1900 / 116 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 15 May 1900 18:00:01 GMT) scan diff

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Ea amt S E 6 M L S ZIGRIRZA

Anspcuch auf Rente mehr habe, wenn sein Zaftand ih erheblih vershle{tern würde.“

In § 85a (Anlegung der Bestände der Berufsgenossen- schaften) wird auf Antrag des Abg. Freiherrn von Richt- hofen bezüglih der Anlegung in Hypotheken - Pfandbriefen der Vorbehalt, daß darüber die Genossenschaftsversammlung zu beschließen haben soll, analog dem Beschlusse beim Gewerbe- Unfallversicherungsgeseß, gestrichen. 2

Nach § 87 (Erlaß von Unfallverhütungsvorschriften) sind die Berufsgenosjenshaften befugt und auf Verlangen des Reichs-Versicherungsamts verpflichtet, Vorschriften über die Verhütung von Unfällen zu erlassen.

Abg. Freiherr von Richthofen beantragt, die Verpflichtung zum Erlaß derartiger Vorschriften zu \treichen, da in der Landwirth- gan die Verhältnisse lange niht so {limm lägen wie in der Ins

ustrie.

Abg. Ho (Soz.): Allerdings liegen die Verbälinisse anders, sie liegen näm!ih in der Landwirthschaft be¡üglih der Unfallverhütung viel chlimmer als in der Industrie. Gerade in der Landwirthschaft herrsht auf dem Gebiet der Unfallverhütung eine geradezu unerhörte Vernachlässigung. Die Mißstände {ind so \{chreiend, daß schon im Jahre 1895 von Reich8wegen dur Zirkular- verfügung eingeschritten wurde. Eine Reihe von landwirthschaftlichen Berufsgenofsenschaften hat damals auch solche Vorschriften erlafjen. Damals hat au der Staatsfekretär von Bo-tticher diese Verfügung des Reichs- Versicherunc8amts gegen die Angrisse der Vertreter der Landwirtbschaft vertheidigt; heute werden wir das ja allerdings nit mehr erleben. Leider hat das Reichs-Versiherungsamt gar keine- Exekutive, und so is denn im Ganzen die Wirkung jenes Erlasses eine geringe geblieben. Es muß dieser Behörde durchaus die in dem Kommissionsvorschlage gegebene Befugniß übertragen werden. Wenn der Freiherr von Richthofen jeßt einfa erklärt, solhe Vorschriften eigneten sh nit für die Landwirthschaft, so haft er dur diese Behauptung die bestehenden Mißstände niht aus der Welt.

Staatssekretär des Jnnern, Staats - Minister Dr. Graf von Posadowsky-Wehner:

Meine Herren! In erster Reihe möchte ih für den Antrag ein- treten, die betreffende Bestimmung zu streihen. Denn die Verhält- nisse der Landwirthschaft sind in Bezug auf die Unfallverhütungs* vorshriften wesentlich andere als die Verhältnisse des gewerblichen Lebens. (Sehr richtig! rechtê.) Es kat sich gezeigt, daß der Versu{-, allgemeine Vorschriften der Unfallverhütung für die Landwirthschaft zu erlassen, nicht geglüdckt ist, schon aus dem einfahen Grunde, weil die Verhältnisse der Landwirthschaft in den einzelnen Theilen Deutsck- lands vollkommen verschieden sind. Wenn Sie sich aber niht ent- \{ließen können, dem Antrage des Herrn Freiherrn von Richthofen statt- zugeben, so muß ih hier doh die Ansicht aussprehen, daß sich die Thätigkeit des Reihs-Versiherungsamts immer nur darauf beshräuken könnte, die Berufsgenossenshaften zu veranlassen, da, wo durch bestimmte Einrichtungen und Verhältnisse Unfälle notorisch herbeigeführt sind, Sicherungsmaßregeln zu beschließen, daß aber die

. Führung in der Frage unzweifelhaft bei den Berufsgenossenschaften

bleiben muß. (Sehr richtig! rechts.) Die Berufsgenofsenschaften ihrerseits müssen dafür zuständig bleiben, durch welche Unfallver- bütung8vorshriften die-vorkommenden Unfälle zu bekämpfen und zu ver- büten sind. Denn um Unfallverhütungsvorschriften zu erlafsen, muß man, glaube ich, inmitten des praktishen Lebens stehen, font liegt die Möglichkeit schr nahe, daß man aus der Amtsstube heraus Vorschriften erläßt, die sich im praktishen Leben nicht ausführen lassen und lediglih auf dem Papier stehen bleiben. Es würde alfo gerade umgekehrt, wenn diese Bestimmung angenommen würde, das Reichs-Versicherungsamt sih darauf zu beschränken haben, seinerseits Anregungen zu geben, daß gegenüber bestimmten Unfällen überhaupt Unfallverbütungsvorschriften zu erlassen sind, aber die Geftalt, die Form, in der diese Vorschriften zu erlassen sind, muß von den Vor- ständen der Berufsgenossenshaft und von der Berufsgenofsenschaft felbst bestimmt werden. Ich meine also, die Führung in der ganzen Sache muß aus dringenden Gründen der Praxis bei den Berufs- genofsenshaften verbleiben.

Abg. Gamp: Ich habe seiner Zeit die Anregung des Reihs- Versicherungsamts, daß die landwirthschaftlihen Berufsgenossen- \{aften Unfallverhütungsvorschriften erlassen sollten, niht bekämpft, sondern nur diejenigen Unfallverhütungsvorschriften, welche das Reichs- Nersicherungëamt als „Normale“ zur Einführung empfohlen hatte. Diese waren vielfa lediglih Produkte des grünen Tisches, wie es der Staatssekretär soeben selbs zugegeben hat. Das Reichs-Ver- siherungéamt i} damals bei seinen Entscheidungen weit über die Grenzen, welhe ihm die Gesetzgebung zog, hinau8gegangen. Die Vermehrung der Betriebsunfälle erklärt \sih zu einem Theile daraus, Las Se die Betrciebsunternehmer mit în die Versicherung ein- ezogen sind.

“ba, Ho: Bei dem damaligen Vorgehen des Reichs-Versiche- rung?amts fonnte niemand annehmen, daß die als Muster vorgelegten Unfallverhütungsvorschriften nun au überall zur Einführung gelangen follten; die Gencfjenschaften sollten vielmehr das ihnen Passende daraus entnehmen; heute ellt Herr Gamp die Sache wesentlih anders dar. Son die große Zahl der Unfälle beim landwirthschaft- lihen Maschinenbetriebe maht den Erlaß von Unfallrerhütungs- vorschriften in der Land- und Forstwirthshaft zur unbedingten Nothwendigkeit. Wenn sih unter den Momenten für die Zunahme der Betriebsunfäle auch die Fahrlässigkeit der Betriebsunternehmer befindet, so genügt das s{hon, um die Vorschrift des § 87 in der Kommissionsfassung zu rechtfertigen, aber freilich, hier gilt es ja wieder cinmal, den Junkern einen Gefallen zu erweisen.

