Weizen
an der Londoner Produktenbörse = 504 Pfd. eng
Großhandels - Durchschnittspreise von Getreide an außerdeutshen Börsén-Pläten für die Woche vom 30, April bis 5. Mai 1909 nebst entsprehenden Angaben für die Vorwoche. Zusammengestellt im Kaiserlichen Statiftish2n Amt. 10060 kg in Mark. (Preise für prompte [Loco-] Waare, sowzit nicht etwas Anderz3 be:nzrkt.)
Woche Dagegen Vor- Wien. woche
/ a Ls 16| 130,79 ogen ester Boden 156.10
er, ungari her, prima ¿ ; 98,72 erfte, slovakishe .. .-- 139,23 Budape ft.
Roggen, Mittelqualität „««.+ 97| 112,31 Wei E A 2,37| 13121
Hafer, 5 A 90,71 St. Petersburg. Mi oe aaa o S 99,50 Weben, Saxonka „eo é 121,81 o T - 84,50 Odessa. Roggen, 71 bis 72 kg per bl . ¿ ,70| 100,08 Weizen, Ulka, 75 bis 76 Kg per 11, 50| 118 29
Riga. | Roggen, 71 bis 72 kg per 11 „„. p ,58| 101,40 Weizen, 75 bis 76 kg per hl | 118,52
Paris. Roggen | lieferbare Waare des laufenden Monats { 1863/65
Antwerpen. Donau, mittel ... E 133,12 Odessa, polnischer . . A 139,22 Red Winter Nr. 2 . E 134,34 Californier, mittel , ¿ ; 136,37 aas s 26 23| 127,43
Walla Walla . 133,12 La Plata, mittel 131,66
Af Amsterdam. n ow- Á id 2e a: S t A U R - 1 Roggen | b air ta E : 133,88 e . S. d @ d: 1 Weizen | ameri A E 3/52) 123,36
London. A. Due enoorse (Mark Lane). its 2 engl. we D. O O M. M « 125,91 26, eitee4 R 22 A 122,92| 123,67
b. Gazette averages.
Weizen ; : 122,01| 122,40 _ englishes Getreide, Lan '
E | Mittelpreis aus 196 Marktorten 142 14217
Liverpool.
Walla Walla ._. 135,12| 135,59
Sa “lut á N Ie
orthern Duluth . ¿ ¿ 139 60| 142,18
Weizen Hard E 1313| 131,82
Manitoba Nr. 1 141,01| 140,77
Lz Plata ‘As „f 1283| 128,53
ea O 4 E . | 130,77] 129,72
Hafer \ “ gelber 121/35| 119,26 Gerste ( Californier Brau- , „ L 133,67| 133,98 Canadische G 106,33 105,92
Chicago.
; ; j per Mai 101,10} 109,93 Weizen, Lieferungs Waare \ per Juli E .| 103,80 103,47
New York. Red Winter Nr. 2 122,74| 120,99 Weizen E i 112,82| 112,33 Lieferungs-Waare z per Juli 113,07| 112,69 per September f 11425]: 113,64
Bemerkungen.
1 Tschetwert Weizen is = 163,80, Roggen = 147,42, Hafer = 98,28 kg angenommen; 1 Imperial Quarter ift Wo die Weizennotiz
] . gerechnet; für die Gazette averages, d. h. die aus den Umsäßen an 196 Marktorïien des Königreichs ermittelten Durchschnittspreise für einheimishes Ge- treide, ist 1 Imperial Quarter Weizen = 480, Hafer = 312, Gerste = 400 Pfd. engl. angeseßt. 1 Bushel Weizen = 60 Pfd. engu. ; 1 Pfd. engl. = 453,6 g; 1 Last Roggen = 2100, Weizen = 2400 kg. Bei der Umrehnung der Preise in Rei 8währung sind die aus
den einzelnen Tages-Nottierungen im „Deutschen Reichs- und Staats-
Anzeiger“ ermittelten wöchentlihen Durchschnitts -Wechselkurse an der Berliner Börse zu Grunde gelegt, und zwar für Wien und Budapest die Kurse auf Wien, für London und Liverpool die Kurse auf London, für Chicago und New York die Kurse auf New York, für St. Peters- burg, Odessa und Riga die Kurse auf St. Petersburg, für Paris, Antwerpen und Amsterdam die Kurse auf diese Pläge.
Deutscher Reichstag. 188. Sißung vom 8. Mai 1900, 1 Uhr. Ueber den Anfang der Sißung wurde in der gestrigen
Nummer d. Bl. berichtet.
