1922 / 77 p. 7 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 31 Mar 1922 18:00:01 GMT) scan diff

üt Hergt, etneufes Aürmishes Brabo bei der Mehr- des Hauses.) Der Ernsi der gegenwärtigen Situation, dem tuh der Abg. Dr. Strefemann gerecht worden ist, verlangt (Zu- ufe des Abg. Hergt: Klarheit! und daß der Reichskanzler redet), unsere Abordnung nah Genua einen Rückhalt bekommt dur ñe Be Mehrheit des Reichstages, der ihrer Position eine nöglihst starke Stübe gibt. (Zwischenrufe des Abg. Helfferich, Vegenruf des Abg. Künstler: Schweigen Sie doch, Sie Verbrecher!, duruf des Abg. Adolph Hoffmann: Jch untershreibte dies. Präsi= ent Löbe erteilt den Atgg. Künstler und Hoffmann einen Ord- wungsruf.) Aus den Ausführungen, die darauf hinausgehen, dem Inirage Marx die Bedeutung eines Vertraucn8votums abzu=- prechen, spricht der Zwet dieser Ausführungen, nämlich der, daß ncht die Absicht besteht, Klarheit zu schaffen. (Stürnmischer Wider= druch auf der äußersten Rechten, Zustimmung bei der Mehrheit, Inruhe.) Jch habe nunmehr den Sinn der Ausführungen: derart petennze’chncti, daß die Abstimmung jeßt ‘beginnen ?ann. __ Sowohl der Antrag auf namentliche Abstimmung über en Antrag Marx wie der auf namentlihe Abstimmung iber die Zusaßanträgé wird hinreichend unterstüßt, dagegen eicht die Unterstüßung für den Abänderungsantrag der K o m- punisten zum Antrag Hergt nicht aus, was mit Heiter- rit aufgenommen wird. E

Es folgt die namentliche Abstimmung über den Zusaß- mtirag Hergt zum Antrag Marx x. Der deutschnationale [ntrag wird mit 312 gegen 60 Stimmen abgelehnt, ebenso et 10 Stimmenthaltungen mit 302 gegen 60 Stimmen der éventualantrag Hergt, im Antrag Marx die Shlußworte „und billigt daher die von der Reichsregierung abgegebene êrflärung“) zu streichen.

Hierauf wird über den Antrag Marx namentlih ab- estimmt. Für den Antrag stimmen 248, vagegen 81 Ab- ordnete. Der Stimme enthalten haben sich 43 Mitglieder. Mit „Nein“ stimmten die Deutschnationalen und die Kom- nunisten. Die Unabhängigen einschließlich der Mitglieder der rüheren Kommunistishen Arbeitsgemeinschaft enthielten sich ær Abstimmung. Die Annahme des Antrags wurde von der Nehrheit mit Beifall begrüßt. E

Der ursprüngliche Mißtrauensanivrag der Deutschnatio- alen wird durch die Abstimmungen für erledigt erklärt.

Fn zweiter und dritter Beratung wird der Notetat ¡Ux 1922, der durch die verspätete Fertigstellung des Etats totivendig geworden ist, ohne Erörierung genehmigt.

Fn der zweiten Beratung der sechsten Ergänzung jes Besoldungsgeseßes begründet |

Abg. Degler? (D. Nat.) einen Abänderungsantrag seiner bartei zu der Ausschußfassung; danach joll der Teuerungszuschlag # dem Grundagehalte, den Diäten und dem Ortszuschlage, soweit tese Bezüge den Betrag von insgesamt 10 000 Mark niht über- eigen, 70 %, im übrigen 35 % und zu den Kinderzuschlägen 35 % etragen. Redner wendet sich u. a. gegen die Eingriffe der Gewerk- Haftsführer; diese seien niht die Volksvertreter, sondern der teihstag. Der Reichstag sei niht eine bloße Bejahungsmaschine. die Beamten müßten schon in der untersten Gruppe das wirkliche ¿xistenzminimum erhalten. Viele Beamte hätten noch nicht ein- nal dem Werte nach die Hälfte ihres Friedenseinkommens. Das érauengeld sei in der Vorlage niht hoch genug, leider sei eine trhöhung nicht erreihbar gewesen. Das Streikreht der Beamten abe die Regierung mit Recht abgelehnt, deshalb müßten die Zeamten so bezahlt werden, daß ihnen eine angemessene Lebens- altung möglich jei.

Reichsfinangminister Dr. Hermes: Jch bitte, den Antrag ibzulehnen. Nach der Verständigung mit den Spißenorgani- ationen, die ih für schr wertvoll halte und ausbauen werde, be- aufen sih nach der Regierungsvorlage die Kosten der Besoldungs- xhohung für die Beamten, Angestellien und Arbeiter des Reiches, ér Länder und Gemeinden auf insgesamt 30 Milliarden. Nach en Ausschußbeshlüssen stellen jh die Mehrkosten auf 9,8 Milliarden, so daß sih dex Gesamtaufwand der Besoldungs- rhöhung auf rund 50 Milliarden beziffert. Bei Annahme des Intrages der Deutshnationalen würden Mehrkosten in Höhe von }5 Milliarden entstehen, wodurch der Gesamtaufwand sih auf & Milliarden belaufen würde. Jh glaube Jhrer Zustimmung icher zu sein, wenn ih sage, daß unter den gegebenen Verhält- tissen eine solche Belastung nicht tragbar ijt. Jch bitte dringend, 8 bei den Ausshußbeschlüssen zu belassen, da wir so am besten den Bünschen der Beamten nach möglichjt schneller Auszahlung Rech- tung tragen fönnen. Jch werde der weiteren Entwidcklung der deuerung größte Aufmerksamkeit zuwenden und das Ziel, ke- xæchtigie Wünsche der Beamten nach Möglichkeit zu erfüllen, nicht ms dem Auge verlieren.

