1876 / 119 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 20 May 1876 18:00:01 GMT) scan diff

Leib-Regts.) beim Remonte - Depot Benediktbeuern, zu Ver- waltungs - Assistenten nach Maßgabe der Allerhöchsten Ent- \{hließung vom 29. Mai 1873 ernannt. Den 28. April. Jahn, Landwehr - Garnison - Apotheker vom Landwehr- Bezirk Bayreuth, auf Nachsuchen verabschiedet. Den 30, April. Kundmüller, Controleur von der Corps-Kriegskasse

des IT. Armee-Corps, aus administrativen Erwägungen des Dienstes entlassen. Den 4. Mai. Buchmann, Proviagntmstr. a. D,, auf Nachsuchen den Titel und Rang eines Rechnungsraths tax- und stempelfrei verliehen. Den 5. Mai. Peter, Lazareth-Dber- Snspektor vom Garnisonlazareth Augsburg, auf Nachsuchen in den bleibenden Ruhestand verseßt. Den 7. Mai. Heidenreich, Sekretär von der Intendantur des I. Armee-Corps, der Rang vor dem Intendantur Sekretär Kraus verliehen. Den 8. Mai. Krauß, Kanzlei-Sekretär vom Kriegs: Ministerium, auf Nachsuchen in den bleibenden Ruhestand verseßt.

Nichtamtliches.

%§%reußen. Berlin, 20. Mai. Im weiteren Verlaufe der gestrigen Sißung des Herrenhauses wurde der An- trag 2 der Budgetkommission zu dem Antrage des Gra- fen von der Schulenburg - Beegzendorf (S. Nr. 118 d. Bl.) auf Ablehnung der Nr. 2 dieses Antrages ange- nommen. Es folgte als fünfter Gegenstand der Tagesordnung der mündliche Bericht der Justiz-Kommission über den Geseß- entwurf, hetreffend die.Einführung der Kreisord- nung vom 13. Dezember 1872 in den Grafschaften Wernigerode und Stolberg. Der Präsident theilte mit, daß der Minister des Innern nah einem eingegangenen Schreiben den Wunsch hege, der Berathung dieses Gesetzes beizuwohnen, hieran aber durch die Berathungen des Abgeordnetenhauses für heute behindert fei, und bitte er deshalb, den Gegenstand von der heutigen Tagesordnung abzuseßen. Das Haus stimmte diesem Antrage zu.

Sechster Gegenstand der Tagesordnung war der mündliche Bericht der Kommission für Eisenbahnangelegenheiten über den Gesetzentwurf, betreffend die Betheiligung des Staates an dem Unternehmen einer Eisenbahn von Izehoe über Wilster, Taterphal und Meldorf nah Heide. Der Berichterstatter Herr Theune stellte Namens der Kommission den Antrag, dem Geseßentwurfe in der von dem Hause der Abgeordneten be- \{lo}ssenen Fassung die verfassungsmäßige Zustimmung zu er- theilen. Dieser Antrag wurde ohne Debatte genehmigt.

Der siebente und leßte Gegenstand der Tages- ordnung, der mündlihe Bericht der Kommission für Agrar- angelegenheiten über den Gesegzentwurf, betreffend die Abänderung der Geseße vom 5. April 1869 (G. S. S. 517) und vom 15, -Februar 18102 (G. S. S. 1695) wurde wegen Abwesenheit des Referenten von der Tagesordnung ab- gesezt. Vor Schluß der Sizung überwies das Haus noh die aus dem Abgeordnetenhause herübergekommenen Gesezentwürfe, betreffend den Ankauf der Eisenbahnen Halle-Cassel und Nord- hausen-Nixei und betreffend die Uebernahme der Zinsgarantie für die Halle-Sorau-Gubener Eisenbahn, an die Eisenbahnkom- mission zur Vorberathung. Schluß 3 Uhr. :

Die Rede, welhe der Vize-Präsident des Staats-Mini- steriums Finanz-Minister Camphausen in der gestrigen Sitzung des Hauses der Abgeordneten in der dritten Berathung des Geseßentwurfs, betreffend die Uebernahme einer Zinsgarantie des Staates für die Prioritätsanleihen der Halle- Sorau-Gubener Eisenbahngesellschaft bis auf Höhe von 29,730,000 Æ, hielt, hatte folgenden Wortlaut:

Meine Herren! Es hat mi sehr gefreut, daß der geehrte Herr Vorredner im Eingange seiner Rede den Versuch gemacht hat, si auf den rein geschäftlichen Standpunkt zu stellen, rein die Frage ins Auge zu fassen, welches Verfahren den Interefsen des Staats, den Interessen der Steuerpflichtigen entsprochen haben würde, und daß er mich dadurch in die Lage bringt, auch meinerseits, während ih bei der vorgestrigen Diskussion bei dem frühen Schluß der Verhandlun- gen nicht zum Wort gelangt bin, mich auszusprechen.

Der Herr Vorredner stellt als Hauptsache hin: der Staat hätte dafür sorgen müssen unter allen Umständen daß der Betrieb der Bahn hätte fortgeseßt werden können. Nun, meine Herren, wenn der Staat eine sole Verpflichtung anerkannte und wenn er wußte, daß die Gesellschaft Prioritätsobligationen ausgegeb:n hatte, deren Inhaber berechtigt waren, wenn ihnen die Zinsen nicht zu dem festgeseßten Tage gezahlt wurden, auf die Erklärung des Konkurses anzutragen, —- wie wollte der Staat den Betrieb sicherstellen anders, als daß er die Sorge übernahm, daß diese Zinsen bezahlt wurden; sobald er diese Sorge nicht übernahm, war die Sicherstellung des Betriebes völlig unmöglich.

Nun, meine Herren, wird geglaubt, daß man den Priorität3- besitern, und der Herr Vorredner drückte sch mit Vorliebe immer dabin aus den rei chen Prioritätsbesigern mehr eingeräumt habe, als wie irgend nöthig gewesen wäre. Wenn ih diese Redens- arten vernchme, wenn ich Anspiegelungen höre, als wenn in diesem ganzen Geschäft mit den Iuhabern der Prioritätsobligationen Dunkel- heiten verborgen lägen, mysteriöse Dunkelheiten, welche die Staats- regierung nicht aufklären könne oder nicht aufflären wolle, dann mag es mir vergönnt sein, doch mit ku-zen Zügen daran zu erinnern,

wie es denn eigentlich mit jenen Prioritätsobligationen nicht Aktien, von denen häufig irriger Weise die Rede war gegangen ist. Nun, meine Herren, ih habe s{hon au einem anderen Orte einmal dargelegt, wie die Staatsregierung

