1922 / 76 p. 10 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 30 Mar 1922 18:00:01 GMT) scan diff

Fn Ziffer e der für die Ordnung des Neichshaushalts aufge- stellten Bedingungen wird die deutsche Regierung aufgefordert, un- verzüglich einen Plan zur Vermehrung der Steuern vorzubereiten und in Anwendung: zu seßen, welcher im Laufe des Nechnungsjahres 1922/23 eine Summe von mindestens 60 Milliarden Papiermark (Lachen) über die Einnahme hinaus ergeben foll, welche in diesem Haushalt berechnet worden ist. Diese neue 60 Milliardensteuer soll vor dem 31. Mai dieses Jahres bewilligt und in Kraft gesetzt werden, (erneutes Lachen) und es follen von ihr mindestens 40 Milliarden noch in diesem Jahre sichergestellt werden.

. Meine Damen und Herren! Vor allen weiteren Betrachtungen muß ich im Namen der Reichsregierung kurz, bestimmt und eindeutig feststellen, daß dies eine völlig unmöglice Bedingung und Zumutung ist, (Lebhafte Zustimmung.)

Was zunächst die rein \achlihe Seite dieser Forderung der Schaffung von 60 Milliarden neuer Steuern betrifft, so dürfte es' wobl in diesem hohen Hause niemand geben, der im Ernste an eine folhe Möglichkeit glauben wollte. - (Erneute lebhafte Rufe: Sehr richtig!) Mit unendlicher Mühe haben wir versuht, unser Steuer- system den gewaltigen Anforderungen: anzupassen, die nah innen und außen an uns gestellt werden. Unser direktes Steuersystem ist in. einer Weise ausgebaut, wie kein anderes der Welt. Unsere indirekten Steuern sind nunmehr gleichfalls in sehr s{harfer Weise erhöht worden. Wir sind gern bereit, in eine sachliche Auseinandersezung über die Steuerbelastung des deutschen Volkes, verglichen mit anderen Völkern, einzutreten, nachdem wir s{chon verschiedentlih eingehendes Material der Gegenfeite geliefert haben. Hier will ich nur eines hervorheben: Die Steuerlast eines Volkes kann niht nah rohen Ziffern gemessen werden (fehr richtig!), sondern muß in Beziehung gebracht werden zum nationalen Vermögen, zum nationalen Einkommen und zum Einkommen der einzelnen Volksshihten. (Erneute Zustimmung.)

Die Note der Neparationskommission hat den Preis der Gold- mark auf 80 anwadsen lassen. Dadurch ist das Defizit des Haus- halts um 28 Milliarden auf 224 Milliarden gestiegen. Damit sieht die ganze Welt, daß der deutshe Neichsetat heute bis zu einem ge- wissen Grade eine bloße Funktion der Valutaschwankungen ist.

Bei den indirekten Steuern aber ist das Ausschlaggebende die Konsumfkraft der Bevölkerung (wiederholte Zustimmung); sie bietet die finanzpolitische Grenze, über welche hinaus Steuersäße nicht fest- geseßt wérden können. Und wie es mit der Könsunikraft breiter Schichten in unserem Volke aussficht, dürfte jedem objektiv Urteilenden bekannt fein. Wenn eine Teuerungswelle die andere über- s{lägt, wenn gerade durch derartige Noten, wie wir jetzt eine vor uns liegen haben, der deutshe Geldwert im Auslande fatasirophal betroffen wird (lebhafte Nufe: sehr rihtig!), und als Nückwerkung dieser Tatsache im Inlande die Preise empor= schnellen, dann wird die Belastungsgrenze besonders für die indirekte Besteuerung immer enger gezogen. (Erneute lebhafte Zustimmung.)

Wenn s{chon Völker, die keinen Friedensvertrag von der Atlas- \{were des Versailler Vertrags auf dem Nacken haben, die umgekehrt für fih die Vorteile des Siegers nach der wirtschaftlihen Seite hin geltend machen können, wenn {on folche Völker zum Teil nicht imstande sind, ihren inneren Finanzbedarf durch Steuermittel aufzu- bringen (sehr gut!), roie erst muß es bei einem Volke sein, das, wie - das deutsche Volk, fast die ganze Last des Krieges auf seiner Seite allein getragen (sehr wahr !), das durch fünf Jahre abgeschnitten von aller weltwirtshaftlihen Beziehung seine eigenen Hilfskräfte und Reserven vollkommen aufgezehrt und den Fundus der Produktions- güter in ungeheuerlichster Weise angegriffen hatte! (Sehr richtig !) Schon - die Herbeiführung des inneren Gleichgewihts unseres Haushalts erfordert einen starken Steuerheroismus, um wieviel höher muß erst die Belastung sein, wenn sogar ein Teil der Steuer- einnahme für fremde Zwede fließt.

Und dann gibt es noch eine unsihtbare Belastung unseres deutschen Volkes, die weder der Reichskasse noch der Neparation zu- gute fommen fann, und diefe unsihtbare Belastung ist begründet in den Valutaverhältnissen und in der damit verbundenen Verschleude- rung von Werten ans Ausland. (Zustimmung bei den Deutschen Demokraten, im Zentrum und bei der Deutschen Volkspartei.) Wie groß diese Belastung ist, wer vermag es zu sagen! Aber. sie wird um fo größer, je unsicherer die valutarischen Verhältnisse Deutsch- lands sind (sehr richtig!), je rapider der Wert des deutschen Geldes im Auéland zusammenstürzt. (Sehr richtig!) Alles, was den Mark- \turz und dieses Shwanken des Markwertes begünstigt, führt zu einer höôheren unsihtbaren Belastung unseres Volkes und zu einer Schwächung der Neparationsfähigkeit.

Nach der sachlichen Seite hin ist also zu erklären, daß es gänzlich unmögli ist, Quellen zu finden, aus denen in kurzer Zeit 60 WVêil- liarden neuer Steuereinnahmen geschöpft werden können. (Lek- hafte Zustimmung.)

