1922 / 64 p. 9 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 16 Mar 1922 18:00:01 GMT) scan diff

in diefer Frage niht einmal einig sind. Es gibt sogar în eisen der Handelskammern Vertreter, die sich mit einer hen Zusammens-:hung aftfizd2n würden, wenn der Kreis

r Vertreter au sehr klein ist. (Zuruf.) Es gibt solche

mlichen Leute, Herr Kollege C.gberdiuz. Jn Handwerker- ist diese Ansicht noch viel stärker ausgeprägt. (Widerspruch

3) Aber ih habe doch die Vorschläge von dem Haupt-

Feshasts ührer des deutschen Händwerks bekommcn. (Zuruf.) Dann Tennen Sie sie nit; ih bin gern bereit, Fhnen Einsicht zu geben. Diese Vorshläge wirken sih dahin aus, daß man sich rchaus auf den Boden. ftellen fann, eine pacitätishe Zu- ammenseßzung zu erzielen. 83 kommt übrigens ganz d-2-«uf an, “wélche Aufgaben diesen Körperschaften zugewiesen werd... Fn der Landwirtschaft ist man sich völlig darüber im klaren, daß man die sogenannte Dreiteilung în einer pari!ütishen Zuscemmen"eßng sehr wohl ermöglichen kaun.

“__Jch will übrigens noch auf einen Umstand aufmerksa:? der Jhnen doch in gewisser Beziehung zu denken geben sollte. ist die Tatsache, daß alle Organisationen der gestellten und Arbeiter, mögen sie nun christlihen, den Hirsh-Dunckerschen oder den reien Gewerlswasten angehören, sh ohne jede Ausnahme einmütig für die Parität aus- gesprohen haben. Sie haben das a3 dem einfahen Grunde getan, weil sie der Meinung“ sind, daz Wirtschastsfragen nur ge- meinsam zwishen Arbeitgebern und Arbeitnehmern zu lösen sind. (Zuruf.) Jh halte diefen Standpunkt gar nicht für falsh. Die Arbeitgeber, die der Ansicht sind, daß diese Aufgaben auf pari- tätisher Grundlage nicht zu lösen sind, shlagen allen Erfahrungen, die mit den Arbeitsgemeinschaften gemaht worden sind, ins Ge- iht. Auf diesem Gebiet hat man sih gern zusammengeschlossen und hat Arbeit geleistet, die niht unproduktiv war. (Zuruf.) Fch habe es nicht als meine Aufgabe angesehen, in diesem Streit ein- seitig Partei zu ergreifen, sondern ih habe mir eine schr starke Zurüdchaltung auferlegt, weil ih es als meine vornehmste Ausgabe angesehen habe, zu versuchen, einen Ausgleich der sich stark gegen- überstehenden Meinungen herbeizuführen. Deshalb muß man, so sage ih mir, sih zunächst einmal darüber klar erden, welche Auf- gaben diese Körperschaften zu erfüllen haben. Sind es Aufgaben, die die Arbeitgeber und die Arbeitnehmer angehen, dann werden sie sie auch gemeinsam durchführen können und müssen. Daß im allgemeinen diese Handelskammern und Handwerkskammern, ganz gleih in welchem Ausmaße, erhalten bleiben sollen, ist mir durch- aus sympathisch; es fragt sih nur, welchen Aufgabenkreis sie durch- führen können.

Dann hat dex Herr Kollege Dr. Leidig darauf aufmerksam gemacht, daß die preußischen Belange bei den Eisenbahnbeiräten ihm niht genügend gewahrt erschienen. Er hat mit Recht davon gesprochen, daß die Absicht bestanden habe, den Eisenbahn - direltionSbezirk Erfurt mit Halle und Magde- burg zusammen nach Leipzig zu konzentrieren. Es ist ganz selbstverständlich, daß ih, als dieser Plan auftauchte, ganz energisch dagegen Widerspruch erhoben habe; eine solche Ver- ¿retung wäre nach meiner Auffassung für Preußen ganz un- erträglih. (Sehr vichtig! links.) Fnzwischen sind die Verhand- lungen so weit gediehen, daß Halle und Magdeburg unter allen Umständen auêscheiden sollen und als ein besonderer Bezirk zu gelten haben. Erfurt umschließt ja einen wesentlihen Teil von ZThüringen, und Thüringen hat eine starke Neigung, mit Sachsen zusammenzugehen. (Widerspruh rechts.) Einen Augenbli! Nach den offiziellen Mitteilungen, die mir geworden sind, soll. das zutreffen. Aber die Wirtschaftskörperschaften Thüringens sind mit diesem Plan auf keinen Fall einverstanden, und ih freue mich, daß wir diese wirtschaftlihen Belange in hervorragendem Maße hineinwersen und in erhöhtem Maße auf diese Schwierigkeiten aufmerksam machen können. Daß ih das tun werde, ist selbst- ver ‘ändlich, weil ih mir übrigens gar nihts davon versprechen kann. Sachsen ist eisenbahntechnisch und industriell so entwitelt, daß es seinen eigenen Eisenbahndirektionsbezirk haben muß. Jch kann übrigens darin gar keinen Nahteil sehen, daß wir einige Eisenbahndirektionsbezirke mit Eiscubal beiräten gerade mit Rütk- siht auf die Länder beibehalten.

Herr Kollege Dr. Leîdig hat dann noch auf die viel erörterte Frage der Gewerbeaufsicht aufmerksam gemaht. Nach dem vorliegenden Haushaltsplane sind 12 weitere Stellen für Personenaus Arbeiterkreisen und 12Stellen für Personen aus Angestelltenkreisen vorgesehen. Vei dieser Gelegenheit möchte ih darauf aufmerksam machen, daß ih nicht daran denke, einen erheblichen Teil dieser Personen bei der Gewerbeaufsiht in Berlin einzugliedern, jondern in ganz Preußen müssen sie eingegliedert werden. Deshalb werden nur zwei Personen a18 dem Kreise der Angestellten in Berlin ein- gestellt werden. Meine Damen und Herren, ih habe im Haupt- ausschuß erklärt, daß die gewerkschaftlihen Organisationen der Arbeiter und Angestellten aller Richtungen die Möglichkeit haben sollen, dem Mitister Vorschläge zu machen. Darin hat man an- sheinend etwas Revolutionäres gesehen. Das hat aber mein Herr Amtsvorgänger damals auch gemacht, und nah meiner Auf- fassung ganz mit Recht. Es ist sehr gut, daß wir diese Wirt- schaftsorganisationen in bestimmtem Maße einseyen und ihnen die Möglichkeit geben, Vorschläge zu machen. Daß ih mir natürlich vorbehalten muß, die endgültige Entscheidung zu treffen, möchte ih dem Herrn Kollegen Leidig versichern. Fch werde prüfen, ob die vorgeshlagenen Personen geeignet sind. Wenn sie nicht ge- eignet sind, ist es besser, man macht keine Versuche, die nachher doh fehlschlagen. Versuche, die bisher gemacht worden sind, sind nit fehlgeshlagen; im Gegenteil, ih habe in anerbennenswerter Weise festst:Ten lönnen, daß die Herren jih sehr gut eingearbcitet haben.

