1901 / 283 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 29 Nov 1901 18:00:01 GMT) scan diff

Dynamitpreis, mit Geltung vom 1. Oktober ab, um 1 Pfd. Sterl. U Vie Kiste herabgeseßt worden sei und daher den Minen für ihren Dynamitverbrauch bis jeßt 9000 Pfd. Sterl. würden zurückerstattet werden. g : : Der Oberkommandierende in Kapstadt hat, wie „W. T. B.“ erfährt, dem britishen Kriegsamt telegraphisch emeldet, er habe ein Schreiben F ouché's erhalten, in welhem ieser mittheile, daß er zwei britische Soldaten, welche fangen genommen worden seien, am 16. November in

Dordrecht habe erschießen lassen.

Varlamentarishe Nachrichten.

Der Bericht über die gestrige Sißzung des Reichstages befindet sich in der Ersten Beilage.

Statistik und Volkswirthschaft.

Das Unterrichtswesen in Bayern.

Das neueste Heft der E des Königlich bayerischen Statistishen Bureaus“ enthält eine Abhandlung über die Ergebnisse der Unterrichts\tatistik in Bayern für die Schuljahre 1897/98 und 1898/99, der wir die folgenden Mittheilungen entnehmen.

Die Zahl der in Bayern im Jahre 1898/99 ermittelten Werk- tagsschulen beträgt 7338 (im Vorjahre 7329), von denen 382 oder 9,2% (363 oder 5 9/0) auf die Städte und 6956 oder 94,8 9/9 (im Vorjahre 6966 oder 95 9/9) auf das Land entfallen. . 7285 oder 99,3 9/6 sind öffentlihe und 53 oder 0,7 9% Privatschulen. Nach dem konfessionellen Charakter scheiden sih die Schulen in 5178 oder 70,6 9/9 (1897/98 : 5173 oder 70,6 9/9) fatholisde, 1930 oder 26,3 9/0 (1897/98 : 1925 oder 26,2 9/6) protestantishe, 144 oder 1,9 9/6 (1897/98 : 145 oder 2,0 9/0) fimultane und 86 oder 1,2 9/6 (1897/98 : 86 oder 1,2 9/6) i8raelitise. /

Legt man der Ausscheidung die Trennung nach dem Ge-

chlecht der Schulkinder zu Grunde, so ergeben sh 6323 oder 86,2 9/6 (1897/98: 6306 oder 86,009/0) in- allen Klassen gemischte Schulen, 454 oder 629/06 (1897/98: 456 oder 6,29/0) gesonderte Mädchen-, 452 oder 6,1 9/6 (1897/98: 451 oder 6,29/6) gesonderte Knaben- und 109 oder 1,5 9% (1897/98: 116 oder 1,6 9/6) in einzelnen Klassen gemischte Schulen. :