Wenn die Forterung erhoben wird, daß die Steuern dem s{wan- kenden Geldwerte felgen, so weise ih darauf hin, daß unser direktes Steuersystem im Neiche gerade nah dieser Nichtung hin wohl iede Anforderung befriedigt, und daß bei unseren wichtigsten indirekten Steuern und Zöllen ein gleiches gegeben ist. Fast das ganze deutsche Steuerwesen ist jeßt elastisch gestaltet und wird je nah der Gestaltung des Celdwerts nominell auch höhere Grträge bringen, womit freilich für die Entwicflung unseres Etats wenig Gewinn sein wird (lebhafte Zustimmung): denn bei weiterer Entwertung des Geldes wird der Ausgabenetat vollkommen über den Haufen geworfen. (Sehr richtig!)

Die RNeparationskommission hätte dur Bewilligung des Moratoriums zu ciner Festigung unserer Geldwértverhältnisse und damit zur Schaffung gewisser Grundlagen unserer Finanzpolitik bei- tragen fönnen, (Sehr richtig!) Indem sie aber derartige Be- dingungen stellte, wie sie in den Noten enthalten sind, hat sie das Gegenteil vielleiht, wenn auch ungewollt (Widerspru bei der Deutschen Volkspartei) tatsählih erreiht. (Sehr richtig!) Sie bat auf dem Wege über die Markentwertung ben ganzen vorliegenden

Voranschlag unseres Haushalts wieder in allen seinen Ziffern in -

Frage gestellt. (Lebhafte Zustimmung.)

Die Note der Reparationskommission hat den Preis der Gold- mark auf 80 anwacsen lassen. Dadurch ist das Defizit des Haushalts állein um 28 Milliarden, damit auf 224 Milliarden gestiegen. (Hört, _ hôrt!) Damit sicht die ganze Welt, daß der deutshe Reichsetat heute

bis zu einem gewissen Grade eine bloße Funktion der Valuta, ihres Standes und ihrer Schwankungen ist (Sehr richtig!) : Dies ist wieder ein eklatantes Beispiel dafür, daß Gewaltpolitik nit die Reparationsfrage fördern kann, sondern daß sie ledigli zu einer weiteren Einschränkung der deutschen Leistungsfähigkeit und damit leßten Endes zu einer Schädigung der Gegenseile selbst führen

muß. (Sehr richtig!)

einberufen.

Nicht nur die Gegenseike wird bur eîne \olGe Politik ges{chädigkt, sondern die ganze Weltwirtschaft. (Sehr rihtig) Wenn die valutari- {en Verhältnisse von ganz Mittel- und Osteuropa nicht in Ordnung kommen, sondern weiter den Gang des Zerfalls gehen, wie soll da von einem Aufbau der- Weltwirtshaft überhaupt noch die Rede sein? (Sehr richtig!)

Fch habe zu Eingang meiner Erklärung auf die Schwierigkeiten hingewiesen, welche die Durchsezung und Vollendung des Steuer- kompromisses uns in innerpolitisher und wirtschaftliler Beziehung bereiteten. Die Parteien, welche die große Mehrheit des deutschen Volkes repräsentieren, haben in ernster und sahlicher Arbeit unter gewissenhaftester Prüfung der wirtschaftlihen Möglichkeiten sich auf ein Steuerprogramm geeinigt, das die äußersten Grenzen der Leiftungs- fäkigkeit des deutshen Steuerzahlers im gegenwärtigen Augenblick avéfüllt. (Sehr rihtig) Ich sage: im gegenwärtigen Augenblick, meil ih glaube, daß gerade in einer Zeit tiefster wirtsc{aftlicher Umfcichtungen ein Steuersystem nur eine vert ältnismäßig kurze Geltungsfrist- haben kann (sehr rihtig uad jeweils den Vers ánderungen des Wirtschaftskörpers angepaßt werden muß. (Erneute Aanstiinmung.)

Fch {ließe also nicht aus, daß die von uns beschlossenen Steuern einmal eine Abänderung erfahren könnten, hier eingeschränkt, dort erhöht oder ergänzt werden können, ja sogar ergänzt werden müssen. Aber es ist doch völlig unmöglich, in einem Augenblick, in dem die deutshe Volksvertretung ein kompliziertes Steuergeseßaebungswerk dem gegenwärtigen Wirtschaftsstand Deutshlands angepaßt hat, das mühsam gewonnene organische Gleichgewicht dieses aus direkten und indirekten Steuern zusammengekoppelten und mit der Zwangsanleihe ergänzten Steuerkompromisses dadurch aus jedem Gleichgewicht zu werfen, daß man eine neue Steuer oder neue Steuern in der geforderten ungeheuerlihen Höhe hinzufügt. (Sehr rihtig) Durch die Aufstellung der Bedingung, Deutschland solle neben dem zu be- \{ließenden neuen Steuersystem weitere Steuern von 60 Milliarden aus\chreiben, beweist die Reparationskommission der ganzen Welt, daß wirtschaftlihe Darlegungen der deutschen Regierung, so ernst und gewissenhaft sie auch sein mögen, keinerlei Eindruk machen. (Sehr rihtig!) Die Aeußerungen französischer Staatsmänner aus den leßien Wochen haben zwar ergeben, daß in der Frage der vergleichenden Steuerbelastung ein größeres Verständnis für die Schwierigkeiten dieser Materie Eingang gefunden hat. Aber ih muß leider feststellen, daß aus dieser Erkenntnis praktische Folgen im gegenteiligen Sinne gezogen worden sind. (Sehr richtig!)