Abg. Bender (Soz.) verliest eine Zuschrift der gewerkschaft- then Spihenverbände und der ihnen angeschlossenen Beamten- rgamfsationen, in der diese sih darüber beschweren, daß die Regie- Uung vor threr endgültigen Unna ih nicht noch einmal rit ihnen ins Benehmen geseßt habe. Wenn die Regierung den Jeamten das Streikrecht streitig macht, muß sie ihnen wenigstens uf dem Verhandlungswege möglichst weit entgegenkommen. Die Zeiten, da die Beamten E einfah mit dem abzufinden hatten, vas Regierung und Reichstag thnen zubilligten, sind ein- für alle- nal vorbei. Wir hätten gern eine Erhohung der Teuerungs- ushläge- geschen. Nachdem die Regierung aber erklärt hat, über

as, was sie angeboten hat, micht hinausgehen zu können, und da .

peiter durch etwaige Beschlüsse in dieser Richtung die Verah- hiedung der Vorlage um Wochen verzögert werden könnte, so timmen wir der Vorlage zu, weil die Beamten Geld brauchen. Bir geben der Erwartung Ausdruck, daß die Regierung in nächster eit neue Verhandlungen mit den Spihenverbänden in die Wege eitet, und daß es dann gelingen wird, der Not der Beamten zu Xuern.

Abg. Bäuermamwn (D. V): Wir beschäftigen uns nun Hon zivei hre unausgeseßt mit den ten, md das [tat ist eine erhöhte und berechtigte Unzufriedenheit exr Beomten. Wir haben immer zu spät und zu wenig gegeben. Bei der Neuregelung der Ortsklassen haben wir nur das bestehende Inveht von einer Stelle auf die andere vershoben, unv die Land- eamten und die Beamten in den kleinen Städten haben ret, penn sie erklären, dieses Unrecht nicht weiter tragen zu wollen. fine ptshuld an dem unbefriedigenden Ergebnis trägt auch e unglüdjelige Verkuppelu der Besjoldurtflsverhältnisse der Jeamten mit den Lohntarifverhältnissen der Arbeiterschaft. Heute ntsheiden leßten Endes die Arbeiterovganifationen über die oichtigen Besoldungsbelange der Beamten. 8. geht auf die dauer nicht, und ih warne die Beamtenorganisationen vor einem dolchen Vorgehen; sie begeben sih damit in eine unwürdige Ab- ngigkeit von den Gewerkschaften. Redner empfiehlt eine von Nitgliedern aller Parteien eingebrachte Entschließung, dur welche fe Reichsregierung ersucht wird, schon jeßt Vorbereitungen dafitr nt treffen, daß bei der nächsten Aenderung der Besoldungêordnung ine umfassende und grundlegende Um- und S im estehenden Besoldungswesen ermöglicht wird. Als Richtlinien für îne jolche U ting empfiehlt er das Zurückgehen auf die ein- he Grundgehaltsgestaltung und die Einführung einer gleitenden, en Teuerungsverhaältnissen ngefaßten Skala.

. Bräunig (U. Soz.) begründet einen Antrag, bei Be-

figen, ie nach Grundgehalt, Diäten und Ort8zuschlag 10 000

ark niht übersteigen, den e Censetigrag auf 80 Prozent

n erhöhen und empfiehlt eine Entschließung, die die Regierung

rdert, mit den Tan tatonen sofort in Verhandlungen

tber die e E irtschaftsbeihilfe für März und über îne Erhöhung der Ueberteuerungszushläge einzutreten.

Abg. Schnldt (Dem.) stimmt der Ausschußvorlage gzu, wohl sie den berechtigten Forderungen der Beamten nit voll mispreche und äußert verschiedene Wünsche. Er verlangt vor

m, daß die Kann-Vorschrift über die Gewährung eines Frauen- lies in dee Praxis als Goll-Vors Ltaadiiet werbe uud

die Härten, die fich beï der Gewährung von Maas für Kinder im Alter von mehr als 21 Jahren, die noch in der Berufs- ausbildung begriffen sind, ergeben haben. Weiter fordert er eine bessere Gestaltung der Wirtschaftsbeihilfen und eine automatische Anpassung der Besoldung an die Teuerungsverhältnisse sowie ARNEAUS eines besonderen Ausschusses zur Prüfung dieser Frage.

bg. Heidemann (Komm.): Bis jeßt ist jede Ergänzungs- vorlage nichts weiter gewesen als die Konstatierung der Tatsache, daß das tatsächlihe Einkommen der Beamten von Vierteljahr zu Vierteljahr geringer geworden ist. Die paar tausend Mark, die den Beamten nach den Ausschußbeshlüssen mehr bewilligt werden sollen, sind schon um das Vierfache durch die wahnwitige Steige- rung der Teuerung überholt worden. Aber von dieser Regierung ist gar nichts besseres zu erwarten, denn sie ist nichts weiter als der Arbeitsausshuß des Kapitals. (Gelächter und Zurufe.) Lassen Sie doch Fhre dummen Redensarten und Jhr Gelächter, denn es ist nur das Gelächter der Verlegenheit und der Verzweiflung einer bankrotten Gesellschaft, die am Ende ihres Lateins angekommen ist. Den Beamten laäeibt nihis weiter übrig, ‘als zu hungern und zugrunde zu gehen oder mit der Arbeiterschaft den Kamps um ihre Existenz zu führen. (Beifall bei den Kommunisten.) Dex Minister Rathenau habe gestern aus dem Hunger der Massen politi Geschäfte zu machen gesucht. Jn dem Klassenstaat sche es. wie Hohn aus, wie man in den leßten Tagen nach einer Einheitsfront gegen die Reparationsnote gesucht habe. Das Streikrecht müsse ein Palladium auch für die Beamten jein. Die neuen Steuern vershlängen ein Arbeitseinkommen von Monaten; dazu ständen dic Aufbesserungen der Beamten in keinem Verhältnis. Die elende Rechtspresse wolle das Volk mit Fusel besoffes machen. Tod, Fluch, Verachtung und Untergang dieser elenden bürgerlichen Presse! (Redner tvird vielfah vom Gelächter der Rechten unter- brochen; er ruft dieser zu: Lerne zu lachen, ohne zu grinsen. (Stürmische Heiterkeit.) Der Reichstag degradiere sih zu einer Stelle, wo Komödie gespielt werde, und zwar Regierungskomödie. Aber nach einem französishen Sprichwort töôte die Läherlichkeit. (Lebhafte Zustimmung rechts. -—— Präsident Löbe ruft den Redner schon zum zweitenmail zur Sache.) Redner epwidert darauf, die kompakte Mehrheit des Hauses wolle die Redner seiner Partei brutal vergetwaltigen. Von dem Kuhhandel unter den Parteien sei nichts für die Beamten zu erwarten. Die Beamten müßten vielmehr einig zusammenstehen gegen den Skandal des Klasjen- unrechts.

