1835 / 65 p. 1 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

Allgemeine

Preußische Staats-Zeitung.

Amtlihe Nachrichten.

Kronik des Tages.

Se. Majestät der König haben den Ober - Landes gerichts- ath Nicolovius zu Magdeburg in gleicher Eigenschaft an das Ober - Landesgericht in Frankfurt a. d. O. zu versehen geruht. Des Königs Majestät haben die Beförderung des Dom- Kapitulars Kutowskt zu Pelplin zum Weihbischof der Diöcese Kulm Allergnädigst zu genehmigen geruht.

Der bisherige Studien - Direktor am vormaligen Gymna- | sum zu Posen, Karl Heinr. Albert Wendt, ist zum Di- Ì reftor des dasigen Friedrich - Wilhelms- Gymnasiums ernannt

Ï worde.

Zeitungs-Nachrichten. | A u sl a: n d. i Frankrei.

_ Paris, 26. Febr. Die Bureaus der Deputirten-Kammer hahen gestern, bis auf eins, die Mitglieder der Kommission zur

fung des Geseh - Entwurfes Über die Reorganijation des

iaats Raths ernannt. Mit Ausnahme des Herrn von Sal- vandy sind die sámitlihen Kommissarien anti- ministeriell.

Das Journal des Débats enthält heute einen Artifel, aus dem man im Publikum abnehmen will, daß die Doctrinairs noch nicht ganz die Hoffnung aufgegeben hätten, im Besiße ih- rer Portefeuilles zu bleiben. Derselbe lautet im Wesentlichen also: „Die ministeriellen Krisen sind die schlechten Tage der Re- prásentativ- Regierung. Wenn die Macht der Bewerbung Preis gegeben wird , so scheint es, als ob mit ihr Alles in Frage ge- stellt wúrde. Die bewerkstelligten Fortschritte, die gemachten Erfahrungen, die erlangten Ideen, Alles wird ungewiß, weil die Lage aller Staatsmänner auf dem Spiele steht. Indem man die Verdienste und die Aussichten eines Jeden erörtert, erschüt- tert man abwechselnd die Interessen und die Meinungen, die

Jeder von ihnen repräsentirt; indem man Eigennamen anregt,

rûttelt man an den Systemen ; und das, was Dauerndes in ei- nem Staate seyn sollte, nämlich seine Politik, scheint ganz der | Unbeständigkeit persönlicher Geschicke Preis gegeben zu werden. | Wir sehen daher mit Schmerz, daß fich die Umgestafrungen des Kabineites \o oft erneuern. ir theilen die Bejorgnisse, welce die gegenwärtige Lage den guten Bürgern einflößt; wir finden, wie ie, daß es eine groÿe Prüfung für die Kraft und Würde unserer Jnstitutionen is; aber wir sind weit davon entfernt, zu glauben, daß sle diese Präfang nicht bestehen sollten. Wir wer- den uns wohl hüten , die allgemeine Ungewißheit noch dadur u vermehren, daß wir gewagte Gerüchte und lügenhafte Neuig- kiten wiederholen, oder den verschiedenen Schauspielern des po- litischen Drama's Uneinigkeiten andichten. Fär uns stehen bis jekt nur zwei Thatsachen fest: die eine, daß das Ministerium, welches von der Kammer eine motivirte Tagesordnung esrlangte, nicht seine Dimission eingereiht, aber au nicht die Präsident- chaft des Marschalls Soult angenommen hat; die andere, daß N der genannte Marschall nach Paris berufen worden is, um das À Kabinet wieder zusammenzuseßen. Nun entsteht die Frage: Jst der Widerstand, den das Kabinet gegen die Präsidentschaft des Ï Herzozs von Dalmatien leistet, definitiv? Ja, und wir glauben, Î da derselbe sich auf eine richtige Kenntniß der Beourfs- Ÿ nisse der Lage und der Gesinnungen der Deputirten - Kammer gründet. Wird es andererseits dem neuen Overhaupte des fünf: tigen Kabinettes gelingen, seinen Auftrag auszuführen ? Wir gestehen , daß uns das sehr zweifelhafte scheint, und wir sehen hwer ein , wie es ihm möôglich seyn wird, eine nur einigerma- fen parlamentarishe Combination zu Stande zu bringen. Es hcint gen#ÿ, daß Herr Dupin aufzefordert worden is, sih mit deim Marschall zu verbúünden; man fügt hinzu, daß Herr Dupin darein gewilligt habe. Aber wenn auch in diese Allianz gewil- ligt worden ist, so is sie deshalb noch nicht abgeschlossen, und és ist augenscheinlich, daß der ehrenwerthe Präfident der Depu- tirten : Kammer sie nicht abschließen kann, ohne der parlamenta- rischen Stellung, die er si seit einiger Zeit zu schaffen bemüht hat, etwas zu schaden. Judeß is versöhnlichen Gemüthern alles möglich, und wir wagen daher keine Prophezeiung. Nur einen Wunsch hegen wir, daß nämlich die weise Politik, welche Uns geretter hat, das Vertrauen aller aufgeklärten Freunde des Lane des behalten, daß diese ihr, sle môge nun fortgesc&t werden oder nicht, treu bleiben, und daß die conftitutionnelle Monarchie, mit Muth, Würde und Mäßigung vertheidigt, von keinem Derer verlassen werden mdze, welche sich bis jeßt vor den Verirrungen | des Abjolutiómus, wie vor den Hirngejpinsten des Revolutions-