Nehmen wir aber einmal an, was ih durchaus bestreite, daß die Wirtschaftskräfte Deutschlands imstande wären, die gésebßgeberi]ch vor- gesehene Steuerlast zuzüglich der neuen 60-Milliarden-Steuer zu tragen, so muß ich doch mit allem Nachdruck und Ernst darauf hin- weisen, daß diese Forderung {hon aus rein parlamentarisch-politischen und technisben Gründen eine reine Unmöglichkeit um nit zu sagen eine Unsinnigkeit darstellt. (Sehr gut!) Die neue Steuer oder die neuen Steuern sollen bis zum 31. Mai dieses Jahres, also einer Frist von acht Wodten, bewilligt und in Kraft geseßt werden. Auf den 10. April, meine Damen und Herren, ist die Konferenz von Genua Die Konferenz wird einige Wochen, vielleiht über den ganzen April hinweg, die Aufmerksamkeit und die Arbeitskraft aller Regierungen, also auch der deutshen, in Anspruch nehmen. S{on aus diesem Grunde wäre es also {hon völlig ausgeschlossen, daß wir uns aufs.neue einer steuertechnishen- Arbeit unterziehen können, welche darin bestchen müßte, das soeben mühsam aufgerihtete Gebäude des Steuerkompromisses einzurcißen und einen völlig neuen Bau zu er- rihten, wie dies die Forderung der Reparationskommission bedingt. Die Negierungen, welche uns diese Zumutung stellen, sind zum größten Teil Länder mit altem parlamentarishem Negierungssystem, und sie haben uns diesen Vorzug oft genug zur Nachahmung empfohlen. (Sehr rihtig!)) Sie müßten aber wissen, daß es in einem parlamen- tarishen Staat einer Regierung unmöglih ist, den Lauf und den Charakter der Gesetzgebung dergestalt zu ändern, daß man ein un- mittelbar vor dem Abschluß. stehendes parlamentarisches Werk von heute auf morgen umwirft und auf Befehl des Auslandes mit gänzlich neuen Gedanken und Zumutungen an das Parlament herantritt. (Zu- stimmung.) Wenn auch in einer Behörde, wie dies die Reparations- kommission darstellt, eine solde Erkenntnis niht fruchtbar geworden ist, so kann ih nicht glauben, daß auch bei den alliierten Regierungen selbst, die dem Puls\{hlag des politishen und parlamentarischen Lebens näherstehen, die Erkenntnis von der Unmöglichkeit dieser Zumulung niht doch zum Durchbruh kommen sollte.

Noch von einem anderen Gesichtspunkt aus ist diese Bedingung der Neparationskommission, die uns die Ausschreibung neuer Steuern mit einem bestimmt begrenzten Ertrag vorschreibt, zu prüfen, von einem Gesichtspunkt, für den ih von diesem hohen Hause ohne weiteres jedes Verständnis voraussehen darf, da es ja berufen ist, mit der Reichsregierung die Rechte und die Wiirde des deutschen Volkes und des Reiches zu wahren. (Sehr gut!) Wir haben uns die Frage vorzulegen, ob die Verträge, die uns auf- erlegt sind, in ihrem Wortlaut und Sinne es gestattet, daß das Aus- land, so wie es hier geshehen foll, in die Exekutive der deutschen Regierung. in die Hoheitsrehte der Nation und in die geseßgeberischen Befugnisse des Deutschen Reichstags eingreift. (Sehr richtig!)

Ih will diese Frage mit einem anderen Punkt der Bedingungen verbinden, der unter der Ueberschrift „Ueberwahung“ enthalten ift und der in den verschiedenen Staffeln der deutshen Steuer- und Tariferhebung eine ausgedehnte Ueberwahung der Steuerveranlagung und Steuererhebung vorsieht, Es wird hierbei allerdings unter Ziffer b in Aussicht gestellt, daß diese Ueberwahungsmaßnahmen zwischen den Delegierten der deutshen Regierung und der Nepa- rationskfommission keraten werden sollen; ich muß also. dahingestellt sein lassen, in wie weit diese bedrohlihe Mcßregel praktishe Geltung finden würde. Gegen das Prinzip jedoch muß ich {hon heute im Namen der Reichsregierung \{härfste Verwahrung einlegen. (Bravo! Sehr gutl) Ich erachte es als mit dem Selbstbestimmungsrecht eines Volkes und mit der Ehre einer großen Nation für unvereinbar, daß man ihre fremde Organe zur Ueberwachung der einzelnen Zweige bestimmter ziviler Verwaltung beigibt. (Zustimmung.) Wir haben auf dem Gebiet der Kontrollk, mmissionen hon so trübe Erfahrungen hinter uns (sehr wahr!), daß es niemand bei uns verstehen würde wenn dieses \schikanöse, kostspielige, gänzlich unproduktive System (lebhafte Zustimmung) auch auf die deutshe Zivilverwaltung aus- gedehnt würde. (Starker Beifall und Zustimmung.) Wir haben auf Grund des Friedensvertrages s{hon jeßt in Deutschland eine große Anzahl von Ententesoldaten, von einfahen Soldaten, sage ih, deren Einkommen den dreifachen Betrag desjenigen eines hohen deutschen Ministerialbeamten ausmacht. (Lebhafte Nuse: Hört, hört!) Wenn ich

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mïr diese tieftraurige und boch auch wieder lächerliche Tatsache baß ausgedehnt denke, daß nach dem Willen der Reparationskommissigg von nun an bei jeder größeren Steuerbehörde in Deuts&lan Kontrollorgane der Alliierten in Funktion treten sollen, so kann ig dies nur als eine Zumutung bezeichnen, der si keine deutsche Regie rung im Interesse unseres verarmten und notleidenden Volkes unte werfen darf. (Stürmischer Beifall.) Wenn schon die Besabungs kosten der fremden Armeen, die in ganz übertriebener und ungerech fertigter Stärke deutsche Gebietsteile beseßt halten (sehr richtig!) und die Ausgaben für die militärishen Kontrollkommissionen de

Entente, die au dort kontrollieren, wo nichts mehr zu kontrolliere

ist (stürmische Zustimmung, Beifall und Pfui-Nufe), Deuts{lay auf das shwerste belasten ‘und im lebten Ende die Reparationskrg

