1876 / 117 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 18 May 1876 18:00:01 GMT) scan diff

der Ministerial-Direktor Dr. Schomburg, für das Herzogthum Sachsen-Coburg-Gotha der Geheime Regierungs-Rath Hornbostel, für das Herzogthum Anhalt der Regierungs-Rath Aue, für das Fürstenthum Schwarzburg - Sondershausen der Re- gierungs - Rath Gerber, für das Fürstenthum Schwarzburg- Rudolstadt der Regierungs - Rath v. Holleben, für die Fürstenthümer Reuß der Staatsrath Dr. v. Beulwiz. Dem Vernehmen nah is bereits in der erften Sizung eine Verstän- digung über alle wichtigeren Punkte erzielt und es läßt sih er- warten, daß die beabsihtigte Regelung auf Grundlage des preu- ßischen Fis-hereigeseges und der zur Ausführung desselben ent- worfenen Verordnungen erfolgt.

Der Evangelische Ober-Kirhenrath hat fich in einem Spezialfalle dahin geäußert, daß die Anwendung des jung- fräulihen Ehren-Prädikats bei der kirhlichen Trauung durh die Verordnung vom 21. September v. I. niht geboten i, weil dies nah Verlegung der Trauung hinter den rechtlihen Beginn der Ehe niht angängig war. Ebenso- wenig jedoch sei dieselbe untersagt. Wenn daher die Interessen- ten die Anwendung des jungfräulihen Prädikats für den Trauungsakt begehren und niht etwa die Gemeinsamkeit des ehelihen Hausftandes {hon begonnen sei, werde der die Trauung vollziehende Geiftlihe unverhindert sein, dem an ihn gestellten Verlangen zu willfahren.

Die ausnahmsweise Gestattung, daß bei Unglücksfällen oder zur Förderung sonstiger gesezlich erlaubter Zwecke au ohne ortspolizeilihe Genehmigung Einzelne si bereit erklären dürfen, eingehende Beiträgean ihren Bestimmungsort zu befördern, is nur auf die einfache Uebermittelung von Beiträgen an ihren Bestimmungsort zu beshränken. Eine wei- tere Einwirkung auf die Verwendung der Gaben, oder eine un- mittelbare Aufforderung zu Beiträgen if jedoch dadurch nicht freigegeben. Erkenntniß des Ober-Tribunals, rheinishen Senats, vom 6. April d. I. In Cöln bildete fich vor mehr als einem Jahre ein katholisher Verein mit dem Namen Paulusverein, der \s{ch zum offiziellen Zwecke machte, hülfsbedürftigen Geistlihen Unterfiüüßung zu gewähren. Anfangs Mai 1875 veröffentlichten die Vorstandsmit- glieder dieses Vereins, der Advokat und Kanzler des Erzbisthums Cöln, Gustav Schenk, der Dr. med. B. M. Brau- bah, der Rentner Franz Koch, der Badeanstaltsbesizer Siegen, in der Kölnishen Volkszeitung die Statuten des Vereins, in welchen ausgesprohen war, daß Jahresbeiträge und sznftige Geschenke von den Vorstandsmitgliedern angenommen und für den Zweck des Vereins nah Maßgabe des Bedürfnisses ver- theilt werden. Die Polizei-Anwaltshaft zu Cöln fand in dieser von den Vorstandsmitgliedern unter ihrem Namen erfolgten Be- fanntmachung eine strafbare Zuwiderhandlung gegen die Polizei- verordnung der Ziegierung zu Cöln, betreffend die Abhaltung ôffent- licher Kollekten, und ließ daher dieselben auf Grund dieser Verord- nung wegen unbefugter Aufforderung zu milden Beiträgen vor das Polizeigeriht zu Cöln laden. Das Polizeigericht verurtheilte denn auch die Beschuldigten, jeden zu einer Geldbuße don 6 A, event. einem Tage Haft. Auf die Berufung der Beschuldigten

spra jedoch das Zuchtpolizeigeriht zu Cöln dieselben frei, weil S. 2, Saz 2 der gedachten Polizeiverordnung von der Ein- holung einer Genchmigung entbindet, wenn bei Unglüdcksfällen oder zur Förderung fonstiger geseßlih erlaubter Zwecke Einzelne

sh bereit klären, eingehende Beiträge" an ihren Be- stimmungsort zu befördern. “In dem dagegen eingelegten Kafsations - Rekurs betonte der Ober - Prokurator, daß der vom Berufungsrichter in Bezug genommene Passus der Polizei-Ver- ordnung den Fa! einer bloßen Bereiterklärung zur Beförderung von Beiträgen an ihren Bestimmungsort, d. h. zur einfachen Ueber- mittelung derselben ohne Dispositionsbefugniß der Mittelsperson vor- ausf\eze, und daß er ferner voraussete, daß die zu befördernden Bei- träge zu einem ges:ßlih .rlaubten Zwecke bestimmt seien. „Die bei dem Vorstande des Paulusvereins eingehenden Beträge“, führt der Bericht des Ober-Prokurators des Weiteren aus, „find aber ftatutenmäßig zur Unterftüßung hülfsbedürftiger Priester be- flimmt. Daß unter hülfsbedürftigen Priestern im Sinne der in Rede fiehenden Annonce ledigli s\olche Priesier zu verstehen sind, welchen in Folge ihrer Nihtanerkennung der Geseße des Staates auch das Einkommen, welches fie von Let- terem bezogen, eingehalten ift, bedarf nach dem, was in öffent» lihen Blättern von der Richtung des Paulusvereins über dessen Zweck der Wirksamkeit täglih zu lesen is, als notorisch be- zeihnet werden.“ Das Ober-Tribunal ging zwar auf die Frage, ob der Zweck der Geldsammlungen des Paulusvereins ein er- laubter oder geseßwidriger sei, nicht ein, nihtsdestoweniger kaf- firte es das freisprehende Urtheil des Berufungsrichters und stellte das verurtheilende erstinstanzlihe Erkenntniß wieder her.