Geistes zu bewahren gewußt haben. Das System des 13. März st| in der Vergangenheit das Heil Frankreichs gewejen; was man auch thun mdge, es wird in der Zukunft die Hoffaung des Landes bleiben.‘

Herr Victor Hugo hat gestern dem Comité des Théâtre- français sein neuestes Drama: „Aagelo, der Tyrann von Padua‘ vorgelesen, welches mit Acclamatiion aufgenommen worden ist und unverzüglich zur Auffährung gebracht werden soll,

Hexè Veron, der Direktor der großen Oper, hat der Dlle. Falcon und der Madame Dorus aus Dankbarkeit dafúr, daß sie durch ihr Talent so viel zum Erfolge der neuen Oper Halevy's bei- getragen haben, jeder einen kostbaren Shmuck Übersande. Ein hiesiges Blatt empfiehlt dieses gute Beispiel allen Theater- Direktoren zur Nachahmung bei ähnlichen Gelegenheiten.

Großbritanien und Jrland.

Parlaments-Verhandlungen. Oberhaus. Sizung vom 24. Februar. (Nachtrag.) Lord Brougham begann seine Rede mit einer weitläuftigen Beweisführung, daß der Her-

Berlin, Freitag den 6ten März

E RRTY G i aa v E LIE L Lea

zog von Wellington sowohl de sacto als von Rechtswegen für die Entlassung des vorigen Ministeriums verantwortlich sey, Und daß ohne den Beistand desselben diese Entlassung nicht hätte voll- zogen werden können.