Deutschlands verhängnisvoll s{chwächen, so würde eine solche Ausl dehnung der Kontrolle auf die deutsche Steuerverwaltung jeden Gg

danken ‘an einen wirtshaftlihen Wiederaufbau und an eine Abzaßlun unserer Verpflichtungen dem Ausland gegenüber illusorisch machen, j den Gedanken daran im Keime ertöten. (Lebhafte Zustimmung.) Schon der eigene Egoismus unserer ehemaligen Gegner soll sie veranlassen, von derartigen Maßnahmen abzusehen, wenn ‘sie [ho

wenig und geringen Sinn dafür haben, daß auch ein besicgtes Voss

fremde Gäste für lange Zeit an seinem wahrlich nicht zu reih cs dekten Tish nur mit Gefühlen sehen kana, die für die politisde Beziehungen der Völker untereinander und für das arme Europ nichts gutes verheißen können. (Sehr wahr!) Ich betone also, daß weder die Forderung der Kontrolle unsers Steuerveranlagung und -Erhebung, soweit sie eiwa mehr bedeuten solli als das von uns {on gewährte Auskunstsrecht, ncch die Auferlegun von Steuern mit ganz bestimmten Erträgen. von der deutshen Regis rung jemals zugestanden werden kann. (Sehr richtig!) Die deuts Regierung hat \chon bei Abschluß des Versailler Vertrages Vei anlassung genommen und. ih lenke die Aufmerksamkeit dies hohen Hauses besonders auf jene Vorgänge —, gegen die Kor petenzen der Reparationskommission, soweit sie einen Eingriff | die inneren Hoheitsrehte bedeuteten, Protest zu erheben. In der deutschen Note, jener denkwürdigen Note vom 28, M 1919 und wir müssen úns diese Stelle alle ins Gedächtnis zurüd rufen wurde damals folgendes bemerkt: „Ss soll anerkannt werden,“

fagt die deutshe Delegation „daß für eine rechtzeitige Bereitstellung der jeweils terminmäß aufzubringenden Summen vorzusorgen ist, aber es geht über d Ziel hinaus, für Deutschland eine mit so diktatorishen Befugnissa ausgestattete Kommission einzuseßen, wie sie in der Anlage 2 Artikel 233 vorgesehen ist. Es ist unmöglich für jeden, insbesonde aber für einen demokratischen Staat, sich seiner Hoheitsrete dem geforderter Umfange zu- enischlagen,

(sehr richtig!) namentlih kann Deutschland niht die Forderung annehmen, Gesel und Verordnungen zu erlassen, wie sie die Kommission jewei verlangt.

(Sehr richtig!) Die gesamte Staatsgrundlage, die auch für Deutschland auf be Selbstbestimmungsreht beruhen muß,

(sehr richtig!) würde erschüttert, ja sogar außer Kraft geseht werden, - Das Ge bewilligungsreht ist in allen demokratischen Staaten ein Mi! mit dem die Volksêvertretung ihre Kontrolle über das Staatônes ausübt. Die für die Kommission in Anspruch genommene Mad vollkommenheit würde sie im übrigen nötigen, jede einzelne §a haltéstelle des Reichs, der Einzelstaaten und der Kommunen ein Prüfung zu unterziehen. Dazu würden landfremde Personen nie f der Lage sein. Darin liegen auch für die Leistung der Entschädigu! erhebliche Gefahren. Es braucht nur darauf aufmerksam gema zu werden, daß nicht nur die Arbeitsfreudigkeit der Gesamtbevöll rung, sondern auch die Willigkeit, Steuern zu zahlen, darunter leid würde,

(sehr rihtig) da kein Volk auf die Dauer angehalten werden kann, seine Gesan leistungen in den Dienst fremder Mächte zu stellen

(sehr richtig!) und auf sein Mitbestimmungsrecht zu verzihten. Die Folge wil sein, daß die deutschen direkten Steuern überwiegend mit Gew: eingetrieben werden müßten.“

Soweit die damalige deutshe Stellungnahme.

Jn der Antwort und ih bitte Sie, da aufzumerken —, ? damals die alliierten und assoziierten Mächte auf diese Bemerkun! der deutshen Delegation gaben, wurde gesagt, daß diese deutschen Ÿ fürchtungen auf einer vollständig falschen Auffassung der Tatsc® berubten (lebhafte allseitige Rufe: Hört, hört !), und daß die deuts) Schlußfolgerungen im vollständigen Widerspruch sowohl zu dem Bul staben wie zu dem Geiste der Vertragsartikel stünden. (Erneute l hafte Rufe: Hört hört!) Ausdrücklich wurde dann versichert, daß | Befugnisse der Neparationskommission nicht so ausgelegt werd dürften, als wenn sie der Kommission das Necht gäben, Deutsla seine innere Geseßgebung zu diktieren (hört, hört!), insbesondere 1 Aus\chreibungen oder die Einziehung von Steuern anzuordnen 0 leitende Vorschriften über die Aufstellung des deutschen Staatéha haltes zu machen. (Lebhafte Nufe: Hört, hört!)

Aber auch im Londoner Ultimatum ist im § 12 unter Ziffer ausdrüdlih gesagt, daß das Garantiekomitee nit ermächtigt sein |! in die deutsche Verwaltung einzugreifen, und Artikel 7 des Zahlun plans von London enthält dieselbe Vorschrift.

An diese Zusagen, meine Damen und Herren, die doch offen)

den Geist und den Willen der einzelnen Vertragébestimmungen "F

schreiben sollten, auch wenn diese bei extensiver Interpretation w gehende Einmischungsbefugnisse ermöglichen würden, erinnere ih h feierlihst die fremden Regierungen und fordere sie auf, nicht ? Jahre nah Abschluß des Friedens Nechte zu beanspruchen, die sie sel unter der frishen Nahwirkung des Kriegshasses als leere und l gerechtfertigte Befürhtungen Deutschlands bezeichnet haben. (24 gut! und Bravo!)

