1876 / 122 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 24 May 1876 18:00:01 GMT) scan diff

vom 1. Januar bis

Staatshaushalts-États für das Vierteljahr dem vom Abg, Dr.

31. März 1877 tefinitiv angenommen, mi Wehrenpfennig beantragten Zusay zu S 1

„den kom!nanalen und allen sonstigen nichtstaatlichen Verwals tungen bleibt überlassen, au für ihren Haushalt das veränderte Etatsjahr anzunehmen und die gegenwärtig für die Aufstellung für die Rechnungslegung bestehenden Termine Alle dem eutgegenstehenden geseßlichen

ihres Etats, sowie entsprechend abzuändern. Bestimmungen werden hierdurch aufgeboben.“

Der Hauptetat mit sämmtlichen Nebenetats wurde auf An-

trag des Abg. Windthorst (Bielefeld) en bloc angenommen.

In dritter Berathung wurden ferner unverändert nach den Beschlüssen zweiter Lesung definitiv genehmigt die Gesegzent- würfe, betreffend die Besteuerung des Gewerbebetriebes im Umherziehen und die Umzugskosten der Staats- Es folgte dic dritte Berathung des Geseßentwurfs, betreffend die Be'ähigung fürdenhöheren Verwaltungs- In der Generaldebatte erklärten fich gegen das Geseh

beamten.

Dien f. die Abgg. Frhr. v. Manteuffel und Dr. v. Gerlah. Nach einer längeren Debatte, an welcher sich die Abgg. Köhler" (Göttingen), Dr. Naffflœ und der Regierungskommissar Geh. Regierungs- Rath Herrfurth betheiligten, wurden die §8. 1 und 2 unverändert nah

den Beschlüssen zweiter Lesung genehmigt, ebenso §8. 3. §. 4

wurde auf Antrag des Abg. Zelle folgendermaßen gefaßt : „Wer durch ein Zeugniß der Gerichtsbehörde die erfolate vor-

\criftsmäßige Vorbereitung während des, mindestens zweijährigen

Dienstes bei den Gerichtsbehörden nachweist,

Zu 8. 5 wurde ein Amendement des Abg. Köhler (Göôt- tingen) angenommen, nach welhem der Déeramtmann in den Hohenzollernschen Landen dem Landrath in Preußen gleih steht. Die übrigen Paragraphen wurden mit wenigen vinwesentlichen redaktionellen Modifikationen genehmigt, und demnächst der Geseyzentwurf im Ganzen angenommen. Beim Schluß des Blattes ging das Haus zur zweiten Berathung des Entwurfs eines Gesehes wegen Ergänzung der Verordnung vom 13. Mai 1867, betreffend die Ablösung der Servituten, die Theilung der Gemeinheiten und die Zusammenlegung der Grundstücke für das vormali ¡e Kurfürstenthum Hessen über.

Aus Hayti liegen weitere Nachrichten vor, wona das Bombardement von Iacmel dur die blokirenden haytianischen Kriegs\chiffe, verbunden mit einem Angriffe auf die Stadt von der Landseite her, am 5. April zur Ausführung gekommen ist. Der Angriff wurde jedoch zurückgeshlagen, und die nur kurze Beit andauernde Beschießung hat keinen Schaden angerichtet.

Die den fremden Konsuln für den am 5. April! vor Jacmel anlangenden „Royal-Mail-Steamer“ früher zugesagte Erlaubniß, fremde Passagiere an Bord zu nehmen, war inzwischen von dem haytianishen Admiral wicder zurückgenommen worden.

S. M. Schiff „Victoria“, welhes JIacmel am 9. April verließ, hat indeß auf Ansuchen des Kaiserlihen Konsulats- verwesers etwa 30 Personen, welche der unsicheren Zustände halber Hayti verlassen wollten, Ueberfahrt nah St. Thomas gewährt.

Die Blokade von Jacmel (vergl. amtl. Theil) wurde am 16. April in der Weise aufgehoben, daß der Kommandant der beiden haytianishen Kriegs\chiffe, Admiral Déjoie, sich der Re- volutionspartei anshloß. Ein Gleiches that der Ober - Befehls- haber der Regierungstruppen, Gengzal Dufour.

In Jacmel herrschte vollständige Ruhe und Ordnung. Der vor einiger Zeit von der nunmehr gestürzten Regierung erhöhte Zolltarif ift für ungültig erklärt worden und die bisherigen Zoll“ äte sind wieder in Kraft getreten.

Dex Magistrat hatte, wie die „Nat.-Ztg.“ mittheilt, in einer Immediatvorftellung auszuführen gesuht, daß das König- lihe Bestätigungsrecht gegenüber einer jeden Abänderung des Berliner Bebauungsplanes niht als ein Aft der Staatshoheit im Sinne des Art. 44 der preußishen Verfassungs- urkunde aufzufassen sei, und hieraus die Berehtigung abgeleitet, die Bestätigung in jedem Einzelfalle mit Umgehung der landes- polizeilihen Kommunal-Aufsichtsinstanz sowie der Centralstelle unmittclbar von der Allerhöchsten Person zu erbitten. Auf diese Immediatvorstellung is jeßt, wie dasselbe Blatt mittheiut, ein ablehnender Bescheid ergangen. Der Königliche Erlaß ift an den e S gerihtet, von diesem gegengezeihnet und hat olgenden Wortlaut:

„Auf Jhren Bericht vom 27. April d. J. erkläre Ih Mich damit damit einverstanden, daß die nah §, 10 des Gescßes vom 2. Juli 1875, betreffend die Anlegung und Veränderung von Straßen und Pläßen in Städten und ländlichen Ortschaften, Mir vorbehaltene Ge- nehmigung der Festseßung neuer oder Abänderung schon bestehender Bebauungspläne in den Städten Berlin, Potsdam, Charlottenburg und dereu nächster Umgebung unter Gegenzeichnung des Refssort-Mi- nisters zu erfolgen hat.