Der General der Kavallerie von Podbiel ski, General- Inspecteur der Artillerie, hat fich mit mehrwöthentlihem Urlaub zur Kur nach Marienbad begeben.

Der im Kollegium der Königlihen General-Kommission zu Münster beschäftigte bisherige Gerichts-Assessor Boner is zum Regierungs-Assessor ernannt.

S. M. Kanonenboot „Nautilus“ ift am 9. Mai cr. in Malta eingetroffen und am 13. desselben Monats nah Port Saïd in See gegangen. An Bord Alles wohl.

Bayern. München, 16. Mai. Alle durch verschiedene Blätter gehenden Mittheilungen über die Wiederbesezung der durch das jüngst erfolgte Ableben des Grafen Pocci erledigten Hofcharge eines Oberst-Kämmerers sind, wie man der „Allg. Ztg.“ \hreibt, vollständig aus der Luft gegrissen. An fompetenter Stele wurde die Frage der Wiederbesezung nohch gar niht in Erwägung gezogen.

Die im großen Saale der Westendhalle gestern Abends abgehaltene Versammlung der liberalen Ur- wähler war außerordentli zahlreih besucht. Der Vorsißende, Hr. Vecchioni, machte Mittheicungen über die Wahlorganisation, die in Folge der unerwartet raschen Anordnung der neuen Wahlen, \o umfangreich die Arbeit auch war, in wenigen Tagen vollendet werden mußte, und brachte dann den bereits gestern mitgetheilten Antrag bezüglich der Wiederwahl der Wahlmänner und der Abgeordneten zur Berathung. Hr. Rechtsanwalt Dr. Henle, ciner der kafsfirten Abgeordneten, motivirte in eingehender Rede den Antrag, und übte dabei eine scharfe Kritik über den die hiefigen Wahlen fassiren- den Beschluß der Kammermehrheit, sowie über das Verfahren einzelner Mitglieder derselben. Der Redner, welcher unter fort- währendem Beifal der zahlreihen Versammlung \prach, kam dabei auch auf das Projekt der Reichseisenbahnfrage zu sprechen, das die ultramontane Partei für die dermalize Wahl- agitation zu verwerthen versuht. Die Antwort, welche der Staats - Minister v. Pfrezshner auf die Freytagsche

Interpellation in der Kammersizung vom 25. Februar ertheilte, habe den lauten Beifall der Liberalen gefunden, während die Herren der ultramontanen Kammersfraktion sehr verstimmt darüber gewesen seien, daß die Antwort so „befriedigend“ ausfiel. Die auf dem gleichen Standpunkt stehende liberale Prefse halte heute noch das damals vom Staats-Minister Gesagte für das Richtige und er, Redner, fei der Zustimmung seiner Wähler ficher, wenn er \ih als Gegner des Reichs-Eisenbahnprojekts bekenne. Der Antrag wurde dann ohne weitere Debatte mit Einstimmig- feit angenommen. Im Laufe des Abends \prahen noch die Abgeordneten Wülfert, Bürgermeister Fischer und Crämer über die Wahlen und über unsere Verhältnisse überhaupt, sowie über die Nothwendigkeit der allgemeinen Theilnahme aller liberalen Wähler an den Wahlen u. \. w.; fie sprachen unter dem fort- währenden Beifall der Versammlung. Der Vorsißende {loß die Versammlung mit einem Hoh auf ein „freies Bayern im geeinigten Deutschland“.

Hessen. Darmstadt, 16. Mai. Heute fand zur Feier des Jubiläums des Großherzogs als Jnhaber des K. K. österreichischen 14. Linien-Infanterie-Regiments Galatafel ftatt. Es maren zu derselben an den K. K. öfterreihishen Gesandten, Ritter v. Pfustershmid-Hardtenstein, den K. K. Legations-Sekre- tär, Grafen Latour, die als Deputation des K. K. 14. Infan- terie - Regiments erschienenen Offiziere, die weiter hier anwesenden K. K. öfterreihishen Offiziere, die Genera- lität, die Oberst - Hofhargen und den Großherzoglichen Minister-Präsidenten Hofmann Einladungen ergangen. Den ersten Trinkspruch brachte der Großherzog aus auf das Wohl Sr. Majestät des Kaisers von Oesterreich und des braven 14. Reg1- ments. Auch Prinz Alexander weihte den tapferen Helden des 14. Regiments ein Glas, der Zeiten gedenkend, in welchen er als Brigade-Commandeur (zu Triest) und als Feldmarschall- Lieutenant (bei Solferino) an dessen Spitze gestanden hatte. Nach der Tafel besuchten die Deputationen 2c. die Festvorstelung im Hoftheater.

Gestern hielt der Finanzaus\chuß der Ergen Kammer mit den Vertretern der Regierung über das Budget und die neuen Steuergeseze Vormittags und Nachmittags mehr- stündige Sizungen. Die vorgeschriebene gemeinschaftlihe Sißzung der Aus\{hüsse beider Kammern findet nunmehr erft morgen statt. Morgen tritt auch die aus Veranlassung der beab- fihtigten Reichsgesezgebung über das Patentwesen Seitens der Großherzoglih hessishen Centralftelle für die Gewerbe er- nannte Kommission zu einer Vorberathung zusammen. 52

Braunsczweig. Braunschweig, 17. Mai. In der gefirigen Landtags\ißung wurde der Antrag des Abg. Holle und die Petition, die Okerregulirung bei Wolfenbüttel betreffend, abgelehnt. Aus den Ueberschü}ssen der Finanzperiode ist ferner vom Landtage die Summe von 105,000 / zu einer Schiffbrücke bei Holzminden genehmigt. Der Antrag des Abg. Krampe, den Schug der Singvögel betreffend, wurde mit der Erweiterung einstimmig angenommen, es möchte das Herzoglihe Staats- Ministerium ersuht werden, ein Geschß zum Schutz der nüglichen Vögel überhaupt zu erlassen.

