1900 / 56 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 03 Mar 1900 18:00:01 GMT) scan diff

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Personal-Veränderungen.

Königlich Preuftishe Armee. Offiziere, Fähnriche 2c., Srnennungen, Beför-

derungen und Verseßungen. Im aktiven Heere. Huber

tussted. 24. Februar. v. Specht, Hauptm. à la suits des Inf. Regts. Prinz Friedrih d-r Niederlande (2. Westäl.) Nr. 15, vom 7. Apz-il bis 2. Juni 0. J. zur Die1stleistang bei diesem Regt. kom- mandizrf,

Nachgenannte Ober:Primaner des Kadetienhauses in Plôn in der Armee als Fähnriche ang-stellt, und zwar die Portepee-Unteroffiziere : Graf v. Hochberg Fchr zu Fürstenstein im l. Garde-Regt. z. F., v. Sommerfeld im Königin Glisabeth Garde-Gren. Regt. Nr. 3, Steinbömer im Hef. Feld-Art. Regt. Nr. 11.

-+ Abschiedsbewilligungen. Im aktiven Heere. Berlin, 27. Februar, Natorp, Oderlt. im Inf. Regt. Nr. 176, als halb- invalide mit Pension nebst Aussicht auf Anftelung in der Gend. ausgesŸhiezen und zu den Offizieren der Landw. Inf. 2 Aufgebots übergetreten. v. Tempsky, Oberlt. im Feld-Art. Regt. von Peuker (SÿŸles.) Nr. 6, der Abschied bewilligt. Rudolph, Major a. D.,

zuleßt Kommandeur des Landw. Bezicks Mülhausen i. E., die Gr- -

laubniz z141 Tragen der Uniform des Inf. Regts. von Wittich (3. Hess.) Nr. 83 ertheilt : ?

Fm Beurlaubtenstande. Berlin, 27. Febrvar. Scher b, L. der Fuß-Art. 2. Aufgebo!s des Landw. Bezirks 1 Cassel, der Abschied

bewiüigt. j Beamte der Militär-Verwaltung.

Durch Verfügung des Kriegs-Ministeriums. 17. Fe- braar. Ebert, Roßarzt vom Ulan. Regt. Hennigs von Treffenfeld (Altmärk.) Nr. 16, Bandelow, Roßarzt vom Gazde-Train-Bat,, unter Lecsczung zun 2 Gizoßherzogl. Mecklenburg. Drag. Negt. Nr. 18, ¡u Ober - Roßäczten, Guba, Unter - Roßarzt vom Draa. Regt. Prinz Alvrecht von Preußen (Litthau.) Nr. 1, unter Verseßung zum Feld-Art. Regt. von Holyendorff (1. Rhein.) Nr. 8, Barth, Unter-Roßarzt vom Feld-Art. Regt. von Claufewißz (Oberschles) Nr. 21, Wilczek, Unter-Roßarzt vom Hus. Regt. Kaiser Franz Ioseph von Oesterrei, König von Ungarn (Schleswig- Rey Nr. 16, unter Verseßzuxg zum Schleswig. Feld-Art. Regt.

r. 9, zu NRoßärzten, Krause, Unter-Roßarzt der Landw., Bebrens, Goslar, Lübke, Schaarshmidt, Unter - Roßärzte der Res, zu NRoßäriten des Beurlaubtenstandes, -— ernannt. Troester, Ober - Roßarztj vom Ulan. G Hennizs von Treffenfeld (Altmärkishes) Nr. 16, zum Ulanen - Regiment Kaiser Alexander 111. von Rußland (Westpreuß.) Nr. 1 versegt. Schmidt, NRoßar¡t vom 4. Garde-Feld-Art. NRegt., zum Garde- Train-Bat., Kleineidam, Roßarzt vom Feld-Art. Regt. von Holtendorf (1. Rhein.) Nr. 8, zum Ulan. Regt. Kaiser Aléxander TII. von Rußland (Westpreuß.) Nr. 1, Wollmann, Roßarit vom S chleswig. Feld-Art. Regt. Nr. 9, zum 4. Garde-Feld-Art. Regt., verseßt.

21. Februar. Hir\ch, Proviantamts-Assist. bei der Arme-e- Konfervenfabrik Mainz, zum 1. ?vril d. J. nah Königsberg i. Pr., Jacobi, Proviantamts- Assist. in Münster, zur Armee-Konservenfabrik “Mainz, ver!egt. i

22. Februar. Buch, Zahlmftr. Aspir., ¡um Zahlmstr. beim ITI. Armee-Korps ernannt.

Königlich Bayerische Armee.

Abschiedsbewilliqungen. Jm aktiven Heere. 22, Fe- bruar. Plôderl, Major und Bats. Kommandeur ün 11. Inf. Negt. von der Tann, v. Spies, Major und Abtheil. Kommandeur im 2. Feld-Art. Regt. Horn, mit der Erlaubniß zum Tragen der bisherigen Uniform mit den für Verabschiedete vorgeschriebenen Ab- zeihen mit der geseßlichen Pension der Abschied bewilligt. Ritter und Edler v. Rau! ch-r auf Weeg, Major à la suite des 2. Ulan. Regts. König, Reitlehreran d. Equitations-Anfstait, mit der Erlaubntß ¿um Tragen der bisherigen Uniform mit den bestimmung2mäßigen Abzeichen mit der geseßlihen Pension zur Disp. gestellt. Frhr. v. Zobel zu Giebelitadt, Lt. des 9. Inf. Regts. Wrede, zu den Res. Offizieren dieses Negts. verseßt.

Beamte der Militär-Verwaltung.

8. Februar. Weiß, Ober-Wachtm., Rehnungsführer beim Gend. Korvs-Kommando, zum Rendanten daselbt ernannt.

19, Februar. Braun, Ober-Intend. Rath wit dem Tit-l und Rang eines Geheimen Kriteg®rath8, unter Beförderung zum Ge- heimen Kri-gsrath, zum vortragenden Nath im Kretegs-Ministerium ernannt. Stv ckier, Intend. Assessor de- Intend. der militärischen Institute, zum Intend. Rath befördert. Probit, überzähl. Intend. Affsessor der Juatend. 1. Armee-Ko:ps, in den ctatsmäß. Stand der Intend. Assefsoren verfcht.

? 22. Februar. Koch, Zahlmstr. des 6. Inf. Negts. Kaiser Wilhelm, König von Preußen, untec Verleihung des Titels Rehnunzs- rath, mit Pension in den erbetenzn Ruhestand getreten.

Königlich Sächfische Armee,

Offiziere, Fähnriche 2c. Ernennungen, Beförderungen und Versezungen. Im aktiven Heere. 11. Februar. v. Beringe, Lt. im 3. Sze-Bat., ncch seinen mit dem 14. Februar d. I. erfolgenden Ausscheiden aus der Marine-Juf., unter dem 15. Februar d. J. und zwar als Dberlt. mit einem Patent vom 26. März 1899 V! bei dem 5, Inf. Regt. Prinz Friedrih August Nr. 104 wiederangestellt.