Jh habe schon bemerkt, daß der Inhalt der an uns gerichte beiden Noten der Neparationskommission nicht in allen seinen Tel Anlaß zu einer so kritishen und negativen Stellungnahme gibt, ih sie hier in bezug auf die Forderung der Kontrollmaßnahmen der Ausschreibung der zusäßlihen 60 Milliarden Steuern zu nehm verpflichtet war. Eine Reihe von anderen Bedingungen deen | durchaus mit unseren Absichten und mit den Interessen der deuts Regierung, die bestrebt ist, durh innere Reformen die schwierige

chon jeßt wird bei uns di

des Staates nach außen zu erleichtern und es ihm zu ermöglichen,

dur eine lange Periode strengster und nüchternster Beschränkungen

die Wohlfahrt künftiger Generationen vorzubereiten. Aber au bi

wird manches kritishe Wort am Plaße leb weil man si fw land von der Bedeutung und Wirksamkeit dieser Reformen offenbar völlig irrige Vorstellungen gemacht hat. Hierher gehören die Forde- rungen der Reparationskommission na erhöhter Sparsamkeit in der Verwaltung des Reiches. Meine Damen und Herren! JIch muß au hier einmal ein offenes Wort \prehen. Jm Ausland scheint man zu glauben, daß wir hier eine Verschwenderwirtschaft führen; und das ist {ließlich kein Wunder, wenn selbst im Jnland ähnliche Ansichten geäußert werden (sehr rihtig!) von Leuten, die von den wirklichen Zahlen und Verhältnissen keine zutreffende Vorstellung haben. Wir wollen die Einschränkung unserer Verwaltungsausgaben nach allen Richtungen selbstverständlich mit aller Kraft weiter durchseßen. Aber nur jemand, der die Verhältnisse nit kennt oder nicht kennen will, kann davon reden, daß dadurch viele Goldmillionen herauszuwirt-

schaften wären, geschweige denn der nennenswerte Teil einer Gc!d- milliarde.

Wie liegen denn in Wirklichkeit die Verhältnisse? Der Etat für 1922, welher der Reparationskommission vorgelegen hat, sieht mehr als zwei Drittel Ausgaben für die Entente und nur ein Drittel für das Reich vor. (Hört, hört!) Von den 86 Milliarden, welche die Verwaltung des Neiches kostet, ist fast die Hälfte, nämlih 41 Mil- liarden, für die Verzinsung der Reichs\{huld und für die Fürsorge für Kriegshinterbliebene usw. erforderli. Heer und Marine beanspruchen nur 4,7 Papiermilliarden, während England 106 315 000 Pfund Sterling, Frankreih 4763 Millionen Frank ‘\chon in ihren vor- jährigen Budgets für Heeres- und Marinezwecke verausgabt haben. (Hört, hört!) Rechnet man diese Ziffern nah dem Dur(schnittskurs 1921 auf Goldmark um, so ergeben sih für die Rüstungsausgaben der genannten Staaten folgende Beträge:

Deutschland , #5 « 211 680 000 Goldmark

England . 1 696 787 000 4

Frankreich . 1 480 340 000 # (Hört, hört!)

Daß hier also nicht viel eînzusparen ist, wissen die Kontroll- kommissionen der Entente am besten, welhe uns vorschreiben, daß für jeden Reichêwehrsoldaten niht mehr als zwei Anzüge vorhanden sein dürfen. (Lachen rechts. Unruhe bei den Komm. und den U. Soz.) Daß die Beträge der Post und Eisenbahnen zus{chußfrei gestaltet werden müssen, darüber sind wir uns alle einig. Für die Eisenbahn ist dies bereits im neuen Etat vorgesehen, wenn niht der neue Sturz der Mark alles über den Haufen bläst. (Sehr wahr!)

Auf die eigentliche Reichsverwaltung im engeren Sinne entfallen nach dem Etat und bei ganzen 86 Milliarden nur 9,5 Milliarden. (Hört, hört) Darin sind nicht einbegriffen lediglih die Zuschüsse für die beiden Verkehrsministerien, die künftig in Wegfall gebracht werden sollen, die genannte Summe für die Reihswehr und etwa 10 Papiermilliarden Mark für soziale Lasten und wirtschaftliche und fulturelle Ausgaben. Von diesen Posten abgesehen, umfaßt die im Nahmen des Großen Etats besheidene Summe von 9,5 Milliarden die Ausgaben für alle Ministerien und alle ihnen nachgeordnete

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Stellen, sowohl die persönlihen wie die sahlichen Ausgaben, mit

einbegriffen auch alle Kosten des Auswärtigen Amts mit den dur die Valuta stark erhöhten Ausgaben für die Auslandsvertretungen, mit einbegriffen ferner auch die Kosten der gesamten Finanz- verwaltung und der Steuererhebung.

Also, meine Damen und Herren, bei unserem ganzen Etat, der weit über 200 Papiermilliarden ausmacht, handelt es sih innerhalb der cigentlihen Reihsverwaltung, von dieser oder jener Einzelheit abgeschen, nur um den relativ kleinen Teilbetrag von 9,5 Papier- milliarden, an dem wir sparen können und wollen, abgesehen von der bereits in Angriff genommenen Sanierung der Reichsverkehrs- erwaltung. Ich sehe mich im Namen der Reichsregierung und als Reichskanzler dafür ein: es muß bis zum äußersten gespart werden. Das ist unsere Pflicht und wir wollen sie weiter üben. Aus administrativen und volkswirtschaftlihen Gründen ist es ferner sehr wichtig, daß wir unsere Verwaltung immer noch weiter verbessern, wirksamer, straffer und s{neller arbeiten lassen, Auch für die Linder gilt das gleihe. Diese Frage wird uns also noch weitér und noch lange beschäftigen. Aber der Jlusion wird sich kein Eingeweihter hinceben, daß auch bei dem heißesten Bemühen Milliarden aus dem Etat einzusparen sein würden. (Sehr richtig!)

