1900 / 117 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 16 May 1900 18:00:01 GMT) scan diff

E E I E E E R

Persoual-Veräudernugen.

Königlich Preufische MOES a

Offiziere, Fähnriche x. Ernennungen, Beförderungen und E M ER Im aktiven Heere. Berlin, 6. Mai. Graf v. Wal ders ee, Gen. Oberst der Kav. mit dem Range eines Gen. Feldmarschalls, Gen. Adjutant Seiner Majestät des Kaisers und Königs, Gen. Inspekteur der 3. Armee-Inspiktion, Chef des Sth!e3wig. Feld-Art. Regts. Nr. 9 und à 1a suits des Königs Ulan. Regts. (1. Hannov.) Nr. 13, zum Gen. Feldmarschall, v. Deines „Gen. L. von der Armee, unter Belafsuna in dem Verhältniß als Ober- Gouverneur der Prinzen Söhue Seiner Majestät des Kaisers und Königs Königliche Hoheiten, zum Gen. Adjutanten Seiner Majestät des Kaisers und Köntgs, ernannk.

Swloß Urville, 11. Mai. v. Hahnke, Dberlt. im 1. Garde- Regt. z. F., kommandiert zur Dienstleistung beim Großen General- ftabe, für die Dauer der Mitte September d. I. abzuhaltenden

anöver der Marine an Bord S. M. Linienschifses „Kaiser riedri 111.“ kommandiert.

Abschiedsbewilligungen. Im Beurlaubtenftande. Schloß Urville, 11. Mai. Philippi, Lt. der Res. des Füs.

s. von Gersdorff (Heff.) Nr. 80, aus seinem bisherigen Militär- verbältniß auêgeshieden; gleihzeitig im Sanitätskorps und zwar als Assist. Arzt der Res. mit einem Patent vom 18. August 1899 wieder-

eftellt. E Evangelishe Militär-Geistliche.

19. April. Schönermark, Div. Pfarrer von der 33, Div. in Mdörchingen, zur 34. Div, in Met, Kliche, Di». Pfarrer von der 34. Div. in Metz, zur 33. Div. in Mörchhingen, zum 1. Mat d. I.

verseßt. ses Beamte der Militär-Verwaltung.

Durch Verfüaung des Kriegs-Ministeriums. 2. April. Rausch, Intend. Sekrztär von der Intend. des Garde-Korps, zum Geheimen expedierenden Sekretär und Kalkulator im Kriegs-PVêinifte- rium ernannt. j

4. April. Scholtz, Intend. Registrator von der Intend. des V1. Armee-Korps, zum Geheimen Registrator im Kriegs-Ministerium ernannt.

11. April. Kitte, Lazareth-Insp. auf Probe in Darmstadt, zum Lazareth-Insp. ernannt.

14. April. Bölling, Proviantamts: Kontroleur auf Probe in Dieuze, zum Proviantamts- Kontroleur ernannt.

24. April. Gerlach, Proviantamts - Assist. in Wesel, zum 1. Juli 1900 nah Breslau verseßt.

96. April. Gehry, Roßarzt der Landw. 1. Aufgebots, der Abschied bewilligt.

27. April. Michael, Intend. Referendar von der Intend. des Garde-Korp3, unter Ueberweisung zur Korps-Intend. des XIV. Armee- Korps, zum etatêmäß. Intend. Assessor, Köppe, Wirthschafts-Insp. bei dem Militär-Knaben-Erziehungsinstitut in Annaburg, zum Ren- danten bei der Unteroff. Vorschule daselbst, Teßner, Hausinsy., zum Wirthschafté-JIniv.,, Gerlach, Sekretär, zum Hausinsp., bei dem Militär-Knaben- Erziehungsinstitut in Annaburg, ernannt.

99. April. Schwenedcke, Za1hlmstr. vom Kurmätk. Drag. Regt. Nr. 14, auf seinen Antrag zum 1, Juli 1900 mit Pension in den Ruheftand verseßt. j

30. April. Lueck, Proviantamts-Assist. in Danzig, zur Armez- Konservenfabrik in Spandau, Koschorek, Proviantamts-Assist. in Koblenz, nah Danzig, versezt. Stoffregen, Proviantamts- Aspir., als Proviantamts- Assist. zum 1. Mai 1900 in Koblenz an- gestel. Steinert, Ober-Feuerwerker, zum technishen Insp. bei der Art. Pcüfungétkommission ernannt.

1. Mai. Prof. Dr. Dziobek zum etatsmäß. Lehrer bei der vereinigten Art. und Ingen. Schule, Bethke, Lazareth-Insp. in Stralsund, zum Lazareth-BVerwalt. Insp, Münhmeyer, Scneider, Intend. Bureau-Diätare von den Intendanturen des V1. und IX. Armee-Korps, zu Intend. Sekretären, Seefeldt, Kanzlei- Diätar von der Intend. des X[V. Armee-Korps, zum etatsmäßigen Intend. Kanzlisten, ernannt. '

3. Mat. Müller, Intend. Nath von der Korps-Intend. des VI. zu der des VIII. Armee - Korps, Braesemann, Intend. Sekretär von der Korps-Jatend. des VII1. Armee-Ko1ps3 zu der des Garde-Korps, Lissel, FJrtend. Sekretär von der Intend. der 10 Div.

u der Korvs-Intend. des VIII. Armee-Korps, verseßt. Deschner, Larareih: Verwal. Insp. in Roftock, auf seinen Antrag zum 1. Juni 1900 mit Pension in den Ruhestand versetzt.

5, Mai. Kleemann, Remonte-D-pot- Administrator und Ober- Insp. zu Hunneérück, der Charakter als Königlicher Ober-Amtmann vèrliehen. Paszedck, Lazareth - Insp. in Spandau, nah Rosto, For, Lazareth-Insp. in Koblenz, nah Spandau, verseßt.

8. Mai. Wilkens, Zahlwstr. Aspir., zum Zablmstr. beim IL. Armee-Korps ernannt.

Königlich Bayerische Armee.

Offiziere, Fähnriche 2x., Ernennungen, Beför- derungen und Verseßungen. Imaktiven Heere. 30. April. Ftihr. y. Pehmann, Oberlt. à la suits des 14. Jaf. Negts. Hart- mann, als überzähl. in dieses Regt. wiedereingereiht.

