1876 / 117 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 18 May 1876 18:00:01 GMT) scan diff

(Rof. Prof, Richter-Charand), 2) Eisenbahn.œxäze (Ritierschaftsdirektor . Wedell Malchow). Antrag des Frhra, v. Wöllwarth-Hohenok e in Württeabterg: Tranéport der städtiscten Dungstoffe auf den Esens babnen (Antragfteller), 3) Seuchen„eseßgebungz wiederholte Be- rathung dec Nothwendigkeit einer einheitlichen Viehseuchengeseßzebung fñc das Deutsche Reih unter Bezugnahme auf das ueue prcußische Seuchcngcs:b (Reichstags-Abgeoren- Ler Pogge-Roggow v. Lalendorf in Mecklenvurg-Schwerin). ) Gerichts-Organisationz; der Entwurf des neuen Gerichtsorganisationsgese es mit Rücksicht auf die dabei in Frage kommenden Interessen der ländlichen Bevölkerung (Stadt- gericts-Rath Wilmanns-Berlin). 5) Ländliche Arbeiterfrage. a3. Sind Aenderungen der geseßlichen Bestimmungen über die Er- werbung des Unterstüßungswohnsißes eines Arb?iters zu em- pfehlen? d, Empfiehlt sih_ bei den ländlichen Arbeitern die Ein- führung ven Arbeitezhülfsfassen ? (Landes-Ockonomie-Rath Griepen- ferl Braun\chweig). 6) Das Hagelversicherungswesen in Deutschland (Kammerherr v. Buggenhagen-Dammbeck in Pommern), 0. Die Grundsteuerfrage (Ober-Appellationsgerihts-Rath v. Lenthe- Lenthe). 8) Mobiliar-Feuerversicherung. Wie werden die JInteressen- der Landwirthe bei der Mobiliar - Feuerversicherung am besten gewah:t? (Profcssor Richter - Tharand in Sachsen.) 9) Aus- stellungöwesen. Berathung der Mängel des Jandwirthschaft- lichen Avsstellungswesins in Deutschlaud und Vorschläge zu ibrer Abhülfe. (Direftoc Dr. v. Rau-Hohenheim in Württemberg.) 10) Schuß der deutschen Weinproduzenten gegen die Nachtheile dur den Verkauf von Kunstwein unter dem Namen Naturwein (General- Sekretär Merkiin-Karléruhe.) 11) Schuß der Bienenzucht. Éntwu:f zu einem Geseße, den Schuß der Bienenzucht uad die einschlägigen Reck tsverhältnisse betreffend. (Lndes Oekonomie-Rath Griepenkerl- Braunschweig )

Torgau, 16 Mai. Am 26. Juni d. F. wird hier eine D istrikts-Thierschau des östlih der Mulde gelegenen Theiles des Regierungsbezirkes Merseburg abgehalten werden. Das Programm ist wie folgt festgestellt: Konkurriren dürfen an den Staatsprämien rur Pferde und Rinder von Züchtern, welbe 6 Monate im Besitz der Thiere sind und dieselben fernerhin dem Bezirke ein Jahr lang er- balten wollen. Händler fönnen nur dann konfurriren, wenn sie die Thiere selost gezüchtet haben, und dürfen prämiirte Thiere nur an Züchter aus dem Schaudistrikte verkaust werden. Zur Vertheilung fommen: I, Für Pferde: Staatépreisc 1065 4, Preise der Vereine und der Stadt Torgau 809 A 11, Für Rindvieh: Staalspreise 1950 M

Gewerbe und Sande[.

Jn der Generalversammlung der Kölnischen Maschinen- bau- Aktien-Gesellschaft vom 15. d. M. wurde die Dividende füc 1875 auf 14°%/, festgestellt. Der Gesammtüberschuß des Ge- \häftsjahres 1875 beträgt 805,327 F, wovon zu Abichreibungen

Berlin, den 18, Mai 1876.

Im oberen Geschoß der National-Calerie ist heute die erfte der periodischen Ausftellungen, welche Werke hervorragender deutscher Künstler in \ystematischer Uebershau oder zusammen- hängende Bilder: Cyklen vorführen und der eingehenderen Be- trahtung zugänglih machen sollen, eröffnet worden. Dieselbe umfaßt 85 Nummern und besteht aus Zeichnungen, Studien, Skizzen und Gemälden des im vorigen Jahre verstorbenen Landschaftsmalers Heinrih Franz Dreber.

Gin weites Feld fünstlerishen Schaffens erschließt fih durch diese Sammlung dem Blicke des Besuchers. Zuerst fieht man in den Zeihnungen und Entwürfen nur die Grundzüge der sh entwickelnden Ideen, man erkennt in den zahlreichen Stu- dien den Fleiß, wie die ungewöhnlihe Produktionskraft Des Künstlers, man ahnt in den Skizzen bereits das Werk und cr- blickt dieses selbst endlich in seiner Vollendung. Nur zu oft und zu leiht untershäßt man sonst beim Anblick eines ab- geshlossenen Kunstwerkes die Schwierigkeiten, welche der Künst- ler zu überwinden hatte, bevor das Gebilde als einheitliches Ganze entstand.

Franz Dreber war ein eigen gearteter Künstler. Am 9. Ja- nuar 1822 zu Dresden geboren, besuchte er die dortige Akademie, bildete fh unter Ludwig Richter noch weiter aus und ging dann im Jahre 1843 nah Rom, wo er später seinen dauernden Wohnsiß nahm und im August vorigen Jahres starb. Sein Leben war reich an Mühen und Entbehrungen, aver arm an eigentlihen Ereignissen. Dreber war eine mehr nach innen gerihtete Natur, sowohl als Mensch wie als Künstler. Er sonderte sich ab von der Gesellschaft, ftreifte in der Cam- pagna, im Albaner- und namentlih im Sabiner-Gebirge einsam umher und zeihnete. Die Früchte dieser Exkursionen sind die in den Kavinetten I., IL, IV. und V. ausgeftellten Blätter. Auch in den beiden Sälen, sowie in den übrigen Gemächern finden sich zahlreihe bildlihe Erinnerungen an diese Aus- flúuge. Die Aufgabe, welche Dreber als Künstler fich «gestellt zu haben scheint, ist: die Natur in ihrem innersten Wesen zu erfasen und poetisch verklärt darzuftellen. Dieses Streben zeigt sih besonders in den Oelgemälden „Waldshluht mit badender Nymphe“, „deutshe Waldland- alt und in den vier Jahreszeiten: „Fruhung „Sommer“, „Herbst* und „Winter®. Nicht minder charakteriftish sind: „das Motiv aus dem Sabiner - Gebirge“, „die Landschaft aus dir römischen Campagna“, „der barmherzige Samariter“ (aus der Dresdner Galerie) und „das Seeufer mît spielenden Nymphen“. Bald heiter, bald melancolisch, dann wieder in hehrer Ruhe, erscheinen die genannten Landschaften sämmtlih wie mit einem duftigen Schleier bedeckt, hinter welchem die Natur ihre Geheimnisse birgt. Dadurch erhalten die Drebershen Bilder eine gewisse Keuschheit, die ungemein anzieht. Auch in der Technik verdienen dieselbe alle Anerkennung. Dreber malte sehr langsam und verwandte, wie auf die Darstellung \elbft, so auch auf das Kolorit außerordentlihe Sorgfalt. Seine Bilder gab er ungern aus den Händen; Aufträgen, die ihm von Außen kamen, entzog er si lieber, als daß er sie suchte, ebenso vermied er öffentlihe Ausstellungen gänzlich.

