1876 / 135 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 10 Jun 1876 18:00:01 GMT) scan diff

Nichtamlliches.

Deutsches Ne ie.

Preußen. Berlin, 10. Iuni. Se. Majeftät der Kaiser und König nahmen heute im Beisein des Gouverneurs und stellvertretenden Kommandanten militärishe Meldungen und demnächst die Vorträge der beiden Kabinette entgegen. Später empfingen Se. Majestät den Grafen Ysenburg und den General- Arzt Dr. Grimm und arbeiteten vor dem Diner mit dem Reichs- fanzler Fürften Bismarck.

Ihre Majestät die Kaiserin-Königin ertheilte gestern in Baden dem bisherigen Gescndten der Schweizer Eid- genossenschaft, Oberst Hammer, die nahgesuchte Abschieds-Audienz. Heute wurde Ihre Majestät durch die Nachriht von der Entbindung Ihrer Königlichen Hoheit der Erbgroßherzogin von Sachsen-Weimar von einem Prinzen hoh erfreut.

Bis Ende Mai d. I. waren zur Ausführung des Ge- \ch2s, betreffend die Ausgabe von Reichskassenscheinen, vom 30. April 1874 auf den definitiven Antheil der Bundes- ftaaten (120,000,000 6) 117,701,195 / (und 70 M baar) angewiesen, auf den Maximalbetrag der Vorschüsse (54,889,941,72 A), so daß zum Ersaß von Landespapiergeld noh 2,298,735 A und zur Erfüllung des Maximalbetrags der Vorschüsse noch 2,026,382,599 #4 erforderlich waren. An Landes- papiergeld find 178,960,221 A eingezogen und vernichtet worden,

In den deutshen“ Münzstätten find bis zum 3. Juni 1876 geprägt: an Goldmünzen: 1,081,597,160 6 Doppelkronen, 323,653,680 /6 Kronen; hieroon auf Privat- rechnung: 170,625,005 /6; an Silbermünzen: 47,261,395 46 9-Markstücke, 136,889,738 46 1-Markstücke, 26,088,544 /6 50 5 90-Pfennigstücke, 25,767,983 4/6 Z 20- Pfennigstücke; an Nickelmünzen: 16,686,162 /6 80 Z 10-Pfennigsitüde, 9,785,637 M 65 S 9 - Pfennigstüle; an Kupfermünzen: 5,511,539 M 62 4 2 -Pfennigftüke; 3,038,353 A 47 SZ 1-Pfennigstüde. Gesammtausprägung: an Goldmünzen: 1,405,250,840 /6; an Silbermünzen: 236,007,660 #4 50 Z; an Nielmünzen: 26,471,800 6 45 S; an Kupfermünzen: 8,549,893 46 9 H.

Bis Ende April 1876 find für Rechnung des Deutschen Reichs zur Einziehung gelangt an Landes-Silber- und Kupfermünzen: A. Landes - Silbermünzen: Thalerwährung 254,162,824 /6 36 5 , süddeutshe Gulden- währung 190,120,581 /# 24 3, Kronenthaler 7,973,748 M 92 K, Konventionsmünzen des Zwanzigguldenfußes 1,909,810 46 88 _Z, Silbermünzen Kurfürstlih und Königlich sächsischen Ge- präges 53,456 4 62 H, Silbermünzen \{chleswig-holsteiuishen Gepräges 1,617,855 4/6 49 §, Silbermünzen hannoverschen Gepräges 1613 46 45 5, mecklenburgishe Währung 204,774 M 70 Z§, Hamburgische Kurantwährung 1,766,362 46 11 5, Lübische Währung 755,291 /6 84 Z; Gesammtwerth A.: 459,566,819 # 61 S. B. Landes - Kupfermünzen: Thalervpährung 2,055,137 #4 96 -Z, s\üddeutshe Währung 944,924 A 94 5 , medlenburgische Währung 32,627 46 21 4; Gesammtwerth B. : 2,632,690 4 11. Hierzu Gesammtwerth Ä. : 458,966,319 é 61 S. Summe: 461,199,009 M 72 _.

