1876 / 126 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 30 May 1876 18:00:01 GMT) scan diff

in Stadigemeinden mit mehr als 10,000 Einwohnern, des Ober- Präfidenten in allen Stadtgemeinden. Die Bestätigung darf nur versagt werden, wenn Thatsachen vorliegen, welche Bedenken gegen die tehnishe oder sittliche Qualifikation des Gewählten be- aründen. Diese Thatsachen find in dem die Bestätigung ver- sagenden Bescheide mitzutheilen. Bei der Wiederwahl if eine Bestätigung nicht erforderli.“ Insbesondere traten die Abgg. Dr. Virhow, Windthorst (Meppen) und Rôterath für diesen Antrag ein, während der Regierungs?ommissar, Geheimer Dber- Regierungs-Rath Wohlers, das Gesey mit diesem Antrage für unannehmbar erklärte. Gleichwohl wurde der Antrag bei namentlicher Abstimmung mit 155 gegen 142 Stimmen ange- men. :

ias Darauf vertagte das Haus die Fortsezung der Debatte um 4: Uhr bis Abends 7 Uhr. L

In der Abend sizung, welher am Miniftertische der Minister des Innern Graf zu Eulenburg und als Regierungs Kommissar der Geheime Ober - Regierungs -Rath Woßhlers bei- wohnten, wurde die Diskussion über §. 52 eröffnet. Derselbe wurde unverändert genehmigt. l

Zu §. 55, welcher bestimmt, daß durch Gemeinde- beschluß eine Stadtgemeinde von der Kollegialverfassung zur Bürgermeistereiverfassung übergehen kann, beantragte der Abg. Uhlendorff, diesen Uebergang dadur zu ershweren, daß ein \folcher Gemeindebc:\{chluß einer zweimaligen, dur einen Zroischen- raum von 21 Tagen getrennten Berathung bedürfen solle. Der Antrag und mit demselben §. 55 wurde angenommen.

Nah unwesentlihen Aenderungen einiger Paragraphen wurden nah längerer Debatte, an welcher fich die Abgg. Miguel, Wagner (Stargardt) und Riedel, sowie der Minister des Innern Graf zu Eulenburg und der Regierungskommissar Geheimer Ober-Regierungs-Rath Wohlers betheiligten, die S8. 107 bis 110, welche die polizeilichen Kompetenzen der Magistrate regeln, bei der Abstimmung nah den Beschlüssen der Kommission an- genommen mit der einzigen wesentlichen Modifikation, daß im 8. 108 b. der Saß: „Das Recht der vorläufigen Straffestsezung wegen Uebertretungen, sowie die Festsezung von Exekutivstrafen fieht dem Bürgermeister zu" nah dem Antrag Kalle erseßt wird, durch den Saß: „dem Bürgermeister gebührt selbständig und aus\{ließlich das Recht der vorläufigen Straffestseßzung wegen Uebertretungen, sowie die Anwendung der dem Polizeiverwalter in den E s Bur s polizeiliher Maß- regeln gescblich zustehenden Zwangsmittel.“ N

} Feri Sa nach dem Antrage des Abg. Lauenstein in folgender Fassung angenommen: „Ortspolizeilihe Verordnun- gen bedürfen der Zustimmung der Stadtverordnetenversamm- lung und wenn dieselben von der staatlichen Ortspolizeibehörde erlassen werden, auch des Magistrats. Wird die Zustimmung versagt, so entscheidet auf Antrag des agistrats, beziehungs- weise der Staatsbehörde der Bezirksrath, in den Stadtkreisen der Provinzialrath. : j | i

§8. 120 bestimmt in seinem zweiten Theile, daß die Kabinets- Ordre von 1830 wegen Erhaltung der Stadtmauern ferner nur Auwendung finden sollen auf Festungsstädte und Städte, in denen noch die Schlachtsteuer besteht. Der Regierungskommissar, Geh. Ober-Regierungs-Rath Wohlers, bat, diese Bestimmung im militärishen Interesse einzelner Festungsstädte abzulehnen.

Das Haus entsprach diesem Wunsche. E:

Im Uebrigen wurde die Vorlage abgesehen von einigen

redafktionellen Modifikationen durchweg nah den Vorschlägen der Städteordnung und der Komvetenzkommission ohne weitere

ar 115, D

In der heutigen (67.) Sißung dev wpuujro vxc avs geordneten, welher am Ministertishe der Minister für die landwirth\chaftlihen Angelegenheiten Dr. Friedenthal und mehrere Regierungs-Kommissarien beiwohnten, nahm das Haus ohne Debatte in erster und zweiter Berathung den Gesehentwurf, betr. die Veran- lagung und Erhebung der direkten Staatsfteuern nach dem Etatsjahre an. Es folgte die zweite Berathung des Gesfeh- entwurfs, betreffend die Verwaltung der den Gemeinden und öffentlihen Anstalten gehörigen Holzungen in den Provinzen Preußen, Brandenburg, Pommern, Posen, Sthlefien und Sachsen. Bis §. 8 wurden sämmtliche Pa- ragraphen nach unerhebliher Debatte unverändert nach den Kommisfionsbeschlü}sen genchmigt. Zu §. 8a. wurde auf den Antrag des Abg. v. Benda eine Bestimmung getroffen, nah welcher den Gemeinden imUnvermögensfalle der zwanzigfache Betrag der auf dem betreffenden Areal lastenden jährlichen Grundsteuer als einmaliger Beitrag zu den ersten Kosten der Aufforstung aus der Staats- kasse Üüberw'esen werden soll. Im L, 9 WwULde auf Antrag des Abg. Dr. Hänel die Bestimmung gestrichen, welhe dem Bezirksrath die gleiche Exekutivbefugniß cinräumt, wie dem Regierungs-Präsidenten, wenn seinen Beschlüssen in Betreff der Aufforstungen keine Folge geleistet wird. §8. 10 wurde nach dem Antrage des Abg. Dr. Hänel in folgender Fassung angenommen:

„Gegen die auf Grund der 88. 2 bis 7 und §. 9 von dem Regierungs-Präfidenten erlassenen Verfügungen findet nach Maß- gabe der §F. 34, 35, 36 und 38 des Geseßes vom . j betreffend die Zuständigkeit der WVerwaltungsbehörden und der Verwaltungsgerichtsbehörden im Geltungsbereihe der Pro- vinzialordnung vom 29. Juni 1875 (Gescßsamml. Seite ) Beschwerde an den Ober - Präsidenten oder Klage statt.

