wurde vertragsmäßig bestimmt, daß eine englishe Heeresabthei- lung nahe der Hauptstadt bleibend aufgestellt werden sollte ; die Bestreitung der Kosten für dieselbe fiel dem Nizam zu. Der Vertrag wurde später in nebensählihen Punkten ab- geändert, doch blieb die Zahlungsverpflihtung. Im TJahre 1851 wurde die Rechnung nachgesehgn, und es stellte fich heraus, daß der Nizam mit den Zahlüngen im Rü- ftand geblieben war. Die Compagnie bezahlte das Geld und erhielt die Provinz des Berars als Pfand. Seitdem werden die Kosten des englischen Kontingents von der englishen Regierung aus den Uebershüssen der verwalteten Provinz bestritten. Da das Land des Nizams fih jezt in keiner Gefahr befindet, \o möchte der Fürst das Hülfskontingent aufgehoben sehen, weil es an sein Vasallenverhältniß erinnert. Außerdem aber wünscht er die verpfändete Provinz zurück. Ueber beide Punkte sind {hon längere Zeit Verhandlungen im Gange. Sir Salar Yung if nun hierher gekommen, um der Regierung persönliche Vor- stellungen zu machen.
— Wie von der Goldküste berichtet wird, wären die dort ansässigen Kaufleute, mit Ausnahme der Franzosen und der Eingebornen, welche bisher unter dem Druckte des Königs von Dahomey zu leiden hatten, arg enttäusht, wenn er die ihm auferlegte Buße entrihten würde und so der verdienten Züchtigung entginge. Die franzöfishen Kaufleute, welche das Pordringen englischen Einflusses befürhten, werden wahrschein- lich für ihn bezahlen. Seine Armee ift 10,000 Krieger und Kriegerinnen ftark, das Amazonencorps, 1000 Köpfe, mit ein- gerechnet.
Frankreich. Paris, °. Juni. Das „Journal officiel“ veröffentliht abermals die Ernennung von 6 Maires und 7 Adjunkten.
— Die marokkanishe Gesandtschaft traf gestern in Versailles ein. An der Spiße derselben steht Sidi-el-Sady Mohammed-Ezeldi; sein Gefolge besteht aus 15 Sekretären, Kaids Und Dienern. Die Gesandtschaft wird am nächsten Donnerstag in Paris erwartet.
— Das „Journal de Midi? meldet, die neue Gnaden- Kommission habe die Akten der in Marseille gelegentlih der Ereignisse vom 4. September 1870 und 4. April 1871 Ver-
urtheilten verlangt.
— Die Deputirtenkammer hat vorgestern mit 365 gegen 133 Stimmen beschlossen, zur Diskussion des Gefeßes Über- zugehen, welches den Staatsfakultäten das auss\hließliche Recht überträgt, akademische Grade zu ertheilen. Das „Journal des Debats* bemerkt dazu: „Dies Resultat kam Niemanden un- erwartet; es is nur grade für die Katholiken höchst bedauerns- werth, daß sie diesen neuen Feldzug gegen die Universitäten unternommen haben, welchen einige Männer von zu leidenshaft- lihem Geiste erregen zu wollen scheinen. Dieser Feldzug ist um \o bedauernswerther, als er niht, wie der vorjährigen, die Aufregung cines in seinem Prinzip gerehten und freisinnigen Kampfes zum Vorwand nehmen kann. Die Ultramontanen der Deputirtenkammer haben es nit verhehlt, daß fie eine ent- schiedene Abneigung gegen die Freiheit haben, in deren Namen fie mit so leidenshaftlier Energie kämpfen. „Wir haben die Freiheit des höheren Os angenommen, fagt Hr. de Mun, als eine Transaktion mit der modernen Geseßtz- gebung.“ Ueberall, wo es ihnen möglich scheint, diese Trans- aktion zu vermeiden, beanspruchen sie das Monopol mit einer Kühnheit, die sich von allen Bedenken frei hält. So hat eine Anzahl spanischer Liberaler Subskriptionen eröffnet, um eine freie Universität zu gründen; seitdem hören die ultramontanen Blätter von Madrid nit auf, die Regierung um ein sofortiges Verbot dieser Subskriptionen anzugehen. Von den Einen die Freiheit fordern, wenn man fie den Andern versagt, und über Verfolgung klagen, wenn man selbft verfolgt, ist eine sehr wenig christlihe Politik. Thut eurem Nächsten nicht, was ihr niht wollt, daß man euch thue, sagt das Evangelium; aber die neuen Lehrer haben dies Alles geändert, und unter den Tugen- den, welhe fie in ihren Shulen aufrecht zu erhalten unterneh- men, haben fie nie daran gedacht, der chriftlihen Liebe einen Plat anzuweisen.“
— #7. Juni. (W. T. B.) Der hiesige türkische Bot- \chafter hat im Auftrage des Großveziers der diesseitigen Re- gierung Mittheilung gemacht, daß die türkische Regierung, ab- gesehen von einer Amnestie für die zur Unterwerfung bereiten Insurgenten auch \sih zu cinem sechswöchentlihen Waffen- ftillstande bereit erklärt habe, vorausgeseßt, daß der Pforte inzwischen freiftünde, die nöthigen Truppenbewegungen zur Kon- zentrirung der Streitkräfte und die Verproviantirung von Nikfic zu bewerkstelligen.
Ftalien. Rom, 2. Juni. Die Nachrichten aus Kon- stantinopel haben auch im Vatikan tiefen Eindruck gemacht. Der Papst verlangte auf die erste Kunde davon nah dem Kardinal Franchi, um von allen Einzelheiten in Kenntniß geseßt zu werden. Auf morgen is das Kardinalkollegium einberufen, um über die Frage zu berathen, ob der päpstliche Stuhl ein Memorandum an die katholishen Mächte rihten \oll, worin fie ersuht werden, sich der Chriften anzunehmen, wenn es die Er- eignisse erheishen sollten.
— Garibaldi hat sh geftern in Civitavechia nach Ca- prera eingeschifft. Seine Freunde hatten fich zahlreih am hiefigen Bahnhofe eingefunden, um fich von ihm zu verabschieden. Auch der Bürgetmeister war anwesend und nahm Garibaldi das Ver- \sprehen ab, im nächsten Winter nah Rom zurückzukehren.
— 7. Juni, (W. T. B.) Der formelle Abschluß der Ver- handlungen über Abänderung der Baseler Konvention wird, wie das Journal „Diritto“ meldet, noch durch einige Detail- fragen verzögert, indeß steht auch deren Erledigung in aller Kürze bevor, — Die Herzogin von Genua hat sich mit ihrem Sohne, dem Prinzen Thomas, Herzog von Genua, nah Deutschland begeben.