Behufs Einführung cines gleihmäßigen Verfahrens bei Ausloosung von Kreisaus\chuß - Mitgliedern nah S. 133 der Kreisordnung vom 13. Dezember 1872 hat der Minifier des Innern folgende Anordnungen getroffeu: 1) Die Ausloosung derjenigen Kreisaus\chuß-Mitglieder, welhe nah Ablauf von zwei bezw. vier Jahren nah Einführung der Kreis- ordnung ausscheiden, erfolgt auf dem Kreistage. Das Loos wird von der Hand des Landraths gezogen. 2) Die Wahl der Nachfolger findet auf einem neuen Kreistage statt, 3) Dieses Verfahren is bei den noch ausstehenden Wahlen zur Anwendung zu bringen.

Der Minister des Jnnern hat es in einem Spezialfall für geréhtfertigt erahtet, daß einem Menageriebesizer die Erlaubniß, die in seiner Menagerie gehaltenen Shl angen ö ffe ntlih'vor den Augen des Publikums mit lebenden Thieren zu füttern, nicht ertheilt worden is. Bezüglich solcher Fütterungen sei Seitens der Bezirksregierung zu unterscheiden, ob dieselben einem zu der öffentlihen Schaustellung versammelten größeren gemischten Publikum lediglih zur Befriedigung der Schaulust vorgeführt, oder ob dieselben für einen Kreis von solchen Personen einge- richtet werden, von welchen anzunehmen sci, daß fie ein wissen- \chaftlihes Interess? daran nehmen.

Die öffentlichen Fütterungen der erfteren Art seien geeignet, öffentlihes Aergerniß zu erregen, da es das menshlihe Gefühl verleße, die grausame und qualvolle Tödtung eines Thieres dur das andere mit anzusehen.

_— Der Gerichtshof für Kompetenz-Konflikte hielt heute Vormittags um 11 Uhr unter dem Borsiß des Wirklichen Geheimen Rathes Dr. von Koenen eine Sizung ab.

Das deutsche Mittelmeer-Ge\schwader ift, tele- graphisher Nachricht zufolge, am 9. d. M. von Gibraltar in See gegangen.

S. M. Kanonenboot „Comet“, welhes am 29, Mai cr, Plymouth verlassen hatte, ankerte am 3. Juni cr. früh vor Lissabon und beabsichtigte, noch an demselben Tage die Reise nach. Gibraltar fortzusezen. An Bord Alles wohl.

Der Wirkliche Geheime Rath Wehrmann ist am 8, [d. M. Abends zu Wiesbaden in Folge eines Schlaganfalls verstorben. i

Kiel, 6. Iuni. (Kiel, 3.) Gestern Mittags trafen die Lords der britishen Admiralität, von Hamburg kom- mend, hier ein und wurden auf dem Bahnhofe, von dem Chef der Marinestation der Oftsee, Contre-Admiral Werner, einer größeren Anzahl höherer Offiziere der Marine und dem britischen Konsul Herrn Kruse empfangen. Nach der Begrüßung und oen Vorstellung fuhren die Lords mit dem Admirals-

oot, begleitet von dem Stationschef und seinem Stabe, zunächst nah der Ellerbecker Werft, woselbst die Bauten, Etablissements und die im Bau begriffenen Schiffe u. \. w. besichtigt wur- den. Hierauf begaben sh die \ämmtlihen Herren mit dem Dampfer „Notus“ nah Friedrihsort und nahmen die dortigen Festungswerke, Bauten u. \. w. in Augenschein. Nach der Rückkehr nah Kiel war bei dem Admiral Werner ein größeres Diner, zu welhem außer den englishen Lords, dem britischen Konsul, den Spigen der Civil- und Militärbehörden u. \. w. auch der russishe Admiral Fedorowsky von der „Getropavlovsk“ und sein Stab eingeladen war. Abends fand dann bei dem Admiral

die jüngeren Offiziere der russishen Fregatte Einladungen er- halten hatten und erschienen waren. Die Lords kehrten um 10 Uhr Abends per Extrazug nah a, zurück. Die yPetropavlovsk“ hat heute früh den Hafen verlassen, um zu- näht Plymouth anzulaufen.