Darauf wird die folgende Jnterpellation der Abgg. Graf von Schwerin-Löwiß (d. kons.) und Genossen
verlesen :
„Ist der Herr Reitskanzler in der Lage, Auékunft darüber zu ertheilen, weshalb der Bundesrath zu den wiederholten Beschlüssen des Reichstages , betreffend die Aufhebung der gemischten Privat- Transitlager und Mühlenkonten, sowie besonders zu der leßten unter dem 10. März 1897 mit großer Mehrheit vom Neichs- tage angenommenen Resolution, betreffend die Einschränkung der bei der Einfuhr von Getreide zinsfrei gewährten Zollkredite — weder in zustimmendem noch auh in ablehnendem Sinne Stellung ge- nommen hat 2" é __ Nachdem der Staatssekretär des Reichs - Schaßamts Dr. Freiherr von Thielmann sich zur sofortigen Beantwortung bereit erklärt hat, führt der Akg. “Graf von Schwerin-Löwiß zur Begründung Fol- gendes aus: Der Reichét2g hat wiederholt mit großer Mehrheit Be- \hlüsse gefaßt, wodurch der Bundesrath um die Aufhebung der gemishten Privat-Transitlager und Müblenkonten ersuchit wurde. Seit 4 oder 9 Jahren wartet diese Mehrheit darauf, daß tec Bundes- rath überhaupt ¡u diesen Beschlüssen Stellung nimmt. Bei der [egten Verhandlung über den Gegenstand bei ter dritten Lesung des Etats für ‘1900 hat der Staatssekretär des Reihs-Schaßamts darauf hingewiefen, daß auch innerhalb der Vertreter der Landwirthschaft die Auffassung über dieje Frage gewechselt habe, sodaz man sih über die Haltung der verbündeten Regierungen nicht wundecn dürf-. Diese
Aeußerung ift durhaus haltlos. Es kommt niht auf die Bemer- kungen einzelner Redner, es kommt lediglich auf die wiederholten, ftets dieselbe QE an den Bundesrath rihtenden Beschlüsse des Hauses an. edner giebt dann eine Rethe von Zahlen, welche dar- thun follen, wie die gemischten Privab-Sransitlager bis in die neueste Zeit zu spekulativen Operationen in großem Maßstabe zum Nalh- theil der heimishen Landwirthschaft gemißbrauht worden seien; es sei dadur an zahlreihen Orten ein ganz ungemeiner Preisdruck auf das Getreide ausgeübt worden. Diese mißbräuchliche Benutzung der gemischten Hab Tenge habe sogar in den legten Jahren gegen die Vorjahre, obwohl ja eine nzahl derselben aufgehoben worden sei, noch zugenommen. (Redner wird im weiteren Vers laufe seiner Ausführungen nur noh sehr lüdckenhaft ver- ständlih, da auch die Unruhe im use wächst.) Lediglich auf Grund dieser Eincihtung der gemischten Privat-Transitlager habe Deutschland eine dauernde massenhafte Einfuhr über- flüssizen Getreides; daher könne die Ps auch nicht gesunden; die Gewährung zinsfceier Zollkredite gebe den Lagerinhabern im Konkurrenzkampf ein ebenso unverhältnißmäßiges wie unberehtigtes Uebergewiht. Jedenfalls habe die Verwaltung die Pflicht, für ihr dilatorishes Verhalten genügende Gründe anzugeben ; onst werde das Mißtrauen der landwirthschaftlihen Kreise gegen den Staatssekretär, welches durch nihts mehr als dur dieses Verhalten in den leßten Jahren genährt worden sei, sh noh weiter steigern.
Staatssekretär des Reihs-Schazamts Dr. Freiherr von Thielmann:
Meine Herren ! Der Herr Abg. Graf von SŸwerin hat®an einer Stelle seiner Rede gesagt, er hätte \sih eigentlich von einer materiellen Begründung der Szche fernhalten wollen, weil die Wünsche, die hauptsählih auf der rehten Seite des Huuses getheilt w:rden, {on oft hier zur Sprach? gebracht und eingehend begründet worden seten. Er hat nichtsdestoweniger eine große Menge von Material gebracht, und um dieses Material niht ungeprüft durchgehen zu laffen, werde ih, ehe ih auf die eigentlihe Kernfrage, die den Text der Inter- pellation bildet, eingehe, mir gestatten, Ihnen einige Worte zu sagen in spezieller Beantwortung der Ausführungen des Herrn Grafe1 von Schwerin.
Der Herr Abgeordnete hat me:ine Rede vom 28. März, ih möchte den Ausdruck gebrauchen, zerpflückt. Er hat mir namentlich vorgeworfen, daß ih der konservativen Partei eine gewiss2z Inkonscquenz zugeshoben hätte. Ih habe das allerdings gethan; denn die Rede des Herrn Grafen Kani im Jahre 1896 lautete erheblich anders als seine Reden der legten Jahre. Der Herr Graf von Kaniß hatte am 28, März zur Begründung seines nunmehr abweichenden Stand- punktes erklärt, 1896 hätte ec allerdings die Transitlager in den Osft- seehäfen Königsberg und Danzig und vielleiht auch ia Memel für nothwendig gehalten, er fei aber dadurch bekehrt worden, daß die Königsberger Walzmühl- si inzwischen ein gcoßes gemisŸtes Transit- lager zugel-gt habe. Der Wortlaut der Rede der Herrn Grafen Kanitz ift dieser :
Aber seittem — nämli seit 1896 — haben sih die Verhältnisse insofern geändert, als in Königsberg ein großes gemischtes Transitlager etablieri worden — Herrn Rickert wird vielleiht di: Walzmühle bekannt sein — eine umfangreiche Speicheranlage, welche hauptsählich spekulativen Zwecken dient.
Darin sind zwei Punkte unrichtig, erstens is die Wal¡müßle niht seit 1896 entstanden, sondern iz bestand {on vorher und zweitens hat sie überhaupt kein gemishtes Transitlager. Ich will aber niht Haare spalten, sie hat ein Mühlenkonto, und ih gebe voll- kommen zu, daß Mühblenkonto und Transitlager in diesem Sinne äquivalent sein kann. i
Nun aber die Fcage der Mühlenkonten. Die Herren, welche die Interpellation unterschrieben haben, wollen ebenso wie die ge- mishten Transitlager au die Mühlenkonten abgeschaft wissen. Wie stimmt das dazu, daß die Herren erst in den leßten Ja3hren ein neues Regulativ für die Kontenmühlen verlangt haben ? (Hört, höct! links.) Dieses Regulativ ift ausgearbeitet worden und is jegt seit vier Monaten in Kcaft, und meines Wissens hat sich wenigst-ns der Herr Graf von Schwerin mit dem Inhalt dieses Regulativs vollkommen einverstanden erklärt. Es wäre also meiner Ansiht nah etwas voreilig, ein Re- gulativ am 1. Januar in Kraft treten zu lassen und am 8. Mai die Kontenmühlen, für di: das Regulativ bestimmt ist, abzuschaffen. Das, will ich aber gerne zugeben, könnte in meiner Rede auch als Haar- \palterei aufgefaßt werden; denn die Hzrren sagen eben, die Transit- lazer müssen fallen, und dann müssen die Kontenmühlen mit ihrem neuen Rezgulatio und troß des neuen Regulativs au falien.