: Mute gie des Jnnern, Staats-Minister Dr. Graf von Posadowsky-Wehner:

Meine Herren! Ih möchte zunähft dem Herrn Vorredner doch dringend rathen, das Gewerbe der Landwirthschaft nicht immer mit dem Begriff „Junker“ zu identifizieren. (Sehr wahr! in der Mitte und rechts.) Die Landwirthschaft is ein Gewerbe wie ein anderes und unterscheidet sich nur dadurh von anderen Gewerben, daß es ganz unzweifelhaft infolge der ganzen modernen Entwickelung mit den gllergrößten Shwierigkeiten zu kämpfen hat (sehr wahr ! aus der Mitte und rets), aber mit dem politishen Begriff „Junkerthum“ hat die Landwirth\{chaft meines Erachtens gar nichts mehr zu thun, und was die Bekämpfung meiner Ausführungen betrifft, fo muß der Herr Abgeordnete nicht ganz gehört haben, was ih gesagt habe. Daß auch Unfallverhütungsvorschriften in der Landwirtbschaft nöthig sind, ift unbestritten, und ist von keiner Seite bisher bezweifelt worden; aber es ist ganz außerordentlih \chwierig, bei der Verschiedenartigkeit der landwirthshaftlichen Be- triebe, bei der Verschiedenheit der Betriebswéise, die mit der Gestal- tung der Bodenverhältnisse, der Bauart der Gebäude u. \#. w. zu- sammenhängt, Unfallverhütungsvorschriften, die wirklih praktisch sind und niht nur auf dem Papier stehen, zu erlassen. Jh kann Ihnen ein Beispiel hierfür anführen, die Unfallverhütungsvorschriften für den Gebrau der Siede- oder Häckselmashinen, Bei der Unfall- ausstellung hier in Berlin war zwar eine ganze Reihe von Siede-

oder Häckselmaschinen, wie man wohl in Süddeutschland sagt, it Unfallverbütungsvorrichtungen aufgestellt. Sehr häufiz kommen bei solhen Maschinen Unfälle vor; es if aber unendlih s{chwer, etwas Praktishes auf diesem Gebiet zu finden. Soviel ih weiß, ift bis jeßt noch kein praktishes Mittel, diese Unfälle zu verhüten, troß aller Versuhe der Fabrikanten, gefunden worden. Stellen Sie sih vor, daß die Häckselmashine eine Maschine ist, die der kleinste Bauer hat. Sehr oft hat der Mann nur einen nicht sehr gut erleuhteten Raum, wo die Maschine aufgestellt ist. Damit hängen auch vielfah die Unfälle zusammen. Weil die Leute bei der Maschine nit gut sehen können, passierten häufig die Unfälle. Der an der Maschine beshäftigte Mann \topft mit der Hand das Stroh na, aber er greift zu weit hinein, und hierbei werden ihm die Finger abgeschnitten. Meine Herren, zu selten ift also sehr leiht; es kommt jedo darauf an, wirklich praktische Einrichtungen zur Unfallverhütung zu schaffen und nicht einen Beruf zu verdächtigen, daß er inhuman handle und seine Pflicht niht thue. (Sehr richtig! rechis.)

Also, daß Unfallverhütungsvorschriften für die Landwirthschaft erlassen werden müssen, ist ganz klar; aber es hat sich bei den Normal-Unfallverhütungsvorschriften des Reichs-Versicherungsamts gezeigt, daß si: für die meisten Gegenden Deutschlands unhaltbar waren. (Sehr rihtig! rechts.) Ih Habe mir seiner Zeit die größte Müße gegeben, sie auszuführen; aber sie waren zu - sehr aus der Amtsftube heraus gemacht ohne genügende Berücksichtigung der vershiedenartigen praktischen Verhältnisse. Ich habe das nur au3geführt, um einer bureaukratishen Behandlung der Sade vorzugreifen. Daß das Reichs-Versicherungsamt die Pflicht hat, darauf hinzuwirken, daß, wo sih notorih häufig Unfälle ereignen, auch die nöthigen Unfallverhütungsvorschriften erlassen werden, ist unzweifelhaft; aber die Form, wie sie erlassen werden, die Aus- gestaltung, muß in den Händen der Berufsgenofienshaften bleiben ; denn nur diese haben die praktische Kenntniß, um Unfallcerhütungs- vorschriften zu erlassen, die niht nur sehr human in der öffentlichen Meinung aussehen, sondern auch geeignet sind, wirklich Unfälle zu verhindern. (Bravo! rets.)

Abg. von Waldow und Reißenstein: Es können that- \ächlih nur in der Landwirthschaft stehende sachkundige Leute folhe Vorschriften erlassen, man muß daher den Erlaß diefer Vorschriften den Berufsgenossenshaften anheimftellen; das Reichs - Versicherungs- amt ift dafür niht kompetent.

Abg. Molkenbuhr erklärt, er finde es befremdend, daß von

dem Staatssekretäc des Reihsamts des Innern jeßt Angriffe gegen eine andere Behörde, das Reichs-Versiherungsamt, gemacht werden.

Staatssekretär des Jnnern, Staats - Minister Dr. Graf von Posadowsky-Wehner:

Meine Herren! Ih stelle zunächst fest, daß es der ganzen Be- höôrdenorganisation nicht entspricht, daß ein Gegensaß zwischen dem Reichs-Versicherungsamt und seiner vorgeseßten Behörde bestehen könnte, oder daß eine vorgesezte Behörde Angriffe gegen eine nachgeordnete Behörde rihtete. Nehmen Sie mir das nicht übel, das ift eine phantasievolle Darstellung, die Sie gemacht haben. Im übrigen kann ich nur erklären: ih habe feststellen wollen, daß die all- gemeinen Vorschläge für die Regelung der landrwirth\chaftlihen Unfallverbütungsvorschriften, die allerdings von dem Neichs- Versicherungsamt, wie ih glaube, sogar unter Anhörung lands wirths{haftliher Sachverständiger, gemaŸht sind, sih im größten Theile Deutschlands als niht ausführbar erwiesen haben, und ih habe daraus folgern wollen, daß diese Vorschriften mit außerordentlicher Vorsicht zu handhaben sind, wenn fie praktische Erfolge baben sollen und darauf kann es Ihnen doch nur ankommen und daß infolge dessen der Schwerpunkt der ganzen Ausführungen dort liegen muß, wo die praktishe Kenntniß der Dinge ist: das if bei den Berufsgenofssen- schaften. Ih habe darauf gehalten, diefe Ausführungen hier zu machen, um eine Grundlage für die künftige Auslegung dieser geseß- lihen Bestimmnng zu geben.