Bayern. München, 8. Iuni. Die Staats-Minister des Aeußern und der Finanzen haben der Kammer der Abgeordneten einen Geseßentwurf vorgelegt, welher den Bau von vier Vicinal-Eisenbahnen betrifft, und zwar von Senden nah Weißenhorn, von Feuht nah Altdorf, von Weilheim nah Murnau und von Prien nah Ashau. Hr. Staatsrath und Abgeordneter v. Shlör is von der Reise nach Berlin gestern Abends wieder hier eingetroffen. Derselbe wird in den nächsten Tagen im Finanzaus\huß der Kammer als Referent Vortrag Uber den Etat der Staatsbahnen in der laufenden Finanz- periode erstatten. ;

In den Sihungen des- Eisenbahnaus\chusses am 8. d. M. wurde das Geseg, „dieVervollständigung der baye- rishen Staatseisenbahnen betreffend“, durchberathen und be- \{chlofsen, daß noch die Linien: Feuchtwangen - Dinkelsbühl, Treuchtlingen-Donauwörth und Peissenberg-Biesenhofen in das Gese aufzunehmen und statt 11,165,000 / 839,365,000 M einzusehen seien. Dieser Bedarf wird fich folgendermaßen ver- theilen: 1) Lohr-Werthheim 10,600,000 A, 2) Unterpeifsenberg- Sulz 308,000 , 3) Feuchtwangen - Dinkelsbühl 1,700,000 4, 4) Treuchtlingen - Donauwörth 12,500,000 4, 5) Peissenberg- Biesenhofen 14,000,000 (4 und 6) zur Verbindung der Staats- bahn mit der früheren Ostbahn in München 257,000 6

In Betreff des Schulwesens wurden in der Sißzung des Magistrats vom 6. Juni einstimmig folgende Beschlüsse ge- faßt: Im neuen Schulhause an der Klenzestraße wird eine weitere Simultanschule errihte. Ferner - wêrden, was bis jegt - nur bei den Konfessions\shulen der Fall ist, für sämmtliche Simultanshulen mit Ausnahme jener im Rosenthal-Schulbezirke mit zwangsweisem Besuch gebildet; um aber auf ängflihe Gemüther keinen Zwang zu üben, kön- nen, falls die Frequenzverhältnisse der einzelnen Schulen es ge- statten, vom Besuche der Simultanshulen Dis3pense gewährt werden. Auch das Schulhaus Nr. 3 in der Louisenstraße wird für eine Simultanschule eingeräumt.

Augsburg, 10, Juni. (W. T. B.) Der frühere wei- marische Staatsrath Oscar v. Wydenbrugk is, wie die Ea Allg. Zeitung“ meldet, gestern in Kiefersfelden ge-

orben.

Sachsen. Dresden, 9. Iuni. Die Erste Kammer trat in ihrer heutigen Sißzung den von der Zweiter Kammer gefaßten Beschlüssen über das Königliche Dekret das Postulat für bauliche Herstellungen innerhalb des Posthaltereigrundftücks zu Leipzig betressend, einstimmig bei. Die Zweite Kam- mer fuhr fort in der Berathung der Petitionen um Erbauung von Eisenbahnen auf Staatskosten und Herstellung, bez. Erweite- rung von Haltestellen und Stationen. Zur Ausführung in der jezigen Finanzperiode wurden empfohlen die Linien Neukirh - Bischofswerda und Eibau - Obecoderwiz, in der nächsten Periode die Hauptbahn Limbah - Wüstenbrand und die Sekundärbahn Kirchberg-Wilkau. Anstellung von Er- örterung wurde beantragt bezüglih der Linien Dresden-Dippol- diswalde und Dresden-Wilsdruff-Nofsen. . Zur Erwägung em- pfahl die Kammer der Regierung Petitionen, betreffend die Linien Zwickau-Mülsen-Lichtenftein und Schwarzenberg - Cran- zahl; zur Kenntnißnahme Gesuhe um Anlegung einer Gürtel- bahn um Chemniß und um Ausführung der Linien Wolken- stein-Jöh ftadt, Königsbrück-Kamenz, Zittau-Friedland, Baugzen- Cotthus und Löbau-Weißwasser. Petitionen um Erbauung von Staatsbahnen Seitshen-Großenhain und Altenburg-Frohburg- Lausigk-Grinmma ließ die Kammer auf fich beruhen.