Zuständig ist für die Klage gegen die Verfügung des Regie- rungs-Präsidenten das Bezirks: Verwaltungsgericht, für die Klage gegen den auf Beschwerde ergangenen Bescheid des Ober-Präsidenten das Ober-Verwaltungsoericht. *

und aus Konsequenz dieses Beschlusses dem §. 12 zugeseßt:

__ Gegen die Verfügungen des Regierungs-Präsidenten findet nux die Beschwerde an den Ober-Präsidenten und gegen dessen Bescheid die Klage bei dem Ober-Verwaltungsgericht ftatt.

Sämmtliche übrigen Paragraphen der Vorlage wurden unverändert nach den Vorschlägen der Kommission genehmigt. An der Debatte nahmen Theil außer dem Staats-Minister Dr. Friedenthal, dem Regierungskommissar Landforfimeister Usrici und dem Referenten Abg. Rickert, die Abgg. Dr. Hänel, Scellwig, v. d. Recke, Osterrath, Graf Matuschka, Witt, Schmidt (Stettin) und Mühlenbeck.

Das Haus trat sodann in die zweite Berathung des Geseß- entwurfs, betreffend die Deckung der für die Weiterführung und Vollendung der Bebra-Friedländer Eisenbahn erforderlichen Geld- mittel, Der Gesezentwurf wurde unverändert angenommen. Es folgte die dritte Berathung des Gesehentwurfs wegen Ergänzung der Verordnung vom 13. Mai 1867, betreffend die Ablösung der Servituten, die Theilung der Gemeinheiten und die Zusammen- legung der Grundstücke für das vormalige Kurfürstenthum Hessen, welche beim Schlusse des Blattes fortdauerte.

Wie ein Telegramm des „W. T. B.“ aus Konftanti- nopel meldet, ift Abdul-Aziz-Khan auf einstimmigen Wunsch der Bevölkerung heute entthront und sein Neffe Mehemmed-

Murad-Khan, der bisherige präsumtive Thronfolger, ältester Sohn des 1861 verstorbenen Sultan Abdul-Medschid, geboren den 21. September 1840, zum Sultan protflamirt worden.

Das Staats-Ministerium i nah einem Erkenntniß des Ober-Tribunals vom 2. Mai d. I. das böchfie Organ der vollziehenden Gewalt und bildet als solches eine Behörde. Eine gegen das Staats-Minifterium gerichtete Beleidigung fällt demna unter die Beftim- mungen des Strafgeseßbuches über Beleidigungen.

Der bisherige Großherzoglich hessishe Minister- Präsident Hofmann ist heute früh hier angekommen und hat im Hotel Royal Wohnung genommen.

Der Königlih \{wedische Hofmarschall von Edholm ist nah Stocholm abgereist.

Trier, 20. Mai. (W. T. B.) Der Bischof Dr. Matthias Eberhard hier, ist heute früh 5 Uhr an einem Swhlaganfall g e- storben.

Bayern. München, 28. Mai, Die Kammer der Abgeordneten berieth in der gestrigen Sizung den JIusfstiz- Etat dur, und genehmigte meist ohne größere Debatte einzelne Positionen nah den Ausshußanträgen. Ebenso wurden die zu einzelnen Positionen gestellten Petitionen nah den Anträgen des Aus\{hu}es beschieden. Eine längere Debatte führte die Position „Vorarbeiten für den Juftizneubau in München® herbei. Der Abg. Schüttinger beantragte die Streichung derselben und führte unter den Gründen für deren Nichtbewilligung auch die Unges- wißheit an ob der oberste Gerichtshof auch Bayern erhalten bleibe. Der Abg. Kurz war ebenfalls dagegen, erkannte zwar die Bedürfnißfragszan, meinte aber für jeyt sel der Neußbgu doch nit so dringend. Sauß, Stenglein und Cräraer waren für Bewilligung. Der Iustiz-Minister erklärte, er wolle dem Abg. Schüttinger auf das Gebiet der hohen Politik nicht folgen ; so viel jedoch wolle er bemerken, daß bei der Berathung der Reichs-Iustizkommission die Mitglieder fast einstimmig für die Beibehaltung des obersten bayerishen Gerichtshofes sich ausoe- \prochen. Die Frage nach dem Neubau des Justizgebäudes_ sei so dringénd, so unabweisbar, daß sie stets wiederkehren müsse, bis fie gelöst sei. Nachdem noch Senestrey gegen das Poftulat gesprochen, wurde der Kommissiousantrag mit sämmtlichen ultra- montanen Stimmen gegen die liberalen verworfen. Einige Uitramontane hatten im Ausshuß für das Posftulat gestimmt. Die nächste Sißung wird am Dienstag stattfinden.

Auf die Tagesordnung einer der nächsten Kammer- sißungen wird geseßt werden: der mündliche Bericht des beson- deren 8. Aus\{chu}ses zur Berathung des Antrages des Abg. Feigel auf Erlafsung eines Gesezentwurfs, einige Abänderungen der Prozeßordnung in bürgerlihen Rechtsfstreitig- keiten betreffend. Berichterstatter ist Abg. Dr. Fränfken- burger. Der Antrag des Aus\husses geht dabin: Die Kammer wolle beschließen: „In der Erwägung, daß cin dem Jnitiativantrag des Abg. Feigel vom 21. Februar l, J, ents \prehendes Gese auf verschiedene andere den ehegerihtlihen Streitsachen gleihstehende Rehts\sachen ausgedehnt werden müßte, daß durch ein solches Geseg das der bayerischen Prozeß- ordnung unterliegende System über die Zustellung von Urtheilen uad Einlegung von Rechtsmitteln vollständig durchbrochen und die Abänderung der Prozeßordnung in einer Reihe wesentliher Bestimmungen veranlaßt würde; daß angesichts. der in perhältnißmäßig naher Zeit zu erwartenden Erlafsuna ee Königlijên Staatsrêgurimg"èèm ofitiiètiontét Bedürfniß“ durch weitere Vollzugsvorschriften zur Ausführungs- verordnung dés Bundesräthsbeshlu}ses vom 22. Juni 1875 zum Geseg über die Beurkundung des Personenstandes und die Ehe- schließung Abhülfe gewährt werden wird geht die Kammer der Abgeordneten über den Antrag des Abg. Feigel zur Tages- ordnung über.“