Lippe. Detmold, 17. Mai. Der Fürst if auf einige Tage nah Mecklenburg ggreist. In der heutigen öffentlichen Sitzung des LanLzxrgs? gelangte dás in den Kommissions- fizungen bereits durchberathene Wahlg ese zur Berathung und Beschlußfassung. Die ' in* der Kommission vorgeschlagenen Ab- änderungen erhielten mit geringen Abänderungen die Zustim- mung, und wurde sodann das Wahlgeseß mit 15 gegen 2 Stim- men und der angeschlossene Gesezeniwurf über die Zusammen- sekung des Landtags und die Ausühung der Rechte desselben mit überwiegender Majorität angenommen.

Lübeck, 15. Mai. Jn der heute abgehaltenen Bürger- \chaftssizung war es neben zwei kleineren nachträglih ein- gebrahten Anträgen von rein lofaler Bedeutung besonders der Senatsantrag auf Vermessung und Bonitirung des ländlihen Grundbesißes im lübeckishen Freistaate, der das Interesse erregte und eine lebhafte Debatte veranlaßte. Es war bekannt, daß die Landleute selbs dem Antrage entgegen seien, weil fie zur Tragung der auf 132,000 4 veranschlagten Gesammt- koslen mit einem Drittheil herangezogen werden follen und das Kontingent der ländlihen Mitglieder der Bürgerschaft war denn auch in heutiger Versammlung ausnahmslos vertreten. Das Motiv des Widerstandes der Landleute, als aus reiner Abneigung gegen Geldausgaben hervorgehend, wurde dann aber in der Debatte so \{lagend zurückgewiesen gegenüber den wesent- lichen Vortheilen, die fie selbst und mehr noch als der Staat aus der beantragten Maßregel beziehen werden, daß die \{chließ- liche Abstimmung zu einer Annahme des Senatsantrages mit großer Majorität führte. Die Ausführung der Arbeit wird, wie die „Hamb. Nachr.“ bemerken, im Anschluß an die gleihe in Lauenburg jeßt fafi vollendete Vermessung und Boniticung dur die nämlihen Beamten ges{hehen und stellt auch nur darum \sih so verhältnißmäßig billig heraus.

Elsaß-Lothringen. Straßburg, 17. Mai. (W.T.B.) Im Fortgang der heutigen Sizung des Landesaus\chusses wurde Schlumberger (Gebweiler), der {hon in der vorigen Session als Präsident fungirte, mit 26 von 28 Stimmen wieder zum Präsidenten, Zo:n v. Bulach aus Osfthausen mit 20 Stim- men zum Vizepräfidenten gewählt.

Die „Straßb. Ztg.“ veröffentliht den Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Feststellung des Landeshaushalts- Etats von Elsaß-Lothringen für das Jahr 1877. Der Etat wird danach für 1877 in Ausgabe auf 41,961,157 78 §, nâmlih auf 31,598,724 4 an fortdauernden und auf 10,362,433 M 78 4 an einmaligen und außerordentlichen Ausgaben, in Einnahme auf 41,961,157 A 78 Z festge- stellt. Die weiteren Titel betreffen: 2) Regelung des Dienst- cinkommens der Steuerempfänger; 3) Gebühren der Friedens- rihter beim Zwangsverkauf von Liegenschaften; 4) Erhöhung der Besoldungen der Lehrerinnen, Hülfs!ehrer und Hülfslehre- rinnen; 5) Verwendung des Holzes von Bäumen der Bauver- waltung und des Erlöses vom Verkauf solher Bäume; 6) Aus- gabe von Schazanweisungen zur Deckung des außerordentlihen Bedarfs des Haushalts 1877.

Der „N. Fr. Presse“ wird aus den Reichslanden geschrieben: „Der soeben veröffentlihte Entwur f eines Gesezes, nah welchem in Zukunft Landesgesetze für Elsaß-Lothringen vom Kaiser mit Zu- stimmung des Bundesrathes und des Landesaus\{husses ohne Mit- wirkung des Reichstages follen erlassen werden können, wird in den gemäßigten Kreisen der einheimischen Bevölkerung überall mit Ge- nugthuung aufgenommen. Das neue Gefez nun, dessen Zu- ftandekommen wohl nit bezweifelt werden darf, ift, was auhch von Seiten der deutschfeindlihen Parteien nit geleugnet wird, ein weiterer Schritt zu der angestredien Autonomie und erfüllt

eineit guten Theil der Wünsche, die bezüglih der Stellung Elsaß- Lothringens zum Reiche hierorts gehegt werden.“

Die „Kölnische Zeitung“ äußert über den Geseßentwurf unter Anderem das Folgende: „Die Thätigkeit des Landes- aus\chusses empfängt eine erhöhte Bedeutung. Der Reichstag bleibt als leßtes Korrektiv noch immer übrig für den Fall, daß sih ein Einvernehmen zwischen Landesaus\chuß und den beiden übrigen Faktoren nicht erzielen ließe, und es bleibt natürli der

| administrativen Geschicklihkeit der Behörde, sowie dem politischen Takt des Landesaus\husses überlassen, dafür zu sorgen, daß

solche Fälle nit vorkommen. Die Thätigkeit des Reichskanzler-Amts wird dadur quantitativ nit verändert, so weit fie sich auf Elsaß- Lothringen bezieht. Nah wi: vor hat das Reichskanzler-Amt die Vorbereitung aller der Vorlagen zu besorgen, welche der Reichskanzler als verantwortlicher leitender Minister für Elsaß- Lothringen (laut Gese vom 9. Iuni 1871) bei dem Kaiser oder beim Bundesrath zum Vortrag zu bringen hat. So ent- widelt fich das eigenartige Gemeinwesen von Elsaß-Lothringen im Augenblick nach der partikulariftishen Seite hin und nähert fich der Stufe, wo es die Regierung des Landes im Lande genießt, wie das früher öfter in diesem Blatte ausgesprohen wurde, cine Stufe, welche nothwendig durchshritten werden muß, ehe man sich der Regierung des Landes durch das Land erfreuen kann.“