Württemberg. Ulm, 8. Juni. (Ulm. Shn.) Gestern fand hier eine ziemli zahlreih besuhte Sißung des Handelsvereins statt, die sowohl was die Vorlage, als was den Beschluß betrifft, in weiteren Kreisea Interesse verdient. Es handelte sich nämlih um eine Erklärung in der Reichseisen - bahnfrage, Der Schriftführer des Vereins, Hr. Guftav Maier, beleuhtete als Berichterstatter die Frage auf das Ein- gehendste in volkswirthschaftliher, finanzielle und po- litisher Hinsicht. Auf feinen Antrag erklärte der Verein einstimmig, daß er die Uebertragung der preu- gischen Eisenbahnen an das Reich als den ersten Schritt zur Verwandlung sämmtlicher deutsher Eisenbahnen odcr doh we- nigstens sämmtlicher Hauptlinien derselben in Reichsbahnen mit Freuden begrüße. Es darf niht übersehen werden, daß die Mitglieder des hiesigen Handelsvereins, auch die gestern in der Versammlung anwesenden, den verschiedensten politishen Rich- tungen angehören. Um fo wichtiger ist der einstimmige Beschluß dieser Versammlung, welcher auf das Entschiedenste und Unzwei- deutigste für den Grundsag des Reichseisenbahnsystems fich ous- sprah. Wir behalten uns vor, auf diese Kundgebung zurück- Mee, sobald ein ausführliherer Beriht über dieselbe vorlieg

Sessen. Darmstadt, 9. Juni. Heute wurde hier das Geburtsfesst Sr. Königlihen Hoheit des Großherzogs feierlih begangen. Die Stadtverordneten beschlossen gesiern, eine Deputation an den Großherzog zu senden, um gegen die

Desfterreich - Ungarn. Wien, 8. Juni. Der Kaiser wird morgen früh von Ischl in Schönbrunn zurückerwartet.

Nachdem die Abhaltung des demokratischen Partei- tages zur Beschlußfassung einer Resolution gegen den öster-

reihisch-ungarishen Ausgleich von der niederösterreihishen Statt- halterei verboten wurde, haben die Einberufer dieses Parteilages den Rekurs an das Ministerium des Innern ergriffen. Ebenso wird, wie die „Pr.“ mittheilt, Seitens des Aus\hu}es der „Demokratischen Gesellschaft“ gegen die Auflösung derselben der Rekurs überreicht werden.

Wie die „N. Fr. Pr.° erfährt, hat die österreihish-unga- rishe Regierung ihren Standpunkt in der Südbahnfrage dahin präzisirt, daß fie keine Aenderung an dem Baseler Vertrage dulden werde, welche die Südbahn zwingen würde, ait einer \{webenden Schuld belastet aus der Trennung hervor- zugehen. Damit sind die Grenzen bestimmt, innerhalb deren die Mission Correnti's von Erfolg sein kann. So weitgehende Reduktionspläne, wie sie das italienische Parlament hegt, würden selbs, wenn sie von der Gesellschaft . acceptirt werden sollten an dem Widerstande derx österreichishen Regierung \heitern. Die „N. Fr. Pr.“ fügt dieser „authentishen“ Meldung die Nalhricht der „Jtalie“ hinzu, nah welher die Mission Correnti's, welche eine zeiilang erfolgreih \chien, nunmehr als erfolglos angesehen wird. Troßdem habe Correnti um die Ermächtigung nachge- sucht, noch ahtundvoierzig Stunden in Paris verweilen zu dürfen, weil er an einer Verständigung mit Baron Rothschild noch nit ganz verzweifelt habe. Die Hauptschwierigkeit bestehe darin, daß Baron Rothschild das Zugeftändniß einer Tarif-Erhöhnng for- dere, während die Regierung diesen Vortheil entweder für fi oder für die neue Gesellschaft, welche die Linien übernehmen soll, reserviren will.

Im Laufe dieser Woche beginnen die Berathungen der Referenten Oesterreihs und Ungarns über die neue Organi- sation der Bank auf Grund der von beiden Ministerien ver- einbarten Prinzipien. In diesem Stadium wird die Bank den Berathungen niht zugezogen werden. Dagegen s\oll der Leitung der Nationalbank, sobald eine Eiaigung zwischen Oesterreih und Ungarn über das neue Bankstatut erzielt sein wird, dieses als Referenten-Entwurf zur Begutachtung und Meinungsäußerung zugestellt werden. Dann erst werden die Verhandlungen beider Regierungen mit der Nationalbank beginnen.