Sachsen. Dresden, 29. Mai. In der heutigen Sizung der Zweiten Kammer wurde der größere Theil der bezüglih des Geseßes über die Landes-Immobiliarbrandver- fiherung mit der Ersten Kammer bestehenden Differenzen durch Beitritt zu den jenseitigen Beschlüssen erledigt, während die Er- ledigeng der übrigen Differenzen dem Vereinigungsverfahren vorbehalten wurde. Hierauf bes{chloß die Kammer nah längerer Diskussion aus Anlaß einer Petition mit 34 gegen 23 Stimmen :

„Die Königliche Staatsregierung zu ersuchen, eine Revision des 8. 6, Absaß 4 des Volkéschulgeseßes vom 26. April 1873 in Er- wägung zu ziehen, und zwar in der Richtung, daß mindestens die Widersprüche, welche zwischen diesem Absaße und den Absäßen 2 und 3 desselben §. 6 beftehen, beseitigt und daß der oberften Schul- behörde die geseßlihe Füglichkeit gewährt werde, Ungleichheiten oder Härten, die bei Anwen*ung jener Bestimmung hervortreten, im Wege de. Digépensation abzuhelfen.“

Eine Novelle zum Parochiallaftengesetz vom 8. März 1838, durch welche 8. 11 dieses Gesezes aufgehoben wird, wurde mit dem von der Deputation beantragten Zusaße, daß das Geseh mit dem 1. Januar 1877 in Kraft tritt, ohne Diskussion an- genommen, worauf noch. einige Petitionen erledigt wurden.

Württemberg. Stuttgart, 26. Mai. Die Kammer der Abgeordneten führte heute in zweistündiger Sißung die Berathung des Beamtengeseßes zu Ende; es erübrigt nur noch die Berathung des an die Kommisfion zurückgewiesenen Art. 9 (Geschenkannahme). Das Geseß triit hinfichtlih der Ab- schnitte [.—1V. und V1, am 1. Juli 1876 in Kraft. Die Fest- seßung des Termins für das Inkrafttreten des V. Abschnittes wurde Angesichts der zahlreihen vor Inkrafttreten dieses Ab- schnittes zu beseitigenden Hindernisse und sonstigen Vorarbeiten der Regierung anheimgestellt. Die nächste Sitzung findet am Dienstag ftatt.

Der Großfürst und die Großfürstin Michael von vid de mit ihren Söhnen find gestern wieder von hier abgereist.

Baden. Karlsruhe, 25. Mai. Die Zweite Kammer hat fih in ihrer gestrigen Abendfigzung dem Gesezentwurf, betreffend den Haupt-Finanzetat für die Jahre 1876 und 1877 (Finanz- gese) zugewandi. Der Budgetausshuß hatte Genehmigung und Berathung in abgekürzter Form beantragt. Jn der fih an- schließenden allgemeinen Debatte versuhte Abg. Edelmann (kle- rikale Rechte) nachzuweisen, daß das Budget mit einem Defizit abshließe, und entwarf ein ziemlih trübes Bild von unserer Finanzlage, worauf der Finanz - Ministerial- Präsident Staatsrath Ellstätter das angeblihe Defizit in Abrede stellte, da vielmehr ein kleiner Ueberschuß vorhanden sei, und bemerkte, daß alles, was für den Abg. Edel- mann den „Grund erster Besorgnisse‘! bilde, von ihm bereits bei Vorlage des außerördentlichen Budgets berührt worden sei, aber niht Gegenstand der heutigen Berathung sein könne. Da

| (darunter

der Abg. Edelmann nochmals zu „tonftatiren“ fuchte, was die Kammer längst weiß, so nahm au der Finanz-Minister wieder= holt Anlaß, ihn zu widerlegen und dabei namentli auf den Stand der Awmortifationskasse hinzuweisen, der ein Bild unserer Finanzlage gebe und ein großes akftives Vermögen auch für außerordentliche Fâlle zeige. Abg. Lender (klerikale Rechte) wollte seine und seiner Freunde Stellung zum Finanzgeseße flarstellen. Sie hätten verschiedene Einwände, aber doch nicht genug, um ihre Genehmigung zu versagen; doch dürfte hieraus keine Zustimmung zu dem System der Regierung geschlossen werden, in dem sie, wie hon früher erklärt, fortwährend eine Kränkung eines großen Theils des Volkes erblicken Pen Nach B E zu aa

araaraphen wurde das ganze Geseß einstimmig angenommen. Die P eliven Ausgaben für 1876 betragen 32,704,198 H; für 1877 32,797,370 A6, zusammen 65,501,568 H#Æ Für die außerordentlihen Auêgaben der beiden Jahre erhält die Staats- verwaltung einen Kredit von 7,172,736

Hessen. Darmstadt, 29. Mai. Die „Darmft. Zeitung“ bringt heute unter dem Datum des 27. folgende Bekannt- machung: Se. Königliche Hoheit der Großherzog haben mit- telst Allerhöchster Entschließung vom 18. [. Mts. den Wirklichen Geheimen Rath Präfidenten des Gesammt-Ministeriums Minister des Großherzoglihen Hauses und des Aeußern Carl Hofmann auf sein Nahsuchen und mit dankbarer Anerkennung seiner treuen und ausgezeihneten Dienstführung, sowie unter Verleihung des Großkreuzes des Ludewigs-Ordens von seinen Dienststellen mit Wirkung vom 1. Juni d. I. an zu entlassen und mit Wirkung vom gleihen Tage ab den Präsidenten des Minifteriums des In=- nern Zulius Rinck Freiherrn von Starck zum Präsidenten des Gesammt-Ministeriums und Minister des Großherzoglichen Hauses und des Aeußern sowie zum Mister des Innern und zum wirk= lichen Geheimen Rath mit dem Prâdikate „Excellenz“ zu ernen= nen geruht.