Die Zahl der an sämmtlichen Shulen wirkenden Lehrkräfte beträgt 25 983 gegen 25 348 im Vorjahr, von denen 14533 oder 99,9 9%/9 (1897/98: 14278) ordentliche Lehrer, 6464 oder 24,9% (1837/98: 6115) Religionslehrer und 4986 oder 19,2% (1897/98: 4655) Fachlehrer (für den Turn-, Zeichen- und Arbeits- u. E Unterricht) find. Von den ordentlihen Lehrfkräften sind 12 066 oder 83,0% männlihen und 2467 oder 17,0% weib- lichen, von den Fachlehrern 134 oder 2,7 9% männlihezn und 4852 oder 97,3 9% weiblihen Geschlechts. Sämmtlihe 6464 Re- ligionglehrer gehören dem männlichen Geschlecht an. Der Konfession na sind von den 25 983 Lehrkräften 19 094 oder 73,49 9/% katholisch (12 813 oder 49/43 9/6 männlich und 6251 oder 24,06 9/6 weiblich), 6715 oder 29,849/0 protestantish (5662 oder 21,79 0/6 männlich und 1053 oder 4,05 9% weiblich), 164 oder 0,63 9% israelitisch (156 ml und 8 weibli), 10 einer anderen . Konfession angehörig- (3 männlih und 7 weiblich). Von den ordentlichen Lehrkräften sind 1146 oder 7,9% geistlichen Standes, und zwar 29 männliche und 1117 weibliche. Í / Die Gesammtzahl der die Werktagsshule besuhenden Kinder beträgt im Königreich 850 309, wovon 178 093 oder 20,9 % auf die Städte und 672216 oder 79,1% auf das Land entfallen, 417 786 oder 49,1 % dem männlichen und 432 523 oder 50,9 9% dem weiblichen Geschlehte, 605221 oder 71,17 %/% der tathbolisden, 239 168 oder 28,13 % der protestantischen, 5173 oder 0,61 9/0 der israelitishen und 747 oder 0,09 % einer sonstigen Konfession angehören. Im Vorjahre belief ih die Zahl der Schulkinder auf 839 172, von denen 165 954 oder 19,8 9% auf die Städte und 673 218 oder §0,29/0 auf das Land entfielen. (

Schulgeld wurde an 5460 Squlen, d. |. 74,4 °/ der Gesammt- zahl der Schulen, erhoben. Däbei wurden 1585 755 4. eingenommen und zwar 64713 M. oder 4,1% in den Städten und 1521042 f oder 95,9 9/9 auf dem Lande. Jm Vorjahre wurden an 5484 Schulen im Ganzen 1 607 938 # Schulgeld erhoben.

Die Gesammtzahl der Feie rtagsschüler betrug in Bayern im Jahre 1898/99 285 260, von denen 36 995 oder 13.0% auf die Städte und 248 265 oder 87,009/9 auf das Land entfielen, 125 320 oder 43,9% männliden und 159 940 oder 96,19% weiblihen Ge- \{lechts waren, 210441 oder 73,77 9% der fatholishen, 73 585 oder 29,80 9/0 der protestantischen, 1076 oder 0,3890 der israelitishen und 158 oder 0,05 9% einer sonstigen Konfession angehörten. Im Vorjahre betrug die Zahl der Feieriagsfhüler 285 304.

Bor vollendeter Schulpflicht wurden auf dem Wege der Dispensation wegen obwaltender besonderer Verhältnisse aus der Schule entlassen: 661 oder 0,078 % Werkiags- und 90 odér 0,032 9/0 Feiertagsschüler, und zwar hon den entlassenen Werktags- schülern 45 in den Städten und 616 auf dem Lande, von den ent- lassenen Feiertagéshülern 22 in den Städten und-68 auf dem Lande.

Die Gesammtausgaben für diese Schulen, soweit dieselben in den gemeindlichen Shulrechnungen vorzutragen find, haben sih-für das Jahr 1898/99 auf 29 741 361 4. belaufen, wovon L1 733 980 M oder 56,69/0 auf die Personalerigenz und 9 007 381 Æ oder 43,4 9/6 auf die NRealexigenz entfallen. Im Vorjahre betrugen diese Ausgaben 19700607 #, nämli 11539379 Æ -Personal- und 8 161 228 4 _Nealerxigenz. 7 Von der Nealerigenz kamen 1898/99 4721786 M oder 52,49% auf Néubauten und Erweiterungen, 1139 370 Æ oder 12,6% auf Gebäudtunterhalt, 1451 262 M. oder 16,1% auf- Beleuchtung und Beheizung, 199 020 M cder 2,209/6 auf Subsellien, 355866 #( oder 49/9 auf Lehrmittel und 1 140 077 6 oder 12,7 9/0 auf sonstige Shulzwee._ :