Pest, 7. Juni. Die Pester Handelskammer sprach si heute nah mehrstündiger Debatte für die Gemeinsamkeit des Zollgebiets und Annahme des Ausgleihs in dieser und der Bankfrage aus. Dagegen äußerten sich zumeist die Gewerbetreibenden und die aus der Provinz herbeigekommenen Kammermitglieder.

8. Juni. In der gestrigen Mittheilung \ollen in dem publizirten Staatskassenausweise die Einnahmen rihtig 42,982,547 Fl. heißen.

Großbritannien und Jrland. London, 8. Iuni. Mit zunehmender Befriedigung nehmen Presse und Publikum von der Thatsache Kenntniß, daß die Lage in Angelegenheiten der-Türkei einen friedliheren Anblick gewinnt.

9. Juni. (W. T. B.) Auf eine Anfrage Hartingtons, be-

treffend die Vorlage ver auf die orientalishe Frage be-

züglihen Aktenstücke, exklärte der Premier Disraeli im Unterhause, die englishe Regierung wolle zwar keine unnöthige Zurüdhaltung beobahten und sei der Mittheilung der betreffen- den Aktenftücke niht entgegen, es seien indessen Interessen vorhanden, die höher ständen, als die erklärlihen Wünsche des Hauses -und die Ansichten des Ministeriums, und da es fih bei diesen Interessen um die Aufrechterhaltung des Friedens handle, so werde das hohe Haus nicht auf Mit- theilung der Dokumente bestehen. Indessen sei er hereit, jede mögliche Aufklärung zu geben. Vor Kurzem habe er die Hoff- nung ausgesprochen, daß das auf der Berliner Konferenz vereinbarte Memorandum der türkischen Regierung niht werde mitgetheilt werden, heute glaube er vollkommen in der Lage zu sein, zu erklären, daß das Memorandum zurückgezogen sei, da es nach seiner Meinung auf unbestimmte Zeit (sine die) vertagz worden sei. Ohne Zweifel erklärten die jüngsten eingreifenden Ereignisse in Konstantinopel im Großen und Ganzen die Zurücknahme des Memorandums, da die Pforte Schritte gethan habe, welhe mehr als einen der richtigen in dem Memorandum verlangten Punkte antizipirt hätten. Die Pforle selber habe aus freien Stücken einen Waffen- stillstand angeboten, und dies allein werde ein hinreichender Grund sein für den Aufshub, -den man hinsichtlih der Üeber- reihung der Note habe eintreten lassen. Die Weigerung Englands, dieses diplomatishe Aktenftück zu s\anktioniren, sei von keiner der Großmächte in unfreundshaftlihem Sinne aufgefaßt worden. Im Gegentheil hätten die Mächte ihr großes Bedauern darüber ausgesprohen und den Wuns zu erkennen gegeben, daß die englishe Regierung ihre Entscheidung noh- mals in Erwägung ziehen möchte. Es gäbe mehr als einen

von den Finanz-Aus\{chü}en beider Kammern eventuell beantragte Aufhebung oder Verlegung des Polytehnikums nach Gießen zu wirken.

Mainz, 8. Juni. (Frkf. I.) Seit den Vorgängen in den Jahren 1863 und 1864 („Schwester Adolphe* u. \. w.) ist es nicht ohne Schwierigkeiten gelungen, für unsere großen Wohlthätigkeits-Anstalten, namentli das Hospital, das Invaliden- und Waisenhaus, den stiftungsmäßigen pari- tätischen Charakter einigermaßen wieder herzustellen und die „Adbnormitäten, welhe eine planmäßige ultramontane Agitation in denselben zu Stande gebraht hatte, zu besei- tigen. Dagegen ist vas Minifterium Dalwigk auf das wieder- holte und rehtlich begründete Verlangen des Gemeinderathes, die Verwaltung der Anstalten nit ferner dem Kreisamt, fon- dern der Stadt zu überlassen und dieses Rechtsverhältniß géseh- lih festzustellen, niht eingegangen. Es soll nun zu einer Re- vision der Verträge bezüglich der noch immer von den barm- herzigen Schwestern verwalteten Anstalten geschritten werden. Diese Verträge ftammen aus den Jahren 1852 und 1855 und gewähren unter Anderem den Schwestern das Recht der Anstellung des obersten Beamten der Anstalten. Bei dieser Gelegenheit ist auch die Aufhebung des Beschlusses des früheren Gemeinderaths zu erwarten, durch welchen die Erziehung der Waifenkinder (den Unterricht genießen dieselben in den Volks\hulen) in drei Kate- gorien gegen die Bestimmung der Stiftung getrennt und die