Ich beauftrage Sie, den Magistrat zu Berlin auf seine nebst Anlagen wieder angeschlofsene Jmmediatvorstelung vom 15. April d. I., über deren Anfrage, betreffend die Anlegung zweier neuer Straßen zu Berlin, Jh Ihrem ferneren Berichte entgegenusehe, ent- sprechend Zu bescheiden und wegen Regelung des Geschäftsganges, in welchem die auf Grund des §. 10 des angeführten Geseßes Mir ein-

Zureichenden Anträge Ihnen vorzulegen sind, das Weitere zu veranlassen, Wiesbaden, den 3, Mai 1876, i 5 i Wilhelm.“

Der Artikel 111. im Gesche vom 16. Juni 1875, betref- Fend einige Abänderungen der Vorschriften für die Veran- lagung der Klassensteuer, enthält die Bestimmung :

„Wenn ein Steuerpflihtiger nah geschehener Veranlagung von dem Verlufte einer Einnahmequelle oder von außergewöhn- lien Unglücksfällen betroffen und dadurch in seinem Nah- rungsstande zurüdfgesegt wird, so kann die Bezirksregierung (Finanzdirektion) auf Vorschlag der Einshäßzungskommission die Steuer zu einem verhältnißmäßigen Betrage erlassen.“

In der zur Ausführung des erwähnten Geseßes ergangenen Cirkularverfügung des Finanz-Ministers vom 21. Juni v. Is. ist bemerkt, daß ein solher Erlaß in den Fällen, wo derselbe für zulässig erachtet werde, immer erst vom Beginne des auf denjenigen Monat folgenden Monats ab zu bewilligen sei, in welhem der Ermäßigungsantrag eingereicht worden ist. Mit Rückficht auf die inzwischen gemahten Erfahrungen, wona in häufig vorkommenden Fällen Klassensteuerpflichtige an der so- fortigen Einreihung der bezüglihen Anträge dur Umstände, welche Berücksichtigung verdienen, behindert und deshalb Aus- nahmen von der vorerwähnten Bestimmung erforderli geworden find, hat der Finanz-Minister durch Cirkularverfügung vom 11. v. M. beftimmt, daß der verhälcnißmäßige Erlaß an der zu entrihtenden Klassensteuer, sofern den gesezlihen Vorausseßungen vollftändig genügt ist, fortan vom Beginne desjenigen Monats ab gewährt werden darf, welher dem Monate folgt, in welhem der die Bewilligung begründende Verluft einer Einnahmegzuelle oder

„Außergewöhnlihe Unglücksfall erwiesenermaßen eingetreten ift.

Der Handels - Minister hat die Ober - Bergämter Veauf- ixagt, am Schluß eines jeden Vierteljahres über die Lage 1nd

favge fi ausländishe Bewerber bei den inländishen Submis- FKonen von groben Eisenbahnartikeln, Baukonstruktionseisen und dergleichen mit Erfolg betheiligt haben. Nachdem die König- lichen Cisenbahn-Direktionen demgemäß bereits vor einiger Zeit angewiesen worden, dem bezüglichen Ober - Bergamte die hierzu erforderlihen Notizen bezüglih ihrer Verwaltung regelmäßig ohne Aufforderung rechtzeitig zugehen zu lassen, find nunmehr au die Königlichen Bezirksregierungen, Landdrosteien, Strom- bauverwaltungen 2c. wegen der in ihren Bezirken etwa vor- kommenden Bauten von Brücken, Dampfbaggern, Sthlepp- dampfböten 2c. mit gleiher Anweisung versehen worden.

Der Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten hat in einem Speziallfall die Frage, ob jüdishe Hausväter Mit- glieder eines Shulvorstandes sein können, bejaht. Db der Ministerialerlaß vom 21. November 1871, welcher den Grund- faß ausspricht, daß ein Jude zwar Mitglied der städtischen Schul- deputation, nicht aber Mitglied des Vorstandes einer hriftlihen Schule sein könne, nach Lage der damaligen Geseugebung, insbesondere auch für den Geltungsbereih der Shulordnung vom 11. Dezember 1845 ausreichend begründet sei, möge dahin gestellt bleiten. Aus den Bestimmungen des inzwischen er- gangenen Geseges über die Shulaufficht vom 11. März 1872 in Verbindung mit dem Bundesgeseße vom 3. Juli 1869 folge, daß die jüdishen Mitglieder der Schulgemeinde allein ihres Glaubensbekenntnisses wegen von der Mitgliedschaft im Schul» vorftande nicht mehr ausgeschlossen werden können.

Der Wirkliche Geheime Rath von Philipsborn hat fih auf einige Tage nah Schlefien begeben.

Posen, 23. Mai. Heute wurde hierselbst| das 50 jährige Dienstjubiläum des kommandirenden Generals des V. Armee- Corps, Hugo Ewald von Kirchbach, gefeiert, Bereits am Abend vorher war dem Iubilar zur Vorfeier ein Ständchen von zwei Sängerchören gebraht worden, an das fich eine Abend- musik der Militärkapellen der Garnison und ein großer Zapfen- streich \{chloß. Heute fand nach einem Morgenständchen von 9 Uhr ab der Empfang der Herren vom Militär, darunter eine Deputation des 3. Magd. Inf. Regt. Nr. 66, dessen Chef General v. Kirhbach if, und von 10 Uhr ab der Empfang der Civilbehörden statt. Folgende Ehrengeshenke wurden dem General zu Theil: Von Sr. Majeftät dem Kaiser und König eine Büste Defselben in fkarrar.\{em Marmor; von Sr. Kaiserlihen und Königlichen Hoheit dem Kronprinzen ein Brustbild Desselben in Lebensgröße von Pfründner; von der Familie des Iubilars cin Bruftbild des Kaisers in Lebensgröße von Heyden. Das Offiziers-Corps des 46. Regiments überreichte einen Ehrendegen. Das V. Armee-Corps hat dem Jubilar eine filberne Säule verehrt. Unter den Civilbehörden befanden sich die Ver= treter Posens, welche dem General den Chrenbürgerbrief der Stadt überreihten. Kurz vor 12 Uhr stand das Infanterie-Regiment Nr. 46 auf dem Wilhelmsplaße in Compagniefront-Kolonnen, Front nah dem Gouvernementsgebäude, zur Parade bereit. Auf der entgegengeseßten Seite des Plaßes standen die Dffiziere der hiesigen Garnison. Um 12 Uhr erschien der kommandirende General vou Kirchbah. Die Truppen präsentirten, der General ritt, das Regiment besihtigend, die Front entlang, gefolgt von einer glänzenden Suite, in ihr die Ober-Präsidenten von Posen und Sqlesien, Günther und Graf Arnim - Boygzenburg, die Generalität, die Spigen der Behörden und die Ad- jutanten. Es begann sodann der Vorbeimarsh in Zügen. Um 3 Uhr Nahmittags fand das Festessen stati, dem auch ein Vertreter des Königs von Sachsen, welcher als früherer Inspec- teur des V. und VI, Corps dem General seine Glückwünsche in einem besonderen Schreiben ausgedrückt hatte, beiwohnte; an demselben nahmen etwa 300 Feftgenossen Theil.

