1922 / 48 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 25 Feb 1922 18:00:01 GMT) scan diff

worden; er führte jedoß Beschwerde gegen zwei französische Sequesler über einen von diesen in _ Rechnung gestellten Betrag von über zwei Millionen Franken. - Jn dieset Angelegenheit spielt, der österreichische Fiansincain Nosenberg ‘eine Nolle. Der Advokat Rosenbergs in Sequesterangelegenheitken war ‘der Bruder Clemenceaus, Albert Clemenceau, Die erf e P R E E a f a über die Dauer der Untersuhungshaft Paul * Meuniers be- ndete der sozialistishe Abgeordnete U hry. Er erklärte, n Meunier sei 28 Monate auf Grund unbewiesener Ausfagen in Untersuhungshaft gehalten worden. Das An- HMagegeriht habe, da nichts Belastendes. gegen Meunier und die mit ihm zuglei - beschuldigte Dame vorlag, die Haftentlassung beschließen müssen. 4. Im #weiteren Verlauf “der Juterpellätions- debatte verlangte dèêr Abgeordnete U h ry unter Anführung ver- schiedener Fälle ungemein Tanger UntersuMungsbaft, die hätten ver- mieden werden müssen, den Schug der persönlihen- Freibeit der Staatsbürger. Nach ihm begründete der Ndyalist Léon Dau det die zweite Interpellattou-/in der Angelegênheit Meunier. Er nannte ihn einen Agenten des Feindes, der 28 Monate im Ge- fängnis gesessen habe, weil er sich weigerte, auf die Fragen des Unter- \uhungsrichters zu--antworten. Das Ministerium Clemencean sei nur streng gegen Deutsche und Verräter gewesen. - Daudet «spra alsdann von Malvy und Caillaux, die er beide Verräter nannte. Paul Meunier habe aus der Schweiz 200 000 Franken, die aus Dentschland stammten, abholen wollen. Daudet verbreitete ih alsdann über die Angelegenheit Fudet und des mit ihm an- getlagten Schweizers Bossard, und verlangte \{Glteßlich als Noyalist, daß die Persönlichkeit Clemenceaus für unverletlich erklärt werde. Die auswärtige Lage sei noch ern und verlange volle Strenge gegen alle. shlehten Patrioten und Verräter. Als der Redner die Richter angriff, verwahrte sih der Präsident segen die Behauptung, Deutschland Forte Unterstützung bei den französischen Nichtern finden. Der Redner forderte-\ließlich den Justizminister auf, gegen den Beschluß, Paul Meunier außer Verfolgung zu seßen, Berufung einzulegen. Nach dieser stellenweise ungeheuren Lärm hervorrufenden Rede wurde“ die Sißung gegen 6 Uhr auf eine Viertelstunde unterbrochen. Nach ihrer Wiederaufnahme begründete der Abgeordnete Lac otte, der der äußersten Nechten angehört, seine Interpellation, die sich

¿ebenfalls tvie dié von Daudet gegen den Beschluß des Gerichts wendet, |

Paul Meunier außer Verfolgung zu seßen. - Z 5 Als vierter Interpellant spra alsdann Cassagnac über die Affäre Margulies-Nosenberg. Namens der Regierung

beantwortete die Interpellationen der Justizminister Barthou. |

Er weigerte \sich, über die Angelegenheit Margulies-Rosenberg zu

sprechen, da der Zivilprozeß noch anhängig fei, und ging alsdann | dazu über, die Beschuldigungen des Noyalisten Daudet zurüd- | zuweisen. Er führte aus, es handele \sch Hier nicht um eîne | aarioncusoage, sondern darum, ob die Untersuchungshaft über das |

dur das Geseß erlaubte Maß ausgedehnt worden fei und ob die geseßlidjen Bürgschaften für die persönliche Freiheit genügten. Im

Falle Paul Meuniex hätten die Zwischenfälle der Prozedur die Gnt- | scheidung hHinausges{choben. Darauf ergriff der Advokat Paul | Meuniers, der Kommunist Lafont, das Wort, um sich für den | Schuß ‘der persönlichen Freiheit einzuseßen und baldigste ceseßlide |

Regelung zu verlangen.

Die weitere Debatte vollzog sih unter großem Lärm, da | j L | Dr. Radbru ch gehalten hat, hatte folgenden Wortlaut :

Léon Daudet wiederholt sowohl die Richter als einzelne ‘Ab

geordnete beleidigte. Der Lärm erreichte einen solchen G-ad, | daß der Kammerpräsident Peret mit Unterbrechung der Sizung |

drohte. y S Der ehemalige Unterstaatssekretär für die Militärjustiz im

Ministerium Clemenceau, Jgnace, erklärte, daß er für den Fall | Meimiex und alle anderen Verfolgungen während des Krieges die volle | Verantwortung übernehme. Das, was man ein Negime des Schreckens | nene, sei der Nuhm Frankreichs, ein Negime des Schreckens im Kampfe |

gegen die Verräter und Defaitisten. Der Fall Paul Meunier sei nur ein Teil

in Verbindung ständen. Der Ursprung des Prozesses beruhe in der

Entdeckung der Korrespondenz Lankens in Brüffel. Ignace ver- | j / 7 A agel | muß si zur peinlihsten Wahrung seines politishen Asylrechts i Jn einer allgemeinen Verworrenheit endigte die Debatte | durch die Annahme der einfahen Tagesordnung, die |

langte die Veröffentlihung des Beschlusses der Anklagekammer.

der Justizminister Barthou annahm.

Nußzland.

Der Vorstand des Hilfsausschusses für die Hungernden erläßt einen dringenden Aufruf an die zur Hilfe ver- pflihteten Gouvernements, sih nicht damit zu begnügen, das Saatgut an die Hungergebiete zu entsenden, sondern auch

Arbeitskräfte für die Bebauung der Felder beizustellen, da | J

weite Gegenden fast ausgestorben seien und der Anbau unbedingt bis 15. März in Gang gebracht werden müsse. Gelinge dies nit, so werde die Hungerkatastrophe einen noch entseßlicheren Umfang annehmen.

Belgien.

Der mit der Prüfung des Donauabkommens beauf ixagie: Sonderauss{huß trat, nah Meldung des „W. T. B.“ gestern unter dem Vorsiß von Carton de Wiart zusammen.

Der Referent Strauß bemerkte, daß der RNhein—Donaukänal in das von dem Abkommen betroffene Flußsystem falle. (s

set ‘daher von größtem Interesse, so {nell wie möglich eine Ver- |

bindung zwischen Antwerpen und dem Nhein herzustellen.

Ftalién.