5, Mai. Simons, Major z. D. beim Bezirks-Kommando Ludwigshafen, Matulka, Hauptmann z. D. beim Bejirks-Kommando Dillingen, Hauner, Rittm. z. D. beim Bezirks-Kommando II München, leßtere beide unter Verleihung des Charakters als Mojor, zu Bezirks, Oifizieren erna1nt. Thaufelder, Feuerwerks-. Oberlt. der 2. Feld-Art. Brig., zum Feuerwerks- Hauptm., Unger, Feuerwerks- Lt. des Art. Depots Augéburg, kommandiert zum Filial-Art. Depot Lechfeld, zum Feuerweiks Oberlt, Winterstein, Ober-Feuerwerker des 1. Fuß- Art. R-gts3. vakant Bothmer, zum Feuerwerks-Lt., befördert.

Abschiedsbewilligungen. Im aktiven Heere. 28. April. Noth, Fähnr. des 7. Inf. Regts. Prinz Leopold, zur Disp der EGcfaßbehörden entlafsen.

2. Mai Kremnißt, Lt. des 5. Chev. Regts. Erzherzog Albrecht von Oefterreih, behufs Uebertritts in Königl. preuß. Militärdienste der Abschied bewilligt.

5, Mai. Weißmann, Major z. D. und Bezirks-Offizier beim Bezirks-Kommando 11 München, mit der Erlaubniß zum Tragen der Uniform des 4. Inf. Negts. König Wilhelm von Württemberg und unter Verleihuna des Charakt-rs als Oberstlt, Edrich, Major z. D. und Bezirks-Offizier beim Bezirks-Kommando Dillingen, mit der Er- [laubniß zum Tragen der Uniform des 9. Inf. Regts. Wrede, v. Moers, Mojor z. D. und Bezirks-Offizier beim Beziks- Kommando Ludwigshafen, mit der Erlaubniß zum CTragen der Uniform des 7. Infanterie-Regiments Prinz Leopo!d, Fischer, Feuerweiks-Hauptm. des Art. Depots Ingolstadt, komman- diert zum Filial-Art. Depot Neu-Ulm, mit der Erlaubniß zum Tragen der bi:herigen Uniforw, sämmtlihen mit den für Verabschiedete vorgeschriebenen Abzeichen mit der geseßlihen Pension der Abschied

bewilligt. Beamte der Militär-Verwaltung.

5, Mai, Lü\t, Kasernen-Insp. der Garn. Verwalt. München, kommandiert im Kriegs-Minifterium, zum Garn. Verwalt. Jnsp. be- fördert. Aumann, Kasernen - Insp. auf Probe und Militär- Anwä Fes zum Kasernen-Jnsp. bei der Garn. Verwaltung Ingolstadt ernannt.

Deutscher Reichstag.

194. Sißung vom 15. Mai 1900, 1 Uhr. Ueber den Anfang der Sißung wurde in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet. Es folgt die zweite Berathung des Entwurfs eines See- Unfallversicherungsgeseßes auf Grund der Beschlüsse

81 bestimmt über den Umfang der Versicherung. Danach fallen unter die Versicherungspflicht die Schffsbesaßungen auf deutshen Seefahrzeugen und die in inländishen Betrieben, s{hwimmenden Docks, Lootsen-, - Rettungs- und Bergungsfahr- zeugen beschäftigten Personen.

Abg. Molkenbuhr (Soz.) befürwortet einen Antrag, dem & 1 folgende Eraänzungen hinzuzufügen: , „Klimatishe Krankheiten und diejenigen Todesfälle auf See oder îm Auslande, welhe nit nach- weislih auf außerhalb des Betriebes Legende Ursachen zurückzuführen sind, find als Unsälle im Sinne diefes Geseges zu erahten." Der Antragsteller weist darauf hin, daß auch in der See-Berufsg-noffen- \cháft jelbst diese Forderung: im!Prinzip als berehtigt anerkannt worden sei, und sucht darzulegen, daß die Frage am Kostenpunkt nicht \cheitern könne.

Geheimer Ober - Regierungsrath im Reichzamt des Innern Caspar: Der Antrag hat thatsählich eine lange Vorgeschichte. Gegen die Forderung ist stets der Haupteinwand erhoben worden, daß, wenn man die flimatishen Krankheiten hier als Unfälle gelten laffen will, überhaupt die sogenannten Berufskcankheiten bei der Unfallv:r- sicherung besonders in Betracht zu ziehen siad. Bei der Sec-Berufs- genossenschaft i indessen dur die neue Invaliden-Versicherungsgeseßz- gebung die Möglichkeit gegeben, eine Wittwen- und Waisenversierung für die Seeleute durchzuführen, welche2 auch für die im Antrage berührten Eventualitäten Fürsorge trifft. Der Zeitpunkt für diefen An- trag ist also niht opportun gewählt, da die praftishe Durhführung dieser Vorschriften des Fuyelihen- Daf Beraagögeleyes noch aussteht, Der Kostenpunkt is auch nit außer Acht zu lassen; die Belastung der See-Berufsgenofsenshaft wird durch die jeßt zu berathende Vors lage erheblich erböht und würde mit der Annahme dieses Antrages um weitere 25 9/0 erhöht werden.

8 1 wird nah Ablehnung des Antrages Molkenbuhr un- verändert nach der von der Kommission beschlossenen Fassung angenommen. y

Nach § 8 ist Gegenstand der Versicherung der Ersaß des Schadens, welcher durch Körperverlezung und Tödtung entsteht.

In den Absäßen 2 und 3 des § 8 wird bestimmt, daß dem Verleßten und seinen Hinterbliebenen ein Anspruch nicht zusteht, wenn er den Unfall vorsäßlich herbeigeführt hat; der Anspruch kann ganz oder theilweise abgelehnt werden, wenn der Verleßte den Unfall bei Begehung eines Verbrechens oder vorsäglihen Vergehens sich zugezogen hat; die Ableznung kann auch ohne Feststellung dur strafgerichtlihes Urtheil e: folgen, falls diese Fesistelung wegen des Todes oder der Abwesenheit des Betr ffenden oder aus einem anderen in seiner Person liegenden Grunde nicht erfolgen kann. Die Abgg. Albrecht und Genossen (Soz.) beantragen die Streihung der Ab- säße 2 und 3.