DefierreiH- Ungarn. Wien, 16. Mai. Die Abreise des Kaisers nah Pest soll morgen früh erfolgen. Wahr- \heinlih werden Graf Andrassy und Freiherr v. Lasser gleichzeitig nah Pest sich begeben, da, wie {hon gemeldet, der

- Gwpfang der Delegirten bei Sr. Majestät am 18. stattfinden

dürfte. Bezüglih des Aufenthalts der Minister Freiherr v. Pretis und Ritier v. Chlumeckly in der ungarischen Hauptstadt, die gestern Abends daselbst eingetroffen sind, bemerkt der „Pester Lloyd“, daß sie Gelegenheit finden dürf- ten, „mit den ungarishen Ministern bereits die Pour- parlers über die Ausführungsbestimmungen zu dem Aus- gleihstraftate aufzunehmen.“ Was die Delegationsarbeiten an- belangt, so giebt man sih, wie die „Presse“ mittheilt, der Hoff- nung hin, daß dieselben noch vor Pfingsten gänzlich beendigt sein werden. Die öfterreichishen Delegirien werden jedenfalls rasch ans Werk gehen. Der Budgetaus\{chuß wird \chon heute oder morgen mit der meritorischen Berathung des Budgets, und zwar beim Reihs-Finanz-Ministerium und der Rehnungskontrole, beginnen. j

Lemberg, 16. Mai. -„Dziennik Polski* exfährt aus an- geblich verläßliher Quelle, daß der Handels-Minister dem Reichs- rathe einen Gesegentwurf vorlegen werde, demzufolge die Ver- waltung derjenigen Eisenbahnen, aus deren Erträgnissen die Administrationskosten niht bestritten werden konnten, an einen Regierungs3-Sequester übergehen sol. Der Leiter des Eisenbahnwesens, Sektions - Chef v. Nördling, und Direktor Pichler find zur Inspizirung sämmtlicher galizischer, insbesondere der nothleidenden Eisenbahnen heute hier eingetroffen.

Trieft, 16. Mai. Der hier befindlihe Kriegsdampfer „Alnoch“ wird ausgerüstet und geht sodann an die Mündung der Narenta als Stations\{ifff ab.

Pest, 16. Mai. Das Oberhaus hat ohne Debatte den Gesezentwurf, betreffend die Rektifikation der ständigen Wähler- liste angenommen.

Der Finanzaus\chuß der österreihischen Dele- gation, als dessen Obmann Dr. Herbst fungirt, hielt heute eine Sizung ab, in welher nah längerer Debatte folgende vom Berichterstatter Baron Winterftein beantragte Resolution ange- genommen wurde: „Das gemeinsame Ministerium wird auf- gefordert, bei dem Voranschlage über den gemeinsamen Staats- haushalt für das Iahr 1878 auf die Verwendung der entbehrlihen Kapitalien des Militär-Stellvertreterfondes Bedacht zu nehmen.“ Delegirter Dr. Breftl erklärte, er behalte sfih vor, die Einstellung der Bedeckung für die Anshaffung der neuen Geshüßze aus dem Stellvertreterfonde zu beantragen. Der Voranschlag des obersten Rehnungshofes wurde konform der Regierungsvorlage geneh- migt. Der Antrag des Referenten, als Erträgniß des Zollge- fälles rund 11 Millionen einzustellen, wurde angenommen. Dr. Gisfra stellte den Zusaßzantrag, es sei in dem bezüglichen Berichte die Bemerkung einzufügen, die Einstellung dieser Summe geschehe unter Vorbehalt der Aufrechterhaltung des Zollbündifses zwischen beiden Reichshälften. Dieses Amendement wurde jedoch, nachdem Dr. Brestl und Schaup dagegen ge- \prochen, abgelehnt.

Die „Pester Corr.“ meldet: Zwischen den hier anwesen- den österreihischen Ministern und den beim Ausgleiche betheiligten ungarischen Kabinetsmitgliedern haben heute bereits Pourparlers stattgefunden; meritorishe Berathungen dürften erst nach dem Eintreffen des Grafen Andrassy beginnen und namenilich die Feststellung der Details des Zolltarifes unter Mitwirkung eines Fahbeamten des Ministeriums des Aeußern erfolgen. Während der Anwesenheit der österreihishen Mi- nister wird auch das vereinbarte Bankprojekt realisirt und voraus\ihtlich leitende Persönlihkeiten der öster- reihishen Nationalbank den betreffenden Berathungen beigezogen werden. Ursprünglih war die Fortführung der Be- rathungen in Wien in Ausficht genommen; da jedo einerseits der Finanz Minifter Szell im Reichstage beschäftigt is, anderer- seits anläßlih der Delegations-Verhandlungen für gewisse Zeit die maßgebenden Faktoren ohnedies in Budapest vereinigt sind, entschied man \fich dafür, die Durchführung der auf die Bank bezüglihen Punktationen hier in Angriff zu nehmen. Im Pester Munizipal-Aus\chuß kommt morgen der Antrag: Errichtung einer selbständigen ungarischen Bank und eines \ elb stä n- digen Zollgebiets, zur Verhandlung. Der Ober-Bürger- meister berief heute eine Vorkonferenz zusammen, um die morgige Haltung zu besprechen. - Redner von Bedeutung waren hierbei nur Wahrmann und Szlavy. Erfterer pro- testirte, daß die hauptstädtishen Abgeordneten, wie ein Vor- redner behauptet, Alle die seldftändige Bank und das sfelbstän- dige Zollgebiet auf ihrem Programm haben; er gesteht offen, er halte die Lage für gefährlih und! niht für angezeigt, jeßt den Kampf mit Oefterreih heraufzubeschwören, Ungarn sei geistig, politish und materiell zu weit zurü; es könnte uns am Ende wie den Franzosen gehen, die nach Berlin wollten und Sedan erreihten. Die englishen Firmen, welche Geld für eine ungarishe Bank angetragen, seien nicht in Betracht zu ziehen gewesen. Szlavy meint, \eine Vergangenheit berehtige ihn, zur Sache zu reden. Er bestätigt, was Wahrmann betreffs der Konsortien, welche Geld zur Bank offerirt haben, gesagt. Ihre Anerbietungen seien nicht derart gewesen, um irgendwie ernst genommen zu werden. Auf das Zollgebiet übergehend, erklärt er, ex habe seinen Erfahrungen nah keinen bes=