Meine Damen und Herren, dann hat Herr Kollege Dr. Leidig noch in hervorragendem Maße auf die bestehenden Verkehrs- schwierigkeiten aufmertfsam gemaht. JFch glaube, es ver- geht feine Woche, in der ih niht mit dem Reichsverkehrsminister in der eindringlichsten Weise über die Verkehrsmisere gesprochen Habe, Dos if riYi nux während des Sircil3, sondern au nachher geschehen.

Dann hat Herr Kollege Dr. Leidig davon gesprochen, daß im Hamburger Hafen eine monatliche oder längere Sperre für die Annahme von Gütern Plaß gegriffen hat, und war ist das im Monat Februar gewesen. Das ist richtig; eine

aden, An- den

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îm Februar gewesen, sondern bereits am Ende des vergangenen Jahres hat man sich mit dieser ernsten Frage beschäftigen müssen. Wir haben im vergangenen Fahre ein völliges Versagen der Elbe gehabt. Die Elbschiffahrt konnte die Güter niht heranbringen, und alles wurde auf den Bahntransport geworfen. Da war es selbstverständlic, 53 eine Versiopfung der Verkehrsverbindungen eintreten muß. us diesem Grunde ist von Zeit zu Zeit, natürlich in einein Au3maße, cine Beschränkung. der Annahme erfolgt, abér nur ‘deshalb, um ül:7auyt Len AbtraiSvori dez ans Grrerten Güter vorzunehmcn.

Dann möhte ih noch einige Wori: ‘ber die Frage sagen, die err Dr. Leidig bezüglih des Wiesbadener Ab- Tommens und des neuen belgischen, sogenannten Bemelmanns= Abkommens, vorgetragen hat. Die Bedenken, die Herr Dr. Leidig hier in beredten Worten zum Ausdruck gebracht hat, hat auch die preußishe Staatsregierung, und hat sie auch zum Ausdruck ge- bracht, aber mit Rücsiht auf die außenpolitishen Wirkungen glaubte sie doch nicht die Verantwortung übernehmen zu können, die Bedenken in solhem Maße aufrechtznerhalten. Von dem Herrn Abgeordneten Brunk wurde gewünsck®:, è-5 da3 Wiesbadener Ab- lommen niht in Kraft treten mög-. Das Abkommen. tritt in Kraft; es ist von der Reihsregieruig ratifiziert, und auch von der Konferenz der Finanzminister und auch von der Reparations- fommission ist ihm zugestimmt mit der Maßgabe, daß es auf drei Jahre gelten soll. Man müßte also erst einmal die Wirkung abwarten, ebenso bei dem sogenannten Bemelmanns-Aktkommen, das nur auf ein Jahr geltn soll. Aber die Vedenken, die Herr Abgeordneter Lüdemann genau so wie Herr Dr. Leidig vorgebracht hat, sind nicht unbeachtlich, und Sie können versichert sein, daß ih dieser Frage nah wie vor mit großer Aufmerksamkeit intach- gehe. Das ift {on deswegen nötig, weil gvir sonst in eine Lage kommen, die uns unangenehme UVeberrashungen bringen kann.

Jch kann es mir nit versagen, dann noch auf eine Be- merkung einzugehen, die Herr Dr. Leidig bezüglich des Acht- stundentages gemacht hat. Herr Kollege Dr. Leidig hat von einem schematischen Achtstundentag gesprochen. Der Achtstunden- tag ist keine Erfindung der Revolution. Wir haben schon vorher Achtstundenarbeitstage auch iu Deutschland und in Preußen ge- habt, so in der Metallindustze. Jch erinnere nur an die großen A. E. G.-Betriebe, an die Sieuicuswerke, an die Zeiß-Werke in Jena, wo man festgestellt hat, daß die Verkürzung der Arbeit3- geit von neun auf aht Stunden sogar ein wirtschaftliher Gewinn für das Werk war. Dieselben Erfahrungen hat auch unsere deutsche Jndustrie mit dieser Sache gemacht, wo sie sie nubbar anwenden Tonnte. Diese guten Erfahrungen dürfen natürlich nicht in einer reinen Schema:isierung untergehen. (Hört, hört! und Zurufe rechts.) Jch komme glei darauf; lassen Sie mich nur ausreden. Solange ih an dem verantwortlichen Posten stehe, auf den mich das hohe Haus in seiner Mehrheit gestellt hat, werde ich unter allen Umständen an dem Achtstundentag festhalten. Darüber soll kein Zweifel auffommen. Aber ih s\tebe auf dem Standpunkt eines achtstündigen Arbeits tages, und ich glaube, das ist das, was uns trennt und was immer nicht richtig erkannt wird. An einem achtstündigen Arbeitstag wird nichts geändert, wenn hier und da eine kleine Pause in die Arbeitszeit ein- gerechnet wird. An dem achtstündigen Arbeitstag wird auch nichts geändert, wenn man die wöchentliche Arbeitszeit, wie es sehr oft in der Industrie geschieht, auf 4614 Stunden wöchentlich festseßt. Allerdings gebe ih gerne zu, daß die Verhältnisse, wie sie zurzeit

in unseren Verkehrsmöglichkeiten bestehen, einen achtstündigen Arbeitstag nicht anerkennen lassen. Das is richtig. Aus der

