1876 / 91 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 15 Apr 1876 18:00:01 GMT) scan diff

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Bis Ende Februar 1876 find für Rechnung des Deut- \hen Reichs zur Einziehung gelangt an Landes-Silber- und Kupfermünzen: A. Landes-Silbermünzen: Thaler- währung 234,410,378 A 73 S, \üddevtshe Guldenwährung 175,179,527 M 79 S, Kronenthaler 7,973,748 M 92 „3, Kon- ventionsmünzen des Zwanzigguldenfufes 1,909,810 88 „3, Silbermünzen Kurfürstlih oder Königlich fsächsishen Gepräges 53,456 #6 62 S, Silbermünzen \{lewig holfteinishen Gepräges 1,617,855 M 49 S , Silbermünzen hannovershen Gepräges 1613 45 5, mecklenburgishe Währung 204,769 4 64 4, hamburgishe Kurantwährung 1,766,319 4 07 4, lübische Währung 755,281 46 94 34, Gesammtwerth A. 423,872,762 4 93 —s. B. Landes - Kupfermünzen: Thalerwährung 1,994,156 6 15 „3, süddeutshe Währung 433,654 M 92 4, mecklenburgishe Währung 32,627 4 20 5, Gesammtwerth B. 2,460,438 M 21 S. Summe 426,333,200 M 80 _S.

Nachdem von dem Deutschen Reih mit der Königlih norwegischen Regierung eine Vereinbarung wegen gegen- \eitiger Anerkennung der nah dem neuen Schiffsver messungs- Verfahren bewirkten Vermessungen getroffen worden ift, find für die auf Grund der norwegishen Instruktion für die Schiffs- vermessung vom 6. November 1875 vermefsenen, der norwegischen Handelsmarine angehörigen Schiffe die in deren Meßbriefen (Maalebreve) enthaltenen Angaben über den Netto-Raumgehalt (Netto-Draegtighed) in den deutschen Häfen ohne Nahvermefsung als gültig anzuerkennen.

Durch Bundesgesez vom 23. März d. I. ist für die Schweiz die Einführung eines einheitlihen Packetportos rah Maßgabe der beim deutshen Reichspostwesen seit dem 1. Januar 1874 in Anwendung befindlihen Grundsäße geneh- migt worden. Danach wird für Packete bis 5 Kilo ohne Untec- \chied der Entfernung der Say von 40 „F zur Erhebung kommen; der Lokalrayon zur halben Taxe umfaßt die Orte bis 25 Kilometer Entfernung. In Deutschland it die Einheitstaxe bekanntliß 50 Z; dagegen erstreckt fch der Lokalrayon zur Halben Taxe bis auf 75 Kilo- meter. Es wird nunmehr der Einführung des Einheitstarifs für Packete im Verkehr zwischen Deutschland und der Schweiz ein Hinderniß niht mehr im Wege stehen. Wie wir hören, find die erforderlichen Schritte bereits eingeleitet. Für alle Pakete zwischen beiden Ländern bis zu 5 Kilo Gewicht und ohne Unterschied der Entfernung is der einheitlihe Sag von 1 Fr. oder 80 „H Z in Aussiht genommen; für den lokalen Grenzverkehr wird eine Ermäßigung auf die Hâlfte beabfichtigt. Es is unzweifelhaft, daß diese Maßregeln eine wesentlihe Hebung des Verkehrs im Gefolge haben werden. Zugleih hat der erfreulihe Vorgang in der Schweiz der dies- seitigen Verwaltung Anlaß gegeben, bei der öfsterreichisch- ungarischen Verwaltung die Schritte zur Erreihung des gleichen Zieles zu erneuern.

Zur Bequemlichkeit des telegraphirenden Publikums ist die Einrihtung getroffen, daß der ein Tele- gramm überbringende Telegraphenbote die etwaige telegraphische Anwort gleih zur Telegraphenstation mit zurücknehmen muß, wenn dieselbe ihm innerhalb höchstens 5 Minuten übergeben und ein Groschen Zuschlaggebühr bezahlt wird.

Der Finder einer Werthsache, deren Besißer ihm be- Tannt ift, hat keinen Anspruch auf den gesezlihen Finderlohn, wenn zwischen dem Fortfallen und Auffinden eine nur geringe Entfernung und kurze Zeit verflossen ist und die Annahme nahe liegt, daß der Verlierer von selb|st bald den Verlust be- merkt. Erkenntnif: des Ober-Tribunals, Ill, Sen. vom 10. März d. I.

Das „Verzeichniß der fremden Konsuln im Deutschen Reih 1876“ isst nunmehr (als Separatabdruck Nr. 4 des Deutschen Reichs-Anzeigers) erschienen und kann durch die Expedition des Reichs- und Staats-Anzeigers sowie durch Carl Heymanns Verlag hierselbst bezogen werden.

ck 4 Der General-Major von Voigts-Rheßtz, Direktor des Allgemeinen Kriegs-Departements, if von seiner Inspizirungs- reise nah Pommern hierher zurückgekehrt, ebenso der General- Major von Conrady, Commandeur der 4. Garde-Infanterie- Brigade nah beendigtem Urlaub von Meg.

Der Kaiserlih Königlih österreihish-ungarishe Ge- sandte in Kopenhagen, Graf Kalnocyi, traf vorgestern Abend von dort hier ein, und reiste gestern Abend nah Wien weiter.

S. M. S. „Victoria“ hat am 3. März cr., Morgens, die Rhede von Puerto Cabello verlassen und ankerte Abends in der Ensenada de St. Juan. Nah Vollendung der Vermessungs- arbeit daselbs, ging das Schiff am 10. de}. Mts., Abends, nach Curaçao unter Segel, ankecte am 11. Vormittags im Schottegat, verließ Curaçao wieder am 25. Morgens, ankerte am 27. im Hafen von St. Thomas und is am 29, März früh nah JIacmel in See gegangen, um event. in Folge der auf Haitien ausgebrohenen Unruhen den Schug deutshen Gigen- thums zu sichern.

