Kurz vor 12 Uhx erschienen als M des Regiments die
Prinzen des Königlichen Hauses und die das militärishe Gefolge Sr. von Rußland, sowie viele andere fremde und hiesige
Offiziere, und nahmen im Innern des Kasernen-
hofes am Eingange Stellung. Um 12 Uhr fuhren
Beide Kaiserlihe Majestäten vor und wurden von dem Offizier-
corps am Portale empfangen; Se. Majestät der Kaiser von
Rußland trugen die Uniform Allerhöchstihres Regimentes, wäh-
rend Se. Majestät der Kaiser und König die Uniform des mit
dem Regiment korrespondirenden Garde-Grenadier-Landwehr-Re-
Ce E Zoe G
nter den Klängen der von zwei Musikcorps ausgeführten
rusfihen Nationalhymne, an die fi der Raiser Act t M
\chloß, erfolgte der Rundgang beider Kaiserlihen Majestäten und die Besichtigung des Regimentes, dessen Mannschaften die Monarchen mit lauten Hurrahs begrüßten. _ Die Allerhöchsten Herrschaften traten alsdann dur den Mittelgang in den Garten und begaben Sih nach den Räumen des Offizierskasinos, welhe mit den Oelgemälden der drei Allerhöchsten Chefs des Regiments, und mit denen Sr. Majestät des Kaisers und Königs und der preußische: Könige geschmüdckt sind. Den Ehrenplay an der Festtafel nahmen Se. Majestät der Kaiser von Rußland ein; zur Rechten hatten Se. Majestät der Kaiser und König zur Linken Se. Kaiserlihe und Königliche Hoheit der Kronprinz Plat i E ährend der Tafel erhoben Sih Se. Majestät der Kaiser von Rußland und brachten auf Se. Majestät E Kaiser A König einen Trinkspruch aus, der unter den Klängen der Na- tionalhymne einen begeisterten Widerhall in der Gesellschaft fand. Se. Majestät der Kaiser und König erwiderten hierauf mit Allerhöchstihrem Danke und leerten nah der Versicherung, daß N sich i der d (Bure, die ihm zu Theil ge- vorden, würdig erweisen werde, das Glas auf ) Hohen shefs. uf das Wohl des em Allcrhöhsten Trinkspruche folgte ein begeistertes Ho wel hes die Musik mit der rusfischen Mlonetionte e Se. Majestät der Kaiser von Rußland tranken alsdann noch auf das Wohl des Kaiser Alexander Garde-Grenadier- Nea 1 Na eendigung des Dejeuners verließen beide Kaiserliche A die R y BIEI NOVe U tahmittags ertheilten Se. Majestät der Kaiser v Rußland dem Reichskanzler Fürsten Si iart eine Edi folgten später, wie bereits gemeldet, der Eintaèung Sr. Kaiserlihen und Königlihen Hoheit des Kron- prinzen zum Familiendiner und verabschiedeten Sih nah Beendi- gung desselben von den Prinzessinnen des Königlichen Hauses, sowie von dem Reichskanzler Fürsten - Gortschakoff und von dem Per Cbrebs Bl be e E Aeußern, Grafen Andrafssy. en r erfolgte die Abreise Sr. Majestà auf B s Bahnhofe. / Ee Die Halle des Bahnhofs war mit rusfishen, deutshen und preußischen Fahnen festlih dekorirt; die o den Rulctien Hof reservirten Zimmer prangten im Glanze zahlreicher Kerzen und dem Shmucke grüner Blattpflanzen.
,_ Beide Kaiserlihe Majestäten wurden am Bahnhofe von den Prinzen des Königlichen Hauses und den fremden Fürstlichkeiten, vom Botschafter v. Oubril mit dem gesammten ru\sishen Botschafts- personal, von den General-Feldmarschällen, den obersten Hof-
und Ober-Hofchargen, von der Begleitung und d 2 dienste Sr. Majestät Kea K aisore O E ver Bir E ralität xe. empfangen und nach den reservirten Salons geleitet,
Nachdem der Polizei-Präsident v. Madai die Meldung gemaht, daß Alles zur Abfahrt bereit sei, betrateu die Allerhöchsten Herrschaften mit der glävzenden Suite den Perron. Se. Majestät der Kaiser von Rußland verabschiedeten Sich in herzlihster Weise von Sr. Majestät dem Kaiser und König durch Kuß und Händedruck, reihten den Prinzen des Königlichen Hauses die Hand, und bestiegen alsdann den Salon- wagen. Se. Majestät traten hierauf nochmals an die Thür und grüßten die Hohe Gesellschaft, während fih der Zug bereits in Bewegung gesetzt hatte.
remden Fürstlichkeiten, Majestät des Kaisers
— Der russishe Reichskanzler Fürst Gortschakoff hai heute Vormittag Berlin verlassen, während der österreichish-
ungarische Minister des Aeußern, Graf Andrassy, bereits
gestern die Rückreise nah Wien angetreten hat.
_— Die in den legten Tagen hier abgehaltenen Konferenzen zwischen den leitenden Ministern von Rußland, Oesterreih-Ungarn und Deutschland führten, dem „W. T. B.“ zufolge, en1sprehend dem intimen Bündnisse der drei Kaiserhöfe, \ofort zur vollen Verständigung über die bei der gegenwärtigea Sachlage in der Türkei gebotenen Entschließungen, welche aufs Neue den engen Beziehungen der drei Regierungen, sowie der friedlihen Politik der Kaiserreihe Ausdruck geben. Der Inhalt der getroffenen Vereinbarungen ist berci:s in der am Sonnabend Mittag 1 Uhr stattgehabten Zusammenkunft, welher auch der Staats-Sekretär von Bülow und der Kaiserlich Russishe Wirklihe Staatsrath Baron Jomini beiwohnten, von den genannten Ministern den hier beglaubigten Botschaftern von Frankreih, Großbritannien und Italien mitgetheilt worden.