oder wenigstens der damalige Handels-Minister und der damalige Finanz-Minister, der ih war wie heute, bei Ertrahirung des Privile- giums für die erste Serie der Prioritäts-Obligationen von der Ansicht ausgegangen sind, daß für diese Prioritäts-Obligationen eine ganz un- bedingte Sicherheit bestehe. Dieses erste Privilegium, welches sich erstreckte über einen Betrag von 2,500,000 Thalern und welches das gleiche Anrecht vorbehielt für einen Betrag von 2,190,000 Thalern, ist im Jahre 1871 ertheilt worden. Im Jahre 1872 oder vielleicht noch 1871 das kann ich so genau nicht sagen; es is unerheblich für die Frage sind diese Prioritäten von einem Konfortium über- nommen worden, fie find an der Börfe veräußert worden zu dem Course von 100—1014 im ersten halben Jahre 1872, und es ist der Rest von 2,190,000 Thalern im zweiten Semester 1872 auf dem Wege der Subskription zum Course von 1004 begeben worden. Meine Herren! Von diesen 4,690,000 Thalern is auch nicht ein einziges Stü, so viel mir bekannt geworden, in dem Besiß des Konsortiums zurückgeblieben, es ist niht ein einziges Stück unter 100 veräuß.rt worden, und die Besißer dieser Prioritäts- Obligationen sind eine unbestimmte Zahl von kleinen Ka- pitalisten, die ihre Ersparnisse in diesem Papier angelegt haben, und die, Gott sei Dank, bis zum heutigen Tage die Zinsen , die ihnen zugesichert waren, stets bezogen haben. Erlauben Sie mir daran zu erinnern, daß dieses Geschäft und diese Verkäufe stattgefunden haben, bevor der Invalidenfonds des Reiches gegründet wurde, daß fie stattgefunden haben, bevor das Geseßz Über die Dotation der preußischen Provinzen irgendwie erlassen war, und daß also alle diese Beziehungen auf die früheren Trans- aktionen auch nicht deu geringsten Einfluß geübt haben. Wenn der

Kapitalmasse ausgedehnt hat, wie während der Verhandlungen der Cours von 89 auf 99 gestiegen sei und nun {on die reichen Prio- ritätsbesißer diesen enormen Gewinn gemacht hätten, fo sage ih dagegen einmal, daß, wenn die Prioritäten sich in den Händen derjenigen befinden, die sie im Jahre 1872 gekauft haben, nicht allein keiner einen Gewinn gemacht hat, sondern bis heute noch nit wiederum auf den Kaufpreis gekommen ist, zu dem er selbst die Prioritäten erworben hat, und ih sage dann zweitens, wenn geglaubt wird, daß der unter dem Einflusse bekannter Verhältnisse herbeigesührte Kurs eine große Zahl von Inhabern dieser Prioritäten vermocht haben möchte, sih ihres Besißes zu entledig-n, dann würde i einmal erklären, das glaube ich nit, und zweitens würde ih sagen, ih würde alle diejenigen, die mit so konsequenter Standhaftigkeit dieses Papier in ungerechter Weise angegriffen haben, bedauern, daß ein solches Resultat herbeigeführt war. Nun, meine Herren, neben dieser ersten Priorität, welhe den Hauptstock der gesammten Prioritäten umfaßt, in der Summe von 4,690,000 Thlr., ist nun im Jahre 1873 eine zweite Emission, die Emission Littr. B. aus- gegeben worden, diese Emission umfaßt 2,220,000 Thlk. Bei dieser Emission, meine Herren, is der Dotationsfonds betheiligt, und weil der Dotationsfonds dabei betheiligt ist, so will ih nit Anstand nehmen, hier öffentlich den Kaufpreis zu nennen, den das Konsortium seiner Zeit für diese Obligationen im März 1873 gezahlt hat. Diesec Uebernahmepreis Seitens des Konsortiums belief sich auf 979/06, 97 Thlr. für je 100 Thlr. Diese Obligationen hat das Kon- sortium allmählich verkauft, fie sind begeben worden zum Preise von 100, au über 100. Jch bemerke auch bier, die Uebernahme Seitens des Konsortiums hat am 5. März 1873 stattgefunden; im Jahre 1873 ist das Geseß über den Dotationsfonds erlassen worden, irgend welche Verpflichtungen, Prioritäts-Obligationen zu kaufen, waren in dem Geseßze niht gegeben, und bei der ersten Belegung der Fonds, die ja überhaupt die weitaus bedeutendste Operation war, sind für Rechnung des Dotationsfonds von diesen Prio- ritäts - Obligationen gar feine Stücke übernommen worden. Das Geschäft in diesen Prioritäts-Obligationen hat im Jahre 1873 sich weiter entwickelt, für den Dotationsfonds find erst im Jahre 1874 einzelne Beträge gekauft worden, und zwar, wie Ihnen (5 in den Mittheilungen, die früher gemacht worden sind, der Kommission, welche die Verhältnisse näher geprüft hat, genau nach den einzelnen Tagen, da hat aus den Beständen des Konsortiums im Jahre 1874 ein Betrag von überhaupt 134,000 Thlr. übernommen werden können, alle anderen Beträge sind an der Börse gekauft worden, und auch diese Obliga- tionen von 2,220,000 Thlr. find längst im Besiß des Privatpubli- kums, der einzelnen Kapitalisten, die ihre größeren oder kleineren Er- sparnisse in diesem Papier angelegt haben, gelangt. Nun, meine Her- ren, trat im vorigen Jahre also das Verhältniß ein, daß die Gesell- schaft sih in ihren Anschlägen geirrt hatte, ein Verhältniß, was, bei- läufig bemerkt, die Staatsverwaltung ebenso getroffen hat, daß man die Anschläge niedriger aufgestellt hat, als die Ausführung nachher an Geldmitteln in Anspruch genommen hat. Jm vorigen Jahre trat nun an die Staatsregierung die Frage heran, als sie um ihre Hülfe in Anspruch genommen wurde, was soll nun geschehen ? Darüber wären wir von vornherein niht zweifelhaft, daß die Gesell- haft bei diesen Mehrausgaben unmittelbar mit einer gewissen Ver- legenheit zu fämpfen haben würde. Das neue Privilegium, was den bisher erwähnten hinzutrat, ist von dem Herrn Handels-Minister und mir Sr. Majestät dem Könige gegenüber erst dann befürwortet,

als sich die Berliner Handelsgesellshaft bereit erklärte, die Garantie für die Zinszahlung während der Zeit bis zum 1. April 1877 zu übernehmen. Uns hat also

nit das überrasbt, daß die Erträge dieser Bahn im Jahre 1875 und 1876 nicht vollständig ausreichen, um allen Verpflichtungen zu genügen. Wir find aber auch darüber nicht zweifelhaft gewesen -—— und die Erfahrung wird das bestätigen daß, wenn der Bat. nbetrieb längere Zeit gedauert hat, wenn die Verkehrsverhältnisse sich danach gerihtet haben, wenn die {weren Lasten, die eine solche s{hwebende Schuld bildet, die mit cinem relatiy hohen Zinsfuß ver- zinsstt werden muß, und wo noch eine Provision gezahlt werden muß für die Fortdauer des Verhältnisses, wein dieses ungünstige Ver- hältniß beseitigt wird und sobald der Geseßentwurf angenommen wird, wird ‘es mit einem Schlage beseitigt werden, daß dann die Bahn allmählich einer immer günstigeren Entwickelung entgegen- gehen wird. In welhem Umfange das der Fall sein wird, meine Herren, das gehört der Zukunft an, und eben weil weder die Aktionäre noch die Staatsregierung in der Lage waren, in der Gegenwart den wirklich billigen und angemessen:n Kaufpreis herauszufinden, so haben wir uns dazu entschließen müssen, nicht mit einem Ankaufe vorzugehen. Dazu haben uns aber auch noch andere Verhältnisse drängen müssen.