__ ¿Eine andere Sache is es‘/; sagte der Redner, „wenn ein Mi- isierium sich freiwillig zurückzieht und erklärt, daß es seinen Plat nicht wieder einnehmen wolle. Wird es aber gegen seinen Willen entlassen, so tragen diejenigen, welche nach ihm ans Ruder kom- men, mit zu seiner Entlassung hei, denn ohne ihre Einwilligung, die Verwaltung zu Übernehmen, hätten ihre Vorgänger nicht ent- lassen werden können. Die Entlassung eines Ministers is nicht eher eine vollendete Handlung, als bis sein Amt durch ein anderes Judi- viduum besegt ist. Dieser Grundsaß i| auch in der Vers fassung fesigestelt, so weit, daß ein Jndividuum, wenn es sein Amt niederlegt, noch so lange als Funhaber desselben betrachtet wird, bis sh ein Nachfolger für dasselbe findet. Nun ist zwar der edle Herzog mit seiner gewöhnlichen Mannhaftigkeit bereit, die Entlassung des vorigen Ministeriums zu vertheidigen; aber das Over- und Unterhaus haben eine höhere Autorität, als die des edlen Herzogs vor sich, um jene Entlassung fúr unzeitig zu halten, denn die Thron-Rede erklärt von Anfang bis zu Ende, e der einzige Geund- durch welchen der Ministerwechsel zu rechfertigen gewesen wäre, nicht vorhanden is. Wenn ih den Fnhalt und Ton dieser Rede betrachte, wenn ich sche, daß dieselbe vielleicht absichtslos, viel- leicht nothgedrungen eine Rechtfertigung, wo nicht ein Panegyrikus des Verfahrens der vorigen Minifter is, wenn ih deutlich erklären hôre, daß daheim alles ruhig und Friede mit dem Auslande sey, daß unsere Bündnisse sih befestigt und verstärkt hätten, daß das schwierigsie aller Werke, die Bewahrung der allgemei- nen Ruhe Europas, wenn nicht ganz, so doch nur mit Ausnahme eines fleinen Winkels in Spanien, vollbracht, und daß dieser wünschenswerthe Zweck nicht wenige Monate nur, sondern vier Jahre lang gesichert worden, so finde ich, und Jedermann muß dies finden, daß keine Gründe zur Entlassung der vorigen Verwal- tung vorhanden waren. Lord Brougham konnte hierbei cine iro- nische Anspielung auf eine frühere Aeußerung des jeßigen Präsiden- ten der Handels-Kammer (Herrn A. Baring) nicht unterlassen, der beim Beginn der Greyschen Verwaltung gesagt hatte, es würde ihn Wunder nehmen, wenn dieselbe den Europäischen Frieden vier Mo» nate lang aufrecht zu halten im Stande wäre; der Redner meinte daher, daß jenes Lob in der Thron - Rede wahrscheinlich aus jener liberalen Quelle herrühre. Er nahm sodann noch mehrere einzelne Punkte der Thron = Rede durch, und äußerte spôttische Freude dar- úber, daß #0 wichtige und große, von der vorigen Verroal- tung ausgeführte Maßregeln, wie namentlich die ancipation der Sklaven, und die Anordnung einex Untersuchung in Betreff der Mißbräuche des Worporationswefens, bei den jeßigen Ministern An- erkennung zu finden schienen. Weiterhin richtete Lord Brougham seine Angriffe besonders gegen das Argument, welches der Herzog von Wellington, um die Aufldsuñg des vorigen Ministeriums als nothwendig darzustellen, aus der Ahaus Lord Althorp's ins Ober- haus hergenommen hatte. „Hiernach‘/, meinte der Redner, „würde es scheinen, als ob die vorigen Minister Sr. Majestät ihre Aemter nicht deshalb inne gehabt hätten, weil sie der Krone treu ge- dient, und