Hiermit im Wesentlichen übereinstimmend, meldet die „Pol. Korr.“ unterm 13. aus Wien, daß die Verständigung der drei Mächte, betreffend die weiteren Schritte in der Pacifikation des Aufstandes iù der Türkei nichi blos in den Prinzipien, sondern auch in den Details bereits als vollklommen gefichert zu betrah- ten sei, und sei das vollständig gelungene Einigungswerk wesent- lich auf die Haltung Rußlands zurückzuführen, welhes nunmehr bei dem Pacifikationswerke entschiedener in den Vordergrund treten werde. Besonders betont und hervorgehoben werde das persönlihe Verdienst des russishen Reichskanzlers Fürften Gortschakoff um die so rasch erzielte volle Verständigung und um die neuerlihe Bekräftigung der Pacifikationsideen.
— Nath den neuesten Meldungen aus Salonichi is da- selbft am 13. d. Mts. die erwartete Truppenverstärkung aus Konstantinopel angekommen, ebenso waren zwei italienische Fre- gatten und eine französishe Korvette an demselben Tage einge- laufen, Die Stadt wurde militärisch besezt und die außer- ordentlihen Kommissare der Pforte vereinigten sich im Konak des Gouverneurs mit den Delegirten von Deutschland und Frankrei, sowie den Konsuln von England und Italien, Es wurden sodann die Befehle zur Verhaftung der kompromittirten Personen ausgetheilt und im Laufe des Tages 36 Individuen ergriffen und an Bord der türkishen Panzerfregatte gebracht. Die Arrestationen verliefen ohne jede Ruhestörung. Am 14.
1 sul Abbot i| einstweilen in eine Kirche, in
dec Nähe des {hen Konsulats, gebraht worden, bis die ftattfinden kann. :
tinopel find in den lezten Tagen keine be-
unruhigenden hrihten eingegangen.
en (6.) Sißung des Herrenhau ses, welche
der erfte Vizeisident v. Bernuth um 12 Uhr 25 Minuten mit der Mitilng eröffnete, daß der Erfte Präfident des Hauses Graf Ÿ zu Stolberg-Wernigerode für heute und die nächste Zeit djlih behindert sei, an den Verhandlungen des Hauses theilzusnen, wohnten am Ministertisch der Minister für die landwirthstlihen Angelegenheiten Dr. Friedenthal und mehrere Regihgs-Kommissarien bei. — Das Haus be- \{chloß, das seg über die Einverleibung Lauenburgs in die preufe Monarchie an die JIustizkommission zu verweisen. Imßetref} des Gesezes, betreffend die Abtretung der preußischeßisenbahnen an das Deutsche Reich, beantragte Herr v. Bernudie Ueberweisung an die Eisenbahnkommission. Dagegen beantte Herr v. Goßler, das Geseß durch zweimalige Berathung im \num zu erledigen. Nach kurzer Geschäftsord- nungsdebatte, axr fi die Herren Graf zur Lippe, Baron Senfft v. Pilsah, Brei Graf Rittberg, Graf Udo zu Stolberg, Frhr. von dem Knesel und Graf Brühl betheiligten, wurde der An- trag des Herrn v. lr angg"ommen. Der Präsident theilte sodann mit, daß seit der HrenSizuñg der Wirkliche Geheime Rath Graf Z v. Königsmark-Püzz yostorben und das Mandat des Prof. Wein- hold für die Unirffität Kiel dur dessen Berufung nah Breslau erloschen sei, Hoas ehrte das Andenken des Verstorbenen dur Erheben v4 den Pläzen. — Nah Mittheilung des Mi- nisters des Inne! find die Herren Fürst Blücher von Wahl» ftatt und Vize-Ärgermeister Dr. Hermann Weigel aus Cassel zu neuen Mitgliérn des Hauses ernannt. Der Fürst Blücher von Wahlstatt bereits in das Haus eingetreten und wurde vom Präfidenten)egrüßt.
Dann tratdas Haus in die Tagesordnung. Der erste Gegenftand dersben, der aus dem Hause der Abgeordneten in abgeändeter Fasshg zurückgekommene Gesegentwurf, betreffend die Ablösbarkeî der Erbenzins- und Erbpachtsverhältnisse in den Moor| und Vehnkolonien der Provinz Han- nover, wurde [mit einer redaktionelen Abänderung in einmaliger Schlßberathung vom Hause angenommen. Der zweite Gegenstanider Tagesordnung war der Bericht der Matrikel- Kommisfion. Auflntrag des Berichterstatters Grafen zur Lippe ge- nehmigte das Hds die Anträ e der Kommisfion ohne Diskussion. Es folgte als diter Gegenstand der Tagesordnung der münd- lihe Bericht der ommisfion für die Geschäftsordnung in Bes treff der Uebersick der von der Staatsregierung gefaßten Ent- \hließungen aufAnträge und Resolutionen des Herrenhauses. Der vierte Gegastand der Tagesordnung war der mündliche Bericht der Iuftikommisfion über den Geseßentwurf, betreffend die Erhöhung df Gebühren der Notarien im Bezirke des Appel- [ationsgerihtshoks zu Cöln. Nachdem der Referent Herr Henrici und ebenso auch Herr Bredt die Vorlage in O i mit dem Abgeordnetenhause zur Annahme empfohlen, beschlo das Haus diesem Antrage gemäß. Bei Schluß des Blattes begann die Berathung des leßten Gegenstandes der Tagesordnung, des Berichts der VIIll. Kom- mission über den Entwurf eines Gesehes, betreffend die Ver- waltung der den Gemeinden und öffentlihen Anstalten gehörigen Holzungen in den Provinzen Preußen, Brandenburg, Pommern, Posen und Schleften.*", . 4 = Der Sqlußbetict über die Sißung des Hauses der A PE ten am 13, d. M. befindet fich in der Ersten eilage.