13. Februar. Meinert, Oberlt. im 13. Jaf. Regt Nr. 178, unter Stellung à la suits dieses Regts., vom 15. Februar d. J. ab auf ein Jahr beurlaubt.

15. Februar. v. Schönberg, Oberlt. im 1. Jäger-Bat. Nr. 12, vom 20. Februar d. J. ab zuc Dienstleistung zum Train- Depot XII. (1 K. S) Acmee-Korps kommandiert.

22. Februar. v. Woikowsky-Biedau, Hauptm. und Komv. Chef im 4. Inf. N-gt. Ne. 103, in Genechmigunz seines NAbichiedsgesuhes mit P:nsfioa zur Disp. gestellt und zum Bezirk®- Offizier beim Landw. Bezirk Baayen ernaank. Wink ler, Hauptm. und Komp. Chef im 95. Znfanterie-Regiment Prinz Friedrih August Nr. 104, vom 10. März d. J. ab zur Dienstleistung zur Arbeiter-A*theilung kommandiert. v. S ü fß- milch - Hôörnig, Oberlt. à la guites ‘des 1. (Leibs) Gren. Regts. Nr. 100 und Intend. Assessor bei der Intend. X11 (1. K. S.) Armee-Korps, zum Hauptm., vorläufig ohne Patent, Baumfelder, Lt im 3. Inf Negt. Nc. 102 Prinz-Regent Luitpold von Bayern, zum Oberlt, befördert. Hager, Lt. im 11, Inf. Negt. Nr. 139, dessen Kommando zum topographishen Bureau des Generalstabs vom 1. April d. J. ab auf ein weiteres Jahr verlängert. Frhr. v. Schaumberg, Lt. im 4 Inf. Reat. Nr. 103, zur Technischen Hochschule in Dresden von dem Dfteran 1900 beginnenden Studienjahre ab kommandiert. Wolf, Oberlt im 1. Feld-Art. Regt. Nr, 12, mit Beendigung des laufenden Studienjahr8 von dem Kom- mando zur Technischen Hoh'chule in Dresden enthoben. Frhr. von Keller, Oberlt. im 3. Feid-Art Regt. Nr. 32, zur Technischen HoWwschule in Dresden von dem Ostern 1900 beginnenden Studien- jahre ab kommandiert. Sievert, Unteroff. des 10 Inf. Negts. Nr. 134, Müller, Schmidt, Unteroffiziere des 1. Feld-Art. Negts. Nr. 12, zu Fähnrichen ernannt.

Fm Beurlaubtenstande. 22. Februar. v. Bodenhausen, Oberlt. der Res. des 9. Inf. Regts. Nr. 133, in der aktiven Armee, und zroar als Oberlt. mit einem Patent vom 1. Mai 1895 bei diesem Regt. wiederangestellt. Pistorius, Lt der Res. des 2. Gren. Regts. Nr. 101 Kaiser Wilhelm, König voa Preußen, R Lt. dec Res. des Fuß-Art. Regts. Nr. 12, zu Oberlts, Jahraus, Vize-Feldw. des Landw. Bezirks Plauen, zum Lt. der Res. des 6. Inf. Negts. Nr. 105 König Wilhelm T1. von Württemberg, Wolf, Vize-Feldw. des Landw. Bezirks Il Chemnit, zum Lt. der Res. des 8. Inf. Negts. Beni Johann Georg Nr. 107, Gloeck, Vize-Feldw. des Landw.

ezirks Leipzia, ¿um Lt. der Res. des 10. Inf. Negts. Nr. 134, Dr. Heber, e Ne, des Landw. Bezirks Plauen, zum Lt. der Nes, des Fuß-Art. Regis. Nr. 12, befördert,

Abschiedsbewilligungen. Im Beurlaubtenstande. 22. Februar. Forberg, Oberlt. der Inf. 2. ulgegoie des Landw. Bezirks Leipzig, Meyer, Oberlt. der -Kav. 2. Ausgebots des Lando. Bezirks Leipiig behufs Ueberführung zum Landsturm 2. Aufgebots, Frhr. v. Rehenberg, Lt. der Jaf. 1. Aufgebots des Landw. Bezirks Plauen, Bachmann, Lt. der Pioniere 1, Aufgebots des Landw. Bezirks Plauen, der Abschied bewilligt.

Im Sanitäts-Korps. 22. Februar. Dr. Brink, Stabs- arzt der Ref. des Landw. Bezirks 1 Chemniß, zum Ober-Stabsarzt 2 Kl., Dr Welzel, Oberarzt der Res. des Landw. Bezirks Dreâden- Altst., zum Stabsarzt, Däbritz, Unterarzt der Res. des Landw. Bezirks Döbeln, Dr. Handmann, Uatecarzt der Landw. 1. Auf- gebots des Landw. Bezirks Leipzia, Dr. Kufs, Unterarzt der Landw. 1. Aufgebots des Landw. Bezirks Borna, zu Assist. Aerzten,

befördert. Beamte der Militär-Verwaltuns.

Durch Verfügung des Kriegs-Ministeriums. 17. Fe- bruar. Dittrih, Wirthschafts-Insp. bei dem Remonte-Depot zu Kalkreuth, auf feinen Antcag untecm 1. Juni 1900 mit Pension in den Ruhestand versetzt.

21. Februar. Traut, Noßarzt der Landw. 2. Aufgebots des Landw. Bezirks Zwickau, behufs Ueberführung zum Landsturm 2. Auf- gebots der Abschied bewilligt.

Kaiserliche Mariue.

Offiziere 2c, Grnennungen, Beförd-erungen, Ver- seßungen x. Berlin, 26 Februar. Stellenbesezungen. Zum Stabe S. M. Spezialschiffs „Hyäne“: Schönfelder (Karl), Korv. Kapitän, kommandiert zur Dienstleistung beim Reichs-Marine- amt, als Kommandant, Werner, Kapitänlt., Adjutant der Marine- Depot-Insy , Koppen, Oberlt. zur See, Bachmann, Lt. zur See, beide kommandiert zur Dienstleistung beim Reichs-Marineamt. Lans (Otto), Oberlt. zur See von der 2. Torpedo-Abtheil., als Adjutant der ‘Marine-Depot-Insp. ¡

Stellenbeseßungen beim 3. See - Bat. im Frühjahr 1900. Es treten vom 3. See - Bat. zurück: Frhr. Treusch v. Buttlar- Brandenfels, Hauptm., zum 2. See-Bat, Mauve, Hauptm., Jaeger, Oberlt, zum 1. See-Bat., y Braucbitsch, v. Bosse, Oberlts, zum 2. See-Bat., Karft, Lti., zum 1. Sce-Bat., Barche- wiß, L., zum 2. See-Bat. /

Gs werd-n zum 3, See-Bat. kommandiert: Gens, Hauptm. vom 2. See-Bat., v. Kn obelsdorff, Hauptm., Graf y. Soden, Oberlt., vom 1. See-Bat, Eggebrecht, Oberlt., Haeseler, Lt, vom 2. See-Bat., Hannemann, Dziobek, Lts. vom 1. See-Bat.,, Baumann, Hedicke, Friedrich, Lts. vom 2, Sees Bat. Chrapkows?i, Marine-Inzen. von der Marine-Station der Offtsee, bebufs Verwendung bei den Gouvernement in Deutsh-Ost- afrika mit dem 1. April d. J. bis auf weiteres dem Reichskanzler zur Verfügung und à la suite der 1. Werft-Div. gestellt.