Nun aber hat der Herr Graf Schwerin seine Ausführungen mit einer Tabelle erläutert, die ih erst heute früh erhalten habe; es ift mir deshalb nicht mögli gewesen, die einzelnen Ziffern auf ihre Richtigkeit zu prüfen. Nuc etwaz habe ih bereits feststellen können, daß nämlich die Tabelle über den Niederlag-enrerlehr — sie trägt keine Nummer, wird Ihnen aber vermuthlih sämmtli zugegangen sein — (Zastimmung) nicht nur den Niederlageaverkehr in den gemischten Transitlagern enthält, sondern den Niederlageverkehr in sämmtlichen Lazern, auch den Lagern mit amtlihem Zollvers{hlaß. (Heiterkeit links.) SInfolged:ssen vershieben sh die aus den Ziffecn der ersten beiden Spalten in der dritten Spalte gezogenen prozentualen Schlüsse ganz erheblich. Für die Gesammtheit aller der- jenigen Waaren — ih sage ,Waaren*, da nicht Getreide allein, sondern auch Hülsenfrüchte und Oelfrüchte darunter cinbegriffen find — stellt si in den legten vier Jahren von 1895 bis 1898 das Ver- hältniß der Einfuhr nah dem Inlande, also mit Verzollung nur auf rund 44, 49, 49 und 479%/. also erheblich niedriger, als in der Tabelle hier außgerechnet ist. Ich gebe von vornhercin zw, ich will mi diesem Angriff nit ausfezen, daß diese Ziffern immer noch sehr unerwünsht hobe sind, aber — jeßt komme ih zu dem eigentlihen Kernpunkt — wir stehen in der volen Vorbereitung eines neuen Zolltarifs und, wie es kein Geheimniß ist — ih habe es ja im März hier erflärt —, in der Vorbereitung eines neuen Zolltarif- geseßes. Dieses Zolltarifgesez, welhes binnen Jahresfrifk, das heißt in der nächsten Session, vo:liegen wird, wird Bestimmungen enthalten über den Transitverkehr und über die Zollkredite. Dem Bundeërath ist bis jezt der Eatwurf des Zolltarifgeseß-s noch nicht vorgelegt worden, er befindet sich noch im Stadium der inneren Berathung bei den verschiedenen Ressocts; aber ich bin ermächtigt, beute {?n zu erkiären, daß die Königlich preußishe Regierung der Abschaffung der Zollkredite geneigt ist, und daß, soweit die Stimme der preußischen Regierung im Bundesrath durchdringt, entsprehende Maßnahmen in das neue Zolltarifgeseß Aufnahme finden werden. Ob diese Maß- nahmen nun einfach dahin lauten: die Zollkcedite werden abgeschafft ;
oder. ob fie so lauten: Zollkredite können vom Bundesrath gegen an gemessene Verzinsung bewilligt werden, das ift heute eine of Frage, über die ih mir selber noÿ niht klar bin. Der Effekt wird aber ungefähr derjelbe sein. : Nun möchte ih noch einige Worte sagen speziell über Königsberg Wenn ih recht verstanden habe, so bat Herr Graf Schwerin ziemlich am Anfang seiner Rede gesagt: Wäre der Herr Reichs-Schaßzsekretär konsequent, so würde er sämmtliche übrigen ge: mishten Transitlager abschaffen und nur Königsberg und Danzig be, ftehen lassen — wenn ih ihn recht verstanden habe, weil Graf Kani speziell damals das Erwünschte dieser Lager anerkannt hat. Wäre ih preußischer Handels-Minister und lebte Preußen für siH allein und niht mit den anderen Bundesftaaten zu: so wäre dieser Gedanke ja ein recht naheliegender., die Herren verkennen Bundesraths
und Danzig.
ih glaube , das im Schoße schiedenen verbündeten Regierungen herrscht. weiteres dur@zuführen, daß Preußen mit seinen 17 Stimmen im Bundesrath ohne weiteres andere Bundesstaaten, an anderen Grenzen des Vaterlandes gelegen, majorisiert, und ih glaube niht, in Aus- iht nehmen zu können, daß je ein Zeitpunkt eintreten wird, ws Preußen sagt: wir behalten Königsberg und Danzig, schaffen dagegen per majora Mannheim, Ludwigshafen und wie sie alle heißen, ab.
Es kommt noch ein ferneres Moment hinzu, das ih bereits am 28. März hier gestreift habe, nämli daß insbesonder erheblih witige Transitlager an den Thoren der Freihäfen und Freibezirke gelegen sind. Meine Herren, die Transitlager können Sie abschaffen, aker der Verkehr geht dann einfach in die Freibezirke frei über. (Sehr rihtig! links.) Bremen und Hamburg haben Freihäfen, Stettin kat einen Freibezirk, der fceilich kleiner ist als Bremen und Hamburg, der aber für diesen Verkehr immerhin noch ausreihen würde.
Das sind alles Sachen, die doch vor einer geseßlichen Regelung der Dinze reiflich erwozen werden müfsen, und eine andere als eine geseßliche Regelung eintreten zu lassen und etwa auf Grund von Bundesrathsbeschlüfsen die Zollkreditz zu sperren, das würde mir doch sehr bedenklich erscheinen. Die Zollkcedite find Gewohnheit3recht, sie stammen aus den 30er Jahren, si: sind geseßlih zwar nicgends8 fest- gelegt, siz erftrecken sih auch niht auf Getreide allein, fie erftrecken sih auf alle Arten von Waaren. 66 Jahre — wenn ih nitt irre, stammt sie aus dem Jahre 1834 — ia Kraft gewesen ist, deshalb mit einem Federstrich auf dem Verordnungswege abzuschaffen, weil sie bei einer Waarengattung Miß- stände gezeitigt hat, möchte ih doch widerrathen. Eine geseßliche Regelung kann das thun, eine Regelung im Verordnung8wege wäre entschieden unvorsiŸhtig.