., Gewerblihe Fortbildungs\chulen bestanden im Schul- jahre 1898/99 in Bayern 271 (1897/98: 262), von denen 223 selbst- ständig und 48 mit Realschulen verbunden waren. An 177 Schulen ist der Besuch nah den Ortsstatuten ein obligatorischer. Die Zahl der gewerblihen Fortbildungs\chüler betrug 35 670 (1897/98: 34175), wovon 597 oder 1,67 9% die Tageskurse und 35 073 oder 98,33% die Abend- und Sonntagskurse besuchten. Von den Schülern der leßtgenannten Kurse wurdez 23 307 oder 61,19 9/6 in den Elementar-, 14782 oder 38,81 ©%/9 in den Fachabtheilungen unterrihtet. An s\ämmilihen gewerblihen Fortbildungëshulen wirkten 1861 (1897/98: 1781 Lehr kräfte, von denen 139 oder 7,47 9/0 aus\chließlich für die dun s\hulen aufgestellt waren. Die Gesammt aus gaben beliefen sich auf 604 923 M (1897/98: e 701 M), wovon 526159 M oder 86,98% auf Lehrergehalte amen. S

Die Zahl - der laundwirthschaftlichen Fortbildungs- \chulen betrug- 469 (1897/98: 460), darunter 23 oder 4,90 9% Wintershulen. Die Zahl der landwirthschaftlichen Fort- bildung8schüler belief sih auf 8674 (1897/98: 8441), wovon 773 oder 8,91 9% auf die Wintershulen und 7901 oder 91,09 9% auf die landwirthschaftlichen Fortbildungsshulen -im engeren Sinne ent- fielen. An sämmtlihen -landwirthschafilihen Fortbildungs- \chulen wirkten 805 (1897/98: 758) Lehrer, von denen 23 oder 2,86 °% auss{ließlich für diese Schulen aufgestellt waren. Die Gesammtausgabe für die landwirtschaftlihen Fort- bildungsshulen betrug 232097 # (1897/98: 198 821), wovon 123 834 M. oder 953,39 9/o- auf die Lehrergehalte kamen.

Die bayerishen Waldbauf Men an denen 34 Lehrer, dar- unter 10 aus\{ließlich für diefe angestellte, wirken, wurden am Schlusse des Schuljahres 1898/99 von 266 (im Sue von 276) Schülern besucht. An Schulgeld und Einschreibgebühr wurden 5438 er-

«

hoben. Die Gesammtausgabe betrug 35 994 4, wovon 30567 4 oder 85,16 9/% auf das Lehrpersonal entfielen. , h

Ueber die Zahl der in Bayern bestehenden Mittelschulen, der an denselben verwendeten Lehrkräfte und der am Schlusse des Schul- jahres 1898/99 in diesen Schulen unterrichteten Schüler giebt folgende Uebersicht Auf\{luß:

Zahl li SERIS ber Bere der ‘yrivatem Lehr- ; B Schulen Charakter kräfte Shüiler f éanten Humanistishe Gym--

Nane S E 42 081 416045 Progymnasien . . .| 37 3D 399 2531 Lateinshulen . 17 6 124 741 Nealgymnasien .. 4 78 789 Realschulen L 2E S 5D 4 L 12209 24 Industries{hulen .. 4 T4 6428 43 Baugewerk|chulen 6 112 1 986 Handelss{ulen . 16 12 181 2268 - 39 Kunstgewerbes{chulen 2 44 421 63 A chulen . 47 11 250 2024 -—

ehrer- und Lehre-

rinnen-Seminarien |- 24 10 233 1281 Musikschulen 13 6 68 1496 496.

öbere Töchter-

Uen C 134 101 1880 14760 24 Frauenarbeitss{hulen | 43 39 175 3562 Arbeitslehrerinnen- .