Wie die Gemälde entstanden, ersieht der Besucher aus einem Vergleiche der vollendeten Bilder mit den beigefügten Zeichnungen und Entwürfen. Besonders deutlih zeigt fih diese allmähliÿe Entwickelung an der Komposition „Raub des Hylas*“, welcher nicht weniger als elf Bleiftiftentwürfe und zwei Farben- \fizzen vorangingen.

Alle diese Arbeiten sind so gruppirt, daß man den leitenden Faden ohne Mühe verfolgen kann. Im Uebrigen bietet der übersihtlihe Sp. zialkatalog ein bequemes Orientirungsmittel. Künstler und Kunstfreunde werden dieses von dem Direktor der Nationalgalerie, Dr, Jordan veranstaltete und geleitete Unternehmen, welches si von den übrigen Gemälde-Ausftellungen Der Residenz sowohl dur seinen Charakter wie dur seine vor- wiegend instruktiven Zwecke wesentlih unterscheidet , gewiß mit Freude begrüßen. Das Entrée stellt sih einshließlich eines Kataloges auf 50 „5. VondenBesizernDreberscher Werkehaben für die Dauer der Auëstellung außer den Hinterbliebenen des Künstlers, Hr. Prof. Ludw. Richter (Dresden), Hr. Geheimer Regierungs-Rath Dr. Schöne (Berlin), Frhr. v. Holstein (Leipzig), Hr. Wesendonck Dresden), Hr. Magnus (Berlin), Hr. Jul. v. Eichel-Streiber (Eisenach), Frl, A. v. Eichel (ebend,), Hr. W. Kaupert (Dres-

; 248.002 A vawandt wurden. Seit Gründitig des Ctablissernents 1

1856 bis einschließli) 1575 betragen die Abschceibungen auf die ver- schiedenen Conti 2,670,145 M

Der Geschäftsbericht der landwirthshaftlihen Mo- biliar-Feuerversicherungs- Genossenschaft. im König- reich Sachsen auf das Jahr 1875 konftatirt, daß im 3. Geschäfts- jahre die Versicherungssumme von 24,313 422 A. auf 37,394,589 #&, die bis zum Jahreëschlufse berechnete râmieneinnahme von 50,623 auf 71,890 Æ gestiegen ist. Brandschäden, nah Abzug der Rük- versiherungéentshädigung, waren nuc 2560 F zu bezahlen, auf Brandschäden-Reserve-Conto waren 1142 e zu übertragen. Der er- zielte Reingewinn von 15,053 soll dem Reservefonds überwiesen werden, welcher damit auf 24,214 M gebracht wird.

Aus dem Rechnungsabschlusse der Gothaer Lebens ver- siherungsbank für 1875 wird uns mitgetheilt, daß von 4706 auf eine Versicherungsfsumme von 33,225,800 A gerichteten Anträgen 3981 mit 27,680,900 M4 angenommen wurden. Verglichen mit diesem Zugang hielt sich der Abgang aa bestehenden Versicherungen in mäßi- gen Grenzen. Soweit er bei Lebzeiten stattfand, betrug er uur wenig über #4/;%/ Mer 1875 in Kraft gewesenen Versicherungen. Im Ganzen hatte die Bank während des vorigen Jahres 5,678,600 A für 1017 Geftorbene zu vergüten. Die Zahl dieser Sterbefälle beträgt etwa 57 weniger, als die ansenommene Sterbe- lite erwarten ließ, und der zu vergütende Betrag steht um 557,453 M unter der rechnung8mäßigen Erwartung. Nach Abzug des Abganges wurde ein reiner Zuwachs an Verficherungen von 19,133,900 M gcwonnen. Am Schlusse des Fahres waren bei der Bank 46,603 Personen mit 288,259,400 A. versichert. Die Ein- nahme der Bank belief fich auf 13,157,640 #4, worunter 3,133,179 Zinsen von ausgeliehenen Geldern begriffen sind. 4

Da si die Ausgabe für Sterbefallzahlungen, Dividenden u. |. w. auf 9,366,907 M beschränkte, so wuchsen von obiger Einnahme dem Bankfonds 3,790,733 # zu und erhoben denselben auf 70,045,873 Hiervon sind 49,263,267 A für Prämienreserve, 4,805,478 M. für Prämienüberträge, 1,182,344 Æ für sonstige Passiva und 14,794,782 für die den Sicherheitsfonds ausmachenden reinen Uebershüsse be- griffen.

P aris, 17. Mai. (W. T. B.) Das Gerücht von einer bevor- stehenden Aenderung in der Leitung des Crédit foncier wid der „Agence Havas“ als unbegründet bezeichnet.

Einer Korrespondenz des „Journal de St. Petersbourg“ aus China vem 12, Januar d. J. entnehmen wir Folgendes über die Theeproduktion und den Export derselben nah Rußland.

Im Jahre 1875 wurden von Hankow 11,389,459 engl. Pfuad Theeblätter nah Rußland exportirt. Eine dem Theebandel höchft {äd- liche Fälshung hat immer mebr an Ausdehnung zugenommen. Um das

den), Hr. Major v. Amsberg (Harzburg), Fr. H. v. Uhden (Berlin), Hr. Jacob (Hamburg), Fc. Dr. E. Seeburg (Ham- burg) und Hr. Spieß (Bonn) bereitwillig die ihrigen der Aus- ftelung zur Verfügung gestellt.

Das Kursbuch der Deutshen Reihs-Postverwal- tung ist soeben in einer neuen vollständig berichtigten Ausgabe er- {cienen, ia welcher bereits sämmtlihe am 15, Mai iu Wirksamkeit getretene Fahrpläne der Eisenbahnen, Posten und Dampfschiffe in Deutschland und den angrenzenden Ländern mit Ausnahme dec erst am 1. Juni zur Ausführung kommenden Sommecfahrpläne in der Schweiz enthalten sind.

Bei der Menge des zu bewältigenden Materials, (denn die Fahrpläne fast sämmtliche deutshen Bahnen haben Veränderungen erlitten), ift die beschleunigte Herstellung des Buches um so danken3werther anzuerkennen, als die dieéfihrigen Sommerfahrpläne in solcher Vollständigkeit noch in keinem der übrigen Karsbücher si angegeben finden. Auch die Maiausgabe von Hendschels Telegraph enthält von den am 15. Mai in Kraft ge- tretenen Eisenbahnfahrplänen nur den einen Plan der böhmischen Westbahn. Ein sehr großer Theil der übrigea Angaben dieses Vuches ist zur Zeit nicht mehr zutreffend.