Nun möchte ih noch speziell über Königsberg und Danzig einige Worte hinzufügen, und zwar aus einem Bericht des Reichsbevoll- mächtigten zu Königsberg, den Sie nicht als bestellte Arbeit ansehen können. Er ist datiert vom 2. Februar, if also älter, nit allein als die Einbringung der Interpellation, soadern auch älter als die Bericht bezieht \sih auf das Kalenderjahr 1899, dessen Ergebnisse definitiv noch nicht zusammen- gestellt sind, die aber in ihren Umrissen bekannt sind. Er sagt:
Die Uebersiten über Einlagerung und Auslagerung in diesen Lägern ergeben zunähst, daß von dem auf Lager gebrahten aus: ländischen Getreide eine erbeblih geringere Menge verzollt wurde, als an inländishem Getreide in die Läger und von da zur Ausfuhr
Nämlich verzollt wurden
- ih gebe es in runden Zahlen —
ausgeführt wurden 1 447 000 dz. Verzollungen
eiwas das Verhält- zwischen den ver- Es if nit ohne
Also eine Maßregel,
Besprehung vom 28. März.
gebraht wurde. 597 000 dz, Sodann entfallen
Futtergetreide . Oelfrüchte
Also Brotgetreide bleibt sehr wenig übrig, nur 14 000 dz, während bie Eirlagerungen betrugen an inländishem Brotgetrêide, und zwar Weizen 453 000 dz, Roggen 424 000 dz, — Hiernach kann wohl kein Zweifel darüber bestehen, daß auch im Fahre 1899 von dem in die Lager von Königsberg und Darzig verbrahten ausländishen Getreide hauptsählich nur Futtermiitzl und fole Hülsen- uad Oelfrüchte, welhe in Ost- und Weit- preußzn niht genügen5 angebaut wrden, geblieben find.
Für Danzig kann ih gleih noch eine Ziffer geben. In Danzig siad gegenüber 1898 an auéländishem Getceide weniger eingegangen 108 0C0 dz, an inländishem mehr 167 009 dz. an auséländishem Getreide bildet hauptsählih Weizen und Gerfte, die Mehrzufuhr an inländishem Getreide hauptsählich Roggen und
afer. Meine Herren, Sie werden mir, soweit Sie nicht voreinge- nommen sind, zugeben, daß, wenn auch sclbstverstäadlih im Interesse der Landwirthschaft die gemishtien Tranfitlager sich als eine mindestens unbequeme Einrichtung — ich will nit weitergehen — darßcllen, materielle Schaden, den fiz do kein so erheblicher ist, daß man deshalb dem geordneten Gang? der Gescggebung vorgre:fen und j:t einen Beschluß fallen sollte, der möglicherweise bei der Verabschiedung des Zolltarifs und des Zols- tarifgestß2s sich als ein übereilter daistellen könnte warten Sie in nähser Session die Vorlegung des Zolltarifgesezes ab und halten Sie fh gegenwärtig, daß, wie ih wiederholen kann, die preußishe Regierung jetenfalls entilofsen ist — von den übrigen Bundesregierungen habe it noÿ keine positive Zufage in dieser Be- ziehung, aber ich kann wohl annehmen, daß eine greß: Anzahl von diesen auf dem preußishen Standpurkt stehen werden - neuen Zolltarifgesez die Zollkredite unsŒäèdlih ¿u machen.
Auf Antrag des Abg. Dr. Spahn (Zentr.) beschließt das Haus die Besprechung der Jnterpellation. __Abà, Herold (Zentr.): Die Antwort des Staatssekretärs hat ja einiges Li§i über die Gründe verbreitet, welche den rath veranlaßten,
583 000 dz.
im Inland?
Die Mix derzufuhr
Preisbildurg ausüben,
Fc bitte dethalb,
die wiederholten preußishen Landtages Mühleuregulatiy N zu verwerther, bei demselben hat NRendements gehandelt. hebung der Zollkredite hat nun wirflih die Vorlage tes Zolltarifgeseßes im erhalten, und wenn sie Gese wird, niht vor 1904, dem Beginn der Warvm aber
derén Nothwendigkeit
einzugeben. Aufrechterhaltung halte ich nihi für angebrah:, es ih bauptsählich um die Aenderung des Die Berechtigung des Verlangens der Auk- der Staatssekretär anerkannt. nächsten Jahr?
so wird die Aufhebung des Geltung des neuen Zolltari!®, noŸ dreî au von ami Bundesrath und L daß der heutige Zollshuß für G hn aber nit erhöhen fann, sinnig, eine Einri&tung mweiterbestehen zu laen-
i laßnaÿme, liher Seite anerkannt worden tag8majorität sind einig darüber, treide ungenügend ift ;
} so lange man i es doch geradezu wioer
irkung jenes mangelhaften Zollshußes nur noch welde hie N N bas sozialpolitiich niht zu untershäßende yersh¡ t. das in der Bevorzugung der wenigen Großen liegt, denen gegen- a oße Menze der kleinen und mittleren Landwirthe und Müller fich über die L ripten fönnen. Insonderheit is diese Bevorzugung dec nid! en Großzn in der leßten Zeit eher noch gewah‘en. Der Hin- O uf die anderen Einfuhrartikel, für welche die Privat-Transitlager et sind, is nit zugkräftig, denn diese Artikel sind nicht ciuge ele mit der heimi\hen Produktion direkt in einen scharfen treten. Die Sache ist jedenfalls hinreihend geprüft t man die Unhaltvarkeit des eBigen Zu- n auch die Aufhebuna aussprehen; je
desto besser für alle Theile.