Nach Meldungen aus Rom hat der Abgeordnete de Facta, |

ein Freund Giolittis, die Bildung des Kabinetts über- nommen.

Portugal.

Die lezten Nachrichten aus Portugal vom 21. und 22, d. M. melden, daß der Präsident der Republik, Almeida, und. die Mitglieder der Regierung das Fort Caxias verlassen haben und nach Lissabon zurückgekehrt seien, wo alles ruhig sei. Der Kriegsminister habe in Lissabon Truppen zu- jammengezogen. Nachrichten aus der Provinz ließen erkennen, daß auch im Lande Ruhe herrsche.

Schweiz.

In einer gemeinsamen Sihung, die gestern unter Hinzuziehung der deutschen und der polnischen Gewerkschafts- vertreter von der VIL. Unterfommission (Argeitgeber- und P R perorganisationan) und. der X Unter- ommission (zwishenstaatliche Organisationen) - abgehalten wurde, trug nach Meldung des „W. T. B.“ aus Genf der Direktor des Internationalen Arbeitsamts, Thomas, seine bereits wiederholt vertretenen Anschauungen über die Not- wendigkeit einer gemischten beratenden Arbeits- ffi I n in Oberschlesien vor. Aufgabe dieser Kom- M fion solle es sein, alle Streitigkeiten zu regeln, die auf dem Weviete der sozialen Geseßgebung, des Arbeitsrehtes, der Tari olitik entstehen fönnten, sowie Meinungsverschiedenheiten f er freien Betätigung der Gewerkshaftsorganisationen chen. Ein Beschluß wurde noch nicht gefaßt. Verhandlungen, die Ministerialdirektor von Sto

; mit den polnischen Vertretern in der Y. Unter-

} rie, haben, wie das Völkerbundssekretariat - eine günstige Wendung genommen, die zu der breedhüga diese Frage, die bisher jür eiue dex

F

einesushestimmten HochverratsvEtbnechen darstellt, sondern um chs

sei }Tat, dié zwar aus politischem Motiv (hört, hört! auf der äußersten

T Linken), aus dem Motiv politische# Rache, aber nicht zu eineny

P politisen. Bwscke begangen ist (Rufe auf der äußersten Linken-

h Fe. e qewähre, die. der gen Erzeugung: entsprehe. Ft Me Versorgung dék polnischen Hochöfen mit Eisenerzen sei bis jeßF* noch kein Jahreskontingent “festgelegt worden, man habe fich auf eine vorläufige Zahl “geeinigt. Die endgültige Kon- tingentierung solle erfolgen, sobald» die beiden Staaten roman ihnen zugesprochenen GebietenBesit, ergriffen haben werden.

Polen. j ;

Der Landtag hat den Antxag, die Neuwahlen am 25. Juni vorzunehmen, mit 118 gegen 96 Stimmen ‘abgelehnt, hingegen mit 104 gegen 73 Stimmen den Antrag des “Abg. Liebermann angenommen, wona. die Neuwahlen nah Ab- {luß der Wahlrefortn im Laufe des Sommers durchgeführt

werden sollen. : : Finnland. : In der zweiten Lum des neuen Wehrp flihtgeseges genehmigte der Reichstag die einsährige Dienstzeit im all- gemeinen und die 15 monatige Dienslzeit für die Spezialtruppen.

General Pellet, der französishe Oberkommissar, wurde vom Sultan in Audienz empfangen: Nr f

Bulgarien.

Bei den Gemeindewahlen, die am legten Sonntag vorgenommen wurden, haben die Negierungskandidaten, d. H. die Kandidaten des landwirtschaftlihen Verbandes," der die eigentliche Sktüße der Bauernregierung bildet, durhweg gesiegt.

Asien.

Die „Times“ meldet aus Patiala (Provinz Pundschab), daß auf mehrere Mitglieder der BegleMMung des Prinzen von Wales auf einer Autofahrt von Delhi nah Patiala Schüsse abgegeben wurden; verleßt wurde niemand,

Deutscher Reichstag.

176. Sißung vom 23. Februar 1922. Nachtrag.

Die Rede, die bei der Beratung über den Haushalt des Reichsjustizministerium s der Reichsjustizminister

Meine Damen und Herren! Fch werde zu den Fragen, die heute aufgeworfen sind, zit Beginn der morgigen Sißung Stellung nehmen. Zu einer Frage Stellung zu nehmen, scheint mir aber durchaus unaufschieblich. Es muß sofort die Stellung der Reichs- regierung bei der Auslieferung der angeblihen Mörder des Ministerpräsidenten Dato fklargestellt werden.

Meine Damen und Herren! Das Asylreht, das hohe Recht

des Falles Caillaux und anderer Fälle gleicher Art, tie miteinander | ck&® Staates, Verfolgten cine Zufluchtsstätte zu bieten; -muß einer

demokratischen Republik besonders heilig sein, in der ehemals Ver- folgte felbst unter den Mitregierenden sind. Das Deutshe Reich

verpflichtet fühlen, uiht minder aber verpflichtet fühlen zur pein- listen Beobachtung seiner vertraglichen Verpflichtungen, zum

| Beweise dessen, daß für das Deutsche Reich Verträge, auch Aus-

lieferungsverträge, nicht" ein ",„Feben Papier“ sind, besonders in dem Augenblick, wo es im Begriffe steht, aus einer ähnlichen

| Rechtslage gleihe Konsequenzen zu ziehen, wie sie von Spanien

uns gegenüber gezogen sind: nämlih in der Frage der Ausliefe- rung der Erzberger-Mörder.

Es handelt sich bei dieser Auslieferungsfrage also leider nicht um eine Frage des mens{chlichen Mitgefühls und noch weniger um eine Frage der Politik. E3 handelt sich um eine Frage des Rechtes, des bindénden Vertrages, des internationalen Vertrauens. Ganz kühl

| und sahlich lassen Sie mich Fhnen jeyt die Rechtslage darlegen.

Die Auslieferung ist erfolgt auf Grund des deutsh-spanischen

Auslieferungsvertrages von 1878, dessen sechster Artikel lautet: Die Bestimmungen des gegenwärtigen Vertrages finden auf solche Personen, die sih irgendeines politischen Verbrechens oder Vergehens schuldig gemacht haben, keine Anwendung. Die Person, welche wegen eines „.… . gemeinen Verbrechens “oder Vergehens ausgeliefert worden ist, darf demgemäß in demjenigen Staate, an welchen die Auslieferung exfolgt..ist,.iu keinem Falle wegen eines von ihr vor der Auslieferung verübten politischen Verbrechens oder Vergehens oder wegen-einer Handlung, welche mit einem solchen politischen Verbrechen ‘oder Vergehen in Zu- sammenhang steht, ¿ è à « zur Untersuchung gezogen und be- straft werden.