S. M. Schiffe „Hertha“ und „Ariadne“, sowie S. M. Kanonenboot „Cyclop“ find, telegraphischer Nachricht zufo. ge, am 14. d. Mts. in Hongkong eingetroffen.

S. M. S. „Vineta“‘“, unter dem Kommando des Kapitäns zur See, Graf Monts, langte wohlbehalten am 9. v. Mts. in Callao an, nachdem es vorher die peruanischen Häfen Iquique und Arica berührt hatte. Dasselbe gedenkt morgen in See zu gehen, und zwar laut telegraphisher Ordre der Kaiserlihen Admiralität direkt nah Hongkong.

Bayeru. München, 12. April. In einer gestern ab- gehaltenen Sihung des Staatsraths gelangten die beiden von den Kammern in den lezten Tagen angenommenen Ge seßt - entwürfe, die provisorische Steuererhebung im zweiten Quartal d. J, und das Kreisanlehen von Unterfranken betreffend, zur Eiledigung. Die Konsekration des neuernannten Bischofs von Passau, F. I. Weckert, wird dur den Erzbischof von München am 30. d, M. inder Domkirhe zu Passau stattfinden. Heute Nachmittags um 4 Uhr hat auf dem nördlichen Friedhofe die Beerdigung des einzigen Sohnes des Kommandirenden des L. Armee-Corps, des Seconde-Lieutenants z. D. Max Frhrn. v. d. Tann-Rathsamhausen stattgefunden. Der Ma- Pra der Stadt Nürnberg hat die dortige Mitgliedschaft der

eutschen Volkspartei als einen politishen Verein erklärt.

Der in der näâhfsten Woche in München stattfindende bayerische Anwaltstag wird sh, wie {hon gemeldet, mit den Beschlüssen der Reichstags-Iustizkommission, die Rechtsanwaltschaft betreffend, beschäftigen. Der Anwalts- rath wird die Abänderung mehrerer Beshlüsse der Iustiz- kommission beantragen. So lautet der Absay des §. 2 in der &assung der Iustizkommission wie folgt: „Wer die Fähigkeit zum

Richteramt in einem Bundesftaatc erlangt hat, kann bei jedem Gerihte innerhalb des Deutshen Reichs als Rechtsanwalt zugelassen werden.“ Der Änmwaltsrath \{chlägt dagegen folgende Fassung vor: „Wer die Fähigkeit zum Richteramte in einem Bundesftaat erlangt hat, kann bei jedem Gerichte innerhalb des Deutschen Reiches als Rehtsanwalt zugelassen werden, wenn er wenigstens zwei Jahre nack dem durch Reihsgesez zu regelnden praftishen Schlußexamen in- der Praxis eines zugelassenen Rechtsanwalts si beschäftigt hat. Befreit von der Praxis bei einem Rechtsanwalte find: wer als Richter, Staatsanwalt oder Rechtslehrer an einer Univerfität bereits fungirt hat.“

183. April. Die „Allg. Ztg.'' s{hreibt: „Bis zum Wie- derbeginn der D der Kammer der Abgeordneten nach dem Osterfeste endet die verfassungsmäßige zweimonatliche Dauer des Landtages, \o daß eine Verlängerung derselben bis dahin einzutreten hat. Obwohl anzunehmen sein wird, daß von kommender Woche an die Arbeiten, namentlih im Finanzaus\{huß und dann in der Kammer selbst, wesentlih rasher werden ge- fördert werden können, als es in der zu Ende gehenden zweimonat- lihen Dauer des Laadtazes der Fall war, so wird doch vielfa bezwei- felt, ob der Schluß der Kt;mmer vor Pfingsten möglich sein werde.“ Auch die Wahl xHn München 1. wird, wie die „Südd. Pr.“ meldet, gleich nah um Ferien zur Debatte kommen. Der liberale Korreferent der 1l. Abtheilung, Abg. Sing, wird der- selben hon am 19, d. Mts. Nachmittags seinen Bericht unter- breiten und die Kammer sonach wahrscheinlich am 24. d. Mts. ihre Plenardebatte über den Gegenstand abhalten. Kassiren wollen der Referent Hauck und die übrigen 78 klerikalen Land- tagsabgeordneten die Wahl von München 1. übrigens un- bedingt. „Diese Kassation wird für die Stadt eine neue Eintheilung der Urwahlbezirke zur Folge haben. Bei dieser aber muß sich die Frage erheben, ob diese Eintheilung auf Grund der alten oder der neuen Volks- zählung vorzunehmen sein wird. Die Resultate dec leßteren bekanntlih 1. Dezember abgehaltenen Zählung aber würden die Zahl der Urwahlbezicke wie der Wahlmänner und damit wohl auch der von München l. zu wählenden Landtagsgabgeordneten vermehren. An einer abermaligen Vertretung der bayerischen Hauptstadt durch aus\hließlich liberale Abgeordnet2 unter Wiederwahl der bisherigen Vertreter zweifeln übrigens die kleri- kalen Kassatoren in vertraulihen Gesprächen selbs niht.“

Sachsen. Dresden, 11. April. (A. 3.) Die Regierung hat die Mittheilung an die Ständeversammlung gelangen lassen, daß demnächst aus Anlaz der Reichsjustizgeseßgebung eine größere Anzahl von Landesgeseßzen, welhe durh die Reichs- justizgeseße niht unmittelbar aufgehoben werden, in mehr oder weniger großem Umfang einer Abänderung zu unterwerfen seien. Die Reichsgeseßgebung gehe jeßt auf dem Gebiete des Prozeß- rechts und der Gerichtsorganisation ihrem Abschluß entgegen, und das wahrscheinlih {hon im Iahre 1878 erfolgende Inkraft- treten der betreffenden Reichsgesetze stelle für die Zwischenzeit an die Landesgesezbung sehr umfänglihe und \{chwierige Anforde- rungen, weshalb für die Finanzperiode 1876/77 an eine Erspar- niß bei der Etatsposition für Gesezgebung nit zu denken sei.