Abg. Molkenbuhr empfiehlt diesen Antrag zur Annahme. Er weist darauf hin, daß unter die Kategorie der ganz oder theilweise abzulehnenden Ansprüche die zablreihen Fälle gerechnet werden würden, in denen ein sogenannter „Selbstmord“ vorliege. Als Selbstmorde würden erfahrunz8mäßig auf den Schiffen eine große Z1hl von töôdt- lichen Unfällea angesehen, welche aus irgend welhen Gründen ni&kt hätten aufgeklärt werden fönnen. Anders sei die unverhältnißmäßig große Zahl der „Selbstmorde“ auf den deutshen Schiffen garnicht zu er- klären. Sehr oft komme es vor, daß die in den Vaschinen- und Kesselräumen be|chäftigten Lzute, die in furhtbarer Hit? arbeiten müßten, fich einmal aus d:r Luke hberausbözen, um etwas fcishe Luft zu \{chöpfen, ih hierbei hinauslegten, ins Wasser fielen und ertränken; in solchen Fällen werde vielfah keine Rente gezablt, wenn Zugen des Vorfalls niht vorhanden wären. Solche Beispiele spielten siv nicht nur auf dem ersten besten Sbiffe ab, sondern auch ¿. B. auf dea Lloyddampfern und anderen Schiffen, die den Stolz unserer Handel flotte bildeten. Vor dem Seeamt in Hambdurg fei ein derartiger Fall verhandelt worden, der einen 16jährigen Steward betroffen habe, Ein anderer Fall babe eine Anklage gegen einen Seemann betroffen, der der Meuterei beshuldigt worden, weil er einen betrunkenen Kapi'än, der das Sciff in Gefahr bracht?-, dur Einsperren hätte unshädlich machen lassen; der Mann sei glänzend freig: sprohen worden.

Gehbeiwer Ober-Regierungsrath Caspar bittet, den § 8 unver- ändert zu laffen. Es müßten die gleihen G: undsäge für die gesammte Unfallve1 sicherung gelten. Lägen Källe vor, wo der Verunglückte in seiner freien Selbstbestimmung behindert gewesen sei, so finde eben arch eine nähere Prüfung der besoaderen Umstände des Falles statt. Der zuleßt erwähnte Fall habe ja mit Freisprehung geend:t, komme hier also garniht in Betracht. 5

Aba. Stadthagen (Soz.) fübrt aus, die vorgetragenen Fälle seien doch schlagend genug. Die Seeleute würden unmöglich verstehen können, wie man ihnen hier eine Minderung ihrer berehtigten An- sprüche auferleg-n könne. Kein Fall sei in der Kommission oder im Plenum angeführt worden, daß eine Rente unberehtigter Weise be- will’‘gt worden wäre. Heute werde die Rente in den Fällen der Ab- säße 2 und 3 gezahlt; das solle nun anders werden, und eine solche Verschlehterung werde ledigli damit motiviert, daß die Gruntsäge der Rentengewährung für alle Zveige der Unfallve: sicherung bie gleichen sein sollten. Redner bittet, diesem neuen Ausnabmegefeßz gegen die Seeleute nicht zuzustimmen.

Der 8 8 wird unverändert angenommen. L

Nach § 9a gilt als Jahresarbeitsoerdienst der zur Schiffs- besaßung gchöcenden Pe1 sonen das Elffache (Vorlage: Zehnfache) desjenigen vom Reichskanzler festzusez-nden Durchschnitte- betrags, welcher b.i der Anmusteiung oder Anwerbung durch- schnittlih für den Monat an Lohn (Heuer) oder Gehait ge- währt wird, unter Hinzurchnung von 2, des für Vollmatrosen geltenden Durchschnittssaßzes als Geldwerth der auf Scefahr- zeugen gewäh! ten Beköstigung. § 9b besagt, daß als Jahres- arbeiteverdienst der übrigen auf Grund des § 1 versicherten Personen das 300fache des durhschnittlihen, täglichen Ver- dienstes gelten soll.

Abg. Molkenbuhr führt aus, es sei vorhin die Rede davon gewesen, daß für die gesammte Unfallversicherung dieselben Grundsäße in Geltuna geseßt werden sollten; hier werde dieses Prinzip aber verlegt. Die See-Unfall- Berufsgenossenschaft hate sih bereit erklärt, statt des geltenden Neunfohen das Zebnfache der monatlihen Heuer der Rentenberehnung zu Grunde legen zu lassen; die weitergehenden Ansprüche aber seien unberechtigt. Warrm dies unberehtigt sein folle, werde niht gesagt und könne au nicht g-fagt werden, dcnn es sei eben absolut niht zu begründen, weshalb die Wittwen der Seeleute durchaus cine geringere Rente erhalten \cllten, als die Wittwen anderer gegen U-fälle reihsgeseglih versicherter Per- fonen. Die Unafallrenten der Se l-ute seien von jeher die nicdri„sten und unzureihendsten gewesen. Das werde nit eher beser werden, als bis man mit dem veralteten System der Durchschaittslöhne breche und nah bem Individuallohn die Renten bemesse. Dieses bezwedcke der fozialdemokratische Antrag, den § 9a und im § 9b das Wort „Übrigen“ zu streichen. Auch gegen dieses Verlangen hab2z man den Einwand der praktishen Undurch*ührbarkeit erhoben. Aber gerade das j ige Verfahren der See-Unfall- Berufsgenoss:n\haft fei mit so viel Weiterungen und Schwieri„kéeiten vaknüpft, das das Umlageverfzhren auf Grund ter Individuallöbne ohne weiteres eine Vereinfahung darstellen würde. Der weitere Einwaxnd, daß es bei der Shiffämann- {haft sih um ein ganz befonders stark fluktuierendcs Element handle, halte auch nit stand; denn größer als bei den Bauarbeitern dürfte das Hinundberziehen auch bei den Seeleuten nicht sein, und die Bau- arbeiter erfreuten sih doch der Rentenberehnung na dem Individual- lohn. Es werde ferner darauf hivcewiesen, daß die Ofitsee- rhederei die daraus _erwachsende Laft niht tragen könnte. Thatsählih fei die Oftseerhederei sehr stark zurückzegangen, die

der XXI. Kommission.

Nordseerhederei entsprehend gewachsen; wolle man aljo die kleine

Ofitfeerhederei \{üßen, so müßte erft recht znm lohn übergegangen werden; denn die Ofifzerhederei Zodivid aus die niedrigeren Hzuern. Die Bemessung nach den Indivi t lohn würde übrigens keineswegs allein dem höheren, sondern aud e unteren Perfonal, ‘so den Hetzern 1. f. w., zuw gute kommen, tem dem Durchschnittslohn kämen manchmal-Renten zum Vorschein einen geradezu lähherlihen Eindruck machten; folle gar, wie bige das unrichtige Prinzip bestehen bleiben, daß die niedrige Diiseeheu,! als Durchschnitt gelte, dann erfolge eine direkte Schädigung Krüppel. der Wittwen und Waisen, und nicht etwa zu Gunsten kleinen Rhedereien, sondern gerade zu Gunsten der großen Nords Nhedereien, der großen Hamburger und Bremer Afktien-Rhedereiet die allein die größere N des ganzen Rhedereibetriebs beberrs(ten Direktor -im -Reich3amt -des Janern Dr. von Woedtke: Jh

kann rit zugeben, daß die Seeleute in diesem Gesetz als oder Krüppel behandelt, auf Almosen angewiesen werden. Die Vor, lage erhöht den Umfang dec L?istungen für die Szeschiffahrt treibende

Bevölkerung ganz erheblih. Bei der Seeshiffahrt spielt der Zufall einz weit größere Rolle als in irgend einem anderen Betriebe: Zufall dar¡ aber keine maßgebende Rolle bei der Rentenberechaung spielen.