Türkei, Konstantinopel, 7. Juni. Der Minister des Auswärtigen hat tern der Türkei im Auslande ein Resumé des äârzt- lihen Berihts und Gutahtens über den Leichen- befund . des verstorbenen früheren Sultans Abdul Aziz zugehen lassen. Am Schlusse dieses von 19 Aerzten unterzeih- neten Berichts heißt es: Wir find demnach einftimmig der An- sicht, daß der Tod des vormaligen Sultans Abdul-Aziz dur eine in Folge der Verleßung der Blutgefäße an den Armbeugen ein- getretene Hemorragie herbeigeführt worden is, daß ferner diese Verlezungen von dem Instrument, das uns vorgelegt worden ist, sehr wohl herrühren können und daß endlich sowohl die
(W: L B.) den Vertre-
Richtung, in der die Wunden verlaufen, wie deren sonstige Be- \chaffenheit und das Instrument, welhes die Wunden hervorge- brahzt haben soll, uns zu dem Schlusse kommen lassen, daß ein Selbstmord vorliegt.
— (W. T. B.) Aus dem Privatschaze des früheren Sultans Abdul-Aziz/ sind 8 Millionen Consolidés unter dem 5. d. bei dem Finanz-Ministerium hinterlegt worden; dieselben sollen nicht in Umlauf gesezt werden. — Kiamitl Pascha soll demnächst zum Minister ohne Portefeuille ernannt wert en.
— Wie der „Politishen Korresponz“ aus Belgrad ge- meldet wird, hat der dortige Erzbischof und Metropolit Michael, auf die Aufforderung des Centralcomités zur Unter- stüßung Verwundeter und Kranker in Kriegszeiten, die ihm unterftellte Geistlichkeit in einem Cirkularschreiben aufge- fordert, die Zwecke des Vereins auf das Wirksamfte zu unter- stüßen. i — Ueber die Entthronung des Sultans Abdul- A ziz liegen in der „N. Fr. Pr.“, in der „Köln. Ztg.“ und in der „A. A. 3. brieflihe Mittheilungen vor, die den Vorgang folgendermaßen darstellen:
Pera, 30. Mai, Die Softas, Studirende der mohamedanischen Theolegie und Jurisprudenz, mehrere Tausende aa der Zahl, hatten bekanntli durch eine mit aller Energie und Festigkeit, aber ohne irgend eine Unordnung ausgeführte Demonstration die Beseitigung des Regiments Mahmud Paschas bewirkt. Der neue Großvezier, Mehemed Ruschdi Pascha, einer der ältesten Diener des Staates, entfernte aus dem Kabinet die untauglichen Elemente und umgab si mit patriotishen und energischen Männern. In einer Versamms- lung der mmtlichen Mitglieder des Kate wurde einstimmig die Abseßung des Sultans Abdul-Aziz und die Erhebung des Prinze Murad Effendi auf den Kaiserliben Thron beschlossen und dieser Beschluß durch ein Fetwa des Sdcheih-ül-Jslam sanftionirt. Es wurde ferner beschlossen, nur im äußersten Nothfalle gegen den Sultan Abdul-Aziz gewaltsam vorzugehen. -
Gestern, dea 29. d. M., begaben sich der Großvzzier Mehemed Ruschdi Pascha, der Kriegs-Minister Hussein Avni Pascha und der Marine-Minister Ahmed Kaisserli Pascha nah dem Palaste und hatten beim Sultan eine Audienz, welche sehr lange dauerte und einen sehr lebhaften Charakter hatte. Die drei Minister entwarfen ein ungefärbtes Bild von der Lage und verlangten unter Anderem vom Sultan, er môge mit einigen Millionen aus seiner Privatkasse dem bedrängten Staate zu Hülfe kommen. Der Großherr lehnte dies in geradezu sehr höflihen Ausdrücken ab, worauf die Minister den Palast mit der Erklärung, ihre Demission geben“ zu wollen, verließen. Als der Sultan das entschlossene Auftreten seiner Minister sab, shickte er ihnen den Kapu-Kehaya des Khedive Abraham Pajcha, der gleichzeitig türkisher Minister ohne Portefeuille ift und sich gerade im Palast befand, nach und ließ fie ersuchen, zurück- zukehren. Die Minister lehnten dies ab, versprachen jedoch, als Abraham Pascha in sie drang, morgen abermals nach dem Palaste zu fommen. Heute Nachts um 1 Uhr wurde der Palaft von Truppen umstellî, während Dampfschiffe auf der Seeseite den CGor- don um die Kaiserlihe Residenz vervollständigten. Jedermann wurde aus dem Palais hinaus-, jedoch Niemand hineingelafjen. Um 2 Uhr theilte man Abdul - Aziz mit, daß er abgeseßt sei, um 4 Uhr proklamirten die Truppen Murad Effendi zum Kaiser, und mit Tagesanbruch löste das mit Flaggen ges{chmüdte Admiralshif den ersten Kanonenshuß, welcher den Bewohnern der Hauptstadt das Ereigniß verkündete. Die Handelsschiffe flaggten ebenfalls und auf den Thürmen von Galata und Stambul wurden Fahnen mit den Insignien des n@œuen tas entfaltet. Alle Land- und Strantdhatterien erwiderten ‘die Salutschüsse des „Messudkieh", da die Thronbesteigung Murads von allen Schiffen und militärischen Objekten mit 101 Kanonenschüfsen gefeiert wurde. Oeffentliche Aus- rufer zu Pferde durcteilten die Straßen der Stadt uxd proflamirten Murad Effendi „als Sultan der Ottomanen.“ Murad Effendi befand fich in seiner eine halbe Stunde von Konstantinopel entfernt gelegenen Villa in Kadiköi, wo er, glei seinen drei Brüde“n, auf Befehl des Sultans ftreng bewacht wurde. Der Kriegs-Minister Hussein Avni Pascha begab fih im Laufe der Nacht auf eiuem Dampfer persönlich zu dem Prinzen und brachte ihn nach Stambul. Der neue Sultan wurde nach „dem Kriegs-Ministerium einge- laden; sein Wagen war von einer Eêcadron Kavallerie eskortirt. Auf dem Kriegs-Ministerium wurde er von dem Geschehenen in Kenntniß geseßt; von dort verfügte er sih nach der Moschee des Chyrkai Scherif, d. h. der Moschez, in welcher der Mantel des Propheten auf- bewahrt wird.