Feren Ausgleich erwartet, Tisza Habe, angesihts der enormen politishen Schwierigkeiten der, Lage, der Ver- gangenheit vollständig entsagt und aus Furht vor den Fol- gen eines Bruches einen friedlihen Ausgleich acccptirt, Damit habe er den glänzendften Beweis seines patriotischen Sinnes gegeben. Aus politishen Gründen wünscht Szlavy morgen einfachen Uebergang zur Tagesordnung. Brody wünscht motivirte Tagesordnung; die Regierung möge si bestreben, bei Festftelung der Details gewisse Verbesserungen zu Stande zu

bringen, was endlih angenommeñ wird. Somit wird der be- treffende Antrag morgen verworfen.

Schweiz. Bern, 16. Mai. Nach dreimaliger Verwer-

Fung ist die revidirt: Verfassung des Kantons Schaff-

hausen vom Volke mit 5095 gegen 1192 Stimmen angenom- men worden.

Aargau, 17. Mai. (W. T. B.) Der große Rath des Kantons Aargau hat gestern die Aufhebung der Nonnen- Flöfter in Hermetishwyl und Gnadenthal, und heute die des Stiftes St. Verena in Zurzach beshlossen und zwar ke ttere mit 81 gegen 47 Stimmen.

Grsfßbritannien und Jrland. London, 16. Mai. Im Oberhause beantragte Lord Granville eine Refolution Über die Begräbnisse von Dissidenten auf den Friedhöfen der Staatsfkirhe, doch wurde der Antrag nah längerer Debatte mit 148 gegen 92 Stimmen abgelehnt. Jm Unterhause erklärte auf eine von Richard gestellte Anfrage Hr. Lowther, der Unter- fiaats-Sekretär im Kolonialamte, der Befehlshaber des Ge- \chwaders an der Wesiküste Afrikas werde nicht, wie angegeben worden war, die Küstenpläße von Dabhomey bombardiren, TFobald der König nit die ihm gestellten Bedi gungen erfülle, fon- dern es liege nur im Plane, eine Blokade über die Küste zu ver- hängen. Sir Samuelfon kündigte für den 18. die Anfrage an, ob durch die Umwandlung der ägyptishen Schuld die Sicherheit für die 200,000 Pfd. Sterl. Zinsen, welche der Khedive für die Kaufsumme der Suezkanval-Aktien in Auésicht gestellt. hat, nicht beeinträhtigt werde. Der Postdampfer „Kafir“ ist in Natal mit 138 Sklaven an Bord angekom- men, welche die englischen Kreuzer „London“ und „Thetis“ einem Sfklaoenschiffe an der Ostküste von Afriïa abgenommen haben. Der Präsident des Orange-Freistaates, Herr Brand, hat seine Unterhandlungen mit dem Kolonial-Minister begonnen,

Frankrei. Paris, 16. Mai. Die ersie Amtshand- lung des ncuen Ministers des Innern war der Erlaß eines Cirkulars an die Präfekten, um ihnen anzuzeigen, daß die Instruktionen, welche sie in den lehten Tagen empfangen, Punkt für Punkt ausgeführt werden sollen, da die Politik der Regierung durch das \{chmerzliche Ereigniß, welhes das Land der Dienste des Hrn. Ricard beraubt, keinerlei Aenderung er- fahren habe.

Die Amneftie-Debatte it noh niht beendet; s\eit- dem aber auch die Linke fich gegen die cigentlihe Amnestie er- kFsärt, wendet sich die allgemeine Meinung besonders zwei Vor- \chlägen zu, nämlih für die rein politishen Berbrehen der Kom- mune von jeßt ab Verjährung und außerdem zahlreiche Begna- digungen eintreten zu lassen. Die Stellung des neuen Mini- sters des Innern zu dieser Frage ist noch nicht kar, doch glaubt man ihn diesen Vorschlägen geneigt.

Kein Priester hat in Morbihan der Einladung des Untersuhungs-Aus\husses in Sachen der Waul des Grafen de Mun Folge geleiftet.

Der Avifo „Le Chateau Renard, der gegenwärtig vor Salonichi lizgt, hat Befehl bekommen, sich gleih nach Ankunft des Gesczwaders nah Beyrut zu begeben.

Die französishen Pilger, welhe unter Leitung des M. de Damas nach Rora ziehen, sind in den legten Tager. von hier abgegangen. „Diese Pilgerfahrten“, sagt das „Journal des Débais*, „sind der italienischen Regierung nichis weniger als un- angenehm; manchmal wohl kommen ärgerlie Worte Seitens gewisser Redner im Vatikan vor ; aber dafür sind auch die Vortheile. zahlreih. Die Pilgerfahrten entbehren in unserer Zeit gänzlich alles Pittoree ken; wenn die Pilger wie ihre Vorfahren barfüßia, im Kittel, mit großen Stäben, wanderien, würde ihre Anwesenheit Aufsehen und vielleicht sogar Unruhen erregen; aber einmal außerhalb des Vatikans sind die Pilger Leute wie alle Welt, und gewöhnlih recht brave Leute. Sie ernähren die zahlreichen Industriellen, welchze in Italien von den Fremden leben, und daßer ift dies eine gar nicht zu verachtende Einnahme. Di meisten Pilger kommen nach Italien mit der Idee, daß man fie verfolgen werde, und daß sie die größten Gefahren laufen ; sie nehmen aber Eindrücke mit fort, die von denen, die sie bei der Ankunft haiten, sehr verschieden find und die sogar manŸ- mal übertrieben optimistish gefärbt find. Es if darnah unmög- li, daß die naiven Pilger eine so gar shrecklihe Meinung von der italienischen Verfolgung mit fortnehmen, und die, welche sie nach Rom dirigiren, mit der Absicht, der Regierung dadur Unannehmlihhkeiten zu bereiten, täuschen sich vollkommen.“