Hugo Ewald von Kirchbach, am 23. Mai 1809 zu Neu- markt in Schlesien geboren und im Kadetten-Corps erzogen, wurde am 5. April 1826 als Portepee-Fähnrih im 26. In- fanterie-Regiment Angestellt. Am 29. März 1827 zum Secondes ' Lieutenant ernannt, bezog derselbe vom 1. Dftober 1831 bis 1. Juli 1834 die Allgemeine Kriegs\{hule, wurde am 20. Juni 1840 Premier-Lieutenant, am 22. März 1845 Hauptmann, am 28. Dezember 1850 Major und als solher im September 1851 in den Generalstab verseßt und vom 1, September 1855 bis 1. Juni 1858 als Lehrer an die Allgemeine Kriegsschule kommandirt. Am 15. Oktober 1856 zum Oberst-Lieutenant be- fördert, wurde er im Dezember desselben Jahres als Abtheilungs- Chef in den Großen Generalstab verseßt und im De- zember 1857 zum Chef des Generalstabes des Garde- Corps ernannt, in welcher Stellung er zuglei“ als Mitglied der Studien - Kommission der Allgemeinen Kriegsschule fungirte. Im Juni 1858 trat von K. vom Garde Corps als Chef zum Generalstabe des 3. Armee-Corps über, wurde am 31. Mai 1859 zum ‘Obersten befördert und am 13. Oktober desselben Jahres zum Commandeux des 36. Infanterie-Regi- ments ernannt. Nahdem von K. bei der Reorganisation der Armee 1860 als Führer zum neuformirten 26. kombinirten Infanterie- Regiment kommandirt worden, wurde er am 1. Juni desselben Jahres zum Commandeur dieses Regi- ments, das den Namen: „3. Magdeburgisches Infanterie-Regi- ment Nr. 66" erhielt, ernannt. Am 26. Januar 1863 zum Com- mandeur der 19, Infanterie-Brigade befördert, avancirte von & am 17. März desselben Jahres zum General-Major und be- seßte 1864 die östlihe Grenze. In dem Kriege von 1864 wurde von K. auf kurze Zeit als Führer der mobilen 21. Infanterie- Brigade kommandirt und bereits im Mai 1865 zum Führer der 10. Division ernannt. Nachdem er am 4. Januar 1866 das Kommando dieser Div-fion defiaitiv erhalten und am 8. Juni desselben Jahres zum General-Lieutenant befördert worden war, wurde er auch in dem Feldzuge von 1866 zum Commandeur der 10. Infanterie-Divifion ernannt und focht bei Nachod, Skaliß und Schhweinschädel und in der Schlaht bei König- gräß, für die er den Orden pour le mérite - erhielt. Bei Ausbruch des deutsh-französishen Krieges wurde von K. am 18, Juli 1870 für die Dauer des mobilen Verhältnisses zum kommandirenden General des V. Armee - Corps ernannt. Die Siege von Weißenburg und Wörth find an seinen Namen geknüpft, wie er sich auch bei Sedan und vor Paris rühmlichst auszeihnete. Für diesen Feldzug erhielt von K. das Eiserne Kreuz 1. und 2. Klasse, das Eichenlaub zum Orden pour ‘le mérite, den russishen Georgen - Orden 3. Klasse 2c. Am 16. Mai 1871 wurde von K. als kommandirender General des V, Armee - Corps bestätigt, beim Einzug des Garde- Corps in Berlin am 16. Juni 1871 zum Chef des 1. Nieder- \{chlefishen Jnfanterie- Regiments Nr. 46, das unter seinem Kommando 1866, 1870 und 1871 gefohten hatte und in Posen garnisonirte, ernannt, und erhielt am 2. März 1872 auf Grund des Reichsgesezes vom 22. Juni 1871 eine Dotatior, Der Hohe

Ectwickelung der Eisenindustrie ihres Bezirks, insbesonder au darüber zu berihten, in welhee Art und in welchem Um- 4

Bayern. München, 22. Mai. Im Aus\chuß für den Iörg\hen Wahlgeseßentwurf gelangte heute die Wahl- kreis-Eintheilung zur Berathung; es konnte jedoch, troß einer vierstündigen Debatte, eine Verftändigung nicht erzielt werden ein Ergebniß, das, wie die „Allg. Ztg* bemerkt, bei den ob- woltenden Parteiverhältnissen eben nit überraschen darf. In- dessen soll man die Hoffnung, daß s{ließlich eine Verständigung doch noch in der Kammer erzielt werden könne, noch nicht ganz aufgeben.