Meine Herren! Wir hören hier sehr verschiedene Urtheile, der Herr Redner soeben hat sogar noch wiederum einen Versuch gemacht, von dem ih in der That nah Allem, was der Kommissionsbericht enthalten hat und was die übrigen Ausführun- gen im hohen Hause ergeben haben, geglaubt habe, ihn als einen völlig antiquirten betrachten zu können, daß es vielleicht noch möglich sein könnte, daß die Bahn die Zinsen für ihre früheren Prioritäts- Obligationen nicht aufzubringen vermöchte. Meine Herren! Wenn es je ein Phantasiebild gegeben hat, dann ist dies ein Phautastebild, denn das hat ja auch das Jahr, was hinter uns liegt, bereits er- geben, daß unter Einschränkungen, bei geordneten Geldverhältnissen, bei einer gehörigen Ordnung des Betriebes, die volle Verzinsung in Aus- ficht stände. Aber wenn wir nun verhandeln sollten über den An- kauf, meine Herren, dann übersehen Sie nicht die Eigenthümer der Bahn, das sind nicht die Prioritätsgläubiger, die Prio- ritätenbesißer, das sind die Gläubiger der Gesellschaft aber nicht ihre Eigenthümer. Die Gläubigec der Gesellschaft können uns ja doch nicht das Eigenthum der Bahn verkaufen, das Eigen- thum an der Bahn können verkaufen nur die Aktienbesißer, und diese Aktienbesißer gliederten fich wieder in zwei Kategorien, in Prioritäts- Stammaktienbesißer und in einfache Aktienbesißer. Der einfachen Aktienbesißer gab es, wenn mein Gedächtniß mich nicht trügt, für ein Kapital von 6,750,000 Thlr. und der Prioritäts-Stammaktien- besißer gab es für denselben Betrag von 6,750,000 Thlr. Nun, meine Herren, denken Sie sih eiue Verhandlung , die wir mit diesen Eigenthümern führen sollten, das die Eigenthümer, wenn fie überhaupt noch etwas bekommen sollten, doch vorab die Gläubiger zu befriedigen hatten, das weiß doch jedes Kind, daß also zunächst die von mir zuerst erwähnte erste Priorität, welche 4,690,000 Thlr. umfassen, ausgezahlt werden mußte, daß die zweite Priorität von 2,220,000 Thlr. ausgezahlt werden mußte, daß die schwebenden Schulden der Gesellschaft befriedigt werden mußten und daß erst, nachdem das Geld für alle diese Forderungen zusammen genommen, herbeigebracht war, nunmehr die Konversation sich darauf lenken konnte, was sollen die Eigenthümer der Gesellschaft bekommen? Das muß ja jeder Ge- \{häfté¿kundige auf den ersten Blick verstehen. Sie hätten also zuerst damit beginnen müssen, ungefähr 10 Millionen Thaler herzugeben, um die Gläubiger zu befriedigen, ich sage ungefähr 10 Millionen Thaler in ruuder Summe, es stimmt ja nicht ganz genau, um die Gläubiger zu befriedigen, und dann hätte man darüber verhandeln müssen, was bekommen nun die Eigenthümer? Da nun für die Eigenthümer stipulirt war, daß die Stammprioritäts-Akttenbesißer das Recht haben, zuerst ihre Befriedigung zu erlangen, bevor die Stammakktienbesißer irgend etwas in Anspruch nehmen konnten, so bitte ich, sich nun mal zu vergegenwärtigen, um welche Zahlen es si da gehandelt haben würde, wenn man hätte zu dem Abkommen ge- langen wollen,

__Was hat nun statt dessen die Staatsregierung ausgesprochen, wir wollen dafür, daß die Gläubiger befriedigt werden, “die Garantie übernehmen. Das findet seinen Ausdruck, indem man die Prioritäts. Obligationen, die Zinsen garantirt. Daß "wir dabei nicht gewünscht haben, die 5% Schuld für immer zu erhalten, das have ih {on neulich im Herrenhause meinerseits ausgesprochen, und das hat ja auch in den Kommissionsverhandlungen seinen Ausdruck ge-

wenn wir der Gesellschaft heute über den Berg geholfen haben, mor- gen möglicher Weise dur eine s{lechte Verwaltung ih glaube nicht, daß dies von dem jeßigen Direktorium zu befürchten wäre, aber es föunten auch da YAenderungen eintreten wir wollen uns ‘also niht der Gefahr ausseßen, daß möglicher Weise durch eine schlehte Verwaltung das gute Werk in Frage gestellt würde. Wir haben also stipulirt, die Verwaltung wird für immer auf den Staat übertragen, und, meine Herren, mit diesem Schritte allein haben wir dem Staate einen sehr großen Vortheil geliefert, ein sehr werthvolles Recht er- rungen, ein Recht, meine Herren, das er leichten Kaufes nicht wiederum abtreten würde. Wir haben aber dann weiter gesagt, wir halten es ja für möglih und für die allerersten Jahre nicht unwahrscheinlich, daß wir in Folge dieses Vertrages in den Fall kommen können, R e wie der Herr Regierungskommissar es vorhin an- nahm, für das Jahr 1876 möglicherweise einen Zuschuß von 200,000 Thalern zahlen zu müssen, Angenommen unun, meine Herren, daß fich das so herausstellt, angenommen, daß wir für das Jahr 1877 vielleiht noch einen solchen ZusGui zu geben hätten oder einen etwas geringeren, dann leben wir der festen Ueberzeugung, daß ohne alle künstlihe Einwirkung blos der natürlichen Entwicke- lung der Bahn folgend, blos als das Resultat einer geordneten, vers ständigen Verwaltung ein Zeitpunkt eintreten wird, wo es der Zu- \hüsse nicht bedarf und daß dann der Zeitpunkt folgen wird, wo *Ueberschüsse aus dem Betriebe sih ergeben. Nun, meine Herren, wenn dieses leßtere Verhältniß eintritt, was ih denn do bereit sein würde in jeder Weise zu garantiren, dann besagt der Ver- trag: jeder Thaler, der da vorgeschossen werden muß, wird von dem Tage, wo er auszulegen war, notirt, es werden 5 °/9 dafür berechnet, und Kapital und Zinsen müssen dem Staat zurückgezahlt werden. Meine Herren, wenn vorhin mit einer gewissen Emphase, mit einem gewissen Pathos auf die Steuerzahler hingewiesen worden is und auf die Nachtheile, die ihnen zugefügt werden würden, so kann ih Sie versichern: es giebt nichts, was bei mir einen solhen Anklang findet als der Nachweis davon, daß bei den Staatsausgaben