Mas die am 1. Juni eintretenden Aenderungen in dem Gange der Eisenbahnzüge, Posten und Dampfschiffe in der Schweiz betrifft, so wird ein diese Veränderungen umfassender besonderec Nachtrag rechtzeitig zusammengestellt und den Besißern der Maiausgabe des Postkursbuches kostenfrei überlaffen werden.

Die Militärgeseße des Deutschen Reichs mit Er- läuterungen, herausgegeben auf Veranlassung des Königlich preußishen Kriegs-Ministeriums, Berlin, 1876 bei E. S. Mittler u. Sohn.

Von der obigen Sammlung is} soeben die 2, Lieferung, welche mit dem 15. Februar d. F abschließt, erschienen. Sic ent- hält die Militärkonventionen, welche ihrem Jnhalte nah eiue außer- ordentlihe Mannigfaltigkeit zeigen, einzelne be.selven stehen jedo na ihren Hauptbestimmungen eicander so nahe, daß sich die Bun- desstaaten nah Maßgabe der leßteren in einzeluen Gruppen zusam- menstellen lassen Dies ist in einem dem Wortlaut der Konventionen vorausgeschickten Ueberblick geschehen, nah welchem fih 5 Hauptaruppen ergeben, deren erste Württemberg und Sawsen, die ¿weite Hefseu und beide Mecklenturg, die dritte Baden, die vierte Oldenburg und sämmtliche thüringishe Staaten exkl. Schwarzburg-Sondershausen, und die fünfte den Rest der Bundesftaaten bilden. Nur Braunschweig hat bisher eine Konvention nicht abgeschlossen. Bayern bleibt hier außer Be- trat, fein Berhältniß in militärisher Beziehung zum Reich ijt durch die Beftimmungea des Bündnißzvertrazges vom 23. November 1870 ge- regelt. Beigegeben ist ein Inhaltsverzeichniß, aus welchem zu erseheu ist, in welchem Paragraphen jeder cinzelnen Konvention die einzelnen gerade gesuhten Punfte entbaiten sind. Dieses Verzeichniß gestattet mit Leichtigkeit sich in den bezüglichen Bestimmungen zurechtzufinden.

__Nach Mittheilung der Verlagshandlung befiudet sich die dritte Lieferung, welche Wehrpflicht und Organisation des Reich8heeces ent- halten wird, bereits unter der Presse.

__ Von dem bekannten Afrikareisenden Dr. Paul Güßfeldt, welcher im Verein mit Dr. Shweinfu rth vor etlih-ea Wowen eine Rei se zur Erforschung eines Theiles der östlichen oder arabi1chen Wüste unternommen hatte, erhält die G. Schwetschkesche Verlagsbuchhandlung in Halle, in deren Verlag die „Natur“ erscheint, aus Kairo, wohin die Reisenden erst vor wenigen Tagen zurüdckehrten, ein Schreiben, dem wir folgende die Reise betresfeade Mittheilungen eatnehmen. Dr. P. Güßfeldt schreibt:

„Wir haben nur 6 Wochen zur Erforschung desjenigen Theiles der ostlihen Wüste verwenden fönnen, der vom 29. Grad nördlicher Breite durh\chnitten wird. Unsere kleine Expedition, die sih_ von Bagad (gegenüber dem am linken Nilufer gelegenen Beni-Sudf) in Bewegung seßte, bestand außer uns beiden Reisenden aus 5 Be- duinen und 2 Berberinern und hatten wir 9 Kameele bei uns. Hr. Dr. Schweinfurth hat sih namentlich botanischen und geologischen Studien ergeben und sehr reihe und besonders wichtige Sammlungen von Petre- fakften angelegt, während ih hauptsächlich topozraphisch thätig war und lange Reihen aftronomisher Octsbestimmungen, desgl. magnetischer und barometisher Höhenbestimmungen gemacht habe ; es werden sich daher für Geologie, Botanik und Kartographie wichtige Beiträge liefern lassen. Die Lage der uralten koptischen Kisfter Dêr Mar Antonius und Dêr Mar Bolos (fie sollen 1572 Jahre alt sein), die wir besuchten, wird cine Berrückang auf den Karten erfahren müssen.

Unsere Reise ging -bis zu den Klöstern die in der Nähe des Roten Meeres liegen in Öitliher Richtung; dann wandten wir uns ein ‘wenig südlich, um die Kalksteingebirge zu verlassen und in die Region des Urgebirges einzutreten ; " wir passirten den habnenkammartigen Berg Tenasseb, wurden aber von dem weiteren südlihen Vordringen zum Gebel Garib dur den

gänzlichen Wassermangel abgehalten, da wir nur 4 Tage, ohne Wasser

Aroma ¿u verstärken und der geringeren Qualität des Thees ein bess:zzes Acußeres zu geben, sowie zur Erzielung höherer Preise mischen die Kausleute dem Thee Houa-sian bei; so nennt man die Abfälle der Theeblätter besserer Qualicät, die sih während der Bereitung loslôsen und die man bisher beinahe aus\chlies;lick zur Fabrikation der Theetafeln besserer Qualität verwandte. Das Houa-sian verkaufte man bisher zu 43—5 Taëls per Pikl, jebt ist der Preis auf 7 und 8 Taëls gestiegen. Diese Fälschung grebt den Kaufleuten große Vortheile und mehrere englische Hâu- fer sollen 1875 eine große Quantität von Houa - sian nach England exportirt haben. Allerdings gewinnen die geringeren Theesorten dur die Mischung mit Houa-fian ein gewisses Aroma, indessen die Konsumenten haben nur einen sehr kleinen Vortheil davon, da beim Kochen die kleinen Theilhen obenauf s{chwimmen und sich loëlôsen, ohne dem Thee einen besonderen Geshmadck oder Aroma zu geben. A l

Diese Fälschung verursacht augenblicklich den russischen Fabri- kanten von Theetafeln großen Schaden wegen der dadurch entstan- denen Vertheuerung des Houa-fian. Auch der Handek mit Theetafeln weckt seinerseits wieder großen Mißbrauch und Fäl- hungen von Seiten der Chinesen, besonders in der Provinz von Kiang-si. Die Fabrikanten mischen zum Houa-sian ein Kraut, das eine gewisse Kehnlichkeit mit Thee hat. Das gebräuchlichste der Art ift das Blatt eines, toun-chou genannten Baumes, aus dem die Chi- nesen ein Oel ziehen, das sie toun jou nennen. Dieser Baum wird eigens zu dem Zwecke in der Nähe der Theefabriken gezogen und das Pikl seines Blatt:s verkauft man zu 400 Tchokhs (50 Kopeken) böchstens, Zu demselben Zweck verwendet man das Blatt des Liou-chou. Dieses Blatt bildet in der Regel 7—10% des Totale- Quantums der Theetafeln und steigt selbst bis zu 15%. Alle für Nußland bestimmten Theetafeln, deren Hauptkonsum in Sibirien statt= findet, werdgn durch Russen selbft bereitet, in mitten im Gebirge lies genden Fabriken, nahe bei den Theeplantagen, näber oder entfernter von Hankow. Die entferntesten Fabriken find zu Yanlou-doun, 300 Werfte von Hankow, 1870 gab es ihrer nur zwei.