Abg. Dr. Roe ide- Kaiserslautern (b. k. F.): Ih habe den Grund für das Zögern der verbündeten Regierungen gegenüber einer
deruna, welhe mit solher Einmüthigkeit lange ahre hindurch Be der Landwirthschaft erhoben worden ist, in der Rede des Staats- fekretärs Freiherrn von Thielmann nicht entdecken können; ih hörte E Ausflüchte, keine Rede. Die Frage der Aufbebung der Lransitlager wurde afut, als der Identitätsnahweis aufgehoben wurde; jede Art Transitlagerist heute underechtigt, weil sie nur wenigen Bevorzugten dienen. Es bestehen Traofitlager, welche eigentlich feine solWen find, sondern bloß Spekulationszwecken dienen und nur den Zollkredit ers{leichen wollen; diese Erklärung hat schon 1894 der Stellvertreter des N°-ichs- fanzlers vor dem Reichstage abgegeben. Troßdem ist bis heute einer fo gerechten Forderung nicht nabgegeten worden. Und auch heute
ommen wir nur eine Vertröstung: Preußen wird sih bemühen, die Aufhebung der ollfredite in dem neuen Zolltarifgeseß zu r- reihen. Schon im ahre 1895 hat der Staa1srath die gemischten Transitlager zur Aufhebung empfobler, der Bundesrath hat damals sogar irgend etwas darin beshlofsen; aber seitdem is alles fill geworden. Die Aufhebung der Zollkredite oder die Aufhebung der Zinslosigkeit ift keineswegs daéselve, die Auf- hebung der Zollkredite entzieht dem Betreffenden doch auch das Darlehn felbst, die Aufhebung der zinsfreien Gewährung des Zollkredits bloß die Zinslosigkeit. Leyteres kann er weit eher er- fragen; das Kapital aber ih anderweit zu beschaffen, wird ihm faum möglich sein. Die Hergabe des Darlehnskapitals und obendrein noh gar die zinslose Hergabe ist einc grobe Ungerechtigkeit, die endlich aus der Welt gesafft werden muß. Dazu brauchen wir noch feine ge- mishten Transitlager zu bauen, damit die inländischen Händler ihr Getreide darauf bringen; das können sie auch auf ihren Böden machen. Es giebt persönlihen ZoUkredit für den Imwporteur, ferner die gemishten Transitlager, auf denen das Getreide unverzollt bis zu 5 Jahren liegen darf; es giebt endlich füc ihn die Müblen- fonten. Der Importeur genteßt also dreifachen Kredit, sowohl direkt vom Staat als auch durch Vermittlung der staatlichen Einrichtungen; leßteres trifft besonders auf die großen Mühlen zu. Für die
merzen der kleinen Müller, der fleinen Landwirthe hat die Re- gierung anscheinend kein Verständniß. Wie man das Bismarck'sche Zeitalter das Zeitalter der That genannt hat, so wird man das deutige Zeitalter das Zeitalter der Erwägungen nennen müssen, denn die Regierungen kommen aus den Erwägungen nicht heraus.
Aba. Gamp (Rp.): Ih stehe völlig auf dem Standpunkt des Bundesraths von 1894, wo derselbe die Aufhebung der Transitlager, welde nit exportieren, guthieß. Di? Reichsbehörden hatten doch die Pflicht, jenen Beschluß auszuführen. Entweder haben sie ihrer Vers pflihtung niht genügt, oder der Bundesrath hat seinen Besluß wieder aufgehoben; davon ist aber nihts befannt geworden. Daß Frankfurt am Main ein Transitlager bekommen hat, ob- wohl es dort überflüssig war, läßt sich nur aus der Vor‘ liebe e:flären, welhe der preußische Finanz - Minister immer noch für diese Stätte seiner früheren Wirksamkeit hat. Nach dem Vorgang Frankfurts verlangten auch die anderen süddeutschzn Handelspläge diz Transitlager, und mit Ret. Sie haben aber keine oder nur bös geringe Mengen exportieren können, in der Haupt- sahe haben sie nur dazu gedient, den Zollshuy für das inländische Getreide zu chwähen. Für Königsberg und Danzig mögen andere Gründe obwalten, eventuell Versprechungen, w.lhe man der russischen NReaterung gemadzi hat; aber das trifft doc) auf die anderen Transitlager nicht zu. Daß der Bundesrath nicht nah Majoritäten in dieser Frage entsheiten wird, sondern nur nah dem Sckwergewiht der Gründe, halte ich füc felbst- verständlih. Die Verhältnisse von Könissberg und Danzig liegen doh bimmelweit verscieden von denen von Mannheim, Mainz, Lindau oder Stuttgart. Der Bundesrath toird also doch wohl geneigt fein, die Konsequenzen seines eigenen früheren, noch zu Recht bestehenden Beschlusses zu ziehen. Heute in der Zert der Geldknappbeit und der hohen Zinsen liegt die Frage auch ganz anders als im Jahre 1896, wo der Diskont -niht 7 oder 5, sondern nur 15 9/0 betrug. Hier liegen die Gründe für die Nothwendizkeit einer veränderten Beurtbeilung der Angelegenheit. J bitte den Bundesrath dringend, do einmal fon- anes zu sein und einen einmal gefaßten Beschluß endlich auch dur(- zujühren. 2
Abg. Graf von Klinckow stroem (d. kons.): So gut wie der grobe Mißstand des Rendements \{leunigst zu einem andern Regulativ geführt hat, so gut müssen die Mißslände der zinéesceten Zollkredite zu ihrer \{leunigen Aufhebung führen. Thatsächlich sind nur vershwin- dende Mengen Getreide von den Tranfitlagern 108 Ausland gegangen, das meiste ist im Inlande geblieben. Redner bezicht sih für die?e Bes hauptung auf eine Tabelle, die er zum theil veriiest, und fährt dann fort: Jch würde viel lieber den Fzentitäténahweis wiedernehmen, als den berüchtigten § 19 im russishen Handelsverttage, der [ledigli eine Prämie auf die Einführung ausländishen Getreides jeyt und fo Ostpreußen und durch seine Rückroirkung zuleßt ganz Deutschland ruinieren muß. Die reinen Transilager mag der Handel behalten, die gemish:en müssen aufgehoben werden.
Staatssekretär des Reichs-Schaßzamts Dr. Freiherr von Thielmann:
Um fein Mißverständniß im hohen Hause aufkommen zu lassen, darf ich dem Herrn Grafen von Klinckowstroem gegenüber erklären, daß die Tabelle, die er soeben vorzeigte, mir unbekannt ist. Ih weiß niht, welhe er gemeint hat; eine amilie Tabelle war es jz2den- falls nit.“ Sollte es eine Tabelle sein, die aus Privat- kreisen stammt, ih weiß nit, ob aus Königsberg oter sont woher, so bin ich für deren Inhalt niht verantwort- lh, und es kann dem Reichs - Schoßgamt nicht zugemuthet werden, jede Tabelle, welche von irgend einem Interessenten an den Reichôtag eingesandt wird, auf ihre Richtigkeit zu prüfen (Heiterkeit), ebensowenig wie es cinem Reichstags-Abgeordr.eten mögli ift, alle die Jrrthümer, die über seine Reden und Abstimmungen in der Presse verbreitet werden, richtig zu stellen.
Was ferner die Frage des Futtergetreides anbetrifft, so habe ih nie behauptet, daß die Mengen, die ich vorhin auf Grund eines Be- rihts des Reidsbevollmähtigten in Königsberg nannte, in der Pro- vinz Ofipreußen geblieben seien. Sie sind dort eingegangen, aber vermuthlich nach anderen Provinzen weiter gegangen.