Denkschrift, die mir der Reichsverkehrsminister übergeben hat, habe ich ersehen, um nur auf die eine Frage einzugehen, daß nach den gegenwärtigen statistishen Festsbellungen des Reich3= verkehrsministeriums Lokomotivführer eine Nubleistungs- dienstzeit von täglih 2 Stunden 37 Minuten haben. (Hört, hört!) Das ift allerdings feine Ausnußung der Arbeitskraft. vnwieweit aber die Fragen der Organisation damit zusammen= hängen und das ist ja auch außerordentlich bedeutungsboll —, so liegt es nach meiner Auffassung im wesentlichen daran, daß die Organisation so aufgebaut wird, daß derartige geringe Nuß= leistungen einfach beseitigt werden. I kann mir nicht denken, daß Arbeitnehmer si weigern, eine Arbeit8zeit von acht Stunden abzuleisten, nachdem sie ausdrüdlich festgeseßt ist. Das muß nah meiner Auffassung vollkommen ausscheiden. Und deshalb tin ih überzeugt, daß auch diese Frage, die gegenwärtig in sehr ein=- gehender Weise beraten wird, durchaus zu einem erträglichen Abschluß gelangen wird. 4 Der Herr Kollege Lüdemann hat dann an mich einige öragen gestellt. Jch bedauere, auf alle Fragen, die Herr Abge- ordneter Brunk gestellt hat, jeßt niht eingehen zu können; ih hoffe, Gelegenheit zu Haben, in der allgemeinen Besprechung darauf öurüdzuklommen. Herr Abgeordnete Lüdemann hat, ge- wünscht, daß ih meine besondere Fürsorge dem Genossen- shaftswesen suwenden möge. Das halte ih für eine so große Selbstverständlichkeit, daß ich glaube, eine Erflärung darüker gar nit abzugeben öu brauchen. Damit, daß ih das zum Ausdru bringe, ist allerdings diese Erklärung schon gegeben. Das schlicßt natürlich auch die Handwerkergenossen- schaften unter allen Umständen ein.

/ Dann hat Herr Kollege Lüdemann gewünsch*, zu erfahren, wie es mit der Vertretung der Genossenschaften ijt. In dieser Vegichung fann ih mitteilen, daß die Genossenschaften selbst in dankenswertecx Weise mir cinen Entwurf übermittelt Haben, der durchaus meine Zustimmung gefunden hat und den ich befür- worxtender Weise den zuständigen Reihsbehörden gugeleitet habe. Sh glaube, nah der Richtung hin sind Befürchtungen in keiner Weise vorhanden, sondern im Gegenteil, die Sache dürfte in dem von dem Herrn Redner gewünschten Sinne ihren Abschluß finden. : Dann hat der Herr Kollege Lüdemann ferner gewünscht, daß für die Gewerbeaufsicht in Nülsicht auf die Zahl der Ge- werk epslegerinnen, gang besonvers aber mit Nüdsicht auf die große Zahl der beschästigten Arbeiterinnen, auch eine weib - lihe Vertretung in das Ministerium aufgenommen werde. Diese Frage is bereits in den Kreis der Erörterungen getreten, wir haben \chon darüber Verhandlungen eingeleitet. V9 {clbst stehe dieser &rage schr freundlich gegenüber und hoffe aud, nah der Nichtung hin bald oder bei der nöchsten Gelegen- heit dem Hause Mitteilung machen zu können. Allerdings darf ich darauf hinweisen, daß ich an die etatrechtlichen Bestimmungen

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artige Gütersperre war vorhanden. Aber sie ist nit erstmalig

getunden bin; ine derartige Stelle, wenn sie als Beamtenstelle

gedacht is, würde erst im kommenden Etak möglich sein dur zuseßen. Vis dahin werden wir uns sicherlich mit einer Vex, tr-“ng in irgendciner Weise helfen iönnen.

Dann möchte ih zum Abschluß. noch eine andere Frage be. handeln. Es wurde gewünscht, Ausfunft wegen der Ver- handlungen über Oberschlesien zu geben. Jh bin zu meinem lebhafien Vedauern nit in der Lage, gegenwärtig etwaz darüber mitzuteilen. Die Mitteilungen, die wir gestern nah diefer Richtung bekommen haben, lassen ein alshließende3 Urteil nc nicht zu. Es besteht allerdings die Möglichkeit, daß Herr Calonder vielleiht nur über zwet oder drei Fragen einen Stiche entscheid zu erteilen braucht; aber irgend etwas Genaues läßt sich nacch der Richtung hin noch nit sagen. Es is nur wenig, waz ih nach der Richtung hin mitteilen kann; ih bitte damit noch zurü. zuhalten, ich bin bereit, sobald die Verhandlungen abgeschlossen sind, dem hohen Hause eingehend üker diese Frage zu beriten, sei es im Ausschuß für Handel und Gewerbe, sci es, wenn sich ir7endwic im Hause Gelegenheit bietet.

Ferner ist gewünscht worden nach meiner Auffassung mit Recht —, daß ih Ostpreußen, den Nheinlanden und auch Oberschlesien meine ganze besondere Fürsorge angedeihen lassen solle. Meine Damen und Herren, nicht nur bon meinem eigenen Reffortinteresse aus, sondern {on aus allgemeinpolitishen Gründen hat das Staatsministerium die besondere Fürsorge für diese Landesteile zu seiner vornehmsten Aufgabe gemacht. Jch glaube sagen zu können, es vergeht keine Sibung des Staatsministeriums, wo wir nicht über einen dieser in Bedrängnis befindlichen Teile Préußens zu sprechen haben. Es ist eine Selbstverständlichleit, und diese vornehmste Aufgake werden wir unter allen Umständen erfüllen. Jch kann dem hohen Hause mitteilen, daß erst in leßter Stunde mit dem Herrn Reichsfinanzminister und dem preußishen Finanzminister darüber Einverständnis erzielt worden ist, daß das Reich und Preußen zusammen, und zwar je zur Hälfte, eine Garantie, deren Höchstbetrag auf zehn Millionen Mark bemessen ist, an den- jenigen Darlehnssummen übernimmt, welche den an Kreditnot leidende Handwerkern, Kleingewerbetreibenden und Landtwoirten Oberschlcsiens bis zum Gesamtbetrage von höstens vierzig Millionen Mark gegeben werden sollen. Es sind kleine Vor- tehalte daran gelnüpft. Jh will nur auf dieses eine Beispiel hinweisen, um zu zeigen, in welchem hervorragenden Maße das Staatsmmistcrium ständig auf Fürsorge sinnt.

Meine Damen und Herren, ih bitte Sie, meinem Haushalt die Untersiüßung angedeihen zu lassen, die ih von Anfang an pon hnen erhoit Nabe Und Dc C0 mie Lee L (Bravo!)

ven gzuteil werden lassen.

116. Sißung vom 15. März 1922, Mitlags 12 Uhr. (Bericht des Nach-ichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverle er *).)

Präsident Leinert eröffnet die Sizung um 12!/, Uhr.