Seminarien . 5 3 12 D “E

afts\hule Lichten-

Do L 0% 1 13 T Kreis -Ackerbauschulen 5 56 2156 Gartenbauschule in

Weihenstephan . . F 3 18 Zentral - Turnkehrer- |*

bildungsanstalt . . 1 4 339 Fachshulen, welche

nicht unter die Fort-

bildungs\hulen

Aen E S 106 68 303 960451 Sonstige Privat-

Lehrinstitute . . . 4 4 23 691

Als Hochschulen bestehen in Bayern 16 Anstalten: 3 Universi- tâten, 7 Lyceen, 1 Technische De 1 Akademie der bildenden Künste, 1 Akademie der Tonkunst, 1 Forsilihe Hochschule, 1 Akademie für Landwirthschaft und Brauerei und 1 Thierärztliche Hochschule. Die Zahl der Studierenden betrug: a. an den 3 Landes- Universitäten im Winter-Semester 1898/99: 6519, von denen 4104 oder 63 9% auf München, 1369 oder 21% auf Würzburg und 1046 oder 16 °/) auf Erlangen “entfielen; 1899: 6755, wovon 4452 oder 659% auf München, 1241 oder 18,4% auf Würzburg und 1062 oder 15,7% auf Erlangen kamen; b. an den 7 Lyceen im Winter-Semester 718, im Sommer- Semester 688; c. an der Technischen Hohshule in München im Winter-Semester 2128, im Sommer-Semester 2048; d. an der Akademie der bildenden Künste im Winter-Semester 387, - im

Sommer - Semester 305; e. an_ der Forstlißen Hocbschule in Aschaffenburg im Winter - Semester 118, “im Sommer- Semester 116; f. an der Thierärztlihen Hochschule in München im Winter -Semester 134, im Sommer- Semester 294; g. an der Akadenie der Tonkunst in Münden im Winter- wie im Sommer-Semester je 336; h. an der Akademie für Land- wirthschaft und Brauerei in Weihenstephan im Winter-Semester 118, im Sommer-Semester 120. Promotionen wurden an den 3 Universitäten im Winter-Semester 384, im Sommer-Semester 288 vorgenommen. Von ersteren kamen 86 auf Bayern und 298 auf Nicht- bayern, von leßteren 95 auf Bayern und 173 auf Nichtbayern.

Land- und Forstwirthschaft.

Darm ftadt, 29. November (W. T. B.) Wie die „Darm- städter Zeitung“ mittheilt, haben die Versuche mit dem Baccelli'\chen Heilverfahren bei der Maul- und Klauenseuche in ver- schiedenen Kreifen des Landes nicht befriedigende Resultate gehabt. Die Versuche find nunmehr eingestellt. :

_Sesundheit8wesen, Thierkrankheiten und Nbsperrung3- Maßregeln.

Malta.

Dur „Government-Notice“ Nr. 292, vom: 19. d: M., wird be- kannt gemaht, daß die in Malta eintreffenden Passagiere erst dann an Land gehen dürfen, wenn fie vor einem Marine- Polizei- Inspektor oder einem anderen höheren Beamten eidlih versichert haben, daß fie innerhalb der leßten 10 Tage niht in Ezybten, Kon- stantinopel, Smyrna oder Salonik gewesen sind. Viejenigen, welche diese eidlihe Erklärung nicht abgeben, unterliegen einer zehntägigen Quarantäne unter Anrehnung der Meisezeit. (Vergl. „R.-Anz.“ vom 27. Juli d. J., Nr. 176)

Niederlande. Die niederländishe Regierung hat das Verbot der Ein- und

Durchfuhr von Lumpen u. \. w. aus Liverpool wieder aufgeh oben. (Vergl. „N.-Anz.“ vom 9: d. M., Nr. 267.) Belgien. Â

Durch eine im „Moniteur Belge“ vom 14. d. M., Nr. 318, veröffentlichte Versügung des belgischen Ministeriums für Landwirth- schaft vom 12. d. M. sind die Bestimmungen der Artikel 1 bis 4 der Königlich belgishen Verordnung vom 5. April 1897, betreffend Maß- nahmeñ zur Verhütung der Einschleppung der Beulenpest in Belgien, vom 12. d. M. ab für Hertünfte aus dem Hafen von Asuncion (Paraguáy) in Wirksamkeit gesezt worden.