Deutscher Reichstag.

168. Sißung vom 2. März 1900, 1 Uhr.

Tagesordnung: Fortseßung der zweiten Berathung des N eihshaushalta- tats Me 1900 bei dem Etat der Verwaltung der Kaiserlihen Marine in Verbindun mit dem Etat für das Schußgebiet Kiautschou. Referent ist

der Abg. Müller-Fulda (Zentr.). Bei dem Titel „Gehalt des Staatssekretärs : 30 000 #4“

nimmt zunächst das Wort der

Aba. Eilkhoff (fr. Volksp.): Jh beantrage, den Etat für FKiautshou der Budgetkommission zu überweisen. Unsere Stellung ift bekanntlih ¿u diesem Schußtzgebiet eine günftizere als zu den \sorstigen Kolonialbesizungen, weiche Deut|hland erworben hat. Wir haben die vershiedentlihen Flaggenhissungen namentlih in Afcika nicht billigen können, und der Gang der Dinge hat uns eht gegeben. Der verstorbene Reichskanzler Graf Caprivi hatte nur zu sehr Ne Ht, als er den Kolonial-Gnthusiaften gegenüber den Auespruh that: „Je weniger Afrika, desto beffer.“ Noch im vorigen Jahre \chwärmte Graf Arnim für den Usfambara-Kaffee in Osft-Afrika. Wie es mit diesem Usambarz-Kaffee aussieht, haben wir in diesem Fahre genugsam erfahren. (Präsident Graf von Ballestrem: Ich möchte den Fe Kollegen darauf aufmerkfam machen, daß der Usambara- Kaffee nit in FKiautshou gebaut wird.) Kiautschou kommt für uns in erster Linie als Flottcn- und Koblenstation in Betracht. Bon deutshem Handel und Wandel, von Beckehr im eigentlicen Sinne kann man noch nicht reden. Wenn sich ein blühendes Bild der Eatwickelung in Tsingtau zeigt, wie es die Denkschrift behauptet, fo muß si cin solches Bild überall darstellen, wo ein so großes Kapital hineingesteckt worden i. Die weitere Entwickelung wird vor allem abéängen von den Eisenbahnen nah dem Hinterlande, welche die Kohlen, infofern deren Abbauwürdigkeit festgestellt ist, nah der Küste zu bringen haben werten. Den Vertrag mit dem Gifenbahnsyndikat haben wir bisher niht vorgelegt bekommen; in ‘der Denkschrift finden sich allerdings die Grundzüge desfeibea. Danach ist das Syndikat finanziell sehr leistungsfähig. Die ersten Bank- und Handelskreife Deutschlands gehôrea zu den Gründern der Shantung-Ei'enbabngesell- haft. Von den Erträgnissen der Unternehmungen, soweit ste 5 9% des Kapitals übersteigen, muß eine Abgabe geleistet werden; auch bebält sih das Reich die spätere Uebernahme vor. Diese Art der Be- \t-ueruxg, die später auch für die Bergbaugesellschaft in Anwendung kommen soll, fann man nur billigen; auf diese Weise wird das Reich für die Häfen- und Quaianlazen ent- schädigt, welhe die Voraussezung für den Eisenbahnbau bilden. Vas Eisenbahimaterial ist für 20 Millionen verdungen und die Verschiffung dortbiz sichergestellt. Die Regelung der Bergbaufrage is au heute noch nit dringlich. Der Etat für Kiautichou balanziert mit 19 Millionen, wovon 6 M.llionen außer- ordentliße Ausgaben sind. Die Regelung der Befoldungen ift aunähst eine vorläufige. Die Höhe ter Ablöfunuskosten ist im Vorjahre mit Ret bemängelt worden; jeßt find dafür 579 000 4 ausgeworfen, die allmählize Entwick!ung der Selbstverwaltung, welche das Souvernement dort anstr:-bt, können wir nur billigen; freilich sind wir von diesem Ziele noch fehr weit entfernt. Ebenso find wir von unserem volkswirths@aftlihen Standpunkte mit der Wahcung der Frethafenstelung Tsingtaus ganz ein- verstanden. Daß die Gewerbefretheit für jet noch einigen Ein- hränkungen unterliegt, ist selbstverständlih. Was über Kirhen- und Schulwesen, Aufforstung und Wasserversorguna nah der Denkschrift gethan ift, sheint uns zweckmäßig zu sein. Was das Reich dort an Anlagen saft, kommt nicht einzelnen Privatleuten zu gute, fondern dem Reich als folchem. Im Ganzen -wird man allervings die Entwickelung noch abzuwarten haben; aber es gewinnt dcch immerhin den Anschein, als ob der Marineoffizier als Koloni!ator für Deutsch- land geeigneter if als der deutshe Leutnant oder der preußische Affsefsor. Das Buch „Kiautschou, seine Bedeutung und Entwikelung“, welches von cinem Marineoffizier ge\chrieben ist, legt ebenfalls dafür Zeugniß ah. Ueber die Gesundheitszustände und die Darftellung darüber kann ih mich weniger freundlich äußern. Die Denkschrift färbt optimistish, vielleicht wegen der Superlative, mit welchen von Anfang an bezüglih des Klimas des neuen Schußtgebietes operiert worden ist. Es hieß zuerst, das Klima sei das ge)undeste von ganz China. Nachhër mußte man {hon zugeben, daß vie Wärme bis zu 309 R. steigt und wegen der einseße-den Regenzeit mit ihrer hohen Luftfeucbtigkeit sehr lästig ift. Noch vor zwei Jahren meinte der Staats - Sekretär Tirpiß, das Klima sei sehr gut, auch die santtären Verhältnisse; das Fieber sei, wenn es vorkomme, nicht FEöôgartig. Im vorigen Jahre freilich gab er zu, die Gesundhetitsverhältnisse wären noch nicht günstig und würden erst besser werden, wenn die Bodenumwälzung beendet wäre. Die jüngste Denkschrift is in diesem Punkte nun fehr unbestimmt und®