zuleßt die Steuerzahler einstehen müssen. Tag und Nacht ist meine Sorge darauf gerichtet, die Lasten der Steuer- zahler nicht höher anwachsen zu lassen, als die Ver-

hältnisse des Landes erfordern; aber, meine Herren, ih würde das Interesse der Steuerzahler auf das {mählichste verleßt haben, wenn ih mi den Anträgen des Herrn Handels-Ministers gegenüber ledig- lich ablehnend verhalten hätte, wenn i lediglih gesagt hätte: nun mag der Konkurs kommen, was dabei herauskommen wird, das wird sich finden, ob der Betrieb eingestellt werden muß oder nicht, das ist mir gleich- gültig, mag Unglück daraus entstehen oder nicht, das geht mich nichts an, der Staat steht auf dem formellen Rechtsstandpunkre, er braucht sich nicht um das Uebrige zu kümmern. Ein solher Stand- punkt, meine Herren, wäre für den Finanz-Minister in mancher Hinsicht recht bequem, er würde dann vielleicht weniger Sorgen haben, und es würde ja jedenfalls die Möglichkeit nicht eintreten, daß seine Handlungsweise Verdächtigungen aus- gesetzt würde, er hätte sich dann auf sein formelles Recht zurück- gezogen, fiat justitia, pereat mundus. Meine Herren, auf diesen Standpunkt werde ih mich niemals stellen. Ich erkenne die Verpflichtungen, für das Interesse der Staatsangehörigen zu sorgen, wo die Sorge von Seiten des Staats eintreten darf, Nun gehe ich aber weiter; ih habe den Vertrag gar nicht abgeschlossen wesentlich aus dem Grunde, um den Aktionären zu Hülfe zu kommen, meine Herren, ob- {hon das auch ein Grund war; aber ich habe den Vertrag mit ab- geschlossen, weil ih glaube, daß in Zukunft die Erwerbung des Eigen- thums an der Bahn von großem Nutzen sein könnte. Daß dieser Nußen {on so bald wie geschehen würde, das konnte ih bei Abschluß jenes Vertrages noch nicht wissen das haben Sie selbst mit durchgemacht, meine Herren, Sie haben ja selbst vor wenigen Augenblicken Ihre Zustimmung zu dem Vertrage wegen Ankaufs der Halle-Casseler Bahn gegeben. Nun, meine Herren, wer diese Zu- stimmung gegeben hat, den bi1te ih, wenn er es nicht {on längft gethan hätte, einen Blick auf die Karte zu werfen, und dann bitte ich ihn, eine ganz objektive, unbefangene, von allen Vorgängen keine Notiz neh- mende Erklärung darüber abzugeben, ob es einen Eigenthümer in der ganzen Welt geben kann, für den diese Bahn die Bedeutung haben wird, wie für den preußishen Staat. Ich sage dann ferner: wenn man den Standpuxnkt einnimmt, den der Abg. Berger vertritt, der bereit ist, jeßt 14 Millionen Thaler für die Bahn zu geben, er wird sie natürlih nit dafür bekommen, er macht uns aber den Vorwurf, daß wir nicht glei freihändig angekauft haben. Nun, meine Herren, ist denn der Vertrag, wie er abgeschlossen ist, nicht auch ein frei- händiger Ankauf? Haben wir niht die freiwillige Zustim- mung der Alktienbesißer, der Prioritätsaktien - Besißer dazu bekommen, daß wir nah der Erfahrung, die der Betrieb ergeben wird unter Bedingungen, die für den Staat wahrlih als günstige zu be- trachten find, das Eigenthum der Bahn an uns nehmen können, daß es nur noch vou dem Willen des Staats abhängt, ob er der Eigen-

thümer werden will? und daß sich der Staat iu die günstige Lage geseßt hat, daß, wnn die Verhältnisse nachher sich so gestalten sollten ich sehe diese Möglichkeit durchaus

niht voraus daß ihm der Ankauf nicht erwünscht wäre, etwa weil er der Meinung wäre, daß die leßten 5 Jahre, die den 15 Jahren, na welchen eine Erklärung zu erfolgen hat, vorangehen, anscheinend zu günstige Resultate ergeben haben, er dann den Ankauf unter- lassen kann und die Verwaltung der Bahn unter allen Umständen fortführe. Meine Herren, ih fürchte, ich habe Jhre Aufmerksainkeit {hon zu lange in Anspruch genommen. Ich kann Sie versichern, daß nah meiner aufrichtigen Ueberzeugung, das von der Regierung abge- \{lossene Geschäft ein für die Aktionäre billiges, ein für die Prioritäts- gläubiger sicherndes und ein für den Staat überaus vortheilhaftes ift. Indem ich diese Worte aussprehe, geht mir durch den Sinn, daß ih noch einen Punkt nicht berührt habe, der vielleiht eine präzisere Aufklärung, als wie sie vorhin von diesem Tische aus erfolgt ist, be- darf. Was die leßten Prioritäten anlangt, die niemals ausgegeben worden sind, die blos in den Pfandbesiß von solchen gelangt i 1, die in lobenswerther Weise einem Unternehmen, als es fsich in bedrängter Lage befand, Vorshüsse gemacht haben. Diese Prioritäten werden, wie mein Herr Kommissarius ver- sihert ih kann nicht unbedingt aus der eigenen Wissenschaft darüber \sprehen in natura dem Staat ausgehändigt. Das Optionsreht, was stipulirt war, hat nah den Verhältnissen des Vertrages, den wir abgeschlossen haben, wenn i recht unterrichtet bin seine Endschaft erreicht, und es wird dur diese Prioritäten großen Geldinstituten nicht der geringste Vortheil zugewendet, weil eben die Priozritätsobligationen in den Besiß der Gesellschaft und nachher des Staats, der die Interessen der Gesellschaft wahrnehmen wird, zurückgehen.

Ich würde dann ferner auszusprehen haben, daß, wenn ih kei dem Geräusch, was bei der Rede des Hrn. Abg. Röstel bestand, seinen Ausführungen richtig gefolgt bin, er bei seiner Darlegung mehrfache Irrthümer begangen hat; einmal, wenn er das in dem Kommisftonsbericht angeführte Defizit der shwebenden Schuld hinzu- rehnet, dann hat er übersehen, daß gerade, weil das Defizit eingetreten war, die schwebende Schuld hat vergrößert werden müssen, und daß in der s{chwebenden Schuld die Deckung des De- fizits für die Vergangenheit enthalten - ist, also niht einmal die s{chwebende Schuld und dann noch das durch die Schuld gedeckte Defizit gerechnet werden kann. Dann ferner, was die Ver- wendung der Geldmittel anbetrifft, so bitte ih, niht zu übersehen, daß die von uns în Borschlag gebrachte Summe höher if, als die Summe, der verpfändeten Prioritätsobligationen, daß also son da- rin allein ein Fonds enthalten ist, um noch weitere Er- gänzungsbauten ausführen zu können. Ferner find die schwe- benden Schulden niht von der Größe, um auch nur die alten Prioritäten, wenn die ihrem Nominalbetrage nah in Ansaß gebracht werden, irgendwie absorbiren zu können.

