daß es nothwendig szin wird, den Eintritt der hier beabsihtigten Reform bis zum 1. Oktode binauszusGieben und daß diese Hinausschiebung au nach meiner Auf- fafsung durcha2us im Interesse der. Gerichtsvollzieher und ihres Bureaupersonals liegt. Eine Hinausshiebung bis zum 1. April des nächsten Jahres würde ih, obgleiß dadur die oben erwähnten Interessen in noch höherem Maße gewahrt würdea, nit für angängig halten, weil wir im nähsten Jahïe voraussihtlih vor denselben Schwierigkeiten fieben würden, mit denen wir ji:8t zu kämpfen haben. Es fann ja diese Reform nur vermittels des Etats ins Leben gerufen werden, nicht etwa dur eine besondere Geseßeëvorlage. Es würde also alles bas, was in diesem Fahre den Gegenstand der Berathung bildet, wenn wir die Reform nik eintreten laffen im Laufe dieses Etattjahrs, gegenstandélos werden, und wir müßten im nächsten Jahre wieder von vorn anfangen, Ich mötHte aber glauben, daß die durch die Hinaus schiebung géëwonnene Zeit in der Hauptsa@e von Ausnahme- und Einzelfällen abgesehen auêsreihen wird, um den G-rihtsvollziebern und ihrem Personal den Uebergang, soweit es überhaupt mögli ift, zu erleichtern und er- träglih zu machen.

Meine Herren, nahdem der Standpunkt der Königlichen Staats- regierung, wiz er ia der D:nksrift vertreten ift, die doppelte Feuer- probe einer zweimaligen Berathung in der Kommission erfolg- rei beftanden hat, glaube ih, daß etn grundsäßliher Wider- spruch gegen die beabsihtigte Reform auh hi:r im Hause faum nech zu erwarten sein wird. Von denjenigen Herren Rednern, die ih bisher zur Sache geäußert baben, ift ja au ein folher grundfägliher Widerspru niht geltend gem2cht worden. Sie haben sih ale m?hr oder weniger mit dem Grundgedanken der Re- form einverstanden erklärt und nur bezügli der Ausführung im cein- ¡elnen Bedenken vorgebraht. I glaube, meine Herren, daß Sie in der Tkat bei eingehender Prüfung der Gründe, die in der Denkschrift niedergelegt sind, fih alle von ter Nothwendigkeit der beabsihtigten Reform überzeugt haben werden und au davon, daß die Art und Weise, wie an die Lösung der bestehenden Sch{weerigkeiten und an eine Verbesserung des Gerichtsvollzicherinstituts berangetreten wird, wohl billigen Anforderungen entsprehen wird. Auch in der zweiten Kommwissionsberathung, die ja hauptsählich den Zweck hatte, grundsählihe Bedenken zum Gegenstande noh:naliger eingehender Prüfung und Erörterung zu machen, find die von dem Herrn Referenten beute eingebend vorg-tragenen Bedenken in lebhafter Weise gëltend gemaht. Sie baben aber zu einer Aendcrung des Stand- punktes der Kommission niht geführt, und es find besonders auch positive Vorschläg?, wie etwa in anderer Weise als in der Vorlage vorgesehen, an eine Nzuordaung des Gerichtsvollziejerwesens heran- zutreten fei, nicht gemacht worden. Jh glaube deébalb davon aus- gehen z12 sollen, daß die große Mebrheit des Hauses mit dieser N-gelung einverstanden fein wird und daß es sih nur noch darum handelt, ov bezügli der Gehaltsvorschläge der Königlichen Staats- regierung und bezüglih der Uebergangsbestimmungen, wie sie beab- sichtigt sind, irgend ctwas zu ändern fein möchte.

Nun, meine Herren, auch in leßterer Beziehung glaube ih die heute gesteliten und vertretenen Anträge nur in dem Sinne von Re- solutionen auffafsen zu sollen. Seitens des Herrn Abg. Peltasohn i54;

ausdrüdlich erklärt, daß sein Antrag nur die Bedeutung einer Bt f

lution haben solle, und ih glaube auch aus den AusführuneSF ck

Herrn Abg. Scydel entnommen zu haben, daß er für seing E

andere Bedeutung nit in Anspruch nj unmittelbar praktische Æ* /

Antrag eine Anträge werden also cine unsere Etatsberathung kaum haben, es wird 2E

g ( lis wesentlichen nur darum handeln, ob Veranlaffung" #Æ#/# C L A

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