Unter den Türken herrs{t die freudigsfte Aufregung, die Softas verkündigen vor den Moscheen das stattgehabte Ereigniß, sich begegnende Freunde taushen Glückwüniche aus, wie bei einem freudigen Familienereignisse. Die Straßen sind dicht gedrängt, überall stehen lebhaften Meinungsaustaush pflegende Gruppen, dazwischen sprengen im \{charfen Galopp dichtgedrängte Reitermasjen zur Ver- stärkung der Besaßungen in den Palais von Dolma-Bagdsche und Besiktash, welhe im Laufe der Nacht {hon von Trup- en in der Stärke von 2500 Mann beseßt worden sein jollen. In der — ebenfalls militärisch beseßten — boben Pforte findet in dicsem Augenblick Ministerrath statt. Bei alledem bietet die Physiognomie der Stadt zwar ein dramatisch belebtes Bild, indessen sind Unordnungen irgend welcher Art nirgendwo vor- gefallen, insbesondere bieten fich kf eine Anzeichen irgend einer Seitens der Muselmänner gegen die Andersgläubigen beabsichtigten Aktion. Die Geschäfte in Pera und Galata sind eben so wenig wie ie Khane in Stambul ges{lossen worden, im Bazar nimmt Kauf und Verkauf ungestört seinen Fortgang.
— Ueber das am 19. Mai vollzogene Leichenbegängniß der beiden in Salonichi ermordeten Konsuln Deutschlands L e veröffentliht die „Turquie“ nachstehenden Bericht: :
Das Programm der Ceremonie war von den Behörden und den Commandeuren der fremdländishen Geschwader im Voraus gemein- schaftlih festgestellt worden Freitag in aller Frühe versammelten fich folgende Personen am Quai: Echreff Pasha, Generalgouverneur von Salonichi; Wahan Effeadi, Musteschar des Justiz-Ministeriums; Mehmed Pascha, Kommandant der türkishen Seestreitkräfte; die böberen Vilajetsbeamten, endli das Konsular-Corps in g-oßer Uniform. Bald nachher kamen der Großfürst Alexis von Rußland, die Admiräle, Commandeure und Offiziere der /fremdländishen Kriegs- schiffe ans Land, alle ebenfalls in Galauniform. Auf dem Quai waren Matrosenabtheilungen in vorher bestimmter Stärke aufgestellt. Der Zug begab si in die katholische Kirche. Abtheilungen türki- {en Militärs eröffneten denselben. Dann kamen Echref Pascha, MWahan Effendi, Mehmed Pascha und das Konsular-Corps, gefolgt von den Admiralen und Offizieren der Geschwader. Die Zuschauer- menge war fehr groß. Zu beiden Seiten des Zuges erwies ein aus Soldaten gebildetes Spalier die militärischen Honneurs. Glei nah Ankunft des Zuges in der fkatholischen Kirche, wo die sterblichen Ueberreste Jules Moulins, des französischen Konsuls, beigeseßt waren, begaun die Todtenfeier. Der von mehreren Priestern begleitete griehische Metropolit, desgleichen der Großrabbiner mit seiner Geistlichkeit, waren zugegen. Nah Beendigung der religiösen Ceremonie kehrte der Zug zum Hafen zurüdck, in der Ord- nung, daß Militär- und Marine-Abtheilungen vorangegangen, gefolgt von den Paschas und Wahan Effendi, worauf der griechische M-tropolit und sein Priester mit Kerzen in der Hand folgten, dann die katholishen Priester in voller Amtstraht und endlich der Sarg (des französischen Konsuls), Auf dem Sarge lagen die Uniform des Verstorbenen und seine Orden, sowie eine pracht- volle, Seitens der griehischen Kolonie von Salonichi gestiftete
Blumenkrone, welche auf s{chwarzem Bande die goldgestickte Jnschrift zeigte: „Die trauernde orthodor - griehische Gemeinde von Salonichi dem französis&en Konsul Jules Moulin.“ Dem Sarge folgten die Konsuln, die Verwandten des Todten, die Admirale und Commandeure. Eine ungeheure Volksmenge umdrängte den Zug. Nahe dem Quai harrten {warz auszeschlagene Boote aller fremdin Kriegsschiffe. Der Sarg wurde in das französishe Boot gebracht, um an Bord des Schiffes transportirt zu werden, das ihn nah Franfkreih überführen sollte. Alle Kriegsschiffe falutirten das Boot im Vorbeifahren mit Artilleriesalven.
__ Nachdem man den sterblichen Resten des frauzöfischWen Consuls diese Ehren erwiesen; begab sich der Zug in gleicher Ordnung zur griechischen St.-Nicolaskirhe, wo der Lrauergottesdienft für den Konful Deutschlands, Henry Abott, gehalten werden follte. Der Leichnam war in der Mitte der Kirche auf einem prachtvollen Kata- falk gebettet, Nach griecischem Ritus war das Gesicht frei. Der Körper war in die Confularuniform gehüllt, Eine prächtige Blumen- guirlande ähnlich der auf den Sarg des franzüsis{en Konsuls gelegten, zierte das Kopfende des Katafalks. Unter Assistenz der Bischöfe von Kampanias, Pohani und Ardenerri und aller griechischen Geistlichen der Stadt celebrirte der Metropolit Joachim die gotteédienstliche Feier mit allem Pompe des griechischen Rituals. Nach Schluß der- selben verließ der Leichenzug die Kirhe und zog über den russischen Konsulatsplaß, die Hauptstraße und das Hippodromion uach der Metropolitankirhe, wo der Sarg in einer hinter dem Kirchenchor ge- grabenen Gruft beigelegt wurde. Als das Signal des Einseukens ge- geben war, feuerten die Schiffe Geschüßsalven ab.
Sch&hweden uud Norwegen. Stockholm, 7. Juni, Heut früh 33/, Uhr i hierselbst, wie „W. T. B.“ berichtet, die Mutter des Königs, die verwittwete Königin Josephine Maxi- miliane Eugenie gestorben. Sie war, geboren am 14. März 1807, die Tochter des bekannten Adoptivsohnes Napoleon [,, Eugen Beauharnais Vice-König von I\lien), späteren Herzogs von Leuchtenberg, und der Prinzessin Auguste Amalie (gestorben 13, Mai 1851), des Königs Maximilian 1. Ioseph von Bayern Tochter. Am 22. Mai (19. Juni) 1823 vermählte fie fich mit König Oskar I., damals Kronprinz von Schweden, dem Sohn des als Karls XIV. Iohann in Folge Adoption durch Köniz Karl XIIT. 1818 auf den Thron von Shweden und Norwegen berufenen ehemaligen französishen Marschalls Bernadotte.
Æmerika. Aus Washington wird der „A. A. C.‘ unterm 3. Juni per Kabel gemeldet: Der Kaiser und die Kaiserin von Brasilien besuhten gestern Mount Vernor, wo General Washington einige Jahre wohnte. Heute reisten Ihre Majestäten von hier ab, um sich nach den Niagarafällen zu begeben.