— In der heutigen (55.) Sißzung des Hauses der Ab- geordneten, welher am Ministertishe die Staats-Minister Graf zu Eulenburg, v. Kameke und Pr. Friedenthal mit meh- reren Kommissaren beiwohnten, wurde nah einigen geshäft- lihen Mittheilungen des Präsidenten und einer Bemerkung des Abg. Hansen vor der Tagesordnung in dritter Berathung der Entwurf eines Geseßes, betreffend die Ablösung der den Kirchen, Pfarren, Küstereien und Schulen zustehenden Holzabgaben im Gebiete des Regierungsbezirks Wiesbaden und in den zum Regierungsbezirk Cafsel gehörigen vormals Groß- herzoglih hessishen Gebietstheilen, ohne Diskussion angenommen. Der Entwurf eines Gesehes wegen Ergänzung der Verordnung vom 13. Mai 1867, betreffend die Ablösung der Servituten, die Theilung der Gemeinheiten und die Zusammenlegung der Grundstücke für das vormalige Kurfürstenthum Hessen, wurde auf Antrag des Abg. Dr. Wehrenpfennig der verstärkten Ugrarkommission überwiesen. Es folgte die dritte Berathung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Beseiti- gung einzelner kirchliher Abgaben und Leistungen für Schuls, Kommunal- und Armenzwecke. Im §. 2 wurden die in zweiter Lesung auf Antrag des Abg. Richter (Sangerhausen) eingeschalteten Worte „oder auf Verordnung oder auf Herkommen“ auf Antrag des Abg. Lauenstein gestrichen, imUebrigen das Geseß unverändert nah den Beschlüssen zweiter Lesung genehmigt. Den Gesehentwurf, be- treffend die Umwandlung des Zeughauses zu Berlin in eine Nußhmeshalle für die preußishe Armee, beantragte der Abg. Rickert an die Budgetkommisfion zu überweisen. Gegen die Vorlage \prach zunächst der Abg. Windthorst (Bielefeld), und beantragte die Weiterberathung der Vorlage im Plenum. Der Kriegs: Minister Kameke hob die patriotishe und wissenschaftliche Bedeutung der Vorlage hervor. Nachdem noch die Abgg. v. Bismarck (Flatow), Windthorst (Meppen), v. Benda und Dr. v. Gerlah gesprohen Hatten, wurde die Vorlage der Budgetkommission überwiesen. Es folgte die Fortsezung der Spezialberathung des Geseßentwurfs, betreffend die Geschäfts- \sprahe der Beamten, Behörden und politishen Körper- haften des Staats. Die §8. 3 und 4 wurden nah kurzer Debatte, an welcher sch außer dem Regierungskommissar Geh. Regierungs-Rath Oelschläger und dem Referenten Abg, Beisert die Abgg. v. Czarlinski, Witt, Sarrazin und Plath be- theiligten, angenommen. Zu §. 5 wurde ein Antrag des Abg. Beleites angenommen, welcher lautet: „dem §. 5 folgendes Alinea zuzuseßen: Bei denjenigen Handlungen der freiwilligen Gerichtsbarkeit, bei denen die Zuziehung eines Pro- tokollführers geseßlih niht erfordert wird, bedarf es au der Zu- ziehung eines Dolmetschers nit, wenn der Richter der fremden Sprache mächtig ist, *
Ebenso zu §. 6 folgender Antrag des Abg. Hansen: „dem S. 6 als Absat 2 hinzuzufügen: Falls das in dentscher Sprache aufgenommene Protokoll der Genehmigung Seitens einer der deutschen Sprache niht mächtigen Person bedarf, ist es der- selben durch cine der amtlich mitwirkenden Personen in der fremden Sprache vorzutragen",
Die 88, ba und 9 wurden unverändert nah den Kommissions-
sollten weitere Verhaftungen vorgenommen werden, Dex Körper
beshlüssen angenommen, dagegen auf Vorschlag der Kommission
die 88. 7, 8 und 10 abgelehnt. Die §§. 11 und 12 wurden d tig zur Diskussion gestellt und nach den Kommissions= beshlüssen unverändert genehmigt. An der Debatte nahmen Theil die Abgg. v. Lyskowski, Plath, Kantak, Dr. Aegidi, von Chlapowski, Hansen und der Referent Abg. Beisert. Es folgte die- dritte Berathung des Gesezentwurfs über die Auffichtsrechte des. Staats bei der Vermögensverwaltung in den katholischen Dids: zesen. Beim Schlusse des Blattes ergriff nach einer Rede des. Abg. Frhr. v. Schorlemer-Al|t der Abg. Haucke das Wort.
— Der Minister der geistlihen 2c. Angelegenheiten hat- die Provinzial - Schul - Kollegien durch Cirkularreskript vom. 4. d. M. ermähtigt, künftighin Präp aranden, welche förperlich gehörig entwidelt sind und hoffen lassen, daß. sie die Aufnahmeprüfung mit befriedigendem Erfolge bestehen werden, auch in dem durch die Verfügung vom. 3. Mai 1873 der Entscheidung des Ministers vorbehaïtenen Falle zu der Prüfung zuzulassen, daß ihnen bis zum Prüfungs- Termine mehr als drei Monate zum vorschriftsmäßigen Alter von siebenzehn Jahren fehlen, sofern fie dasselbe innerhalb der ersten sechs Monate nah dem Aufnahmetermine erreihen. Aspi- ranten, welche an diesem mehr als sechs Monate von dem vor- \hriftsmäßigen Alter von siebenzehn Jahren fehlen, sowie solche, bei denen die eine oder die andere der beiden oben erwähnten: Voraussezungen nit zutrifft, sind jedenfalls von der Theil-
-“75)me an der Prüfung auszushließen.
12 _ Der Großherzogli hessische Minister-Präsident Hoff» mann is gestern Abend nah Darmstadt zurückgekeßrt.
— Her zum Kaiserlichen Konsul in Canton ernannte Frei herr von Soden is dort eingetroffen und hat die Konsulats-
geschäfte Übernommen.