Abg. Graf von Schwer in-Löwiß rolemisiert gegen die kei der legten Erörterung dec Sache vom Abg. Rickert gemabten Aus- führungen. Das Vorsteheramt in Danzig habe e:kiärt, es würde die Aufhebung der zinsfreien ZolUkredite wit Freuden begrüßen; das widersprehe durhaus dem Standpunkt, den der Abg. Ricert hier ver- treten habe. Redner wendet si dann gegen etntge Einzelheiten in der Beantwortung der Interpellation seitens des Staatésekretärs; er ver- lange ebenso wie vorher Graf KlinckEowstroem vom Reichs-Schayamt genauere Statistiken über den Verkehr auf den gemishten Pciyat- transitlagern. Früher habe die Verwaltung erklärt, in den Frethafen-
bezirfen föunten die Manipulationen nicht vorgenommen werden, für welche die Transitlager geörauht werden; fei jeyt diese Möglichkeit
v
doch gegeben, wie es na dzr Antwort des Staatssekretärs seine, so werde es nur noch unverständlicher, warum man nih: sofort zur Auf- hebung schreit:. Der Bundesrath sei jet der Meinung, es bedürfe zur Aufhebung eines bejonderen Geießes. Warum habe er ih das nit schon bor 5 Jahren überlegt? E3 wäre dann der deutschen Landwirthschaft viel Verdruß und Verluft ersyart worden.
Abg. Rickert (fr. Vag.): Ueber die Save ist doch wahrlich genug geredet worden. Wir werden im Herbst Gelegenheit haben, die Angelegenheit aufs gründlihste zu prüfen. Ich wünschte freilih, der Staatesekcetär und auh Graf Klinckowstcorm kämen nah Danzig und sähen \sih die Winkung, welche die Aufhebung der Transitlager haben würde, aus der Nähe an. Gerade Herr Windtborst war es, der fich für die Einrichtung der Teansitlager interessierte. Am 7. Februar 1896 hat der preußische Landwirtkshafts - Minister hiec im Reichstag erklären lassen, daß er im Often die gemischten Transitlager im Interesse der Landwirthschaft für nothwendig balte. Heute will Graf Schwerin das nit wahr haben und wirft mir unritiges Zitieren vor, während ih seiner Zeit die betreffende Aeußerung wörtlih vorgelesen habe.
Damit ist die Besprechung erledigt.
Das Haus segt hierauf die zweite Lesung des Geseßzent- ibe rae die Abänderung der Unfallversiherungs-
esetze fort.
Abschnitt IT, 88 11 ff. des Gewerbe-Unfallversiche- rungsgeseßes behandelt die Organisation und Veränderung der Berufsgenossenschaften. /
Die S8 16—20 betreffen das Statut der Berufs- genossenschaft.
Abg. Molkenbuhr (Soz.) befürwortet einen Antrag, wonah auch dea Arbeitern das Recht des Mitsprecens bei der Nentenfest- stellung gegeben -werden soll. Die Hälfte der Genofsen|schaftsver- fammlung soll aus Arbeitervertretern bestehen, die au? Grund des gleihen, unmittelbaren und geheimen Stimmrechts durch die groß- jährigen Arbeiter gewählt werden, welche in dem unfallversichecungs- pflichtigen Betriebe beshäftigt sind. Die Beru!szenofsenschaften náhmen leit den Arbeitern gegenüber einen gewissen behördlihen Gharafter an; dem müsse vorgebeugt werden. |
Abg. Dr. Hitze (Zentr.): Au wic halten die Vertretung der Arbeiter inne: halb des Rahmens dieses Gesetzes nit für genügend und find im Prinzip füc eine Erweiterung, wte sz der Antrag im Auge bat. Angesichts des Widerstandes der Berufszenossenschaften und der praktishen Schwierigkeiten ist man indeß zum Berzicht auf diefe Erweiterung gezwungen. O
Aba. Filchbeck (fr. Volksp.) hält insbesondere die Schwieri z- Feitcn der Dur(hführung einer derartigen Arbeitervertretung gegen den Antrag für durchschlagend. Auch dürfe nicht übersehen werden, daß die Untecnehmer allein die Kosten der Versicherung tragen.
Nach einer kurzen Ecwiderung des Abg. Molkenbuhr wird der Antrag der Sozialdemokraten E S 16 un- verändert angenommen, desgleihen ohne Debatte der Rest des zweiten Abschnitts und der Abschnitt ITT „Mitgliedschaft des einzelnen Betriebes; Betriebsveränderungen“. Abschnitt I\ regelt Feststellung und Auszahlung der Entschädigungen.
Die D 51—56a behandeln die Anzeige und Untersuhung der Unfälle. 5 :
S 51 schreibt die schriftliche Anzeige des Unfalls durch den Betriebsunternehmer bei der Ortspolizet und dem durch Statut zu bestimmenden Genossenschaftsorgan vor. .
Ein Antrag Molkenbuhr, die obligatorishe Anzeige auch bei der zuständigen Krankenkasse vorzuschreiben, wird von dem Abg. Dr. Hiße bekämpft und gegen die Stimmen der Sozialdemokraten abgelehnt und 851 unverändert angenommen, ebenso die 2D 52 bis 56a. H 1a
Die ÎS, 57 ff. regeln die Feststellung der Entschädigungen.
Nach Y 57 hat für gewi}e_ Entschädigungsfeststelungen der Sektionsvorstand der Genossenschaft, in allen übrigen Fällen der Genossenschaftsvorstand zu entscheiden. Nach dem lezten Absaß des S 57 der Vorlage, der dem bestehenden Gesch gleich lautet, soll vor der Feststellung der Entschädigung dem Entschädigungsberechtigten durch Mittheilung der Unter- lagen, auf Grund deren dieselbe zu bemessen ist, Gelegenheit gegeben werden, si binnen einer Frist von ciner Woche zu äußern. i E : j i
Diesen Absatz hat die Kommij}ton durch cine Reihe neuer Bestimmungen erjezt. Danach sollen die erwähnten Unterlagen dem Entschädigungsberechtigten durh die untere Verwaltungsbehörde vorgelegt werden: diese hat den Ent- schädigungsberechtigten zu Protokoll zu hören, auf Kosten der Berufsgenossenschaft die etwa nothwendigen weiteren Er- mittelungen vorzunehmen und in jedem Fall auf Antrag den behandelnden Arzt zu hören. Steht dieser zu der Geno}jen- haft in einem Vertragsverhältniß, so ist auf Anirag ein anderer Arzt zu hören. Dem Entschädigungsberechtigten kann
estattet werden, einen Beistand zuzuziehen und sich durch einn
Bevollmächtigten vertreten zu lassen. Die entstandenen Ver- handlungen sind der Berufsgenossenschaft zu übersenden. Giebt der Entschädigungeberechtigte feine Erklärung ab, jo 1}! der Berufêgenossenschaft alsbald Nachricht hiervon zu geben.