Sie sehen also, die Ausnahme voti der Auskieferungspfliht erstreckt

sih auf zwei Gruppen von Fällen. Einerseits auf politishe Straf- taten, andererseits auf Straftaten, die mit solchen politishen Straf- taten in Zusammenhang stehen. (Na also! bei den Unabhättgigen

Sozialdemokraten.) Die politischen Straftaten, jene erste Gruppe,

sind im engen Sinne dieses Begriffes auszulegen. Politische Straf- taten in diesem engeren Sinne sind Straftaten, die si gegen den

Staat unmittelbar rihten, wie Hochverrat, Landesverrat, fetnd-

lihe Handlungen gegen befreundete Staaten. - (Zurufe auf der äußersten Linken; Woher wissen Sie da3? Wo steht das?) -—- Fch werde Jhnen gleih darauf antworten; es ergibt sih aus dent Zu- sammenhang. (Abg. Dr. Rosenfeld: Das Gegenteil ergibt sih! -—

Weitere Zurufe auf der äußersten Linken.) Es wäre sinnlos, die

Zusammenhangstaten neben den politishen Delikten zu unenzón,

wenn diese politischen Delikte in einem weiteren sic umfassenden

Sinne verstäanden worden wären.

Nun kommen wix zu der zweiten Gruppe von Taten, zu den- jenigen, welche mit einem politishen Verbrechen oder Vergehen in Zusammenhang stehen. Es entsteht dié Frage: wo ist das politische Verbrechen oder Vergehen, mit dem die Tat der angeblichen Mörder Datos im Zusammenhang steht? (Abg. Dr. Rosenfeld: Der Mord des Ministerpräfidenten!) Wo“ ist das wirklihe odex auch nur geplante Hochberratsverbrecen, in dessen Rahmen sth dieser Mord einreïihte? Nach der Darstellung, die nicht nur die spanishe Bot- schaft und in Einklang mit ihr die deutshe Botschäft,- sondern die auch die kommunistishe. Presse gegeben hat, handelt es sich nicht eilva um. eine Tat, die sih._als unmittelbare ‘odex mittelbare

BVorbereitungshandlung (lautes Lachen auf dex äußersten Ligken) zu

: 4 rt, hört! Unerhört!) Zusammenhangstaten sind nur solche Taten,

die zum Zwecke eines politischen Verbrechens, sei es eines wirkli begangenen, sei es auch nur eines geplanten, dienen. (Erneute Zurufe auf der äußersten Linken.) Meine Damen und Herren, ih haba den Eindruck, als wenn diese juristischewAusjührungen aus meinem Munde, dex t es ja in kurzer Ministerzeit in der Schäßung als Reaftionäe béi JFhnen schon ziemlih ‘weit gebraht habe, anf Sis

| feinen besonderen Eindruck mache.( Heiterkeit.) Aber ih darf viel.

leiht auf eine auh füx Sie so unanfechthare Gelehrtenpersönlihkeiz Wie die des Herrn Kollegen Schücking Bezug nehmen.

Nun i mir vorhin dur einen Zwischêttruf das Gutachten des von mir sehr hochgeshäßtew Dr. Wehberg entgegengehalten worden, Dieses Gutachten geht aber “an dex entscheidenden Frage ganz vorbei. (Hört, hört! bei den Unabhängigen Sozialdemokraten.) Es bemüht sich auszuführen, daß nicht jeder Anarchist und nicht jeder Mörder ausgeliefert werdem müsse, wendet sh also gegen eine Ansicht, die unserér Auffassung durchaus nicht zugrunde liegt. Die ganze Bewetisführung Wehbergs, der mit seinem Standpunkt allein steht, geht an uuserem Standpunkt vollkommen vorbei,

Meine Damen und Herren, ih gebe ohne weiteres zu, daß das Ergebnis, zu. dem die Reichsregierung gelangen mußte, nicht nux

höchst unerfreulich ist. (Sehr wahr! bei den Soziäldemokraten.) Um es einmal drastish auszudrückew: Hätten diese angeblichen Mörder Datos es schlimmer getrieben, so wäre es ihnen besser ge: gangen. Stellte ihre Tat sich als eine Teilersheinung eines Hoch verratsunternehmens dar, so wäre die Auslieserung unmögli gewesen. (Lachen und Zurufe bei den Unabhängigenw Sozialdemo4 fraten und den Kommunisten.) Da sich ihre Tat nicht als Ver- wirklihung eines ausgeavrbeiteten Hochverrat3vorsaßes darstellte und somit nicht als eine Tat, die mit einem politishen Delikt im Zusammenhange steht, mußte die Auslieferung erfolgen. (An dauernde Unruhe und Zurufe auf der äußersten Linken.) Gerade diesex Fall wird uns den Anlaß geben, unser Aus lieferungsrecht zu revidieren. Es ist bereits ein Auslieserung3

| gesey in Vorbereitung (Lachen und Zurufe auf der äußersten

Linken), das gerade den Begriff des politischen Delikts zu klären bestimmt ist, und an das sich unsere zukünftigen Auslieferung verträge anlehnen werden, mittels dessen vielleiht auch die be: stehenden Auslieferungsverträge einer Revision unterzogen werden konnen,

Ein unbiegsames Recht hat uns zur Auslieferung der angeb: lichen Mörder Datos verpflichtet. Aber wir haben uns bemüht, neben dem strengen Willen des Vertrages die Forderung der Menschlichkeit, soweit es uns irgend möglih war, zur Geltung zu bringen. (Große Unruhe und erregte Zurufe auf der äußêtsien Linken.) Es is dem spanishen Botschafter feiexliG der Wunsh der Reichsregierung ausgesprohen worden (erneute lebhafte Un: ruhe und erregte Zurufe auf der äußersten Linken), daß ein etwa gegen die beiden Spanier gefälltes Todesurteil nicht zur -Voll streckung gélatge. “F{ch glaube, . das ist nicht nüt der Wunsch de; Reichsregierung, das ist auch der Wunsch „weitester Kreise t deutschen Volkes, die zivar den Mord, aus welchen Motiven immer er begangen sein möge, verwerfen, soweit er niht'mit' der Bereit haft zur Selbstopferung verbunden ist, die es aber nit dulden mögen, daß Ueberzeugungsverbreher, welcher verirrten Ueber zeugung immer, Raubmördern gleichgestellt werden,

WohlfahrtsÞflege.