Meckleunburg. Sch{werin, 28. Mai. Der Großfürst Wladimir wird mit seiner Gemahlin, der Herzogin Maria Paulowna von Mecklenburg, am 30. d. M. hier erwartet, um an den Tauffeierlihkeiten des jüngstgeborenen Prinzen theilzunehmen, die auf den 3. Juni festgesezt sind. Der Groß- fürst wird bald nach der Taufe nah St. Petersburg zurück- kehren, während die Großfürstin (Tochter des Großherzogs) noch einen etwa sechswöchigen Aufenthalt am hiesigen Hofe nehmen wird.

remen, 29. Mai. Durch eine Mittheilung des Senats vom 29. Mai, die Shhiffahrtszeichen der Unter- weser betreffend, legt der Senat im Anschluß an seine Mit- theilung vom 23. Mai der Bürgerschaft den Entwurf zu einem Gesetze vor, welches bestimmt ist, die durch Art. 54 der Reichs- verfassung vorgeschriebeae gleichmäßige Behandlung der bremi- \hen mit den unter deutscher Flagge fahrenden nichtbremischen Kauffarteischiffen herbeizuführen. Nachdem der Versuch, durch eine gleihmäßige Heranziehung aller deutschen Schiffe zur Be- fieuerung der Borschrift der Reichsverfassung zu genügen, nicht zum Ziele geführt hat, wird nichts anderes übrig bleiben, als durch Aufhebung der die bremishen Schiffe allein treffenden Abgabe diejer Verpflichtung nahzufkommen. Mit dieser Maß- regel länger als bis zum Sthlufse des laufenden Rehnungs- jahres zu warten, erscheint dem Senate nit zuläsfig. Er be- antragt daher den Erlaß des nachstehenden Gesegzes, die Aufhebung der Seeschiffahrtsabgabe betreffend: : „Die Verordnungen vom 12. Juni 1826 und vom 8. April 1849 E der Seeschiffahrtsabgaben treten mit dem 1. Januar

NMLuj s,

Die Mittheilung des Senats vom 23. Mai, auf welhe in den Motiven zu dem bevorstehenden Geseßentwurfe Bezug genommen is, lehnt den Antrag der Bürgerschaft, „dur Verhandlung mit dem Reichskanzler, im Einklang mit der Reichsverfassung, eine den bremischen und den allgemeinen Schiffahrtsinteressen entsprechende Regelung anzubahnen“, als unmögli ab. Wo etwa ein Bedürfniß hervortreten sollte, das gegenseitige Verhältniß mehrerer betheiligten Staaten rückfihtilich der Schiffahrtszeihen und der Vertheilung der hiermit verbun- denen Lasten zu regeln, würde die Verweisung auf den Weg einer Verftändigung der Uferstaaten, deren Sache eine solche Regelung sei, nahe liegen und dieser Gefihtspunkt cinem etwa von Bremen im Bundesrathe zu stellenden Antrage gegenüber gerade im gegenwärtigen Augenblicke, wo eine \olhe Verstän- digung sich als sehr wohl möglih gezeigt hat, mit doppeltem Nachdrucke hervortreten.

Am 27., an seinem 77, Geburtstage, wurde der Senator N IENE Albers auf dem Rhinsberger Friedhofe eerdigt.

Elsaß - Lothringen. Straßburg, 26. Mai, Der Etatsentwurf für Elsaß- Lothringen weist für das Iahr 1876 —77 bei der Forstverwaltung an Einnahmen 6,891,600 gegen 3,178,000 / Ausgaben, davon 417,600 #4 einmalige und außerordentliche Ausgaben, in der Verwaltung der diz reïten Steuern 10,493,540 M gegen 1,799,470 A Ausgabe, davon 12,200 M einmalige; die Verwaltung der Zölle, indirek- ten Steuern und des Enregisirements steht mit 14,632,964 M Einnahme gegen 4,646,812 Á# Ausgabe, davon 62,000 4 einmalige. Die Tabakmanufakftur weist bei Ausgabe von 1,955,138 /( eine Einnahme von 2,555,752 / auf. Die mit dem Deutschen Reihe gemeinsamen Behörden veranlassen eine Aus- gade von 156,240 M, das Ober-Präsidiuum eine solche von 425,900 f fortdauernder neben 4000 einmaliger Ausgaben und 13,201 M 50 S Einnahme. Die Justizverwaltung kostet 1,586,170 /( und bringt ein 169,700 / Die Verwaltung des Innern erfordert eine regelmäßige Ausgabe von 3,658,497 A neust 45,280 # einmaliger Ausgabe

; 40,000 zum Änfauf und zum Schuß von Kriegergrabstätten), dagegen bringt sie 274,860 Einnahme. Der Kultus steht mit 2,591,110 4 Ausgabe, da- neben 6000 H für Instandsegung der Kathedrale zu Met, der öffentlihe Unterriht, die Förderung der Künste und Wissen- \chasten mit 3,483,500 4 andauernden und 1,096,300 /einmaligen Ausgaben, bei einer Einnahme von 1,150,100 # Handel, Gewerbe und Landwirthschaft mit 634502 F# (davon 10200 einmalig) Ausgaben und 162,140 fs Einnahme. Die Wasserbauverwaltung hat eine Aus- gabe von 2,421,694 # (davon 866,900 F einmalig) und eine Einnahme von 8674 #, die Wegebauverwaltung eine folhe von 268,500 M bei 1,341,160 # andauernden und 410,000 6 außerordentlihen Ausgaben. Die allgemeine Finanzverwaltung endlich weist eine andauernde Ausgabe von 5,099,431 M (darunter Matrikularbeitrag von 3,074,109 F) und eine einmalige und außerordentlihe von 7,431,953 78 _& auf (darunter Deckung des durch §. 6 des Gesetzes vom 26. Dezember 1875 eröffneten Kredits mit 7,031,953 6

78 5) neben einer Einnahme von 5,340,126 46 28 5 (dar-

unter auszugebende Schaßanweisungen 4,680,000 6). Das

Ganze \{ließt ab mit 41,961,157 # 78 5, mithin in Aus-

gose L Einnahme um 1,820,141 7 weniger als im orjahr.