Dur Verfassungsgesey vom Jahre 1834 if die Civilliste eines jeden Königs von Bayern für alle Zukunft auf 2,350,580 F. festgeseßt worden. Daß nun in das neue Budget dieser Betrag bei seiner Umrehnung in Reihswährung, analog den Gehaten der Beamten, in dem Verhältniß von 1 Fl. =1 M 80 9, d. h. mit einer fünfprozentigen Erhöô- hung einzusegen sei, darüber bestand allseits, zwischen Regierung und den beiden Fraktionen dec Kammer von jeher Uebereinstimmung. Aber über die Form dieser Bewilligung ob wieder als Verfassungsgeseh und ob wieder als „permanente“ Civilliste hatten fih Differenzen er- geben, die aber, wie man dem „Schw. M.* \{hreibt, jezt in ver- traulihen Verhandlungen vollkommen ausgeglichen sind. Der Etat des Königlichen Hauses wird, wie herkömmlih, ohne alle Diskussion und einstimmig, diesmal unter Beobachtung der bei Vexrfassungsänderungen vorgeschriebenen Formen ge- nehmigt, und die Civilliste (von nun an 4,231,044 t), und die Apanagen der Prinzen mit der gedachten Erhöhung eingeseßt werden, Auch über die voraussiht- lihe Dauer des Landtags haben das Direktorium der Kammer und die Vorstände der beiden Fraktionen eine vertrau- lihe Berathung gepflogen, in welcher fesigestellt wurde, daß es nicht möglih fein werde, die noch zu erledigenden Geschäfte vor dem 30. Juni (bis dahin find noch 42 Tage, wovon 11 kirh- liche Feiertage) zu vollbringen,. Wenn man hinzurechnet, daß dann erst die Kammer der Reichsräthe noch das Budget zu ge- nehmigen hat, so wird der Landtagsabschied niht vor Mitte Juli erfolgen können.

Sachsen. Dresden, 22. Mai. Die Zweite Kammer trat heut faft sämmtlihen von der Ersten Kammer zu dem Rechenschaftsberichte über die Finanzperiode 1872/73 gefaßten Beschlüssen bei. Der vom Abg. Starke (Mittweida) zu §. 48 des Gesetzentwurfs über die höheren Unterrichtsanstalten ge- stellte Antrag, dahin gehend: die Königliche Staatsregierung zu ersuchen, bei dem Bundesrathe dahin zu wirken, daß Verfügung erlassen werde, wonach das Reife- zeugniß der Realschulen I. Ordnung zum Studinm der Medizin be- rechtiat und bei Erlangung der ärztlichen Approbation (f §. 29 der Gewerbeorduung für den Norddeutsh-n Bund) dem Gymnasial- zeugniß der Reife gleich zu erachten ift ;

bezüglih dessen sich in der lezten Sißung Stimmengleichheit

ergeben hatte, wurde heute mit 31 gegen 20 Stimmen ange-

nommen.

Beide Kammern hielten heute Sißungen ab, in welchen ein Königliches Dekret zur Verlesung gelangte, durch welches der Schluß des gegenwärtigen Landtags für Mitte Juni ange- fündigt wird.

Die Erste Kammer berieth den Etat des Ministeriums

des -Innern und bewilligte die einzelnen Poftulate in der Haupt- sahe in Uebereinstimmung mit den Beschlüssen der Zweiten Kammer. Abgelehnt wurde u. A. der Antrag der Zweiten Kammer, der Staatsregierung zur Erwägung zu geben, ob die amtshauptmannschaftlichen Delegationen aufgehoben werden sollen, ebenso nah einiger Debatte das Postulat von 5200 M. zur Begründung einer mit dem pathologisch - chemischen Laboratorium an der Universität in Leipzig zu verbindenden Anstalt zur Untersuhung von Trinkwässerk und zur Vornahme anderer sanitätspolizeiliher Untersuchungen. Die Zweite Kammer nahm in ihrer heute abgehaltenen Sißung den Gesezentwurf, die Schonzeit der Rebhühner be- treffend, einstimmig an, trat sodann den im Vereinigungsver- fahren über das Königliche Dekret, die Verhältnisse der Civil-Staats- diener betreffend, gefaßten Beschlüssen bei, beschloß ferner nah längerer Debatte, den Antrag des Abg. Stauß , die Errichtung von Seminaren betreffend, der Königlihen Staatsregierung zur Kenntnißnahme zu überweisen, und verwies \{ließlich das König- lihe Dekret, den Ankauf der \sächsish-thüringishen Eisenbahn durh den Staat beireffend, an die Finanzdeputation.

Hessen. Darmstadt, 21. Mai. Die „Main-Ztg.“ be- rihtet: „Die gemeinschaftliche Berathung der Finanzaus- \chüs\se beider Kammern war ras erledigt. In zwei Sißungen war das ganze Budget durhberathen. Nah nohmaliger Be- rathung des Ausschusses der Zweiten Kammer beginnt sofort der Druck, Selbstverständlih is eine Prorogation des Finanz- gesehes niht zu umgehen. sh auf die neuen Steuergeseze noch nicht erstreckt. Doch ver- nimmt man, daß der Finanzaus\{huß Erster Kammer denselben nicht gewogeù ist. Es darf auch nicht unberückfihtigt bleiben, daß der Finanzausshuß Erster Kammer noch weitere sehr be- deutende Abstreihungen im Ausgabebudget angeregt hat, so daß eine Erhöhung der Steuern nicht geboten erscheinen wird.“ Der Zusammentritt der Zweiten Kammer is dem, „Frkf. J.“ zufolge, auf den 12. Juni verschoben.

Anhalt. Dessau, 22. Mai. fährt heute zum ersten Mal aus. Der Erbprinz steht eine Stunde auf. Leider hat aber Prinz Friedrich einen zur Zeit niht gefahrdrohenden Rückfall mit erhöhtem Fieber.