Unter Ablehnung des Antrags Albreht und Geno werden die §8 9a und 9b unverändert in der Faffung M sie durh die Kommission erhalten haben, angenommen.

8 9c besagt unter anderem, daß, wenn der Jahresarbeitz. verdienst den 300fachen Betrag des ortsüblichen Tagelohns ge wöhnliher Tagearbeiter niht erreiht, leßterer als Jahres: arbeitsverdienst zu gelten hat; ist die Rente nah einem geringeren Durchschnittsbetrage bemessen, #\o ift dicselbe bei Seeleuten vom vollendeten 18. Lebensjahre nach dem für Leichtmatrosen, und vom vollendeten 20. Lebensjahre nach dem für Vollmatrosen festgeseßten Durchshnittsbetrage der Lohn- säße auf den nah dem orisüblihen Tagelogn Ecwachsener fest geseßten Betrag zu erhöhen.

Ein Antrag der Abgg. Albrecht und Genossen, an Stelle des 18. und 20. das vollendete 17. bezw. 19. Lebensjahr zu seßen, wird von dem Abg. Molkenbuhr befürwortet und trog des Widerspruchs des Direktors im Reichsamt des Jnnern Dr. von Woedtke von der Mehrheit angenommen.

8 13 f lautet:

: Die Hinterbliebenen eines Ausländers, welhe zur Zeit dez Unfalls niht im Julande oder an Bord eines deut|hen Schiffez

ibren gewöhnlihen Aufenthalt hatten, haben keinen Anspru auf |

diz Rente. Durch Beschluß des Bundesrath3 kann diese Bestim- mung für bestimmte Grenzbezirke sowie für die Angehörigen soldher auswärtigen Staaten, durch deren Gesezzebung eine entsprehende Aliriorge für die Hinterbliebenen durch Betrciebsunfall getödteter eutsher gewährleistet ist, außer Kraft gesetzt werden. Abg. Molkenbu hr beantragt, den § 13 f zu streichen. Der Antrag wird abgelehnt, § 13f. unverändert an- genommen. : In § 34: „Für jedes Fahrzeug wird die dur@{scnitilice ahl derjenigen Seeleute angeseßt, welhe a!s Besaßung det: elben erforderlich sind“, wird auf Antrag des Abg. Dr. Lehr (nl.) hinter „Fahrzeug“ eingeschaltet „mit Ausnahme der in Schlepper- und Leichterbetrieben verwendeten Fahr: euge“. : In den Bestimmungen über die Feststellung der Ent: \hädigungen, Kapitalsabfindungen 2c., §8 67, 70, 75, werden ohne Debatte auf Antrag der Abgg. von Blödau (b. k. F),

Fishbeck (fr. Volksp.), Hofmann-Dillenburg (nl.) und F

Freiherr von Richthofen (d. kons.) dieselben Abänderungen beschlossen, welche bei der zweiten Lesung des Gewerbe-Unfall- versicherungsgeseßes zur Annahme gelangt sind.

Der 8 74 a lautet:

Das Recht auf Bezug der Rente ruht, solange der Berehtigte eine die Dauer von einem Monat übersteigende Freiheitsstrafe ver- büßt, oder folange er in einem Arbeitshaufe oder einer Besserung# anstalt untergebraht ift. Hat der Berehtigte im Inlande wohnende Angehörige, welche im Falle seines Todes Anspru auf Rente haben würden, fo ift diesen die Rente bis zur Höhe jenes Anspruchs zu überwcisen.

Abg. Dr. Semler (nl.) beantragt, die Rente auc dann ruhen zu lassen, wenn sich der Berehtigte dem Dienst entzogen oder eiue fremde Staat8angehörigkeit erworben habe, fo lange er nit wieder auf einem deatsch:n Schif angemustert sei oder im Inlande seinen gewöhnlihzn Aufenthalt genommen habe 81 dec Seemannsordnung); ferner so lange der Berechtigte, ohne au} einem deutschen Schiff an- gemustert zu sein, im Inlande sich aufhalte und es unterlafse, der Berufsgenofsenchaft seinen Aufenthalt mitzutheilen. Der Antrag steller hâlt dafür, daß in den beiden von ihm angeführtea Punkten die Betreffenden den Shuß und die Begünstigung der See:Unfall- versicherung nit verdienten. Auch die See- Unfallverufsgenofsenschaft lege aroßen Werth auf die Annahme dieser Antiägze.

Abg. Molkenbuhr: Der Antrag seßt ledigli eine neue Strafe auf die Desertion. Es is absolut niht zu verstehen, weshalb ein Nerletter eiae \{chwerere Strafe erleiden joll, als ein Nichivaeilegter. Der Fall, daß die Schiffsmannschaften aus Nothwehr zur Desertion greifen, ift garnicht so selten. Deutsche Dampfer, welche vom La Plata nach Hamburg fahren, kümmern \ih, bis sie nah Deptford kommen, wo die Ladung gelöst wird, niht um die Unfalliverhütungsvo: schriften, sondern muthen den Mannschaften derartige U?beranftrengungen i daß man es nur zu begreiflich findet, wenn sie desertieren. Auf der Fahrt nah H2mburg wird dann alles Verdächtige beseitigt, und In Hamburg läuft s{ließlich der Dampfer ein, an welchem der fon! trolierendz Be1mte absolut niúts aus¡usetzen findet.

Abg. Noesicke- Dessau (b. k. F.) kann dem Antrage Semler (der inzwischen eine berihtigte Faffung erfahren hat, welche aber der Presse nicht rechtzeitig zugänglih gemacht wird und bei der Verlesurs auf der Tribüne nicht verstanden wurde) nicht zustimmen, will ihn vielmehr dahin atändern, daß die Rente nur ruhen solle, so lange de Berechtigte auf einem fremdea Kriegsschiffe Dierste thue.

Abg. Dr. Semler bleibt dabei, daß die ,Desertion*® nit den S#H§uy des Gesegzes verdiene. U

Aba. Molkenbuhr: Die See-Unfall- Beruf3genossenschaft ift vs einzige, welche Lücken des Gejezes au8genußt hat, um Rentenberehtig!® um die Rente zu bringen.