___ Ih empfehle Jhnen aus rein objektiven Gründen und indem ih alle Hinweisungen auf die Nothwendigkeit, welche die gegenwärtige

funden. Wir haben dann ferner gesagt, wir haben ein Juteresse an

geehrte Herr Vorredner davon spricht und das gleih auf die ganze

i S E S G E La: L a e

dieser großen Bahn, wir wollen uns nicht der Gefahr aussetzen, daß

Lage vielleiht aus nebensählichen Gründen mit sich geführt haben könnte, zurückweise, Ihnen die unveränderte Annahme der Vorlage.

| früheren Gelegenheiten die Regierung unterftüßt.

Der Handels-Minister Dr, Achenbach erwiderte dem Abg. Rickert: ,

Meine Herren! Gestatten Sie mir ebenfalls eine mehr persön- lihe Bemerkung, welche sich auf den Hrn. bg. Berger bezieht. Der- selbe scheint es in seiner Stellung zur Fortschrittspartei als einen Vorwurf betcachtet zu haben, daß ich einerseits anführte, er habe bei

Ih war mir schr wohl bewußt, als ih dies aussprah, daß es si hier um ein Giebi& handle, wo politische Fragen überhaupt nicht in Betracht kommen. Die verschiedenen Herren in diesem Hause, mögen dieser oder jener Partei angehören , nehmen nach ihrer Ueberzeugung Stellung zu der Sache, ganz ohne Rücksicht, ob sie links, rechts oder in der Mitte sigen; es entscheiden da wirthschaft- liche Gesichtspunkte. Es lag deshalb gar nicht in meiner Absicht, den Hrn. Abg. Berger als einen solchen zu bezeichnen, der mit der Re- gierung gehe. Ih habe auch einen Vorwurf ihm gegenüber nicht aus- gesprochen , sondern mein Bedauern, weil ich in der That bei allen diesen wirthschaftlihen Fragen in meiner amtlichen Stellung als Handels-Minister stets in dem Hrn. Abg. Berger eine außerordentlich werthvolle, von mir nicht genug zu shäßende Stüße gefunden habe; ih habe das Bedauern ausgesprochen, daß die Regierung bei dieser Gelegenheit seiner Unterstüßung leider entbehren müßte. Sollte aber der Hr. Abgeordnete in der That einen Vorwurf in einer solchen Bemerkung finden, so müßte ih allerdings in Zukunft darauf ver- zihten, meine Freude auszudrücken, wenn er uns einmal wieder unterstüßt.

Ferner dem Abg. Schröder (Lippstadt):

Meine Herren! J respektire die Gründe, von welchen der Hr. Vor- redner ausgegangen ift, vollständig. Wenn er indessen zur Rechtfertigung seiner verschiedenen Votums bei der Münster-Enscheder Bahn und jeßt bei derHalle-Sorau:Gubener Bahn den Finanzpunkt in den Vordergrund stellt, so fann ih seinen Ausführungen na den Erfahrungen, die ih bereits gewonnen habe, doch iu keiner Weise Recht geben. Die Halle-Sorau- Gubener Bahn wird und da handelt es sih in der That nicht um unsichere Faktoren in Zukunft jedenfalls ein nüßliches Glied in dem deutschen, speziel in dem preußishen Staatseisen- bahnneße sein, fie wird, davon bin ich vollständig überzeugt, nicht in die Lage kommen, daß insbesondere derjenige, der die Verwaltung zu führen hat, an die Frage denken muß, ob aus den Einnahmen die Betriebskosten aufzubringen sind. Diese Frage dräugt sih aber bei der Müaster-Enscheder Bahn in der That auf. Ich will ein sicheres Urtheil für die Zukunft noch_ niht aussprechen, jeden- falls aber is die finanzielle Seite der Sache bei der Münster- Enscheder Bahn eine weit bedenklichere, als dies bei der Halle-Sorau- Gubener Bahn der Fall sein wird. Die Zahlen, die der Herr Ab- geordnete bei dieser Gelegenheit in die Schranken führte, beruhen auf einer Berechnung, die mir nicht zugänglich ist und er wird mir das nicht Übel nehmen die ih in keiner Weise für richtig und zutreffend annehmen fanu; er nimmt die allerschlimmsten Faktoren, die denkbar find, an, um zu einem Kaufpreis von 16 Millionen Thaler für die Halle-Sorau-Gubener Bahn bei Ablauf des betreffenden Vertrages zu gelangen. Die emptio spei, von der der Herr Vorredner sprach, hätte also selbst unter den Voraussetzungen des Hecrn Vorredners mindestens in bei- den Fällen stattgefunden, bei der einen wie bei der anderen Eisenbahn. Die Regierung mag ja das von ihrem Stand- punkte aus bei der Münster-Enscheder Bahn nicht gerade bedauern, indem sie der Ansicht ist, daß den einzelnen Gegenden des Staates, wo sich das Bedürfniß zeigt, Verkehrëwege zugeführt werden mögen. Diese. Anschzuung blieb auch bei Posen-Varzin, wie der Herr Vor- redner diese Linie nannte, niht ohne Einfluß, und wenn die Re- gierung für Münster-Enschede eine gleiche Auffassung hatte, so mag der Herr Vorredner der Regierung gestatten, daß dieselbe au bei ande» ren Landeêtheilen von “ähnlichen Gesichtspunkten auszugehen fi er- saubt. Ich glaube, der Herr Vorredner wird mit mir do der Mei- nung sein, daß, wo die Anlegung von Verkehrswegen nicht ausschließ- lich vom finanziellen Standpunkte aus beurtheilen können und dürfen, und daß unser preußisches Vaterland, was die Herstellung von Verkehrswegen anbetrifft, keineswegs auf dem Standpunkt steht, daß wir diese An- gelegenheit als abgeschlossen betrachten dürfen. Meine Herren! Ich erwähne dies nur, weil der Herr Vorredner auf diesen Gegenstand wieder zurückgekommen is, Jh für meinen Theil habe bereits bei einer früheren Verhandlung erklärt: Jh ziche gar keine Parallele zwischen der hier mehrfach erwähnten Bahn Münster-Enshede und der Bahn Halle-Sorau-Guben, weil die Verhältnisse bei den An- lagen qualitativ derartig verschieden sind, daß eine solche Berufung niht angemessen erscheint.