— Der Kaiserli russishe Hofmeister von Gerebßow. ist heute früh aus St. Petersburg hier eingetroffen und im. Hotel Royal abgestiegen.
— _— S. M. S. „Gagzelle“ ¡ist am 12. d. Mis. in Kiel
außer Dienst gestellt. : : , S. M. Kanonenboot „Comet* is am 14. d. Mis, in
Kiel in Dienst gestellt. — Der heutigen Nummer d. Bl. liegt der heut in Kraft: tretende neue Fahrplan der Rheinischen Eisenbahn bei.
“ Ems, 14. Mai. (W. T. B.) Se. Majestät der Kaiser von Rußland iff heute um 104 Uhr hier eingetroffen und- wurde am Bahnhofe vom Regierungs-Präsidenten v. Wurmb und den Spißen der Königlichen und städtischen Behörden. empfangen. Die Stadt ist festlich geshmückt. Eine Stunde vor Ankunft des Kaisers wurde die neu erbaute russishe Kirche eingesegnet.
Bayern. München, 13. Mai. Der „Allg. Ztg. wird. geshrieben: „Die plößliche Enthebung des Hrn. Staats- raths v. Eisenhart von seiner bisherigen Stellung im Königlichen Kabinet hat begreifliher Weise allgemein überrasht und bildet in allen Kreisen, sowohl der Beamten als nicht we- niger bei den Abgeordneten, das Tagesgespräh. So uner-- wartet diese Personalveränderung auch kommt, so mag nicht unerwähnt bleiben, daß Hr. v. Eisenhart \{chon wiederholt um Enthebung von seiner Stelle im König- lihen Kabinet nahgesuht hatte. Es entzieht fch zur Zeit jeder Diskussion, welches das bewegende Motiv hierzu gewesen sein
“ Bei dem Umstande jedoch, daß der mit der Geschäfts- Argiring “roctauTg Ltt Stcaiganwalt Hr. Dr. v. Ziegler,
welcher bekanntlich \{chon seit Jahren im Königlichen Kabinete verwendet ift, bezüglih seiner politischen Anshauung mit Hrn. v. Eisenhart harmonirt hatte, darf der Shluß wohl nicht ge- wagt erscheinen, daß diese Personalveränderung mit einem politishen Systemwechsel niht zusammenhängt.“
— In der gefirigen Sißung der Abgeordnetenkammer gab der Präsident Frh. v. Ow gegenüber einer auch von uns inproduzirten Korrespondenz der „A. A. Z.“ eine Erklärung über die Geschäftslage ab. Die Vorwürfe wegen langsamen Geschäftsganges seien vollständig unbegründet und der gegen- wärtige Landtag werde zur Budgetberathung weniger Zeit brauchen als irgend ein früherer. Der Abg. Crämer erklärte, daß seine Aeußerung vom 6. d. M. fich auf ein gewünschtes \chnelleres Tempo der Wahlprflfung bezogen habe, nicht auf die Budgetberathung, die natürlich Zeit brauche,
— (A. Abendztg.) Aus einem d. d. München, 1, Mai 1876, erlassenen Cirkularschreiben ift zu ersehen, daß am 10. August v. I. auf Schloß Köfering (Oberpfalz) eine Versamm= lung von Mitgliedern des bayerischen Adels ftattgesfunden hat, welche den Beschluß faßten, daß fie „in einem gemeinsamen Wirken des katholischen Adels in Bayern, zu dem Zwécke, die in den Statuten des Vereins katholishec Edelleute (zu Münster) geftellten Aufgaben auch in Bayern zur Ausführung zu bringen, ein zu erstrebendes Ziel“ erkennen und daß weitere Berathungen in München stattfinden sollten, wenn mindestens 50 Standesgenofsen ihren Beitritt erklärt haben würden. Diese Anzahl ist nun erreiht, da 56 (in jenem Cirkular namentlih aufgeführte) Mitglieder des bayerishen Adels ihren Beitritt erklärt und andere denselben ia Ausficht gestellt haben; deshalb ladet das erwähnte Cirkularschreiben zu einer Versammlung ein, die auf den 21. Mai d. I. zu München anberaumt worden ift, um über die Bildung einer selbständigen bayerishen Adels- genossenschaft im Geiste des Münstershen Vereins katholischer: E n R
— In dem Prozeß der Kirchenverwaltung Haidhaus en. gegen den hiefigen Magistrat, das EigenthumrehE an dee Suite hausener Kirche betreffend, ist das appellationsgerihtlihe Urtheil gegen den Magistrat ausgefallen,
, Baden. Baden-Baden, 15. Mai, (W. T. B.) Der König und die Königin der Belgier haben \fich heute früh von hier zum Besuch des Kaisers von Rußland nach Ems begeben und werden heute Abend von dort ihre Reise nach Brüssel fortseßen.
__ Hessen. Mainz, 11. Mai. Der erste öffentliche altkath o= lishe Gottesdienst hierselbst wird, wie das „Frkf. Journ.“ mit- theilt, binnen wenigen Wochen eine Thatsache sein, indem den Alt- katholiken eine frühere Klosterkapelle, eine geräumige, vor einigen gZahren als „Englishe Kirhe“ verwendete kleine Kirche zum gottesdienftlichen Gebrauch von der Gemeinde mit staatlicher Genehmigung überlassen worden ist. Es if im Plane, die feier lithe Einweihung der Kirche, mit welcher zugleih der Anfang einer regelmäßigen altkatholischen Seelsorge gemacht werden soll, auf den 11. Juni festzusezgen, an welhem Tage die längst in Ausficht genommene größere Versammlung der Altkatholiken der Rheingegend und der Pfalz hier stattfinden soll. Zu derselben werden die hervorragendsten Namen und Träger der katholischen
Reformbewegung erwartet,
Anhalt. Dessau, 12. Mai, (St. A) Jm Zustande des Erdprinzen ift insofern Vershlimmerung eingetreten, als das Fieber heute höher ift, der des Prinzen Friedrich is fort- dauernd günstig. — Die Herzogin ist fieberlos, nur leidet dieselbe noch an Genickschmerzen.