Abg. Allekotte (Zentr.) exklärt, mit Rücksicht auf die eifrige und gründliche Mitarbeit seiner Fraktion an den Aus- \hußberatungen und auf die vorgeschrittene Zeit auf weitere Aus- führungen verzichten zu wollen.

Unter Ablehnung aller Abänderungsanträge wird die Aus\chußvorlage in zweêter und dritter Lesung angenommen. Annahme finden auch die Ausschußentschließungen, in denen die Reichsregierung ersucht wird, bei künftiger Erhöhung der Beamtenbezüge dem Familienstande mehr als bisher Rech- nung zu tragen, die Wirtschaftsbeihilfe für die Beamten in Zukunft nach den Verhältnissen in den einzelnen Wirtschaft3- gebieten zu gewähren und schleunigst Anordnung zu treffen, daß im beseßten Gebiet die sogenannten Ueberteuerungs- zuschüsse ohne Rücksicht auf die Beseßungszulage neben dieser Virtschaftsbeihilfe gezahlt werden. Zustimmung findet ferner die vom Abg. Bäuermann befürwortete interfraktionelle Ent- shließung. : i

Abgelehnt wird dagegen die Entschließung der Unab- hängigen. E :

Ohne Aussprache in zweiter Lesung omgenommen wird der Gesehentwurf zur Abänderung des Pen- fionS8ergänzung8geseßes und des Wehre machtversorgung8geseßes.

Jn dritter Lesung ohne Aussprache erledigt wird der Gesezentwurf über die Kohlensteuer. Die Abstimmung foll morgen erfolgen.

Nunmehr vertagt sih das Haus auf Freitag, 1 Uhr (Anfragen, kleine Vorlagen, dritte Lesung der Steuergesete).

Schluß 11 Uhr.

Gesundheitswesen, Tierkrankheiten und Absperrungs- maßregeln.

Dem Reichsgesundheitsamt if der Ausbruch und das Erlöschen der Maul- und KlauenseuGe von den Schlachtviehhöfen in Nürnberg und Zwickau am 28. März 1922 gemeldet worden.

Statistik und Volkswirtschaft.

Ueber den Arbeitsmarkt in Deutschland im Monat Februar 1922 Ma das „Reichsarbeitsblait“ auf Grund der fstatistishen Er- ebungen:

Die erste Hälfte des Berichtsmonats stand unter dem Zeichen der Arbeitseinstellung der Arbeiter- und Beamtenschaft der Reißseisenbahn. Die Wirkungen machten fih in Form von Stockungen der Nob- und Brennstoffzufuhr sowie im Warenabsatze geltend und hatten vielfah Betriebseins{chränkungen zur Folge. Nach der raschen Beilegung und und nach Eintritt milderer Witterung besserte #ch die Gesamilaae, insbesondere au für die im Freien arbeitenden Berufe, so daß eine Verschlehterung der Arbeitsmarktlage im ganzen nicht mehr festgestellt werden kann und die Anzeichen in Richtung steigenden Beschäftigungs- grades weisen. S

Die Krankenkassenstatistik ergab für den Berichts- monat eine Steigerung der Gesamtzahl der Be- shäftigten bezw. Versiherungspflichtigen. Bei den 5958 Kassen, von denen Mekdungen vorlagen, stieg die Mitgliederzahl von 12101 730 am 1. Februar auf 12 304836 am 1. März 1922, also um 203 106 oder 1,7 vH.

Die Arbeitslosigkeit in den Arbeiterorgani- fationen hat nah dem Anschwellen in den Vormonaten wieder einen Nückgang aufzuweisen, zu dem in der Hauptsache das Wiederaufleben der Bautätigkeit den Anstoß gegeben hat. Von 6 159 261 am Stichtage duxch die Erhebung erfaßten organisierten Arbeitnehmern waren 168 575 oder 2,7 vH ohne Arbeit (im Vor- monat 3,3 vH). Unter den Männern waren 3,1 vH (im Vormonat 3,8 vH), unter den Frauen 1,7 vH (im Vormonat ebenfalls 1,7 vH) ohne Beschäftigung.

Die Statistik der unterstüßten Erwerbslosen zeigt ein Nachlassen der rashen Zunahme an, die in den Vormonaten in den Zahlen der unterstüßten Vollerwerbslosen ein getreten war. Am 1. März empfingen Unterstüßung im ganzen 209 293 Vollerwerbslose, darunter 178 717 Männer und 30 576 S das bedeutet gegenüber dem Stande vom 1. Februar cine

unahme um 4,9 vH (im Vormonat 20,9 vH).

Die Statistik der öffentlihen Arbeitsnachweise zeigt für den Februar bei einer im ganzen etwa auf der Höhe des Vormonats bleibenden Inanspruchnahme Anzeichen einer gewissen Besserung der Lage, vor allem auf dem Arbeitsmarkt für männliche Personen. Die ahl der Arbeitsgesuhe belief sich auf 867 583 (im Vormonat 879 313), die der Stellenangebote auf 599 755 (im Vormonat 587 102), die der Vermittlungen auf 410944 (im Vormonat 413 296); das bedeutet demna bei den Gesuchen eine ge- ringe Abnahme (— 1,28 vH), bei den offenen Stellen eine Zunahme + 2,16 vH), bei den Vermittlungen eine vershwindende Abnahme 0,87 vH). Auf fe 100 offene Stellen kamen 145 Arbeitsgesuche

im Vormonat 150) und 68,6 Sun (im Vormonat 70,4), Von fe 100 Arbeitsgesuchen fanden 47,9 (im Vormonat 47) Erledi- gung dur Vermittlung von Arbeit.

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‘werke Chorzow und

ArBbeitsfireitigkeiten. Gesiern mittag waren die Arbeiter der Elektrizitäts. Zaborze in den Ausfiand getreien, roeil der Arbeitgeberverband angeordnet hatte, daß die Zahlung der fälligen Gehälter niht wie bisher am 31., fondern erst am kommenden Sonnabend stattfinden soll. Nach kurzer Besprechung mit den Beleg- schaften wurde eine Einigung erzielt. Die Zahlung der Gehälter N die DERRaiten erfolgt bereits heute. Damit if der Strei? eendet.