Im weiteren Verlaufe der Sizung wurden, nachdem die Abgg. Graf Bethusy-Huc und v. Bonin ihre resp. Amendements befür- wortet und der Geh. Regierungs-Rath Herrfurth die Stellung der Regierung zu den verschiedenen Amendements präzisirt hatte, die 88. 14 und 14a. des Geseges über die Befähigung zum höheren Verwaltungsdienst in der Fassung der Kom- missionsbeschlü}e mit den Anträgen der Abgg. v. Bonin und Windthorst (Bielefeld) angenommen. Die Paragraphen lauten :

8,14. „Die Bestimmungen dieses Geseßes über die Befähigung zum höheren Verwaltungsdienste finden Anwendung auf die Berufung zu den Stellen: 1) der Abtheilungsdirigenten und Mitglieder bei einer Regierung (Landdrostei, Finanz-Direktion in Hannover) und der den Ober-Präsidenten und Regierungs - Präsidenten zugeordueten höheren Verwaltungsbeamten, mit Ausnahme-4der Justitiarien und technischen Beamten dieser Behörden (der Forst-, Geistlichen, Schul-, Bau- und Medizinal - Räthe); 2) derjezigen Mitglieder des Ober - Verwal- tungsgerihts und der Bezirksverwaltungsgerichte, welche die Befähi- gung zu den höheren Verwaltungsämtern besißen müssen; 3) der Landräthe, Kreis- und Amtshauptmänner und Dber-Amtmänner in den hohenzollernschen Landen.“ : f

8, 14 a: „Diejenigen Personen, welhe von einem Kreittage zur Besetzung eines erledigten Landrathsamts im Geltungsbereiche der Kreitordnung vom 13. Dezember 1872 vorgeschlagen, beziehungsweise in der Provinz Westfalen und der Rheinprovinz präsentixt werden, sind auch daun für befähigt zur Bekleidung der Stelle eines Land: raths zu erachten, wenn sie die zweite juristische Prüfung abgelegt haben.“ :

Antrag des Abg. v. Bonin zu §. 14a. : ]

„wenn sie nach bestandener erster Prüfung bei den Gerichts- und Verwaltungsbehörden im Vorbereitungsdienst, oder in Selbstverwal- tungsämtern de? Kommunal-, Kreis- und Provinzialdienstes zusammen mindestens viec Jahre beschäftigt gewesen find.“

Antrag des Abg. Windthorst (Bielefeld): l

Sm Falle der Annahme eines der vorgenannten Anträge zu g. 14a dem betreffenden Antrage Folgendes hinzuzufügen: Alle anderweitig bestehenden Beschränkungen in Bezug auf den Kreis der Personea , welche von einem Kreistage für die Beseßung eines erledigten Landrathsamtes in Vorschl+g gebracht werden fönnen, find aufgehoben. H

Die übrigen Paragraphen des Geseyes wurden mit leiten redaktionellen Aenderungen, welche Konsequenzen der früheren Beschlüsse waren, na den Beshlüssen der Kommission genehmigt. Dieselben lauten: / : E ;

8, 14b. Zur Bekleidung der Stelle eines Mitgliedes einer Pro- vinzialsteuer-Direktion ist die Befähigung zum höheren Verwaltungs- dienste oder Justizdienste, sowie eine praktishe Vorbereitung in der Steuerverwaltung erforderlich. Die leßtere erfolgt nah Maßgabe eines von dem Finanz-Minister zu erlassenden Regulativs; bis dahin verbleibt es bei den bestehenden Bestimmungen.

8. 14e, Die Bestellung zum Justitiarius (§. 14 Nr. 1) seßt

die erlangte Befähigurg zum höheren Justizdienste voraus; das Gleiche gilt von denjenigen juristishen Mitgliedern einer Regierung, mit der Bearbeitung der

welche Nuzteinanderseßungsangelegenheiten te-

mächtigt, solche Personen, welche die Befähigung zum höheren Justiz- dienste erlangt haben und mindestens 5 Jahre, entweder als Justi- tiarius (§. 14 Nr. 1) oder bei einer Auseinandersegungsbehörde als Sp«ezialkommissarius oder im Kollegium beschäftigt worden sind, oder die Stelle eines Landraths, Kreis- oder Amtshauptmanns, eines Ober- Amtmanns in den Hohenzollernschen Landen, eines Amtmanns in der Provinz Hessen-Nassau, eines Hardes- oder Kirchspielvoigts in der Provinz Schleswig-Holstein verwaltet haben, für befähigt für den höheren Verwaltungsdienst zu erklären. : & 15. Den zur Zeit des Inkrafttretens dieses Ge)eßes vorhan- denen Negierungsreferendarieu ist die Zeit ihrer Beschäftigung bei den Verwaltungsbehörden auf die im §. 3 erwähnte Vorbereitungszeit von insgesammt vier Jahren anzurechnen und ihre übrige Vorbereitungs- zeit im Sinne dieses Geseßzes durch Regulativ (§. 17) zu regeln. 8. 15a. In Betreff der Befähigung zur Bekleidung eines Land- rathsamts bleibt in Ansehung derjenigen Personen, welche bereits zur L des Inkrafttretens des gegenwärtigen Geseßes die Stelle eines andraths fommissarish verwalten, das Regulativ über die Prüfung der Landrathsamts-Kandidaten vom 13. Mai 1838 (Gesez-Samml. S. 423) bis zum 1, Januar 1878 in Kraft. 8. 16a. Die Minister der Finanzen und des Jnnern find er- mächtigt, bis zum 1. Januar 1880 die Stellen, zu deren Erlangung die Befähigung für den höheren Verwaltungsdienst erforderlich ift, solhen Personen zu übertragen, welche die Befähigung zum höheren Justizdienste erlangt haben. : & 16þ. Die Minister der Finanzen und des Innern find er- mächtigt, bis zum 1. Januar 1879 Gerichtsreferendarien zum Vor- bereitungsdieust bei den Verwaltungsbehörden (§. 3) zuzulassen, au wenn dieselben den Nachweis des nah diesem Geseße erforderlichen Studiums der Staatswissenschaften zu führen nicht vermögen. Der Minister der Finanzen und des Innern sind ferner ermäch- tigt, solhe Personen zur Ablegung der zweiten Prüfung für den höheren Verwaltungsdienst zuzulassen, welche die erste juristische Prü- fung abgelegt und als Landräthe, Kreis- oder Amtshauptmänner, Ober-Amtmänner in den hohenzollerns{hen Landen, Amtmänner in der Provinz Hessen-Nassau, Hardes- oder Kirchspielsvoigte in der Pro- vinz Schleswig-Holstein, städtishe Bürgermeifter, Beigeordnete oder Magistratsmitglieder, mindestens einen fünfjährigen Zeitraum hin- durch fungirt haben und bereits zur Zeit der Verkündigung des gegen- wärtigen Ge!eßzes als sclche angestellt gewesen sind. / 8. 17. Die näheren Beß immungen über die hinsichtlih des Uni- versitätsstudiums zu stellenden Anforderungen, über die Zusammen- segung der Kommissionen für die erste Prüfung (§. 2), und die zweite Prüfung für den höheren Verwaltungsdienst (Z. 3), so wie Über die wiederholte Zulassung zu diesen Prüfungen und über die Vertheilung der Beschäftigungszeit bei den Verwaltungsbehörden werden von dem Staats-Ministerium die näheren Bestimmungen über die zweite Prü- fung für den hôheren Jufiizdienst (§. 2c.), über die wiederholte Zu- lassung zu derselben, so wie Über die Vorbereitung im praktischen Justizdienste von dem Justiz-Minister in einem Regulativ festgeseßt. & 19a. Dieses Geseß tritt mit dem Tage seiner Verkündigung in Kraft. Alle den Vorschriften desselben entgegenstehenden Bestimmungen, insbesondere die Regulative übec die Befähigung zu den höheren Aemtern der Verwaltung vom 14. Februar 1576 (Geseß-Samml. S. 199), und über die Prüfung der Landrathsamts-Kandidaten vom 13. Mai 1838, lebteres Regulativ vorbehaltlich der Bestimmung des 8, 15 a, sowie die §8. 1—5 und 14 des Geseßes über die juristischen Prüfungen und Vorbereitung zum höheren Justizdienste vom 6. Mai 1869 werden aufgehoben, Urkundlich 2c. Schluß 4 Uhr.