Baden. Karlsruhe, 12. April. (Frankf. I) In der gestrigen Sizung der Zweiten Kammer interpellirte der ultramontane Abg. Lindau - von Heidelberg mit dem größten Theil seiner Partei die Regierung wegen der vielbesprochenen Heidel- berger Orgelentführung. Der Minifter Jolly erklärte nach dem betreffenden rihterlihen Urtheil, daß der Marianischen Sodaliiät das Eigenthum unbestritten zustehe, die Orgel ader im Besiß und Genuß der fkatholishen Gemeinde und im Gewahrsam der Heiliggeist-Kirhe zu bleiben habe; es fslehe demnach den Altkatholiken, als einem Theil der katholishen Gemeinde Heidelbergs, ein Antheil zu, welchen die Regierung auf Grund des Altkatholiken-Geseßzes zu \{chüpyen habe. Der Minister hofft durch diese Verhandlung in der Mitte der Volksvertreter, daß die Herren über die Sache fortan bescheiden f{chweigen würden. Nach lebhafter Diskussion kün- digte die ultramontane Partei nach Ostern einen Antrag auf Revision des Altkatholiken-Gesezes zum Schutze des Prioateigen- thums an.

In sämmtlichen alttatholishen Gemeinden Badens hat in den legten Tagen die Abstimmung über den Antrag des Kirchen-Gemeinderaths zu Pforzheim behufs Vorgehens zur Ab- \haffung des Côlibatszwanges stattgefunden; von den 25 staatlich anerkannten Kirhspielen haben nur 5 und von den Vereinen nur 2 (Mannheim und Baden-Baden) für denselben gestimmt ; die übrigen erkennen das jeßige Vorgehen untec An- erkennung der Verwerflihkeit des Cölibatszwanges für nit opportun und stellen die Initiative hierfür dem Bischof und der Synode anheim. Von den 20 badischen altkatholishen Geist- lihen haben nur 6 einem Koliektivantrag auf Aufhebung zu- gestimmt.

Meeklenburg. Neustreliß, 10. April. Die Groß- herzogin is in Begleizung des Erbgroßherzogs vorgestern Mittag nah England abgereist. Nah hier eingetroffenen tele- graphishen Nachrichten sind Ihre Königlichen Hoheiten nah be- wegter Ueberfahrt pon Calais nah Dover während der Nacht heute früh 7 Uhr in London angelangt.

Schwaczburg - Sondershausen. Sondershausen, 11, April. Das Minifterium fordert noch einmal zum Um - tausche der hierländischen Kassenanweisungen auf, da die zum Umtausche festgeseßte Frist mit dem 30. Iuni d. I. abläuft und die Kassenanweisungen mit dem 1. Juli ibre Gültigkeit verlieren und eine Berufung auf die Rehtswohlthat der Wieder- einsezung in den vorigen Stand nicht ftattfindet.

Desterreich-Ungarn. Wien, 13. April. Mit Aus- nahme des galizishen und des niederösterreichishen Landtages, welhe ihre Berathungen nah Ostern auf kurze Zeit wieder aufnehmen werden, haben sämmtliche Landesvertretungen der westlihen Reichshälfte ihre diesjährige Session bereits ge- schlossen. Wenn man von den Landtagen von Tirol und Dal- matien absieht, welche kurz nah ihrem Zusammentritte geschlossen werden mußten, daher auch niht in der Lage waren, die laufen- den a A Dg D ordnungsmäßig zu erledigen, war, sagt das „Prag. Abdbl.“, der Verlauf der diesjährigen Landtags3- jession ein befriedigender, und die Ausnahmen, welche hier und da vorkamen, müssen nur als die leßten Nachklänge jenes un- harmonischen Konzertes betrachtet werden, das vor Einführung der direkten Reichsrathswahlen so oft die innere Ruhe unseres Staatswesens gestört hat. :

Bezüglich der Bankfrage begegnen wir heute, {reibt die „N. Fr. Pr.°, einigen Vorshlägen zur g, welche, ihrer Provenienz nach zu \{ließen, niht weit abseits von den An- shauungen und Absichten des cisleithanischen Ministeriums liegen durfien. Diese Vorshläge gehen der Hauptsahe nah dahin, es

möge vor Allem zwischen den beiden Regierungen ein Termin für die Wiederherftellung der Valuta vereinbart, inzwischen aber ein Provisorium geshaffen werden, innerhalb dessen die National- bank die größtmöglihen Konzessionen an die autonomen Be- dürfnisse Ungarns machen solle; von der Gründung einer insol- venten ungarischen Bank könne aber keine Rede sein. Gleichzeitig soll ein Plan zur Tilgung der Staatsnotenschuld festgestellt, die Frage der 80-Millionen-Suld an die Bank aber bis nah Ab- lauf des Provisoriums vertagt werden. Wenn es zu einer solchen Einigung wirklich kommt, dann wäre nur zu wünschen, daß die Dauer des Provisoriums möglichs abgekürzt werde.

Der rumänische Handelsvertrag ift nah einer Meldung der „Pest. Korr.“ bereits ratifizirt.

13. April. (W. T. B.) Die „Politishe Korrespon- denz“ fann den alarmirenden Vorausseßungen eines Wiener Blattes gegenüber auf das Bestimmteste versihern, daß die Ka- binete von Wien und St. Petersburg in ihren Pazifikations- besirebungen nach wie vor Hand in Hand gehen, und daß bisher weder in den Anshauungen, noch im Vorgehen der beiden Kabinete die geringste Divergenz zu Tage getreten fei.

14. April. (Prags Abdbl.) Ueber den Verlauf der Verhandlungen zwishen den beiderseitigen Ministern in Wien dringen nur wenige verläßlihe Mittheilungen in die Oeffentlichkeit. In der Zollfrage soll prinzipiell eine

Einigung bereits erzielt sein, dagegen bietet die Verzehrungs-

steuerfrage große Schwierigkeiten. Die Bankfrage kam im Minisfterrathe vorläufig noch niht zur Diskussion, und werden die bezüglihen Besprehungen vorerst mit den Leitern der Nationalbank gepflogen. Der Kaiser nimmt an der ganzen Ausgleihungsaktion den lebhaftesten Antheil und läßt sich über die einzelnen Phasen derselben stets genau unterrichten.