Direk:or im Reichzamt des Innern Dr. von Woedtke: Einen Anspruch auf Rente hat nuc der, dem ein Anspruh gegeben wee ift; enthält das Ges: eine Lücke, so ist kein An}pruch gegeben, und L fann also auch keiner entzogen werden. Mit diesem Vorwurfe ges die See- Berufsgenofsenschaft sollte der Vorredner also do N mebr kommen. Dem Komwissionsbeshluß würde allerdings t ursprünglihe Worilaut vorzuzieben sein, wonach die Rente rude foll, so lange dec Bercchtigte niht im Jalande seinen gewöhulid/n Xufenthalt hat. i hr

Nach einer kurzen Erwiderung des Abg. Molkenbt? wird der § 74a mit dem Antrag Roesicke und dem E Theil des Antrags Semler („Solange der Berechtigte [i ! Auslande aufhält 2c.“) angenommen. ; Be

Nach d 75 kann die Abfindung mit dem dreifachen a4 trage der Rente auf Antrag des Enischäoigungsberech!!| statifinden. / u!

Abg. Dr. Semler beantragt, die Worte „auf seinen An nf zu streichen ; es gehörten zu der Schifftbesaßung Chinesen, Jene vor allem aber Neger, von denen man keinen Antrag erlangen allen

Abg. Melkenbuhr: Auch mit diesem Antrage würde hut Ausländern, nicht nur den erwähnten, gegenüber ein neues Ausna recht geschaffen werden.

2 :

Der Antrag: Semler: wird abgelehnt. _ 92 [wollen die Sozialdemokraten eine Be- ng : inzugefügt wissen, wonach neben dem Vorstande

Pr Berufeg-nossenshaft und des Seemannsamtes auch die Polizeibehörde das Recht haben solle, Geldstrafen für die Nichtb:folgung von E gor a Nes festzuseßen. "Der Antrag, den Abg. Molkenbuhr vertheidigt, wird ohne weitere Debatte abgelehnt.

Als neuen § 9a beantragen die Sozialdemokraten folgende Einschaltung:

Oer Bundesrath oder eine von diesem zu bezeihnende Be- hôrde hat für j-des Seeschiff eine Tiefladelinie und eine Be- mannungs\kala feftzuseen. Ein Rheder, sowie ein Schhiffsführer, der aegen die dieserhalb ergangenen Festseßungen verftößt, wird mit Geldstrafe von 500 bis 5000 4 bestraft. Neben der Geldstrafe kann Gefängnißstrafe bis zu 2 Jahren und auf Verluft der bürger- lichen Ebrenredte erkannt werden.“

Abg. Sbartbagen (Soz.) führt aus: wenn auÿ der Berufs- genossenschaft das Recht zum EGrlaß von Unfallverhütungsvorschriften nit abgesprohen werden folle, so wüßte doch das Gescß selbft au für den Inhalt und Umfang dieser Vorschriften feste Anhalt2 punkte bieten. Die bisher erlassenen Unfallverhütung8vorschriften der See- Berufsgenofsenschaften enthielten nur allgemeine Bemerkungen, ohne im Einzelnen anzuzeben, wie verstaut werden folle, was ordnungs- mäßige oder gehörige A sei 2. Das alles biete der Mannschaft nicht den geringsten positiven Schuß; praktische Seeleute n mit Recht, es sei widexsianig, von der Stelle. wo der Geldbeutel des Rheders eine Rolle spiele, wirk- same Unfallverhütunasvorschriften zu erwarten. Es müßte also eine Befugniß oder Verx fl'chtung nicht dem interessierten Theile, fondern einer unabhängigen Bebörde übertragen werden. Als nothdücftig genügende Sicherung sehe man in den Kreisen der Seeleute die obligatorish? Festseßung der Tiefladelinie für jedes Sch:ff und der Bemannu gs\kala an. England habe ja schon geseßlih die Tieflade- linie eingeführt; nah diefem Vorgange sei etne ernste Einwendung egen dieses Verlangen nit mehr mözlih. Habe doch neulich der

aiser der H1mburga- Amerika-Linie zur Einführung der Tiefladelinie auf ihren Schiffen Seine besondere Anerkennung ausgesprochen.

Abg. Raab (Reformp.) führt zahlreihe Erkenntnisse der See- ämter an, wonach, wie er behauptet, der Untergang gewisser Schiffe lediglih auf ihre S:e-Untüchtigkeit oder ihre ungenügende Bemannung urüdzuführen fei. Schiffe, die seeuntühtig oder zu schwach bemannt os, müßten fkondemniert werden. . Der fozialdemokratishe Antrag sei also anzunehmen.

Staatssekretär des Jnnern, Staats-Minister Dr. Graf von Posadowsky-Wehner:

Meine Herren! Es würde zunähhst cin cigenthümliher Vorgang sein, abweihend vou allen anderen Unfallversiherung3geseßen, in diesem Geseße nit nur die Befugniß der Berufsgencssenschaft und der Aussihtsbehörden feftzustellen, Unfallverhütungsvorschriften zu erlaffen, sondern gleichzeitig ganz bestimmte Unfallverhütungsrorschriften aufzu- nehmen. Gerade die beiden Fragen, die hier in dem Antrage der soztaldemokratishen Partei erwährt find, find t:chnisch so außer- ordentli {wieriger Natur, daß sie mit einem Paragrzphßen in einem Gesetze niht erledigt werden können, und daß auc der Bunde£- rath nit in der Lage wäre, die Verartwortung für die Aus- führung eines derartigen Paragraphen zu übernehmen, der in seiner Fassung lange niht weit genug geht und die Materie nit eingehend genug regelt, um daraufhin eine für unsere Schiffahrt so wichtige Maßregel zu treffen. Jch kann versichern, deß fh die Berufsgenofsen- haften mit beiden Fragen eingehend beschäftigen; aber diese Fragen find wegen threr technischen S{mwierigkeiten und der vielfa au augeinanderg?ehenden technischen Arsihten ncch niht zum Abschluß ges diehen, Jch glaube aber, daß es möglich sein wird, doch nach irgend einer Richtung hin eine befrietigende Lösung der gerügten Mißstände zu finden; eine bestimmte Erklärurg bin ich j2doch heute noch nit in der Lage abzugeben.

Abg. Molkenbuhr: So gut, wie- England es gethan hat, kann auch Deutschland diese beiden Fragen zu befrtedigender Lösung bringen. Es ift ganz veikeh1t, die Regelung fo wichtiger Dinge der See: Berufégenofsenshast allein zu überlaff-n. Wznn wir den Eng- ländern hon font nahstreben, sollten wir es doch auch thun, wo sie uns mit gutem Beispiel vorangeçcangen sind. Jedenfalls haken die Englänter mit dem Gesetz über die Tiefladelinie und die Bemannungs- sfala ihrer Handelt mzrine keinen {lehten Dienst zu erweisen geglaubt.