Fch möchte bei dieser Gelegenheit die Aufmerksamkeit des Aus-

Lides insbesondere auch auf den Umstand hinlenken, daß wir {hon

jekt unsere Beamten und Staatsarbeiter viel {lechter bezahlen müssen als irgendeines der Ententeländer. (Sehr richtig!) Man hält uns vor, daß wir viele Minister in. Deutschland haben. Man sollte dabei aber auch berüsichtigen, daß diese Minister weniger Gehalt bekommen als irgendein kleiner Bezirkspräsident jenseits der Grenze. (Sehr richtig!) Jh will ein interessantes Beispiel bei- fügen. Die elf Reichsminister, der Reichspräsident und der Neichs- tanzler kosten uns mit Einschluß ihrer Aufwandsentschädigung zu- sammen noch nicht soviel, wie die Kosten gweierEntentegenerale in Deutschland betragen. (Stürmische Rufe: Hört, hört!) Schon jeßt wird bei uns die Sparsamkeit auf Kosten der gegenwärtigen und künftigen und das wollen wir hervorheben und darduf die Auf- merksamkeit aller, die an der Menschheit arbeiten, lenken —, ih sage: e Sparsamkeit auf Kosten der gegenwärtigen und künftigen sozialen, hygienishen und fulsturellen Entrwoicklung unseres Landes geübt. (Sehr richtig!) Ich erinnere nur dacan, daß auf dem Gebiete des Schulwesens nur ein kleinster Teil der beab- sichtigten Verbesserungen durchgeführt werden föônne. Jh weise darauf hin, daß wir nur vershwindend kleine Beträge zur Be- kämpfung der Tuberkulose und anderer fortshleihender furchtbarer Folgen der Blockadezeit (sehr richtig!) und der bittersten Armut aufzubringen in der Lage waren. (Hört, hört!) Auch unsere Städte werdên nit mehr in der Lage sein, ihre sozialen und hygienischen Einrichtungen, die einst der Stolz Deutschlands und der ganzen Welt waren, fortzuführen. (Sehr richtig!) Gerade in den lebten Tagen ist mir von einer ehemals blühenden Ostseestadt gemeldet worden, daß sie angesichts ihrer Finanzlage gezwungen sein wird, die t Krankenhäuser, insbesondere ihr vorbildliches Eiberkulosen B e haus, zu ließen. (Hört, hört! Bewegung.) Aber a G ist ja so blind und gefühllos, daß die Gefahren des #{ eichen n Elends offenbar nicht mehr erkannt werden. und daß sie von n kleinen Schar Kriegsgewinnler und dem fremden Reichtum, den L Ausland in unsere Hauptstädte und Bäder bringt, in leiHlsertiglter

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Weise auf die Wohlhabenheit des ganzen Volkes \chließt. (Lebhafte Zustimmung.) i

Wenn ih so den allgemeinen Grundsäßen der Sparsamkeit, die uns die Note der Neparationskommission vorträgt, mit der Ein- shränkung zustimmen könnte, daß sie für das große Problem der Reparation eine verhältnismäßig geringe Bedeutung haben, \o kann ih auch bezüglich der Ausführungen, welhe die Note über die Kapitalflucht macht, das prinzipielle Einyerständnis der deutschen Regierung erklären. Wir werden aufgefordert, bis zum 30. April ein Programm von Maßnahmen vorzulegen, welches der mißbräulichen Ausfuhr von Kapital ein Ende machen soll; ferner werden wir zu Maßnahmen aufgefordert, um die Rückkehr früher ausgeführter Kapitalien nah Deutschland herbeizuführen. Es ift rihtig, daß unter der Einwirkung der deutshen Valutavers{lechterung insbefondere namhafit Kapitalien ins Ausland gegangen sind (Zuruf von der äußersten Linken), eine Erfahrung, die wirzmit allen valutaschwachen Ländern gemeinsam haben. (Sehr richtig!) Die Regierung hat bereits weitgehende Vorschriften erlassen, um der Kavitalfluht entgegenzu- wirken. Ein wirkliher Erfolg läßt sih aber nicht allein durch Maß- nahmen der deutshen Regierung erreichen (sehr rihtig!), es bedarf viel- mehr eines internationalen Zusammenwirkens, zu dem sch Deutshlmd erneut bereit erklärt. (Sehr gut!) Aehnlich liegen die Verhältnisse hin- sichtlih der Sicherstellung der Nücführung der Ausfuhrgegenwerte und der Erfassung von Ausfuhrdevisen. Es wird geprüft werden müssen, ob es möglich ist, die diesbezüglihen Vorschriften. noch. wirk- samer zu gestalten. Wir sind also au in diesem Punkte bereit, den Forderungen der Reparationskommission nachzukommen, machen jedo schon jeßt darauf aufmerksam, daß unsere Kraft und unsere Nechts- mittel nicht ausreichen werden, dem unpatriotischen Gewerbe der Kapitalflucht, die übrigens eine internationale Erscheinung ist (fehr rihtig!), wirksam entgegenzutreten. Die beste Gegenwirkung gegen diese Erscheinung ist darüber sind alle Sachverständigen der ganzen Welt einig die Besserung der deutshen Valuta. (Lebhafte Zu- stimmung.) Daß auch dies nicht in unserer Macht liegt, sondern im wesentlihen von dem Verhalten des Auslandes zu uns abhängt, davon werde ich später noch einiges zu reden haben.

Die weiterhin geforderte Wiederaufnahme der deuts{hen Statistik über die wirtschaftlihen und finanziellen Verhältnisse in der früheren Form is bereits in die Wege geleitet worden. Ebenso wird die weitere Forderung, die sich auf die Autonomie der Neichsbank bezieht, gu irgendwelhen Schwierigkeiten überhaupt niht führen.