Ein Telegramm des W. T. B. aus Wien, vom 15. April, meldet: Den beunruhigenden Acußerungen hiesiger Blätter, sowie auswärtiger Korrespondenzen gegenüber ist zu konstatiren, daß die Besirebungen Rußlands in keiner Weise \sch von der zwischen den Mächten verabredeten Linie entfernen. Rußland wendet wohl den chrifilihen Un- terthanen der Pforte gleiGß den anderen chrisilihen Mächten seine Sympathien zu, ift aber in jeder Weise im Verein mit der diesseitigen Regierung bemüht, dur Herbeiführung fak- tischer Reformen ir. der Türkei die Lage der christlihen Unter- thanen zu verbessern und mit dieser Verbesserung die Türkei in ihrem Gesammtbestand zu erhalten. Nirgends sind abweiheude An- schauungen mit hier hervorgetreten und die Bestrebungen entsprechen- der Einwirkung auf Serbien und Montenegro sind \o ge- meinschaftliche, zeigen von solcher Uebereinstimmung der Anschau- ungen, daß alle gegentheiligen Zeitungsbehauptungen auf das Entschiedenste zurückzuweisen sind. Nicht zu verhehlen find hierbei die erheblihen Schwierigkeiten, welche die Verhältnisse in Serbien darbieten, sowie der Um- stand, daß in den lezten Tagen die Insurgenten von verschie- denen Seiten wiederum Zuzug bekommen haben. Wesselißki's Austreten als Bevollmächtigter der Jnfurgenten ift als besondere Scwierigkeit nicht aufzufassen, vielmehr bekundet dasselbe das Bestreben Seitens eines Theiles der Jnsurgentenchefs, welche ihm die Vollmacht übertragen, zu einer wirklichen Verständigung zu gelangen.

Prag, 12. April. Die jungczehischen Abgeordneten wer- den, fo melden „Närodni Lisiy“’, an den Kaiser eine besondere Adresse rihten, in welher um Abänderung der bestehenden Landtagswahlordnung im verfassungsmäßigen Wege durh eine Regierur'gsvorlage gebeten werden soll.

Pest, 12. April. Die ungarishen Minister Trefort und Perczel sind, der „Pest. Korr.“ zufolge, in Wien eingetroffen, um an dem heutigen Ministerrathe theilzunehmen. Die gemein- samen Konfer:-nzen werden fortgeseßt. Die an denselben be- theiligten ungarischen Minister reisen, den neuesten Dispositionen zufolge, noch nicht ab. Die Berathungen, welche neben den Zol l- konferenzea über einzelne den Delegationen zugehörende Angelegenheiten und die Militärbequartiecung gepflogen werden, nehmen durhweg einen ganz glatten Verlauf und wickeln \ich ohne besondere Schwierigkiten ab.

13. April. In einem Telegramme von Wien mel- det der , Pest. Lloyd“, daß die ungarishen Minister Sonn- abend abreisen und Dienstag nach Wien zurückehren. Das Abgeordnetenhaus wird am 24. April zusammentreten.

Großbritannien und Jrlaud. London, 13, April. Ueber eine Differenz zwishen England und den Vereinigten Staaten, welche in der amerikanischen Presse vielfach besprochen wird, meldet die „E. C.“ : Gegenstand der Erörterung ist ein streitiger Auslie“erungs fall. Es handelt sich um den in die Bostoner TFälshungen ver:vickelten Winslow, und die amerikanishen Be- hörden verlangen, daß der Genannte englisherseits den Beamten der Vereinigten Staaten übergeben werde, Nah Art. 1. des Auslieferungsvertrages vom Jahre 1842 is dieses Verlangen durhaus gecechtfertigt, denn neben Mord, Brandstif- tung, Straßenraub und anderen Verbrehen i|st auch für Fälshung die Auslieferung ftipulir. Nah einem vor 6 Jahren zur Annahme gelangten Geseh knüpft sch aber an dieselbe die Bedingung, daß der Angeklagte eben nur wegen dex Klage abgeurtheilt werden dürfe, auf Grund deren man ihn ausgeliefert; die amerikanische Regierung aber will diese Zusage niht geben. Bei diesem Punkte \{chwebt einstweilen die Sache und amerikanische Blätter benuzen bereits die Gelegen- eit, um von einer neuen „Verwicklung* zu \prechen. Es ift indessen, wie die „E. C.“ erklärt, noch keineswegs Grund zu Mißhelligkeiten zwischen den Vereinigten Staaten und England geboten. Was zunächst den Auslieferungsvertrag von 1842 an- belangt, \o sei derselbe in kürzester Frist zu beseitigen, Es be- dürse nur der Kündigung einer der beiden Partien und nach Art. X. treten seine Bestimmungen alsbald außer Kraft. Da Amerika und England ein gleiches Interesse dabei haben, daß Verbrecher ihre verdiente Strafe finden, da ferner auf ameri= kanishem Boden selbs die lange kanadishe Grenze den Ver- einigten Staaten alle Veranlassung gebe, einen wirksamen Aus- lieferungsvertrag für unentbehrlih zu halten, so würde übrigens die Kündigung der heutigen Bestimmungen nur den Uebergang zu einer neuen Vereinbarung bilden, in welchem der englische Auslieferungsgrundsaß vorausfihtlich anerkannt werden dürfte.