weil ihre Maßregeln sih als erfolgreich bewiesen, sondern als ob ihre Amtsdauer von dem Leben des Grafen Spencer , eines Achtundsiebenzigers, abgehangen hätte. ean lähter.) Jn der That, das scheint der edle Herzog sagen zu wollen: so wie Graf Spencer starb, mußte das Ministe- rium sich auflösen. Der edle Herzog beruft sich dabei auf Lord Grey's Autorität, welcher selbs geäußert habe, daß Lord Althorp im Unterhause seine rechte Hand 20: und daß er ohne ihn die Ver- waltung nicht länger würde führen können. So pflegen auch Manche die heilige Schrift zu ihren Zwecken zu citiren, und wenn die Worte nicht recht passcn wollen, so wird noch etwas daran ge- dreht. Da aber der edle Herzog den Grafen Grey als Autorität anführt, so wird er auch mir erlaubez, hier eine Aeußerung meines edlen Freundes zu erwähnen, die im vorigen September an 3000 Personen mit anhbrten und mit Beifall aufnahmen. ,, Diese To- ries‘///, sagte er, ¿die sich jeßt ihres Namens schämen, die sich lieber’ unter dem neuen Titel Konservative, wie sie fich nennen, ververgen , glauben diese Tories, daß sie die Regierung des Landes noch einmal in die Hände bekommen fönnen? Mögen se es versu- chen.//// Aus der Bewegung der edlen Lords gegenüber ersche ich, daß sie geneigt sind , zu glauben, Lord Grey habe ihnen im. Ernst mit jener Aeußerung den Rath ertheilen wollen, die Verwaltung zu Übernehmen. (Gelächter.) Mein edler Feen fügte aber hinzu, wenn sie es versuchen wollten, so würden sle schen, was das Land, was das Unterhaus dazu sagen möchte, und dann führte er seine Gründe an, weshalb er ein solches Ereigniß für unbedingt unmdglich, hof- nungslos und lächerlich halte. Was nun den Verlust des Lord Alt- hory für das Kabînet betrifft, so war derselbe zwar sehr groß, sowohl fúr seine Kollegen, als sür den Kdnig und das Land, aber wir wa- ren angs auf diesen Verlust gefaßt, wir hatten {on lange vorher, ehe das Publikum noch etwas von Lord Spencers hbedenkli- cher Krankheit wußte , diesen traurigen Fall in Erwägung gezogen, und wir waren bereit, auch ohne den großen Be:ftand meines edlen Freundes (des jeßigen Grafen Spencer) die Verwaltung fortzufÜh- ren; auch i es nicht wahr, daß mein edler Freund, der damals an der Spiye der Regterung stand (Lord Melbourne), Sr Mai. auch nur den leisesien Zweifel darüber kund gegeden hätte, ob er im Stande seyn würde, sich im Amte zu halten, wenn Se. Maî. ihn darin lassen wollten. Es war daher nicht verfassungsmäßig, daß die Krone ohne triftigen Grund ein Ministerium entließ und ein ande- res ernannte. Jch kenne nur zwei Fâlle, wo ein solcher Schritt zu einer Zeit gethan wurde, als das Parlament nicht versamm-lt war, einmal , als Lord Granville sh mit Georg ll. über die Regent- schaft zankte, dann nach Lord Chatham’s Verwaltung; das Ministe- rium, welches der leßteren folgte, wurde aber von Herrn Burke als ein bloßes Flickwerk, als cine Mosaik - Arbeit bezeichnet, die bald in Stücken fiel. Jch fordere das Haus auf, zu sagen, ob seit der Zeit der Stuarts und Tudors ein einziger Fall vorgekommen ist, daß Minister ohne Grund abgeseßt worden. 2Wenn in den Kolonial-An- Gean een Alles schief ging, und die Minister das Vertrauen des