“Lippe. Detmold, 13. Mai. Die erste öffentliche
Sizung des Landtags wurde heute Morgen eröffnet. Die Tagesordnung umfaßte u. À.: Vorlage der Regierung. Vor dem Eingehen auf diesen Punkt der Tagesordnung verlas der Abg. Honerla einen von ihm und den Abga. Shhlingmann und Nolting unterzeihneten Protest dagegen, daß dieser außer- ordentlihe Landtag der Giltigkeit des Domanialabkommens prä- judizire, mit der Bitte, jenen Protest dem heutigen Protokolle beizulegen. Der Vorsißende verlas sodann die Vorlage der Re- gierung: „Entwurf eines Wahlgesezes“ und „Entwurf eines Gesetzes, die Zusammenseßung des Landtags und die Ausübung der ftändishen Rechte betr.“ und {lug für die geschäftliche Be- handlung zunächst eine Generaldebatte über die Prinzipien des Entwurfs eines Wahlgesezes vor. Dr. jur. Cäsar reite einen Antrag ein: daß zur speziellen Prüfung des Entwurfs eine Kommission, d. h. hier der Landtag, als Kommission sih kon- stituire, und auf Grund dieses Kommisfionsberichts zur Spezial- debaite überzugehen sei. Bei der Abstimmung über den Antrag Cäfar wurde derselbe einstimmig angenommen. Auch rückfichtlich des Entwurfs cines Gesehes, die Zusammensezung des Land- tags 2. betr, wurde der Antrag des Abg. Câsar auf Kom- missionsberathung einstimmig angenommen. »
Elsaß-Lothringen. Der Gesezentwurf, nah welchem der Landesaus\chuß für Elsaß-Lothringen fortan in gewissen, von dem Kaiser näher zu bestimmenden Fällen die Funktionen des Reichstags übernehmen soll, wird fortdauernd in der Tages- preffse besprochen. Der „Schwäbische Merkur“ und die „Karls- ruher Zeitung“ erkennen an, daß die Bedeutung des Landes- aus\{chu}es ansehnlih erhöht werde. Eine besonders bemerkens- werthe Stimme läßt sich von Berlin aus in der „Weser-Zeitung“ wie folgt vernehmen:
„Wenn man die Geschichte des elsaß-lothringishen Landes- aus\chu}ses verfolgt hat, \o konnte ein Vorshlag, wie der jeßt aus Straßburg gemeldete, wonach fakultativ diese Körperschaft als gesehgebender und beschließender Faktor die bisherigen Funktionen des Reichstags übernehmen kann, niht überrashen. Der Landes- aus\chuß hat fih bekanntlih, ganz im Gegensaßze zu dem demon- sirativen Auftreten der elsässishen Reichstagsabgeordneten, dur Ruhe und Sachlichkeit ausgezeichnet und seine Verhandlungen haben \sowohl beim Bundesrathe, wie beim Reichstage die sorgsamste Be- achtung gefunden ; der letztere legte diesen Protokollen fast den Werth von Kommissionsbeshlüssen bei und gab in den meisten Fällen eine lediglich formale Bestätigung. Wenn jeßt die begutahtende Kompetenz des Landeéaus\{chu}ses in gewissem Umfange in eine beschließende verwandelt werden soll, fo wird der Reichstag einem folchen Umshwunge \{chwerlich Widerstand bereiten; denn die Beschäftigung mit dem reihsländishen Budget und den sonsti- gen, meistens rein lokalen Angelegenheiten gehörte nit zu sei- nen angenehmsten Aufgaben und nahm eine ganz erhebliche Zeit in Anspruch.“
Oesterreich-Ungarn, Wien, 12. Mai. Der offizielle Empfang der beiden Delegationen bei dem Kaiser wird erft am 18. d. M. ftattfinden, nachdem die Ankunft des bei dieser Gelegenheit intervenirenden Grafen Andrassy in Pest niht vor diesem Tage zu erwarten is. Bei dem Empfange dürfte, wie die „Presse“ meldet, die öôfterreihishe Regierung durch den Minister des Innern, Freiherrn von Lafser, in Stellver- tretung des beurlaubten Minister - Präsidenten vertreten sein.
Der bisherigen Uebung entsprechend, wird in diesem Jahre, nachdem im Vorjahre Ritter v. Schmerling als Präsident der österreichischen Delegation fungirte, diese Würde wohl Hrn. Dr. Rechbauer zufallen. Die ungarische Delegation dürfte, in Be- obachtung desselben Usus, Hrn. v. Szlavy zum Präsidenten, und zum Vize-Präsidenten Ladislaus Szögyenyi wählen, der zugleih Präsident des Heeresausshusses der ungarischen Delega- tion werden dürfte.