Abg. Raab glaubt, den Erklärungen des Staatssekretärs aller- dings die Hoffnung entnehmen zu können, daß, wenn auh nit bei dieser Gelegenheit, so tod in nit zu ferner Zukunft das Erforderliche eshehea werde. Die Hoffnungsfreutigkeit auf die Arbeit der S:e-

erufégenossenshaft werde aker doch erheblih berabgestimmt, wenn man sehe, wie die See-Berufêgenofsenschaft bisher diefen Forderungen gegenübergeftanden habe.

Der Antrag Albrecht und Genossen wird gegen die Stimmen der Sozialdemokraten und der Reformpartei, sowie einiger weniger Konservativen abgelehnt.

Der Rest des Gescßes wird nah unwesentliher Debatte

„nur redaftionell in einigen Punkten verändcrt angenommen.

Von der Kommission ist eine Resolution in Vor- shlag gebracht :

„die verbündeten Regierungen zu ersuhen, in Erwägungen darüber einzutreten, ob und in welher Weise für die in den Schußz- ebieten des Deutschen Reiches oder sonft im Auslande in deutschen

etrich:n beschäftigten Betriebsbeamten und Arbeiter eine Unfall- versiberuna einzuführen ift.“ Die Resolution wird ohne Debatte angenommen und darauf die Vertagung beschloss-n. Schluß 51/2 Uhr. Nächste Sizung Mittwoch 1 Uhr M alsdala, Geseßentwurf, betr. die Unfallfürsorge für efangene). Auf Anregung des Abg. Nickert sagt der Präsident Graf von Ballestrem zu, das Münzgesez auh baldmöglichst auf Tagesordnung zu setzen.

Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten.

67. Sigung vom 15. Mai 1900, 11 Uhr.

Auf der Tagesordnung steht zunächst die Fnterpellation der Abgg. Dr. Hirsch (fc. Volksp.) und Genossen:

«Welche Maßregeln bteabsihtizt die Königliche Staatêregierung

c ergreifen, um die durch Versandung verurfachte

perrung des Memeler Hafens, durch welche der Hindel

Und die Schiffahrt der Grenz;st2dt Memel und die Lebensinteressen

ihrer Einwohnerschaft cefährdet werden, zu beseitigen und deren Wiederkehr für die Zukunft zu verhüten ?*

Hs Der Minister der öffentlihea Arbeiten von Thielen er- bie sich zur sofortigen Beantwortung der Interpellation

J je Abg Dr. Krieger- Königsberg (fr. Volksp.) begründet dte nep:Tlation: Der Hafen in Memel ift \chon seit den siebziger gabren wiederholt verjand-t. Der H1ndel Memels wird dadurch auf \{werfte aeshädizt. Die Hafeneinfahrt ift so eng, daß nicht zwei iffe einauder ausweichen Tôanen und eins immer vor der Ginfahrt

‘liegen bleiben muß. Die Interessen Memels decken mit denen der Landwirtbscha\t im Memeler Kreise. Durch O mi allein ist nicht zu helfen, die Einfahrt ift t:chnisch{ unrichtig angelegt. Die Molen sind unzulänglih. Son seit den sechziger Jahren hat die Kaufmannschaft auf diese Uebelstände hingewiesen, und sie hat wieder- holt darum petitioniert, daß die Südzrmole bis zur Höhe: der Norder- molé weiter ausgebaut werde. Wir wollen hören. was die Regierung beabsichtigt, um dauernd eine Verbesserung des Memeler Hafens hber- beizusühren. Finanzielle Bedenken können hier nit in Frage kommen. Diese Interessen find denen gleihwerthig, welhen die Hohwasser- vorlagen dienen. Bedeutende Firmen sehen ih bereits vor die Noth- wendigkeit geftellt, ihren Siß nah Libau zu verlegen.

Minister der öffentlichen Arbeiten von Thielen:

Meine Herren! Jh kann zunächst dem Vorredner meinen Dank aussprechen, daß er in durhaus ruhiger Weise diese Frage in seiner Begründung der Interpellation erörtert hat, die namentli in der lokalen Pcesse große Aufregunz und eine Tonart hervorgerufen hat, die manchmal von einer sachlihen Erörterung fi weit entfernte.

Meine Herren, an allen sandigen Küsten, zu denen die preußischen Oftseeküsten in ganz hervorragender Weise zu rehnen find, [eiden die Häfen zeitweise mehr oder minder an Versandungen, welche die Ein- und Ausfahrt in nahtheiliger Wiise verändern. Durch Wind und*durch Küstenftrom werden große Sandmassen, insbesondere bei westlihen und südwestlihen Winden, in Bewegung geseßt und theilweise in die Hafenmündungen abgelagert, namentliß an den Stellen, wo eine geringere W-llenbewegung ftattfindet. Die Beseitigung diejer Sandmassen is mehr ‘oder minder schwierig, je naÿßdem man lediglih auf fkünstlißhe Mittel angewiesen ift oder în dem autgehenden Strom einen natürlichen Bundesgenofsen findet. Der ausgehende Hzffstrom in M-:mel ift aber nur ein {chwaßer Bundesgenofse und ein Bundesgenofse, der nur zu gewissen Zeiten wirksam is, Es ist daher nothwendig, daß die Beseitigung der Sandmasfsen in erster Linie auf künftlißem Wege erfolgt. Als den wirksamften und erfolgreihsten Weg hat die Bau- verwaltung bisher fteis die Baggerung angesehen. Es3 sind deswegen in Memel 2 Seebagger, und zwar nach älterer Konstruktion als Eimerbagger, ftationiert. Diese Bazger haben bis in den vortgen Herbst hinein ausreihende Dienfte geleistet und die hie und da aufgetretenen Versandungen beseitigt. Es find dadur allerdings fehr erhebli®e Kosten entstanden. Die Baggerkosten in Memel beiragen im DurHhschnitt des Jahres 150 000 4, die allgemeinen Unterhalturgskoften des Hafens 230 000 (G und außerdem wird als ein drittes Hilf3mittel herangezogen die Befestigung der Dünen; auch für diese wird jährliG ein Betraa von 100 000 bis 150 009 M ausgegeben.