Asien. Aus Calcutta wird der „Times“ auf |tele- graphishem Wege unterm 4. d. berichtet:
„Die Yunnan Mission kam mit der Eskorte am Freitag wohlbehalten in Rangoon an. Die HH. Baber und Grosvenor blie- ben in Mandalay; aber fie haben, wie es heißt, noch nicht den König gesprocen, weil fie sich nit dazu herbeilassen wollen, ihre Schuhe auszuziehen. Sie werden am Dienstag in Rangoon erwartet. Die Soldaten fanden die wilden Stämme und die Einwohner von Man- wyn sehr freundlich, aber den Marsch sehr ftrapazenvoll. Auf dem Hinwege fanden sie die Dörfer verôödet, auf dem Rükwege aber voll und freundlich. Die Beamten von Manwyn beftreiten, daß Mar- gary je dahin fam; aber es sind klare Beweise vorhanden, daß der Mord von Kaiserlichen Truppen verübt wurde, Biele Personen sind eingesperrt, aber Hrn. Grosvenor's Bericht wicd fie wahrscheinlich freisprehen. Margary's Leiche wurde in den Fluß geworfen und sein Kopf auf einen Baum gesteckt. Seine Ef- fekten sind wiedererlangt worden. Die Chinesen warten Hrn. Gros- venors Bericht ab, ehe fie Hinrichtungen anordnen. Das Land ift im Allgemeinen fspärlich bewohnt. Herr Groësvenor reifte in großer Gala mit dem chinesischen Oberbefehlshaber von Yunnan. — Die Lage der Dinge an der Punjaubgrenze ift noch immer ungeregelt, doc die Afridies haben sich während der leßten Wochen ruhig ver- halten, aber noch nit unterworfen. Jn Lahore ging das Gerücht, daß ein Herbstfeldzug gegen die Bergstämme unternommen werden würde. — Aus Kabul wird gemeldet, daß die Straßen zwischen Samarkand und Badaksham durch einen Kampf zwischen den wilden Stämmen gesperrt find, und daß der Emir ersucht wurde, einzuschreiten, und das Land, welches dem Vernehmen nah Gold- und Diamantenminen ent- hält, zu annefktiren.“
Afrika. Aus Alexandrien wird den „Daily News“ telegraphish gemeldet: „Die Thronbefteigung des neuen Sultans in Konftantinopel ift in Port Said, Suez, Kairo und Alexandrien die ganze Woche hindurch gefeiert worden, Salutshüsse wurden täglich mehrere Male gelöft und Abends fanden Beleuhtungen statt. Der plögliche und friedliche Erfolg der Softas hat alle Parteien angenehm überra\cht, mit Axs- nahme einer. Murad Pascha i| ein alter Feind des Khedive, dessen Pläne und Aussichten sowie diejenigen des Erb- prinzen durch diese unerwartete Wendung in den orientalishen Angelegenheiten empfindlich affizirt worden. Die Königlihe Yacht „Mahroufsa“ ift unter Segelbefehl nach Kon- stantinopel; aber ob der Khedive dem neuen Sultan persönli \cine Huldigung darbringen oder Charif Pascha senden wird, ist noch niht bekannt. — Es herrscht hier keine politishe Auf- regung und es wird keine erwartet. Kein Softa oder irgend cine andere Reformpartei kommt hier zum Vorschein, und unter gut unterrihteten Leuten wird der Erfolg der Bewegung in Konstantinopel niht für gefichert erachtet.“
— Ueber den Konflikt des Khedive mit den neuen Ge- richten wird der „Allg. Ztg.“ geschrieben: „Als am 23. Mai der Gerichtshof erster Inftanz seine Sizung eröffnete, um über die za!l- reihen Proteste der Gläubiger gegen die Daïra des Khedive zu verhandeln und im Sinne der bereits exlassenen Erkennt- nisse, die \ämmtlih und von Rechtswegen die Daïra zur Zahlung ihrer Wechsel und Bons verurtheilt Hatten, weiter zu erkennen, fanden \sch vier Advokaten (con- seillers d’état) ein und baten um das Wort, das ihnen der Präsident au fofort bewilligte. Einer dieser Advokaten verlas darauf eine Erklärung, in welcher er im Namen der ägyptischen Regierung allerdings zuerst die Kompetenz der Gerichtshöfe an- erkannte, und auch einräumte, daß sich die Regierung selbst ihren Aussprüchen bereitwillig unterordne, jedoch hinzuseßte, daß da- durch der Khedive das Recht der Gesezgebung in seinem Lande, auch in Bezug auf die Europäer, niht aus den Händen gegeben habe. Nur die garantirenden auswärtigen Mächte, fuhr der Red- ner fort, könnten dieses Reht beshränken ; bevor aber dies nit geschehen, seien die Tribunale verpflichtet, jedes Dekret des Khedive als zu Recht bestehend und mit Gesegzeskraft versehen anzuerkennen. In die Kategorie jener Dekrete gehöre selbstverständlich auch die neue Finanzkonvention und die damit verbundene Verordnung der Zahlungsfistirung und der Konsolidirung der \chwebenden Squld, sowohl des Staates als der Daïra. Der Gerichtshof möge daher die Verantwortlichkeit und die Gefahren bedenken, denen er sich aus\eze, wenn er durh Nichtahtung jenes Dekrets in feinen Verhandlungen und Verurtheilungen gegen die Daïra fortfahre, und fie, die „Räthe der Krone“, seien deshalb erschie- nen, dagegen Proteft zu erheben.“
Sogleich verlangten eine Menge Advokaten der klagenden Parteien stürmish das Wort zu einer Replik, aber der Präsident beshwichtigte fie und fragte die sogenannten „Räthe“ einfach: ob fie ihre Aussage zu Protokoll geben und eine Klage darauf begründen ollten. Als fie dies verneinten, zog fich der Gerichtshof zur Berathung auf einige Minuten zurück, und als er wieder er- sien, waren die „Räthe“ verschwunden. Das Tribunal seßte darauf, ohne weitere Rückfiht auf diesen Jncidenzfall, seine Verhandlungen fort, selbstverständlih unter der lebhaftesten Zu- ftimmung des versammelten Publikums.“
— Nach einer Mittheilung der „Times“ wird fich der Khedive auf den Rath seiner Aerzte binnen Kurzem nah Vichy begeben...
N@chruf.
Am 28. v. Mts. vershied in Thale der Vorsizende des Direktoriums der Magdeburg - Leipziger Eisenbahn-Gesellschaft, Geheimer Ober-Baurath a. D. Eduard Koch in noh nicht vollendetem 52. Lebensjahre, ohne vorheriges Krankenlager, nah furzen Leiden.
Unter den weite Kreise umfassenden Leidtragenden befinden fich auch die Mitglieder dec unterzeihneten Behörde, welcher der Verstorbene seit dem Jahre 1864, auf seinen besonderen Wun\ch und mit Allerhöchster Ermächtigung auch nach erfolgtem Aus- \cheiden aus dem Staatsdienste, angehörte.