Abg. Feeiberr von Stumm (Rp.) beantragt, den letzten Absatz des § 57 der Vorlage wiederherzuitellen.
bg. Dr. Lebr (al.) befürwortet diesen Antraz zur Annahme.
Ybo. Hoch (Soz) tritt demgegenüber für die Kommi!itors- beshlüssz ein, welhe nah einem Antrage seiner Partei (Albrecht und Genossen) noch dabin erweitert werden sollen, daß die Beschlüsse des Genofsenshafts- bezw. S-ektionsvorstzndes im Verein mit Arteiter- vertretern, die in gleicher Zzbl und mit denselben Rechten wie die Vorstandsmitglieder bei èen Beslüsjen mitzuwirfea haben, zu fassen seien (Rentenfestsezunaskomm ission), daß ferner der Ent- shädigungsteiechtigte nicht verpflichtet sein solle, einec Vorladung vor die untere V:rwaltungsbehörde Folge zu leisten, wohl aber berechtigt sein folle, seine Antiäge und Grfläcungen auch shrintlih einzurzien. Der bestehende Zustand habe si, wie au in der Kommission allgemein anerfannt worden, als unhaltbar erwiesen. Die autofkratische Art, wie bisßer die Beruf8szgenossznshaften mit den unfallverlegten Arbeitern umzing?zn, müsse endli überwunden werden. Bis jeyt [et der “rbeiter selbst für das ganze Verfahren bei Festseyung der Rente eigentlich aarni{t als Individualität vorhanden gewesen. Der verunglüdte Arbeiter habe das gute Recht, die Einhoiung und Berücksichtigung des Gutachtens des bzhandelzden Arztes zu verlangen, Bet der Rentenfcstiezung müsse gerade fo, wie es bet der Invalioenversicherung bereits Vorichrift fei, die Mitwirkung der Arbeiterschaft gesichert werden. i ä ¿ ä ;
Abg. Freiherr von Stumm _hält die Neufocmulierung des lezten Äbfaye3 des § 57 durch die Kommission [ür die allervedenk- lihsle Aenterung des aanzen Geseyes übechaupt, Der Kommissiont- beshluß verzögere die Beschlußfaffung und inyolviere ein unbere&tigtes Mißtrauen gegen die Unparteilichkeit der berufögenofsen\chaftlihen Entscheidung; dieses Urtbeil eines berufsgenossenscaftlihen Organs müsse er durchaus zu seinem eigenen machen. Der Komumi|sions- beschluß stelle die Berufsgenofsen| afts-Vorstäude unter die Vormund- saft des Landraths oder des Bürgermeisters; die]es Subordinations- verbältnis müsse ihnen die Lust und Liebe zur Ausführung der \hweren Pflichten, welche ihnen das Gesetz auferlege, ganz beträchtlih verderben und verbittern. Schon heute besteze der Uebelstand, taß die Renten nicht shaell genug festgeseßt werden; werde aber noch gar der behandelnde Arzt hugezogen, so sei eine weitere Ber- zögerung zu Ungunsten des Arbeiters die unausbleibliche Folge. Der Arbeiter- hake nicht das mindeste Interesse bei der ersten Rentenfefisezung mitvertretea zu sein. Der Ar-
beiter habe nur ein Interesse daran, hall zu seinem Geld zu fommen und eventuell, wenn er damit niht zufrieden sei, {nell in der Berufungsinftanz zu einer shiedsgerihtliheu Entshzidung zu kommen. Außer für dea Berufsaenossenshaftsvorstand enthalte der Kommissionsbes{luß auch ein Mißtrauensvotum gegen den Ver: trauensarzt der Berufsgenofsenshaften; im leßteren Punkt ließe h theoretisch berehtigten Wünschen ja durh eine besondere Be- stimmung entgegenkommen, im wesentlihen aber soklte es bei dem bisherigen Zustand verbleiben. Schon heute würde über die Renten- feftsezung bei den Berufsgenossenshaften ein Meer von Tiate ver- schrieben. Wenn die Kommissionsbe chlüfse angenommen würden und auch ein Eventualantrag abgelehnt würde, den er zu: Anbaßhnung einer Vermittelung zu stellen beabsichtige, so würde er nit allein gegen das Gesey stimmen, sondern auch seinen vierzehnjährigen Vorsitz in der Knappschafts-Berufsgznofsenschaft niederlegen müssen.