(St, A) Die Herzogin

Oesterreih-Ungaru. Wien, 22. Mai. Dem „Prg. Abbltt," wird von hier geschrieben: Die Anf prache des Kaisers an die Delegationen im Vereine mit den Erklä- rungen, die der Minister des Aeußern Graf Andrassy im Budgetaus\husse der österreihishen Delegation abgab, haben allgemein den besten Eindruck hervorgerufen, der fich in der in- wie ausländishen Presse wiederspiegelt. Zwar versuht man noch von Seite einiger hiefiger Organe mit dem Umstande Ka- pital für eine peffimiftishe Auffassung der Lage damit zu \chlagen, daß man auf die noch ausftehende Zustimu:ung Englands zu dem neuesten Schritte der Drei-Kaiser-Mächte in Konstantinopel verweist. Einer Reform-Aftion, welche der Kon- solidirung des status quo unter Verbefserung desselben zum Gegenstande hat, wird sih England so wenig entshlagen können, wie Frankreih und Italien. Auf dem Insurrekti ons\chzauplagze, namentlih in der Herzegowina, {eint nunmehr jener Waffen- ftilltand, dessen Herbeiführung die Mächte als ihre Aufgabe betrachten, wean auh nicht de jure, #o doch de facto eingetreten zu sein, wenigstens hört man seit einiger Zeit .nichts von neuen Gemezeln und

erste

Orden vom Schwarzen Adler wurde dem General von K, nah dem Königs-Manövex von 1875 verliehen.

dergleihen, Auch aus Belgrad liegen keine Alarmnachrihten vor, sowie auch gus Konstantinopel die Sensations-Telegramme

: aufgehört haben.

wie ein selbständiges Zollgebiet unter den gegenwärtigen Ver-

Frieden,

Die gemeinschaftlihe Berathung hat 9

Es find dies nicht zu untershägende Symptome, ] die auf ein Rückschreiten der Bewegung hindeuten. Ï _— Der Reichsrath wird, wie die „Montagsrevue“ hört, am 1. September wiederzusammentreten und dann auch die Ausgleichsgeseze, das Budget und eine Reihe von auf die Sa- nirung der Eisenbahnfragen bezüglihen Vorlagen zur vere fassungsmäßigen Behandlung erhalten. Die Regierung [egt großen Werth darauf, in der Winterperiode auch die umfassen- den judiziellen Gesezentwürfe (Strafgeseß und Civilprozeß) dure athen zu sehen. l n E Lu Comité der Pester Handelskammer erflärte \ich für den Ausgleih in der Bank- und in der Zollfrage. Gine selbständige Bank sei wohl wünschenswerth, aber ebenso

Der „Lloyd“ schreibt: Nah Nah- die Erklärungen der Rückkehr; 600 Fa-

ältnissen undurchführbar.

Alten aus Mosftar mehren sh Flüchtlinge zur freiwilligen i milien ous Popovopolje und 400 Famillien , welche nach Gabella und Ljubuschka zuständig find, haben si zur Rückkehr gemeldet. Die dalmatinischen Behörden haben sich sofort mit dem türkishen Kommissär und dem öfterreihisch-uns- garishen Konsul in Verbindung geseßt. Um die Rückehe der Flüchtlinge ohne Anstand zu ermöglichen, wurde bereits eine Aufnahmskommission nah Zarala entsendet. Die Schwierigkeiten liegen in den unzureichenden Vorkehrungen türkischerfeits und in den geringen militärishen Kräften, um die Rückehrenden gegen etwaige Unfälle zu \hühen. Uebrigens sind die christlihen Häuser in Popovopolje unversehrt und der Vichstand der Rü- fetrenden erhalten.

Lemberg, 22. Mai. Nach den Berihhten der polnischen Blätter hat der noch immer anhaltende Frost in Galizien den Saaten und Feldern einen unberehenbaren Schaden zugefügt. In einigen Bezirken sind die Ernte-Aussichten beinahe gänge lih vernichtet. Am meisten haben Hülsenfrüchte, Raps, Knollengewähse und Obstbäume gelitien.

Pest, 23. Mai. (W. T. B.) In der heutigen Sizung des Subcomités der ungarischen Delegation für das Budget der Auswärtigen Angelegenheiten gab Graf Andra}sy auf mehrere in Betreff der allgemeinen politischen Lage und namentlih in Bezug auf den Orient an ihn gerichtete Fragen ähnlihe Aufklärungen wie am Sonnabend in dem Aus- \husse der Reichsrathsdelegation und fügte dann weiter hinzu: Es würden von der österreihish-ungarischen Monarchie wie im vorigen Jahre, drei Ziele angestrebt, die Aufrechterhaltung des allge meinen europäischen Friedens, die Besänftigung der Insurrektion und die Pazifikation der vom Bürgerkriege heimgesucten Ge« biete, endli Maßnahmen gegen die Wiederkehr ähnlicher Ereig- nisse. Ohne das einhellige Auftreten der verbündeten Mächte, denen die übrigen Mächte fich willig angeschlossen hätten, würde heute die ganze Balkanhalbinsel in Flammen stechen. In Bezug auf die Pazifikation sei Manches erreiht worden und es würs- den z. B. die Rajahs ruhig und ohne Furt vor Bedrückung in ihre Heimath zurüctehren können, dieselben fürchteten aber Rache und Vergeltung wegen der von ihnen vor ihrer Flucht aus dem Lande an den Begs und deren Familien ver- übten strafbaren Thaten. Angesichts der neuesten Ereignisse sei die Nothwendigkeit herangetreten, Garantie-Modalitäten für die Pazifikation zu finden. Er sei gegen eine Dffupation gewesen, weil er die Erhaltung des Status quo, die Herbeiführung besserer Zustände und die Sicherung der benahbarten Gebiete anstrebe. Er habe für cine Okkupation au deshalb \ih nit entsheiden fönnen, weil man bei deren Aufhören genau wieder in derselben Lage, wie früher, sich befunden haben würde. An einen europäishen Kongreß habe man deshalb nicht denken können, weil, wenn die Doktoren einmal beisammen gewesen wären, sich leiht noch andere Kranke hätten melden können und weil ferner auf einem Kongresse aus ganz nebensählichen Gründen neue Gruppirungen hätten ent- stehen können, die nur zu Mißverftändnifsen, vielleicht auch zu Kollisionen geführt haben würden. Die Initiative zu den Berliner Konferenzen sei von Rußland ausgegangen, es \ei in Berlin angesichts des aktuellen Standes der Dinge eine voll- ständige Einigung erzielt und damit hoffentlih der europäische nah menshliher Berehnung, in dauernder Weise ge-

sichert worden. Das Subcomité ertheilte dem Grafen Andrassy

nach diesen Erklärungen einstimmig ein Vertrauensvotum.