Desterreich-Uugarn. Wien, 28, Mai. Ueber die bis- herige Thätigkeit der Delegationen wird dem „Prag. Abbltt.“ von hier geschrieben: Die Verhandlungen der beiden Delegationen fesseln ununterbrochen die öffentlihe Aufmerksamkeit, und mit Fug und Recht kann man behaupten, daß \{chon lange keine Delegations\ession einen so spannenden Charakter an fich trug, wie die gegenwärtige. Dies gilt in erfter Linie der Behandlung der auswärtigen Angelegenheiten, die heute Angesichts der aftuellen Situation eine umfangreihere ift denn je, und in deren erschöpfender Behandlung beide Delegationen miteinander wetteifern. Für die österreichische Delegation ift dieser Theil ihrer Aufgabe mit der Erledigung des auswärtigen Budgets bereits abgeshlofsen, und zwar mit einem vollwihtigen Vertrauens- votum in die Ziele der Politik des Grafen Andrafsy, während die ungarische Delegation in ihrem Ausschusse und dem bezüg- lihen Berichte dem Grafen Andrassy bereits jenes Vertrauen votirte und es in der Plenarberathung, die soeben im Zuge ift, auth daran nit fehlen lassen wird, wenn auch der Delegirte Zsedenyi mehr Fragen stellte, als der Minister des Aeußern vielleicht zur Stunde beantworten kann. Weniger harmonis{ gestaltet \sih die Verhandlung über das Heeresbudget und das gemeinsame Finanz-Ministerium. Bei leßterem war es die Frage der Centralafktiven, die eine größere Diskusfion hervorrief und die ganähst von Seite der gemeinsamen egierung in forrefter Weise mit der Spezifikation des Standes der in ihrer Verwaltung befindlihen bezüglihen Fonds beantwortet wurde, Bei dem Kriegsbudget theilen \ich vorläufig die Wege der beiden Budgetaus\hü}se. Während jener der reihsräthlihen Delegation einem Pauschalabstrihe im Titel der Mannschaftsverpflegung und der Löhnung, also in derFrage der Präfenz zustimmt, wurde ein ähnliher Antrag in dem Heeres- Aus\chu}se der ungarischen Delegation abgelehnt. Die Chancen der Majorität des österreihishen Aus\{husses stehen hon dadurch \{chlechter und noch mehr in Folge des Umftandes, daß, wie die weiter aus Pest vorliegenden Meldungen besagen, jene Anträge im Plenum der öfterreichishen Delegation auf eine Annahme nicht rechnen können. Man wird jenen Blättern, welche die Haltung der Majorität des Aus\{chu}es in bitteren Worten tadeln, die Zustimmung nicht versagen können, denn die Anträge auf eine Herabminderung der Wehrfähigkeit der Monarchie find im jegigen Augenblicke nicht am Plate, jedoch auch ohne Rü- fiht auf die auswärtige Situation kann es niht angehen, im Wege der Aenderung der Budgetziffern die Heeresorganisation der Monarchie einfach alteriren zu wollen. Die Sparsamkeit der Delegation und der Delegirten in allen Ehren, allein au die Sparsamkeit der drei Regierungen verdient alle Anerkennung, welche ohnehin hon alle Viehransprüche der gemeinsamen Kriegs- verwaltung reduzirte und mit einem Minderanspruche als im Vorjahre vor die Delegationen trat.

Pest, 29 Mai. (W. T. B.) In der heutigen Sizung der Reichsrathsdelegation wurde das Ordinarium des Kriegs- budgets berathen. Nachdem Engerten, Oppenheimer, Grocholskfi, Oelz, Lienbacher und Scharshhmidt gegen die Anträge des Aus- schusses, betreffend die Abstrice durch Beurlaubungen oder \päâtere Einberufung der Rekruten und Sturm, Groß, Walters- firhen und Demel für dieselben gesprohen hatten, ward die Generaldebatte geschlofen. Alsdann ergriff Graf Andrassy das Wort, widerlegte in ausführliher Rede die zu Gunsten der Heeresreduktion vorgebrahten Gründe und trat entschieden für die Intaktbelafsung des bisherigen Nor- malbudgets ein. Der Minister hob hervor, daß die. von der Regierung \elbst| als dringend anerkannte Nothwendigkeit, die Kost für die Mannschaften zu verbessern, für welche der Aus- \chuß so warm eingetreten sei, nur aus in der Finanzlage be- gründeten Ursahen im Budget keine Berüksihtigung gefunden habe und \{chloß mit der Erklärung, daß, wenn die Ausgaben absolut nothwendig seien, die Abhülfe naheliege, indem man den Steuerträgern gegenüber die Verantwortung übernehme und die nothwendigen Summen als ein Plus votire.

Frankreich. Paris, 28. Mai, Der Klerus macht noch immer Versuche, seine „Unterrichtsfreiheit® zu wahren. Die Kardinal-Erzbishöfe und Bischöfe haben sch deshalb mit Schriftftücken an den Minister-Präsidenten und an die Präfiden- ten beider Kammern gewendet, die nur das oft Gesagte wieder- holen. Die Kardinäle von Rouen und Paris haben ferner den Senatoren und Deputirten ein Schreiben zugesandt, um fie auf- zufordern, das Gese recht gewissenhaft zu prüfen und die oben erwähnten Schriftstücke, welche alle Gefahren des Gesezes klar legen sollen, zu beherzigen.