Versailles, 17. Mai. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung der Deputirtenkammer mahte der Deputirte Cafsagnac der Regierung den Vorwurf, bei der Ernennung der Maires im Departement Gers einen Druck auf die Wahlen bezweckt zu haben. Der Minister des Innern, Marcère, er- widerte darauf, daß in dem Programm des MWini- steriums die Sicherung der Wahlfreiheit die erste Stelle einnchme und daß die in Rede fichenden Veränderungen in der Besezung der Mairéesftellen von der öffentliven Meinung verlangt worden seien. Der Jusftiz- Minister Dufaure brahte sodann den Antrag ein auf Er- mächtigung zur gerichtlichen Verfolgung des Deputirten Rouvier, der der Vornahme unmoralisher Handlungen an- geklagt ist. Im weiteren Verlaufe der Sizung wurde die Berathung der A mneftievorlage fortgesezt und die General- diskussion beendet. Dem Vernehmen nah wird der Deputirte Raéspail morgen seinen Antrag auf Ertheilung einer voll- ständigen Amnestie für alle politishen und Preßvergehen ver- theidigen.

Spanien. Nah einem Telegramm der „Times“ waren die baskishen Abgesandten mißvergnügt und ohne cin Uebereinkommen zu erzielen in ihre Heimath zurückgekehrt. Die Regierung würde von nun an ohne deren Beihülfe mit der Aufhebung der baskischen Sonderrehte vorgehen und dem Senat in den nächsten Tagen einen darauf bezüglihen Gesezentwurf vorlegen.

Ftalien. Rom, 14. Mai. Gestern theilte der Präfident der Deputirtenkammer mit, daß der Abg. Cavallotti den Mi-, nister des Innern über gewi}se, die Deputirten der Lin ken betreffende ‘Dokumente, welche im Ministerium des Innern gefunden worden Find, zu befragen wünsche. Der Minifter ersuchte den genannten Abgeordneten, davon abzuftehen, indem er ’inzuseßte, daß jene

Dokumente eine Maffe Anklagen und Verleumdungen enthalten, wie sie in einem nah freien Institutionen regierten Lande nicht ! vorkommen dürften; daß er dem Minister- und dem Staa!s- rathe die Frage vorzulegen gedenke, ob Minister des Innern berechtigt seien, von den Präfekturen und der Polizei Mittheilungen über das Privatleben der Parlaments-Abg-ordneten ¿u verlangen und fie den Archiven einzuverleiben, damit st| auf die Nachwelt kommen, während die dadurch Verleumdeten fih gar niht dagegen vertheidigen können. So lange er Miniser sei, werde er für seinen Theil die Sache auf sih berußen lassen, sobald er aber in den Privatstand zurüctrete, werde er sh Genugthuung zu verschaffen wissen. Der Abgeordnete Lanza, welcher vor Cantelli Minister des Innern gewesen ist, erklärte, daß parlamentarishe Verhand- lungen über die betreffenden Dokumente die Interessen der Ordnung und öffentlihen Sicherheit kompromittiren, ja eine geordnete Regierung ganz unmögliÞh machen wrden; Und er pla seine _- Bereitwilligkeit aus, dem Herrn Nicotera zu jeder Zeit. Genugthuung zu geben. Es entiwickelte stch hierauf eine längere Debatte zwischen den beiden Vorzednern, indem Hr. Nicotera zu verftehen gab, daß die betreffenden Dokumente auf Befehl Lanza's verfaßt worden, und dieser zu beweisen suchte, daß die ganze Debatte inopportun \ei, daß die betreffenden Dokumente auch gar niht im Widerspruch mit den liberalen Institutionen und auch feine Verleumdung seien, s\ondern vielleicht Ungenauigkeiten enthalten, welhe bei Berichten von Subalternbeamten unterzulaufen pflegen. Die Kammer machte der Diskussion ein Ende, indem fie dem Abg. Cavallotti nicht erlaubte, seine Interpellation zu begründen. Hierauf geneh- migte das Haus den die Verlängerung des Zwangskurses der Bankbillete betreffenden Gefeßentwurf in geheimer Ab- stimmung mit 204 gegen 39 Stimmen,

Die bereits gekündigten Handelsverträge, die im nächsten Juni ablaufen würden, sind, den „Ital, Nachr.“ zufolge, bis Ende April 1877 verlängert worden.

Der Königlihe Regierungs-Fommissar in Mantua hat troy des bischöflizen Protestes das dortige Seminar in Besig genommen. Der Vertreter des Bischofs hat in Gegen- wart von zwei Zeugen dagegen protestirt und die Erklärung ab- gegeben, daß er nur der Gewalt weiche.

Der Kronprinz und die Kronprinzessin von Dänemark sind in Venedig eingetroffen.

SULtel, Konslantinovel 1(. Mai. (W. D. B) Djevdet Pascha ist zum Minister des öffentlihen Unterrichts und Vely Pasha zum Gouverneur von Brufsa ernannt worden, Ali Pascha bleibt Gouverneur der Herzegowina.

Aus Philippopel wird der „Pol. Corr.“ unter dem 10. Mai über die Insurrektion in Bulgarien Folgendes geschrieben: „Bis zur Stunde sind mehrere Distrikte des Rust- \huker oder „Tuna-Vilajet“ und im Adrianopler (,„Edriner“, wie es die Türken benennen) insurgirt. Als Mittelpunkt der Z3nsurrektion, die sih auf ein Territorium erstreckt, welches zum mindeften so groß ist, als die gesammte Herzegowina, kann das Arrondifsement von Tatar-Bazardjik oder richtiger und ganz präzis bezeichnet: der Ort Denir-Capouï bezeichnet werden, Let- terer liegt im Süden jener Gebirgsfette, die man unter dem Namen „hoher Balcan“ auf den besseren Karten findet, ift sehr nahe von Tatar-Bazardjik und befindet sich in \üdöfst- liher Rihtung von Philippopel (Filibeh). Denir-Capouï liegt im Gebirge und bildet eine von der Natur uneinnehmbar gestaltete Position. Jn südliher Rihtung reiht die Bewegung bis zum Ote Raschlug, {üdöstlih von der Mariza. Nördlich üder- ragt dieselbe Samakowo, in südwestliher Richtung überschreitet fie die Grenzen des Edriner (Adrianopler) Kreisis; dohch läßt fih die wirkliche Grenze der Insurrektion nach dieser Seite nit genau bestimmen. Das von den Insurgenten besehte Terrain ist im Allgemeinen ein sehr gebirgiges.