Schweiz. Bern, 17. Mai. Sobald die vom Bundes- rath für Prüfung des Standes der Gotthardbahn-Ange- legenheit eingeschte Kommission ihren Bericht und ihre Ans träge, betreffend t:chnische, administrative und finanzielle Reorga- nisation des Unternehmens vorgelegt haben wird, wecden fh auch zwei Mitglieder des Bundesrathes na Göschenen und in den Kanton Tessin begeben, um an Ort und Stelle sfih von der Zweckmäßigkeit und Nothwendigkeit der Kommissionsvorshläge zu überzeugen. Die vom Bundesrath beschlossene Eintheilung Deutschlands in Konsularkreise ift folgende: 1) Hamburg, umfassend Hamburg, Schleswig-Holstein, Lübeck, Mecklenburg und Lauenburg; 2) Bremen, umfassend Bremen, Olden- burg, Hannover, Westfalen, Braunschweig, Lippe, Woldeck und Pyrmont; 3) Leipzig, umfassend das Königreih Sachsen, die sähsishen Herzogthümer, Schwarzburg und Reuß; 4) Berlin, umfassend die Provinzen Brandenburg, Sachsen, Posen, Súle- fien und Pommern; 5) Königsberg, umfafsend die Provinz Preußen; 6) Frankfurt a. M., umfassend die Rheinprovinz, Hessen-Nassau und das Großherzogthum Hessen; 7) München, umfassend das Königreih Bayern; 8) Stuttgart, umfassend das Königreih Württemberg, und 9) Karlsruhe oder Straßburg, um- fassung das Großherzogthum Baden, Elsaß-Lothringen und die Pfalz. Demnach hat der Bundesrath noch ses \ chweizerische Konsuln zu ernennen für Berlin, Königsberg, Frankfurt a. M., München, Stuttgart und Karlsruhe oder Straßburg. Bis jeßÿt beftelen in Deutschland nur drei \{chweizerische Konsulate, nämlich in Leipzig, Hamburg und Bremen. Auch für R ußland und Frankrei foll demnächst die Eintheilung in \{weizerische Konsularkreise erfolgen.

Der aus Genf ausgewiesene Bishof Mermillod hat die daselbst neugewählten altkatholishen Pfarrer Dardenne, Vis- meux und Gaspar in einem Hirtenbrief für Schismatiker und ihre Wahl für ungültig erklärt. Gleichwohl hat die Installation der beiden ersteren an der Notre-Dame-Kirche in Genf unter großer Theilnahme der katholischen Bevölkerung stattgefunden.

19, Mai. Der Große Rath des Kantons Bern hat mit großer Mehrheit den Artikel 1 des Gesehes über Auf- hebung der Kantonsshule nah den Anträgen der Regierung und der Kommisfion angenommen. Der Große Rath des Kantons Aargau beshloß nah längerer Debatte die Aufhebung der Frauenklöfter

gegen 47 Stimmen. Aus der Verwaltungskasse der Klöster wird jede Konventualin eine Pension von 600—1600 Fr. er- halten, welche vom Regierungsrath feftgeseßt wird. Am Tage der Vollziehung des bezüglichen Dekrets erhält jede das ganze erste Quartal ausgezahlt.

Niederlande. Der am 19. d. versiorbene Herr Groen van Prinfterer war einer der angesehenstes Staatsmänuer der Niederlande. Er war 1801 geboren und machte seine Studien auf der Univerfität von Leydex. 1836 ward er Staats- rath, und als es sich 1840 darum handelte, die Konstitution von 1815 zu revidiren, ward er zum außerordentlihen Mits gliede der Zweiten ‘Kammer ernannt und speziell mit der Res vision der Verfassung beauftragt. 1841 ward er Deputirter für Harderwyk uad vertrat später nacheinander den Haag, Ledyen und Arnheim. Er war ein nicht unebenbürtiger Gegner Thorbecke's und beständiger Bekämpfer der Fortschrittspartei.

Großbritaunien und Jrland. London, 22, Mai. Mit der amerikanishen Poft is der Wortlaut der Depesche des Staatss\ekretä: s Fish über den streitigen Auslieferungsfall des amerikanishen Fälshers Winslow und über die Prinzipiens frage, welhe der ganzen Angelegenheit zu Grunde liegt, einge- troffen.

e Das Parlament von Britisch Columbia ift, einer Kabeldepesche aus Victoria zufolge, nahdem es ein Tadelsvotum gegen die Regierung verworfen, prorogirt worden. 93, Mai. (W. T. B.) Im Unterhause erklärte der Kanzler der Schaßkammer, Northcote, auf eine Frage Cart- wrights, der Khedive habe an Rivers Wilson die Anfrage gerichtet, ob er den ihm in Aegypten angebotenen Posten an- nehme. Wilson habe erklärt, er werde die Stelle für ein Jahr übernehmen, fobald sein Urlaub von der englischen Regierung verlängert werde. Die englische Regierung habe Wilson wissen lassen, daß er die Stelle annehmen könne, wenn er auf sein Amt in England verzichte. Eine Antwort Wilsons hierauf fet noch nicht eingegangen, in aller KULze aber zu erwarten, (— Weiter machte der Unterstaats\ekretär im Departement des Auss- wärtigen, Bourke, die Mittheilung, daß mit dem Sultan von Zanzibar ein Vertrag zur Unterdrückung des Sklavenhandels im Innern des Landes abgeschlofsen worden sei.

Non dem Vertrage mit dem Sultan von Zanzibar, zur gänzlichen Unterdrückung des Sklavenhandels, giebt der Korrespondent der „Times“ folgende Einzelheiten: Karavanen zum Kauf von Sklaven und zur Sklavenjagd im Innern des Landes sind verboten, die Routen für den Sklavenhandel auf- gehoben. Sklavenschiffe, die an die Küste kommen, und Sklaven- faravanen, die aus dem Innern kommen, werden ausgegrissen, die Sklavenhändler mit Gefängniß bestraft werden.

—(W.D B) Wie Oer „Standard“ erfährt, hat das in Dover liegende Kanalgeschwader, welches nach Madeira gehen follte, Contreordre erhalten, und if zugleih an- gewiesen worden, fih bereit zu halten, um erforderlichen Falls zu dem Mittelmeerges{chwader abzugehen.