— Der am 15. erfolgende Zusammentritt der Delega- tionen regt abermals, sagt die „N. Fr. Pr.“, die hon mehr-
“ fa berührte Frage an, inwiefern die Ausgleihéabmachungen
gwisgen den beiden Regierungen auf das gemeinsame Budget es Jahres 1877, welches die Delegationen festzustellen haben, von Einfluß sein müssen. Die „Budapester Corr.“ \pricht fich dar- über so aus: „Es ift selbstverständlich, daß in den den Delega- tionen zu unterbreitenden Vorlagen auf diese Abmachungen keinerlei Rücksicht genommen werden kann und die Delegationen auc nit in der Lage sein werden, auf noch niht sanktionirte Geseze zu re- flektiren oder den Inhalt jener zu votirenden Geseze zu antizi- piren. Die im Herbste zur Unterbreitung gelangenden Aus- gleichsvorlagen sollen die Bestimmung enthalten, daß die in Folge der Zollerhöhungen resultirenden Mehreinnahmen als Be- deckung für die 1877er gemeinsamen Ausgaben dienen und die Zollrestitution {hon im nächsten Jahre nach der neuen Be- rechnung erfolgeik soll, wenn das gemeinsame Budgetgeseßz, wel- ches die Delegationen jezt votiren, auch diesbezüglih nit ver- fügt, d. h. die Mehrbedeckung nicht enthalten wird.“
— Das dén Delegationen vorzulegende Armeebudget erscheint, wie die „Presse“ vernimmt, im Ordinarium und Extra- ordinarium um mehr als 1,300,000 Fl. gegen das Vorjahr Herabgemindert. — Bezüglich des Braunbuches, welches den diesjährigen Delegationen vorgelegt werden soll, wird eine kleine Verspätung fignalisirt. Der Druck des Braunbuches hat si verzögert, und so werden die in demselben ent- haltenen handelspolitischen Aktenftücke — wie die „N. Fr. Presse“ meidet — nicht am Beginn, sondern erft im Verlaufe der Delegations-Session vorgelegt werden. — Das Er- gebniß der Sizung des ungarishen Abgeordnetenhauses vom 11., in welcher die Erklärungen des Minister - Präsidenten Tisza über den österreichisch-eungarishen Ausgleich einstimmig zur Kenntniß genommen wurden, wird von hiefigen Blättern als ein unerwarteter Erfolg bezeihnet. Das ungarische Abgeordne- tenhaus habe damit den Ausgleih prinzipiell gebilligt, und wenn au eine Anzahl von Abgeordneten der liberalen Partei sich in Folge dieses Votums von der liberalen Partei los\age, \o falle dieser Umstand nicht allzushwer ins Gewicht, zumal \sich unter den Separatisten nur wenige Parlamentarier von größerer Be- deutung befinden.
Innsbruck, 13. Mai. Bei den gestrigen Gemeinde- wahlen im ersten Wahlkörper siegten alle Kandidaten der Ver- fassungspartei mit großer Majorität.
Pest, 13. Mai. Entgegen der Nachricht, der zufolge dies- mal Kriegs-Minister Baron Koller wegen seines angegriffenen Gesundheitszustandes an den Delegations-Verhandiungen keinen Antheil nehmen dürfte, meldet die „Budap, Corr.“, daß
Baron Koller jedenfalls ¿u den Auss\cußsißungen * der Dele- gationen nah Pest kommen und in den Ausshußverhandlungen das gemeinsame Kriegsbudget vertreten werde. Wenn sich dann seine Erholungsreise als unaufshebbar erweisen sollte, würde er vielleiht während der Zeit der minder wichtigen öffentlichen Verhandlungen seinen Urlaub antreten.
— Die Dissidenten der liberalen Partei des Abge- ordnetenhauses beschlossen in einer heute stattgefundenen Kon- ferenz folgende Erklärung: „Wir haben es für unsere Pflicht erahtet, auf die gestellte Frage mit Nein zu antworten, weil der auf Grundlage der vom Minister-Präsidenten dargelegten Prin- zipien vereinbarte Ausgleih die berehtigten Ansprüche Ungarns nicht befriedigt und für die wirthshaftlihe Ent- wicklung des Landes nachtheilig i. Dieses unser Votum einem Parteibeschlusse unterzuordnen, verbietet uns unsere Ueberzeugung und das Gefühl der Pflicht, welche uns dem Lande gegenüber als Ausfluß unserer Stellung als Ab- geordnete obliegt. Dies is unsere Ueberzengung; aus diesem Grunde traten wir aus dem Klub der liberalen Partei aus, der die zur Abstimmung gebrachte Frage als Partei- und Kabinets- frage aufstellte. Wir erklären, daß wir, getreu dem Programm, nach welhem si die liberale Partei konstituirte, auch ferner Mitglieder der liberalen Partei bleiben; wir behalten uns aber, unabhängig von der Regierung und jeder andern Partei, die Freiheit unserer Entschließung vor.
Zara, 12. Mai. Der LandëL&usfYUß hat sich heute nach zweimonatlicher Geschäftspause neu koustituirt und den Abgeordneten Dr. Klaic zum Vorsitzenden gewählt.
Schweiz. Bern, 13. Mai. Der „N. Zürch. Ztg.“ wird berichtet: Ueber die gestrige Abweisung des jurafssishen Rekurses gegen das bernische Kultus-Polizeigesey durch den Bundesrath läßt ih erft ein Urtheil bilden, wenn dessen ein- läßlihe Erwägungen vorliegen. Der Bundesrath betrachtet den Nichtwiderruf der bekannten Protestation der röômish-katholishen Geifilihen nicht als fortdauerndes Vergehen, verlangt die Ab- urtheilung über die Vornahme von gottesdienstlihen Handlungen renitenter Priester durch den Richter und niht auf adminifstras tivem Wege und behält sih seine weitere Schlußnahme bei all- fälligen Rekursen gegen solche Urtheile vor.
— Die Regierung des Kantons Aargau beschloß, dem Central- Comité des \{chweizerishen Vereins frei- sinniger Katholiken auf seine bezüglihe Anfrage Folgendes zur Kenntniß zu bringen: 1) daß diejenigen religiö- sen Vereine, welhe fih der christkatholishen Kirhe anschließen, von Staats wegen als fkirchlihe Genofsenshaften anerkannt wers den sollen; 2) daß der Staat sich der aktiven Mitwirkung bei der Bischofswahl enthalten werde, er aber behufs gutfindender Anerkennung die Mittheilung der getroffenen Wahl ver- lange; 3) daß die staatlihe Anerkennung nur \o lange Sun haben werde, als der betreffende Bischof nah allen Richtungen in seiner verfassungsmäßigen Stellung gegen die staatsgefährlihen Grundsäße des päpftlihen Syllabus vom 8. Dezember 1864 so wie der vatikanischen Dekrete vom 18. Juni 1870 verharrt und sich überhaupt niht mit den Rech- ten des Staates in Widerspruch seßt; 4) daß der Staat nicht in der Lage sei, einen Beitrag an die Dotation des Bischofs zuzusichern, und endlich 5) daß er dagegen bereit sei, sih zu bes theiligen bei der Wahl einer Prüfungskommission für niht vati- kanisch gesinnte katholishe Studenten der Theologie. — Eine in Olten abgehaltene Volksversammlung beshloß, von den fompetenten Behörden die Entfernung der Kapuziner aus dem Kanton zu verlangen,“ weil sie namentlich in leßter Zeit ihre Stellung zu konfessionellen Heyereien benußt haben souen.