Ver®Lehrs-Anstalten-

Rom, 16, Mai. „Fanfullx“ berichtet, daß der ehemalige Prä» sident der Eidgenossenschaft und jeyige Direktor der Simplonso Eisenbahn-Gesellschaft Ceresole von Rom wieder abgereist ist, nachdem er den Ministern eröffnet hat, daß die Gesellschaft die Simplonbabn auf ihre Kosten herstellen will, und nachdem fich die italienishe Regierung verbindlih gemacht hat, für die Verbindung des oberitalienischen Eisenbahnneßes mit der Simplonbahn zu sorgen. Die Regierung sicht nun dn betreffenden Beschlüssen des Bundes» rathes eatgegen.

wieder zu treffen, reisen konnten. Wir wandten uns etwa unter 980 27' wieder westwärts und erreichten den Nil gegenüber von Feschn. In den Klöstern wurden wir freundlih und gastfrei von den fop» tishen Mönchen aufgenommen.“

Gegenwärtig sind die beiden Reisenden mit der Bear- beitung ihrer Reise beschäftigt und gedenken bald die gewonnenen Re » sultate zu veröffentlichen.

Bukarest, 7. Mai. Vor einiger Zeit hat die hicsige deut \che evangelische Gemeinde den Beschluß gefaßt, aus den ihr von dem Kaufmann Hötsch çceschenkweise überwieiznen Mitteln ein eigenes Knabenschulhaus zu erbauen. Nah Vollendung der nothwendi- gon Vorarbeiten fand am heutigen Tage die Grundsteinlegung des Schulgebäudes in feierliher Weise statt. Nah Beendigung des sonntäglichen Gottesdienstes bewegte sih der aus den Zöglingen der deutschen Schulen, dem Vorstande der evangelishen Gemeinde und den zahlreich vertretenen Mitgliedern der leßteren gebildete

estzug, welchem fich auf besondere Einladung der Verweser des Kaiserlihen General- Konsulats mit einigen Beamten des leßteren, fowie der Bürgermeister von Bukarest, Oberst Manu, nebst jeinem Stellvertreter angeshlossen hatten, nah dem in der unmittel- baren Nähe der Kirche belegenen Festplaße. Daselbst ange- lanat, wies der Pastor Teutshländer in kurzen Worten auf die Bedeuturg der Feierlichkeit hin, und erfolgten sodann, nah ge- \chehener Versenkung mehrerer auf die Stiftung der Schule bezüg- licher Urkunden in den Grundstein, die herkömmlichen dref Hammerschläge Seitens des Hrn. Hötsch, des Bürgerineisters, des Verwesers des Kaiserlichen General-Konjulats und des Gemeinde- vorstandes. Mit dem Gesange des Liedes „Der Herr ist mein Hirt“ \chioß diese Feierlihkeit, welche ihrer Einfachheit ungeachtet einen tiefen Eindruck bei den anwetenden Deutschen, sowie bei den zahlreih als Zuschauer versammelten Rumänen hinterlafsen hat.

Theater.

Im Königlihen Schauspielhause trat am Mittwoh Hr. Christoph als Bellmaus („Die Journalisten“) auf, und bewies in dieser zweiten Gastrolle in erhöhtem Maße die Vorzüge, die zu entwickeln die erste ibm nicht rechte Gelegenheit bot, nämli Natürlichkeit, Einfachheit, leichte Tournüre und das Fehlen jeder Manierirtheit. Das sind Eigenschaften recht s{äßens8werther Art, die ihm, da er noch jung ist, für seine fernere künstlerishe Entwicke» lung ein gutes Vrognostifkon stellen. Die Erzählung im dritten Akt, seine linkishe Courteoifie und die Freude, als das Fräulein seine „Gedichte“ annahm, kamen so fris und glücklich zum Ausdruck, daß ihm lebhafter Beifall zu Theil wurde. Die übrige Beseßung war die übliche. Das Haus war wieder ganz gefüllt.

Im Woltersdorff-Theater trat am Dienstag in eino maligem Gastspiel Hr. Schindler auf, früher cin beliebtes Mitglied des Friedrih-Wilhelmstädt. Theaters, der seiner Zeit mit Hrn. Hell- muth, Hrn. Tiedtke, Frl. Limbach, Frl. Lange u. A. Offenbachs Operetten hiec cingeführt hat. -Der Hans Styx des Hru. Schindler ist Prototyp geblie®en für alle späteren Pcinzen von Arfkadien, und in derselben Partie trat er auch jeßt wieder auf nach mehrjähriger Abwesenheit, und mit demselben Humor, aber auch demselben Erfolg wie früher. Lauter, fortwährender Beifall und vielfacher Hervorruf zeigten ihm, daß Berlin für seine Lieblinge ein gutes Gedächtniß und stets einen freundlichen Willkommensgruß hat. Auch die Earydice war ein früheres Mitglied des Friedri - Wilhelmstädt. Theaters, das mals Frl. Lange, jeßt Fr. Albrecht-Lange und theilte sich diese mit Hru. Schindler in die Ehren des Abends.

Aus Bayreuth wird gemeldet: Das Bühnen-Festspiel- Unternehmen if finanziell gesichert, so daß Richard Wagner in einem Rundschreiben an all2 betheiligten Kunstgencssen erklären konnte, daß er füc den Entgang an Gage, an Gastspielen, für den materiellen Aufwand, den der Aufenthalt hier erfordere 2c. 2c., voll- ständig einstehen könne und werde. Die Musiker erhalten Reises Entschädigung, freies Qua: ti-r und monatlich 60 Thlr. Die Herren Niemann und Betz, sowie die beiden Fräulein Lehmann haben jedes Hoaorar abgelehnt und wirken unentgeltlich mit; die übrigen Sänger und Sängerinnen haben durhweg sehr mäßige Anforderungen gestellt , so daß nit einmal von Honorar im gewöhnlihea Sinne des Wortes die Rede sein kann. Für Scaria tritt der Opernsänger Hr. Kögl. vom Stadttheater in Hamburg ein. Frl. Scheffsky vom Königlichen Hoftheater in München wird die Rolle der Sieglinde übernehmen.

Redactenr : F. Prehm. Verlag der Expedition (Kessel). Druck: W. Elsner.

Vier Beilagen (einschließlich Börsen-Beilage)

Berlint

Nichtamtliches.