Der ebenso rege als erfolgreiche Eifer, mit welchem er sich an den Arbeiten des Kollegiums betheiligte, seine Gediegenheit in Rath und That „\o wie die ihm zur anderen Natur ge-
r ordene rast- und selbsilose Verwerthung seiner ungewöhnlich j
umfassenden Fachkenntnisse, und dies Alles getragen von einer gewinnenden Persönlihhkeit, haben ihm rash die volle Werth- \häßung und hohe Achtung des ganzen Kollegiums, die auf- richtige Freundschaft so vieler seiner Kollegen erworben. Ein dauerndes und ehrenvolles Andenken ist ihm in diesem, seineri Verlust \{chmerzlih betrauernden Kreise gesichert. Bexlin, den 4. Juni 1876. Königliche tehnische Bau-Deputation. Weishaupt.
Statistische Nachrichten.
Neuerdings ist eine Statistik des Kreises Arnsberg von dem Königlichen Landrathe Freiherrn von Lilien herausgegeben worden; derselben gebt eine geographife, naturgescickchtliche und histo- rishe Beschreibung des Landes von Prof. F. Pieler in Arnsberg voraus. Wir entnehmen derselten an Mittheilungen von allgemeinerem, namentli bistorischem Interesse auszüglich Nachstehendes: Der Kreis Arnsberg, der, wie die Stadt gleiczen Namens nah dem alten Grafen von Arnsberg benanut ist, bildet erst seit 1816, wo bekanntli das Herzogthum Westfalen an die Krone Preußen kam, als Verwaltungs- bezirk ein Ganzes. Im NVebrigen stellt er fich weder in geognof ischer
Verlin, den 7. Juni 1876.
Weltausftellung in Philadelphia 1876.
Der Direktor des Bureaus für den Medizinaldienft, Hr. MWilliam Pepper, veröffentlicht in einem Cirkular ftatiftishe Mittheilungen über den Gesundheitszustand der Stadt Philadelphia. Wir entnehmeu diesen Mittheilungen, welche als „aus den zuverlässigsten zugäuglihen Quellen ge{öpft" bezeichnet werden, Folgendes: :
Wahrend Wien in den leßten 5 Jahren bei einer Durcschnitt3- Bevwblkerung von 648,560 eine Durchschnitt2sterblichkeit von im Ganzen 20,424, d. h. 31,42 per Tausend; New - York bei einer Bevölkerung von 994,458 im : ) Tausend; Berlin in den leßten 4 Jahren bei ciner Berölkerung von §950,000 eine Sterblihfeit vou 28420 d. b 29,91 Per Tausend; London in 5 Jahren bei einer Bevölkerung von 3,284,488
cine Sterblichkeit von 76,741, d. h. 23,23 per Tausend, und Paris in den letzten 4 Jahren bei einer Bevölkerurg von 1,851,792 eine Sterb- | lihfeit von 42,724, d. h. 93 06 per Tausend hatt-, hatte Philadelphia | | ter Preisrichterhalle, dem Telegraphenamte und dem Centennial-Aerzt-
in dem Zeitraum der leßten 9 Jahre bei einer Durchschnittsbevölké- rung von 744,831 nur eine Sterbli&keit von 16,573, d. H. 22,27 per Tausend. Während aus diesen Zahlen hervorgeht, da} Philadelphia eine geringere Durcscnittésterblichkeit aufzuweisen hat, als irgend eine andere Stadt über 500,000 Einwohner, hat dasselbe mit dem Fahre 1874 einen noch günstigeren Gesundheitëgrad erreiht, denn bei einer Bevölkerung von 775,000 betrugen zu dieser Zeit die Anzahl der Todeófälle nur 14,966, d. h. 19,3 per Tausend.
Das Klima Philadelphias ift im Ganzen ein günstiges, die mittlere Fahreêtemperatur während der leßten 10 Jahre betrug 53,73° Fahren- heir, die jährliche mittlere Regenmenge ungefähr 45 Zoll. Nur wäh- rend der Monate Juni, Juli und August erreiht die mittlere Tein- peratur einen hohen Grad, 73,54, 78,74 und 75,920 Fahrenheit. Doch herrschen während dieser Periode sehr selten epidemische Krankheiten; und die Hauptsterblichkeit findet unter Kindern besonders der ärmeren Klafsen statt. { 9! . E
Der gegenwärtige Gesundheitszustand Philadelphias ift ein un- gewöhnlih guter. Es sind rechtzeitig Vorkehrungen getroffen, elne reiwlihe Wasserzuführ zu bewirkea, um dem großen Zu- wachs an Bedarf zu begegnen, welher im Vergleich mit vorhergehende Fahren zu erwarten ist. Es wird von den Behörden beständige Wachsamkeit aufgewandt werden, Reinlichkeit aufrecht zu erhalten und jede mögliche Krankheitsursache zu vermeiden oder zu entfernen. Auf den Avusstellungsgründen wird unter der Kontrolle des Bureaus für den Medizinaldienft eine frenge Sanitätsaufsiht ausgeübt und dadurch eine Garantie geboten, daß durch Vernachlässigung dieses wichtigen Dienstes keine Ursache zur Einführung von Krankheit eintritt. _ : : |
Hr. Pepper beabsichtigt, in gewissen Zwischenräumen, weitere Cir- fulare zu veröffentlichen, welde in amtlicher sorgfältiger Weise über den Gesundheitszustand der Stadt berichten, fo daß alle Die, welche die Ausstellung zu besuhen wünschen, vollständig beruhigt sein können,
(A. Daul's Korr.) Die Gentennial-Weltausftellung zu Phila- delphia ist, der Form nach, und zwar auf das Slänzendste eröffnet worden. Ju der That aber wird fie erst nah Ablauf mehrerer Wochen fertig werden. Denn die Kommissionäre haben, Dank dem vergangenen milden Winter, ihr Versprelen zwar pünktlich einha!ten können; die Aussteller aber, insbesondere die Amerikaner selbst, find nur zu lässig gewesen, ihre Ausftellungsgegenstände zur rechten Zeit zu schicken und aufzustellen. E :
Es ist unmöglich, selbst über das jeßt Vorhandene eine geordnete Uebersicht zu gewinnen, da die erfte Ausgabe des Kataloges wenig braubar und voll von Mängeln ist (denn das Deutsche Reich ist in ihm sogar gänzli autgelafsen) und erst eine neue revidirte, na einem besseren Prinzipe zu r-digirende Ausgabe dieses unentbehrlichen Führers auf einer solchen Ausstellung abgewartet werden muß.