Großbritannien und Jrland. London, 13. Mai. Im Oberhause wurde das \cottishe Pachtreformgesez in dritter Lesung angenommen. — Im Unterhause bestätigte der Unter-Staatssekreiär im Auswärtigen Amte die von den Bläts tern mitgetheilten Berichte über die Vorfälle bei Wegnahme des britishen Schooners „Clementius“ dur cinen spanischen Zollkutter als im Wesentlihen rihtig. Er fügte hinzu, die Regierung habe sich mit dem spanischen Ministerium in Verbindung gesezt und eine gründliche Untersuhung verlangt und erreiht. — Sodann wurde ein Antrag auf Shließung der Wirthshäuser in Jrland an Sonn- tagen mit 224 gegen 167 Stimmen nach langer und erregter Diskussion angenommen. — Der Unter-Staats-Sekretär für die Kolonieen erklärte, der neue Aufruhr auf Tabago beshränke fich nach einem Telegramm des Gouverneurs Pope Hennessy auf cine einzige Pflanzung, wo ein Polizeimann ein Weib getödtet habe und dann das Gesindel dem Polizeiniann das Leben nahm. Im übrigen seien die Ruhestörungen dur- aus gestillt und der Gouverneur befürchte keine weitere Gewalt- zhätigkeit.
— Die Agitationen gegen die chinesische Cinwan- derung mehren sih; so wird der „Times“ von ihrem ameri- kanischen Korrespondenten telegraphirt, daß das Parlament von Britis Columbia zu Victoria in einer Resolution die Erklä- rung abgegeben hat, es sei angezeigt, daß die Regierung Maßregeln ergreife, um die Ueberschwemmung des Landes dur chinesische Einwanderer zum Schaden der weißen Bevölkerung zu verhüten. — Gbenso hat das Abgeordnetenhaus von Vancouvers- F nsel eine Resolution gegen chinesishe Einwanderung gefaßt.
— Auf dem Ministerium für die Kolonien ist, wie es heißt, von- dem gemeldeten Ausbruch von Feindseligkeiten zwischen den Königen Ta Ta und Oko Tumbo an der West - küste Afrikas nichts bekannt.
— (W. T. B.) Nah der „Army and Navy Gazette“ hat das englishe Mittelmeergeschwader Befehl erhalten, fich sofort nah Smyrna zu begeben.
— Die Verhandlungen vor dem Court for crown cases reserved über die Kompetenzfrage in dem Ie gegen den Kapitän Keyn wegen des Zusammenstoßes der Dampfer „Strathelyde“ und „Franconia“ wurden heute fortgeseßt und {ließlich auf- nächsten Freitag vertagt. — Ein ministe- rieller Erlaß untersagt die Landung von ausländischem Vieh in Dover, Folkestone und Newhaven vom 18. Mai cr. ab.
Frankreich. Paris, 13. Mai, Der Tod Ricards und die Wahl seines Nachfolgers, über die verschiedene Angaben verlauten, beschäftigt noch in hohem Grade die öffentliche Meinung und die Blätter aller Farben, unter denen nur die klerifalen und legitimistishen ihrer Freude einen offenen, das allgemeine Gefühl verlegenden Ausdruck geben.
— Die Budget-Kommission hielt geslern unter dem Vorfiß Gambetta's zwei lange Sihungen; die erste beschäftigte fich mit dem Antrage Boyssets, das Budget des Kultus ganz abzuschaffen. Derselbe hiclt eine Rede, in welcher er nah der „Indep.“ u. A. sagte: „Die katholishe Kirche ift heut-
zulage ein Herd der Rebellion gegen die jehige Regierungsform wie gegen die Herrschaft der modernen Gesell-
haft. Darf man eine Korporation unterstüßen, welche alle franzôsishen Jdeen bekämpft und sih auf einen Souverän ftüßt, dessen ausländisher Charakter hinreihend dadur festgestellt ift, daß Frankreih einen Gesandten bei demselben unterhält? „Troß dieser Rede fanden fi in der Kommission nur vier Stim- men für den Antrag, und somit is er gefallen. — Dafür aber hat die Kommission den Antrag des Ministers Waddington, das Budget des öffentlihen Unterrihts noch um 6 Millionen, welche zur Aufbesserung des elementaren mittleren und höheren Unterrichts dienen sollen, zu erhöhen, günstig auf- genommen. Auch hat der Minister nah der „Opinion“ das Prinzip des Shulzwanges angenommen, doh sollen, ehe es durchgeführt wird, die Gemeinden erst mit dzn hinreihenden Schulen versehen werden.
— Wie der „Soir“ versichert, hat der französishe Minister des Aeußern an alle Konsular-Agenten einen Erlaß ge- richtet, worin er fie auffordert, die größ!e Vorsicht in ihren Be- ziehungen mit den Eingeborenen der Länder, wo sie angestellt find, zu beobahten, und sich niemals in Angelegenheiten zu mischen, in welchen die Interessen der französishen Landesange- hörigen nicht betheiligt find.