Die „Times“ bespricht das Schreiben des Kardinal- Erzbischofs von Paris, in welhem er es ablehnt, vor dem Aus\{uß zur Untersuhung der Wahl für Pontivy zu erschei- nen, und sagt: „Die Höflichkeit in den Worten des Kirchen- fürsten verbirgt nicht4 die stolze Verachtung, mit welcher erx an- deutet, daß er nur für die Wohlfahrt der Kirche sorgt und über der Nothwendigkeit steht, sein Verfahren der Untersuchung eines parlamentarischen Ausschusses unterziehen zu lassen.“

Die von Anfang an hier mit Unglauben aufgenommenen Behauptungen Pariser Blätter über eine Unterredung Lord

E 0 Mf ORS E R E A O pr T A A

Derby's mit dem Herzog Decazes, bei welher zwei von den Mitglie- dern des ägyptishen Finanzsyndikats zugegen gewesen sein sollten, werden heute vom Pariser Berichterstatter des „Daily Telegraph“ bestimmt in Abrede gestellt. Wie dieser Gewährsmann versichert, wäre die Unterredung zwishen den beiden Staatsmännern \{on vor einiger Zeit und zwar ohne Beisein von ägyp- tishen Kommissaren abgehalten worden. „Die Vorschläge des Syndikats wurden ersst am 11. Abends eingereiht. Sie be- \{ränken sich auf Konsolidirung der ganzen fundirten und \chwebenden Schuld in einer fiebenprozentigen Anleihe, die in 65 Jahren abzutragen wäre. Da der Khedive keine weiteren Sicherheiten ftellen kann, \o wird ihm die Garantie auferlegt, daß sämmtliche Steuern für Zahlung der Zinsen und Anlegung eines allgemeinen Tilgungsfonds angewiesen werden.“

Das Panzer\chiff „Inflex ible“ wird am 27. d. zu Porthsmouth von Stapel gelassen werden und Prinzessin Louise wird die Taufceremonie vollziehen.

Frankreich. Paris, 14. April. Das „Iournal officiel“ ver- offentliht weitere Veränderungen in der Beseßung der Präfektenstellungen, wobei im Ganzen 47 Präfekturen in Betraht kommen. Nach denselben hat ein Präfekt seine De- mission gegeben und find acht zur Dispofition geste..t, oarunter der Präfekt Fournès im Departement Savoie; bei den Uebrigen handelt es sich um Verseßungen. Außerdem find neun Sous- l Präfekten und fieben General-Sekretäre neu ernannt.

DieSub-Kommisfion für die allgemeine Ausftellung von 1878 beschäftigt fich angelegentlih mit der Auswahl des Platzes für dieselbe. Der gestrige Artikel des „Français“ über die zukünf- tige Ausstellung hat in der industriellen Welt viel Mißfallen erregt. Derselbe wird als ein erstes Symptom der Abge- neigtheit der fklerikalen Partei gegen dasselbe aufgefaßt.

Für die katholische Universität Lille haben die fünf bis jezt erschienenen Listen wie die „Sem. rel," meldet, 3,175,675 Fres. ergeben. Uebrigens scheinen die Geistlihen troß der Zurückweisung, welche die Kammer ihrer Einmischung in die Wahlen hat zu Theil werden lassen, dieselbe niht aufgeben zu wol- len; so empfiehlt wieder der Erzbishof von Bourges in einem Hirtenbriefe den bonapartistisch-klerikalen Kandidaten Grafen de Saint Sauveur. Auch an die Organisation der Wallfohrten gehen die Klerikalen, wie der „K Z.“ mitgetheilt wird, mit erneuter Thätigkeit; so findet diejenige nah Rom, die \. g. „nationale Wallfahrt Frankreihs“, {hon Ende d. M. ftatt.

Das Austreten des Bischofs Freppel und die dur ihn verhängte Exkommunikation des Hrn. Fallevux wird von dem „Siècle“ \charf kritisirt; derselbe \hreibt: „Wenn das Beispiel Msgr. Freppels befolgt wird, und die Kirche darauf besteht, ihre geistlihen Waffen gegen bürgerliche Beamte zu gebrauchen, so wird der Staat gezwungen sein, auch seinerseits Gebrauch von den weltlihen Waffen gegen die geist- lichen zu machen; Kirhe und Staat werden \o die Bahn be- treten, die zu ihrer Trennung führt. Wir sind damit zufrieden ; ist es „Univers“ aber auch?“

Der „K. Z.“ wird in einer Darstellung des jezigen Vor- gehens Roußhers u. A. geschricben: „Rouher arbeitet wie ein Advokat, der eine verlorene Sache vertritt. . . . Das gestrige bona- partistische Manöver in der Deputirtenkammer war eine solide Nie- derlage, die man wohl geflifsentlih herbeigeführt hatte, und Ricard bewies, wie \hlagfertig er sein kann, wenn er es an der Zeit hält. Die Bonapartisten, die genau das Spiel der Ultra- montanen im Deutschen Reichstage spielen, hatten die Majorität so ungeduldig gemacht, daß die Abfertigung, die Ricard ihnen mit auf den Weg in die Ferien gab, wie eine wahre Lusft- reinigurg und Eiquiéung wirkte.“

Einer offiziellen Depesche aus Algier vom 12. d. zufolge hat General Carteret die Aufs änuD!\cen in der Stärke von 100 Reitern ur:d 2000 Fußsoldater. angegriffen und ungeachtet ihres sehr hartnäckigen Widerstandes in die Flucht geschlagen. Die Auf- ständischen ließen 100 Todte auf dem Kampfplaße zurück. Die Truppen hatten 11 Verwundete.

15. April. (W. T. B.) Das „Journal officiel bringt eine Auseinanderseßzung der Motive, welche zu dem Entschluß der Veranstaltung einer allgemeinen Weltausftellung in Paris führten, uyd bemerkt dazu: Frankreih bekundet! hier- durch, daß es Vertrauen in seine Inflitutionen seßt, es erklärt feinen Willen, bei den Ideen weiser Mäßigung zu beharren, dur welche seine in den leßten fünf Jahren verfolgte Politik beeinflußt war, Frankreich spricht endlih hierdurch öffentlih aus, «daß es den Frieden will.

Spanien. Madrid, 13. April. (W. T. B.) Wie nun- mehr bestimmt verlautet, wird die Regierung den Cortes die Aufhebung der Fueros in den baskischen Provinzen vorshlagen. Dieselben, würden demzufolge der Steuerzahlung und der Konskciption wie die anderen Provinzen unterworfen sein, wobei indeß die dewokratische Gemeinde- Organisation erhal- ten bleiben sol. Auch die Minorität der Cortes hat, wie in parlamentarishen Kreisen verlautet, fich bereit erklärt, diesem Vorschlage beizutreten, so daß die Annahme desselben in den Cortes als gesichert betrachtet werden kann.