olfes verloren hatten, dann, nur dann erschien eine Entlassung

_ derselben als gerehfertigt. Die vorigen Minister aber wurden ohne

Grund entlassen, denn se waren weder mit ihrem Souverain, noch unter sîch selbst mnen (Hört, hört!) Der nächsie Punkt, den ih berühren will, ist die Aufldsung des Parlaments. Hier sehe ich die jeßigen Minister die grdbste Fnkonsequenz begedew Sie vers drängen die vorigen unter dem Vorwande, daß dieselben, nachdem sie die schäbßbaren Dienste des Lord Althorp verloren, das Vertrauen des Unterhauses nicht mehr besäßen; und nun ldsen ste das Parla- ment auf, weil das Unterhaus den vorigen Ministern orfolgt haheza würde. (Hört!) - Lord Melbourne's Verwaltung wird also zertrüm- mert, weil sie das Vertrauen des Unterhauses zu wenig besaß und

das Unterhaus wird aufgeld|, weil es jenek Verwaltung zu viel Vertrauen zu schenken bereit war. Mögen sie dies durch shdnge- krduselte Perioden noch o [er in Dampf und Nebel hüllen, es bleivt doch die Wahrheit. (Hört!) Das erste Votum des Parlaments, wäre es nicht aufgeld| worden, würde gezeigt haben, daß dic Mi- nister noch immec das Vertrauen des Unterhauses besaßen. Aber der edle Herzog erklärt, daß er auch auf das Vertrauen des Unter- hauses hoffe. Ei, auf welchen Grund baut er denn diese Grwar- tung? Der König sagte, er habe sich ‘an die Gesinnung seines Volks gewandt; das Volk hat Mitglieder gewählt, diese Mitglieder haben am erfien Tage ihrer Zusammenkunft die Minisier geschlagen , und doch schmeichelt sh der edle Herzog noch mit dem Vertrauen des Unterhauses. (Beifall und Gelächter.) Doch freilich, die Tories sind jeßt Er- Tories, ste sind alle Reformer, und weil sie das sagen, soll man ibnen vertrauen. Wenn Jhr Reform- Maßregeln wollt, #0 unter- stúbt uns, wir sind eben so gute Reformer, als Jhr. Ah! seit wann denn? Seit der Wahl, oder seit det Abstimmung Über der Sprecher? Wie lange snd sie Reformer in der Zehnten-Sache, in Corporationswesen, in der Justiz, in der Angelegenheit der Dissen= ter? Lauter Gegenstände, von denen sie noch vor. wenigen Monaten nichts hdren wollten, und wenn Einer danach trachtete, so nannten: sie ihn einen Revolutionnair und beschuldigten ihn, daß er die Kir- che niederreiße, daß er einen Narrenkovf Sl den Schultern und ei? Verrätherherz im Busen trage. (Hört, hört!) * Wann hat dent? diese wunderbare Verwandlung stattgefunden? e weniger als 22 Stunden sînd sie aufrichtige Reformer und ehrliche Desiruktive ge- worden, \o daß sie niht einmal Zeit hatten, Über ihre aufgegebenen Grundsähe zu trauern, in Thränen zu zershmelzen und über ihre gebrochenen Herzen zu seufzen. Es is eins der merkwürdigsten Phä- nomene, die ih jemals als Staatsmann, Philosoph oder Weltmant zu beobachten Gelegenheit hatte. Eine frähere Umwandlung war verdächtig genug, was ih aber von der zweiten sagen soll, weiß ich nicht. Die jeßigen Minister waren einft bittere Gegner der katholi- chen Frage, und keiner so sehr, als mein Vorgänger, und jeßt, durch das Kriegsglück, mein Nachfolger. Damals war die Verwaltung nahe daran, um dieser Frage willen entfernt zu werden. Da der verstorbene Herr Huskisson und ich wußten, was in Windsor vor- ginge, so kamen wir sogleih überein, im Unterhause zu erflâären, daß wir in keinem Fall unter der Bedingung, unsere Ansichten über die Emancipation dexr Katholiken aufzugeben, cin Amt anneh- men worden. Dies verhinderte die Entlassung des Ministeriums, und die Emancipation der Katholiken ging dur. (Hört, hört!) Jch" ließ mich aber damals arg verblenden. Jch glaubte, die Minisier bâtten aus Ueberzeugung von der Nothwendigkeit der Emancipation dafür gestimmt, ih fand aber nachmals, daß sie es nur gethan, Un ihre Aemter zu behalten. Die Sinnesänderung brachte ihnen Nuz- zen, aber ih glaube nit, daß Männer ein solches Spiel ohne Nach- theil für das Land zweimal spiele können. Die Minister fordern eine offene Exprobung. Wie, wenn ein Diener seinen Herrn betro- gen und dessen Vertrauen ganz verloren hâtte," und ‘dieser Diencr dâte den Herrn, er möchte ihn nur ferner erproben, ex würde fich nun besser benehmen, würde jhn der Herr nicht seiner Wege gehen heißen, und ihm antworten, er wolle nichts mehr mit ihm zu thun haben? Und wenn die jeßigen Minister wirklich so aufrichtige NRe- former sind, warum haben fie denn ein reformirtes Parlament auf- geld|? Doch wohl, weil sie kein solches mochten, oder wenigstens, weil sie cin ganz anderes wünschten. Jf es nicht allbekannt , daß die jeßige Verwaltung hei den lebten Wahlen Überall die Antirefor- mer unterstüßt hat, und daß sie noch damit prablt, einen Zuwachs von 95 neuen Mitgliedern für ihre Relhen erhalten zu haben ? J dies die Probe von ihrer Reform=- Gesinnung ?// eifall von der Oppofition.) Der Redner kam sodann auf das Gerücht von der Absicht dex Minisier, im Fall einer Niederlage das Parlament noch einmal Au und behauptete, daß sie sich, wenn sie dies wagen wollten, eines Angriffs auf die Verfassung und auf den Thron selbfi schuldig machen würden. Endlich machte er auf die Gefahr auf= merksam, die der Reform - Bill von Seiten der iegigen Minister drobe, weil dieselben ihren Grundsäßen zufolge unmdglih umhin können würden, diese P fia nah und nach zu s{chmälern und zu beschneiden, bis sie dieselbe, wenn es ihnen erst ein- mal gelungen wäre, eine konservative Maiorität im Unter- hause zu erlangen, unter dem Vorwande einer großen Reaction