wesens in Deutschland in den legten Fahrzehnten

Der Neichsarbeitsminister hat dem Reichstag eine umfangreich Denkschrift vorgelegt, welche die verschiedenen Faktoren, die in

Wohnungs- und Siedlundsverhältnisse beeinflußt haben,- die Ent- wicklung des Wohnungsmarkts und in ihrem Hauptteile die Maß:

| nabmen behandelt, die seit 1914 zur Regelung der Eo Buse und

Siedlungsverhältnisse getroffen worden sind. Im folgenden geben wir cinen Ueberblick liber die Entwicklung und die Versuche einer Abhilfe, ___ Für die Gestaltung der Siedlungs- und Wohnungsverhältnisse in den leßten Jahrzehnten vor dem Kriege ist die mit der Industriali- ferung Deutschlands eingetretene Umschichtung der Bevölkerung von

wirtschaft entfallenden Bevölkerung is nicht nur im Verhältnis zur Gesfamtbevölkerung, sondern au absolut ständig und erheblich zurüd- gegangen. ‘Er betrug:

insgesamt vH der Gesamtbevölkerung

M se 19 225 465 42,6 von 45 222 113 O s 18 501 307 30,8 49 428 470 1907 17 681 176 201, 04925 993,

Der gesamte außerordentlih starke Bevölkerungszuwahs ist also den nit landwirtshaftlihßen Berufsarten zugute gekommen, Dieser Entwicklung entsprehen die Zablen über die Verteilung der Be- völkerung auf die verschiedenen Ortschaftsklassen. Es entfielen auf die Ortschaften : :

_— - usatiedoinn enem Zahl der Einwohner 1882 |- 1895 1910 1919*

. [26 318 418/28 433 456/25 954 587/22 590 849 5 734 344) 5 078 599| 7 297 770] 6 743 187 5 694 383) 5 674 487| 9 172 333] 8 153 556 4147 533| 4610 921/ 8 677 955) 7762 838 3 327 435] 6 631 014/13 823 348/15 009 270

45 222 113/49 428 470/64 925 993/60 249 699, Besonders stark war die Bevölkerungszunahme der Großstädte mit mehr als 100 000 Einwohnern. Im Fahre 187! zählte das Neich 8 Großstädte mit insgesamt 1 968537 Bewohnern oder 4,8 vH der Bevölkerung. Im Jahre 1910 dagegen gab es 48 Großstädte mit 13823 348 Einwohnern glei 21,8 vH der. Bevölkerung. Jm Jahre 1919 wohnten in Großstädten 24,9 vH der Bevölkerung. Diese Um? shihtung der Bevölkerung ist nit lediglih dur die natürliche Ver- mehrung der Bevöllerung in den Städten und Industriebezirken, sondern in der Hauptsabe dur eine starke Wanderungsbewegung herbeigeführt worden, Alliährlih sind -große Massen der Be- völferung aus den ländlihen Bezirken in die Städte und Industriebezirke abgewandert, Ihre Zahr wird für die leßten Jahre vor dem Kriege zuf jährli ungefähr 400 000 geschäßt, von denen auf die Teile Preußens öftlich der Elbe allein etwa 230 000 entfallen. Nah den eingehenden Untersuhungen des Professors Dr. Serin d! als errtesen angesehen werden, daß diese Abwanderung vorne

aus solchen Bezirken erfolgt ist, in denen der Großernnbiaes oder der großbäuerliche Besiß einen besonders großen Anteil an dex laube

/ unter 2000 von. 2000— % 000: g 5 000—- 20 000 20 000—100 000 mebr als 100000

"I

Y Livtishen Loder

aus menshlihen Gründen, sondern auch aus juristishen Gründen |

Zur Entwicklung desSiedlungs- und Wohnungs!

den lezten Jahrzehnten, ganz besonders seit 1914, die Gestaltung der:

axel anbe: Bedeutung gewesen. Der Anteil der auf die Land- |

tiGalid genubten Fläde dnnimint Sft zägt ih der Einfluß k l mnn! d zet der f gzialer Verba! C breiten Masse der JanbTSR R Bevölkerun bietet si in folien Bezirken keine Mözglichkeit {unt fozialen Aufstieg Hiese t aber in den Städten und Industricbezirken. Dag reizt On Ii oder U en Vortéilen des

] | ° zur Abwanderung. Die LandfluGt, wel mde Maß bei weitem überstei t, hat bél indüieetts Folien für gra Bevölkerung gehabt. In vielen Landkréisen wär die gan “dex ölferung 1905 geringer als 1871. Hier i also die orbediîngung jeder fulturellen Höherentwicklung, die Verdichtung der iy ,_niht eingetreten, Der Landwirtshaft find die nok- wendigen Arbeitskräfte entzogen. Ersaß mußte durch ausländis{e Panderarbeiter besa werden, Diese Entwiklung it sowohl be,

yôlkertings8politish wie 1ozialpolilisch böch ungefand.

Die starke Vermehrung der Beyslkerung in den Städten nate és notwendig, hier für große Mens{Genmengen rösch Unterkünft zu afen. Die Löfung dieser Aufgabe blieb zunäch\} arundsäßlih der yrivaten Juitiative überlassen. Staat und Gemeinden beschränkten id darauf, die verwaltnngsmäßigen Grundlagen für den Baut neuer Wohnungen zu schaffen, insbesondere Bau uGtlinien, Bebauungs- ylâne und Bauvordnunugen aufzustellen und zu erlassen sowie den isbau neuer Straßen die Zuleiktung von Wässer, Gas