Auf die Bemerkung der Note der Reparationskommission, die fr auf die Frage der inneren und äußeren Anleihen bezieht, möchte ih die besondere Aufmerksamkeit dieses hohen Hauses, aker auch des Auslandes deswegen richten, weil mir hier in der Tat der Schlüssel des ganzen Neparationsproblems zu liegen scheint (sehr ritig!), dessen Lösung der deutshen Regierung ernftlich am Herzen liegt, was, wie ih glaube, von niemand bezweifelt werden kann. Wir haben mit der Zwangsanleihe den Weg der inneren Anleihen und damit der Hexan- ziehung des Kapitals auf einem anderen Wege als dem der direkten Steuern beschritten. Jh habe {hon bemerkt, daß dieses Unternehmen der Zwangs3anleihe, die. kein leeres Projekt, fondern durch ihre Ver- ankerung in dem Steuerkompromiß ein die Regierung und das Parla- ment verpflihtendes Gesebgebungsroerk ist, bei der Reparations- kommission nit die nôötige Aufmerksamkeit gefunden hat. Ich will deswegen nochmals betonen, daß diese Zwangsanleihe im Gegenwert von einer Milliarde Goldmark heute {hon über die von der Ententè geforderten neuen Steuern von 60 Milliarden Papiermark weit hinausgeht. In ihrer Wirkung kommt sie einer starken Vermögens- abgabe glei. (Sehr rihtig) Jh möchte aber noch darauf auf- merksam machen, daß sie infolge der bereits festgelegten Unverzinslih- keit auf eine Neihe von Jahren hinaus den Charakter einer dauernden Vermögenssteuer erhält. (Erneute Zustimmung.) Db das System der inneren Anleihen ausgebaut oder fortgeführt werden kann, werden wir erwägen. Aber es ist klar, daß diese Frage nur im Zusammenhang mit der gesamten Steuergeseßgebung, sowohl der direkten wie der indirekten, gelöst werden kann. So wichtig diese Frage für die Gestaltung des inneren Budgets ist, so ist sie doch niht geeignet, das Neparationsproblem von Grund auf zu lösen. (Sehr richtig!) Hierzu \sheint mir die Frage der äußeren Anleihen, welche die Note der Reparationskommission zum Gegenstand einer besonderen Mitteilung zu machen verspriht, der geeignele Weg zu sein. (Sehr rihtig) Jch darf daran erinnern, daß an der Frage, ob und wie durh eine äußere Anleihe ein Teil der Reparationsschuld Deutschlands finanziert werden könnte, sofern sie auf eine vernünftige Basis gestellt ist, seit Jahr und Tag die besten Kräfte aller Finanzkreise arbeiten. Die deutsche Regierung hofft, über diese Frage bald in eine förderlihe Besprechung eintreten zu können. Es kommt aber bei dieser Frage alles darauf an, die Hindernisse zu beseitigen, die heute in dem Verirag von Versailles und in seiner Handhabung dur die Reparationskommission von dem Weltkapital erblickt werden. (Allseitige lebhafte Zustimmung.) Was von deutsher Seite billigerweise verlangt werden kann, um eine ver- nünstige Finanzaklion zustande zu bringen, wird von uns geleistet werden. Wenn aber in der Note der Neparationskommission in alter- nativer Form davon gesprochen wird, daß, wenn eine äußere Anleihe für Deutschland niht zu erlangen sein sollte, die deute Regierung auf die beweglichen und unbeweglihen Realwerte zurückgreifen müsse, so erinnere ich demgegenüber an die Bemühungen, die wir im letzten Quartal des vergangenen Jahres daran geseßt haben, mit Hilfe der Industrie eine äußere Anleihe durch die Pfandleistung von. Sach- werten zu erhalten. Diese Bemühungen sind damals an der Zurückhaltung des Weltkapitals gescheitert (Sehr wahr!), das nit bereit war, vor einer vernünftigen und auf das Mögliche gestellten Regelung des Reparationsproblems das selten gewordene Gold in das Danaïde:faß des Versailler Vertrages und des Londoner Ultimatums zu |chütten. Daraus müssen wir den Schluß ziehen, daß das Projekt einer äußeren Anleihe nur dann Aussicht hat, vom Welt- fapital günstig aufgenommen zu werden, wenn dem Deutschen Reiche und dem deutschen Volke, das arbeitêwillig war und ist, für einen längeren Zeitraum endlich die notwendige wirtshaftlihe und finanz-

. politisde Atemtreiheit gewährt wird. (Erneute lebhafte Zustimmung )

Nachdem ich so die hauptsächlihsten Punkte der beiden Noten der Reparationskommission untersucht und die Stellung der Regierung klar, deutlich und eindeutig auseinandergeseßt habe, möchte ih ausdrüdlich noch einmal folgendes bemerken: Wir werden den Inhalt der Note au weiterhin aufs genaueste und sorgfältigste prüfen (Unruhe bei den D. Nat. ), ehe wir der Reparationskommission unsere schriftliche Antwort erteilen,

weil wir uns dessen bewußt sind, daß es von dieser Antwort abhängen

kann, ob die eingeleitete Entwirrung des Reparativonsproblems ibren Fortgang nehmen kaun, oder ob wir aufs neue von der wirtschafst-

y t oi eia L L E M0 E M Hg T P ae B A H d O gde tn8 A A 4 E E vit anaer e A E R Ra Ie R C L E I E N R P N E N i t De B N R E U E I hEE T S R IR Mm O A

furz wiederholen.

liGen Betrachtung in die rein politishe, von Verhandlungen in die alte Methode des Difktats und der Gewalt zurückgeworfen werden.

Diese weitere Prüfung, meine Damen und Herren, kann aber das will ich betonen an der großen Linie, die ich Ihnen auf- gezeigt habe, und mit der ih, wie ich glaube, die Zustimmung der überwältigenden Mehrheit dieses Hauses finden werde, nichts mehr ändern. (Lebhafte Zustimmung.) AÆch will diese Stellungnahme, damit in der Debatte keine Zweifel entstehen können. noch einmal Wir sehen ‘in der Note zu einem großen Teil den fonsequenten Fortgang der in London und Cannes getroffenen Verein- barungen, dénen wir durch unsere Note vom 28. Januar Nechnung getragen haben. Wir anerkennen, daß die Herabsetzung der Barzahlungen für das Fahr 1922 wie auch die Regelung der Sachleistungen an sich eine Erleichterung: der Last Deutschlands für ein Fahr bedeuten würde. {Widerspru von den D. Nat) Haben Sie nur Geduld Wir wollen auch nit verkennen, daß einem Teil der uns auferlegten Bedingungen entspröhen werden kann, und wir sind bereit, mit unserer ganzen Verantwortlichkeit als Reichsregierung Hinter dieses Programm zu treten.

Fh gehe noch weiter: Wir sind auch bereit, in Verhandlungen mit der Neparationskommission oder mit den alliierten Regierungen erneut nachzuweisen, daß unsere wirtschaftliche und parlamentarische Lage wie auch der ganze Aufbau unseres Steuersystems es nit dulden, daß man eine fo mehanische Maßregel Hinzufügt, wie dies die Ausschreibung neuer Sechzigmilliardensteuern ist. Daß wir je nach den Erfahrungen, die wir aus der Erhebung der alten und neuen Steuern machen werden, uns fortgeseßt bemühen, diese Steuern in einem Sinne zu ändern und zu verbessern, daß sie höhere Erträge abwerfen und uns dem gewüns{chten Ziel der Balancierung des Etats näher bringen, habe ih {hon wiederholt bemerkt. Ich möchte hierbei die Tatsache unterstreichen, daß wir schon jeßt bei einigen. Steuern, wie der Einkommensteuer, der Umsaysteuer und der Koblensteuer, auf höhere Erträge renen können.