Der Gesetzentwurf, betreffend Verlängerung der Gültigkeitsdauer der Geseße über Teuerungs- zuschläge zu den Gebühren der Notare, Rechts- anwälte und Gerichtsvollzieher und zu den Gericht s- Tosten bis zum 31. Mai 1922, wird in erster, zweiter und dritter Lesung debattelos angenommen.

Ebenso wird der Gesezentwurf über Verlänge- rung der Gültigkeitsdauer des Geseßes zur Aende- rung des Stempelsteuergeseßes bis zum 31. März 1923 ohne Aussprache angenommen.

Hierauf seßt das Haus die Beratung des Haushalts des Ministeriums für Handel und Gewerbe beim Abschnitt „Ministerium, Handels- und Gewerbe- verwaltung“ fort.

Abg. Alt egger (Zentr.): Das deutshe Handwerk steht in der deutschen Wirtschaft niht an lezter Stelle. Es hat mich nicht be- rührt, daß der Abg. Nogg gesiern das Grablied des selbständigen

andwerks gesungen hat. Jch halte es für praktisch unmöglich. eine Sozialifierung im Handwerk durchzuführen. Die freien Gewerk- schaften wollen die Sozialisierung. Von jener Seite ist gesagt worden, daß die Produktionsgenossenshaften nur ein Mittel sind, um der Sozialisierung und Kommunalisierung auf die Beine zu helten. Wir empfehlen die Förderung aller Genossenschaften, wir setzen aber hinzu, daß das ohne Schädigung des selbständigen Handwerks ge!chieht. Man mag es den Produfktionsgenossenschaîten ohne Mißgunst über- lassen, auf eigene Verantwortung ihre Geschäfte zu betreiben. Ein- seitige finanzielle Unterstüßungen der Genossenschaften dur das Reich, den Staat oder die Kommunen, die mit einer Benachteiligung des Handwerks verbunden sind, muß ich im Interesse der Gerechtigkeit für das selbständige Handwerk ablehnen. (Zustimmung.) Der Res gterungSpräsident von Düsseldorf hat eine wahre Diktatur der sozialistischen Baubetriebe eingeführt. Was sind das auch für Aeußerungen, wenn gesagt wird, der Meister muß sich jeßt von seinen Gejellen ernähren lassen? Die Finanzämter müssen die Steuer- erflärungen, die abgegeben sind, auch zugunsten des Steuer- pflichtigen nachprüfen, dazu sind sie geseßlich verpflichtet. Jn der Erziehung des Nahwuch)es im Handwerk darf das Ziel einer guten Ausbildung niht ershwert werden. Der Lehrvertrag ist aber kein Arbeitsvertrag, weil der Lehrling kein Arbeiter ist. Der Wert der Meisterlehre ist nicht zu bestreiten, Wenn während des Krieges \o- viel geleistet ist, fo verdanken wir das auch der Meisterlehre, die ein Jungbrunnen ist. (Zustimmung.) Dem Klassenkampt setzen wir im Handwerk und Gewerbe eine jolidarishe Beru'sgemeinschaft gegen- über. Wir suchen den sozialen Ausgleich Nur durch Versöhnung der Gegensäße werden wir zu einem gesunden Aufbau kommen.

(Beifall. )

Abg. Mohrbotter (D. ‘Hann.): Mit besonderer Freude stelle ih als Handwerksmeister fest, daß gerade das deutsche Hand- werk den großen Gesichtspunkt des deutschen Wirtschaftslebens stets im Auge behalten hat. Selbst der Minister hat die Notlage des Handwerks anerkannt, ih vermute allerdings, daß er die Schäden und Mängel, über die das Handwerk zu klagen hat, nit so vernimmt und nahprüten kann, wie der, der tätig mitten im Handwerk steht. Das telbständige Handwerk ist der wertvollste Bestandteil der Privat- industrie, es hält sie aut der. Höhe und gibt ihr diese Zuversicht auch für die Zukunft. Der Gedanke der Kommunalisierung des Handwerks erweist fih mehr nnd mehr als ein Jrrtum. Die städtischen Cigenbaubetriebe haben \ich als unwirtschaftlich herausgestellt. Das Großkapital und die Großindustrie sind Schuld an den unsinnigen Preissteigerungen. Beim Achtstundentag muß man au dessen slarke Schattenjciten in Betracht ziehen und auf ihre Be- seitigung hinwirken. Leider macht si{ legt auch in unserer deutschen Jugend ein Hang zur Vergnügungs|ucht "geltend; man läust in die Kinos und Vergnügungsetablissements, statt \sich auf die Hosen zu seßen, lehrreiche Bücher „zu lesen und so die Kenntnisse zu bereichern. Das Submissionswesen ist ein Krebéshaden tür das Handwerk. Das Genossen schaftswefen muß man mit liebevollen Augen betrachten, aber es darf nicht mit Geldmitteln der Allgemeinheit gestüßt und unter- halten werden. Die Gewerbesteuer bedrückt das Handwerk bis zur Unerträglichfeit. Das Kleinod unserer Lehrlingöausbildung muß

*) Mit Ausnahme der durch Sperrdruck Reden der Herren Minister, die im Wortlaute W R ui

| rechts.) Auch jeder soziale Baubetrieb hat einen führenden Kopf, der

é (estêrn eine ganze Rethe von Anfragen an mich gerichtet. Ich habe

und Fp weryen, Hoffenfli wird der nene Handel8minifter berechtigten Wünichen des Handwerks entgegenkommen.