Abg. Roesicke- Dessau: Mit dem Kommissionsbes{luß wird dem Reichs-Versicherungsamt ja durhaus kein befonderes Vorrecht eingeräumt. Von den 48 landwirthschaftlichen Berufsgenossenschaften haben bis jeßt nur 7 solche Unfallverhütungsvorschriften erlassen.

Der § 87 wird gegen die Stimmen der Rechten und der Reformpartei unverändert angenommen. i

8 90 (Ueberwachung der Betriebe) wird ohne Diskussion in einer den Beschlüssen zweiter Lesung dem Gewerbe-Unfall- versiherungsgeseß entsprehenden Fassung auf Antrag des Abg. Freiherrn von Richthofen angenommen.

Der Rest des Gesetzes bis § 133 einschließlich wird ohne erheblihe Debatte im wesentlichen nah der in der Kommission beschlossenen Fassung angenommen. : |

Die Kommission hat ferner zwei Resolutionen vor- geschlagen : i

1) den Herrn Reichskanzler zu ersuchen, bei den verbündeten Regierungen dahin zu wirken, daß die von den höheren Verwaltungs8- behörden für die land- oder forstwirthswaftlihen Arbeiter festgese ten durhschzaittlihen Jahresarbeitsverdienste möglichst bald einer Nevision unterzogen werden ;

2) die verbündeten Regierungen zu ersuGen, bei der dem- nächstigen Revision des Ne Anna arleges in Erwägungen darüber einzutreten, wieweit die in land- und forstwirthschaftlichen Betrieben beschäftigten Arbeiter der reihsgeseßlihen Kranken- versicherung zu unterstellen sind.

Abg. Stadthagen (Soz.) befürwortet einen Antrag der sozialdemokratishen Abag. Albreht und Genossen, anstatt der Resolution 2 folgende Resolution anzunehmen: „Die verbündeten Regierungen zu ersuchen, dem Reichstage baldigst einen Geseßentwurkf vorzulegen, durch welchen die in land- und forstwirthschaftlihen Be- trieben Mie als Gesinde beschäftigten Arbeiter, soweit dieselben niht der reihsgeseßlihen oder einer gleiwerthigen lande8geseßlihen Krankenver- ficherungépfliht unterliegen, einer reihsgeseßlihen Rrankenversiherung8- pflicht unterworfen werden.“ Redner hebt namentli die Nothwendigkeit der o des ländlichen Gesintes hervor. Die bloße ftatu- tarishe Fakultät, die jegt bestehe, habe si als nußlos erwiesen; aber au der Kommissionsantrag gehe niht weit genug.

Die Resolution Albrecht und Genossen wird abgelehnt, die von der Kommission vorgeschlagenen Resolutionen gelangen zur Annahme.

Der Entwurf eines Bau-Unfallversicherungs- geseßes ist in der Kommission ohne Aenderung angenommen worden; Anträge liegen auch zur zweiten Lesung nicht vor.

Auf Antrag des Abg. Roesicke:Dessau werden die Kommissionsbeschlüsse en bloc angenommen.

Darauf wird die Vertagung beschlossen.

Schluß gegen 51/2 Uhr. Nächste Sißung Dienstag 1 Uhr. (Vorlage, betreffend die militärishe Strafrechtspflege in Kiautschou; See-Unfallversicherungsgeseß; Nachtrags-Etats.)

Literatur.

„Rahel Varnhagen“, ein Lebens- und Zeitbild Otto Berdrow. Mit 12 Bildnissen. Verlag von Greiner L Pfeiffer in Stuttgart. Preis geh. 7 4, geb. 9 G Mit feinem Verständniß und lizebevoller Hingabe hat es der Berfasser verstande aus dem ibm zugänglich gewordenen, reihhaltigen Material in dem vg liegenden Werk eine eingehende Schilderung von Rahel von Varn, hagen’s Bedeutung für ihre Zeit zu geben. Er zeigt, wie sie dur die lieben8würdigen Eigenschaften ihres edlen Herzens die bervorragendften Männer und Frauen der Geiftes- und Geburtsaristokratie in ihrem Salon um sich zu sammeln und dur innige Freundschaft an f zu ketten vermohte und entrollt gleihzeitig vor unseren Augen dur die verschiedenen Elemente, die den Verkehr in ibrem Hause suchten, ein Bild von fkulturgeshihtliher und literarischer Bedeutung, wie es fesselnder kaum gedaht werden kann. gab wohl keine Frage von tieferem Werth, die in jenem Salon nitt erörtert und nah den verschiedensten Seiten bin beleuhtet worden wäre. Nahel felbst, eine in {ih so abgeschlossene Persönlichkeit, die des Lebens Höhen und Tiefen ermessen hat, und der nichts Mensch liches fremd geblieben, if wohl im stande, in ihrer Gigenart das höhste Interesse au jeßt noch zu erregen; ja, wir müssen geradezu \taunen wie sie in dem Fluge ihrer Gedanken ihrer Zeit weit vorausgeeilt war, sodaß viele ihrer Aussprüche wie für die Gegenwart geschrieben erscheinen. Das Werk, welhes auch in feinem vornehmen Gewande weitgehenden Anforderungen genügt, muß daher als eine für jeden denken Leser sehr interessante und geistig anregende Lektüre bezeichnet werden.

Aus der Geschichte der Reichsstadt Mühlhausen in Thüringen. Von Professor Dr. Eduard Heydenrei ch, Archivar der Stadt. Mit 11 Holzschnitten und 6 Lichtdrucktafeln. Halle a. S, Otto Hendel. Pr. 3,50 A Es giebt wenig Städte ia Deutschen Reiche, die so alt sind und deren Entwickelung in rechtliher und volkswirthschaftliher Hinsicht so deutli ih in deu äußerst reihhaltigen Quellen der Arhive nahweisen läßt, wie die Stadt Mühlhausen in Thüringen. Der Verfasser zeigt uns diese Entwite- lung von der ältesten urkundlihen Erwähnung der Stadt, die bereits in das Jahr 775 fällt, bis in die Reformationszeit, in der die Wirren des Thomas Münzer die behaglihe Wohlhabenheit der Bürgerschaft vernichtete. Diese Woblhabenhbeit rief am Ende des Mittelalters eine lebhafte Bauthätigkeit hervor; noch beute ist Mühlhausen durch den Reich thum an ares alterthümlichen, kirchlihen und profanen Bauten vor den übrigen Städten des Thüringer Landes ausgezeichnet, Heydenreih sch!ldert diese Bauten unter Beigabe voa Holz: chnitten. Der Reichthum des mitielalterlichen Mühlhausen spiegelt si auch in seinem Münzwesen. Eine Reihe von Bracteaten mit dem Kaiserbilde, von spätern Münzen mit dem Mühleisen, dem alten Wahrzeichen der Stadt, sowte zwi Medaillen aus dem 18. Jahr- bundert mitt Ansichten von Mühlhausen sind auf einer Münztafel abgebildet. Eine Siegeltafel führt uns in die Geschichte der städtischen Verwaltung und der in Mühlhausen zahlrei vertretenen Innungen ein. Außerdem sind ¡wei Gesammtansichten der Stadt aus verschiedenen Zeiten, Aufnahmen der Archivgewölbe und eines Archiy- fensters sowie die Grabplatte des Bischofs Kristan von Samland, der in Mühlhausen geboren ift, die dortige Untermarktskirhz gegründet bat und in dieser begraben liegt, beigegeben. Alle diese Tafein sind sorgfältig in Lichtdruck hergestellt. Das Buch darf Freunden deutsher Städtegeshichte warm empfohlen werden.