Numäuien. An demselben Tage, an welchem das Mini- sterium Florescu dem Abgeordnetenhause anzeigte, daß es seine Demission eingereiht habe, legte es dem Hause noch den Geseß- entwurf bezüglih einer Handelskonvention mit Rußland vor. Aus den Motiven, welche diesen Entwurf erläutern, theilt die „A. Allg. Ztg.“ folgenden Passus mit, welcher die gegenwärtige Stellung Rumäniens zur Pforte und zu den europäischen Mächten beleuchtet. j : : : „Durch die Handels- und Schiffahrtskonvention, heißt es daselbst, welche die Regierung Sr. Hoheit des Fürsten, unseres erhabenen Souveräns, heute die Ehre hat, den geseßgebenden Körpern vorzu- legen, hat eine der größten Mächte Europas, eine der Mächte, welche die Freiheiten Rumäniens, wie sie aus unseren eigenen Verträgen aus den Jahren 1391, 1511 und 1529 mit der Türkei resultiren, gewähr- leisten, aufs Neue und in feierlichster Weise das Recht des Landes anerkannt, direkt und auf dem Fuße vollständiger Gleichheit mit fremden Mächten Verträge zu machen. Es war natürlich, daß Rußland, welches seit dem Jahre 1829 durch den Art. 5 des Vertrages von Adrianopel an- erkannte, daß wir eine vollständige Handelsfreiheit besißen, eine der ersten Mächte war, welche uns die Ausübung des alten Rechtes, auf das wir uiemals verzichtet haben, erleichte-te. In der That, wenn wir seit dem 16. Jahrhundert keine Handelsverträge geschlossen, so haben wir dagegen politische Akte negoziirt und unterzeichnet, wie Ver- träge der Suprematie, der Allianz, des Friedens, des Krieges, der Gerichtsbarkeit und in späteren Zeiten Auslieferungs-, Schiffahrts-, Post- und andere Konventionen. Indem Rumänien sich auf sein mehrhundert- jähriges Recht beruft und auf die Unterstüßung der garantirenden Mächte zählt, konnte es und kann es Handelsbeziehungen mit anderen Mächten eingehen, wie ein vollständig autonomes Land, und hat nicht nöthig, die acta inter alios zu berüdsihtigen. Da die Fähigkeit Rumäniens, direkte Handelsverträge abzuschließen, feststeht, so hat daë Jynstrument der Uebereinkunft auch die Form erhalten, wie fie nah dem internationalen Reht gebräuchlich ist. Die Konvention, welche wir vorlegen, wurde verhandelt und geschlossen im Namen Sr. Majestät des Kaisers aller Reussen durch seinen zu diesem Zweck ernannten Bevoll- mächtigten, dessen Patent von Sr. Majestät unterzeihnet und von dem Fürsten Gortschakoff gegengezeihnet wurde. Dieses Patent ist in den Archiven unseres Ministeriums aufgehoben, im Austausch gegen das fürstlihe Patent, durch welches unser Souverän zu seinem Be- vollmächtigten den Herrn J. Balaceano ernannt hat. Die zwischen Ru- mänien und Rußland abgeschlossene Handelskonvention enthält die all- gemeinen Grundsäße, wie sie zwischen den verschiedenen Natiouen, in Allem was die Sicherheit und die Erleichterung de UONMLE ionen be- trifft, angenommen sind. Hinsichtlih der S )iffahrt besteht eine voll- kommene Reziprozität. Hinsichtlich des Handels kann eine vollständige Reziprozität nicht Plaß greifen wegen des Unterschiedes, der zwischen den Staaten in der Produktionskraft, in der Agr kultur, im Handel, in den Sitten 2c. besteht. In unserer Konvention mit Rußland besteht auch die gebräuchlice Klausel, daß die kontrahirenden Theile alle Vortheile der am meisten begünstigten anderen Nation genießen. Folglih bewilligen wir Rußland die Zugeständnisse, welche wir in der Konvention vom 22. Juni 187595 an Oesterreih-Ungarn gemacht haben. Die zwischen Rumänien und Rußland auf dem Fuße vollkommenster Gleichheit abgeschlossene Handelskonveätion wird, außer ihrer politi- \hen Wichtigkeit, noch die Entwicklung und Befestigung der Be- ziehungen zur Folge haben, welche zwischen den beiden Ländern bestehen.“

Schweden und Norwegen. Stockholm, 17. Mai. Der alia empfing heute Hrn. de Bounder de Mels- broeck in Audienz, welcher seine Kreditive in der Eigenschaft als Königlich belgisher Minister-Resident überreichte.

Die Königin, welche am 3. d. Mts. in Villa Elisée bei Lausanne eintraf, sollte, laut Mittheilungen vom 8. d. Mis. sich daselbst sechs Wochen aufhalten, falls der Gesundheitszustand Ihrer Majestät \sih bessere. Derselbe is jedoch ungefähr so, wie er bei der Abreise der hohen Patientin von Stocholm war, und die Bewegungen zu Fuß in der freien Luft haben noch nit

Abelin, welcher die Königin nah der Schweiz begleitete, ist nach Schweden zurückgekehrt und der früher getroffenen Bestimmung emäß von dem norwegischen Arzte, Leibmedicus Budde, abge- öft worden.

Dänemark. Kopenhagen, 19. Mai. Auf der Tages- ordnung des Folkethinges stand gestern die erste Lesung des Gesezentwurfes, betreffend außerordentlihe Veranstaltungen zur Beförderung des Vertheidigungswesens. Bojsen eröffnete die Debatte. Die Bedeutung des Ausfalles der Wahlbewegung sei, daß die dänischen Wähler ihren ernsthaften Willen gezeigt hätten, daß es jeßt zu einem Systemwehsel kommen müsse, der Ausficht gewähre den so lange geführten fruchtlosen Kampf beizulegen. Die Wähler hätten aber auch ausgesprochen, daß sie das billigten, was die Majorität gethan und in der Vertheidigungsangelegenheit angeboten habe, nämlich, daß man fehr bedeutende Summen bewilligen wolle, aber nicht auf der von der Regierung vorgeshlagenen Grundlage. Da es aber eine Möglichkeit gebe, eine neue Grundlage zu gewinnen, \o wolle er der Regierung Gelegenheit geben, zu zeigen, ob sie ge- neigt sei, die Verhandlungen auf einer anderen Grundlage