Preußen. Berlin, 18. Mai. Die Antwort des Ministers des Innern Grafen zu Eulenburg in der gestrigen Sihung des Hauses der Abgeordneten auf die Interpellation des Abg. Windthorst in Betreff einer Vorlage wegen Unter- ftügung der durh Uebershwemmung 2. beschädigten Landestheile hatte folgenden Wortlaut:

Meine Herren! Ich kann Ihnen nech für diese Sesfion ein zu- sammenhängendes Gese oder getrennte Gesetzentwürfe in Aussicht stellen, welche bezwecken, die Zustimmung des Landtags zur Leiftung von Beihülfen aus Staatéfkassen an diejenigen durh die Ueber- s{wemmung gescädigten Besißer nachzusuchen, welche in ihrem Haus- und Nahrungsstande wesentlich geschädigt worden sind, ebenso an diejenigen bei Deichverbänden Betheiligten, welche die Lasten, die ihnen durch Neubauten von Deichen auferlegt werden, allein zu tragen niht im Stande fein werden, und endlich zur Unterstüßung der Stadt Caub zur Vollendung der Arbeiten, die nothwendig find, dex Berg- rutsch urschädlich zu maben und dem weiteren O desselben vorzubeugen. Wenn bisher Gesetzentwürfe der Art nicht vorgelegt sind, so liegt das in der Natur ter Sache. Die Angelezenheit von Caub ist so weit fertig, daß es nur noch der Feststellung der Fassung des Gesetßentwurfs bedarf. Im Uebrigen werden alle diejenigen Her- ren, die jemals überschwemmte Gegerden gesehen haben, davon Zeug: niß ablegen können, daß es uymöglich ift, auch nur ein annäherndes Bild tes wirklich nachhaltig wirkenden Schadens zu gewinnen, bevor die Wasser abgelaufen sind, und gerade dieses Jahr ift in der Be- ziehung sehr ungünstig. Der hohe Wasserstand hat fehr lange ge- dauert und bis diesen Augenblick lauten die Berichte dec Lokalbehör- den dahin, daß sie völlig außer Stande find, Berichte darüber zu er- statien, ob die Schäden nachhaltig seien oder nicht. Ich eriznere z. B. an die Frage: sind Aecker versandet ? sind sie in ibrem Dung- zustande ruiniut? oder ist das Alles nur vorübergehend ? fann für dieses Jahr noch eine Ernte erwartet werden von deu Saaten, welche übershwemmt gewesen sind? oder werden die Aecker trock:n genug werden, um in diesem Jahre noch neu bestellt werden zu EBnnen ? Das sind Alles Fiage-, die einer Prüfung unterliegen müssen. und die nicht cher entschieden werden können, als bis der Zustand des Landes derart ist, daß ein Sachverständiger ein definitives Uctheil darüber fällen kann. Nun sind Sie gewiß Alle der Meinung, daß der %!oße Umstand, daß die Aeckcr Jemandes überschwemmt worden sind, noch nicht eine Veranlassung dazu biet.t, aus Staatsmitteln eine Unterstüßung zu gewäbren, sondern ein wirklich nachhaltiger Schaden, eine Bedrchung des Haut- und Nahrungsftandes eingetreten sein muß, um den Zutritt des Staates nothwendig zu machen. Wir wer- den, so lange der Landtag zusammen ist, wahrscheinlich noch nicht im Stande sein, mit diesen Untersuchungen zu Ende zu fommen und Zahlen angeben zu fkênnen, die der Wahrheit gleich kommen, wir wer- den uns auf Wahrscheinlichkeitéberelnungen beschränken müssen; wir werden uns vit abhalten lassen, und hoffentlich wird der Landtag selbst sich nit abhaiten lassen, auch bloße Ueberschiäge als Grund- lage für Forderung und Bewilligung einstweilen gelten zu lassen.

In der zweiten Berathung über den Gesehentwurf, bes treffend den Anfauf und Ausbau der Bahnfirecken Halle- Cassel und Nordhausen-Nixei nahm der Hande!s-Minisfter Dr. Ahenbach nah dem Abg. Dr. Een E das Wort:

Meine Herren! Zunächst habe ih allerdings meine erwunderung darüber auszusprechen, daß der Hr. Abg. Windthorst das sogenaunte Reichseisenbahnprojekt seinerseits benußt, um sich_ als Gegner der Norlage ter Regierung zu b-:kennen; denn da er früher für die Linie Berlin-Webtlar, wenn ih nicht irre, gestimmt, sogar fih für das Zu- standekommen dieser Anlage interessirt hat, muß ih von der Voraus- seßung ausgehen, daß ec selbst kein Gegner der Ausdehnung des Staatseisenbahunetßes ist, im Gegentheil bei den fcüheren Verhand- lungen von der Anschauung ausgegangen ist, daß es im Inter- esse des Vaterlandes erwünsht sei, wenn der Staat in dea Besiß sogenannter dominirenden Linien gelange. Ich bin umsom-chr i dieser Arsiht bestärkt, als mir persönlich aus der Thätigkeit des Hrn. Abg. Windthorst in Hannover bekannt ift, daß er dort cin Auhänger des Staatseisenbahnsystems war,

Jch vermag daher in der That nicht zu erkennen, wie die even- tuelle Frage, ob in Zukunft die Staatseisenbahnen von dem Reiche oder von den einzelnen Staaten, speziell von Preußen verwaltet wer- den, ihn abhalten kann, einer Vorlage wie der gegenwärtigen zuzustim- men, die im höchsten finanziellen und wirthschaftlichen Interesse des preußishen Staates liegt. Das heißt doch in der That aus Prinuzipienreiterei er möge mir diesen Auédruck nicht übel nehmen das öffentlide Wohl in einer gewissen Weise gefährden, denn er würde den Staat bei Ablehnung dieser Vorlage nöthigen, wenn die Be: lin Wetzlarer Bahn zur Ausführung kommen fofl, eine Parallel- bahn neben der Halle-Casseler Bahn zu bauen, neben einer Bahn, die der Staat garantirt hat. Das schein: nir nicht im öffentlichen Interesse zu liegen.