Die Lieferungsausgabe des großen Prachtwerks „Das XIX. Jahrhundert in Wort und Bild“, Politishe und Kulturgeshihte von Hans Kraemer in Verbindung mit hervor- ragenden Fahmännern (Deutsches Verlagshaus Bong u. Co., Berlin;

Bon den lettershienenen Heften behandelt das 50. die Vorläufer der gegenwärtigen Pariser Ausstellung. Der von dem Geheimen Regie- rungsrath, Professor Reuleaux verfaßte Abschnitt giebt eine anschau- lihe Uebersiht aller Veranstaltungen dieser Art nebst ihren bemerkens- werthesten Besonderbeiten, von der ersten internationalen Ausstellung, die im Jabre 1851 im Londoner Hyde-Park (Krystall: Palaft) stattfand, bis zu der glanzvollen Völkermesse in Chicago. Als Beilage ift dem Heft ein charakteristisher farbiger Faksimiledruck eines Pariser Plakats von dem Meister dieser modernen Kunst, Jules Chéret, beigegeben. Im folgenden Heft wird eine durch Druckproben vorzügli iäustrierte Erläuterung des Dreifarbendrucks gegeben. Den übrigen Inhalt bildet eine Darstellung der Entwickelung der Heilkunde in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts, jener großen Epoche, . welhe dur die Namen Lister, Virchow, Ko, Billroth, Graefe gekennzeichnet wird, aus der Feder des Berliner Universitäts-Dozenten Professor Dr. Pagel. Die weiteren Lieferungen bringen nicht minder interessante Abschnitte über die epohemacenden Forshungsreisen des vorigen Jahrhunderts (von Dr. Karl Weule), die an wissenshaftlihen Ergebnissen so reihen Ausgrabungen (von Dr. Hubert Schmidt) und die umwälzenden Ent- deckungen auf den Gebieten der Physik und Chemie (von Dr. Albert Neuburger). In einer der leßten Lieferungen maht das Bong'she Verlagshaus ferner die interessante Mittheilung, daß dasselbe sich ent- {lossen hat, den drei ersten Bänden des Werks einen gleichartigen Suvplement-Band folgen zu lassen, der vorwieaend die Pariser Weltausstellung und daneben den Krieg in Süd-Afrika be handeln wird. Es ift wohl nicht daran zu zweifeln, daß auch dieser vierte Band allseitig mit Beifall begrüßt und dieselbe Verbreitung finden wird, wie seine Vorgänger.

Vollftändiges Orthographishes Wörterbuch der deutshen Sprache mit zahlreihen kurzen Wort- und Sah erklärungen und Verdeutshungen der Fremdwörter von Dr. Konrad Duden, Gymnasial-Direktor. Nah den neuen amtlichen Regeln. Sechste, verbesserte und vermehrte Auflage. Verlag des Bibliographi- schen Jastituts in Leipzig und Wien. In Leinwand gebunden, Preis 1 M 60 S F. Diese feste Auflage des wohlbekannten Handbuths zeigt in mannigfahher Hinsicht eine Erweiterung des Inhalts, welche durch eingreifende Neuerungen der legten Jahre erforderli geworden ist. So haben namentli die neuen Fachausdrücke aus dem QELE lichen Geseßbuh und die Neuerungen der Felddienstordnung Aufnahme

efunden; aber auch fonst ift aus der lebenden Sprache und Literatur

Ter okatioaen worden, was dessen werth hien. Die Verbefserungen sind insbesondere den Wort- und Sacherklärungen zu gute gekommen; eine eingehende Durchsicht haben auh die Angaben über die He: kunft der Wöcter erfahren. Das Bu wird sonach au in diesec neuen Ruggabe fh als ein nüßlihes und zuverlässiges Nahschlagewerk be- währen.

Feld- und Manöverbegleiter für Unteroffiziere aller Waffen (Auszug aus der Felddienstordnung vom 1.Januar 1900 Verlag von Gerhard Stalling in Leue, Pr. geh. 65 &, 98 85 „4. Dieses handlihe kleine Buch enthält eine gedrängte Ueber- icht des Inhalts der neuen Felddienstordnung und will dem damit noch nicht Vertrauten zeitraubendes Nahshlagen erspare, Da alles für den Dienst des Unteroffiziers niht unumgänglich Notb wendige fortgelassen und das andere in knapper, augen älliger Fort gegeben ist, so ist das Zurechifinden in dén verschiedenen wesentli erleihtert, und es läßt sih jeder etwa auffteigende 3 an der Hand dieses Felddienftbegleiters sofort beheben. .,

Das Maiheft X1V. Jahrgangs 1900 der „Photograph if der Rundschau“, Zeitschrift für Freunde der Photogravie en gegeben und geleitet von Dr. R. Neuhauß in Berlin Gei wissenschaftlichen und technischen Theil und Er nf| Jub1 in Hamdus für den fünstlerishen Theil sowie unter besonderer Mitwirkung h Ch. Scolik, K. u. K. Hofphotographen in Wien, Paul von e in Konstantinopel und anderer hervorragender Fahmänner; veE von Wilhelm Knapp in Halle a. S.; ährlich 12 Le mit Text - Abbildungen und Kunstbeilagen; Pr. des H 1 4) hat folgenden Inhalt: Eine neue D von Dr.“ Ed. Arning; Ueber die: amerikanische graphie, von Sadakihi Hartmann; Ausländische Umschau; Kleine Mittheilungen; Büchershau; Erläuterungen Bunsb Tafeln und Textbildern; Fragekasten; Vereinsnachrichten.

i beilagen: Tafel 18. Aufnahme von R. Eickemeyer in New Jort,

60 Lieferungen zu je 60 4) nähert sih mehr und mehr dem Abs{luß.

“f mravüre von Meisenbach Riffarth & Co. in Berlin; Tafel 19. P me von Alfred Stiegliß in New York; Tafeln 20 u. 21. Auf- ahmen von R. Eickemeyer in New York.