Die Zahl der Insurgenten i| zur Stunde bei den wider- \prehenden Angaben s{chwer zu ermitteln. Immerhin hat es einige Wahrscheinlichkeit für f, daß sie kaum unter 8000 Mann betragen dürfte. Von den Türken selb hört man, daß die Aufständischen niht \chlecht bewaffnet sind. Größtentheils sind es Miniébüchsen und Perkussionsgewehre älterer Konstruktion, mit welchen sie versehen find. Nach türkischen Darstellungen ist au anzunehmen, daß die Insurgenten mit einer fixen militäri- \hen Organisation sofort debutirt haben. Sie bilden größere Körper mit Unterabtheilungen. An Geld soll es ihnen eben so wenig wie an Lebensmitteln mangeln. Von leßteren sollen sie im Gebirge große Vorräthe seit langer Zeit angehäuft haben. Die Vorbereitungen waren in \olch geräush!oser Weise getroffen, daß äußerlih auch nicht das gerinafte verdächtige Sywptom wahrzunehmen war. In der ganzen Ausdehnung der insurgirten Gegend waren schr wenig Truppen vorhanden und dieser Umstand begünstigte ungemein die rasche Ausbreitung der Insurrektion. Aus Konstantinopel werden seit dem 6. d. M. fortwährend Truppen hieher entsendet. Die Insurgenten haben die Stadt Avret-Alan, welhe 6000 Einwohner zählt, voUständig be- sezt. Gelingt cs nicht, sie von da bald zu vertreiben, dann könnte auch unsere Stadt bedroht werden.“

Schweden und Norwegen. Stocholm, 13. Mai. Der Kompromifvorslag des Geseyaus\{chusses wegen Einfüß- rung des metrishen Systems für Maß und Gewicht hat die Genehmigung beider Kammern gefunden, demna wird d:s Gesecß im Jahre 1879 in Kraft treten, während die Ve- nußung der neuen Maße und Gewichte {hon 2 Jahre vor die- sem Zeitpunkte gestattet ist. Hauptsächlich beschäftigten fh die Kammern in den jüngsten Tagen mit der Pensions- frage für Offiziere dec Armee sowie Mannschaften der Flotte. Die betreffende Kommission hatte vorgeschlagen, daß der Reichatag unter Nichtgenehmigung des Regierungsentwurfs als Extraanschlag für 1877 zwei Kreditive über 85,500 und 315,000 Kr. unter Beibehaltung der jeßigen Pensionssäßge bewilligen möge, welches Gutachten auch den Beifall der Zweiten Kammer fand. Im anderen Hause kam dagegen der Vorschlag Abelins zur Annahme; demzufolge wurden die von der Regierung in Ansaß gebrahten MPensions\äße nur mit der Abänderung genehmigt, daß für Gehalte von 6000 Kr. und darüber nur 75 Proz. des Lohnes als Penfion gewährt werden. Die Offiziere find verpflichtet, 4 Proz. des Pensionsbetrages zur Pensionskasse beizusteuern und zur Durch- führung diefer neuen Bestimmungen werden der Regierung für 1877 850 000 Kr. als Extra-Anshlag bewilligt, wodur die Pensions\âgze eine beträchtliche Erhöhung erfahren.

17. Mai. (W. I. B.) Der Reichstag ift heute dur die Staats-Minister im Namen des Königs ge\chlossen wor- den. Eine Thronrede ist nit gehalten worden.

Dänemark. Kopenhagen, 17, Mai. In der gestrigen Sihung des Folkethinges wurden vom Kriegs-Minister drei

Gesctentwürfe, nämlich betreffend außerordentlihe Veranstaltungen

zur Beförderung des Vertheidigungswesens, betreffend die Versorgung des Heeres mit den im Falle der Kries- bereitshaft mangelnden Pferden und Wagen und betressend die Anschaffung von Feldgeschüßen für das Heer, vorgelegt. Be- züglich des erfieren Gesezentwurfs bemerkte der Minister, daß der- selbe mit den vom Landsthinge in der vorigen Session dem Folkethinge übersandten gleihlautend sei. Er habe es für un- nöthig gehalten, dem Gesezentwurfe fernerweite Motive beizu- fügen; auch ohne solche werde verstanden werden, weshalb eine fernere Motivirung unnöthig sei und weshalb die Re- gierung den Gesezentwurf als die Grundlage der Ver- handlungen zwischen ihr und dem Reichstage über die endliche Ordnung der für das Land \o außerordentlich wichtigen Ange- legenheit betrahte. Der zweite Gesezentwurf fei ungefähr gleihlautend mit dem in der vorigen Session in zweiter Lesung angenommenen, indem nur einige wenige unbe- deutende Veränderungen vorgenommen seien. Betrefsend den leßteren Geseßentwurf erinnerte der Kriegs - Minister daran, daß dem Verlangen wegen Bewilligung von 1,000,000 Kronen zur Anschaffung von neuen Feldgeshüyzen, welches er in der vorigen Sesfion zwishen der zweiten und dritten Lesung des Finanzgesezes gestellt habe, mit der Einwendung be- gegnet worden, daß der Zeitpunkt ein zu später seï. Die Regierung halte es wegen “der Kampftüchtigfeit des Heeres für nothwendig, daß dasselbe möglihs|t bald mit neuer Feld- Artillerie versehen werde. Neue Verhand- lungen mit den Fabrikanten hätten zu dem Resultat geführt, daß, wenn die ganze Bestellung innerhalb einer näher bestimmten Zeitfrist aufgegeben werde, dieselbe in verhältnißmäßig kurzer Zeit werde auëgeführt werden können, sowie auch die gesammte Bestellung einige pekuniäre Vortheile gewähren werde. Deshalb habe cer jezt die Anschaffung von 16 Batterien Hinter- ladungsgaeschüßen zu einem Betrage von 2 Millionen Kronen vorgeshlagen. In der gestrigen Sizung des Landsthinges wurden die Gesegentwürfe, betressend die Organisation des Heeres und der Scewehr und betreffend die Löhnungen der Maunschaften des Heeres und der Seewehr vorgelegt, welche im Wesentlihen mit den in der vorigen Session vorgelegten übereinstimmen. Der Kriegs- Minister bemerkte zum ersteren Geseßentwurfe, daß er in Ucbereinftinmung mit dem in der vorigen Session im Landsthinge erstatteten Bericht, jezt eine jährliche Mehr- ausgabe von 300,000 Kronen vorshlage. Er habe aber fein Bedenken gehabt, diese Mehrforderung zu stellen, da dadur dem Heere eine entsprechend vermehrte Stärke und Festigkeit ge- geben werde.