Solche Herkünfte ‘von See sollen an den Quarantänestationen in der Schelde, in den Häfen von Ostende und Nieuport, fowie in Selzaeie nach- den Vorschristen der Kapitel 11, II[ und 1V des der Venediger internationalen Sanitätskonvention vom 19. März 1897 beigefügten allgemeinen Sanitätsreglements behandelt werden. (Vergl. „R.-Anz,“ vom 27. April 1897, Nr. 98.)

Bulgarien.

Die bulgarische Regierung hat Odesfa für pestfrei erklärt und die gegen Herkünfte von dort angeordneten Quarantäne- Na IrEy wieder aufgehoben. (Vergl. „R.-Anz." vom 22. d. M.

u 2T7

Konstan tinopel, 28. November. (Meldung des Wiener K. K. Telegr.-Corresp.-Bureaus.) Gestern Abend ist hier ein Pestfall

festgestellt worden. ¿ Victoria (British-Columbia), 28. November. (W. T. B.)

Gin aus Honolulu hier eingetroffener australischer Dampfer be- richtet, daß im dortigen Chinesenviertel -10 Pestfällé vorge- kommen fjeten.

Verkehrs-Anstalten.

G oh, 28. November. Die erste englische Post über Vlissingen ist wegen Sturms ausgeblieben.

Cóln- (Rhein), 28. November. Die zweite englische Post über Ostende hat in Cöln den Anschluß an ug 31 it über Hildesheim, infolge stürmischer See, nicht erreicht. :

im Sommer-Semester -

Bremen, 29. November. E. T. B.) Norddcutscher Lloyd. Dampfer „Trier“ 27. Nov. v. Mvos n. Brasilien abgegangen.

28. November. (W. T. B.) Dampfer „Preußen“, n. Ost- Asien best., 28. Nov. in Rotterdam angek. Prinz Heinri“ 27. Nov. Reise v. Genua n. Neapel und „Hamburg* 28. Nov. y. Antwerpen n. Hamburg, sowie „Preußen® v. Rotterdam n. Antwerpen fortges. „Roland“, n. Brasilien best, 28. Nov. in Bahia, „Prinzeß Irene“, n. Ost-Asien best., in Colombo “und „Friedrich der Große“, n. Australien best., 28. Nov. in Neapel angek. „Petchaburi“, n. Ost- Asien best. 28. Nov. in Port Said angekommen.

Hamburg, 28. November. (W. T. B.) Hamburg-Amerika - Linie. Dampfer ePhôónicia“ 27. Nov. Eastbourne pass. „Australia“ 27. Nov. in Colon angek. „Helvetia“ und „Markomannia“ 27. Nov. v. Havre, „Silvia" sowie „Macedonia“ 26. Nov. v. Buenos Aires, „Sparta“ 27. Nov. v. Kopenhagen und „Segovia“ v. Penang ab- gegangen.

London, 28. November. (W. T. B.) Union-Castle-Linte. Dampfer „Scot" gestern auf Heimreise v. Kapstadt abgeg. und „Braemar Castle" auf Ausreise in Madeira angekommen.

Theater und Musik.

Belle-Alliance-Theater.