Handel und Gewerbe.

im Reichsamt des Innern zusammengestellten N de gahrihten für Handel und Industrie“.)

Winke für die Ausfuhr von Nägeln.

Nach der Kaykolonie kommen Nägel hauptsählich aus Groß- britannien, Drahtstifte auch aus Belgien, Deutshland und Amerika. Gebraust werden: gewöhnlihe Nägel von 14, 2, 25 und 3 engl.

oll Länge, Brettnägel von 2, 25 und 3 Zoll und Drahtstifte von

94 und 3 Zoll. Die Kapkolonie felbst hat keine Nägelfabriken. Hrettnägel kojten je 100 engl. Pfund 14 Schilling, zweizöllige Draht- stifte kosten 164 Stilling und zweieinhalb- sowie dreizöllige Draht- stifte 15 Schilling je 100 Pfund. Aus Großbritannien werden die Nägel in Fäfsern eingeführt, aus Belgien in hölzernen Kistzn und aus Amerika in Säcken; man kann indessen nicht sagen, daß irgend eine Nerpackungsart bevorzugt- würde. Die bei der Einfuhr von Nägeln entstehenden Unkosten sind die folgenden: 1) der Einfuhrzoll beträgt 74 9/0 des Fakturenwerthes, 2) Dockgebühren 25 Schilling für die Tonne ¡u 1000 engl. Pfund, 3) Lösh- und Ablieferungs- oder Nieder- lagegelder 4 Schilling die Tonne, 4) Maklergebühr 1 9/0.

Fn Egypten werden im allgemeinen Nägel belgischen Ursprungs recht begehrt, während die Nachfrage nah französischen und englischen Fabrikaten geringer ist als früher. Neuerdings foll indefsen die deutshe Einfuhr gewinnen zum NaHtheil der belgischen; au sind größere Aufträge in leßter Zeit nach Amerika gegangen. In der Hauptsache verspriht ein billiger Preis am meisten Erfolg. Es werden ¿wöhnlich Drahtstifte von 2 bis zu 20 ecm beftellt, die gangbarsten

orten find indessen flahköpfige Nägel von 3, 4, 5, 6, 7 und 8 cm. Die Preise sind sehr vershieden, Der Einfuhrzoll beträgt 8% vom Werthe, die Spesen F 9/0,

Süd-Australien kommt nur für die Einfuhr von Drahtftiften in Betrahi, da nah anderen Nägeln wenig Nachfrage ift. Stifte mit kegelförmigem Kopfe werden den flahköpfigen vorgezogen und in allen Größen und Stärken (von 1 bis 6 Zoll Länge und von Nr. 4 bis Nr. 16 stark) verlangt. Man nimmt an, daß der Ein- fuhrzoll von 2 Pfund Sterling für die Tonne zu gering ist, um den Bau einer ad im Lande zu ermöglihen. Die eingeführten Nägel und Shrauben kommen hauptsählich aus Großbritannien, Deutsch- land, Victoria, den Vereinigten Staaten und Belgien. Die ameri- kanischen Nägel geben vielfah Grund zu Klagen, weil die Köpfe viel ¡u leiht abbrehen. Die Preise schwanken sehr; durchschnittlih wurden in letzter geit für die Nummern 5, 7 und 8: 10 Sh., Nr. 9 und 10: 11 Sh., Nr. 11: 12“ Sh., Nr. 12: 14 Sh., Nr. 13: 15 Sh,, Nr. 14: 16 Sb. und Nr. 16: 20 Sh. bezahlt. In diesen Preisen find Ablieferung in der Kolonie, Einfubrzoll und alle Unkosten ent-

en.

In Tasmanien herrsht hauptsählih Nachfrage nah Nägeln und Stiften für Bauzwecke und zur Herstellung von Obstkisten. Zu leßterem Zwecke nimmt man Drahtftifste Nr. 14 und 15 von 1} Zoll Unge oder Nr. 12, 13 und 14 von 14 Zoll Länge. Zu anderen Zwecken werden Stifte mit kegelförmigen Köpfen bevorzugt. Jm lezten Jahre erreihte die Einfuhr einen Werth von 6295 Lfd. Sterl. ; daran betheiligt waren: Victoria, Neusüdwales, Großbritannien, Deutschland, Amerika und die Niederlande. Der Einfuhrzoll beträgt e Zir Pfd. Sterling 10 Schilling die Tonne und das Werftgeld

illing.

West-Australien hat nach der Statistik für das abgelaufene Jahr Nägel, Stifte, Bolzen, Nieten und Kcampen im Werthe von 21 752 Pfund Sterling bezogen, die Statistik macht indessen keinen Unterschied zwischen diefen verschiedenen Artikeln. An diefer Einfuhr war Großbritannien betheiligt mit 10466 Pfund Sterling, Viktoria mit 4226 Pfund, die Vereinigten Staaten mit 1992 Pfund, Süd- Australien mit 1778 Pfund, Belgien mit 1239 Pfund und Deutsch- land mit 960 Pfund. Am meisten werden Drahtstifte mit kegel- förmigen Köpfen eingeführt, Nr. 4 bis 18 von 1 bis 6 Zoll Länge. Der Preis in Großbritannien s{wankt zwischen 7 bis 18 Schilling für 100 Pfund, wozu an Unkosten noch etwa 25 9/9 kommen. In be- trähtliher Zahl werden _auch Nägel („clouts“) von bis 1} Zoll Linge eingeführt zum Originalpreise von 14 bis 16 Stilling für 100 Pfund. (Nah belgishen Konsulatsberihten, veröffentliht im British Traäe Journal.)

Zinkgruben und Zinkindustrie in Jtalien.

Jtalien besißt bedeutende Zinkgruben in Sardinien und in den Provinzen Breêcia und Bergamo. Diese Gruben befinden sihch fast aus\{ließlich in Händen von ausländishen, meist belgischen Gesell- haften, welche fast das ganze aewonnene Erz ausführen. Von den im Jahre 1898 geförderten 132 099 Tons Zinkerz wurden 130 064 Tons in das Ausland ausgeführt.

Ein großer Theil des ausgeführten Erzes kehrt in verarbeitetem Zustande wieder nah Italien zurück. So wurden im Jahre 1898 28 129 dz Zink in Brotform und 30144 dz Zink in Platten nah Jtalien eingeführt. Die Produktion von Zinkweiß in Italien belief“ fh im Jahre 1898 auf 8400 dz und die Einfuhr auf 5728 dz.