Griechenland. Athen, 13. April. (W. T. B.) Die früheren Minister Nikolopulos und Valassopulos sind zur Verbüßung der ihnen zuerkannten Strafen alsbald in das Gefängniß abgeführt worden. Die Regierung hat ein Ver- bot erlassen, wonach ausländische Silbermünzen, die in Frankenwährung ausgeprägten ausgenommen, vom 1. August c. ab nicht mehr cirkuliren dürfen. Der italienische Ge- sandte, Marquis Miglioratî, ist gestern vom König in Abschiedsaudienz empfangen worden.

Türkei. Konstantinopel, 5, April. Dem hier bestehen- den internationalen Gesundheitsrathe sind nähere Mittheilungen über das bereits vor einiger Zeit gemeldete Auftreten der Pet - Epidemie in Mesopotamien und Bagdad zugegangen. Dana beziffern sich in Hille während der fünf leßten Tage des März die Erkrankungsfälle auf 66, die Todesfälle auf 42. Von Bagdad werden für die Zeit vom 28. März bis 1. April 145 Pesterkrankungen mit 75 Todesfällen gemeldet. Auch in Nedjef (Meschhed Ali), dem durh seine Leichendepots übel- brüchtigten Wallfahrtsorte der Schi'iten, ist die Krankheit bereits aufgetreten. :

Nah telegraphischen Nachrihten aus Teheran hat die per- sishe Regierung Ende März eine Art Gesundheitsrath, zur Hälfte aus Persern, zur Hälfte aus Europäern bestehend, be- rufen, von welhem die Errihtung eines Cordons längs der persish-türkishen Grenze beshlossen und für \sämmtlihe Pro- venienzen aus Mesopotamien eine Quarantäne von 14 Tagen angeordnet worden ift.

Genaue Informationen über den Verlauf der Krankheit werden übrigens von maßgebender Seite als unmögli erachtet,

weil die Bevölkerung etwaige Kranke zu verheimklihert, sporadische Fâlle abzuläugnen bestrebt if, und hierbei von den Lokalbehör- den unterstützt wird. Man glaubt deshalb au, daß die gedachten Maßregeln keine Garantie gegen die Weiterverbreitung der Epidemie bieten.

Nach eingegangenen telegraphishen Nachrichten ist am 13. d. M. ein großer Theil von Serajewo niedergebrannt. Das Feuer war an jenem Tage noh nit gelö\{t.

Von der kroatisch - bosnischen Grenze, 10. April, wird der „Polit. Korr.“ geshrieben: „Wie auf ein gegebenes Loosungswort greifen die bosnishen Insurgenten auf ver- \chiedenen Punkten zu den Waffen. Wie verlautet, sollen die bosnischen Insurgentenhefs den Plan gefaßt haben, nit an der Peripherie des Vilajets stehen zu bleiben, vielmehr nah dem Centrum hin vorzudringen. Man \{chäßt die Gesammtstärke der Insurgenten auf fast 10,000 Mann, während die flei- neren, halbverfallenen Burgen und Festungen sehr kleine, ja winzige Garnisonen haben. Wie die Anführer in eîner am 6. d. M. abgehaltenen Konferenz bes{chlossen haben, \oll vor Allem versuht werden, \ih folgender größerer Orte zu bemächti- gen: Petrovatz, Kluß, Krupa und Bihats. Bereits gestern sind Insurgentenkolonnen dahin dirigirt worden. Da man nohh keine Kanonen hat, fo wird man fih vorläufig mit der Cernirung dieser halbbefestigten Orte begnügen. Gelingt dieser Coup, dann wird Serajewo selbft bedroht. Indessen verlautet, daß nah Bosnien ein ganzes türkishes Armee-Corps dirigirt ift, und zwar aus Anatolien. Trifft diese Truppenmacht rechtzeitig ein, dann könnte die Lage eine andere Gestalt bekommen.

Aus Albanien werden verdähtige Symptome gemeldet. Es heißt, die Miriditen seien entschlossen, zu den Waffen zu greifen, um ihre alte, von der Pforte vor einigen Jahren auf- gehobene Autonomie wieder zu erlangen. Ein gewisser „Jacob“, den man allgemein „Capitän Jacob“ nennt, is bereits zum Anführer designirt worden. Wie verlautet, sammeln sie sich bereits in ihren fast unzugänglihen Bergen. Die Türken sammeln auch in Albanien bedeutende Streitkräfte. So viel scheint sicher zu sein, daß, wenn die Kämpfe in der Herzegowina roh einige Zeit andauern, es arch im albanischen Gebirge leb- haft hergehen dürfte.

Aus Serajewo, 8. April, meldet die „Politishe Korre- spondenz“: „Nah mehrstündiger telegraphisher Unterhand- lung ließ der Seraskier in Konstantinopel den General - Gou- verneur wissen, die Pforte werde nächstens zwei Divisio- nen nach Bosnien \hicken, könne aber keine augenblicklihe Hülfe \haffen. Gleichzeitig langte der Befehl ein, man solle alle Mo- hamedaner des Vilajets vom 18. bis zum 60. Lebensjahre bewaffnen und organisiren. Ibrahim Pascha seßte sch sogleih in Bewegung. Nah allen Richtungen find Offiziere und Unteroffiziere abgesandt worden, um den Landfturm zu organisiren. Wird der Befehl aus Stambul gewissenhaft und ra\sch vollzogen, dann dürfte der bos- nishe Dber-Kommandant bald 70,0900 Mann zur Verfügung haben, denn so viel Waffenfähige kann die mohamedanishe Be- völkerung des Vilajets stellen.

Pelagits versendet Manifeste, die selbs in Serajewo einge- \chmuggelt wurden, worin er an erster Stelle die Mohamedaner auffordert, mit den „christlihen Brüdern“ gemeinsame Sache zu machen, eventuell wenigstens eine neutrale Haltung jener Moha- medaner verlangt, die für „die allgemeine Freiheit unter der neuen Regierung aktiv nicht auftreten wollen oder können.“ Den Feinden droht er aber „mit gänzliher Vernichtung.“

Belgrad, 14. April. (W. T. B.) Der hiesige öster- reihische Generalkonsul hat die wegen der am 9. d. vor dem Konsulat begangenen Excesse geforderte Genugthuung in vollem Umfange erhalten. Die beziüglihe amtlihe Kund- gebung hierüber steht bevor.