Besonders sinnreich sivd die Ein- und Anne fonftruirt. An ersteren befinden fi Wechselbuden für die 50 Cents Scheine. So- bald Jemand den Drehstuhl des Einganges paisirt hat, so berichtet derselbe dieses auch sogleich mittels elcftrischer Drahtleitung auf ciner großen Zifferschcibe in der Hauptoffice der Centennialkommission, in Folge dessen man zu jeder Zeit des Tages genau die Anzahl der Be- sucher kennt. Die Ausgänge sind wieder eigens fonstruirt, und fobald Jemand einen solchen betreten hat, kann er nicht mehr zurück auf den Ausftellungsplaß gelangen, außer er zahlt, da keine Retourmarken
Ganzen 29,601, d. h. 29,93 per |
und geogravhischer, noch biftorischer Hinficht als ein folches dar; er umfaßt nämlich nur einen Theil des ehemaligen Herzogthums Westfalen, wie auch der Grafschaft Arnsberg. Seine Höhenzüge find Auêläufer der höheren Gebirge im Süden des Regierungsbezirkes, dort haben auch seine größeren Flüsse, wie namentlich die in ihm allerdings auh noch nit \{iffbare Ruhr, ihren Ursprung. Es giebt in ihm keine Großstadt, welche die Bewohner der Umgegend an sih ziehen und dur ihren Markt einen erheblihen Einfluß auf das Land ausüben fönnte ; ebenso ist die Industrie, obwohl feit Erbauung der Ruhrthal- Eisenbahn in gedeihlichem Aufschwunge, doch ni&t so bedeutend, daß die vorhandenen gewerblichen Aulagen zu Mittelpunkten für weitere Umgegenden geworden wären. Die Bevölkerung ift eine vorwiegend ländliche, und einzig Arnsberg selbft zeichnet als alte Hauptftadt der Grafschaft und nah deren Uebergange an Kurcöln als Regierungss\iß für das ganze Herzogthum Westfalen den Kreis . vor den übrigen Kreisen des westfälischen Süderlandes aus. Der Kreis Arnsberg liegt ungefähr in der Mitte des gleihnamigen Regierungsbezirkes zwischen 951° 14‘ und 91° 31° nördlicher Breite und zwischen 25226! und 26° 3* der Länge; fein Flächeninhalt beträgt 67,653 Hektar 97 Ar, hiervon kommen 1418 Hektar auf Wege und Eisenbahnen, 267 auf Flüsse, Bäche und Teiche. Sein Umfang beträgt etwas über 20 Meilen. Der größte Theil des Kreises liegt über 800 oder 8590 Fuß hoch; zu bis dieser Höbe ist das Klima noch als gemäßigt zu bezeichnen, darüber hinaus wird es rauh und kalt. Geschichtlich is zu bemerken, daß die Grafen von Arnsberg, welche vermuthlich von dem von Karl dem Großen über den westfälishen Theil des eroberten Sachsenlandes eingesetzten Grafen abstammen, 1077 eine Burg auf dem Arneberge erbauten, 1371 ausftarben, nachdem der leßte Graf Gottfried IF. bereits 1368 die Grafschaft an den Kurfürsten von Cölu verkauft hatte. 1802 kam Arnsberg mit dem Herzogthum Westfalen an den Landgrafen von Hessen - Darmstadt, 1816 endlich an Preußen. Bald in der ersten Zeit der Kurcêölnischen Regierung bildeten sich Landftände, eren Steuerbewilligungsrecht 1482 auf das bündigfste anerkannt wurde; sie wurden erst 1806 aushoben. Gegenwärtig zerfällt der Kreis in 7 Bezirke: Stadt Arnsberg, Stadt Unheim und die Kem- ter Allendorf, Balve, Freienohl, Hüften und Warstein, welche am 1, Dezember 1875 zusammen 38,430 Einwohner hatten, gegen 36,925 im Jahre 1871. Die ältesten Spuren der Einführung des Christen- thums lassen sich bis auf den 13, Januar 802 zurückfükren, an wel- chem Tage dem Abte Liudger vom Kloster Werden das Erbgut zweier Todtschläger in Villa Hustene von dem Vater und den Brüdern des Erschlagenen, denen es vom Kaiser zugesprochen worden, ge- \chenkt wurde. Zweimal, 1546 durch den Cölner Erzbischof Her- mann V., Grafen von Wied, und 1583 und 84 dur den Erzbischof Gebhard Truchseß von Waldburg, wurde, allein vergeblich, der Ver- such gemacht, die Reformation hiec einzuführzn. Noch 1806 waren im Herzogthum Westfalen unter 131,321 Einwehbnern nur 590 Luthe- N 109 Reformirte und 21 Menoniten, wohl aber bereits 1844 Juden.
Kunst, WissensHaft und Ltteratur.
Der „Allg. Ztg.* geht aus Rom unter dem 28. Mai fol- gende Berichtigung zu: Hr. Mommsen hat in Arpino eine In- \chrift des Marius weder entdeckt noch zu entdeck-n geglaubt, wohl aber die im Jahre 1780 in Casamari gefundene, mehrfa® und zuleßt von ibm felbst in den Inseriptiones Regni Neapolitani unter Nr. 4487 edirte Inscrift desselben in Arpino, in demselben Haus in dem sie dort angegeben wird, neu verglichen.