Der Prager „Bohemia*“ zufolge. ist den Arbeitern ter hemischenIndustrie für das Ende dieses Monáts gekündigt worden. Eine Weiterführnng der Betriebe ist nur bei Herabseßung der Löhne um 30 vH in Ausficht gestellt worden.

Der Kohlenarbeiterstreik, der in den gesamten Ver- einigtenStaaten von-Amerika morgen beginnen soll, hät in den Bergwerken von Ohio und Illinois, wie „W. T. B.“ meldet, bereits scincn Anfang genommen.

Theater unnd Musik.

Im Opernhause wird morgen „Madame Butkerfly*, mit den Damen Marherr-Wagner, von Scheele-Müller und den Herren Talén, Ziegler, Lücke, Philipp, Stock, Düttbernd und Krasa beseßt gegeben. Musikalische Leitung: Kapellmeister Ehrenberg. Anfang § T.

_ Im Schau sptelhau fe geht morgen „Lumpazi-Vagabundus® mit Friß Hirsch, Otto Laubinger und Max Pohl, erstmalig ols Schuster Knieriem, in Szene. Anfang 75 Uhr.

Ein Orchesterkonzert moderner Frauenkompyo- nisten mit Weren von Johanna Müller-Herrmann, Gisella Selden-Goth, Julie Weißmann-Kerr, Elisabeth Kirhner, Mary Wurm findet am 29. April im Großeu Schhanspielhaus unter Leitung von Kla»s Pringsheim statt. Die interesfierten Organifationen erhalten vor Beginn des öffentlichen Verkaufs auf Subskription bis zum d. April Karten zu wesentlih ermäßigten Preisen in der Geschäftsstelle des Stadtverbandes der Groß Berliner ¿Frauenvereine, W. 30, Luitpoldstraße 27, und der Geschättsstelle dex Musikgruppe E. V, Pallaëstraße 13.

Mannigfaltiges.

In ver gestrigen Stadtverordnetecnsißung wurde die Erhöhung des Elektrizitätspreises auf 6.4 sowie die Er- böhung der drei Gewerbesteuerklassen um 300, 200 bezw. 100 .# beschlossen. Die Erhöhung des Gaspreises und des Straßenbahntarifs wurde dagegen abgelehnt. Gegen diese Erhöhungen stimmten die Sozialdemokraten, Kommunisten, Wirt- schaftéparteiler und Deutschnationalen. In der den Abstimmungen vorausgehenden Debatte richtete der Stadtverordnete Dr. Wey! heftige Angriffe gegen den Magistrat, bei deren Abwehr es zu Lärm- szenen kam, so daß der Vorsteher die Sitzung unterbrehen mußte.

, Maßnahmen zur Hebung des Kohlenbergbaues, Die für die nächsten Tage angeseßte Vollversammlung des Sah- verständigenaus\chusses für Kohlenbergbau des Neichskohlenrates ver- spriht manches, für unseren Bergbau wichtiges, zu bringen, Fragen der Sicherheit (z. B. Schachtstörungémesser, Kohlentäureausbrüche, Sclagwetteranzeiger) fowie Maßnahmen zur Verbesserung der Kohlen- und Koksgualität. Ferner wird aus berufenstem Munde ein Vortrag über Wege und Ziele der Shulung bergbaulicher Be- triebsbeamter mit anshließender Aué}prache stattfinden.

Essen, 30. März. (W. T. B.) UVeber die Verbaftung von Beamten der Schugpolizei in berhausfen wird mitgeteilt: Oberhausen gehört an sich nit zum beseßten Gebiet. Sein westliher Stadtteil fällt aber in die sogenannte Bewegungt- zone, die durch belgishe Sicherheitspatrouillen begangen wird und für die die gleichen Bestimmungen wie für das besetzte Gebiet gelten. Die Schutzpolizei versieht ihren Dienst in diesen Teilen der Stadt nur mit den von der Entente vorgeshriebenen Armbinden und Ausweifen. Am 28. März erschien gegen 6 Uhr Nachmittags vor der mit vier Schupobeamten besetzten Polizeiwache in Alstaden eine 80 bis 100 Mann starke Abteilung FelgSer Soldaten, von der ein Offizier und zehn Mann die Wachslube betraten und den Beamten mit vorgehaltener Pistole unter der Aufforderung „Hände hoh!“ erflärten, fie hätten Befehl, sie zu verhaften und mitzunehmen, da sie weder Ausweife noch Armbinden hätten. Als die Beamten na- wiesen, daß dies doch der Fall fei, hien der Offizier zuniedengestellt und verließ die Wache. Am 29. März wurde der Wadchlastkraft- wagen, der jeden Mittag die Ablösung fämtliher Oberhausener Polizeibeamten besorgt, bei feiner Nundfahrt durch die Be- wegungszone von einer belgishen Kompagnie angehalten. Die auf dem Wagen und. auf der Wache in Alstaden angetroffenen Beamten, insgesamt 29, wurden verbaitet und fie fowie der Kraft- wagen und die auf der Wache befindlichen Ausrüstungéftücke, wie Wachtbücher, Handgranaten usw., mit nah Duisburg genommen. Der den Belgiern auf die Nachricht von der Verhaftung fofo1t nahgesandte Hundertschafts|ührer versuchte vergeblih die Freilassung seiner Leute zu erlangen. Der die belgishe Kompagnie befehligende Oberleutnant er- klärte, er habe von dem Kommandierenden General des Brückenkopfes Duisburg den strengen Befehl, die im beseßten Staditeil angetroffenen Schutzpolizeibeamten abzufangen und nah Duisburg zu führen, gleich- viel, ob fie Armbinden hätten oder nicht. Der Polizeipräfident in Cfsen hat ih fofort mit dem belgischen Genera! in Duisburg wegen Freilassung der Beamten in Verbindung gesezt und angeordnet, daf: die Oberhausener Schußpolizei ihren Dienst im beseßten Stadtteil einstelle. Inzwischen sind von den verhafteten Beamten dret, die zur Wache Alstaden gehören und eine Armbind» batten, freigelassen worden. Die übrigen hatten keine Armbinden, da fie zum Dienst auf den anderen Wachen bestimmt waren und daher das befezte Gebiet nur vorübergehend bei der Durchfahrt des Wagens berührten, eint Verfahren, das seit Monaten geübt und bisher von den Belgiern nicht beanstandet worden ist.