und Elektrizität und die Beseitigung derx Abfallsloffe und

Abwässer sicherzustellen. Diese ganze behördlid Tättc- Fit‘ ging zunächst nur von rein polizeiliche GTBt hunkten qus. Zwar wurden viese allmählt{ erweitert: neben die Nüsiht auf FeuersiWerbeit und Standfestigkeit traten zud Rüsichten auf den Verkebr und die öffentlichen Gesundheits- verhältnisse. Aber erst na längerer Zeit seßte G Sie Erkenntnis dur, daß die Behörden au Nüfsiht auf das Wohnungsbedürfnis der unterzubringenden Bevölkerun nebmen müßten. Das zeigte i besonders bei den behördliden Maßnahmen zur Auffchließung der haureif werdenden GBrundstücke, zumal in den Vorschriften über die Anlage der Straßen und die baulihe Ausnußzbarkeit. Fn den meisten ¡roßen Städten waren diese Bestimmungen einseitig auf das Massen: miethaus zugeschnitten, das zumal in feiner Forum als „Mielkaserne“ init Seiten» und Vinterflügeln dem Verlangen der vrfvaten Grund- ftösbesißer nah möglichst hoher Rente am meisten entgegenkam. Zwar at fi in einigen Bezirken diese Form nit durcgeseßt,. vor- allem y R: LR A 7 0 / nicht im rheinis{-westfälishen Industriebezirk, wo stch troy starker industrieller Entwicklung das Kleinhaus in erheblichem Maße erbalten Kat, in Bremen und in Teilen Nordwestdeutshlands. Aber - das Massenmmiethans ist nach dem Vorbild Berlins für etne Neibe vón Städten in den Jahren von 1870 bis 1900 charakteristisch geworden. Leß {on diese Bauform häufig die Rücksicht darauf vérmissen, daß die Bevölkerung in ibrén Wohnungen Luft und Licht gebraußt und, n #ich gefunde Verhältnisse entwickeln sollen, nicht vom Grund und den radikal getrennt werden darf, #0 traten dazu noch wettere were Mängel ein. Der Bau von Mittel- und Kleinwohnungen bolt ‘er privaten Bautätigkeit und dem privaten Nealkrebit, die von der Entwicklung des gesamten Wirtschaftslebens abhängig waren, nicht immer genügenden Anreiz. JInfolgedessen herrshte in versGiedenen Sroßstäbten ein empfindliher Mangel an “derartigen Wohnungen. Me Aufwendungen für die Wohnung. erforderten außerdem vor dem » ge einen verhältnismäßtg hohen Teil des Einkommens, zumal de den Inhabern der kleineren Wohnungen. Vnfolgedesfen wurden die Ansprüthe an den Wohnraum häufig eringer bemessen, als es mit Nüksicht auf die Bedürfnisse der Wohmmgsucßenden angemessett gewesen wäre. Dazu kam, daß in die an sh schon nit aus- reichenden Wohnungen häufig noch familienfremde Perfonen als SMlaigónger aufgenommen wurden. _Die dur diesc ganze Entwiklung herbeigeführten gesundheit- sien und sittlichen Nachtetle haben bereits vor dem Kriege die DeffentliGßfkeit lange und nachhaltig beschäftigt. “Man erkannte, daß Ke Verteilung des Grund und Bodèns und die Negelitng der Woh- fungsverhältnisse nit \chrankenlos der Privatwirtschaft überlassen werden dürfen. Denn die notwendigen Reformmaßnahmen hätten gegen das vrivatwirtfchaftliche Intetesse zahlreider än dér Entwicklüng “betetlicfter gartoren versfoßen, Abbilfr wax daber tur von Eingriffen bés Staats ind der Gemeinden zu erwatrien. Solche wurden dein muth“ how ber éfentlihen Meinung nachdrüdcklich verlangt. Es sei nur.“ auf die Arbeiten des Bereins für Sozialpolitik, des Deutshen Vereins für Wohtiung8reform, der Zentralftelke“ für Vollswobhlfährt;" “der Geselk- schaft zur Förderung der inneren Kolonisation, des Bundes deutscher Bodenreformer und dér deutschen GarténstadtgesellsGaft bingewtesen. Es kamen Reföormmaßnahmen nah zwei Richtungen ‘hin în Betracht. Einmal! war dex Landflucht entgegenzuwirken. Das konnté nit durch Verbesserung der ungesunden Grundbesitberteilung geschehen, ipelhé die Landflucht wesentlich beeinflußte. " Darais ergab ih die Forderung nah innerer Kolonisation dur planmäßige Vermehrung dauerliGer Stellen und Seßhafümnachung der Landarbeiter in den Bözirken mit vorwiegendem Großgrundbefig und großbäuer- lhem Besiß. Eiñe- derartige Siedlungsyolitik ist bekanntlich ¡unächst in’ Posen und Westpreußen! wenn" auth hier vornehmlich jur Skärküng ‘des Deutschtums begonnen“ und später ‘auch in dén übrigéèn Prövinzen Preußens eingeleitet worden. Auch andere Einzel- slaaten; fj Méklenburg, Bayern und Oldenburg, häben- Maßnahmeu jut Vertnehrung det ländlichen Bevölkerung, teilweise in Verbindung itit der Utbarmachung ‘von Mootländeréien, getroffen. Zweitens inußte zut Verbesserung der Wohnungsverhältnisse in- den Städten uf die Wohnungsbedürfnisse. der Bevölkerung. mehr Rücsicht genommen werden, auch auf Kosten entgegengeseßter privater Interessen. Dies erfordetke für dié Neubautätigkeit die Be- fitigung der - Mietskaserne, die Einschränkung des Massenmiet- ¡fes und eine stärkere Berücksichtigung des - Kleinhäuses mit rten. Dem mußten zunächst die baupoliztilichen und sonstigen Vor- riften angepaßt werden: Die private Bautätigkleit mußte durch:den „„neinnüßigen Wöhnungsbau der Gemeinden und Bauverelnigungen, be allern der Baugenóssénschäfton, ergänzt werdêèn. Danebék gält es

A aber au, die vorhandenen Wohnungen zu verbessern. Dies sollte

durch -Wohnungsaufsiht und Wohnungöpflege erreicht werden, So rank in den leyten beiden Sebaebon vor dem Kriege die Sied- lungs- und Wohnungsresorm von den verschiedensten Seiten her in Angriff genommen, und es zeigten si Ansäße zu einer Desitung der. verschiedenen oben dargelegten Mängel. Immerhin war die private E ee DaEEEEUS p Ani s “nad einen vber- 12 Neich: bat-an. diesen eingeleiteten Reformen. nur einen ver- hästnismäßig geringen Anteil gehabt. Denn nah déx ftshëren Meichs- verfassung war die Regelung des Siedlungs- und Wohnungswesens" völlig den Einzelstaaten überlassen, Das eich hat sich daher bis zuin Beginne des Krieges darauf beschräukt, als Arbeitgeber auf die Verbesserung der Wohnungen für die Arbeiter! und geting besoldetên Beamten in séinen Verwaltungen und Betrieben, zu: sorgen, Zunächst Jaben die einzelnen Betriebsverwaltungen des. Reichs R dspost- verwaltung, Neichsmäkineverwältung, cihgeiscntähßiberwalting und. die Verwaltung des Nordostseekanals éine Neibê: bon Sg angekauft oder erbaut, die als „Diensl- . oder Miet- wobrungen! für Arbeiter und gering bèsoldetè Beante des Reis ver- wendet wotden sind. An die Stelle “dieses id alleiu geübten Verfahrens trat später ein anderes: im Zahre 101 tnurde t Reichsamt des Jnuern ein besonderer „Wohnungsflitforgefonds Á it: gerihtét; aus" dessen Mitteln vor allem zweéile pen n i E bon Wohnungen für Beamte, Angestellte Und * rbeiter des * s : gegeben worden sind. Ueber bié Vetsbetidung des Fouds. im einzolueit