— Der aus den Deputirten Bethmont, Tiersot und Tur- quet bestehende engere Aus\chuß für die Untersuhung wegen der Wahl des Grafen de Mun ift, wie der „Köln. Ztg.“ gemeldet wird, in Pontivy angekommen und hat die Personen, welche er vernehmen will, vor fich geladen. Der Aus\{chuß sollte hon vor drei Wochen in dem Departement ankommen, seine Abreise wurde aber durch Unwohlsein Bethmonts verhindert. Wie eine Korrespondenz der „Opinion Nationale“ aus Pontivy vom 9. Mai behauptet, hätte die Geistlichkeit diefen Verzug dazu benußt, um eine Gegenuntersuchung zu veranstalten und die Wähler durch Drohungen u. dergl. zu bestimmen, sich niht zu fielen. Da dem Unteraus\chuß dieses aber bekannt geworden, fo habe er beschlo}sen, die sieben Kantone, welhe den Wahlbezirk des Grafen de Mun bilden, zu besuhen und sich nicht darauf zu beshränken, die Personen, weihe er vernehmen will, nah Pontivy zu fordern.
— Msgr. Freppel, Bischof von Angers, hat in der Angelegenheit des Hospizes von Segré, über welhe vor Kurzem \hon berichtet wurde, nicht ganz nahgegeben. Da die Ver- waltung des Hospizes (Falloux und Genossen) sich bis jeßt nicht dazu verstanden hat, den Ankauf des „Kirhengutes“ rückgängig zu machen, so befahl er den barmherzigen Schwestern, welche bisher den Dienft in demselben versahen, die Anftalt bis zum 31. Juli zu verlassen. Das Auftreten des Bischofs erregt nah der „Köln. Ztg.“ in Angers allgemeinen Urmuth. Nur die Jesuiten und ihr Anhang stehen auf der Seite dieses Prälaten.
— Die „Lib erté* zeigt heute an, daß sie die Farbe wecsele : sie verläßt das bonapartistishe Lager und wird republikanish- konscrvativ.
— 14, Mai. (W. T. B.) Der „Agence Havas“ zufolge ist die Ernennung des bisherigen Unterstaats\ekretärs im Mini- sterium des Jnnern Marcère zum Minister des Innern heute früh vom Präsidenten der Republik unterzeichnet worden und wird demnächst veröffentliht werden. Dem Vernehmen nah wird Faye von der Linken ihn als Unterstaats sekretär im Ministerium des Innern ersetzen.
Spanien. Madrid, 13. Mai. (W. T. B.) In dem Kongreß wird demnächst ein Antrag eingebraht werden, dahin gehend, cine parlamentarishe Untersuchung über die während der Revolutionsperiode von 1868 bis 1875 mit dem Staas\chatße vorgenommener Operationen zu veranstalten. Der Antrag is veranlaßt durch von mehreren Deputirten ge- machte Mittheilungen über während jener Zeit vorgekommene Mißbräuche. — Der Geseßentwurf, betreffend die Aufhebung der Fueros soll dem Kongreß am nächsten Mittwoch vorgelegt werden.
Ein weiteres Telegramm von demselb.n Datum meldet: Die Budgetkommission hat beschlossen, den früher auf den 20. d. M. angeseßten Tcrmin zur Empfangnahme der Vorschläge und Vollmachten der Delegirten der Staats- gläubiger behufs einer parlamentarishen Untersuchung Über die Staats\{Guld bis zum Ende dieses Monats zu ver- tagen. — Der Kongreß hat nunmehr die Kommission zur Untersuchung der \panishen Finanzoperationen in der Zeit vom Jahre 1869 bis 1874 ernannt.
Jtalien. Rom, 11. Mai. (Ital. Nachr.) In der gestrigen Sizung der Deputirtenkammer verlangte der Abg. Massari, den Minister des Aeußern über die Ereignisse in Salonichi befra- gen zu dürfen, und da ih Herr Melegari bereit erklärte, sofort darauf zu antworten, fragte ihn der Abgeordnete, ob die italie- nische Regierung die zum Schuyze des Lebens und der Inter- essen der italienishen Bewohner von Salonihi nöthigen Vorkehrungen getroffen habe. Der Minister entwickelte der Kammer den Hergang der traurigen Ereignisse und theilte mit, daß der König auf die Kunde davon zwei Fregatten nah dem Salonischen Meerbusen zu schicken befohlen, und daß die italie- nishe Kolonie von Salonichi der Regierung bereits ihren Dank dafür ausgesprochen habe. Ferner bemerkte der Minister, daß der italienishe Konsul in Salonichi alles gethan, was in seinen Kräften gestanden, um seine Kollegen von Deutschland und Frankreich zu retten, daß es aber unmöglih gewesen wäre, weil die türkishen Truppen zu \pät eingeschuitten seien. Auch der türkishe Gouverneur habe alle Kraft aufgeboten, nm die Ver- treter Deutschlands und Frankreichs zu retten. Die Ursache des Unglücks sei der Fanatismus der griehishen und muselmänni- {hen Bevölkerung. Nachdem der Minister noch versichert hatte, daß die italienishe Kolonie in Salonichi außer Gefahr sei, weil fie bis zur Ankunft der italienishen Kriegsschiffe unter dem Schutze: von denen der befreundeten Mächte stehe, erklärte \ih der Interogant mit der Antwort zufrieden gestellt.
— Nachdem der Papst am Tage des heiligen Pius (5. Mai) die französishen Pilger empfangen hat, werden, den „Jtal. Nachr.“ zufolge, am 13., wo er in sein 85. Lebensjahr eintritt, die deutshen, und am 29, am Jahrestage der Shlacht von Legnano, die italienishen empfangen werden, Der Kardinal Ledohowski wird morgen (11.) feine Titularkirhe Santa Maria in ara Coeli feicrlich in Besiy nehmen.
— Von Catanzaro wird den „Ital. Nachr.“ telegraphirt, daß der Assisenhof den chemaligen Senator Filippo Satriano von der Anklage, Privaturkunden gefälsht zu haben, freige- \prohen habe.
— 13. Mai. (W.T. B.) Von der mit der Vorberathung der Wahlreformvorlage beauftragten Kommission der De- putirtenkammer wird beaniragt, daß das Let ensalter, mit wel- hem die Berehtigung zur Theilnahme an den politischen Wah-
len eintritt, auf 21 Jahre herabgeseßt werde und daß für die politishe Wahlberehtigung das nämlihe Cintommen, wie bei