Wie die „Köln. Ztg.“ erfährt, ist der Pater Top in, früher Studiendirektor in der Jesuitenanstalt der Rue des Poftes, zum Nachfolger des Jesuiten-Generals Beckx beftimmt. Der Pater leitet die Geschäfte des Ordens in Frankreich bereits selbstständig und steht an der Spitze der klerikalen Bewegung. Er if ein talentvoller und gelehrter Mann. Klerikalerseits wünscht man ihn als zukünftigen Jesuiten-General, weil man sich von dem Umstande, daß ein Franzose an der Spitze des Ordens stehen würde, noch mehr Einfluß in Frankreich ver- spricht. Topin unterhält nahe Beziehungen mit vielen hoch- gestellten französishen Familien, die ihre Söhne bei den Je- juiten erziehen ließen.

Das Treiben der Studenten findet allgemeine Miß- billigung, freilih nicht bei dem klerikalen „Univers“ und seinen Parteigenossen, welhe jene unreifen Demvnsirationen mit Freuden begrüßen. Das „Journal des Debats“ sagt darüber u. A.: „Einige junge Leute, die sfich Studenten nennen und es vielleicht auch find, fich aber sicher mehr mit Politik als mit dem Jus und der Medizin beschäftigen, haben es für passend gefunden, die Ansammlung einer großen Zahl von Kommilitonen aus den Departements und dem Auslande, die zur Beerdigung Michelets nach Paris gekommen waren, zu einer großen sozialistishen und atheistishen Demonstration zu benugen. Sie haben dazu etwa 500 Einladungs- briefe zu einer in der Rue d'Arras abgehaltenen Vor- versammlung, der dann ein Banket folgte, ausgesandt. Unter- zeihnet waren sie von drei Namen, unter denen ein Redacteur des Journals „les droit de l'Homme*“, der {hon zu mehreren Monaten Gefängniß wegen KPreßvergehen verurtheilt worden. Man sieht, zu welher Art von Studenten jene Veranftalter gehören! Und danach waren auch die Einladungen selbft, Nah ihnen sollte sch jene kosmopolitishe Jugend u, A. beshäf=

tigen mit der Reorganisation der Ehe

klamationen und fkindlihe oder fkindishe Phrasen wurden da laut, aber au der revolutionäâre Wahn, die abscheulihste Ver- drehung des patriotishen Gefühls, von denen zum Glück nit die französishe JIagend, sondern nur einzelne junge Menschen ergriffen find. Die Frage nämlih, ob au die deutschen Studenten zum internationalen Kongreß zugelassen werden sollen, wurde von der Majorität zustimmend beantwortet. Beim Banket des andern Tages \prach fih die entgegengesezte Strömung aus; nun haben die Studen- ten von Paris selbst gegen das Treiven der Clique protestirt. Sie sagen in diesem Protest: „Am Freitag, den 19, Mai 1876, wurde eine Privatversammlung nach dem Saale der Rue d’Arras berufen, um die Idee eines internationalen Studenten-Kongresses zu besprehen. Die jungen Leute wurden nur auf Vorzeigung eines besonderen Einladungs\chreibens zugelassen. Dex größte Theil der Pariser Studenten hatte nit Antheil nehmen können, weil er keine Kenntniß von dieser Versammlung hatte oder sich keine Einladungskarte vershaffen konnte. Daraus geht hervor, daß die Beschlüsse dieser Versammlung nicht berechtigt find, den Willen der Allgemeinheit auszudrücken: das haben wir hiermit konstatiren wollen.“ So wird das trübe Gebahren der Ver- anstalier wohl nußlos und spurlos, wil allgemein verurtheilt, vorübergehen.“

Bersatlles 290. Mat, (W. D B) In der heutigen Sitzung der Deputirtenkammer richtete Naquet mehrere Anîfragen in Betreff der ägyptishen Finanzverhältnisse an den Minifter des Auswärtigen, Herzog v. Decazes, und hob hauptsächlich hervor, daß sich die Regierung enthalten müsse, den ägyplischen Werthen eine Art von moralisher Garantie zu gewähren. Zugleich ersuchte er den Minifter um eine bündige Erklärung darüber, daß die zur Wahrung der Jnteressen von franzöfishen Staat8angehörigen eingeleiteten diplomatishen Ver- handlungen irgend eine Verantwortlichkeit des französischen Staatsschaßes nicht involvirten. Der Minister erwiderte, er glaube sich einer öffentlihen Diskussion über die Zahlungsfähigkeit auswärtiger Regierungen enthalten zu jollenz was jedoch den Gegenstand der von Naquet gestellten speziellen Frage anbetreffe, so erkläre er, daß Seitens der fran- zösishen Regierung ein offizieller Delegirtier niht nah Aegypten geshickt worden sei, daß auf das vom Khedive ausgesprochene Verlangen die französische Regierung fh vielmehr damit begnügt habe, zur Vorbereitung und Herstellung eines Einverständnisses mit den übrigen Mächten über die Reorganisation der ägyp- tischen Finanzen einen ihrer Beamten zu designiren, dur diesen Beamten werde aber in keiner Weise eine BVerantworilichkeii des franzöfishen Staats\hazes herbeigeführt werden, derselbe werde einfah Beamter der ägyptishen Regierung sein. Der Minister knüpfte an diese Antwort noch einige Bemerkungen über die allgemeine politische Lage, indem er hinzufügte, in Aegypten wie anderwärts suce und rathe man zu einem Einvernehmen und zu einer Uebereinstim- mung, die Regierung hege das Vertrauen, daß diese für den Weltfrieden nothwendige Uebereinstimmung fich überall und auf allen Gebieten herstellen lassen werde. Denn \o sehr dieselbe auch wünsche und fest versichert sei, daß ein etwa loshrehender Sturm Frankreih niht werde berühren können, \o sehr hoffe fie doch, daß die Kammer alle Anstrengungen der Regierung, einen solchen Sturm zu beschwören, billigen werde. Die vom Herzog von Decazes im Laufe sciner Rede gethane Aeußerung, er gebe die Hoffnung nicht auf, ein volles Einverständniß der Mächte herbeigeführt zu sehen, wurde von allen Seiten sehr beifällig aufgenommen.