f . Conradt (D. Nat.): Der kommunistishe Nedner läutete : dem selbständigen Handwerk das Totenglödlein; die impo- ften Kundgebungen des leßten Sonntags in Berlin haben ihm L vorher die rihtige Antwort gegeben. Meine Partei hat von vrer durch Wort und Tat bewiesen, daß sie die berechtigten fre sche der Arbeiter in Industrie, Handel und Handwerk genau At berücksihtigt als die Wünsche der anderen Berufs- lo E (Fg fann niht die Autgabe einer einzelnen polititchen sein, die Arbeiterinteressen zu vertreten Der Minister hat prefâre Lage des Handwerks anerkannt, aber auch eint das Handwerk bestehe nicht nur aus Arbeit- etn "sondern auch aus Arbeitnehmern. Sehr richtig; aber des- s en ist und bleibt er doch die Stelle, an die auch die Handwerker- fie ihre Wünsche und, Beschwerden zu richten haben. Handel, Gewerbe und Handwerk werden dur die ewigen Erhöhungen der Yost-, Telephon- und Eisenbahntarife shwer belästigt; der Minister würde sich ein großes Verdienst erwerben, wenn er sih im Neiche ir das Aufhören dieser Belästigung einsegen würde. Die Demobilmachungsbehörden, die eine immer stärkere Belästigung inieres Wirtschaftslebens darstellen, müssen am 31. März end- sih vers{winden. Bei der Zuteilung von elektrishem Strom wird vielfah mit ungleihem Maß gemessen, die Groß- hetriebe werden fortdauernd beliefert, die kleineren nicht. Kei der Bekämpfung des Wuchers stellen auch wir uns binter die Regierung, wir machen aber allerdings einen Unterschied zwischen dem ellen Handel, der seine Preise zu erhöhen gezwungen ist, um weiter seine Aufgabe zu erfüllen, und denjenigen Händlern, welche fi zwischen den reellen Handel und das Publikum eingeschoben haben, um legteres wucherilch auëzubeuten. Wir bekämpfen die falshe Wohnungspolitik ver staatlichen Organe und der Kommunen, die nicht Arbeit schafft, sondern vielmehr die _Arbeitslosigkeit noch vermehrt. Die tolossale Luxus\teuer trifft ganz besonders auch das Handwerk ind gerade diejenigen Handwerkserzeugnisse, die man sonst in bohen Tönen als die hohwertigen deutshen Erzeugnisse anspricht, die besonders geschüßt werden müssen. Damit erwürgt man die besten Zweige unseres Handwerks. Der Minister wolle sich dafür einsezen, daß, wie es beabsichtigt ift, bis zum 1. Oftober 1922 die bezügliche Bestimmung des Reichsgefeßes anders formuliert wird. Die Gewerbesteuer isl die ungerehteste Steuer, die es überhaupt gibt, se führt sließlich zur Erdrosselung von Handwerk und Gewerbe. Die Baugenossenschaften haben - durchaus ihre Berechtigung, aber jede Bevorzugung vor dem selbständigen Handwerk muß unterbleiben, und wir verbitten uns, daß der Staat oder die Kommunen ihnen Kräfte, die aus öffentlichen Mitteln hezahlt werden, wie Bauräte usw, zur Verfügung stellt ind ihnen Vorschüsse zinêlos oder zu geringem Zinsfuß zuteil werden läßt. Das Handwerk muß von den Landesauftrags- stellen mehr berüdfichtigt werden. Notwendig ist, daß gut- funktionierende Arbeitsvermittlungsstellen erhalten bleiben. In der Frage des Achtstundentages verlangt das Handwerk und das Gewerbe, daß man von einer einseitigen shematischen Betrachtung abgeht. Wir sind gegen eine Parität der Kammern bei der Vertretung des Hand- werks und des Handels. Der Osten mit seinen wirtschaftlihen JInter- esen verdient größere Berücksichtigung. Polen und die Tschecho- Slowakei machen die größten Anstrengungen, unfer Wirtschaftsleben in ihre Gewalt ¿u bekommen. Da erbitten wir die größte Aufmerk- saufkeit des Handeläministers und darum, daß der Verkehréminister eiwas mehr für den Osten übrig hat. (Lebhafte Zust:mmung.)

Abg Moritz (D. Vp.): Wir stehen auf dem Standpunkt, daß es beim Arbeitsnachweis8gesez keinen Zwang geben darf. Wir müssen notgedrungen die Arbeits;eit haben, die sich aus den Verhältnissen ganz von selbst ergibt. Es ist selbstverständlih, daß Sai}ongewerbe wie Baubetriebe sih nicht an den Achtstundentag halten. In den Sozialistischen Monatsheften“ hat der Rechtsfozialist Dr. Lindemann qehrieben: Größere Arbeitsleistung kann heute nur durch Verlängerung der Arbeitszeit erreicht werden. Es ist niht zu verstehen, wenn immer n einer \triften Durchführung des Achtstundentags gesprochen wird, w auf der anderen Seite die große Wohnungsnot herrscht. die neue Städteordnung wird hoffentlih bald kommen. Bei der Gewerbesteuer müssen die Interessen des Handwerks und Gewerbes gewahrt werden. Die Handelskammern wünschen wir auch un- paritätisch ausgestaltet zu sehen. In Arbeitsgemeinschaften ist ein quies Zusammenarbeiten möglich. Das darf aber nicht durch geseß- lihen Zwang geschehen. Dagegen bestehen wir einzig und allein auf der Meisterlebhre, die das deutsche Handwerk großgemacht hat. Die Produktivgenossenscaften sind nur Gewerkschaftsunternehmungen, die sh einen sozialen Mantel umhängen. Vernichtung des freien Unter- nebmertums haben sie auf ihr Panier geschrieben. (Zustimmung

bezahlt werden muß Das freie Gewerbe muß bestehen bleiben und vird es, wenn es nicht geseßlich totgeschlagen wird.

Minister für Handel und Gewerbe Siering: Meine Damen 1nd Herren! Gestern und heute sind eine ganze Neibe von Anfragen an mich gerichtet worden, zu deren Beantwortung ih mi verpflichtet fühle, Besonders ist die Frage an mich gerkchtet worden, ob ich die Absicht habe, den in meiner Verwaltung befindlichßen Staatsbesiz irgendwie dem Privatkapital auszuliefern. Ih halte es für müßig, in diesem Augenblick eine bindende Erklärung abzugeben, weil im zweiten Teil der Beratung betreffs der Duisburger und NRuhr- orier Hafenanlagen diese Sache behandelt wird, und ih werde mir erlauben, dann darauf zurückzukommen, um fo mehr, weil ich annehme, daß die Herren Nedner befonders diese Frage in den Vordergrund stellen werden. Dann hat der Herr Abg. Brunk