widerspruchsvoli geworden, Das Krankheitsbild der Malaria sei

niemals in den Vordergrund getreten; andererseits wird zugegeben, es seien neben den infektiösen Darmkrankheiten auch zaßlreihe niht- infektiösse Darméerkränkungen beobachtet worden. Gleichwohl be- ginnt die Denkschrift mit dem Sayz:: die Gefundheits- verhältnisse seien niht wesentlich von den fklimatishen Ver- hältnissen abhängig. Thatsächlih liegen von 300 Mann durch- \hnittl:ch 50 bis 60 frank; das beste Mittel, einer klimatishen Krankheit vorzubeugen, sei nah dem Ausspruch der Aerzte der Genuß von Spirituosen. Die kranken Mannschaften {ickt man zur Erholung in das Lazareth von Yokohama; dazegen sprah der Staatssekretär von Tirpiß Veriges Jahr noH den Satz aus, Kiautschou werde noch einmal ein Echolung§ort für China werden. Die e Deutsch-asiatishe Warte“ läßt sich über die klimatish:n Verhält- nisse auch sehr s\feptish aus. Wenn die Krankheitsersheinungen ARETnRE nachgelassen haben, so wäre das wohl kein Wunder in den jeßigen Wintermonaten, wo es auch in Kiautshou schneit und friert. Sind sie nur vorübergehender Natur und rühren sie von den Boden- umwälzungen her, so ist das eine Aufklärung, die mehr Zweifel er- regt, als bebebt. Warum wird in diesem Punkte niht mit yoller Offen- heit verfahren? Der Etat e für Tsingtau ein zweites Lazareth vor. Die beiden Hauptkrankheiten: Darmtyphus und Ruhr werden auf die mangelhaften g aler, und Wohnungsverhältnifse zurückzeführt. Die Reichsrezierung ist offenbar ihrer Sache in diesem Punkte selbst niht ganz siHer; das geht hon aus dem Passus des Veitrages mit China hervor, welcher der Regierung das Recht wahrt, die Nieder- laffung an einem anderen Punkte Chinas zu wählen, wenn ih Kiautschou aus irgend welhen Gründen nicht geeignet erweisen sollte. Allen diesen Thatsachen grgonlvee muß der Optimismus um so be- fremdlicher erscheinen, mit dem sih die Staatssekretäre Graf Bülow und Tirpiy über die. klimatishen Verhältnisse von Anfang an ge- äußert haben. Ov es gerathen ift, den Deutschen in Asien Gelegenhett rv fine gt ihrer Dienstpflicht in Kiautschou zu geben, scheint zweifelhaft.

Staatssekretär des Reihs-Marineamts, Staats-Minister, Vize-Admiral Tirpißt :

Meine Herren! Da die Etatsverhältnifsse von Kiautschou {hon bei diesem Titel zur Besprehung gebracht sind, so bitte ih um die Grlaubniß, den Ausführungen des Herrn Vorredners Einiges hinzus fügen zu dürfen. Einem Wunsche der Budgetkommission vom vorigen Jahre entsprehend, haben wir uns bemüht, einen spezialisierten Gtat schon jeyt dem hohen Hause zur Vorlage zu bringen. Das ift nicht ohne Anstrengung aller betheiligten Organe möglich gewesen. Man wird nit etwas Vollkommenes nah der kurzen Zeit, die uns an Gr- fahrungen zur Verfügung gestanden hat, darin erblicken können, und es werden für spätere Jahre Aenderungen hie und da in der Dis- position nxch vorbehalten bleiben müssen.

Ich möchte auf die spezielle Bemerkung des Herrn Vorredners, daß die „Sonstigen Abgaben“ Tit. 3 des Etats niht fpeiialisiert sind, hinzufügen, daß ih bereit bin, eine solche spezielle Aufstellung auf Wunsch zu machen.

Was die Ableistung der Dienstpflicht der in Ostasien befindlihen Deutschen anbetrifft, so sind allerdings in erster Linie solhe gemeint, die längere Zeit in Ostasien leben und denen es höchst erwünscht ift, niht nach Deutschland zucück-hren zu müssen, um ihrer Dienstpflicht zu genügen, sondern in dem nahen Kiautschou dieser Dienstpflicht ent- \sprehen zu können. Ich glanbe, daß wir da einem grofien Wunsche der ostasiatishen jungen deutschen Bevölkerung entgegengekommen sind. (Sebr richtig! bei den Nationalliberalen.)

Wie im vorigen Jahre, so hat die Marineverrwaltung auch dies- mal dem hohen Hause eine Denkschrift vorgelegt, welhe einen Ueber- blick über die Arbeiten und die Entwickelung des vergangenen Jahres enthielt. Wir haben uns dabei absihtlich darauf beschränkt, im wesentlihen nur Thatsachen anzugeben und Aussichten und Speku- lationen auf die Zukunft nah Möglichkeit zurückzuhalten. Ich glaube, daß auch schon aus diesen nüchternen Thatsachen ein lebhafte Be- friedigung gewonnen werden kann.

Wie ic im vorigen Jahre mir zu erwähnen schon erlaubt habe, sind die Rechisverhältnisse nah bestimmten Grundsäßen geordnet. Es if uns gelungen, unter Schonung der Rechts- und Kulturanshauurgen der Chinesen doch dicjenigen Grundsäße zur Anwendung zu bringen, welhe unserer Ansicht nah für eine gedeihlihe Entwickelung unseres Schutzgebiets erforderli sind. Allem Anscheine nah \{heinen sih die Chinesen unter der deutshen Herrschaft im Kiautshou-GBebiete wohl zu fühlen. Das fann man unter anderem daraus entnehmen, daß namentlich wohlhabende Chinesen in größerer Zahl nah unserem Ge- biete hingezogen find.

In erheblihem Maße haben, was ih als eine besonders erfreu- lihe Thatsae betrachte, die alten deutschen Chinahäuser Oft-Asiens ihre Mitarbeit der jungen Kolonie durch Gründung von Filialen be- thätiat. Ich glaube, daß das auch als ein günstiges Zeichen zu beur- theilen ift, weil diese altcn Häuser wohl Erfahrungen haben werden über die Aussichten, die in wirthschaftliher Beziehung dort zu er- warten sind. Ferner haben sich große Kapitalien und große Kreise Deuts({lands, die früher nit in Ost-Asien betheiligt gewesen sind, neuer- dings nah der Erwerbung des Schußgebietes an der wirthschaftlihen Erschließung des leßteren und Shantungs betheiligt. Insbesondere möchte ich hier die Eiseabahn- und BerzbaugesellsWaften anführen, die der Herr Vorredner ja {on in ausreihendem Maße besprohen hat, und ich kann hinzufügen, daß die Arbeiten mit großer Umsicht und Gnergie begonnen haben und die Eifenbahndämme bereits in er- heblihem Make vorgeschritten sind. Es ift zu erhoffen, daß in etwa zwei Jahren bereits die erste Strecke Tsingtau nah Weihsien wird eröffnet werden können. Auch die Hafenbauarbeiten, und zwar namentlich der Schußtdeich, der das innere Hafenbecken abschließen foll, sind erheblih gefördert. Es ift zu erwarten, daß diese Hafenbauten so beschleunigt werden können, baß ebenfalls nah zwei Jahren etwa der genügende Shuy geschaffen ist, um Schiffe an dieser Stelle löschen und laden zu fönnen. Die Voraussicht, die wir gehabt haben, um den Play des Hafens an die Stelle der inneren Bucht zu legen, wie im vorigen Jahre schon angedeutet worden ift, ift zutreffend gewesen. Die Bohrungen, die an diefen Stellen gemaht worden sind, haben ein günstiges Resultat ergeben; die Ausführung der Hafenbauten wird nunmehr auf keine großen Schwierigkeiten mehr stoßen.