__Was den zweiten angeregten Punkt die HH. Akgg. Weber uud Dr, Wehrenpfennig ersuchen, daß sie bei ihrem Antrage gerade so, wie das Seitens der Kommission geschehen ist, die üblen Zeiten, in denen wir gegen- wärtig leben, beüdsihtigen wollen. Es ift ja kein Geheimniß, in welcher Nothlage fi die verschiedenen Bahnen augerblicklich befinden. Jett mit Zwangémaßregeln vorzugehen, würde in der That die größten Kalamitäten und U-belstände hervorrufen, die jedenfalls nicht in der Absicht dcr Herren liegen können. Ich selbst habe die Sache fo übernommen, wie fie augenblicklich liegt. Die Magdeburg-Leipziger Bahn war ihrerseits mit der Ausführung der Linie theilweise vorgegangen, die üklen Zeiten hindern sie, mit der Schnelligkeit und Energie das Unter- uchmen zu Ende zu führen, wie es vielleicht zu anderen Zeiten und unter anderea Umftänden möglich gewesen wäre. Werden doch selbst mit Nüfsicht auf diese Zeiten im Hause der Abgeordneten mitunter Wünsche laut, daß de: Staat seinerseits bereits bewilligte Bahnen nicht bauen möôge, daß er die bewilligten Mittel nur langsam ver- wenden möge. _Wendet man dics auf die Privatbahnen an, so wird eine billige Rücksicht auf die augenblickiihe Nothlage uamentlich bci folchen Bahnen, die sich notorisch in nicht besonders günstiger finan- zieller Lage béfinden, gerechtfertigt sein. Jch kann offen und ehrlich erflären, daß ich vorausfihtlich mit Zwangsmaßregeln irgend welcher Art augenblicklich_ vorzugehen mich niht in der Lage sehen werde. Auf der andern Seite aber hab? ich eine ganz beftimmte Stellung zu dieser Frage bereits vor Anregung der Kommission eingenommen. Es ist den Hexren bekannt, daß man durch Generalversamm- lungébeschluß der betreffenden Eisenbahngesellschaft erklärt hat, vorläufig die Bahn niht weiter bauen zu wollen, und Seitens des Verwaltungsraths find ähnliche Kundgebungen erfolgt. Ich habe zu der Zeit, als ih dics erfußr, als ih es sogar nur erst in den Zei- tungen gelesen hatte, dem Verwaltungsrath und dem Direktorium eröffnen lassen, daß diefe Beschlüsse für mih in keiner Weise berück- fihtigenswexth seien, ih würde dieselben vollítändig ignoriren und meinecéthcils entschieden darauf dringen, daß die Bahn zur Ausfüh- rung gelange. f

Menn nun bei den ältcren Bahnen keine Kautionen gestellt wor- den sind, wie dies bei Gesellschaften, welche neu entstehen, der Fall ist, so liegt hieria allerdings ein Uebelstand, aber die Herren Abgg. Weber und Dr. Wehrenpfennig mögen immerhin erwägen, daß eine solhe Kaution doch in ihrem Betrage nicht die Bedeutung

betrifft, so muß ih

| ein bessercs Geschäft ist, als die Ausfühcung dec Eisenbahn.

Erste Beilage zum Deuischea Reichs-Auzei

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Berlin, Donnerstag, den 18. Mai

besißt, daß, wenn solche Zeiten, wie die gegenwärtige eintreten, wegen des möglichen Verlustes der Kaution fich eine Gesellschaft genöthigt sähe, mit dem Bau der Bahn unter allen Umftänden vorzugehen. Es treten mitunter Verhältnisse cin, wo der Verlust der Kaution

Nun fragt man nach den Mitteln, die ih besig-, um derartige Bahnen zur Ausführung zu bringen. Diese Mittel hier zu erörtern, halte ich nicht für opportun, ih kann aber versichern, daß es mir bei gegebenen Gelegenheiten und diese Gelegenheiten treten im Ressort der Eisenbahnverwaltung nicht selten ein, niht an Mitteln fehlen wird, derartige Angelegenheiten zum Abschluß zu bringen. Hier dies öffentlich zu erörtern, darüber in eine Diskussion einzutreten, erlassen mir die Herren wohl sehr gern. Ich versichere, daß ih mit vollem Ernste diese Angelegenheit verfolgen werde.

Im weiteren Verlaufe der Sizung trat das Haus in die Spezialdebatte über den Gesetzentwurf, be- treffend die Uebernahme einer Zinsgarantie des Staates für die Prioritätsanleihen der Halle-Sorau-Gubener Eisenbahngesellshaf: bis auf Höhe von 29,730,000 M Gegen die Vorlage erklärten fh die Abgg. v. Tempelhof und Dr. Röterath. Der Abg. v. Benda meinte, man solle ethishe G-sichtspunkte bei dem gegenwärtigen Sachverhältnisse ganz außer Betracht lassen. Es handele sich einfach darum, die in Betrieb befindlihe Bahn nicht in Konkurs gerathen zu lassen. Da ein freihändiger An- fauf der Bahn nicht zu erreichen, so \ei der vorgeschlagene Mittelweg der Zinsgarantie noch das beste Auskunftsmittel und die Ablehnung der Vorlage ein \{chwerer wirthschaftlicher Fehler. Der Abg. Dr. Wehrenpfennig empfahl die Vorlage mit der Ausführung, daß es sih hier um eia wichtiges Staatsinteresse, um die Verbindung des östlichen mit dem weftlihen Staats- bahnnege handele. Nachdem der Abg. Berger sich gegen die Vorlage erklärt hatte, ergriff der Handels-Minister Dr. Achen- b ach das Wort:

Meine Herren! Es ift für mi, wenn ich auf meine parlamen- tarishe Gewichte zurückblicke, allerdings ein ganz ungewohnter Augen- vlick, mich in Eisenbahnangelegenheiten im Gegensaß zu dem Herrn Vor- redner zu befinden. Jh habe das {on bei der neulichen Debatte über das Reichs-Eisenbahnprojekt zu meinem Bedauern bemerken müssen, und heute habe ih dieselbe Beobachtung zu wiederholen. Da, wo jonst die Rede davon war, das Staats-E.senbahnsystem au3zu- bilden und weiter zu führen, da, wo die Rede davon war, Angriffe, die darauf abzieltea, dieses System abzushwächen, zurückzuweisea, da habe ih immer den Namen Berger, ih glaube, auch seiacs Vaters, unter denjenigen gefunden, welche die Regierung in ihren Bestrebun- gen unterftützten. Ih fann daher nur bedauern, dah ih in dem gegenwärtigen Augenbli|® mich mit dem geehrten Herrn Vorredner in diesem Gegensaß befinde. Allerdings sagt er: wic streven demselben Ziele zu, ih bin heute, wie früher, be- reit, das Staats3eisenbahnwesen zu stärken, unsere Wege sind nur ver- schieden, ih will einen anderen Weg beschreiten, indem ich denjenigen