ihm zugesagt, soweit ich dazu in der 22ge sei, darauf zu ant- worten, Nah Durchsicht seiner vielen Anfragen bin ich doch der Ueberzeugung, daß \sich wohl ein anderer Weg als ersprießlicher herauêstellen dürfte. Herr Abg. Brunk, wenn Sie auch einer Dpyositionspartei angehören, so erfläre ih, daß ih jederzeit gern bereit bin, ebenio wie meine Herren vom Ministerium, jede gewünste Auskunft zu geben, Das halte ih für selbstverständlih. Die Minister sind nicht nux Minister der Koalitiousparteien, sondern stehen als Vinister allen Mitgliedern dieses hohen Hauses gern und freudig zur Verfügung. Ich werde es mir deshalb versagen, auf die meisten Anfragen einzugehen, dagegen halte ih die Frage der Arbeitslosigkeit für so wihtig, daß ih sie mit wenigen Worten behandeln will. Der Herr Abg. Brunk hat mit Recht darauf auf- merksam gemacht, daß wir in leßter Zeit eine wesentliche teigerung der Erwerbslosigkeit wahrnehmen können. Die Statistik der unterstützten Erwerbslosen ergibt für den Monat Januar eine weiter stark ansteigende Zunahme der Zahl der aus Mitteln öffentliher Erwerbélofenfürsorge unterstügten étfonen. Am 1. Februar 1922 wurden inêégesamt 196 103 voll Erwerbslose gezählt Das bedeutet gegenüber dem 1. Januar mit 164 958 Unterslüßten eine Zunabme um 31 145 oder um 18,9 vH. Gegenüber dem Stand vom Dezember 1921 mit 149337 Haupts- Wlerstüßungéemp}tängern, der den niedrigsten Stand der Erwerbs- losigkeit kennzeihnet, betrug die Zunabme im Januar gegenüber dem l, Dezember 10,2 vH. Tabei ist die Zahl der unterstütten Frauen im Rückgang begriffen, während die männlichen - Unterstützungs- tupfänger sich nahezu um ein Viertel vermehrt haben. Dasselbe Bild wie im Reiche dafür galten diese Zahlen

woßner. Die DurH\hnitts8zahl îm Reih bekrägt für den 1. Fanuar 7,7 auf 1000 Einwohner.

Nur in Berlin ist die Erwerbslosenziffer hauptsählich infolge des Ausschlusses der langfristigen Erwerbslosen sowie der alten und erwerbébeshränkten Personen (Abg Katz: Hört, hört!) aus der Für- sorge erheblich gefallen. Sie betrug am 14. Januar 1922 58 997, am 4. Februar 1922 54783 und am 18. Februar 1922 51 844. (Abg. Kat: Haben Sie keine neueren Zahlen? Das isst ja {on anderthalb Monate ber!) Jch vermag nicht einzusehen, daß der 18. Februar anderthalb Monate her ist, Herr Kaß. Vom 1. März haben wir die reidsftatistishen Nachrichten noH nicht bekommen.

In Berlin haben wir auf 1000 Einwohner 13,6 Vollerwerbs- lose am 18. Februar. Die Zahlen sind alfo außerordentlich hob, noch immer viel zu ho, als wir es wünshen möhten.

Dann ist von einem der Herren Vorredner gewüns{cht worden, daß bei den Maßnahmen zur Bekämpfung des Wuhhers die Handelskreise herangezogen werden follen. Als bei meinem Amtsantritt gerade diese Frage eine außerordentliche Rolle spielte, ist auf meine Veranlassung in die Verordnung die Bestimmung aufgenommen worden, daß în den Prüfungsstellen Sachverständige aus Handels- kreisen hinzugezogen werden müssen; denn es ist ohne Zw-:ifel richtig, daß bei Beurteilung der Frage, ob Wudher getrieben worden ist, gerade die Kreise herangezogen werden müssen, die dazu berufen sind, die Händlerkreise. Das halte ih für dringend notwendig.

Dann haben wir eine große Handwerkerdebatte gehabt. Wir haben diese Debatte bei jedem Etat der Handels- und Gewerbever- waltung, und ich verstehe es sehr gut, daß die Herren ihren Schmerzen mit beredten Worten Ausdruck verleihen. Aber ih glaube doc, der Herr Kollege Mohrbotter geht zu weit, wenn er den Grundsatz auf- stellt, daß nur ein Minister, der selbst Handwerksmeister gewesen sei, in der Lage sei, die Interessen des Handwerks wirksam zu vertreten. Er hat ja dann zum S{lusse mir sein Kompliment ausgesprochen, und ih kann wohl sagen, daß damit der erste Teil seiner Aus- führungen, der si darauf stützt, überholt ist, und ih kann es mir wohl versagen, näher darauf einzugehen.

Der Herr Kollege Conradt hat mit Recht darauf aufmerksam gemacht, daß es unzweckmäßig ist, die kleinen Hand- werbertammern, leiten Innuuden, letnen Handelskammern aufrechtzuerhalten. Meine Herren, es liegt im Zuge der Zeit, daß wir auf wirklich leistungsfähige Organisationen hinwirken müssen, wenn wir überhaupt wirkfam im Wirtschaftsleben eine Rolle spielen wollen. Ich gehe so weit, daß ih es für rihtig halte, und danach strebe, einbeitlie Kammern für die Bezirke der Beziekswirtschaftsräte zu s{affen. Diese Organi- sationen fowohl aus Handels- wie aus Handwerkerkreisen werden dann auch wirklihe Bedeutung erlangen. Ich halte eine Zusammen- fassung diefer Kreise für außerordentli dienlih, gerade in Wahr- nehmung der Interessen, die hier zum Ausdruck gekommen sind.

Ich freue mich im übrigen darüber, daß man in Handwerker- freisen der Angliederung der Gewerbe- ‘und Kauf- manns8gerihte an die Amtsgerichte niht gerade sehr freundlih gegenübersteht. Ich teile diese Auffassung um fo mehr, weil ih diese Angliederung für nicht sehr erfolgversprehend halte. Die Kauf- manns- und Gewerbegerichte haben in ihrer historisWen Entrwoicklung doch fo außerordentlich fruhtbringende Arbeit geleistet, daß es mir sehr zweifelhaft erscheint, ob diese Arbeit von den Kaufmanns- und Gewerbegerichten bei fo enger Angliederung an die Amtsgerichte ge- leistet werden kann. Jch bin in diesem Sinne bereits tätig gewesen, und daß ih das auch weiterhin sein werde, halte ich für eine Nots- wendigkeit. Ih wollte das nur im Zusammenhang hervorheben.

Bezüglich der Kammerbeamten gebe ich gern die Er- klärung ab, daß, wie es ja auch jeßt s{chon geschieht, wir uns nah wie vor bemühen werden, für die Neliktenversorgung dieser Beamten einzutreten, fo weit wir in der Lage sind, hier belfend ein- zuwirken.