auëgegeben werden, aufs neue seinen Eintritt an einem der Eingänge. 1
Am besten thut der Besucher der Ausftellung wohl, wenn er fi vor Allem auf einem Vlane des Ausftellungeplatzes gut einftudirt, und, auf demselben selbft ongekommen, sich der doppelgeleisigen, aber schmalspurigeza Eisenbahn anvertraut, welche rundum auf dem Ausstellung8platze herumläuft und fast j2edes bedeuten- dere Gebäude berührt. Eine solche Fahrt, diz blos 5 bis 10 Cents kostet, ift hon allein genußreich genug und dient, be'onders wenn wiederholt, zur besten Orientirung auf dem Platze. Und diese ift auch sehr nöthig ; denn die Ausftcllungsstadt if ehr ausgedehnt, und die vielen Gebäude und Baulichkeiten verwirren febr. Denn cs sind deren niht wenige. Da stehen vor Allem die fünf Hauptausftellungs- gebäude wit sieven Anbauten, nicht zu vergessen den 105 Fuß hohen MWassertburm, der mit dem cigens mit einem Kostenaufwande von 35,000 Doll. für die Auestellung nahe dem Schuykfill errichteten Wasserwerke alle 24 Stunden bei 2,000,000 Gallonen Wasser hebt und durch ein ausgedehntes System von Röhren allen Ausftellurgs- gebäuden u. \. w. zuleitet. — Dazu kommen die Gebäude, welckche die verschiedenen Bureaux der Centennial-Kommission enthalten, nebst lichen Depot, wel letzteres 70 ch 70 Fuß groß, unweit des Brafilian- Navillons erri{cht:t und mit einer Diépenfary, Medizinishen und Cti- rurgishen Räumlichkeit 2c. eingerichtet ist, und in welchem Per- sonen, die bei einem Unfalle etwa verurglüdcken oder plößlich erfranfen möchten, ebenso wie in dem medizinischen Departemente der Auéîtel- lung der Vereinigten Staatenregierung untergebracht und verpflegt werden fönnen,
Weitere hieher gehörige Gebäulichfkeiten sind dann die einer Tranë- yort-Compagrie, einer Maschinenwerkstätte für vorkommende Repara- turen, ciner Tieetoffice der Vennsylvania Eisenbahn und einer solchen des internationalen Touristenwesens. Zur Aufrechterhaltung der Ord- nung sind die umfassendsten Maßregeln getroffen. Dem Polizeidistzift West-Philadelphia, in dessen Nachbarschaft die Auéstellung sich be- findet, wurden 120 Polizisten mehr zugetheilt. Vie Parkpolizei ver- fügt über 200 Mann, und die Centennialpolizei über 1090 Mann
! (mit 7 Kapitänen und evensoviel Stationen), die ihre eigene Kaserne
baben. Dazu iît noch ein Stab der tüchtigsten Geheimpoliziften an Ort und Stelle, um der Zunft der Langfinger das Geschäft zu legen. Das Centennial-Feuerdepartement wird drei Feuer- 16schstationen haben. 12—15 Dampf-Feueriprißen sind ihm von deu betreffenden Fabrikanten zum Gebrauch- angeboten und in dem Spriteahause in der Nähe des Regierung8gebäudes wird eine neue Patent-Feuerleiter ausgestellt werden, welche aus zehn je 74 Fuß langen Theilen besteht, die in wenigen Minuten zusammengeseßt und auf dem Wagen, an welchem sie befestigt find, 75 Fuß hoch, frei auf- gestellt werden kann. Gerade hierher ift, des Vergleiches halber, das böst interessante Holzmodell eines vollständigen Berliner Feuerdepots zu erwähnen. Alles in und an dem Modell macht ein Siebentel der natürlichen Größe aus, und nichts ist darin von all den Geräthschaf- ten und dem Zugehör einer so!chen Analt vergessen, vom kleinsten Haken an bis zur größten Feuerrettunesieiter. Auch ift Alles aufs Genaueste, Schönste und Zierlichste nagearbeitet, und zwar — von Feuerleuten felbst. M /
Auf dem Ausftellungéplaße ilt ferner cine Musikbühne, ein tür- fishes Kaffeehaus, ein tunefisches Kaffeezelt, fes verschiedene Re- staurationen (unter denen si die französilche bereits den Ruhm der hôsten Preise, die deutsche aber den der billigsten Preise errungen haben). Dann ein halb Dußend Ruhepläße, eben so viel Cigarren- und Sodawasserstände, wozu auch no die Trinkfontaine der Söhne der Temperenz zu zählen „ist. Die Frauen werden in ihrem Pavillon eine Mann'gfaltigkeit von zierlichen und nüßlichen Erzeugnissen ent- falten, wovon man sich gar keinen Begriff matt. Von dem unansehnlihen Strikstrumpî an bis zur blendend weißen Stickerei, von der einfachen Zimmerdecke bis zum kostbaren Teppich, Ylalereien und Zeichnungen, Holzschnißtzereien, Gewebe und wie die Dinge alle heißzn mögen, welche Frauen zu vollenden vermögen. Hohe und Höchste Frauen haben Höchsteigenhändige Arbeiten zu die- ser Sammlung geschickt. Die Kaiserin und Krouprinzessin des Deut- schen Reiches, die Großherzogin von Baden, die Königin von Sng- land und eine Anzahl englijher Prinzessinnen haben Beiträge gelie- fert, welche in der Nachbarschaft mit den Sacheu der ärnisten Sticerin und Nätherin ihren Platz angewiesen finden werden. Ver- schiedene Frauenvereine aus Deutschland haben Arbeiten eingesandt und ein von der Deutschen Kaiserin dem Frauencomité verehrtes
— Am 3. d, M. starb der bekannte Orientalist Professor Martin Haug in Ragaß, wohin er sih zur Herstellung iner Ge- sundheit begeben hatte. Seit acht Jahren gehörte der Verftorbene der Universität München als Lehrer an, nahdem er durch seine Stellung an dem Sansékrit-College in Puna und bur feine lingui- stische Begabung fih die Befähigung zu einer akademischen Professur des Sanskrit und Zend erworben hatte. Î
— Die Reftaurationsarbeiten am Münfter zu Straß- burg werden rüstig fortgeseßt. Nach fast vollständiger Wiederher- stellung des architefktonishen Theils der Hauptfaçade erstrecken ih zur Zeit die Arbeiten auf Ergänzung der Steindekorationen des un- ausgebauten Thurmes. Faft auf der vollen Höhe deffelben wurde am 1. Juni das kolossale Standbild eines Bischofs glücklich empor- gezogen und aufgestellt.
— Vie aus Bergen telegraphish gemeldet worden, if am 1, Juni früh die \{wedisch-norwegische Erpedition zur Untersuchung des nördlihen Theiles des atlantischen Oceans in See gegangen. An Bord des Ervpeditions\chifffes be- finden sich: der Méeteorolog Mohn, die Zoologen Sars, Danielfen und Friele, der Chemiker Svendsen und als Zeichner der Landfhafts- maler Schie: Chef ift Kapitän Wille, Nächstkommandirender M. Petersen und Navigateur Grieg. Die Besaßung besteht aus 27 Mann.
— Im Verlage von Hermann Costenoble in Jena wird demnächst eine Sammlung von neuen noch ungedrudckten Ger dichten Friedrich Bodenftedts, des Dichters der bereits in 52 Auflagen erschienenen Mirza-Schaffylieder unter dem Titel „Ei n- kehr und Umschau“ erscheinen.
Gewerbe und Handel.
Aus dem Jahre?bericht des Direkiors der Englischen Münze theilt der „B. B. C.° mit, daß während de erfloss Nünze theilt der „B. B. C. it, daß während des verflossenen Jahres 30,581,242 Geldftüke geprägt wurden gegen 27,467,142 in adô74 und deren wirklicher oder nomigeller Werth betrug 912,263 Pfd. Strl. 10 h. 2 d, Die Prägung -von Golèmüazen war auf halbe Sovereigns beshränlt, Das bis Ende FJa- nuar dieses Jahres in die Münze für Prägungszwecke gesandte Gold erreichte einen Totalbeirag von 6,250,000 Pfd. Sterl. Die Suspension der Goldmünzenprägung für einen Zeitraum von länger als einem Jahre is hauptsäcblich dem Umstande zuzuschreiben, daß in 1875 nicht weniger als 2,726,000 Pfd. Sterk. in australishen Goldmünzen in die Bank von England flossen, Der Werth der in 1875 emittirten Silbermünzen stellte fich auf 771,145 Pfd. Sierl. gegen 702,990 Pfd. Sterl. im Jaßre vorher.