Nun traten im vorigen Hz2rbft ganz außergewöhnlich ftarke Stürme ein, stark und anhaltend, die ganz gewaltige Sandmafsen heran» führten. Es waren Stürme hauptsählih aus den gefägßrlihften Eden heraus, aus Westen und Südwesten. Die Sandmasfsen lagerten ih wie immer auch theilweise in dem Hafeneingang ab. Um fie zu beseitigen, wurden, soweit der Szegang es möglich mate, die in Memel \tationierten Bagger herangezogen ; da deren Kräfte aber nit ausreihend waren gegenüber den foloffalen abgelagerten Massen, so wurde ein neuer, n3aŸ einem anderen System qe- bauter Bagger, der in Pillau stationiert war, der Bagger „Nogat“, zur Hilfeleistung herangezogen. Dieser Bagger „Nogat“ ift drei Monate in Memel thätig gewesen und hat das Fahrwasser wieder auf cine Tiefe von 5,20 m gebraht. Diese neue Art von Baggern das möhte ich hier eiaschzlten unterscheidet sh von den bisherigen Eimerbaggern dadur, daß leßtere Prähme nöthighaben, um ihreBaggermassen fortzubringen, während die sogenannten Hobberbagger, wie die „Nogat“, die gebaggerten Sandmasszn in ziemlich großem Umfange selbs aufnehmen können und fie dann in die See transportieren. Außerdem sind diese Hobberbagger neuerer Konstruk- tion fehr erheblich stärker und mehr geeignet, auch an sih dem See- gang zu widerstehen, während die Eimerbagzer mit ihren Pcrähmen natürlih {on viel früher wieder in den Hafen zurückfehren müssen. Von diesen Hobberbazgern, die sfich durhaus bewährt Haben, sind drei neu in Bestellung gegeben, von denen einer für Memel, einer für die pommershe Küste und einer für Emden bestimmt ift. Der Preis eines solhen Baggers beträgt 350 000 Nun beträgt die Normaltiefe des Hafeneingangs 6 m im sogenanyten Seetief und weiter hinaus im sogenannten Seegatt 6} m. Der Bagger „Nogat* ging am 1. Februar wieder nah Pillau, um dort die nöthigen Reparaturen an \sih vornehmen zu lafsen und zugleich wieder an seinem Stationsorte Dienst zu thun.

Inzwischen traten im Frühj2hr noch beftigere Stürme als die des Herbstes ein und warfen in verhältnißmäßig kurzer Zeit so viel Sand in die Hafenmündung, daß die Fahrtiefe bis auf 4,40 m herunterfank. Es wurde infolge defsen, nahdem die Peilung vorgenommen war, sofort und noch ebe seitens der Memeler Kaufmannschaft und der Memeler Presse in der Beziehung Schritte gethan waren, die „Nogat“ wieder nah Memel beordert, obwohl auc in Pillau dringende Arbeit für sie war, da die Fabrtiefe im Pillauer Hafen auh 1 m unter normal war. Inzwischen ift die „Nogat* Ende voriger Woche scchs Taze in Thätigkeit gewesen und hat ein niht ganz unbeträhtilihes Quantum von Sand aus der Mündung herausgeshaft. Viel wirksamer dagegen hat sich der natürlide Bundesgenofse in diesem Falle gezeigt, nämli der auslaufende Haffstrom. Das Haff war dur die auflandigen Winde außerordentli gespannt in seiner Wasserböhe. Dazu kimen die Frühjahrswasser aus den dem Haff zufließenden Flüssen, Als nun ftatt der auflandigen ablandige Winde eintraten, konnte das Haff sich entleeren, und es entstand ein fehr erhebli%er auélaufender Strom, der das Hoff, den Hafen, das Seetief und das Seegatt erheblih von den Sandmassen reinigte, sodaß Ende der vorigen Woche wieder cine Tiefe von 5,20 m glücklih hergestelt war. Als Beweis dafür, daß das richtig ift, ift am vorigen Freitag oder Sonnabend ih weiß niht genau den Tag bereits ein Shiff mit 5,20 m Tiefe in den Memeler Hafen eingelaufen.

Meine Herren, die Staatsregierung ift aber keineswegs geneigt, ih mit diesen Erfolgen zu beruhigen. Die Erfahrungen, die fie im leßten Winter und in diesem Frühjahr gemacht bat, lassen es als Pflicht erkennen, wirksamere, dauerndere Maßregeln zu ergreifen, um ähnlihzn Zuständen, die allerdings für eine Handcls- und Seestadt verderblih wiiken, vorzubeugen. Meine Herren, es ift daher son seit einiger Zeit der Auftrag ertheilt worden, ein Projekt auszu- arbeiten, um die Südermole zu verlängern. Auh die Staatsregierung is zu der Auffassung gekommen, daß dieses Mittel sich wohl wirksam erweisen würde gegenüber den Mißständen, die

durch die Versandung im Memeler Hafen herbeigeführt werden. Meine Herren, sobald dieses Projekt vorliegt und tch hoffe, daß

das Ende nächfter Woche der Fall sein wird (hört! hört !) werden -

die betheiligten Ressorts zusammentreten und die Frage erörtern, ob die aufzuwendenden “Kosten mit ‘den zu erwartenden Erfolgen in einem richtigen Verhältnisse stehen. Wenn diese Frage bejaht werden kann und “nah ‘meiner persönlichen Auffassung wird das der Fall seiu so ist ein Einverständniß mit dem Herru: Finanz-Minifter {hon dahin erzielt worden, daß aus bereiten Mitteln schon in diesem Jahre der Anfang mit dem ‘Bau sobald als mögli gemacht werden, (Bravo! rechts und links) und daß dem Landtage der Monarchie dann in der nächsten Session eine vollständig begrlindete Vorlage gemacht werden foll. (Lebhafter Beifall.)

Abg. Dr. Hirsch: IYH wollte die -Besprehung der JInter- pellation beantragen, thue das aber nicht im Hinblick auf die äußerst entgegenkommende Erklärung des Ministers und auf den dem Hause vorlieaenden Antrag Krause. :

Damit ist die Jaterpellation erledigt. i

Es folat der Antrag der Abgg. Krause-Dawillen (kons.) und Genossen: i

„Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen: die Königliche Staatsregierung zu erfuhen, für den baldigen Ausbau der Sons bei Memel die erforderlihen Mittel verfügbar zu machen.

Abg. Kraufe-Dawillen (\{wer verständlihß): Schon im vorigen Herbft war mir bekannt, daß die Regierung weitere Maßnahmen für den Memeler Hafen plante. Die Interpellation wäre niht nöthig gewesen. Das Reih8-Marineamt hat fic ebenfalls z1 Gunsten ciner guten Hafeneinfahrt bei Memel ausgesprochen. Die natürlichen Be- dingungen auch für einen Kriegshafen sind in Memel gegeben. Wir follten also mit beiden Händen zugreifen, um die Hafenetnfahrt zu verbessern. Jh bin der Negierung dankbar dafür, daß si: jt das Uebel an der Wurzel anfafsen und die Südermole wetter ausbauen will. «29 bitte die Regierung, meinem Antrage mözlihst bald Folge zu geben.