Dann hat, wenn ich nicht irre, Herr Kollege Moriß darauf hingewiesen, daß man dadur, daß man jemannd zwei Monate lang eine Schule besuhen läßt und dann scchs8 Monate bei einem Hand- werksmeister in die Lehre gibt, keinen vollgültigen Handwerker be- kommt. Ich teile seine Bedenken, mache aber darauf aufmerksam daß alle diese Einrichtungen, die sehr wohl ihre Fehler haben, einen gewissen Notbehelf darstellen. Wir haben Mangel an Bauarbeitern, andererseits aber in vielen Großstädten ich habe ja eben - eine kleine Uebersicht in Zahlen gegeben eine überaus große Anzahl von Arbeitskräften, die unproduktiv daliegen, die wir irgendwie an- segen müssen. Da wir nun einen starken Bedarf an Bauhandwerkern, namentlich an Maurern usw., haben, liegt es nahe, daß man diesen Weg geht. Ich halte es nur für wihtig und notwendig, daß man nit völlig berufsunkundige Menschen nimmt, fondern ungelernte Bauarbeiter, die doch immerhin eine gewisse Erfahrung im Bau- handwerk für sich buchen können. (Abg. Engberding: Die arbeiten ja heute in der Notte bei der Eisenbahn!) Herr Engberding hat ret. Es find auch nach der Nichtung hin Erhebungen veranstaltet worden, inwieweit durch die Kriegsverhältnisse eine ganze Reihe von Bauarbeitern und Handwerkern in die Industrie hincingekommen: sind, die man mit dem besten Willen heute kaum wird herausholen können. Die Industrie, besonders die ehemalige Kriegsindustrie beim Handwerk ist es wohl weniger der Fall leistet cinen so starken Widerstand dagegen, daß alle Bemühungen, auch persönliher Art, bisher fehlges{lagen find. Man muß sich mit den Dingen abfinden. Letzten Endes find es eben Notbehelfe.

Jh bin mit dem leßten Herrn Vorredner aud) durthaus einig: es ist ganz ausge\{chlossen, daß das Handwerk irgendwie gesezlih tot- geshlagen werden kann. Jch wüßte nit, wie man das machen sollte; man kann doch nit etwa eine Geseßesvorlage einbringen, die das Handwerk untersagt oder verbietet; das ist natürlih ganz unmögli. Dieser I nteressenkampf, der sih ja weniger zwischen den Genossenschaften au die Genossenschaften, die von Herrn Abg. Lüdemann gewür {t wurden, sind einge|{lossen Und den Hand- werkern abspiclt meine Herren, diefer Kampf spielt sich vornehmlih zwiscen der Industrie mit ibren stärten geldlihen Mitteln und ibrem technischen Fortschritt und dem Handwerk ab. Das ist eine an si nit im Interesse des Handwe1ks liegende Er'heinung. Aber sie ist einmal da, sie ist eine Folgeerscheinung unserer wirtschaftlihen Entwicklung.

Das wollte ich nur nocch ganz kurz zum Ausdruck bringen, um wenigstens im großen und ganzen auf die Fragen einzugehen. Jm übrigen aber darf ich die Bitte wiederholen: es ift durhaus nicht er- forderlich, daß die Damen und Herren des Hauses die Etatsberatungen

verskändliß, daß au keine kleinen Anfragen nötig sind, um die ge- wünschte Antwort zu bekommen. Ich habe es immer für erwünscht gehalten, daß wir uns den Gepflogenheiten des englischen Parlaments annähern, daß die kleinen Anfragen im Hause aur zu großen, witiaen politishen Anfrayen, auf die eine schnelle Antwort dringend erwüncht ist, benußt werden. Diese Wünsche, die meist in unseren kleinen An- fragen enthalten sind, können nah meiner Auffassung sehr gut dur eine Nückfrage im Ministeriuir. spielend lei! erledigt werden. Ich darf Sie bitten, fich diefer Anregung möglichst anzuschließen.

Abg. Drewi t (Wirtschaftsp.): Man kann es ja mit Freuden be-

rüßen, wenn ein Mann aus dem Volke, ein Sozialdemokrat und früherer Handwerker in dem Augenblick, wo er als Handeläminister an eine verantwortlihe Stelle gestellt wird, sich von den Interessen der Allgemeinheit leiten lassen zu wollen erklärt. Ob er aber seinen Worten Taten folgen lassen wird, möchte ih bezweifeln. (Heiterkeit rechts.) Von idealen Gesichtspunkten Politik zu machen, ist beute wirklich sehr s{wer, weil die heutigen wirtichaf1lihen Verhältnisse do zuletzt den Ausschlag geben. Einige Male ist bei dem Handelswinister der frühere Gewerk\chaftssefretär mit dem Minister durchzegangen; im Laufe der Zeit wird er das hoffentlih abstreifen. In steuerlider Hinsicht wird der Minister dafür zu for:en haben, daß dem gewerb- lichen Mittelstand endlih Gerechtigkeit widerjährt. Der Gewerbe- treibende follte erst Gewerbesteuer zahlen, wenn sein Einfommen höher ist als das des Arbeiters und Angestellten in seinem Betriebe. Die Novelle zur Gewerbesteuer darf niht auf die lange Bank ge- hoben werden. Das Handwerk muß endlih die Vertretung haben, die ihm durch das NReichsrahmengeseg vorschwebt. Die Vorein- genommenheit gegen die Genossenschaften des gewerblihen Mittel- standes muß s{chwinden. Die 75000 4 im Haushalt zur Förderung des gewerblichen Genossenshaftswesens sind eine Lumpereti. Abg. Lüdemann (Soz.): Es ist außerordentlih zu bedauern, daß alle rednerishen Vertreter des Handwerks einseitig gegen" die Arbeiterschaft Stellung genommen haben. Sie haben die jozialen Baubetriebe ingrimmig bekämpft, aber kein Wort gegen den Terror geäußert, den das Großkapital egen das Handwerk ausübt. Wo ist denn heute im Handioerk noch ein freies Unternehmertum? Steht niht das ganze Handwerk unter der Diktatur des Großfkapitals ? Heute morgen hat der Verein der Deutschen Zeitungsverleger einen Aufruf erlassen, der davon fpriht, daß die deutshen Zeitungen dicht vor dem Zusammenbruche stehen, und der die Regierungen und die Parlamente auffordert, endlich an Stelle der Beteuerungen ihrer hohen Meinung von der Presse und der platonischen Einsicht in die Dinge die Tat treten zu lassen. Von 4000 deutschen Zeitungen find über 90 Prozent bürgerliche; alle diese Zeitungen haben nie ein Wort des Bedenkens gefunden gegen die Aufhebung der Zwangs- und Planwirtschaft, alle haben mitgeholfen, den Schrei nah der freien Wirtschaft auszustoßen, und jeßt sind sie selbst die Opfer dieser freien Wirtschaft geworden. In dem Aufruf heißt es: Schuld daran, daß Zeitungen aller Art, kleinere, mittlere und große, in kurzer Zeit zur Stillegung oder mindestens zu weitgehenden Betriebs- einschränkungen gezwungen fein werden, ist vor allem eiae nur dem Namen nah freie Wirtschaft, bei der in Wirklichkeit die deutsche Presse der rüksichtslosen Preisdiktatur der Syndikate ausgeseßt ist. Wenn das ein fo gut orientiertes Gewerbe ausspricht, so sollte doch das Handwerk sich diese Kundgebung zu Herzen nehmen, seinen wahren Feind im Kapitalismus erkennen lernen und Schulter an Schulter mit dem arbeitenden Volke dagegen anfämpfen. Aber was hören wir hier? Lange Reden gegen die Baubetriebe und gegen die N enossenshaften der Arbeiter. Die fozialen Baubetriebe haben das G inuiv der Gemeinnüßigkeit auf ihre Fahnen geschrieben und sind vom Reichskanzler als solhe anerkannt worden. Es ist geradezu toll, daß ein Handwerkervertreter so beschränkt ist, daß er nicht sieht, daß dieje Betriebe von Proletariern getragen werden, die ebenso Arbeiter sind, wie die Handwerker auch. Wenn fich das Handwerk weiter so auf die Seite der Kapitalisten stellt, verdient es fein Schicksal, von ihnen ausgebeutet zu werden.