Madrid, 29. März. (W. T. B.) Der Südexpreßzug Lissabon—Paris stieß bei Salamanca mit einem Per- fonenzug zusammen Drei Personen wurden getötet, zehn verwundet,

Belgrad, 30. März. (W. T. B.) Die hiesige Erdbeben- warte verzeichnete von gestern früh 7 Uhr bis 7 Uhr 53 Min. E r d- beben fst öße, darunter zwei starke.

Lissabon, 30. März. (W. T. B.) Ein Passagier- flugzeug ist heute nach Rio de Janeiro abgeflogen. Es hat heute nachmittag in Las Palmas eine Zwischenlandung vor- genonimen. /

Gen f, 30. März. (W. T. B.) In der Vollversammluns des Generalrats der Liga der Roten Kreuz-Ver- etnigungen waren etwa hundert Delegierte als Vertreter von mehr als dreißig Lndern, ferner Delegierte des Völkerbunds, des Internationalen Arbeitsamts und andere mehr anwesend. Senator Depage vom belgishen Roten Kreuz wurde zum Präsidenten des Generalrats, de Resselhuys vom niederländishen Roten Kreuz zum Vizepräsidenten gewählt. . Die Konferenz nahm

Berichte entgegen über die zus it des Sekretariats und des inter-

nationalen Roten Kreuz-Komitees und genehmigte das Arbeits- programm. Um Mißverständnissen Dora, teilt die Schweizerische

E mit, daß es sih bei der Noten Kreuz-Organitation, :

aris verlegt, um die während des Kri

die ihren Siy nah nternationale des sociétós

entstandene Ligue CroixNouge handelt.

ef

e Das Comité International de la Croix Rouge behält hingegen seinen Siß weitec in Genf.

Sweite Beilage

zum Deutschen Reichsanzeiger und Preußischen Staat3anzeiger

Ir. 77.

Verlin, Freitag, den 31. März

1922

Nichtamtliches.

(Fortseßung aus der Ersten Beilage.)

Preußischer Landtag. 123. Sißung vom 30. März 1922, Mittags 12 Uhr. (Bericht des Nachrihtenbüros des Vereins deutscher Zeitungöverleger*).)

; Die Geseyentwürfe über Aenderung des Volkss\chullehrer- und des ce ret diensteinkommengeseges werden mit : ragen wegen Aufbesserung des Diensteinkommens der evangelischen und der katholischen Geistlichen an den Aus- schuß für Beamtenfragen überwiesen.

Das Haus seßt die zweite Beratung des Haushalts der landwirtschaftlihen Verwaltung und ¿war zunächst die allgemeine Besprechung fort.

S Wes ermann (Dem.) tritt den Angriffen des kommus- E D Eon auf die Landwirtschaft und die Miß iff cines N R Man kann für etnen einzelnen

1 ! die Gesamtheit ebensowenig verant- woe ih machen, wie man für ein Vergehen eines Kommunisten ohne weiteres die kommunistishe Partei verantwortlih machen darf. Es gibt unter den Landwirten viel mehr anständige Leute als Arbeitershinder. Die Landwirtschaft ist sih ihrer Pflicht für die Volksernöhrung zu sorgen, voll bewußt. Die bei der jeßigen Umlage gezahlten Preise waren wirklich nicht zeitgemäß. Bir wollen kein AuSsnahmegeseß gegen die Landwirtschaft, wic wollen nicht, daß man jle in eine Zwangsjadcke stedt. Aber wir gehen noh nicht so weit, wie die brandenburgishen Reichslandbündler, die mit dem Lieferstreik und mit dem Bohykotit drohen. Wir sind überhaupt niht Freunde des Streiks. (Zurufe bei den Komm.) wer vom Staate das Existenzminimum garantiert verlangt, muß auch die Verpflichtung einer gewissen Arbeitsleistung übernehmen. Wir wünschen, daß auch der mittlere und kleine Landwirt in dem Bestreben nach Aus- und Durhbildung für seinen Beruf mit aller Kraft gefördert wird. Darum sind die Wintershulen und Uberhaupt die Bildungsanstalten für die Landwirte auszubauen u.nd auszudehnen. Fn Hannover, jo um Hildesheim herum, wirit- {Haftet der kleine und Mittelbesiß reihlih so viel heraus wie der Großgrundbesiz. Jn der Siedlungsfrage und in der Frage der Urbarmachung von Oedländereien erhoffen und erwarten wir von A Minister ein besonders energishes Vorgehen. Dann wird schließlih der deutsche Boden auc den deutshen Bedarf an Lebens- mitteln ganz oder bis auf einen geringen Bruchteil selbst erzeugen. FUr die Verbesserung der Wohnungsverhältnisse der Landarbeiter muß, zumal auf den Domänen, getan werden, was im Rahmen des Vudgets nur immer mögli ijt. Unmöagliche Forderungen, wie ie die Kommunisten leihthin erheben, lchnen wir ab. Der rbeiter auf dem Lande muß eine menshenwürdige Wohnung haben. Den Ausshußanträgen stimmen wir zu, aber den- jenigen, der die Ueberweisung von Staatsmitteln zur Prämien- gewaährung ae G Landwirte verlangt, die direkt oder über cine landwirtschaftlihe Genossenschaft an die Verbrauchergenossenschaften liefern, können wir niht annehmen. Wir lehnen au den kommu- nistishen Antrag auf Beseitigung der Wettrennen ab, um nicht die Quelle zu verstopfen, aus der die Förderung der Pferdezucht gespeist wird. Desgleichen sind wir gegen die Anträge, die die „Technische Nothilfe“ ausshalten wollen. Wann wollen Sie (zu: den Komnu- nisten) sie denn einseßen, wenn niht bei Streiks? (Zurufe bei den Kommunisten: Ueberhaupt nicht!) Wir Landwirte wollen ernsthaft arbeiten, niht nur für unsere Existenz, sondern auch am Wiederaufbau des gesamten Vaterlandes! (Beifall bei den Demo- Traten.)