Stockholm, 5. Juni. „Aftonbl.* zufolge ift in diesen Tagen zwischen dem Reichsschuldercomtoix und der Bankfirma C. I. Hambro u. Sohn in London ein Kontrakt über eine Eisenbahnanleihe von nominell 2 Milliozen Pfd. Sterl. abgeschlossen. Der Zinsfuß beträgt 4219/9; die Bedingungen sollen für Schweden günstige sein.
VerLtehrs:-:Anftalten-
Baltimore, 2. Juni. Das3 Postdampfschiff des Nordd. Llovd „Ohio“, welchces am 17, Mai von Bremen und am 20. Mai ven Southampton abg-gangen war, ist heute woblvehalten hier an- gekommen.
New-York, 4. Juni. Das Postdampficiff des Nordd. Lloyd „Neckar*, weiches am 20. Mai von Bremen und am 23. Mai von Soutbampten abgegangen war, ist gest:rn 4 Ur Morgens wohlbehalten hier angekommen. pra&tvolles Album enthält einen Katalog über alle deutschen Frau? n- institute.
Die deutsche Kommission hat ein recht hübscbes Gebäude im Renaissancestyl nahe dem Preisrichtier-Pavillon errichten lassen, in welchem die Bureaur der Kommission, sowie Sprechzimmer für deutsche Aussteller und deren Damen fi befinden. Anstatt der Decken- malereicn hat man Rahmen, die mit Leinwand überzogen und çe- \{chmackvoll gemalt worden sind, in die Decken eingefügt. Der kolofsaie Reichsadler in der Decke der mittleren Hakle nimmt sich überaus statili% aus. Auf einer bequemen Treppe und dur einen ges{mack- vollen Portikus gelangt man aus dem den Bau umg?2benden Garten in den Mittelsaal des Gebäudes.
Zu den zahlreichen, gleichsam offiziellen Baulichkeiten kommt noch eine große Anzahl anderer Gebäude, Plätze u. s. w., die mehr den Privatcharakter an sih tragen und geshäftlichen Zwecken gewidmet sind, als: ein artesisch:er Brunnen, eine automatische Eisenbahn, für eine Ziegelsteinmasccinz, eine Wiener Bäckerei, für Campbell's Druck- pressen, ein Eisenwerf, ein2 Farbenfabrik, für eine Felsbohrmaschine, für Gasmaschinen (2), zwei Glazfabrifen, ein Guanogebäude , für fünstliche Heize und Brennmaterial en (2), für Hzuverpacurg, Her- stellung von Karnissen, für Singers Nähmaschinen, für Ofenwerke, für einen Pulverpfablrammer, ein Photographenatelier, eine Ner faufêe stelle von Pop-Corn, für Sargfabrikation, Sägemühlen (2), Schloß- fabrik, für Thee- und Kaffeepressen, Windmühlen (10), Zünderfabrik zu Hohlgeshossen u. #. w., u. st. w.
Auch ist genugsam Sorge getragen, daß der Besucher, wenn er müde vom Stehen und Bewundern, oder vom Studiren oder geschäft- lichen Transafktionen ist, sich auch ausruheu und erquicken kann; dern autzer sech3 Restaurationsgebänden und zwei Kaffeelokalen befinden fich in den verschiedenen Ausftellungsgebäuden solche Etablissemente eingerichtet. Sine eigene Abtheilung für „Oeffentlihhen Komfort* ist geschaffen, in welcher man besondere Pcivatzimmer zum Umkleiden u. f. w. haben fann. An passenden Pläßen sind Nollstühle für sol%e aufgestellt, die si di:ses Fortbewegungsmittels bedienen wollen. Für 60 Cents fann ih jeder von einem „Rolling Chairman" eine Stunde laxg in cinem vequemen Sess:l herumfahren lassen. Nn einer andern Stelle bhinwiederum wird man, wenn man Lust hat, die stadt aus der Vogelverspektive zu erschauen, von einem Aufzuge in die Höhe gehoben. Eine Gesellschaft zur sichern Aufbewahrung von Werthsachen ist im Hauptausstellungegebäude etablirt, und die „Cen- tennial- Nationalbank“ nimnit in einem eigenen Gebäude auf dem Ausstellungz2pla§ze Depositen in Geld an, handelt mit Werthpapieren, weselt fremde Münzen aus und ein, und ift mit dem Verkaufe der Centennial-Medzillen betraut, welhe dem Besucher beim Abschiede ein Angedenken an die hier verlebten Stunden darbietet.
Im Jahre 1841 erschien bei E. S. Mitter in Berlin ein Reisewerfk über die Türkei in Briefen, die ursprünglich nur zur Miitheilung an die nächsten Fceunde des Autors bestimmt, erft ipâtec als Buch veröffentliht wurden und gegenwarttg wohl rur noch in wenigen Händen befindlih fein dürften.
Die in dem Buche enthaltenzn Mittheilungen, Betrachtunaen und Stiilderungen find für die Kenntniß der in der Türkei herrschenden Zustände von einem solten Werth, sie sind erfüllt von einem so treffenden landschaftlihen und sozialen Kolorit, daß einer unserer kompetentesten Beurtheiler derartiger Leistungen, L. Mitter, sich der Einführung dieser verdienftvollen Arbeit durch ein höchst anerk:nnendes Vorwort unterzogen hat. E
Die Briefe schildern die Eindrücke, welche der Verfasser während einer die Fahre 1835 bis 1839 umfassenden Anwesenheit in der curopäishen und asiatischen Türkei gewann, sowie die Begeben- heitea, dern Zeuge er in dieser für die äußeren und inneren Ver- hältnisse der Türkei so wichtigen Periode war.
Diese Periode ift bezeihuet durch die Reformbestrebungen Mahmud 11. und die Kämpfe der Pforte mit ihrem Vasallen Mehemet Ali und dessen Sohn Ibrahim von Aegypten. Vermöge feiner Stellung als Rathgeber, Instruktor und Topograph, die der Autor, gänzlih ungesucht, seiner Begegnung mit Chosreco Pascha, dem da- maligen Leiter der Staatêgeshäfte, verdankte, war Niemand beffer, als der — damalige Hauptmann von Moltke — in der Lage, die cthnographischen, militärishen und politischen Verhältnisse des einer neuen Aera entgegengeführten Landes kennen zu lernen,