Bezüglich der übrigen Bauten in Kiautschou ift ja in der Denks {rift das Nähere ausgeführt. Auch hier if ein erheblicher Fort- \chritt zu verzeihnen. Zum erheblihen Theile sind die Straßen aus- gebaut und die Kanalisation fertiggestellt. Die Hochbauten sind allge- mein gefördert worden. Gerade bezüglih der Hochbazuten und damit hängen ja die ganzen Wohnungsverhältnisse zusammen tvaren die Schwierigkeiten im Anfang sehr groß. Es sehlte namentlich an Baumaterial, das inzwishen durh die Schaffung. von Ziegeleien und sonstigen Hilfsindustrien erheblih gebessert ist, und es ist überall eine rege Bauthätigkeit in dem ganzen Gebiet von Tsingtau gewesen. Privathäuser und Geschäftsgebäude werden gebaut, Hotels sind fertig,

und die Hochbauten der Marineverwaltung sind ebenfalls sehr vor- geschritten: Es ist zu boffen, daß die Truppen, die bisher in den niedrigen alten Lagern der Chinesen haben. einquartiert werden müssen, bereits bis zur nähften Regenperiode in luftigen hohen Kasernen werden untergebracht werden können.

Von den übrigen Arbeiten, die in der Denkschrift angeführt sind, möchte ih noch bervorheben, daß die Vermessung vollfiändig beendigt ist, Es ist an die Stelle des Vermessungs- ein Katasteramt getreten, wie es den dortigen Bedürfnissen entspricht. ;

Trotz der dringenden Arbeiten, die an das ganze Gouvernements- personal nah allen Richtungen herangetreten sind und von Tag zu Tag gedrängt haben, sind die wissenschaftlihen Bestrebungen und son- stigen Kulturgufgaben niht vernachlässigt worden. Der Herr Vor- redner ist ja so gütig gewesen, auch {hon darauf hinzuweisen.“ Ich mödte das noch dabin ergänzen, daß namentlich die Schulverhältnisse sih wesentlih gebessert haben. Es ist eine Schule gegründet worden, bei der angestrebt wird, daß sie etwa das einjährig@& Examen als Ab- f{luß wird leisten können. i :

Die Gesundheitsverhältnisse find, wie der Herr Vorredner ange- führt hat, nicht immer günftige gewesen. Das ist auch in der Denk- rift duriaus so angegeben, wie wir es zur Zeit ihrer Abfassung überblickden konnten. Die Gründe für den ungünstigen Gesundheits- zustand liegen niht auf dem Gebiete, welhes der Herr Vorredner angegeben hat. Ich mödhte zunächst thatsähli% berichtigen, daß die Zahl der Erkrankungen zur Zeit“ der Abfassung der Denkschrift nit detaillierter gegeben werden konnte; dean wir haben die Angaben zum großen Theil, namentlich betreffs der Todesfälle, telegraphisch von Tsingtau bekommen. Die Krankenlisten sind erst durch die späteren, mit der Post eingegangenen Berichte ergänzt worden, und ih bin bereit, alles nah dieser Nichtung gewünschte Material vorzulegen.

W338 die Superlative anlangt, die wir hinfihtlich des Klimas angegeben haben sollen, so möŸhte ih bemerken, daß selbftverständlich chinesische Pläße in klimatisher Beziehung nicht mit deutshen Sommer- frishen zu vergleihen sind. Es werden dort für den Europäer immer ungünstigere Verhältnisse als in der Heimath fein. Indeß glaube ih, daß die Behauptung durchaus aufreht erhalten werden kann, daß Kiautschou für chinesishe Verhältnisse eia sanitär günstiger Ort ist. Mie es in der Natur des Klimas von ganz Ost-Asien begründet liegt, giebt es auch in Kiautschou eine lange treckene und eine lange nafse Zeit. In der leßteren herrscht erheblihér Negenfall, und es ift eine Ausnahme, weun es, wie im leßten Jahre, anders ist. JInfofern ift allerckzings ein gewisser Einfluß des Klimas auf die Gesundheits- verhältnisse niht in Abrede zu ftellen. W438 run die Art der Krank- heiten anlangt, die in unseren Kolonien aufgetreten sind, so ift die Malaria, wie in der Denkschrift angegeben ift, nicht vorherrs{end ges wesen. Es ist während des ganzen Jahres, das die Denkschrift be- hindelt, in Kiauischou trct der erheblihen Bodenumwälzungen nur ein einziger Todesfall an Malaria vorgekommen, und aller Wahr- \heinlidkeit ist auch dieser nit auf Einflüsse in Tfingtau zurück- zuführen. Wern aber bei so großen Bodenumwälzungen die Malaria derartig beschränft aufgetreten i, so kann man nah der Rich- tung bin in der That vcn sebr günstigen Zuständen in Kiautschou fpre@en. Man biau@t tamit z. B. nur zu ver- gleihen, wie es in denjenigen chinesis{chen Orten gewesen ift, die in Flußniedecungen liegen, wie Shanghai, Hongkong, Tientsin. Dort kann man von einer ernsthaften Malariagefahr reden. Wir haben ja in Deutschland ganz ähnliche Verhältnisse. Ich bitte nur, an die Erfahrung zu denken, die die Marine felbst in Wilhelms- haven gemacht hat. Da haben wir, solange die Bovenverschiebungen bestanden, immer sehr viele Malariafälle gehabt. In Tsingtau da- gegen sind troß dieser Verhältnisse die Krankheiten beschränkt auf Flecktyphus, wovon diz europäische Bevölkerung überhaupt nit Le- fallen gewesen ist, sondern nur die Chinesen, und dann in der Haupt- sahe auf Darmiyphuserkrankungen. Meine Herren, der Darmtyphus ist eiae Infekiionskrankheit, und daß sie in Tsingtau cpidemisch auf- getreten ist, wird wesentlich darauf zurückgeführt werden müfsen, daß wir noch@ keine ausreichende Wasserversorgung hatten. Das liegt in der Natur der ganzen Verkölinisse. Wir sind ja dorthin gekommen auf einen zienilich:n kabhlen Fleck Erde, wir mußten ras{ch Wasser schaffen. Das ift zunächst dadurch versuzt wordeo, daß man Brunnen gebohrt hat, ctwa 100 cn Zahl. Diefe haben auch im Antange der Qualität nach ganz ausreihende3 Wasser gegeben. Auf die Dauer aber hat sich das Wasser als unzureihend herausgestellt. Die Er- scheinung, daß man ducch Brunnenversorgung derartige Krankheiten nit abhalten kann, haben wir auch in Deutschland mebrfach gehabt. Ich kann hier an Münchzn und Danzig erinnern, wo wir Aehrliches erlebt .haben. Sobald es uns geglüdckt sein wird, eine ausreichende zentrale Wasserversorgung zu schaffen, wird dieser epidemische Charakter, der im vorigen Jahre- zu meinem Bedauern thatsächlih stattgefunden hat, durchaus in Wegfall kommen.