__ Abg. Jürgensen (U. Soz.): Für die agrarischen Kreise ist die Frage derx Steigerung der Produktion eine Preissteigerungs- 1xage. Ueber die Kartoffelfrage ist hier und im Reichstag viel ge- redet worden und die Bevölkerung hat doch keine Kartoffeln er- halten. Nicht der Handel, sondern die agrarishen Produzenten sind in erster Linie dafür verantwortlich zu machen. Redner kommt auf die von den Landwirten geforderte Aufhebung des Umlage- verfahrens zu sprechen und bezeichnet es als cine Unvershämtheit und Demagogie, wenn die Rechtsparteien in den Gemeinden Be- reitstellung 8ffentliher Mittel zur Brotverbilligung forderten, nahh- dem sih die Agrarier die Taschen gefüllt hätten. Die Haltung der beiden Zentrumsredner sei eine Zwitterstellung gewesen, um die Wähler zu täushen. Fnteressant sei auch, daß die Demokraten die Lebensmittel als Handelsobjekt betrachtet wissen wollen. Redner spricht sodann über die Tätigkeit des Landbundes und behauptet, daß durch wirtshaftlihe Knebelung dessen Organisationen partei- rolitishe Ziele verfolgten, leßten Endes die Abschaffung der jebigen Staatsform. Ausländishe Landarbeiter würden nur als Aus- beutungsobjekte betrahtet. Erst müßten die deutshen Arbeiter be- {häftigt werden, unter Gewährung der Rechte, auf die ste als Menschen Anspruch hätten. Auf Grund der Demobilnmahungsver- ordnung würden die Landarbeiter jeder Willkür ausgeliefert. Die Uebershüsse und Riesengewinne der Landwirte werden in Pracht- shlössern und Maschinen angelegt, wobei man leßtere noch gar nicht braucht. Redner {ließt mit cinem Appell an die Landarbetiter zum Kampf um ihre Menschenrehte. ; :

Abg. Hartwig (Soz) hält das Hilfswerk der Landwirtschaft nur füx cin Mittel zur Aufhebung der Zwangswirtschaft und für einen Weg zur Steuerfreiheit. Diese Behauptung belegt Redner mit Aeußerungen von Führern der Landbundbewegung. Selbst v. Wangenheim habe zugegeben, daß in der Landwirtshast Wucher getrieben werde. Zwischen dem Landbund und der Deutschnatio- nalen Partei gäbe es keinen Unterschied. Die Sekretäre des Pom- mershen Landbundes seien nihts anderes als die abgerichteten Klappermühlen der Deutshnationalen. Die Methode des Land- bundes sei die des Zuckerbrotes und der Peitshe. Die Herren Landbündler und Deutschnationalen sollten es nur so weiter machen. Die Geschichte der Gewerkshaftsbewegung_ zeige, daß eine solche Methode die Arbeitershaft in Massen zur Organisierung führe. Die tfommunistishe Methode auf Zerseßung der Landarbeiterschaft sei zu verwerfen. Die vom Landbund und den Deutschnationalen propa- gierten Maßnahmen des Boykotts und des Lieferstreiks werde si die Arbeiterschaft nit gefallen lassen. Sollten sie mit Gewalt ver- sucht werden, dann käme, was im Interesse des Volksganzen nicht gu wünschen sei, der Generalstreik. (Beifall bei den Sozial- vemokraten. ; D A

Abg. S a w - fllensiein (Zentr.): Wir halten das ¡eßige Únlageverfahren für ungerecht. Fm Ausschuß ist ein positiven Beschluß in diesem Punkte nicht zustande gekommen. Die Volks- etnährung muß unter allen Umständen sichergestellt werden. Die bittere Not des Volkes wird durch die Teuerungswelle aufs höchste gesteigert. Da kann man E Vetaibal Volkes nur waruend zurufen: Friede ernährt, Unfriede verzehrt. 2 : Aba, ‘Me ye r - Bielefeld (D. Nat.): Der Landwirtschafts- minister hat gestern den Reichslandbund sharf angegriffen. Die

, i - K San Neden ®) Mit Ausnahme der durch Sperrdruck hervorgehobenen Ne der Herren Minister, die im ‘Wortlaute wiedergegeben sind,

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Mittelshul- |

Fraktion bedauert tief, daß in dieser krisenhaften Zeit der Minister des größten Bundesstaates unter Adopiierung sozialdemokratischer | Sólagworte gegen eine so bedeutende Organisation Stellung genommen hat. die nur pflihtgemäß die Regierung über die Er- regung der landivirtschaftlichen Kreise gegen die jeßige Wirtschafts- politik unterrihtet hat Die ganze Agitation der Linken geht nur darauf aus, der Landwirtschaft das große Hilfswerk zu verekeln. Londwirte niben nicht nur unter den Deutschnationalen, sondern au in allen anderen Parteien. Redner polemisiert als Vertreter des Zentralverbandes der Landarbeiter gegen die Kommunisten und Demokraten und tritt für praktishe Arbeit und für Verständigung zwischen Stadt und Land ein.

Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten Dr. Wen - dorff: Der Herr Vorredner hat am Anfange seiner Ausführungen die Behauptung aufgestellt, daß ih gestern \charfe Angriffe gegen die Landwirtschaft und unberehtigte Vorwürfe gegen die Vertreter des Landbundes erboben habe, und zwar hat er diefe Erklärung, wie mir

j eben zugerufen wird, sogar namens und im Auftrage der deuts{-

nationalen Fraktion dieses hohen Hauses abgegeben. Ich muß diese Behauptung als den Tatsachen nicht entspreGend zurückweisen. Zu meinem Bedauern ist es mir im Augenblick nicht mögli, den Wort- laut der Rede vorzulesen, da dieselbe sih im Druck befindet. IchG stelle aber fes, daß, wenn mich mein Gedäßtnis nit trügt, ich ausdrüdlißg das bemerkens- und danfkfenswerte Bestreben der Landwirtschaft anerkannt habe, dur die Be- tätigung des Hilfswerks an ihrem . Teil in großzügiger Weise beitragen zu wollen, die Produktion auf landwirtschaftlihem Gebiet zu heben, und habe weiterhin und das möchte ih gerade der deutsdhnationalen Fraktion dieses hohen Hauses sagen ausdrücklich anerkannt, daß die Behandlung und die Ausführungen der Herren von der deutschnationalen Partei zu der Frage des Umlageverfahrens sih in durchaus sachlihen und ruhigen Bahnen bewegt haben. Ich habe daran den Wuns geknüpft, daß fie mit gleiGßen Mitteln auch auf ihre Berufsgenossen und Organisationen im Lande einwirken möchten.