er Königlichen Staatsregierung für den unrichtigen erachte. Leider

\chlägt aber der verehrte Herr Vorredner beute, wie vor einigen Tagen, Wege vor, die er als gemeinschaftliche mit Denjenigen theilt, welche sih dem Standpunkte der Regierung auf dem Gebiete des Eisenbahnwe'ens absolut entgegensezen. Der Herr Vorredner hat in dem Bericht, welchen er an das hohe Haus über die heute genehmigte Vorlage Halle-Cassel erstattet, indem er einen historishen Rük- blick seinem Referate voraus\chickte, selbst darauf hingewiesen, daß das Projekt Halle-Cafsel kaum jemals aufgetaucht ist, ohue daß damit in Verbindung gebraht worden wäre die Halle-Soräu-Gübener Bahn. beide Projekte sind gewissermaßen auf der Bühne erschienen, man hat das Eine nicht von dem Auderen trennen können, und auch der Herr Vcerredner hat zugeben müssen, daß, wenn man das Eine thut, auf der anderen Seite die Nothwendigkeit vorliegt, auch den zweiten Schritt zu unternehmen, Ich verstehe deshalb niht, wie der Herr Vorredner mit den Worten geschlofsen hat: Wenn Sie meinem Bor- \chlag nicht folgen, werden Sie ein Präjudiz schaffen, was anzu- wenden sein wird für alle nothleidenden Bahnen, welthe die König- lide Staatsreaierung um Hülfe anrufen, denn er hat selbst in sehr zutreffender Weise autgeführt, daß es sich hier um einen Fall handelt, wie er wahrscheinli in derselben s{lagen- den Weise nicht wiederkehren wird. Au is es mir auf- fallend gewesen, warum gerade die Zinsgarantie nah seiner Ansicht ein solches Präjudiz schaffen sollte, während er von seinem eigenen Vorschlag des Kaufs hierbei ganz absieht. Jch meineétheils würde, wenn in der That dur dicsen Fall ein Präjudiz geschaffen werden würde, den Kauf für die Staatsfinanzen und Staatsinteressen für weit s{ädliher halten, wie den Vorschlag, wel- her Seitens der Königlichen Staatsregierung gemacht worden ist.

Demgemäß hätte ich mi nun allerdings auch gar nicht mit der Einleitung des Hrn. Vorredners zu befassen, worin er nachzuweisen versucht, daß das Haus durch seine früheren Beschlüsse über die Nordbahn einen Präzedenzfall bereits ge]cha}sen habe. Cc selbst hat

a son eigentlich den Nachweis geführt, daß eine Parallele in der

hat nit vorliegt. Da er aber so bestimmt behauptet, daß nit blos eine Aehnlichkeit vorhanden, sondern die Nordbahn der eigent- lihe und wahre Präzedenzfall für die gegenwärtige Vorlage sei, fo muß ih ihm mit einigen Worten bezüglih seiner Behauptungen folgen. Jh will hierbei nicht einmal darauf zurückommen, ich habe das bei der früheren Debatte {on gethan daß wir bei der Nordbahn eine unvollendete Bahn vor uns hatten. Das aber muß ich wiederholt in den Vordergrund stellen, daß, was die wirth- {chaftlihen und finanziellen Jnterefsen dez Landes anbetraf, Lei der Nordbahn in der That der lokale Charakter überwiegend war, und daß das Staatseisenbahnsystem in seinem Zusammenhang hier gar niht in Betracht kam. Jene Vorlage kounte daher von Vielen dahin gedeutet werden, daß es sih ausscließlich darum handle, einer nothleidenden Bahn zu helfen. Dieser Gesichtspunkt ift aber bei der gegenwärtigen Vorlage niht der entscheidende. Aller- dings habe ich bei der erften Lesung warnend das Haus darauf auf- merksam gemacht, daß der Verfall eines Unternehmens, wie die Halle- Sorau-Gubener Eisenbahn, nothwendigerweise {{chädlich auf die Ver- hältnisse des Landes einwirken müsse; aber daß ein Nothstand bei der Halle-Sorau-Gubener Bahn besteht, ist nit der Grund diefer Vorlage, derselbe bietet der Königlichen Staatsregierung nur die Ge- legenheit, einen Schritt auszufühcen, den sie im Interesse des Staatseisen- bahnsystems und auch im finanziellen Interesse für durhaus zweckmäßig erachtet. Nun ist es ja bekannt, wie bei Gelegenheit der Diskussion über die Nordbahn, vor ungefähr zwei Jahren, der Hr. Abg. Lasker einen Rückblick auf die Eisenbahngeshichte dieser Bahn warf und ins- besondere diejenigen Vorgänge ausführlich schilderte, welche nach seiner und wohl auch nach Ansicht des Hauses nicht zu billigen seien; aber wenn Sie die Ausführungen des Hrn. Abg. Lasker, die, wie ih glaute, damals für einen großen Theil des Hauses maß- gens waren, im Weiteren betrachten, so_ finden Sie doch, daß diese

emerfkungen keineswegs die allein entscheidenden waren. Er hob nämli in längerer Auzeinanderseßung damals hervor, daß der Ver- trag, welcher bezüglih der Nordbahn abgeschlossen sei, dem Staate gar keine Vortheile gewähre; er rühmte, wie unter dem von der Heydt- schen Regime man Verträge mit Privatbahnen abgeschlossen habe,

ger und Königlih Preußischen

die einerseits die Verwaltung dem Staate dauernd gesichert

Staals-Anzeiger. 1876,

und andererseits für gewisse Eventualitäten auch finanzi:lle Einnahmen dem Staate zugefühct hatten. Den Vertrag Über die Nordbahn nannte er dagegzn eine Donqu'choterie, indem die Königliche Staats- regierung nur un'er einer bestimmten Voraus'eß1ni sich auf Zeit die Verwaltung der Baha vorbehalten have. Ja feiner 3.-de wies er ferner dacauf hin, daß gewisse Bankinstitute bei dem Unternehmen noch thatsächlich betheiligt seien, wie beispielsneise die Berliner Bank aus der Zinêgarantie der Staatóregierung erhebliche direkte Vortheile haben werde; er wies ferner darauf hin, wie 3 Millionen unbe- gebener Aktien sich noch in dem Besiß der Gesellschaft befänden, deren Schidsal ein unklares jei. Er erörterte den Vertrag in allen einzelnen Punkten und führte aus, daß eine Revision desselben innerhalb einer Kommission bei dem nahen Schlusse des Hauses überhaupt nicht mehr ausführbar ersheine. Es waren also hier vier Fälle vou verschiedenen Gründen gegen die damalige Vorlage der Königlichen Staatsregierung vorgeführt, und denjenigen, welche den Ausführungen des Hrn. Abg. Lasker beistimmten, blieb in der That darin eine große Auswahl, aus welchen Gründen sie dem Anirage des Hrn. Abg. Lasker sich ans{liezen und demgemäß die Regierungsvorlage verwerfen wollten. Meine Herrea! Ich möchte sagen, wir haben uns die damalige Verhandlung sehr belehrend fein lassen; wir find unterrichtet worden, wie ein Vertrag zu gestalten fei, wenn er die Zustinamung des hohen Hauses findzn solle. Wir be- gehen sicherlich keine Donquichoterie, indem wir jeßt einen Vertrag vorlegen, der sehr wesentliche Vortheile dem Staate zuführt. Prüfen Sie nämlich diesen Vertrag, so möchte ih in der That wissen, wie fann die Königliche Staatsregierung ein nüßlicheres und auf der anderen Seite ebenso gerechtes Geschäft vorschlagen, als auf der Basis eines solhen Vertrages? Zunächst sichert der- selbe von vornherein die dauernde ewige Verwaltung dieses so wichtizen Bahnnezes dem Staate. Gewiß wäre diejer Punkt schon allein ein entscheidendes Moment, um dem Vertrage zuzustimmen, indem auf eine so einfache Weise die Administcation eines bedeutenden Unternehmens in die Hände des Staates gelangt. Aber dabei bleibt ja der Vertrag nicht stehen; er sihert dem Staate nach Ablauf einer gewissen Reihe von Jahren die Erwerbung der Bahn zu so günstigen Bedingungen, wie sie nur nah Lage der Sache denkbar find. Ec gestaltet die Verhältnisse der Aktionäre auf der anderen Seite in einer Weise, daß sie sich über Dasjenige, was ihnen geboten wird, in der That nicht beklagen können, indem die Erfahrung der kommenden Zeit darüber entsheiden fol, ob und inwieweit ihnen eine Entschädigung zuzuführen 1st oder niht. Das werden nun von manchen Seiten unflare Verhält- nifse genannt. Die Richtigkeit einer solchen Behauplung vermag ih durchaus nicht einzuschen. Die Vertragébestimmungen find nah allen Seitea klac und insbesondere nit geeignet, unberechtigte Hoff- nungen auf Seiten der Aktionäre zu erwecken, die etwa in Zukunft zu unbegründeten Klagen oder Ansprücten führen könnten. Nehme \ch nun hinzu, was ich vorhin bereits ausgefüh:t habe, daß wir es mit einer vollendeten Bahn zu thua haben, daß es si um ein Zwischenglied in dem Staatseisenbahnneßtze tes Ostens und West:ns handelt, daß wir durch dicfe Baÿn in Stand gefeßt werden, niht nur fizanzielle sondern auch fentliche Interessen in erhöhtem Maße wahrzunehmen, so vermag ich in der That aicht zu erkennen, wie diese Bahn in eine Parallele geseßt werden könnte mit denjenigen halb vollendeten Unternehmungen, was man Nordbahn nannte wie ein Präjadiz in einem Vorganz gefunden werden kann, welcher qualitativ von der gegenwärtigen Frage gänzlich verschieden ift.