¿ ( 4 Y z Se p F f dem Neichatag Bericht erstattet worke L

ürgschaften des Reis ur Oels vom 10. Aut}

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leinwohnungen für Reichs- und l 1914 ¿ Rahmen nicht hinaus. | E E N LE diesen Nasen mig H Berrüttung der Wirt-

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' ziehen. Diess Gewächse - kennt das

der in jahrelanger Arbeit ‘vor dem Kriege errungenex Verbefserutgen wieder in Frage gestellt, wenn nit ganz verni worden. Anderer- seits trat nah dem unglücklihen Ausgang des Krieges .die Bedeutung der Wohnungs- und Siedlungsfrage besonders détvor. Die Zu- kunft der Industrie erschien ungewiß und erscheint es noch heute. Eine: Vermehrung der landwirtschaftlich tätigen Be- völkerung dutch dichtere Besiedlung des flachen Landes er- weist h) daher niht mtr aus bevölkerungspolitishen, sondern auch ans “wirts{aftspolitischen Gründen als notwendig. Die all- gemeine Lage auf ‘det Arbeitsmarkt erfordert außerdem eine nack- drüdlihe Förderung der Bautätigkeit. Das g rata unb die Baustoffindustrien find nicht auf ausländische Robstoffe und aus- ländishen Absaß angewiesen, In beiden Zweigen is ein erheblicher Anteil der werktätigen Bevölkerung beschäftigt. Eine rége Bau- tâtigkeit fichert daher Millionen von Erwerbstätigen Verdienst und trägt zur Verringerung der Erwerbslosigkeit bei. Die Schaffung neuer Wohnungen und neuer Siedlungen erlangt daher auch von diesem Gesichkshunkt aus ganz befondere Bedentung.

In der eingangs erwähnten Denkschrift werden im einzelnen die Maßnahmen eingehend erörtert, die seit 1914 zur Regelung der Wohnungs- und Siedlungsverbältnifse getroffen worden sind. Die besonderen Verhältnisse des Krieges und die Nachkriegsverhältnisse Haben die Aufgaben, - die den Behörden gestellt waren, gegen frübere - Zeit erheblih eïweitert. Sie mußten besonders nach drei Nichtungen hin cingreifeit. Erstens mußten'die Mieten behördlih geregelt werden, um eine ungesunde Preisentwiklung bei der eintretenden Wohnungs: fnappheit zu verhüten; zweitens mußten alle Räume in den vor- handenen Gebäuden möglihst restlos für Wobnzwecke erfaßt werden und drittens dâs war die wichtigste und \{chwierigste Aufgabe inußte der Bau neuer Wohnungen ermögliht werden. Dazu waren umfcissende Maßnahmen zur Bereitstellung von Land, Bau- stoffen und Geld zu treffen. Hierbei mußte in Betracht gezogen werden, daß auf die Mitwirkung der privaten Bautätigkeit beim Bau nèuer Wohnungen in erbeblihèm Umfang “niht aerechnet werden konnte, da tine Rentabilität neuer Wohnungen nicht zu erwarten tvar. Das zwang dazu, die Organe der Gesamtheit viel mebr als früher mit den Aufgaben der Wohnungsbeschaffung zu befassen. Bei allen diesen einf{chneidenden Maßnahmen mar- neben den früher auf diesem Gebiete fast allein tätigen Ländern, Gemeinden und gemetn- nüßigen Organisationen auch das Neich nit zu entbehren. Unter dem Zwangé diéser Entwiklung erließ daßer das Reich bereits während des Mai eine Neiße von Verordnungen, die tief in die ütbertommenen Weohnungsverhältnisse eingriffen. Au die Nachkriegs- zeit erforderte weitere Maßnahmen des Reichs auf dem Gebiete des Wohnungs- und Siedlungswesens. Artikel 10 Nr. 4 der neuen Neichsverfassung trägt dem Nechnung. Das Reth, die Kinder und die Getneinden haben fich bemüht, bei thren Eingriffen in die Wohn- und Siedlungsverhältnisse die Reförmgedanken weiter durhzuführen, die bereits vor dem Kriege entwickelt waren, aber si damals nit genligend durseßen konnten. Die troß der Ungunst der wirtschaft- lichen Verhältnisse ergriffenen Maßnahmen haben daher eine Siédlungs- und Wohnungsreform eingeleitet, deren endgültige Wirkungen ich erst in künftiger Zeit bemerkbar machen können. i

Gesundheitswefen, Tierkrankheiten nud Absverrungs- maßregelu.

Deitt Neichsgesundheitêamt ist das Erlöschen dexr Maul- und ‘Klauenseuche vom Vießmarkt in Hamburg ani 22, Februar 1922 gemeldet worden.

Kunst und Wissenschaft.

Dur die Presse gehen Notizen über das Reichsarchiv, in denen. der Regierung vorgeworfen wird, daß hier Angehörige bes früheren Generalstabs und Gegner der Republik auf Kosten des Reis thre- Ansichtén verbreiten helfen. Dem „W. T: B.* wird hterzu folgendes mitgéteilt: Es-ist richtig, ‘daß im- Reichsarwiy in dem “übrigens auch ‘ziviliftishe - Wifsenschaftler“ verschiedener Welt- anfhawung-täâtig! sind =nußekretn -archivarischèr Arbeit: u wissen schaftlilè Arbeit zur A O M der Geschichte --des* Krieges in größerem Unifange aufgenommen it. Daß si hieraus, besonders wenn die Arbeiten ait Vo1ftisdes Gebiet übergreifen, Unzuträglich- feiten ergeben Tönnen, ift flar. Der Reichsminister des Innern Dr. Köster bat daher fofört nach Uebernahme des Amtes im Ein- vernehmen mit dem Ret{skanzler die nötigen Schritte getan, um diese Frage befriedigend zu regeln. Die aus namhaften Gelehrten zusammengeseßte Historis@te Kommission, der u. a. : die Professoren Hans Délbrück, Göß, Erich Marcks, Gustav Mayer, Meinedcke, Oncken, Schreiber, S{Gulte und SGunmacher angehören, wird auf feine Einladung Anfang März zusämrmentreten, um die Frage, welche Publikationen vom Reichsarhiv in wissens{äftlich eéinwandfreier Weise herausgegeben werden können, und wie die Herausgabe erfolgen kann, vöotbehaltliß “der Entscheidung der “Reiibsregierung zu erörtern. ‘Die militätishen Akten des Reichsarhivs “sind zu wissenshaftlichen Arbeiten Außenstehender aller Richtungen aleid mäßig freigegebèn. Hierauf beruhen die in der Presse be- sonder? genannten MNegimentsgeschihten, die nit vom Meihs- atchiv, fondekn von fritheren Negimentsangehörigen abgefaßt sind. Es ist’ Vorsorge getroffen, daß hiér eine Verquickung mit politischen Zwecketi, wle fe in einzelnèn Fällen vorgekommen ift, und der Schein amtlihér! Herkunft künftig vermieden wird. Bei den eigenen Arbeiten des Archivs ift bis zur egr, Tr LSuy der Frage jede Ver- öffentlihung eingestellt. Ein völliger Abbruch der Forshungsarbeiten