Wir haben nun der Frage der Zentralwafierversorgung in Tsingtau von vornherein eine große Aufmerksamkeit gewidmet, und es sind verschiedene Versuche in der Beziehung angestellt worden. Wir haben daran gedaht, Stauweiher anzulegen; es ist auch in Frage ge- kommen, das Wasser von weither, aon dem Luschangebirge, zu nehmen. Das eine wäre aber sanitäc nicht siher und das andere mit großen Kosten verknüpft gewesen. Da kann ih zu meiner Freude berihten, daß wir inzwishen eine gute Bezugéquelle für Wasser gefunden haben, wenige Kilometer von Tsingtau im Haipo- Thale, und es sind durch telegraphische Bestellung vom Gouvernement aus die Verbereitungen decart getroffen, daß zu hoffen ist, daß wir bis zur nächsten Regenzeit eine Zentralwasserleitung in Tsingtau haben, die gutes und ausreihendes Wasser nit nur für die Europäer- ftadt, sondern auch für die Chinesenstadt liefern wird und zwar nicht bloß für Trinkzwecke, sondern auch für alle übrigen Zwede, sodaß diese Quelle der Krankheit, die im vorigen Jahre zu einer bedauer- lihen Zahl von Todesfällen Veranlassung gegeben hat, verstopft wer- den wird. Damit if nicht gesagt, daß nicht später wiederum einzelne Fälle von Darmtyphus vorkommen werdea das ist in ganz China der Fall —, abcr von diesem bösartigen Charakter, wie er im vorigen Herbst auftrat, können wir hoffen, daß er beseitigt ift.

Deshalb liegt kein Grund vor, die Auffassungen, die wir im vorigen Jahre und vor zwei Jahren über die voraussihtlihen Ge- fundheitsverhältnisse in Tsingtau und dem ganzen Schußtzzebiet ge- äußert haben, zu modifizieren. Jh weiß auch und mein Herr Amtsnachfolger im Kommando des ostasiatisGen Geshwaders hat es mir bestätigt —, daß schon vor der Okkupation des Kiautshougebietes |

durch Deutschland die Missionare und Weißen Shantungs Kiautschou bereits als Sommererfrishungsplaß benußt haben. ets

Was dann unsere Angabe betrifft, daß die Gesundheitsvzrhältnifse Ende Dezember günstigere geworden sind, so beruht sie auf einem Telegrarum des allerdings vorher erkrankten Gouverneurs selbt. Der Gouverneur hat persönli telegraphiert : die Gesundheitsverbältnisse haben sich gebessert, und neue Todesfälle find niht vorgekommen.

Bezüglich des Lazarcths hat uns nicht die leßte Epidemie in Tsingtau veranlaßt, eine Forderung in den Etat aufzunehmen, sondern es handelt sich einfah um die leßte Nate des Lazarethbaucs, welcher von Anfang an vorgesehen wroar.

Zweifels8ohne, meine Herren, hat das ganze Personal in Tsingtau nnter \{chwierigen Verhältnissen gearbeitet; das liegt in der ganzen Natur der ihnen gestellten Aufgabe. Der Gouverneur, die Beamten, die Offiziere und die Soldaten, nicht minder aber auch die Missionare, die Kaufleute und Ingenicure haben mit Hingabe und Umsicht ihrer großen Aufgabe sich gewidmet, die ihnen dort geworden ist. Ich glaube, daß Deutschland mit dieser Arbeit seiner Pioniere durchaus zufrieden sein kann. Da dem dortigen Gourernement von seiten der Marineverwaltung aus eine so große Selbständigkeit gegeben ift, so glaubte id, ohne in den Verdacht eines Selbstlobes hier kemmen zu können, dieser Ueberzeugung und dieser Anerkennung des dortigen Personals hier Ausdruck geben zu dürfen. (Bravo!)

Abg. Dr. Hasse (nl.): Ich habe vom Abg. Eickhoff kein bud- hres Problem vernommen, wel{hes die Ueberweisung des Kiautschous- tats an die Kommission rehtfert:gt. Die Kommission kann nichts daran ändern, daß dort eine Epidemie au2gebrochen ist. Herr Gickhoff hält diese Erscheinung für eine dauernde, chronishe, während die Ber- waltung sie für vorübergehend hält. Kiautschou ift, natürlich relativ, ein gesunder Punkt an der chinesishen Küste. Im übrigen hat Herr Eidhoff einz Umschreibung der Denk'chrift gegeben; ih bin ausnahms3- weise diesmal mit ibm ganz einer Meinung. Grundiäßlihe Meinungs- versiedenheiten bestehen also nicht, und der Etat kann sehr wohl im Plenum weiterberathen werden. N

Abg. Graf von Arnim (Rp.): Jch {hli-ße mi diesem Wunsche an. Glaubt Herr Cickhoff, wir können durch dié Kommissions- berathung die Gesundheits- und Wafserverhältnisse in Kiautshou ver- bessern? Der Widerspruh zwischen früheren amtlihen Aeußerungen und den thatsählich aufgetretenen Krankheiten erklärt fih einfaH daraus, daß überall dort in warmen Ländern Typhus und Malarta- erkrankungen auftreten, wo Boden bearbeitet wird. Dazu verbraucht die Ge eingeborene Bezxölkerung wenig Seife und auch sonst sind die Reinlichkeitsvorkehrungen nicht überall dort so gut, wie etwa hier im Reichstage. Jedenfalls kann die Kommission kaum andere Vorschläge machen, als die Denkschrift und der Staatssekretär,

bg. Richter (fr. Volksp.): “Der Vorschlag, diesen Abschuitt der Kolonial- Verwaltung der Prüfung dur: die Budgetkommission zu entzießea, übersteigt doch naWgerade alles, was uns die Kolonial- enthusiaften geboten haben. (Zarufe rechts) Ich habe gerade ab- sichtlich zuerst eine Plenarberathung beantragt, die Ueberweisung an die Budgetkommission aber vorbehalten. Hier will man eine ganz aer Bf Ausgabenerböhung der Prüfung der Kommission ent- ziehen. Was foll denn überhaupt xoch die Kommission zu thun haben ? Ich warne dringend, bei so s{wach besetztem Hause, einen solchen Beschluß zu fasseu.