„Kein Hüsung“, ein Volksstük nah der gleiGnamigen Dichtung Friß Reuter?s, wurde gestern in der Bearbeitung von Hermann Jahnke und W. Schirmer zum ersten Mal gegeben. Abgesehen von einigen Längen, gestaltete sich die Aufführung in der ge- schickten undbühnenwirksamen Dramatisierungdes Stoffes recht interessant und athmete ganz den Geist der Reuter'shen Dichtung. Namentlich war dies bei der Rolle des braven alten Daniel Bartelmann der Fall, wele von Herrn Grimm, au im Dialekt, vortreffli®ß wiedergegeben wurde. Ebenso wurde die Gutsherrschaft dur Herrn Hagen und Fräulein Ballin glaubwürdig vertreten. Eine anerktennènswerthe Leistung feiner Charakteristik und \{lichten, ergreifenden Spiels bot ferner Fräulein Hahn als Großmagd, während ihr Partner, Herr Groß, den

roßkneht zwar recht temperamentvoll, aber niht immer ohne Üeber- treibung darstellte. Zusammenspiel und Inscenierung konnten durh- aus befriedigen, und das Publikum zollte lebhaften Beifall.

Buntes Theater.

Ernst von Wolkzogen hat nunmehr mit den Künstlera seines Bunten Theaters („Ueberbrett'l“) ein schmudckes, vornehmes und eigen- artiges Heim. in der Köpenickerstraße (Nr. 68) bezogen, welche3 ganz dazu angethan ist, für die von ihm ersonnene und gepflegte Kunstgattung die rechte Stimmung zu erwecken. Wenn man von einem „Sezes- sions\til“ sprechen tann, fo zeigt fh derselbe hier in einer ebensó ein- beitlichen, gefälligen wie zweckmäßigen Anwendung. Selbstver- ständlih gilt dies nur von der Innen-Architektur und -Dekoration des Theaters, welches, hinter den Häuserfronten der Straße belegen, dem Erbauer, Architekten August Endell, keine Gelégenheit zur Ent- faltung feiner Kunst nach außen bot. In dem viereckigen. flachkuppel- artig gewölbten Naum ist die Wand“ gegenüber der Bühne drei- theilig gegliedert; die Mitte nimmt ein Balkon ein, dem sih an beiden Seiten, dekorativ durch shmiedeeisernes Gitterwert harmonisch mit ihm verbunden, eine Anzahl in Farbe und Form bchaglih wirkender Logen anreihen. Die Mehrzahl der Sigpläge befindet sich im Parterre-

raum, den sie in gefälliger, von der üblichen steifen, gradlinigen Gruppierung wetchend ausfüllen. Die recht geräumige Bühne buchtet sih_ vor dem Vorhang zu einem breiten Podium aus, auf welchem Solovorträge gehalten werden können. Der dazu etwa benöthigte Flügel steigt aus. einer Versenkung empor, die ibn nach dem Gebrauch wieder aufnimmt. Unter dem Podium befindet sih das Orchester. Die Hinterbühne dient der scenischen Darstellung, zu welcher, während die Solovorträge im Gange sind, die Vorbereitungen hinter dem Vorhang getroffen werden köanen. Der Grundton der nach einheitlihem dekorativen Entwurf für die Wände, Teppiche, Stuhlbezüge 2c. verwendeten Farben ist ein disfretes Grün. Zehn dreikantig gestaltete, außen mit eleftrishen Glüh= lampen versehene Kronleuchter erhbellen, ohne zu grell zu wirken, den Raum, déssen übrige Ornamentik dem Thier- und Pslanzenreih entnommene, der Größe der zu s{chmüdckenden Flächen tünstlerisch angepaßte Formen zeigt. Dieser Theatersaal ist entschieden an ih als eine neue Sebenswürdigkeit Berlins zu bezeichnen. Was die Eröffnungsvorstellung selbst betrifft, so zeigte sie das abwechselnde Programm, wie es Freiherr von Wolzogen schon

früher eingéführt hat, nur erweitert und vertieft. Wie er selbst in seiner launigen Eröffnungsrede hervorhob, will er in dem neuen, seinen Jdealen nunmehr voll ents