über die Militärkriégsgeschihte ist Ben nit beabsichtigt, da an

dét Erfässung des vorhandéneñn und von Lebenden noth zu erlangenden

Materials ein elne wissenschaftliches und menschliches Interesse e

s8arhiv befindet fl

besteht. Das ch auf diesem Gebiet übrigens

“tm lebhaften Anstaush mit den früheren Gegnern.

Literatur.

„Leitfadén dér Pflanzenkunde. Ein Hilfsbuh für den Unterricht an höheren Lehranstalten, bearbeitet von Professor Dr, D. Schmeil. Mit 20 farbigen und 14 s{chwarzen CTajeln sowie mit zahlueichenr Dextbildern. ‘100. Aula e. A eb. 28 .Æ. Ver- lag von Quelle-und Meyex in Leipzig, 19 19

er bereits seine Hundertste Wandetfahrt dur die deutshen Lande an. Diese Tatsache \pricht wohl mehr als alles andere für die ungëmeine Glite und. Brauchbarkeit des Werkes und mat von vornherein jede längere nPlemua überflüssig. Sein Hauptwert liegt darin, n es fh als eines der ersten naturkund- lien Lehrbücher mit vollstem Bewußtsein und {härfster Konsequenz in den Dienst dèr biologishen Betrahtungsweise gestellt bat, die i e wiederum nur auf der Grundlage einer planmäßigen Beobachkurtg und einer damit eng verknüpften. Selbsttätigkeit Des Schülers etfolgreldh durchgeführt werden kann. Wie eifrig der Ver- ia er bestrebt isl, unablässig an der Vervollkommnung seines Lehr- us zu arbeiten, beweisen : die zahlreidhen Verbesserungen, die aud die vorliegende: Auflage wieder aufweist. Es feien hier besonders die eneingefühtten Abschnitte Vogt nes die fch auf den Anbau, die Pflege Und die Bedeutung „un tr ¿wi tigsten Nußvflanzen: be-

ind bereits aus - dem elterlihén Haushalt oder -auh vom Garten und Felde her. . Sie bilden mithin naturgemäß die ersten enstände des pflanzenkund- lin N LN Undtben A ei s p e e Lune eine itiöglichst eiigehen) D Hleiltge Behandlung gefunden. Eine wertyollé Meréierün Nen xn Vir als Anhang beigefügte o i

Abschnitt unter der ÜUebêrsthrift „SGüßet die Pflanzen! dar, So i alles geschehên, um den Schreil dei G eltften i init-den Zeltbedüit üissen unk fortschreitenden Anforderungen- der Pädagogik ‘im Einklan u halten, «und man Jann nux ¿pünshen, ‘daß ihm nach Antri einér hundertsten Wändérung etn dauernder wf dein vflanzen- undlidfen. Untee ‘en 4nferen höheren Lebtänstalten defichert Ten dge, R A R S 20D 4 L I

vid en

4

) oh nit zwanzig ! JZahré find vekgangen, seit der Shmeilsche Leitfaden der Pflanzen- | funde. zunt ersteit Male dem Drude übergeben wurde, und leßt tritt j wieder unternommen, wenigstens den ersten

ifzeder Heimat. Von E. Eramberg. Zwei Bände, 116 Moe und 20 schwarze Tafeln. Â b, 108 Verlag han Quelle und. Meyer in Leipzig, 1921.) lwere Zas des t frieges hat des untrügli Beweis gu daß Ernährung unseres: Volks auf zu schmaler ruht, oder mit anderen Worten, daß wir bisher nit verstanden haben, die reichen und Hilfsmittel, die- von der uns umgebenden Natur freiwillig und frei- gebig dargeboten werden, für unser Wirtschaftsleben in. ge- nügendem Umfange nuybar zu machen. Zu diefen

lässigten - Nahrungsmitteln gebsren auß die einheimischen Pilze. Der Wandel, der sich in ihrer Scbätumg als Volks nahrungsmittel angebahnt hat, darf als eine der wenigen ‘ersprieh lichen Virfungen der Mae uns Megenten wad, hun ans M zee weife a wächtem Maße, immer noch andauernden erx No B en- werden. Die erweiterte Nußbarmachung ilze - für

| unser Ernährungsjystem aber macht zuglei ihre wesen

mehrte und vertiefie Kenntnis notwendig, zumal \sich, wie

kannt, unter ihnen aud nicht wenige Schadlinge befinden „und gerade unsere verbreitetsten und wichtigsten Eßpilze täuschend ähnliche giftige Doppelgänger in der Natur besißen. Als ein vorzüglies Mittel für den Erwerb solcher Kenntnis uun vermag das vorliegende Buch zu gelten. Ja, ihm dürfte in wissenschaftliher und künstlerischer Hinsicht der Vorrang vor allen anderen deutschen Pilzwerken zuzuerfennen sein. Der leichtverstända liche Text, der fih auf den: gründlichen Studium aller neueren und neuesten coehmyse der Pilz¡orxschung aufbaut, muß als ein Muster yopulärwisfenshaftliher Darstellung bezeichnet werden. Aufs wirk- samste aber - wird der Text durch die beigegebenen . farbigen und \chwarzen Tafeln unterstüßt. Kenner und Künstler haben hier in ver- ständniévollem Zusammenwirken eine Reihe prächtiger Bilder gga- ¡chaffen, die durch ihre. Naturtreue auch den höänes Anforderungen gerecht werden. Nicht tsoliert wird uns der einzelne Pilz vorge- führt, sondern im Gesamtrahmen der ihn umgeLenden und teilweise mit ihm in Vershwisterung oder Symbiose stehenden Naturobjekte. Da finden wir Heidel- und Preißelbeeren, Habichtskraut, Ehrenpreis;, Sauerklec, Erdbeere, Gräser, VMoose, Flehten, ja . bisweilen - fog@r Tiere, wie Schnecken, Käfer und Fliegen, u: abgebildet. So empfangen wir zugleich ein Lebensbild des betreffenden Pilzes un werden über feine Verbreitung im Wald, auf der Heide, Wiese usw. oder sein parasitäres Vorkommen an Baumstämmen, S oetzan Hölzern u. dergl. belehrt. Wer fich daher über unsere eßbaren, un- genießbaren und giftigen Pilze gründlich- unterrichten will, der greife u diesem iee bereits in dritter Auflage A e erte, das bereits Tausenden und aber Tausenden ein zuverlässiger“ Berater

und Führer gewefen ftft. 7 DPW.