Damit schließt die allgemeine Besprechung.

Es folgt die Besprechung über die Fragen der Ruhr- \hiffahrts- und Hafenverwaltung, Elektrizitäts- verwaltung, Kleinbahnen, Luft- und Kraftfahr- wesen und sonstige Verkehrsfragen.

Abg. O sterrot h (Soz): Das Verkehrswesen ist die Schlag- ader des Wirtschaftslebens von 60 Millionen in Deutshland. Alle Welt schreit über die ungenügenden Leistungen der Eisenbahnen und der großen Verkehrseinrihtungen überhaupt, und mit Recht. Die Leistungen des Bergbaues sind durch das Versagen der Eisenbahnen sehr s{chwer beeinträchtigt worden. Jh erhebe deswegen aber nicht sowohl Anklage gegen die Eisenbahnen und gegen die Eifenbahn- arbeiter, als gegen Herrn Stinnes und feine Leute, nachdem durch die „rankfurter Zeitung“ festgestellt 1, daß Herr Stinnes seine Londoner Reise ausgenußzt hat, um einen Dru der Entente auf die deutihe Regierung in der Richtung zu erreichen, daß die Neichseisenbahn, das erste und größte Verkehrsmittel des Deutschen Reichs, in den Dienst des deutschen Kapitals gestellt würde. Man hat dieses Vorgehen als einen Hochverrat bezeichnet. Bezüglih unserer Kanal- und Hafen- anlagen wird dasselbe Spiel getrieben. Auf Drängen der Export- industrie hat der Neichskohlenkommissar Exportinteressen über Vers kehr8sinteressen gestellt. Nah dem großen Aderlaß, den der Waffen- stillsstand dem deutschen Eisenbahnverkehr zufügte, haben wir erlebt, daß der Stahl, das wichtigste Baumaterial, bereits im Dezember 1919, zu einer Zeit, wo die Tonne Kohlen noch 100 .4 kostete, bereits den fabelhaften Preis von 3000 4 die Tonne erreichte. Gerade diese Kreise, der Stahlwerksverband ujw., find an diesen Zuständen in unserem Verkehrswesen und an der rasenden Preistreiberei mitshuldig, fie haben uns in das Elend hineingeführt. Sehr interessant ist, was sih hinsichtlih der Hafenverwaltung in Duisburg-Nuhrort abgespielt hat. Der geplante Ueberfall is nit ganz gelungen, aber es ist nur dem zufälligen Umstand, daß der Kollege pue von den Dingen erfuhr, zu verdanken, daß die Oeffent- lichkeit überhaupt orientiert wurde. Seit Jahr und Tag wurde da hinter den Kulissen gearbeitet und gerade das“ prcußishe Handels- ministerium hat die reaftionärsten Vorschläge mit ausgeheckt. Als Hue im Ministerium nachfragte, hieß es: Mein Name ist Hase, ih weiß von nichts. Die Betriebsverwoaltung der Hafenanlagen sollte dem Kapitalismus dienstbar gemacht, dieses wertyolle Objekt sollte nah dem Uebergang der Wasserstraßen an das Reich dem Reiche abgejagt werden. Etroas ähnliches liegt vor in bezug auf die Betriebsverwaltung des Emdener Hafens, nur daß man es dort etwas anders gemacht hat, ‘als in Duisburg. Es besteht dort ein Vertrag seit 1900 zwishen dem Fiskus und der Westfälischen Transport- A.-G., dessen Auswirkung die is, daß der Fiskus nichts, sein Kon- trahent aber 15 vH und mehr verdient. Dieser Vertrag bedarf durchaus der Revision; die Denkschrift, die darüber versprochen war, haben wir Leider immer noch nicht. Gegen alle diese Mani- pulationen verwahren wir uns, der Widerstand dagegen erstreckt sih über unsern Kreis hinaus bis weit hinein in die bürgerliche sellschaft. Den kapitalistishen Haifischen müssen diese Beutestücke aus den Zähnen gerissen werden. Meine Freunde lassen sehr dringend “bitten, alle derartigen Verträge schleunigst zu revidieren, wenn nicht aufzuheben. Früher, vor der Revolution, ist über diese korrupten Verträge überhaupt nihts bekanntgeworden. Auf dem Dortmund- Emskanal gibt es nicht jurist\ch, aber tatsählich ein Schleppmonopol des Großkapitalismus. Sie haben Herr Minister, eine fehr \{wieringe Stellunn im preußi\cen O e wo so viel reaktionärstes Zeug sih aufgesammelt at. Der Keulenshwinger Herkules befam den Auftrag, den Augias« stall zu reinigen; im preußischen Handelêministeriuum liegen n6% viel ältere Exfremente. ( haben zwar für einen Keulens{chwinger nur einen etwas s{hmähtigen Zuschnitt (Heiterkeit), äber s{chlagen Sie ein Loh in die Mauer und lenken Sie den Strom des Volkszorns durch dieses Loh in Jhr Ministerium, er wird eine wunderbar

ligt ih au in Preußen, wo die Zahl der Vollerwerbslosen am l, Januar 1922 115 976 betrug, Das find 8,3 auf 1000 Ein-

i

abwarten, um irgendwelhe Auskünfte zu erhalten. Es ist selbst-

reinigende Wirkung ausüben. Sie werden dann als Hilfeleister uns an Ihrer Seite haben! (Beifall bei den Soz.) e -