Unter diesen Verbältnifsen hat Italien natürlih das größte In- teresse daran, das im Lande gewonnene Zinkerz auch im Lande für den beimishen Bedarf zu verarbeiten. Zu diefem Zwedke sollen in Monteponi auf Sardinien sowie im Bremboflußthal bei Bergamo die erforderlihen Fabrikanlagen errihtet werden. Besonders günstige Verhältnifse sind bei Bergamo vorhanden, wo die großen Wasserkräfte in elektrishe Energie umgewandelt werden können. (Nach einem Bericht des Kaiserlihen Konsuls in Ancona.)

Niederlande.

_ Veränderungen in dem Tarif der Waarenwerthe für Niederländish-Oftindien. Der Tarif, der bei Berathung der Gin- und Ausfuhrzölle in Niederländish-Ostindien zu Grunde zu legenden Waarenwerthe für das 2. Vierteljahr 1900 weist gegenüber dem seitherigen Stande folgende Abweichungen auf:

Gruppe. Benennung der Waaren Maßftab Werth

Gulden 1, Irdengeshirr: Porzellan. Teller, weiße, runde von 16 bis 18 cm Duyend C

- - 1 0 -

C A Aae ; 1/20

" ° " 1,35 2. Häutegift, flüssigs . .. kg 0,90 3, Butter in Doppelfäfsern u. st w. . . kleines Faß 7,75 Chof?elade in Küchelhen oder Tafeln mit Zuker kg 1,35 udckerwerk, englisches, in Büchsen von 1 bis5kg „, 0,42 rüchte, amcrikanishe und australishe, in Wasser Büchse 0,40 19, Kopierpapier, japanishes . . kg 83,70 E n i hinsichtli des Werthes) geändert hin ih des Werthes 3, Früchte, getrocknete, lose verpackt und in Büchsen: Tafelmandeln, Lafelrosinen mit Stielen, niht anderweitig genannt, Prünellen, Birnen, Kirschen Ee Enders hinsichtlich des Wortlautes) 1. Frdéngescirr, Porzellan: en, Ober- und Unter-, japanische, mit oder ohne Deckel, in Kifthen von 1 Dugend, blau- farbig desgl., desgl. andersfarbig 3 (ganz in Wegfall gekommen) . Früchte, getrocknete, Tafelrosinen, amerikanische (neu hinzugetreten).

Reds subtropischen Kultur im Kaukasus. e Jubtropishe Kultur entwickelt h im Kaukas1s3 recht \chnell. Außer mit Thee sind von dem Apanage-Refsort noch eine Reihe von Versuchen mit der Anpflanzung anderer subtropisher Gewächse in Tschakwa gemaht worden, wo die Bodenbeschaffenheit und das Klima hierfür geeignet erschienen. Gegenwärtig hat man s{chon Nachrichten über die Erfolge dieser Versuhe, und zwar namentlich in Bezug auf die Bambusrohrpflanzungen, Apfelsinen-, Baumwollen- pflanzen, Ramie- und einige andere tropishe Pflanzen, die man in dem Apanagengut Tschzkwa anzubauen versußt hat. Das Bambusrohr wurde von der Apanagen-Erxpedition theils aus China theils aus Japan gebracht. Vorläufig ist die Plantage zwei Dessä- tinen groß, wird fih aber vorauésihtlich von Jahr zu Jahr ver- rößern. Das Bambusrohr "giebt eine normale Ernte im vierten ahr feiner Anpflanzung. Die dritte wichtigste Branhe ift die

Kultur der Mandarinen, der kleinen süßen Apfelsinen, die widerstands- fähiger und sicherer sind als die gewöhnlihen Sorten. In Tschakwa ist ein Vorrath von daselbst gezogenen Stecklingen für eine Fläche hon fünf Defsätinen vorhanden ; dieser Vorrath soll im Jahre 1900 voll auf der im Jahre 1899 vorbereiteten Plantage verpflanzt werden. Das Unternehmen hat unzweifelhaft eine Zukunft und ver- spricht eine hohe Einnahme. Bei 300 Stück Frucht tragenden Bäumen auf einer Dessätine und bei einer Normalernte von 500 Stück pro Baum kann die Dessätine 750 Rubel brutto einbringen. Auch andere Anpflanzungen sind in Tschakwa vorzüglich fortgekommen; aus dem Bast eines dort gezogeren Baumes wird sehr gutes Papier be- reitet, auch macht man daraus vorzüglihe Tapeten, Möbelbezüge (Leder-Tapeten) und sogar Leibwäshe und Fußbekleidungen, wie sie beispiel8weise die japanishe Armee im Kriege gegen China trug.

Diese Wäsche läßt vorzüglich die Ausdünstung dur, ift warm, besißt große Dehnbarkeit und ist außerordentlich billig. Die Stoffe werden ohne Gespinnst und Gewebe hergestellt, durch einfahes Walken.

Sechs Desfsätinen Plantagen sind mit Ramie berflanzt. Nach den klimatischen Verhältnissen kann die Ramie in Tschaïwa vor- züglih gedeihen, erfordert aber eine verstärkte Bedüngung und Be- arbeitung des Bodens.

Bei der Bearbeitung mit Handbetrieb erhielt man sehr gute Fasern, die Kosten stellten fich aber auf 20 Rubel und mehr für ein Pud. (Russischer Regierungs- Anzeiger.)

Serbien.

olltarifierung von baumwollenen Geweben. Um alle Zweifel bezüglih der Verzollung der unter den Namen „Orford, Zephir, Konofos" eingehenden baumwollenen Gewebe zu beseitigen und eine gerehte und einheitlihe Behandlung dieser Waaren herbei- zuführen, hat der serbishe Finanz - Minister durch Zirkularerlaß an die Zollämter verfügt, daß die nah Herstellung und Verwendung versbiedenen Gewebe, welche im Handel die Bezeichnung „Oxford, Zepbir, Konofos“ führen, in drei Gruppen nah von ihm angenommenen Mustern eingetheilt werden. Die mit I. bezeihneten Muster find als feine und leichte Gewebe na der Tarifnummer 304 zu behandeln; die mit IL. bezeihneten Muster gehören zu den dichten baumwollenen Geweben nach der Tarifnummer 301; die mit III. beieihneten Muster sind als Oxford, Zephir und Konofos der in Nr. 296 des allgemeinen Bolle vorgesehenen Sorte und Qualität zu betrahten. Den ollämtern sind diese Muster mit der Anweisung zugefertigt worden, in Zukunft nur auf die Feinheit und Fabrikation der zur Verzollung gelangenden baumwollenen Gewebe zu achten, dieselben genau mit den drei übèrsandten nan zu vergleihen und die Waaren alsdann ohne Berücksihtigung threr Benennung in den Rechnungen und Deklarationen zu verzollen. Bei der Verzollung is das Dessin der verschiedenen Gewebe gar niht zu berücksihtigen.