Staatssekretär des Jnnern, Staats - Minister Dr. Graf von Posadowsky-Wehner:
Meine Herren! Der Hzrr Vorredner von der sozialdemokratischen Partei ist zunächst auf die Verhandlungen eingegangen, die im Soße der Kommission über die Natur der ärztlichen Atteste in Unfallsachen gepflogen sind; es {hien mir hierbei aus feinen Ausführungen ein Vorwurf herauszuklingen, daß ih denjenigen Ausführungen, die ih meinerseitz damals mate, noch nit praktishe Folge gegeben Hätte, Was die Sache selb} betrifft, so kann ich allerdings aus ziemlich umfangreichen cigenen Erfahrungen sagen, daß meines Erachtens die ärztlichen Atteste häufiz von einem ganz irrigen Grundsaß ausgehen. Meines Erachtens kann der Arzt, der die Folgen eines Unfalls zu be- gutachten hat, sh streng genommen nur äußern über die physio- logishen Wirkungen, welGe der Unfall auf den verleßten Körper hervorgebraht hat; er kann, meines Grahtens, im Kreise seines gewöhnlichen Sathverständnisses beispielsweise nur erklären: der ¡weite Finger der linken Hand ift vollkommen bewegungslos, der Mann fann infolge seiner Verlegung des Fußes keine {weren Lasten mehr tragen, de: rechte Arm kann nur bis zur halben natürlichen Höhe gehoben werden u. |. w. Das sind die Feststellungen, die inner- halb des Kreises des Sachverständnisses d28s Arztes liegen. Ih habe aber eine sehr große Anzahl von ärztlichen Atteften gesehen, die sogar auf Grund von Vordruck von Formularen fofort erfiären, der Mann ist nur noch zu den und den Arbeiten brauhbar, oder der Mann ist nur noh zur Hälfte, zu Dreiviertel erwerbsfähig, Ob jemand mit den physiologishen Folgen, die ein Unfill auf seinen verleßten Körper gehabt hat, noch bestimmte hand werkêmäßige Verrichtunzen aus üben fann, ist meines EraŸte18 viel weniger Sache des Gutachtens des Arztes, wie Sade des Gutachtens praktischer Leute des einzelnen Gewerbes, die genau wissen, welhe einzelne Arbeiten der Mann in dem betreffenden Berufe zu verrichten hat. (Sehr rihtig!) Ih halte deshalb derartige Atteste, die mit einer gewissen unfehltaren SiBherheit in Bezug auf Leute, die in Berufs- zweigen arbeiten, die der betreffende Arzt in den meisten Fällen gar nit näher kennt, vou denen ec gar niht weiß, welche Verrichtungen hierbei im einzelnen vorzunehmen sind, einfa erklären, der Mann fann now diesen Beruf ausüben oder er ift noch zu Dreiviertel er- werbsfähig, für auf sehr schwachen thatsählihen Unterlagen beruhend. Fch meine, die Berufsgenossenschaften sollten fh aus diesen Gründen davor hüten, sich mecanisch an derartige ärztliche Gutachten zu halten, welche einfa erklären, der Mann ist noch zur Hälfte, ¿zu Dreiviertel berufsfähig, oder er kann noch das und das leisten, oder diese Arbeit kann er niht mebr verrißhten ; die Mitglieder der Beruf8genossenschaften, die eigentlihen Sachverständigen, die in den Beruf3genofsenschzften sind, sollten vielmehr ihrerseits auf Grund ihrer SaWhkennutniß an der Hand des ärztlichen Attestes beurtheilen, welhe Arbeiten kann der Verletzie, nachdem er in der und der Beziehung in seinen körperlichen Leistungen b:\hränkt ift, in der That entwz:der in dem Berufe, den er bisher inne hatte, oder in einem andern Berufe noch au8üben ; erst auf Grund“ dieser individuellen Erwägung, die si allerdings zum großiea Theil auf das ärztliche Attest stützen muß, auf die physiologischen Unfallsfolgen, die der Arzt festgestellt hat, wird man zu ermessen ver- mögen, in welhem Umfange der Betreffende noch erwerbéfähig ift und in welhem Beruf er noh arbeiten fann. Jedenfalls glaube ih, wenn man immer von dieser Erwägung auszinge und mit der nöthigen Sorgfalt im einzeInen verfahren würde, möhten viele shiedszeriht- lichen B:\hwerden vermieden werden; aber auch die Berufsgenofsen- {haften würden in vielen Fällen vor Zahlungen bewahrt werden, tie sie jeut vielleicht zu Unrecht leisten.
Das, meine Herren, waren meine Ausführungen, und wenn ih meiner Auffassung ncch nicht eine praktische Folge gegeben habe — ih pflege, was ih verspreche, grundsäßlih auch stets zu halten, Hzrr Ab» geordneter Molkenbuhr —, dann liegt das nur darin, daß ich abwarten wollte, wie fi das ganze Gesetz gestaltet, um dann erft diefer Aufs fassung an entsprehender Stelle Ausdruck zu geben. Es liegt aber meinerseits gar kein Bedenken vor, das au fofort zu thun.
Nun, meine Herren, komme ih zu dem § 57. Wir waren aller- dings der Ansicht, als wir innerhalb des Schoßes der verbündeten Regierungen diesen Paragraphen bzhandelten, daß die Bestimmung, wona dern Verlegten diz Unterlagen für die Feststellung der Ent- \§ädigung zunächst mitgetheilt werden sollen, eine genügende Gewähr dafür biete, daß der Beschädigte auch insoweit zu seinem Recht fommt, daß er wirklich gehört wird und G.legenheit hat, seine Anficht auszusprehen. JH bin aber — das gestehe ih offen zu — im Laufe der Kommissionsverhandlungen und namentlich auch infolge der zahlreihen Eingaben der Berufsgenossenschaften s{chließ- li zu der Ansicht bekehrt, daß di-se Bestimmung der Negierungs- vorlage praktish vielleiht von sehr geringem Werthe ist; denn sowohl in der Kommission ist mir gesagt worden, wie auch eine große Anzahl von Eingaben der Berufsgenossenschaften erklärt, daß die Bestimmung nur auf dem Papier stände, daß der Beschädigte diese Unterlazen nie lese; eine Anzahl Berufsgenossenschaften hat infolge dessen auh geradezu beantragt, diese Bestimmung der Regie- rungsvorlage ganz zu streichen.
Das war der Stand der Sache, als wir die Verhandlungen in der Kommission führten. Nun entspricht es allerdings meiner persôn- lien Auffassung, daß es nicht unpraktisch und wohl au berechtigt wäre, wenn man diese Bestimmung strihe, dem Verleßten irgend einen Erfag zu bieten, irgend eine Instanz, die ihm die Möglichkeit giebt, trozdem gehört zu werden. Aus der Mitte der Kommissivn wurde infolge dieser Auffassung, die \ich auch dort geltend machte, beantragt, nunmehr, da sih die Bestimmung der Regierungsvorlage 8 57 Abjf. 3 nah der Auffassung der Berufsgenofsenschaften als ganz werthlos herausgestellt haben soll, den Mann nicht mehr \chrift- li, weil er die s{hriftlichen Unterlagen nicht liest, soadern münd-
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