Die „Politishe Korrespondenz“ bringt eine genauere Darstellung der am 9, d. vor dem österreichishen General- konsfulate in Belgrad stattgehabten Demonstration, welche die Omladinisten \{chon seit ctwa 14 Tagen wegen der Internirung Ljubibratics vorbereitet hatten. Bei der- selben wurde ein Diener des Konsulates durch einen Steinwurf leiht getroffen; ein zweiter Stein wurde gegen das Konsulatsgebäude geschleudert. Der Generalkonsul, Fürst Wrede, verlangte in Folge dessen ungesäumt von der ser- bishen Regierung öffentliche Genugthuung für die öffentli ver- übten Insulte und zwax Abbitte, Garantie gegen eine Wieder- holung derartiger Vorkommnisse und Bestrafung der Anstifter und der säumigen Polizeiorgane. Gleichzeitig erklärte der Fürst, daß, falls er die geforderte Genugthung nicht ungesäumt er- halten würde, er die Flagge auf dem Konsulatsgebäude ein- ziezen und Belgrad verlassen würde. Wie schon gemeldet, ist dem General-Konsul in allen Punkten die gewünschte Genug- thuung bereitwilligst gewährt ‘und wird die bezügliche vereinbarte Erklärung demnächst im serbishen Amtsblatt erscheinen.

Numänien. Bukarest, 14. April. (W. T. B.) Georg Vernescu, von der national-liberalen Partei, is von dem Fürsten mit der Bildung eines neuen Kabinets beauf- tragt worden.

Ein weiteres Telegramm vom 15. April, Vormittags, me!- det dagegen: Da der Fürst das von Vernescu gebildete Mini- sterium niht in allen Theilen acceptirt hat, so ift Vernescu zurückgetreten. Wahrscheinlih wird nun General Floresco mit der Neubildung des Kabinets beauftragt werden.

Nnufßland und Polen. St. Petersburg, 13. April (W. T. B.) Das „Journal de St. Pétersbourg“ ist auf Grund amiliher von Wien erhaltener Mittheilung zu der Erklärung autorisirt, daß die dem Statthalter v. Rodih in Bezug auf Rußland zugeschriebenen Aeußerungen jeder thatsächlihen Unterlage entbehren. Der „Go- los* unterzieht die von den Insurgentenführern dem Statthalter v. Rodih gemachten Friedensvorshläge einer eingehenden Prüfung und spricht sich betreffs der in Anregung gebrachten Einseßung einer internationalen Exekutiv-Kommission an Drt und Stelle zustimmend aus.

In den Verwaltungen der General-Gouverneure sollen verschiedene neue Maßregeln über die Stellung der Juden in Berathung gezogen werden, Zwischen den Ministerien des Innern und der Reihsdomänen wird nah dem „R. M.“ eine Korrespondenz bezüglich einer Unierstellung der zu den Land- bauern zählenden Juden unter die allgemeinen für den Ackerbau- stand bestehenden Gesetze unterhalten.

Asien. Mittelst leßter Poft erhält die „Allg. Ztg.“ fol- gende direkte Nachrichten: „Batavia, 12. Februar. Die letzten Berichte aus At\chin lauten wieder günstig. Seit dem 24. JIa- nuar hat General Pel beinahe täglih Vortheile errungen nur dann und wann wird den Truppen ein Tag Rast gegönnt, um ihnen Lebensmittel zuzusühren. Nachdem unsere Truppen Bukit Leban, eine andere feste Stellung im 1V. Mukim besegt

hatièn, marshirten fie in zwei Kolonnen nah éiner Ebene, ittd zwar durch den Engpaß von Daru. Der Mars ging zum Theil durch den 1V. Mukîm, zum Theil durch den VI. nah dem XI. Mukim. Das Terrain war ein sehr \chwieriges und moraftiges. Der Feind leiftete hartnäckigen Widerstand. Das Gebiet des 1X. Mukim ward erobert, und die Ortschaften, welche Widerstand geleistet hatten, wurden verbrannt. Man erhielt die Nachricht: Tanku Daud sei am 24. Januar in der Moschee zu Pagar Ayer zum Suitan eingeseßt worden. Am 5. rückten unsere Truppen in Pagar Ayer ein. Das Resultat der Operationen is, daß das Gebiet der Sagie des XXV. Mukim erobert, 1..ehrere Campongs des XXII. Mukim verbrannt oder beseßt wurden und die Häupter des IX. Mukim Schritte zuc Unterwerfung gemacht haben. Eine Anzahl Vorpoften find zurückgezogen und andere find im XXI. Mukim aufgestellt worden. Unsere Verlufte find unbedeutend aber der Gesundheitszustand der operirenden Truppen ift ein ungünstiger. Am 7, kehrte die operirende Truppe nah Katta Radshah zurück. Das 12. Bataillon is daselbs ange- fommen. Da General Pel jeßt 12 Bataillons befehligt, stehen weitere Operationen in Auesiht. Offenbar finden wir jeßt Unterstüßung unter einem Theil der Bevölkerung. Wo die Macht der Waffen gefühlt worden ift, unterwirft sih die Bevölkerung. Der Krieg i|ff noch nihcht zu Ende, aber in Groß-Atschin find wir am Anfang des Endes. Der unermüdliche Eifer des Gene- rals Pel verdient alles Lob.“ Um fo betrüdvender lautet die telegraphishe Nachriht, welhe der hollän- dishe General-Konsul in Singapur am 28. Februar erhielt: „Batavia, 28. Februar. General Pel is plößlich gestorben. General Wiggers van Kerchen is sein Nahfolger. Geht am 3. März ab. Der größte Theil des XXVH, Mukim is erobert. Die Truppen befinden sich in der Nähe von Qualla Gighen. Der Häuptling Tivank und die Häuptlinge des 1X. Mukim unterwerfen si. Ebenso Funku Kadlie, der fich in Maraf}a befindet.“ Aus Katta Rad\schah wird geshrieben: „Am Strande, der \fch nord- westlih von Oleh-Leh erstreckt, sind Ausgrabungen gemacht worden, um die Ueberreste des Generals Nino Bixio zu finden, der, den von einem Atschinesen gemahten Aussagen zufolge, dort begraben worden sein foll; aber bisher if nihts ge- funden worden. Der eiserne Kessel, in welchen die Leiche von unseren Leuten während der zweiten Erpedition nah Atschin gelegt worden war, is auf einer der Inseln in einem Küsten=- dorfe gefunden worden. Es is noch immer Hoffnung vorhan- den, die Gebeine des Generals aufzufinden. Die italienische Regierung hat die unserige inständigst ersuht, die Auffuhung zu betreiben. Die Bewohner des ŸYl. Mukim \cheinen der Strafe für die Gntweihung des Grabes nit entgangen zu sein, denn jeder von ihnen, der mit der Leiche in Berührung kam, is an der Cholera gestorben, von welcher Krankheit der italienische Pairiot hingeraft wurde.“