Berechnung des Zolls nach dem Bruttogewicht. Im Gesetz, betreffend den allgemeinen Zolltarif vom 8. Januar 1899 („Hand.-Archiy“ 1899 I. S. 282), besteht zwishen dem Artikel 8 sub Þþ, wonach der Zoll nah dem Bruttogewiht einer Waare, auf welche nit mehr als 10 Dinar Zoll per 100 kg zu erheben ist, berechnet werden foll, und dem Artikel 21 desfelben VOEE welcher vorshreibt, daß der dem neuen Geseße angehängte Zolltarif auch weiter in Kraft bleibt, ein Widerspru, da im Tarife eine Tara auch für Waaren vorgesehen ift, welche weniger als 10 Dinar per 100 kg zahlen. Nach Vergleichung des Tariftertes mit den Bestimmungen des genannten Gesetzes hat der serbishe Finanz-Minister auf Grund des Artikels 20 des Gesetzes, betreffend den Allgemeinen Zolltarif, entschieden, daß in Zukunft der Des nach dem Bruttogewicht von allen Waaren und allen Produkten zu erheben ift, welhe im All- gemeinen Tarif unter den Nummern 1, 12, 29, 52, 96, 95, 101, 113, 114, 115, 151, 161, 208, 209, 210, 214, 215, 218, 225, 226, 233, 248, 256, 261, 266, 267, 268, 271, 286, 307, 312, 313 und 314 genannt sind. Diese Erhebung des Zolles vom Bruttogewicht der ge- nannten Waaren ift nur dann anzuwenden, wenn dieselben aus Nicht- vertragsländern eingeführt werden oder wenn bei der Verzollung aus- drücklich die Anwendung des Allgemeinen Zolltarifs von dem Fmporteur beantragt wird. Bei den aus Vertragsländern zur Einfuhr gelangenden Waaren sind bei der Verzollung bezüglih des Lara- abzuges stets die Bestimmungen der Vertragstarife anzuwenden.

M E n Enns von Olein. Olein —- Klumpen von Fett und Del ist in keinem Vertragstarife, sondern nur im Allgemeinen Polltari! in Gruppe XII sub. Nr. 273 vorgesehen, wonach dasselbe einen Einfuhrzoll zu zahlen hat. Im Gegensaß hierzu hat das Waarenverzeihniß diese Waare auf Seite 140 in die Nr. 266 des Allgemeinen Zolltarifs eingereiht und mit einem Zoll von 2 Dinar per 100 kg belastet. Zur Beseitigung dieses Widerspruhs hat der serbishe Finanz-Minister entschieden, daß Olein der Nr. 273 des Tarifs zuzurehnen ist, weil dasselbe dort ausdrücklih durch das Ge- seß, betreffend den Allgemeinen Zolltarif, vorgesehen ist. Demzufolge haben die Zollämter in diesem Sinne die erforderlihe Korrektur im Waarenverzeihniß vorzunehmen und Olein bei der Einfuhr zollfrei einzulafsen, wie dies vom Gefeß vorgesehen ift. („Srpsks Novine“ vom 24. u. 25, März/6. u. 7. April 1900, Nr. 67 u. 683.)

Vereinigte Staaten von Amerika.

Zolltarifentsheidnngen. Lithographishe Drudcke von unbedeutendem Werth, auf Holz geklebt, sind nicht als Bilder zollfrei, sondern als Holzwaaren zu verzollen.

Proben von Spirituosen und destilliertenGetränken sind ohne Rüksicht auf ihre Menge zollpflihtig, so z. B. Kognak in Flaschen von 1/10 Quart, j

Stabl in Stangen, poliert und gehärtet, Drahtmaß Nr. 4, bekannt als „drill rods“, wird nah § 135 des Tarifs zu dem entsprechenden E verzollt und wegen der Polierung mit einem Zuschlagszoll von 4 Cent pro Pfund nah § 141 belegt. Polierter, ungehärteter Stahldraht, Uhrdraht, Drahtmaß Nr. 10 und 11, unter- liegt nah § 137 des Tarifs einem Zoll von 45 %/% vom Werth.

Bei Waaren, für welche im Ausland eine Ausfuhr- vergütung nach ihrem Gewicht gewährt wird, und deren Gewicht auf dem Transport nah den Vereinigten Staaten aus natür- lichen Ursachen eine Einbuße erfahren hat, wird der Zuschlagszoll nah dem Gewicht zur Zeit ihrer Ausfuhr und niht nah dem verminderten Gewicht bemessen.

Gardinen, die zwar auf der Nottinghamer Spißengardinen- oder Kettenmaschine hergestellt sind, dann aber auf einer sogenannten „cording machine“ eine weitere Verarbeitung erfahren haben, die ihnen das Ansehen gestickter oder appliquierter Gardinen giebt und ihren Werth bedeutend erhöht, werden nicht nah § 340, sondern nah 8 339 des Tarifs verzollt.

Gereinigtes Wollfett, ein pharmazeutishes Präparat, bekannt unter der Bezeihnung „adeps lanae anhydrous“, das dem Lanolin ähnli ist, fällt niht unter den handelsüblihen Begriff „Wollfett“ und ift daher niht nach § 279, fondern nah § 3 zu

Nitrobenzol, bekannt als „künstlih-8 Bittermandelöl“ oder „Mirbanöl“ is nach § 524 des Tarifs zollfrei.

Uhrketten aus Leder und poltertem Stahl werden als ¿Schmuek[ahen- na § 434 des Tarifs mit 60% vom W verzollt.

Gebräuchlihe und gewöhnlihe Verpackungen beein - flussen niht die Tarifierung der Waare, die fie enthalten, und werden, selbst wenn fie einen höheren Werth als die Waare haben, wie diefe verzollt. Kolophonium in runden Zinnkapseln von etwa 12 Zoll Durchmesser und 14 Zoll Höhe ift nah Abschnitt 6 des Tarifs mit 209% vom Werth als „niht besonders genannter be- arbeiteter Artikel“ zu verzollen. Die Zinnkapseln sind als gebräuch:ihe Verpackung anzusehen.

Kleine Zeugproben auf Pappe in Buchform mit gedruckter Beschreibung und Bezeichnung der Muster find gemäß rihterliher Entscheidung niht nach § 501 des Tarifs zollfrei, sondern nah § 403 zu verzollen.

Lange schmale baumwollene Schnüre, Shuhband- \chnüre, die nah ihrer Einfuhr zu Schubbändern vershnitten werden, unterliegen gemäß rihterliher Entsheidung nah § 339 des Tarifs einem Zoll von 600%/9 vom Werth. j _ Bei Aethbylchlorid wird die Verpackung in Glasgefäße mit einem Verschluß ähnlih dem von Farbentuben, aus denen der Inhalt dur Drücken und Pressen mit der Hand entleert wird, als gebräuch- Ee im Sinne des Administrativgesezes vom 10. Juni 1890 an- gesehen. :

Das Modell eines menschlichen Auges fällt niht unter die nah § 638 des Tarifs zollfreien Artikel.