Abg. Graf von Roon (d. kens.) spricht sich aus ven vom Grafen Araim eativickeltea Gründen au) gegen die Kommissions- berathung aus. i

Das Gehalt des Staatssekretärs wird bewilligt, ebenso die sonstigen Ausgaben für das Reichs-Marineamt, für den Admiralstab der Marine, für die Seewarten und Observa- torien, Stations-Jntendanturen, Rechtspflege, Seelsorge und Garnison - Schulwesen, Geldverpflegung, FIJndiensthaltung, Naturalverpflegung, Bekleidung, Garnison-Verwaltung und Servis, Sanitätswesen.

Bei den Ausgaben für Reise-, Marsch- und Fracht-

kosten urgiert der

Abg. Dr. Paasche (n!) die Regelung der Reisekosten, welche als „conditio, sine qua non“ bei der Grhöbung der Beamtzngebälter gestellt worden sei. Gia großer finanzieller Effelt werde dabei nicht herauskommen, aber eine feste Neuregelung müsse endlih erfolgen.

Das Kapitel wird bewilligt, desgleichen die Auszaben für das Bildungs3wesen.

Bei den Kosten für Jnstandhaltung der Flotte und der Werften behauptet der

Abg. Singer (Soz.), daß die angebliche große soziale Maßregel der Einführung der Dienstalterszuiage für die Werftarbeiter sich lediglih als ein Versuch darst-Ule, die Arbeiter an die Scholl? zu fesseln. Die Alterszulage betrage für die Ärbeitec, weiche 6 Jahre un Dienst gewesen seien, nur 6 4 pro Jahr; fie steige für jedes weitere Jahr um 1% bis zum Höchstbetcag von 255 A Sie bleibe alîo ftationär in der Zeit, wo die Leistungsfähig- keit des Arbeitcrs geringer werde und wo er in eine niedrigere Lohnklasse verseßt werde. Das Geld werde au den

Arbeitern nicht etwa ausgezahlt, fondern in einem Sparkassenbuch }

angelegt und für den Arbeiter ge}part, bis er 25 Jahre im Dienste aewesen sei, und auch dann werde sie nur bis zum vierten Theil jedes Jahr herausgegeben. Diese Zwangssparkafsen crfreuten sich nicht des Beifalls der Betheiligten. Die Gewähcung werde an die Püänktlich- keit und Pflichtrreue der Arbeiter geknüpft; genüge der Arbeiter ein- mal nicht allen Anforderungen, so würden die Zulagen sistiext. Den Arbeitern, welhe fkündigta und {päter bei den Werften wieder einträten, würde die frühece Arbeitszeit nicht an- gerehnet; dieses geschehe aber, wenn die Werft kündige und die Gekündigten ipäter wieder annehme. Das fei ungerecht. Auch sonst werde vielfa über Ungleißheiten und ungerechte Behand- lung auf den Werften geklagt. Wenn man foziale Fürsorge entfalten wolle, müsse man die auf der Wetft alt und grau gewordenen Ar- beiter niht auf ibre alten Tage in sch{lechtere Lohnklassen bringen. Die Alterérente werde zwar den Arbeitern nicht abgezozen, aber man bringe eben die Arbeiter in cine “niedrigere Lohntlasse und mache fo den ganzen mit ter Altertrente erworbenen Borthcil für sie wieder illusorisch. Bei Privatunternehmern würde man ein folhes Vorgehen mit der Nothwendigkeit, möglichst viel aus den Arbcitern herauszupressen, erklären können; aber das fei nicht die Aufzabe der RKeihsbetriehe und der Werftverwaltung ; damit wed? die Aufgabe, Mustecanftalt zu fein, niht erfüllt. Auf der Wilhelméhavener Werft feien in der niedrigsten Lohnklafse 2,40, 2,60, 2,80 M gezahlt worben; solle btarin etwa cine besondere soziale Fürforge gesunden werden? Die Arbeiter wünschten überhaupt für dieselbe Ärbeiterkategorie einhetilite Lohnsäße; es sollten auch einmal zugeslandene Lohnsäße nicht reduziert werden. Nach diefer Richtung follte sich zunächst die Fürsorge der Verwaltung erstrecken.

Staatssekretär des Reichs-Marineamts, Staats-Minister, Vize-Admiral Tirpißt:

Meine Herren! Es handelt sih um die Umwandlung einer Gabe von 100 M, die in den leßten Jahren den Arbeitern nah 25jähriger guter Dienstzeit gewährt worden war. Die Marineverwaltung ift dabei von der Ansicht ausgegangen, daß es grundfäßlih nicht richtig war, den Arkeitern ein? Gabe zuzuwenden nach einer solhen Dienst- zeit, sondern ihnen ein Ret zu geben, und das ift mit dieser Um- wandlung in Dienstalierézulagen beabsihtigt worden. Was die Höhe des Betrages anbetrifft, fo erreihen sie im Ganzen genommen eine

erheblich größere Summe, als der Herr Abg. Singer vorher angegeben

hat, wenn ich ibn rihtig verstanden habe. Die Endsumme, welche die Arbeiter dur die Dienstalterszulage nah 25 Jahren jcht erlangen, ift 336 4 Es macht im Ganzen für die Marineverwaltung eine Ausgabe von 110000 M als Dienstalterszulage im Vergleich ' zu 20 000 M früher als Gabe. Das ist immerhin eine gewisse Summe, deren Ausgabe sorgsam hat überlegt werden müssen. Ferner irifft es nicht zu, daß, wenn ein Arbeiter abgeht, er die Dienstalterszulage ver- liert; sondern. der Bestand derselben, der zu dieser Zeit erreicht ift- wird ihm ausgezahlt. Ebenso wird ihm n2ch 25 Jahren nicht nur die ganze Summe ausgezahlt, sondern er erhält auch weiter außer der Summe noh dauernd 25 M pro Jahr mehr. Abgesehen von dieser Absijt der Marineverwaltung, dem Arbeiter niht eine Gabe zu geben, sondern ein Recht, ist allerdings au noch der Wunsch dabei mit maß- gebend gewesen, den Sparsinn anzuregen. (Heiterkeit links.) Ih glaube, daß wir nach dieser Richtung hin von den Arbeiterfrauen unterstüßt werden. Wenn das ein billiger Bersuch ift, unsere Arbeiter an die Scholle und an unsere Werften zu fesseln, und dieser billige Versuch gelingt, dann wäre ja unsere Absicht erreißt. Gewiß, wir wünschen, daß unsere Arbeiter sch wohl fühlen auf unseren Werften, uad wir glau- ben, wenn fie sih wohl fühlen, daß wir das reihlich wieder gut be- kommen durch die größere Arbeitsleistung unserer Arbeiter. Was nun die Fälle anbetrifft, die der Herr Vorredner angeführt hat, ih glaube von Danzig, daß die Arbeitslöhne von alten Arbeitern herabgesetzt sind, so sind meines Wissens allerdings im Jahre 1898 einige Fälle vorgekommen; vom Jahre 1899 ift mir kein Fall bekannt, und hat die Marineverwaltung gerade für diefen Fall den Werften besonders eingeschärft, vorsihtig zu sein. Daß Arbeiter, die nicht mehr voll arbeitsfähig sind, oder deren Arbeitsfähigkeit überhaupt aufhört, nicht mehr den vollen Lohn beanspruchen können, muß auh fernerhin bestehen bleiben, aber es muß mit großer Vorsicht dabei vorgegangen werden. Ih möchte diesen Passus der Verfügung vom vorigen Jahre hier vorlesen : Diese Leute