sprehenden Heim die Kleinkunst im edelsten Sinne pflegen und fh bemühen, nit den Zufalls- und Tageserfolg auszubeuten, nicht eine bestimmte Richtung bis zum Ueberdruß zu vflegen, sondern ein „Theater der Ueberrashungen“" zu schaffen. Er {loß mit dem heiteren Weihe- spruch aus dem „Kophtischen Lied“ von Goethe: „Lasset Gelehrte sich zanken und streiten ©.. . Haltet die Narren eben zum Narren, wie sich's . gebührt!“ Es würde dena für einen kurzen Bericht zur Verfügung stehenden Naum weit überschreiten, wollte man eingehend alle Darbietungen des fünfzehn Nummern umfassenden Programms nach Werth oder Unwerth ab- wägen. Manches ersien, wohl, E ausreibender Proben, noch unfertig, im Großen -und Ganzen aber hatte alles vollen Erfolg. Hervorgehoben . seien von den Solovorträgen die Rezitationen von Olga Wohlbrück, ferner zur Guitarre von Fräulein Elsa Laura Seemann anmuthig gesungene Volkslieder, Gesangsvorträge des bom Theater der „Lebenden Lieder“ - her vortheilhaft befannten Tenoristen Paul Stampa und der Damén d’Eftróe und Brand. Von „den scenisen Darstellungen opernhaften Charakters fanden ein Tanz- und Gesangreigen „Juli-Hexen im Grunewald“ von Otto Julius Bierbaum, Musik von A. von Zimlinsky und Holzamer's kleine Märchendichtung „Brunnenzauber“, Musik von Bogumil Zepler, lebhaften Beifall. Eine satirishe Komödie „Die Medaille“. von“ Ludwig Thoma würde dur einige geshickte Negiestrihe gewinnen und von Anfang an die Heiterkeit erwecken, die sih erst gegen Shhluß des Werïs einstellte und besonders durch Herrn Reßner's charakte- ristishe Darstellung eines baverischen Meß ermeisters und Landtags- Abgeordneten erzielt wurde Außerordentlih komisch war außerdem Hanns von Gumppenberg's Tragikomödie „Der Nachbar“ in einem einzigen, langen Saße, den Herr Forest mit erstaunliher Ge- läufigfeit hersagte. Den Haupterfo f des Abends aber errang Ernst von Wolzogen selbst durch den vollendeten Vortrag einer eigenen, „Mann über Bord“ betitelten Dichtung.

Im Königlichen Schauspielhause geht morgen zum ersten Male „Das große Licht“, Schauspiel in vier Aufzügen von Felix Philippi, in Scene. Die Besetzung lautet : Lorenz Ferleitner: Herr Matkowsky; Frib Nasmussen, Maler: Herr Christians; Frau NRas- mussen, seine Mutter: Fräulein Abih; Charlotte Eggers," deren

Nichte: Fräulein Poppe; lr. Sellriz: Herr Kraúßneck; Stifts- herr Burghaber: Herr Oberlaender; Professor Marquardt : Arndt; Kommerziemath Engelbrecht: Herr Hübener;

Derr General ¿. D. von Schönherr: Herr Molenar; Herr Werrack; von Nohrbrück: Herr Tiedtke: Sänger : Herr Paris; Geheimer Sanitätsrath S Die oa, Keßler; d Sekretär Dittrich: Herr Herter; lodeugicßer Röthel: TX Link, Die Handlung begiebt si in der Gegenivart in einer P Stadt. Das Stü ist vom Ober-Regissenr Grube in Scene geseßt. Die am Moutag stattfindende Aufführung von Schiller's Trauer- spiel „Maria Stuart“ ift in dea Hauptrollen folgendermaßen be egt: Elifabeth: Fräulein Lindner; Maria Stuart: Fraulein Poppe; Graf e t Herr Mets E Herr Christians; Paulet : Derr —éolenar; Sraf Durleigh: Herr Ludwig: Graf Shrewsbucy : Herr Nesper. Y R A C J d

Direktor Habermann : Oberlandesgerichtsrath th lr. Wallenberg : Herx Organist Goldner : Herr Pohl;