Afrika. Aegypten. Kairo, 13. April. (W. T. B.) Die Delegirten des Comités, welches sich aus Inhabern von Obligationen der ägytischen Staats\{chuld und Vertretern der Ottomanischen Bank in Alexandrien gebildet hat, um von dem Khedive Aufklärungen über die Finanzlage zu er- bitten, find heute von dem Finanz-Minister in Audienz empfangen worden. Der Minister erklärte, die ägyptishe NRegie- rung werde die \{chwebenden finanziellen Fragen so \{chnell als möglih zu einer Lösung führen. Die verschiedenen Konsuln unterstüßen die Forderungen ihrer Landesangehörigen.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Der diesjährige Kongreß der unter Leitung des Geh. Ober-Medi- zinal-Rathes v. Langenbeck stehenden Deutschen Gesellschaft für Chirurgie findct in Berlin vom 19. bis 22. April statt. Für die wissenshaftlihen Sißungen is wiederum die Aula der Universität bewilligt worden.

Der König Alfonso von Spanien hat am 8. d. die Ausstellung der \{önen Künste in Madrid eröffnet und bei diesem Anlaß folgende Rede gehalten: „Meine Herren! Jh empfinde eine lebhafte Befriedigung darüber, zum ersten Mal seit meiner Thron- besteigung der feierlihen Eröffnung der Ausstellung der schönen Künste vorzustehen. Jch sehe zu meiner Freude, daß, troß der trau- rigen und \{chwierigen Verhältnisse, welhe Spanien dur§zu- machen haite, der Stand der Künfte niht gesunken is. Jch finde mit Vergnügen selbs eine Art künstlerisher Wiedergeburt, welche mid für unsere jungen Künstler die günstigsten Ergebnisse und für unfer Vaterland eine glänzende Zukunft hoffen läßt, Dank diesen Wettkömpfen des Geistes, welche unter uns die Bande der Ein- tracht enger knüpfen sollen. Jch gebe mich gern der Hoffnung hin, daß unsere Zeit nicht minder ruhmvoll sein werde als die Murillo's, Michel Unzelo's, Velaëquez', Beruquete's und so vieler Anderen, welche fich in der so s{wierigen Kunst, die wir heute feiern, so hoh er- hoben haben, Jch meinerseits bin entschlossen, die Fortschritte der Kunst mit allen Mitteln, die in meiner Macht stehen, zu ermuthigen, tief Überzeugt, daß dieselben in großzm Maße zur Wohlfahrt und zum Ruhme Spaniens beitragen werden.“ )

Das rei illustrirte Prachtwerk, welches unter dem Titel eKunst und Künstler des Mittelalters und der Neu- zeit“ bei E. A. Seemann in Leipzig erscheint und von Dr. Rob. Dohme, Bibliothekar des Kaisers, heraégegeben wird, \chreitet rüstig vor. Im Ganzen sind bis jeßt 11 Liefcrungen erschienen, Die leßtea fünf seit Dezember vor. Jahres herausgekommenen Hefte bringen folgende Biographien: Luca Signorelli und Soddoma von Dr. Rob. Vischer, dem Sohne des bekannten Lesthetikers und Kenners der iialienishen Kunst; Einhart, von dem Herausgeber ; Tuotilo von St. GUMen, Bernward von Hildesheim und die deutschen Dombaumeister des Mittelalters von Prof. Dr. Alw. Schulß in Breslau; Ant. Watteau und Fr. Boucher von dem Herauêgeber; Lucas v. Leyden von Dr, Ad. Rosenberg, endlih Quentin Massys, eine nach den hinterlassenen Papieren Schnagse's von Dr, D. Eisenmann in München bearbeitete Studie.

Gewerbe und Handel.

Wien, 15. April. (W. T. B.) Die Dividende der Staats- bahn ist, wie die „Presse“ meldet, vom Verwaltungsrathe nunmehr auf 32 Frcs. festgestellt worden. i

Paris, 14. April. (W. T. B.) Die Generalversammlung der österreihisch-französishen Staatsbahn ist zum 18, Mai c. in Wien anberaumt worden. Wie der „Messager de Paris“ meldet, würde die vorges{chlugene Dividende von Fres. 52,50, ohne die Re- serven anzugreifen, aufgebracht werden. Jn der leßten Nacht ift hier und in einem großen Theile Frankreihs Frost und Schneefall eingetreten. Einer Depesche aus Bordeaux zufolge fürchtet man, daß die Weinernte dort gelitten hat.

In Florenz wird am 4. k, M. das Jubiläum des Erfin- ders des Pianoforte, Bartolomeo Chuistofori gefeiert.

In Süd-Yorkshire feiern dex „E. C.* zufolge gegen 20,000 Grubenarbeiter in Folge von Lohnstreitigkeiten. Die Besizer der Kohlengruben wollen eine Herabseßung der Löhne zum Betrage von 15 °/6 verhängen, die Arbeiter aber nur eine Vercingerung um 10% fich gefallen lassen.

Verkehrs: Anstalteu. Triest, 14. April, (W. T. B.) Der Lloyd)

„Austria® ist heute Vorwittag 8 Uhr wit der ostindist landspof: aus Alexandrien hiex eingetroffen,

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