Türkei. Konstantinopel, 29. Mai. (W. T. B.) Das türkische Geschwader unter dem Oberbefehl Hobart Paschas geht demnächst nah dem Archipel zur Abhaltung von Manövern. In Novi- Bazar wird eine Truppen- kfonzentrirung fsftattfinden. Die Regierung hat die Auszahlung der rückständigen Solde für die Truppen beschlossen. Der Regierung zugegangene offizielle Telegramme melden witderholt, daß der Aufstand in Buls- garien unterdrückt sei. Die Nachricht, daß die Ver- pahtung des Zehnten in Bosnien neuerdings ausgeschrieben sei, beruht, wie von Seiten der Regierung erklärt wird, auf einem Mißverständniß, Die Pforte habe neuerdings auf das Entschiedenste erklärt, daß sie hinsichtlih dieses Punktes die den Mächten gegenüber eingegangenen förmlichen Verpflichtungen au genau einhalten werde. Die Vorschläge der Nord- mächte werden der Pforte demnächst offiziell mitgetheilt werden.

Salonichi, 29. Mai, (W. T. B.) Bei der gestern be- gonnenen Aburtheilung der der Anstiftung des Tumultes Bezichtigten wurde gegen cinen der Angeklagten auf Todes stcafe und gegen 3 auf Zwangsarbeit erkannt.

Serajewo (Bosnien), 20. Mai. Der hier residi- rende General-Gouverneur der Provinz, Jbrahim Pascha, sowie der außerordentlihe Kommissar der Pforte, Haiïdar Effendi, haken dem Gerenten des Deutschen Konsulates offiziele Besuche gemaht, um ihr tiefes Be- dauern über die Vorfälle in Salonichi auszudrücken.

Italien. Rom, 27. Mai. In der gefirigen Sizung der Deputirteukammer interpellirte der Abgeordnete Rudini den Minister des Innern wegen der von ihm vorgenommenen Ver- änderungen in dem Personale der Präfekturen und Unterpräfekturen. Der Minifter entgegnete darauf, daß seine Vorgänger in diesem Punkte noch viel weiter gegangen wären als er, denn er habe sich bei seinen Veränderungen nur von dienstlihen Rücksichten leiten lassen, von andern nur, wenn fie wie beim Verkehr, wie zwishen Ver!retern der Ge- meinden und denen des Staates durhaus maßgebend gewesen wären,

während fih seine Vorgänger bei jeder Bürgermeisterernennung von

politischen Beweggründen hätten leiten lassen. Dagegen protestirte der frühere Minister des Innern, Lanza, Herr Nicotera er- klärte aber, daß er auf Verlangen mit Beweisen aufwarten könnte. Nachdem au der Abg. Rudini noch einige Worte mit dem Minifter gewechselt hatte, wurde die Diskussion ohne weitere Folgen beigelegt, die Berathung des Definitiv-Budgets des Mi- nisteriums des Innern fortgeseßt und mehrere Kapitel desselben angenommen.

Der Minister-Siegelbewahrer hat ein Cirfular an die Beamten seines Ressorts erlassen, worin er ihnen ein- \chärft, daß die Regierung bei den Waßlen das Prinzip der Freiheit und Unabhängigkeit streng aufrecht erhalten wissen will.

Dem „Diritto® wird aus Paris berichtet: Der frühere Professor der Physik an der Universität Turin Com Hilbert Goos if mit Stimmeneinhelligkeit und definitiv zum Direttor des internationalen Gewicht- und Maßamts in Paris ernannt worden und hat scin Amt fofort angetreten.

. fälle in der Stadt

| Friede. R Ae, Sees M ¿ ; v fr E | Pocci, München. An Schenkungen gingen ein für die Goethesaum-

Am 23. Mai berathshlagten die Kardinäle im Va- ! è tikan über die Haltung, welhe der päpfilihe Stuhl der

\panishen Regierung gegenüber beabachten solle und be- \chlofsen, daß die Unterhandlungen nicht ganz abgebrochen wer-

den dürfen. Der päpstlihe Nuntius soll zwar Madrid in Ur-

laub auf unbestimmte Zeit verlassen, der Nuntiatur-Rath Mons. Rampolla aber dort verbleiben, und auch der Kardinal Simeoni seine Abreise noch einige Zeit aufscieben. Der inzwischen mit Aufträgen desselben hier angekommene Nuntiaturauditeur Mons. Bianchi wird ihn hier erwarten.

SHhweden und Norwegen. Stockholm, 27. Mai. Die Königin-Wittwe ist Donnerstag Naht plöglih an Lungenentzündung erkrankt; nach dem heute ausgegebenen Bulletin ift der Zustand jedoh niht beunruhigend.

Christiania, 26, Mai. Das Militärcomité beantragt in seinem Bericht über das Marinebudget, dasselbe in Höhe von 580,000 Species zu bewilligen. Der Voranschlag des Ma- rine-Ministers betrug 577,420 Species. In Veranlassung der Bewilligungen zu Neubauten für die Marine \chlägt das Comité dem Storthinge vor, die Regierung zu er- suhen, dem nähsten Storthinge eine allgemeine Ueber- ficht über die zur Sicherung der Küstenv ertheid i- gung im Ganzen erforderlihen Maßnahmen zu geben. Das Storthing wird ungefähr am 10. Juni seine Verhandlungen \{ließen; mehrere wihtige Gesegentwürfe, wie über die Bürger- wehr, die Gütergemeinschaft zwischen Eheleuten und über das kommunale Steuerwesen, werden in der gegenwärtigen Session nicht mehr zur Berathung kommen.

Dänemark. Kopenhagen, 29. Mai. In der Sizung des Landsthinges am Freitage wurde der Gesezentwurf, be- treffend die Versorgung des Heeres mit den im Falle der Kriegsbereitshaft mangelnden Pferden und Wagen, nachdem der Kriegs-Minister die Annahme desselben in der vorliegenden Ge- stalt empfohlen hatte, naF kurzer Debatte einstimmig zur zweiten Lesung verwiesen.