anz rückgängig machen würden. „Wehe ihnen aber“, so {loß

ord Brougham , „wenn sîe es versuchen sollten, das Land der Ge- sinnung des Unterhauses und des Volkes zum Droße zu regieren, und das eíne Haus gegen das andere in Harnisch zu bringen. Dann würden wir einen Despotismus der {chlimmsien Art haben, eine mit Fluch beladene und aller Achtung entbehrende Aristokratie. Und wenn die jeßigen Minister auch_nicht der bffentlichen Meinung troben , so glaube 0 doch, daß se dieselbe hintanseßen wollen. Sie sind der Majorität im Oberhause gewiß, und wollen rücksichtüs los gegen das Unterhaus verfahren. Jch hoffe, sie werden bei diesem Entschluß nicht beharren, sollten sie es aber, dann will ich nicht sa- gen, was die Folgen davon seyn würden.‘

Der Lord-Kanzler (Lyndhurst) sagte, er könne nicht um- hin, einige Bemerkungen über die Rede des edlen und gelehrten Lords (Brougham) zu machen, denn die Ausdrücke, deren {ich derselbe bedient, seyen nicht die ehrerbietigsten gegen das Haus gewesen. (Hört, hört! von den Ministerbänken.)

- „Es is unwahr“/, seßte der Redner hinzu, „daß ih meine An- sichten über die Emancipation der Katholiken bloß deshalb änderte, um mich auf meinem Posten zu halten; meine damaligen Kollegen wissen, welhe Gründe mich zu jener Sinnesänderung bestimmt ; ich habe die katholische Frage unterstüßt, weil ih eingesehen , daß ohne diese Maßregel der Fricde in Frland nicht erhalten werden könnte, und weit entfernt, daß ich es gethan, um mich auf meinem Posten zu behaupten, habe ich vielmehr Fee durch jenen Schritt meine Stellung gefährdet. Der Vorwurf also, den wmic der edle und gelehrte Lord in seiner enden und leichtfertigen Manier Q Beifall von den Miniflern und Ruf zur Ordnung von der Öpposition) gemacht hat , ift durchaus ungegründet. Der edle und gelehrte Lord hat auch die Worte des Herzogs von Wél- lington mißverstanden, wo nicht absichtlich verdreht.// Lord Brou g-

am: ¿Wenn dieses Haus zu einem Kampfplaß der Unanständig-

eit gemacht werden soll (lauter Ruf zur Ordnung), so will ih mich derselben Worte gegen den edlen und gelehrten Lord be- dienen , die er gegen mihch ‘gebraucht hat. Seine Rede ist ein Gewebe von Entstellung dessen, was ich. von Anfang bis zu Ende gesagt habe; er hat kein Recht , eine solche - Sprache zu führen.“ Der Lord=- Kanzler: „Vielleicht habe ic), genau genommen, nicht dies Recht, aher ih gab meine Gründe an, weshalb ih die Bemerkungen machte.-/ Lord Brougham: „Ei ja, Gründe !‘/ Der Lord-Kanzler fuhr darauf fort, den Mini- sterwechsel und die daraus hervorgegangenen Maßregeln als noth-

endig darzustellen. Er wiederholte, daß die“ vorige Verwaltung eigentlich {on durch die Abdankung des Grafen Vrey morsch ge=