_ Meine Herren! Wenn der Herr daß die Regierung die Münster - Easched:r Bahn als gleich- sam Paradepferd vorführen und als Präjudiz geltend machen wolle, so irrt er. Die Münster-Enschedec Bahn ift ein viel zu kleines Unternehmen, hat einen viel zu lokalen Charakter, als daß man sie ¿n einem Unternehmen in Parallele stellen könnte, dessen Wichtigkeit jedem, der fich mit Eisenbähnangelegenheiten beschäftigt , auf den ersten Blick klar sein muß. Jch verzichte aiso ganz darauf, einen derartigen Vorgang mit einem Vorschlage in Vergleich zu stellen, welchem ih im staatlihen und öffentlichen JIntecesse eine große und erhebliche Bedeutung beizumessen genöthigt bin.

Meine Herren! In Jhrer Kommission hat gar fein Zweifel darüber bestanden, daß die gegenwärtige Vorlage eine _zwcckmäßige, daß sie in wirthshaftliher Beziehung eine nothwendige sei und daß fie Billigung verdiene. Von anderer Seite ist freilich in der heuti- gen Verhandlung und zwar namentlich vom Hrn. Roeckerath darauf hingewiesen worden, wie die Iuteressen, welche die Königliche Staats- regierung verfolge, lediglih auf Kosten der Steuerzahler wahrgenemn- men werden würden. Ich habe schon bei der eriten Diskussion zu- gegeben, daß unzweifelhaft in der nächsten Zeit noch erhebliche Z1- \hüsse aus dem Staatssäckel erfolgen müssen, daß aber mit einiger Wahrscheinlichkeit angenommen werden könne, daß durch die veränderten Verhältnisse der Bahn bereits im Jahre 1877 der Zuschuß wenn nicht ganz kescitigt, so doch auf eincn geringen Thei! verlängert werden dürfte. Ich gehe dabei allerdings nicht von der naiven An- shauung einiger Vorredner aus, daß der Staat, wenn er Eisenbahnen besißt, die konkurrirenden Bahnen nach jeder Richtung zu berücksihtigen und ihnen seinerscits keine Konkurrenz zu machen habe, daß der Staat den ihm natürlich zufallenden Verkehr nicht auf seine Linien lenken, sondern ihn den anderen Linien zu überlassen habe. Wenn diee An- shauung freilich maßgebend wäre, so würde von Seiten des Herrn Finanz - Ministers nihts Béísseres geschehen können, als aslen Eisenbahnen, welchen Namen fie auch haben mögen, zu widecsprechen, wenn fie auf Kosten d-s Staates auêge- führt werden sollen.

Borredn:-r ferner meint,

Zieht man nun in Betracht, wie die Verwal- tungsfosten der Halle-Sorau-Gubener Babn si in den, nächsten Jah- ren verringern werden, wie die Verzinsung der Prioritäten demnächst einen geringeren Aufwand erfordert und wie durch die Verbivdung mit dem Staatseisenbahnneß der Verkehr sich wesentlich heben muß, so unterliegt es wohl feinem Zweifel, daß die angerufenen Steuer- zahler voraussihtlich nicht wesentli in Mitleidenschaft gezogen wer- den. Aber, meine Herren, ih mache zuglei hierbei darauf aufmerk» sam, die Herren Steuerzahler doch au bei unseren preußischen Staatsbahnen betheiligt sind, und deren Presperität annehmen, heißt ebenfalls dem Steuerzahler zu Hülfe kommen, Was ist denn heute und in vergangenen Tagen bezüglich unserer Staatsbahnen geklagt worden? Daß das preußische Staats-Eiscnbahnneß aus einzelnen nicht zusammenhängenden Stücken besteht, daß es in der Vergangenheit unter den damals gegebenen Verhältnissen nicht môglih war, ein zu- sammenhänzendes Neß herzustellen und deshalb auch nicht thunlich gewesen ist, nah einheitlichen Grundsäßen das-ganze Staatsbahnneß überall zu verwalten. Jeßt kommen uns die Tage näher, wo diese Möglichkeit eintreten wird. Auch diese Vorlage soll uns derselben näher führen; dies geschieht aber, abgesehen von allen wirthschaft- o Interessen, wie ih glaube, auch im Interesse der Steuer- ahler.

! Meine Herren, der Hr. Abg. Berger wies sodann darauf Hin, daß nach der Rede des Hrn, Abg. Dr. Wehrenpfennig vorauszusetzen sei, es werde auch, wenn diese Vorlage feine Annahme finde, Lieb- haber für diese Bahn in Hülle und Fülle geten. Wie weit das be- gründet if oder nit, will ich gegenwärtig nicht untersuchen, das aber darf ih bestimmt aus\prehen, daß eine Mitbewerbung bei die- ser Bahn besicht, daß eine solche Mitbewerbung, und darin irrt der Hr. Abg. Berger auch von der Thüringer Bahn, wenigstens in Aussicht genommen werden fann, Warum leztere in ihrer Aktionsfähigkeit gegenüber diesem Unter-