es handelt ih um folhe, deren Lohn herabgeseßt werden foll kommen unter Umständen durch eine weitgehende Lohnherabseßung in eine ungünstige ökonomische Lage. Das muß aver vermieden werden bei Leuten, die den ganzen Tag in Marinebetrieben arbeiten und somit keine Gelegenheit zu anderem Verdienst haben.

Ich ersuche daher, bei nothwendig ersheincnden Lohnherab- seßungen wegen herabgeseßzter Leistungsfähigkeit mit besonderer Vor- sicht verfahren, auch in eine sorgfältige Prüfung der wirthschaft- lichen Folgen für den Betroffenen eintreten und diese bei der Höhe der Lohnherabsezung berücksihtizgen zu wollen.

Mehr, mcine Herren, kann eine Neichsverwaltung niht thun. Sie hat doch dabei auch das Staats- und Dienstinteresse wahrzunehmen.

Meine Herren, die Marineverwaltung is ja stets bemüht ges wesen, wirklichen berehtigten Klagen der Arbeiter gerecht zu werden und sie nach Möglichkeit abzustellen. Gerühmt haben wir uns dessen nie und auch nie unsece Werften als Musteranstalten hingestellt. (Zuruf bei den Sozialdemokraten.) Wenn nun eine Maßregel, die doch thatsächlich für das Wohl der Arbeiter getroffen ift, bezüglich ibres Effektes spôttisch behandelt wird, dann braußt Herr Abg. Singer nicht zu behaupten, daß es eine billige Art und Weise ist, die Arbeiter an unsere Werften zu fesseln. Wenn das lehtere aber ein- trifft, fo ist der Wunsch, den die Marineverwaltung bei diesem Vor- gehen gehabt hat, in Erfüllung gegangen.

Abg. Singer: „Mit den Woßblfahrtseinrihtungen machen wir das beîte Geschäft“, hat einmal der längst verstorbene Kollege Grad gesagt, uad cr hatte mit seiner Offenheit durhaus Recht. Billig it der gemahte Versuch dieser Woblfahrtscincrihtungen mit den Alterszulagen in der That; denn 90000 A mehr ist von keiner Bedeutung. Wenn außerdem noch der Sparsinn der- Arbeiter geweckt werden foll, dann wäre es doch viel einfacher, bessere Löhne zu zahlen, damit die Arbeiter, die doch nit unmündige Kinder sind, nicht Andere für sh sparen zu lassen brauchen, sondecn selbft ‘paren fköanen. Vom Standpunkte des Geschäftsmanns erklärt der Staatssekretär Tirpit ferner: wenn die Leistungsfähigkeit des Arbeiters fi verminderte, müßten die Löhne herabgesetzt werden. Bei den Beamten gilt doch aber dieser Grundfatz nicht, im Gegentheil, ihr Gehalt steigt. Was den Beamten ret ift, solite den Arbeitern billig sein. Daß der Staatssekretär Lohnklassen von 2,40 4 für berehtigt hält, fanx ich niht glautea; geäußert hat er sih darüber nicht. Der Staatssekretär Tirpiß sagt, er habe sich nie gerühmt, daß die Werften Musteranstalten sind; ih bedauere, daß er es nit gekonnt hat.

Staatssekretär des Neichs-Marineamts, Staats-Minister, Vize-Admiral Tirpit:

Ich möchte nur noch einmal betonen, meine Herren, daß es ih bei der Umwandlung der Hundertmarkzabe in eine Alterszulage niht um ein Geschäft handelt, auch nicht um eine Woblfahrtseinrihtung, sondern um ein Recht, das den Arbeitern gegeben werden foll. Unsere übrigen Wohlfahrtseinrihtungen, die als solhe au bezeihnet find, würden wir unsererseits nicht aus dem Gesihtépunkte des Geschäfts betraten, sondern sie sind eine Wohlthat, welhe wir den Arbeitern von ganzem Herzen gönnen.

Was die niedrigsten Löhne anbetrifft, die der Herr Vorredner angegeben hat, so kaun ih die Daten natürli in diesem Augenblick niht kontrolieren. Jch kann hier nur anführen, daß im vorigen Jahre der größte Theil der niedrigen Lohnsäße eine Erhöhung erfahren hat, und daß die vorhin von Herrn Abg, Singer angeführten niedrigen Lohnsäte höchstens für Handlanger zutreffen können.

Ich möchte aber sagen, daß die Arbeiter selb, wie ich galaube, von der Werthlosigkeit der Alterszulage, die den Arbeitern zugewendet worden ift, nit überzeugt sind; jedenfalls hat ein Arbeiteraus\{chuß Veranlassung genommen, seinen besfondcren Dank für diefe Einrich- tung der Reihs-Marineverwaltung zum Ausdruck zu bringen. Wenn invalide Arbeiter entlassen werden, erhalten sie neben der reihsgesehz- lihen Alters- oder Invalidenrente einen Zushuß aus der Arbeiter- Unterstützungskasse. Ganz vergleihbar if die Leistung eines alten Arbeiters doch nicht mit der eines Beamten, Bei den Beamten muß immer in Betracht gezogen werden, daß auch die Grfahrung, die der Betreffende in seinem Beruf gesammelt hat, mit zur Verwerthung gelangt. Die Offiziere, die pénsioniert werden, werden doch auch in ihrem Einkommen einfa herabgeseßt, und zwar erheblih, und oft sehr shmerzlih, wenn sie niht mehr im ftand: sind, das Geforderte zu Leisten. Es ist also ein Prinzip, das überall im Staate durh- geführt wird, und wenn es nur rihtig und wohlwollend gehandhabt wird, is gegen das Prinzip nichts zu sagen.

Abg. Rickert (fr. Vgg.): Ih kann auch nur wünschen, daß alte Arbeiter auf den Werften thunlichst von solchen Herabsezungen- ver-