Gravierte Platten in Form von Tischplatten zum Gebrauch für Glasarbeiter, die zum Anbringen von Mustern und Figuren auf Glasplatten benußt werden, sind niht als gravierte

[atten im Sinne des § 166 des Tariss anzusehen; unter Tia aragraphen fallen nur die zum Druck auf Papier und ähnliches Material bestimmten Platten.

Kleine Spiegel mit Rahmen und Rüdckseite aus Kollodium, zusammen mit kleinen Schnurrbartkämmen in Kollodium- Futterale verpadt, sind nah § 17 des Tarifs mit 65 Cent pro Pfund und mit 259% vom Werth zu verzollen.

Opal in Form von kleinen Knöpfen mit viec Löchern unterliegt nah § 414 des Tarifs einem Zoll von 50% vom Werth.

Abschnitte, bestehend in Stücken roher Shlacke, von Eisen in Stangen, Stäben oder Ingots, bei deren Her- stellung Holzkohle verwendet worden ist, mit einer mehanishen Shere abgeschnitten, sind als Gußeisenabfall nach § 122 des Tarifs 4 Dollar pro Tonne zollpflihtig.

Chinesische Vogelnester unterliegen nah Abschnitt 6 des Tarifs einem Zoll von 20% vom Werth.

„Dry Ferrodor“, ein dunkelgraues feines Pulver mit metallishem Glanz, enthaltend 92,04 v/9 Eifenoryd und 8,46 9% unlöslihe Substanz, ift nach Abschnitt 6 des Tarifs mit 20 %/0 vom Werth zu verzollen.

Teakholz zum Schiffsbau iff nah § 699 des Tarifs zollfrei.

Neue Kupferbergwerke im Tanana-Distrikt.,

Nach einem Bericht des Konsuls der Vereinigten Staaten von Amerika in Dawson zieht der Tanana-Distrikt die allgemeine Auf- merksamkeit auf fich wegen des wundervollen Reichthums seiner Kupfererzlager. Große Massen fast reinen Kupfers sind an den ver- \hiedensten Orten des Landes gefunden worden, und es haben h au {on Gesellshaften zur Ausbeutung dieser Erzlager gebildet. Die unmittelbare Nähe des Prinz William-Sundes sowie der Reichs thum des Landes an Holz und Waffer sichern eine sehr günstige Ent- wickelung des Bergbaues.

Ungeachtet der Schwierigkeiten und Gefahren eines Marshes von 1200 bis 1400 Meilen über Schnee und Eis in der ungünstigften Jahreszeit sind in der Zeit vom 4. Dezember 1899 bis 1. März 1900 niht weniger als 700 Leute von Dawson nah Nome abgereift, und Tausende warten nur das Frühjahr ab, um mit erster Gelegenheit ebenfalls nah dem neuen Eldorado zu wandern, da von Nome fehr ermuthigende Berichte eingelaufen sind.

Die Ausbeate- der gegenwärtigen Saifon wird auf 20 bis 25 Millionen Dollars geschäßt, ungefähr ‘doppelt fo viel wie im Jahre zuvor. (The Journal of Commerce and Commercial Bulletin.)

Die Bevölkerung Cubas.

Die Volkszählung Cubas brachte ein unerwartetes Grgebniß in ¡weifaher Hinsicht: die Bevölkerung is ftärker, als man annahm, und die Schwarzen bilden einen kleineren Theil, als allgemein ge- {äßt wurde. Die gegenwärtige Einwohnerzahl von 1572797 ift so ftark wie vor dem Aufftande; entweder hat man früher die Ein- wohnerzahl viel zu niedrig ges{äßt, oder die Verluste infolge des Aufstandes und des Krieges sind zu bcch angegeben worden. Die farbige Bevölkerung follte nach frühberen Schätungen ungefähr die Hälfte der Einwohnerschaft bilden, einige \{chäßten sie sogar auf mehr als die Hälfte; jeßt hat sih herausgestellt, daß es auf der Insel nur 505 243 Farbige giebt, also noch etwas weniger als ein Drittel. Das weibliche Geschlecht überwiegt bei den Schwarzen um 30842 und bei den einheimisben Weißen um 15 554; die fremden Weißen sind meist Männer. Wahrscheinli% rührt diese Ueberzahl des weib- lihen Geschlechts von den Verlusten des Aufstands und Krieges her. 28 9/9 der gesammten Einwohnerschaft können lesen und shreiben, von den über zehn Jahre alten Einwohnern sind es fogar 43 9%/,. Diese Zahlen find zwar nit sehr erfreulich, aber immerhin beffer, als man E aas (The Journal of Commerce and Commercial Bulletin.

Fleishausfuhr Süd-Ausftraliens. Süd-Australien hat noch nicht 500 000 Einwohner, gleihwohl führte diese Kolonie im leßten Jahre 71 260 geshlahtete Schafe, 13682 Hammel, 407 096 Kaninchen, 14 826 Zungen, 212 812 Nieren und eine große Menge sonstiger Fleis{hftückte nach Großbritannien aus. Diese Waaren hatten einen Weg von ungefähr 12000 Meilen quer über den Aequator um die halbe Erde zurückzulegen, um einen Markt zu finden. Mit den genannten Fleischwaaren gingen auch noch aus jenem fernen Lande eine Menge Enten, Gänse, junge Enten und Hühnchen auf den europäischen Markt.

(The National Provisionoer.)

Zwangsverfteigerungen.

Beim Königlihen Amtsgeriht T Berlin gelangten dis nachbe¡eihneten Grundftüde zur Versteigerung: Chausseestraße 122, dem Rentier H. Engel gehörig, Nußzungswerth 31490 G Mit dem Meistgebot von 550 090 G wurde Rentier Samuel Friedlaender, Oranienburgerstraße 21, Erstcher. Pankstraße 5b., dem Fabrik- besißer H. Werner gehörig, Nußungswerth 7170 «4 Mit dem Baargebot von 3400 # und 90000 Hypothekenübernahme wurden Rentier F. Lück in Wilmersdorf und Genossen Ersteher. Manteuffelstraße 68, dem Tischlermeister Gustav Schmidt gehörig. Nußung8werth 18 000 4 it dem Baargebot von 20 000 und 250 000 #4 Hypothekenübernahme wurde prakt. Arzt Dr. med. S. Jacoby, Genthinerftraße 33, Ersteher. Auf- gehoben wurde das Verfahren der Zwangsversteigerung in Sahen 1, Straße 2, Abtheilung 13 1, dem Kaufmann B. Jacoby rv E 99, R. Wegener gehörig. Lehrterstraße 55, L. u. . Bohm gehörig.

verzollen.

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