Geftern kamen mit dem Dampfschiffe „Titania“ von Stettin 35 deutsche Bäckergesellen hier an. Die Polizei hatte umfassende Maßregeln zur Verhütung von etwaigen Aus- \chreitungen der troß der frühen Morgenfstunde sehr zahlreih an- wesenden strikenden Gesellen getroffen, und namentlih die Lan- dungsftelle bei der Zollbude abgesperrt, von wo die Neuangekom- menen zu ihren resp. Meistern geleitet wurden. Durch diesen Zuwachs an Arbeitskräften, sowie durch die Einstellung von zahlreihen Arbeitsleuten in den großen ‘Brodfabriken ist aller Brodmangel beseitigt und der Strike der hiesigen Gesellen somit als ein vollständig mißglückter zu bezeichnen.

Die Nr. 39 des „Amtsblatts der Deutschen Reibe- P oft- und Telegraphen-Verwaltung* hat felgenden Inhalt: Nerfügungen: vom 22, Mai 1876: Ueberwachung der Unterbeamten in Bezug auf vorshriftémäßige Dienstfleidung; vom 24, Mai 1876: Leitung der Briefjendungen nach der Levante; vom 20. Mai 1876: Poft-Pactverkehr mit Ostindien; vom 23. Mai 1876: Eröffnung der Eisenbahn Appenweier-Oppenau.

Landtags: Angelegenheiten.

Die Petitionskommisfion des Hauses der Abgeordneten hat über die Petition der Stände des Landkreises Hannover, auf eine durchgreifende Reform in Betreff der direkten Besteuerung Bedacht zu nehmen und namentlich auf Beseitigung der für einzelne Klassen der Bevölkerung beftehenden Doppelbesteuerung hinzuwirken, Bericht er- ftatte. Die Petenten verlangen nicht, wie dies von anderer Seite geschehen, die vollständige oder theilweise Ueberweisung der Grund- vnd Gebäudesteuer an die fem- munalen Verbände, sondern eine billige und gerechte Entlastung des Grundbesißes von der staatlichen Besteuerung und einer gerechteren Vertheilung der Staatélasten, Die Kommission empfiehlt den Uebergang ¿ur Tageêéordnung und bemerkt in dem Bericht: „Von anderer Seite wurde noch daran erinnert, daß es nunmehr das dritte Mal fei, daß die Frage der Aufhebung der Grundsteuer von den Petitions- Kommissiouen des Abgecrdnetenhauses in eingehende Erwägung ge- zogen sei; das erste Mal in der Sißungéperiode 1873—74 laut Be- rit vom 19, Mai 1874, das zweite Mal in der laufenden Situngéperiode zufolge Berichts vom 12, Mai 1876. Es sei bemerkenswerth und spreche wohl für die Richtigkeit des Fazits, daß in allen drei Malen, bei nicht unwesentlichen Verschiedenheiten der Ausgangspunkte und der Erwägungêegründe der von einander ganz un- abhängigen Referate, dasselbe Resuitat gewonnen und von den Koms- missionen, deren erfte ganz anders zusammengeseßt gewesen, als zu- treffend anerkannt worden sei. Gerade in Betracht der heftigen und herabseßenden Angriffe, welche der erfte Bericht vom Jahre 1874 von gewisser Zuteressentea-Seite erfagren habe, sei es angezeigt, diese Einmüthigkeit der dreimaligen Kommissionsbeschiüsse nichr unerwähnt zu lassen,“

Statistische Nachrichten.

Das bayerische protestantishe Ober-Konsiftorium hat, um die Einwirkung des Reihsgeseßes über dic Ehe- \chließung und die Beurkundung des Perfonenstandes auf das kirchlihe Leben beurtheilen zu Tönnen, genaue Er- hebungen durch die Pfarrämter angeordnet. Für das 1. Quartal 1876 haben dieselben nasteher.des Resultat ergeben. Ungemischte Ehen wurden 1709 geschloffen, von denen 1601 firhlich eingeseguet wurden, Die Zahl der gemishten Ehen betrug 272; bei 155 ecfolgte die proteftantishe Trauung. Geburten fanden 9873 statt, und 9676 Kinder wurden getouft; gestorben sind 7080 Personen, von ‘denen 7068 fkir@lich beerdigt warden. Demgemäß wurden von 1700 Ehen 99 nit kirhlich eingesegnet, von 9873 Kindern 197 nicht getauft und von 7080 Verstorbenen 12 nicht firhlich beerdigt. Ju Prozenten ausgedrückt wurden ca. 4°/ der Eben nicht kirchlich eingesegnet, 2/9 der Geborenen nit getauit und 10/0 der Verstorbenen nicht kirlih beerdigt. Zu bemerken ift, daß in dieser Zusammenstellung die Eheschließungen, Geburten und Stecbe- Nürnberg und deren Vorstädten nicht begriffen sind, da dieselben noch nit vollständig ermittelt wurden,

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Dem neuesten Sißungsberichte des Freien Deutschen Hoch stifts für Wissenschaften, Künste und allgemeine Bildung in Goethe's Vaterhause zu Frankfurt a. M. (14, Mai) entuehmen wir, daß die zeitige Gesammtzahl der Stifts- genossen 1305 beträgt, darueter der Meistershaft angehörig 625. Neu beigetreten die Herren G, Schaumann, Frankfurt; Fr. Dochring, Dr. Nicolai, Stuttgart; Rich. Lesser, Eisena; K. Ritter v. Zwölf, Wien ; Dr, K. Ruß, Stegliß; H. Ahlburg, Tokio (Japan); Alb. Hahn, C. Sauer, Berlin; Dr. Fröhlich, Cassel. Jn die Vieister- schaft aufgenommen: Architekt H. Frhr. v. Geymüller, Pariê; Victor

| v. Scheffel, Karlsruhe; Tonkünstler Ferd. Kaßl, Malter Val. Schertle,

Frankfurt; General-Arzt Dr. Stromever, Hannover; Studieupräfckk Lor. Werner, Neuburg a. D. Vi:rftorben sind inzwi!chen : Ferd. Freiligrath

unten; Odvecst Kämmerer raf lungen von den Frehrrn. Gebr, v. Goethe: „Goethe's Briefwechsel mit den Gebrüdern von Humbolkzt*; von dem Geh. Ovber-Finan,- Rath