Was die Kontrollmaßnahmen anbetrifft, so müssen wir nit nu? an der Weigerung festhalten, dem Auslande Nechte einzuräumen, welche die Souveränität des deutschen Volkes beschränken, sondern wir müssen auch die Gegenseite von der Unzweckmäßigkeit, ja der Schädlichkeit einer folhen Kontrolle zu überzeugen versuchen. (Sehr richtig) J bin überzeugt, daß dieser Versu Erfolg haben wird. Unser besonderes Augenmerk aber, wenn der Verwaltungsappyarat mehr vers{lingt, als was eingebraht wird, so wüßte ih nit, wie auf verständige Menschen dieses Argument nicht wirken müßte (Zurufe reis); unser besonderes Augenmerk aber werden wir bei etwaigen Verhandlungen auf die Frage zu richten haben, ob der Plan einer äußeren Anleihe zur Finanzierung eines Teils unserer Nepa- rationélasten feste Gestalt gewinnen kann, Die Neparationskommission hat uns darüber nähere Miiteilungen in Ausficht gestellt. Wir werden aber auch von uns aus nichts unterlassen, um auf diesem Wege vorwärts zu Ttommen, weil wir glauben, daß er der einzige ist, der Deutschland und die Welt aus dem Wirrsal und aus der Zerfahrenheit der heutigen Zustände herausführen kann. (Sebr richtig !)

Wie sih mit einer äuferen Anleihe die Auflegung einer Zwangs4 anleihe fombinieren läßt, bildet bereits den Gegenstand unserer ein- gehenden Prüfung im Finanzministerium. Aus der Tatsache, daß der Gedanke - einer internationalen MReparationsanleibe immer mehr Boden gewinnt und in den leßten Monaten auch in Frankreich lebhaft diskutiert worden ist, möchte i. noch einige Hoffnung dafür. \{öpfen, daß die Erkenntnis, wo das Grundübel unserer Lage zu suchen ift, allmäßlih in allen Köpfen aufdämmert, Ohne die Stabilisierung des deutsGhen Markkurses ist - weder an ein Gleihgewiht des deutschen inneren Budgets, noch an deutsche Neparationsl[eistungen, wenn auch in dem fehr verminderten Umfange, auf die Dauer zu denken. (Sehr richtig!) Es bätte nit den geringsten Sinn, immer neue und immer böbere Steuern iu Deutschland auszuschreiben, wenn die Entwertung der Mark, die Verteuerung des Lebens und die dadur bedingten Mehraufwendungen des Staates alle künftigen Erträge im voraus \chon wegzehren. Nur dur eine uns auf einen längeren Zeitraum zu gewährende Atem= pause kann der deutsche Markkurs diejenige Stütze gewinnen, die es uns erlaubt, endlih bei unseren Einnahmen und Ausgaben mit festen stabilen Werten zu rechnen.

Diese Binsenwahrheit, die heute in Ausland und Inland jeder in wirtshaftlihen Dingen Erfahrene erkannt hat, ist leider von der Neparationskommission völlig außer acht gelassen worden. (Sebr richtig!) Der Inhalt und die Ausdrucksweise ihrer Noten allein haben auf den Kursstand der Mark geradezu verhängnisvoll gewirkt (sehr rihtig!) und die Reparationskraft Deutschlands auf das schwerste geshädigt. Man kann die Enttäushung, die das deutsche Volk und, man kann sagen, der aufbauwillige Teil der ganzen Kulturmenschheit mit der Bekanntgabe dieser Noten erlitten hat, nit besser illustrieren als durch die Tatsache, daß der Preis des Dollars, in Papiermark au8gedrückt, vom 21. bis 24. März von 289 auf 332 gestiegen ist und sich in dieser Höhe weiter bewegt. Schon die Dekadenzahlungen, die wir aufbrahten, in der Hoffnung, daß éine bessere Löfung dur die Neparationskommission {nell gefunden würde, haben den Kurs des Dollars ständig gesteigert. Aus dieser direkten Wirkung der Reparationsfrage auf den deutshen Devisen stand wird es klar, daß es éin grundfägliher Frrtum der Neparations- kommission ist, wenn sie das Unheil, das über die deutshen Finanzen und über die deutshe Wirtschaft hereingebrochen ist, lediglih von der staatsfinanziellen Seite aus erklärt, beurteilt und zu kurieren versucht. Außenwirtschastlide Fragen alfo sind es hauptsählih, die den Wechfel- kurs bestimmen, und nicht allein die Frage der Finanzgebarung, so wichtig diese auh für den moralishen Kredit des Landes sein mag.

Meine Damen und Herren! Die Antwort, welche wir der Reparationskommission auf ihre Note zu erteilen baben, ist vielfah in der Oeffentlichkeit dahin @arakterisiert worden, daß sie, politish gesehen, eine Entscheidung darüber bringen müsse, ob die auswärtige Politik der deutshen Regierung, wie sie durch die Annabme des Londoner Ultimatums wurde, fortgeführt werden soll oder nit. Jh balte es für nötig, ohne auf die Zuspißungen einzugehen, welche diese Frage in dem Kampf der Parteien angenommen hat, ein klares Wort zu spreden.

_Wir haben im vergangenen Jabre unsere ganze Kraft

nicht Erfüllungspolitik um ibrer selbst willen zu treiben, sondern der Welt dur die Erfüllung im Rahmen des Möglichen den prakti Nachweis zu erbringen, wo die Grenze des Erfüllbaren Uegt und

sie nit überschritten werden kann, ohne der Weltwirtschaft tödlich Wunden zu jclagen. (Sehr richtig) Daß Beweisfübr

Mete! "2 Breite