Die Singvyögel der Heimat. Von O. Klein» s{chmidt. 3. Auflage. Ein Bilderatlas mit 120 Seiten und 86 farbigen Tafeln. (Preis in Halbleinen geb. 50 #4. Verlag von Quelle u. Meyer in Leipzig, 1921.) Das in wesentli erweitérter und vielfach ae, N Vicadts neuer Auflage vorliegende Büchlein von einem der besten lebenden Vogelkenner will eine möglihst übersicht- lie Darstellung der einheiaitieen Singvogelarten geben. " Die: Cin- facheit und Vollstümlichkeit der Darstellung, die f an die weitesten Vollkskreise wendet, hat der wissenschaftlichen Exaktheit in keiner Weise Eintrag getan. Vielmehr sind die Ergebnisse neuzeitlicher Forschung überall aufs sorgfältigste berüdcksihtigt und mit großer Klarheit herausgestelli worden. So erfahren wir beispielsweise, um nur auf einen der Kernpunkte aus dem reihen Inhalte hinzudeuten, die (nerelaune Tatsache, daß die Vogelwelt Deutschlands keineswegs ein- heitlih zusammengeseyt ist, sondern in der Hauptsache aus zwei Glementen, einem östlih-nördlichen und einem westlih-südlichen, die nicht selten innerhalb derselben Art auftreten, besteht. Beide waren lange durch Eiszeitgletsher, Tundren oder Steppen getrennt. Nach deren Schwinden stießen fie wieder zusammen. Für diesen Pal haben wir ein Musterbeispiel in den Nachtigallen. Daneben aben wir Fälle einjeitiger Besiedelung von Osten oder Westen beziehungs- weise: Süden. her. _ Als Beispiele hierfür vermögen Zwer

fliegenfänger und Dol wan zu gelten. Es. ist -fiherli

mit das wissenscha\tlich Interessanteste an - erer Vogelwelt, daß: sje in ihrer Verbreitung zum großen Teil ein Naturdenkuial bar Gisjeit darstellt. Fast jede Vogelart ift bei der Neubesiedlung des von dem Gletschereise befreiten Landes ihre eigenen Wege gegangen. Man kam keine allgemeine Negel aufstellen, auch nicht jede Frage beantworten, aber in kleinen Färbungs- und Größenunterschieden innerhalb derselben Art sind vielfach Erinnerungen erhalten an die Zeiten, da diese Unterschiede fih ausbildeten und so dem Tiere gleihsam den Stempel des damaligen Klimas aufprägten. Neben der Volkstümlichkeit und Wissenschaftlichkeit des Textes ist an dem Kleinschmidti\hen Werke weiterhin der hberrlide Bildershmuck rühmend hervorzuheben. Der Verfasser ist [att iger Darsteller und meisterhafter JUustrator in einer Person. Je x Hug auf den Tafeln verrät, mit welcher Liebe der Zeichner und Kolorist bei seiner Arbeit war, wie er die Haltung des Kopfes, des Numpfes und der Glieder eines jeden der gefiederten Sänger bis in die Tleinften Bewegungen hinein studiert und mit dem Stifte und e des Malers fest« zuhalten gewußt hat. Wenn daher der Verfasser zum Schlusse den Wunsch ausspricht, daß sein Büchlein dazu helfen und anleiten möge, „leere Grholungsstunden zu erfüllen mit erfrishendem Naturgenuß, der immerhin ein wenig dazu beitragen kann, die Seele herauss zuheben aus den Sorgen der Gegenwart und ungesunder pessimistischèr Stimmung“, so kann man feststellen, daß seine Schrift aufs treffe lichste geeignet ist; der Grfüllung dieses Wunsches zu dienen. pw.

Verkehrêwesen.

Nach Miiteilung der egpteung bei der He König- lih s{chwedishen Gesandtschaft ist für Reisen nah Schweden fünftig gleichzeitig mit dem Antrag auf Erteilung eines Sicht- vermerts. den s{chwedischen RPaßste len in Deutschland anzugeben, an welhem Tage und über welche Grenzstation bie schwedische Grenze überschritten werden soll. : :

Theater und Mufik. Lessingtheater. fa

Gndlich nach langen Jahren hat es eine große Berliner Bühne ieder u D il von Goethes Faust“ L der jeit Matkowskys Tode aus dem Schau- spielßaus verschwunden ist und den auch) das Deutsche Theater läng nit ms gibt. Schon um dieser Tat willen muß man dem Direktor Bar nowsky vom Lessingtheater dankbar sein, wenn auth troß hervorragender Darfteller und der Mitarbeit Lovi8C orinths an dieser Aufführung, nit alles ganz nach Wunsch geriet. Eine ain Ueberrashung brate diefe neue austs aufführung aber doch: Käte Dors d als Eret&on. Sie yer- Törperte nahezu das deal des blondhaarigen, s{chlichten deutschen e tnidiens von einfältig-frommem Sinn und gemütstiefe Empfinden. In ihrer Rede störte kein falsher Ton, kein gesu&ter Ausdruück; die Ae floß von ihren van völlig ‘uy« ezwungen und natürlih. Man trie ge die An angdstenen, das urze Glücksempfinden, und in gleichem Maße später die Reue und erknirshung und den Wahn der grausigen Kerkerszene. Selbst von Lucie

öflih, dem unvergessenen Gretchen Reinhardtbühne, hörte man a L e e ms l ¿vg H pq N inniger und ungekünstel

. Auch da ebet „Ah neige, Du

aus der Tièfe dex Seele, wurde im Ton aber un: einige zu leife genommen. Ana is war die Gefamtleistung Dor ein künstlerishes Erlebnis, wie es deren im Theater nur wen gibt. Theodor Loos blieb als Faust den Grübler der Anfangsfzenen, die er allerd s{aulich aus der Vergweifkung und gebens nach Erkenntnis Ringenden heraus gestal erschien aber. auß nach der Hexenküchens noch innerlih verjüngt. Emil Jannin ein „Kavalier . wie . andere Kavaliere“, mehr Schalk

dedings far se e

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