Abga. Ehlers (fr. Vzg.): Wir können uns nit einreden lassen, daß wir uns um folhe Dinge nicht zu fümmern habea. Wenn je die Akustik dieses Saales zu beklagen gewesen ist, so war es bei der Rede des Abg. Krieger. Es herrschte während derselben eine geradezu oftentativ laute Uaterhaltung im Haufe. Wie kann man uns ver- argen, eine einfahe Anfrage an die Regierung zu rihchten, ¡zumal wenn sie so freundlich aufgenommen wird? Wir stimmen für den Antrag Krause, können es aber nit begreifen, wie uns der Vorredner einen Vorwurf aus der Interpellation machen kann. W-?nn einer ein politisches Moment in diese Sache hineingetragen hat, so war es der Vorredner. : :

Abg. Dr. Hir\ch: Nach den freundlißen Erklärungen des Ministers habe ih keine Veranlassung, einen Parteistreit in die Sache bineinzutragen. Der Minister hat allerdings gegen die lokale Presse charfe Worte gebrauht. Wenn jzmand heftig shreit, fo sind es doch immer die Agrarier. Memel if nit nur eine Handels sondern auch eine Industriestadt, und die - Memeler Industrie ist auf die Schiffahrt angewiejen. Eine zahlreihe Arbeiter- schaft ift davon abbängig, ob die Schiffe den Hafen passieren fönnen. Dem benahbarten russishen Hafen Libau is von der russishen Regierung jede Fürsorge zu theil geworden. Memel hat kein H'nteiland. Die Lage Libaus ist nicht fo günstig wie die von Memel, Libau ist aber durch künstlihe Mittel in die Höhe gebracht worden. Neben den materiellen Interessen fallen also au ideelle öInteressen für Memel in die Wagschale.

Abg. Krause-Dawillen: Ih bin mir nit bewußt, Veranlaffung zu den Angriffen der Vorredner gegeben zu haben. Der Vorsteher der Memeler Kaufmannschaft hat am 28. April geschrieben, daß er bödhft erstaunt war über die {nelle Einbringung der Interpellation, da die Interpellanten jx gar kein Material zur Verfügung hatten. Bn au der Linken haben also ein ftörendes Moment în die S2che gebracht.

Abg. von Sanden-Tilsit (al.) betont, daß durh die Ver wehungen von der Düne die Bersandung vermehrt wird, und wünscht dagegen Vsrkehrungen. °

Abg. Rickert (fr. Vgg.) tritt den Ausführungen des Abg. Krause entgegen. Herr Kraufe sei der Abgeordnete des Wahlkreises, und weik die Freisinnigen thm zuvorgekommen seien, so ärgere er fih. Ein folch:8s Verfahren sei fehr durchsihtig.

Abg. Eblers bemerkt, daß es ihm ganz ferngelegea hate, die Sache vom Parteistandpunkte aus zu behandeln. In den Zeitungen erschienen viele Artikel über die Noth des Memeler Hafens, und seine Partei habe die Interpellation eingebraht, um der Regierung So ne za geben, unrihtige Behauptungen der Presse rihtigs zustellen.

Abg. Graf zu Limburg-Stirum (kons.): Ich meine, daß mai solche wirths{aftlihe Fragen niht vom Parteistandpunkte aus beurtbeilen fol. Sie hätten also tem Abgeordneten des Kreises Naÿricht geben müssea, (Zuruf links: Jt geshehen! Zuruf rechts: Nein!) Es hätte der parlameatarishen Courtoisie mehr entsprochen, wenn Se Herrn Krause Gelegenheit gegeben hätten, sh um die Sache zu kümmern. Da das nicht geschehen ist, so kann ich die Ver- stimmung des Herrn Krause sehr wohl begreifen.

Abg. Dr. Hirsch: Ich habe Herrn Krause sofort bei der Ein- bringung der Jaterpellation davzn telegraphisch benahri%tigt und ihn ersucht, sih an der Debatte zu betheiligen. Bei der Geschäftslaft, die wir alle baben, ift es natüclih, taß man sih zunäÿhst mit seinen Feceunden verständigt. Ich habe auch bei dem Antrag wegen Be« Aa Les Pariser Weltausstellung Unterschriften in allen Parteien gesammelt.

Abg. Krause: Herr Hirsh suht den Schèin zu erwecken, als sek auch ich zur Stellung der Interpellation aufgefordert worden. Die Interpellation ift am 27. April eirgebraht. Am 830. April erhielt ih die erste Nachricht davon durch Telegramm: „Jhr Kommen dringend erwünscht , andernfalls Material erbeten.“ Ih habe hereits Ende März in dieser Angelegenheit eiae Audienz beim Minifter gehabt.

Abg. Dr. Hirsch: Ich habe ni®t gesagt, daß wir Herrn Kraufe zum Unterzeichnen der Interpellation eingeladen haben, sondern nur,, daß wir unmittelbar vor oder nach Einbringung dieser Interpellation ihn zu diefer Sache eingeladen haben,

Abg. Sraf zu Limburg-Stirum: Die Herren haben alo die Interpellation eingebracht, ohne sich wit Herrn Krause verständigt zu haben. Nun stellt si beraus, daß H?rr Kraufe hon lange vorher in dies r Sache 1bätig gewesen ist. Wir haben Herrn Hirsch alle so- verstanden, daß er H-.rrn Krause zur Unterzeichnung der Interpellation aufgefordert habe. Wenn die Herren ihn erft nachber eingeladen baben, fo gewinnt die Sache einen ganz anderen An|chein, nämlich, doß hie dieselbe im Parteiinteresse verwerthen wollten. Jn solchen [okalen wirths{aftlihen Angelegenheiten ist es gut, daß die lokalen. Vertreter dies thun, und der Hauptinteressent ist dab immer der Abgeordnete dcs Kreises. Es entspricht der parlamentarischen Courtoistie, so zu verfabren.

Abg. Ehlers: Wenn wir den Minister fragen, ob es der Re- gierung recht ist, über die Z-iiungsnachrichten, die große Ecregung hervorgerufen haben, eine autzentishe Erklärung abzugeben, und der: Biinister fagt, das sei ihm angenehm, so können Sie (nah rechts) doh nit verlangen, daß wir nun von der Sache absehen, damit Herr Krause erft dabei sein kann. Herr Krause war ja garnicht hier, wir- konnten nicht mit ihm verhandeln. Daß wir ibn am 30. Aprik telegraphisch benachrihtigten, ist doch ein Akt der Höflichkeit gewesen. Hoffentlich leiden die Interessnn Memels nicht unter dieser Aus- einandersegung. Wenn es nachher beißt, Herr Krause hat sh das Verdienft um Memel erworben, so würde ih das gar nit bedauern, wenn nur Memel dabei den Vortheil hat,

Damit schließt die Diskusfion.

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