Amerika. Mexiko. (A. A. C.) Den neuesten Nach- richten aus Mexiko zufolge marschirt General Cscobedo an der Spigze von 5000 Mann Regierungstruppen gegen Matamo- ras, das fi noch immer in der Ofkupation von Porfirio Diaz befindet.

Die Regierung von Nicaragua hat das Dekret vom 8. Februar, welches die Erhebung einer Zwangsanleihe anordnet, als unnöthig aufgehoben. Der Ausbruch des Krieges zwischen Nicaragua und Costarica wird nicht als wahrscheinlich betrachtet.

Zfien. Aus Calcutta wird den „Times“ gemeldet, daß man hoffen dürfe, daß die Unruhen nunmehr endgültig been- det find. Die Afridies verloren in Sharmügzeln mit den Trup- pen mehrere Leute, Die Häuptlinge des Hussan'hel- und Edurkhel- Stammes haben versprochen, sih britishen Unterthanen gegen- über friedlih zu verbalten. Bezüglich des Verlaufes der Mis- fion des Majors Sandeman nach Khelat liegen keine weiteren Be- rihte vor. Diefelhe scheint indeß eine gute Wirkung hervorzurufen, da eine weitcre Karawane den Bholanpaß ohne Eskorte glücklich passict hat. Nachrichten von der Vereinigung der Mission des Hrn. Grosvenor mit der britishen Eskorte dürfen in Kurzem erwartet werden. Man glaubi allgemein, daß die Chivesen nunmehr in der Yunnanuntersuhu'g unparteiüsch zu Werke gehen. Wie Rangooner Blätter melden, dürfte fh das Projekt des Königs von Birma für den Bau einer Eisen-

v

bahn von Mandalay nach der britishen Grenze bald verwirk- lichen. Eine italienische Gisellschaft beschafft das nöthige Kapital ind wird den Betrieb der Bahn leiten, bis sie der König Uber= nimmt, mittlerweile garantirt Leßterer 12 Prozent Zinsen. Die Ingenieure werden nächsten Winter erwartet.

Afrika. Aegypten. Aus Kairo wird dem Reuterschen Bureau unterm 14. d. Mts. telegraphirt: „Ein Dekret ift er- lassen worden, welhes Signor Scialoja zeitweilig mit der Organisation und dem Präsidium des Finan z-Minifteriums betraut. Das Dekret enthält drei Paragraphen, welche die Anstellung eines obersten Rathes des Schaßamtes verfügen und die Funktionäre für die Herstellung des Budgets, sowie die Organisation und Zusammenseßung der drei Sefïtionen des obersten Rathes des Schatzamtes vorschreib:n.“

Statistische Nachrichten.

Nab den amtlichen Aufftellungen betrug die Zahl der im leßten Winterhalbjahr, also vom Oktober 1875 bis April 1876, auf den Universitäten, an welchen in deutsher Sprache gelebrt wird, Medicin Studirenden: in Wien 820, Würzburg 548, Leipzig 428, Dorpat 353, München 347, Be: lin 263, Greifswald 218, Graz 911, Zürih 197, Straßburg 191, Erlangen 161, Breslau 160, Tübingen 157, Bern 151, Königéberg 148, Bonn 123, Göttizgen 123,

(B ver

- Got olk;rg & j t,

Marburg 122, Freiburg 120, Halle 112, De 1 : 2 Basel 82, Jena 75, Innsbruck 69, Kiel 64, Rostock 36, Von der Gesammtzahl! kommen auf Oesterreich 1100, auf die Schweiz 430, auf die Ostseeprovinzen 353 und die übrigen auf das Deutsche Reich, nämlich 1271, G A

Die sächsischen Städte über 20,000 Einwohner baben seit 1871 folgende Zunahme (resp. Abnahme bei Glauchau) ec- aßren: fal 1871: 197,295 177,089 127,387 106,925 78,209 68,229 31,491 27,822 28,756 93 35h 23,999 21,673 (Glauchau 21,743 22,036

Meerane 212 19,187 Zittau 20,417 17,869

Die Zahl der Studirenden der Universität Tübingen ist in diesem Semester auf 1005 gestiegen. Es ist dies die böchste Zahl seit Gründung der Universität.

and: unnd Forstwirthschaft.

Der am 29. v, M. hierselbst versammelt gewesene Auéshuß des deutschen Landwirthschastärathes hat u. A. beschicfsen, die fünfte Plenarsitzung des deutschen Landwirthschaftsrathes im Oktober d. J. nach Berlin cinzuberufen. Die Tagesordrung für die-

sclbe ist wiè folgt festgesetzt: 1) Zolltarirfrage und Handeisvert äg?

dos Ö M

1875: Dresden Leipzig Chemniß Zwickau Plauen Freiberg