Frankrei. Paris, 22. Mai. Gestern haben in drei- zehn Arrondissements Neuwahlen stattgefunden und sind die-

und ihren Vorsißzenden Consforti zum ernannt. Sie \chlägt vor, das Wahl recht auf alle Diejenigen auszudehnen, welche nachweisen können, den vierjährigen Kursus der Elementarshule durhge- macht zu haben, jährlih 20 Lire Steuern zu bezahlen, und im Allgemeinen auf Alle, welche in die Geshworenenlisten eingetra- en sind. Die Höhe der Hausmiethe, welche bisher zur Wahl Bercadaie soll auf die Hälfte herabgeseÿt werden, und die Aus- welche bisher für Turin, Mailand und Genua festgestellt, aber außer Anwendung gekommen waren, weg- fallen. Abgesehen von den 20 Lire, für welhe eine Minorität 25 Lire vorshlägt, herrschte Einstimmigkeit in der Kommission. Was die Abstimmung nah Listen (Provinzen) betrifft, fo will der „Piccolo“ in Neapel aus Rom erfahren ha- ben, daß fich der Minister des Innern dagegen erklärt habe. Die Kommission hat für gut befunden, sih mit dieser Frage gar nicht zu beschäftigen und ebensowenig hat sie neue Bestimmun- gen über die Nichtwahlfähigkeit getroffen, abgesehen davon, daß sie alle Fälscher für nicht wahlfähig erklärt, auch wenn fie nur vom Zuchtpolizeigericht verurtheilt worden find.

Die Abtheilungen der Deputirtenkammer be- \chäftigten fich in diesen Tagen mit den die Ministerver- antwortlihkeit und parlamentarische Unverträglich- keiten (Incomptabilità) betreffenden Vorlagen Minervini's. Zum Theil, weil die Regierung eine die Ministerverant- wortlihkeit betreffende Vorlage zu machen versprochen hat, an- derntheils weil der von Minervini eingebrachte Gesezentwurf vielen Abgeordneten niht zweckdienlih erschien, lehnten sie einige Ab- theilungen ganz ab, beschlossen andere niht in die Berathung der Artikel einzutreten und beauftragten noch andere ißre Kom- miffsäre, von der Regierung entweder die Vorlage des versprochenen Gesetzentwurfs oder die Verbesserung des vorliegenden zu verlangen. Die andere Vorlage fand keine bessere Aufnahme, weil die Re- gierung ebenfalls einen entsprehenden Gefezentwurf zugesagt hat, und weil man, während die mit der Wahlreform betraute Königlihe Kommission mit der Ausarbeitung ihrer ‘Vorschläge beschäftigt ist, es für unzeitgemäß hält, die Vorlage Minervini's zu berathen. Indessen haben die Abtheilungen den Kommissären ein Vertrauensvotum gegeben, den dritten Artikel aber, welcher die Abgeordneten, welche Minister oder Ministerialbeamte sind, von Abstimmungen über Kabinetsfragen aus\chließen will, ab- gelehnt. i is Der Großfürst Alexis ist gestern hier eingetroffen. Der Bischof von Urgel ist auf der Reise von Spanien nach Rom in Florenz angelangt. _— 93, Mai. (W. T. B.) Die von auswärtigen Blättern aus Zara gebrahte Nachricht von einer Insultirung des ita- lienishen Konsuls durch die Türken stellt fich nach einer Meldung dec „Agenzia Stefani“ als Erfindung heraus. In Deputirtenkreisen heißt es, daß das Ministerium den Antrag des Deputirten Negrotto wegen Errichtung von Froihäfen angenommen habe. Ueber eine bevorstehende Modifikation des Ministeriums sind noch immer Gerüchte im Gange, dieselben ermangeln jedoh jeder Bestimmtheit; in Betreff der Beseßung des Pariser Botschafterpostens ist gleihfalls noch feine Entscheidung erfolgt. :

In der heutigen Sißung der Deputirtenkammer er-

Werk vollendet Berichterstatter

nahmen,

selben zu Gunsten der Republikaner ausgefallen, welche in fieben Fällen ihre Kandidaten von der Linken durhgescßt haben. In fünf anderen sind dieselben Deputirten wieder gewählt, eine Wakhl ist unentschieden und muß erneut werden. Am meisten hat die klerifale Partei dabei verloren, ihr Führer, Hr. v. Ghesnelong, ift troy aller Anstrengungen der Partei mit einer Minoritat von 9200 Stimmen unterlegen. s

Die heutige Senatssißung, in welcher die Amnestie- vorlage debattirt wurde, war sehr erregt. Viktor Hugo stellte in seiner Rede einen Vergleih an, zwishen dem Ereigniß des 2, Dezember und dem Tage der Kommune, dem 18. März, und begehrte \chließlich für leßtere volle Amnestie. Auf Wunsch des Senates verzichtete der Be- richterstatter auf die Antwort. Die Versammlung has, wie vorauszuschen war, mit einer an Einstimmigkeit grenzenden Stimmenzahl, es waren eben nur sieben dagegen, den Antrag verworsen. Auf der Tagesordnung für nächsten Mittwoch sieht die Interpellation des Hrn, Paris, betre}ss der Inter- pretation, welche der Minister des Innern dem Art. 8 der Konstitution gegeben, Der Senat wird vor- sihtig in die Debatte gchen. „Es ist das erste Mal, sagt das „Journal des Debats“, daß die Verfassung selbst von einer unserer Versammlungen debattirt werden soll. Hr. Paris hat wohl nicht genügend den Unterschied zwischen dem jezig en Senat und dem des Kaiserreihs beachtet; leßterer war der berufene Hüter und Deuter der Verfassung; der jezige 1 nur eine gesezgebende Versammlung, eder über noch l der Deputirtenkammer. Sollte * der Senat die _Verfas- sung auslegen wollen, würde die Kammer es ihrerseits auch thun und wer soll bei Meinungsverschiedenheit Richter sein? Es wäre dann der Kongreß dazu berufen, do dürfte es gefährlih sein, den Marschall-Präsidenten zu nöthigen, fo bald hon vom Ret, einen Kongreß einzuseßen, Gebrauth zu machen. Für die Sache derjenigen selbst aber, welche die Inter- pellation Paris in Scene geseht, würde dies ein harter Schlag sein; die Republikaner hätten im Kongreß die Oberhand und . würden die Verfassung nah ihren dem Herrn Paris und seinen Freunden feindlihen Sinne deuten.“ In der Deputirten- kammer wird Hr. Lacascade einen Antrag auf Vertretung La Guyana's und des Senegal in der Kammer einbringen.