Im Ansch{luß daran habe ih die Depesche des Reilsland- bundes, welhe im Wortlaut mir leider im Augenblick nicht vorliegt, verlesen und es zurückgewiesen, wenn in der Depesche ausgeführt ist, daß die Landwirtschaft der Reichs- landbund spricht häufig im Namen der gesamten Landwirt- schaft mit allen Miiteln sich gegen die Einführung oder Aufrechterhaltung des Umlageverfahrens einseßzen werde, und habe daraus die meines Erachtens durhaus . naheliegende und logisGe Folgerung gezogen, daß zu allen Mitteln leßten Endes auch das Mittel des Streiks gehört. (Rufe rets: Unerhört !) Dann müssen Sie niht solhe Depeschen loslassen. (Erneute stürmische Zurufe rets.) Jch stelle gern fest, daß es Ihnen unangenehm ist, daß die Herren eine folche Depesche abgesandt haben. (Wiederholte Zurufe Dr. Roesicke. und Herr Dr. Hepp \o* wenig sich der Bedeutung ihrer Worte bewußt zu sein seinen, wie fie es jeßt darzustellen belieben. Ich glaube, daß fie den Vorsißenden deé Neichslandbundes damit cinen

annehme, daß die Landwirtschaft hinter einer folchen Drohung steht, sondern daß ih überzeugt bin, daß die preußish-deutse Landwirt- schaft bereit ist, ihre nationale Pflihßt in vollem Maße zu erfüllen, und daß sie, wenn Geseße erlassen werden, die ihr Opfer auferlegen, wie ih das gestern {hon anerkannt habe, trokdem bereit sein wird, alles daran zu seßen, die Ernährung des Volkes von sich aus sicher- zustellen (Bravo! bei den Dem. und links. Srregte Nufe zwi)chen rechts und links.)

Abg: SaUimit t - Molsberg (Zentr.) erklärt, daß das Zentrum stets bereit Ge sei, die Städte mit Nahrungsmitteln zu ver- sorgen und für einen Ausgleih zwischen Stadt und Land einzu=- treten. Das beste Mittel zur Steigerung der landwirtshaftlichen Produktion sei die freie Wirtschaft. Der Achtstundentag dürfe niht shematish in der Landwirtschaft angewendet werden. Die Land- wirtschaft werde stets bereit sein, für Fövderung der Produktion zu wirken. : :

Abg. Be ise (D. Vp.): Jeder wird wünschen, daß die Land- arbeiter gut wohnen und gut entlohnt werden. Wenn in dresem Zusammenhange Graf Stolberg angegriffen wird, so verdienen diese Angriffe entschiedenste Zurückweisung. Wir haben keineswegs die unbedingte Verhinderung einer Erneuerung des Umlage- verfahrens gefordert. Wir verlangen nux, daß die UngereGtig- keiten des jeßigen Umlagevefahrens, die gerade den mittleren und kleineren Besißer bedrücken, abgestellt werden. Die Aus\chuß- antráge wegen Ausbaues der landwirtschaftlihen Hochschule und der Prüfungsanstalten für landwirtschastlihe Maschinen sowie für die Errihtung von landwirtschaftlichen Maschinenschulen und wegen Anpassung der Grundsäße für die Staatszuschüsse an Land- tvictschafts]hulen, die die Städte unterhalten, an die Teueruugs- verhältnisse, legen wir dem Hause ganz besonders ans Herz. Da- gegen können wir dem Ausshußantvage, ber den Handel im Ver- kehr zwishen den landwirtshaftliden und Verbrauchergenossen- schaften aushalten will, niht zustimmen. Unsere Anträge auf möglichst umgehende Lösung dex Frage des Befähigungsna vcises für landwirtschaftliche Gutsbeamte und auf Leistung erhöhter Bau- kostenzushüsse für Werkswohnungen auf Besißzgrößen unter 100 ha empfehlen wir dringend. Ï

Damit {ließt die allgemeine Besprehung.

Es folgt die Besprehung über die Wasserbau- verwaltung und das Landeswasseram!t.

Abg. Kohl (Soz.) verbreitet sich über die unhaltbar gewordenen Verhältuisse auf den Nordseeinseln. Man hat für den in Ausficht genommenen festen Damm von der nsel Sylt zum Festlande eine viel zu geringe Summe veranschlagt. Ungeheure Schäden find auch an der JFnsel Borkum angerichtet worden ebenso bedürfen Föhr und Amrum -einer besseren neuen Ver- bindung mit dem Festlande, seidem das eigentliche Zugangsgebiet in dänischen Besiß übergegangen ist. Man sollte einé Kommission nah den Nordseeinseln |chicken, die die nötigen Feststellungen trifft. Für die Vauten selbst stehen im Dithmarschen allein Tausende von Arbeitslosen zur Verfügung. Zu befürchten ist leider, daß die Wucherpolitik der Syndikate die Bauten ungemein verteuern wird. Der Umbau der Wilster-Schleuse ist dringend notwendig. Der Ausbau des Kanals von Hamm bis Lippstadt îst bei der Reichs- regierung zu befürworten und die s{leunize Vollendung der

rechts.) Ich bedauere, daß so hervorragende Parlamentarier wie Herr

Bärendienst erwiesen haben, denn ih glaube, die Herren wissen ganz |

Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten Dr. Wen - dorff: Nachdem der Wortlaut meiner gestrigen Ausführungen aus der Druckerei zurückgekommen ist, möchte ih nit unterlassen, ihn noch einmal zu verlesen, um den Beweis zu unterstüßen, den ich be- reits vorher angetreten habe, daß nämli die Angriffe, die die deuts%- nationale Fraktion und der Herr Abg Meyer (Bielefeld) gegen mi gerihtet haben, durhaus der Grundlage entbehren. Ih habe also folgendes gesagt :

Die Frage der Beibehaltung des Umlageverfahrens foll aber auch andererseits von der Landwirtschaft nicht in ihren Folgerungen übershäßt und übertrieben werden. Ich erkenne olme weiteres die erheblichen Bedenken und Nachteile an, die ich eben berührt babe, aber ich glaube, es ist doch nicht angängig, in der Weife, wie es leider von einzelnen Seiten, auch führenden Persönlichkeiten ge- schehen ist, gegen die Umlage anzurennen, wie es tatfählich der Fall ist.