aufzunehmen. Er beantrage, die erste Lesung zu unter- brechen, und einen Aus\chuß von 15 Mitgliedern nieder- zusezen, mit der Aufgave, zu versuchen, mit der Re-

gierung, niht über die Details der Angelegenheit, sondern über die Gewinnung einer neuen Grundlage zu verhandeln. Der Conseils-Präsident beklagte, daß Bojsen dur die Stellung seines Antrages es der Regierung unmögbih gemacht, auf ver- schiedene Fragen zu antworten. Die Verwunderung darüber, daß die Regierung die Gesezentwürfe unverändert vor- gelegt habe, sei merkwürdig, Das Ziel der Verhandlungen müsse sein, auf welche Weise eine genügende, den Kräften des Landes entsprehende Vertheidigung erlangt werden könne, Die Regierung habe mit Bestimmtheit ausgesprochen, daß in dem Vorshlage der Majorität Punkte enthalten seien, welche sie für unvereinbar mit diesem Zwecke halte. Die Regierung habe es für ihre unabweisbare Pflicht angesehen, bevor sie eine fo wihtige Sache fallen lasse, eine Uebereinkunft zu versuchen. Auf einen Einwurf Bojsens antwortete der Konseil-Präsident \hließlih, daß Niemand geneigter sein könne als die jeßige Re- gierung für diejenigen den Play zu räumen, welche besser als sie dies durchzuführen im Stande sein würden, was na threr Ant in Der Verthcidigungsangelegenheit nothwendig sei. Bei der Abstimmung wurde Bojsens An- trag in namentliher Abstimmung mit 72 gegen 25 Stimmen angenommen. Der Gesezentwurf, betreffend die Versor- gung des Heeres mit den mangelnden Pferden und Wagen im Falle der Kriegsbereitshaft wurde ohne Debatte in erster Lesung an- genommen. Den Schluß der Sigzung bildete die erste Lesung des Geseßentwurfes, betreffend die Anschaffung von Feldgeschüßen für das Heer. Nah kurzer Verhandlung wurde der Uebergang des Geseßzentwurfes zur zweiten Lesung ohne Abstimmung an- genommen und derselbe auf Bergs Antrag dem Befestigungs- aus\husse überwiesen.

Amerika. Aus Washington wird unterm 17. d. per Kabel gemeldet: Der Konflikt zwischen den Weißen und Negern in West-Feliciana bildete den Gegenstand der Besprehung in der gesirigen Cabinetsberathung. Es wurde beschlossen, wenn noth- wendig, Militär dahin zu beordern, um weitere Gemwmaltthaten zu verhindern. Der Kaiser von Brasilien hat fich nah Kentucky begeben, um die Mammoth-Höhle daselbst zu besuchen. Auf dem Wege dahin is er in St. Louis angekommen. .

Chili. Nah Berichten der „A. A. C.“ aus Valparaiso vom 23. März hat die konservative Partei sih- für de Opposi- tionskandidaten zur Präsidentschaft, Señor Viouna Mackenna erklärt. Leßtgenannter wurde auf dem Wege zu einer Ver- sammlung in Angola dur einen Steinwurf verleßt, der Atten- täter jedoch verhaftet und vor Gericht gestellt. :

eru. Aus Callao liegen der „A. A. C.“ bis zum

14, April reichende Nachrichten vor. Don José de Canevaro, der Kandidat für die zweite Vize-Präsidentschaft von Peru, hat sih nah Europa begeben. Der „Rum Mur“ meldet, daß der Kongreß in Gemäßheit der Verfassung im Juli die Wahlen annulliren und Manuel Prado zum provisorischen Präsidenten auf zwei Iahre erklären werde. Der Kongreß kann dann eine neue Wahl anordnen, worauf Señor Prado geseßlih zum Kan- didaten für den herkömmlihen Termin von 4 Jahren aufgestellt werden darf, wodurh ihm eine zehnjährige Herrschaft ertheilt würde.

Asien. Iapan. Yedo, 25. März. Die hiesigen amt- lien Blätter publizirten heute den Wortlaut des neuerdings zwishen Japan und Korea abgeschlossenen Freund- \chaftsvertrages. Derselbe lautet in deutscher Uebersezung wie folg: :

ALEUNd) Mao errra0s_ :

Obwohl früher das japanishe und das foreanische Reich Jahre lang in freundschaftlihem Verkehr ftanden, ist jeßt das Verhältniß der beiden Länder zu einander nicht vollständig befriedigend. Im Hinblicke darauf und von dem Wunsche geleitet, die ehemaligen freundschaftlichen Beziehungen wieder herzustellen und noch fester zu machen, hat die japanische Regierung ernannt zu ihrem außerordentlichen Botschafter: den General - Lieutenant, Staatsrath und Kolonial-Minister Kuroda Kiyotaka; und zu ihrem außerordentlichen Vize-Botschafter: den Senator Jaouye Kaoru, welche in der koreanischen Stadt Koka eingetroffen find. E

Die koreanishe Regierung hat zu ihren Bevollmächtigten ere nannt: den Han chiu su L (Minister des Königlichen Hauses ?) Shiaken, und den Toso fu fuku sokan (Vize-Gouverneur ?) Injisho.

Die Bevollmächtigten der beiden Reiche find den ihnen ertheil- ten hohen Weisungen gemäß über die folgenden Vertragsartikel über-

ingekommen: 4

As Art. 1. Korea ist ein selbständiger Staat und genießt als solcher dieselben Rechte wie Japan. In Zukunft sollen daher die beiden Reiche, welche mit einander in freunèschaftlihe Beziehungen zu treten wünschen, auf gaßßz demselben Fuße zu einander stehen und im gegen- seitigen Verkehr durchaus nicht gering geschäßt oder verdächtigt werden.

Alle Bestimmungen, welche bisher dem freundschaftlichen Verkehr im Wege standen, follen aufgehoben werden, damit zwischen den beiden Ländern Frieden und Wohlwollen für ewige Zeiten beftehe.

Art. 2. Die japanische Regierung soll das Recht haben, nah

Verlauf von 15 Monaten, vom heutigen Tage an gerechnet , nach Belieben einen Gesandten zu ernennen, welcher in der Hauptstadt von Korea persönlich mit dem Rei so hansho (Ceremonienmeister ?) ver- handeln und über Angelegenheiten des gegenseitigen Verkehrs berathen soll. Der Gesandte soll entweder in Korea residiren oder au sofort (nah Beendigung seiner Obliegenheiten) nach Japan zurückehren rfen. : / is Bie foreanische Regierung soll das Recht haben, zu jeder belie- bigen Zeit einen Vertreter zu entsenden, welcher in Tokio mit dem Minister der Auzwärtigen Angelegenheiten persönlih verhandeln und über Angelegenheiten des gegenseitigen Verkehrs berathen soll. Dem- selben soll es frei stehen, entweder in Japan zu residiren oder sofort nah Korea zurückzukehren.

traut sind. 8 14d, Die Minister der Finanzen und des Innern sind er-

vorgenommen werden können. Der \chwedis{he Arzt, Professor

Art. 3. Alle amtlichen Mittheilungen der japan ischen Regierung