Das „Journal des Debats“ spricht sh mit \harfem Tadel über einen Brief des Bischofs von Vannes aus, in welchem derselbe vom Justiz-Minister im Namen seines Klerus Schuß und Beistand gegen das „Bien Public fordert, welches „Briefe gus dem Lande des Prieftergewandes : veröffentlicht hat, und in dem er sh beklagt, daß er und seine Pfarrer trauer- erfüllte Zeugen in den parlamentarischen Untersuchungen hätten sein müssen.

In einer geftern abgehaltenen Versammlung von Studenten wurde der Antrag vom Kongreß der inter- nationalen Studenten, einzelne Nationalitäten auszuschließen, ent- schieden abgelehnt.

Spanien. Nach den Vereinbarungen der Miniser, deren Ergebniß das Budget Sallaverrias war, sollen voi den 300,000 Mann, welche die spanishe Armee zur Zeit zählt, nur 120,000 Offiziere und Gemeine fürs Erste entlassen wer- den. 50 Generale werden bei vollem Gehalt in den Ruhestand versezt. 50,000 Mann werden die Nordprovinzen beseyt halten und 30,000 Mann, darunter viele Kavallerie-Regimenter, find zur Einschiffung nah Cuba am 1. September bestimmt.

Italien. Rom, 21. Mai. Die mit der Wahl-

unter

kfiärte der Iuftiz-Minister Mancini, das Ministerium könne das Strafgeseybuch in der vom Staate beshlossenen Fassung niht acceptiren und behalte sh vor, Abänderungsantrage zu demselben vorzulegen. Vom Justiz - Minister wurden heute mehrere Vorlagen eingebraht, darunter auch ein Gesegzent- wurf, betreffend die mißbräuchliche Ausübung von Amtsbefugnissen durch den Klerus.

Türkei. Konftantinopel, 24, Mai. (W. T. B). Wie das Bureau „Havas-Reuter“/ meldet, sind die Vorschläge der Nordmächte der Pforte zunächst in offiziôser Weise mit- getheilt worden, und ift dieselbe mit der Prüfung der Vorschläge bereits bescäftigt. Das vor einiger Zeit von auswartigen Interessenten zur Regelung der türkischen Finanzen auf- gestellte Projekt hat Seitens der türkishen -Regierung keine Annahme gefunden, da ihr die

Ausführung desselben bei der gegenwärtigen Lage des Landes unmögli erscheint. Stanforth und Rose kehren in Folge dessen nah England zurü. : Aus Ragusa wird der „Agence Havas“ vom 23. Mai gemeldet, daß, nah Mittheilungen aus dem Lager der Insurgenten, dieselben in Folge der in jüngster Zeit angeb- lich errungenen Vortheile fich nicht mehr mit den früher gestell- ten Bedingungen befriedigt erklären, sondern jeßt die absolute Unabhängigkeit der Herzegowina und Bosniens verlangen, und jeden Waffenstillkand zurückweisen. Auch soll die Proklamirung einer provisorischen Regierung vorbereitet wevden, Belgrad, 23. Mai. (W. T. B.) Das amtliche Blatt veröffentlicht eine Verordnung des Fürsten, wonach eine Nationalanleihe von 12 Millioven Franks ausgeschrieben und zur Erlcdigung der darauf bezüglichen Angelegenheiten eine besondere Behörde errihtet werden soll. Ferner wird die Ge- stattung eines Zaonatlihen Moratoriums und die provi forishe Suspendirung des Preßgesehes ausgesprochen.

Schweden und Norwegen. Stockholm, 20. Mai. Am 18. d. M. fanden zu Wisby auf der Insel Gothland und zu Eparreholm (einige Meilen von Stockholm) die Hin - rcichtungen der beiden Verbrecher statt, deren Gnadengesuche der König inm vergangenen März verworfen hatte. Seiner Beit hat \sih an die Königliche Entscheidung eine lebhafte Disfussion úber die Frage der Beibehaltung oder Aufhebung der Todes- firafe geknüpft; die nun vollzogenen Hinrichtungen aber haben beim Publikum Jnteresse und Theilnahme in keiner Weise erregt.

Christiania, 20. Mai. Das Storthing verwarf in seiner heutigen Sizung nah kurzer Debatte gemäß des Berichts seines Konstitutionsaus\husses den Antrag der Regierung, betreffend die Verlegung des Beginnes des Etatsjahres auf den 1. Januar, mit 81 gegen 28 Stimmen,

_— 93. Mai. (W. T. B.) In der heutigen Sigung des Storthing wurde die Aufnahme einer Eisenbahn- anleihe im Betrage von 24 Millionen Kronen beschlossen. Dieselbe soll höchstens mit 43 Proz. verzinst werden und die Amortisirung derselben fürzestens in 30 und längstens in 50 Jahren erfolg.n.

Dänemark. Kopenhagen, 23. Mai. Der Kronprinz und die Kronprinzessin werden von ihrer Reise nah Ita- lien am Freitag hier zurückerwartet. Nah dem gestern ausgegebenen Bulletin hat König Georg von Griechen- land éine gute Naht gehabt und fühlte in Folge difsen fh etwas besser. Der Köniz hat den Gencral- Inspektor der In- fanterie, Gencral Nielsen, zum Höchstkommandirenden sämmt- liher Truppenabtheilungen ernannt, welche in diesem Jahre an

Gnadenthal und Hermetshwyl, sowie des Sttfts in Zurzach, die der beiden ersteren mit 78 gegen 55, die des leßteren „mit 81

reform betraute Kommission hat gestern Avend ihr

den Lagerübungen bei Hald in Jütland Theil nehmen.