Es is dann eingegangen auf Herrn von Naßmer, der hier unit interesfiert, und es heißt weiter: Ich bedaure aber, wenn der Vorstand des Reichslandbundes mit der Unterschrift des volfsparteilihen NReichstagsabgeordneten Heprv und des deutsnationalen Reichstagsabgeordneten Dr. Roesicke unte: dem 25. März an mi folgende Depesche richtet:

Troßdem der Landwirtschaft für das kommende Erntejahr die

völlige Aufhebung der Zwangswirt schaft in Aussicht gestellt war,

haben fich in der legten Ernährungsfonferenz die Vertreter der

Länder für Getreide- und Kartoffelbewirtshaftung au8gefprodhen.

Die Landwirtschaft fühlt sich hierdurch aufs s{werste getäufdt

und ist aufs höchste erregt. Sie ist einmütig willens, fich tér

erneuten Einführung der Zwangswirtschaft ges{lossen und mit

allen Mitteln entgegenzustellen. Was heißt mit allen Mitteln? Leuten Endes do nihis anderes als auch mit den Mitteln des Streiks; denn das ist das leßte gewertschaftlihe Mittel, das angewandt werden kann. Das fagen dieselben Herren, - die mit Recht den Cisenbahnerstreik verurteilt haben, den ich mit ihnen cbenso lebhaft verurteile. Ich möchte doch die dringende Warnung an die Vertreter der Landwirtick=z?t richten, nicht in folWer Weise mit dem Feuer zu spielen: denn darüber bestcht bei mir jedenfalls fein Zweifel, daß die Ani- wort auf einen Lieferstreik oder cinen organisierten Boykott, wie mau ihn nennen will, kaum etwas anderes fein fann als der Generalftreil, und was der Generalstreik bedeutet, das brauche ih diesem boben Hause nicht darzulegen. Das beißt nit nur wirtschaftliher Still stand, völliger Zusammenbruch, das heißt das Ende unsereë Vatepo landes in der \{chwersten Stunde der Gefakr.

| (Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.)

Ich bin überzeugt, daß, wie au hier im Hause die Vertreter dez Landwirtschait durchaus sachlich und rubig die Frage des Umlage: verfahrens behandelt baben, die Landwirtschaft traußen bereit sein tvird, wenn es scin muß und ein derartiges Geseß von der Mehbx- beit der deutidhen Volksvertretung verabschiedet sein wird, auch ihrerseits daran zu gehen, dieses Geseß zu erfüllen und fich der

genau, was sie depeschiert haben, und ih als Vertreter der Landwirtschaft des größten deutschen Landes halte mi für verpflichtet, hier an dieser | Stelle zu erklären, wie ih es auch gestern getan habe, daß ich nit |

Streckten Dorsten—Friedrihsfeld dringend zu wünschen,

wird später erfolgen,

schweren Verpflichtung bewußt zu sein, die der Landwirtschaft das ApeA Sf hs .- - e Dr &, t C .- dur auferlegt ist, daß ihr der Grund und Boden anvertraut if das wertvollste Gut, das wir heute noch im Vaterlande haben,

| (Zustimmung links)

M

der Verpflichtung, nun alles zu tun, was in ihren Kräften ftebt für die Ernährung des Volkes zu forge1 E (Erneute Zustimmung bei den Demokraten und links.) Ich darf also hoffen, daß die Herren K ollegen und dîe laudtvirt- shaftlichen Berufsgenossen aus diesem Hause ibren Einfluß auf die landwirtshaftlißen Organisationen und Berufsgenossen draußen im Lande fo betätigen werden, wie es bier geftern geschehen ist. Ich bin überzeugt, daß angesichts tes Ernstes. der Lage die Land- wirtschaft, wenn es gefordert wird, dann auc bereit fein wird Opfer zu bringen denn darum handelt es ola A bei entsprehender Bemessung des teten S Ich glaube, damit auch wortgemäß den Nachweis getührt zu Haben daß die Angriffe, dic vorber gegen mi gerihtet find, jeder Grund- lage entbehren. (Zuruf bei den Komm.) Das überlasse id Jbnen. i: Wenn ih noch mit einigen Worten auf die Ausführungen des Herrn Vorredners eingehen darf, so möchte ih zunächst die Anfrace beantworten, die er am Eingang seiner Ausführungen gestellt bak Das Staatsministerium hat biëher leider noch nicht Zeit gefuriden, sih mit der Frage der Abmessung der Zuständigkeiten hinsi{htlich6 der Wasserwirtschaft zu beschäftigen. Das wird morgen nachmittag gesehen. Das bobe Haus wird von dem ; Ergebnis der Berakungen und den Beschluß des Staats» ministeriums in Kenninis geseßt. 48 kann alsdann die in Aust genommene Sitzung des Hauptaus\hu}es stattfinden, in der über die bisher zurückgestellten Anträge in dieter Frage abgestimmt werden kann Deshalb möthte ih jetzt nicht saGlih zu der Frage Stellung neben. Was die weiteren Aeußerungen teines Herrn Vorredners an- geht, fo sind allerdings Mittel zur Beseitigung der leßten leidér recht erheblihen SturmflutschGäden dieses Winters in den Haushaltsplan noch nicht eingestellt worden ; das konnte au niht geschehen, da dieser Haushaltsplan bereits im Sommer des bere gangenen Jahres aufgestellt werden mußte. Die erforderlichen Mittel werden aber auf dem Wege des außerordentlichen Plans angefordert werden, damit die Arbeiten, deren Durhfübrung dringend notwendig ist, auch tatsäclich ausgeführt werden können.

Was den Bau des Dammes nach Sylt anlan - den Bau at, so wird er durch die Reichseisenbahnverwaltung ausgeführt. Jn den laufenden Reichshaushalt find dafür 15 Millionen Mark eingestellt, die Ange- legenheit wird also weiter gefördert. |

Hinsichtlich der Shäden bei Borkum ist u L gestellt, ob und inwieweit das Nei allein e ann: S Preußen die Kosten zu tragen haben wird. Aber die notwenÜgen Arbeiten werden jeßt gemeinsam für Rechnung des Reichs und tes preußischen Landes ausgeführt werden und die Verrechnung darüber

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