Werner noh eine Soirée mit Tanz statt, zu welcher au noch

Punkt, in Betreff dessen- England in Gemeinschaft mit den übri-

f gen Großmächten handle, und wie er hoffe, mit Erfolg. Die

englishe Regierung habe mit den übrigen Mächten konkurrirt oder man könne vielmehr sagen, die übrigen Mächte hätten mit England konkurrirt. Auf alle Fälle bestehe zwishen allen Groß- mächten ein volllommenes Einvernehmen darüber, daß man keine unangemessene Pression auf den neuen Sultan ausüben dürfe, sondern daß man seinen Rathgebern Zeit geben müsse, ihre Maßregeln und die Politik, die sie sih als Biel gefteckt hätten, zur Reife zu bringen. Außerdem habe England die Vorstellungen Oefterreihs, Frankreihs, Rußlands bei der serbishen Regierung unterstüßt, um dieselbe auf die Wichtigkeit eines gemäßigten Verhaltens aufmerksam zu machen, er hoffe, daß diese Rathschläge zur Mäßigung nicht ohne Erfolg bleiben würden. Ein dritter Punkt, über welchen die Großmächte in gleihartiger Weise gehandelt hätten, wäre die Frage einer sofortigen Anerkennung des Sultans ohne die Verzögerungen, welhe durch die Beobachtung der herkömm- lihen Etiquettefragen herbeigeführt würden. Die Kreditive des englishen Botschafters in Konstantinop:l, Elliot, würden heute demselben übersandt werden. Die Anerkennung des Sultans sei nicht auf die großen Mächte beschränkt geblieben. Alle der Pforte unterthänigen religiösen Sekten und Volksstämme hätten sch für ihn erklärt. Die Glückwünsche, welche die Spigen aller chriftlihen Gemeinden an den Sultan gerichtet hätten, könnten nur ckden Einfluß derer vermehren, welhe bei den In-

der katholishen Mädchen den barmherzigen S{hwestern über-

surgenten im Sinne der Herstellung des Friedens im Reith

antwortet wurde. Damit wird eine einflußreihe und einträglihe Position den Ultramontanen entzogen und auf ihren geseßz- lihen Zustand gebraht werden.

wirkten. Disraeli erklärte sodann, daß der von Wiener Journalen mit seiner Unterschrift publizirte Brief, in welchem die euro- päishe Lage und die Politik Englands erörtert wird und in welchem der befreundeten Großmächte in unehrerbietiger Weise Erwähnung gethan wird, ein Falsifikat sei. Der Minister be- merkte am Schlusse seiner Rede, daß die Mittheilung der auf die orientalishe Frage bezüglihen Korrespondenz verzögert würde durch den Wunsch, das gute Einvernehmen der Mächte aufreht zu erhalten, mit denen England erfolgreih zusammenwirke.

Fraukreich. Paris, 8. Juni. Das amtliche Blatt veröffentliht heut wieder die Ernennung von 8 Maires und 21 Adjunkten. Die Marokkanishe Gesandtschaft, aus 11 Petsonen bestehend, is heute früh von Marseille in Paris angekommen. Montag früh sind in Marseille fieben Mi- Titärmandarinen in Begleitung des Dolmetschers Hrn. Scchmeyer, der als General die chinefishe Armee gegen die Re- bellen kornmandirt hatte, eingetroffen.

Versailles, 9. Juni. (W. T. B.) Der Senat be- rieth heute über seine Geshäftsordnung, und nahm dabei einen Antrag des Oberst Andlau an, der sich für Beschleunigung der Reorganisation der Armee ausspriht und es für zulässig erklärt, daß zur Vorberathung militärischer Angelegenheiten bes stellte Kommissionen, oder \solhe Kommissionen, welche der Ein- sihtnahme von ministeriellen Shriftstücken benöthigt sind, ihre Sizungen auch in Paris abhalten können.

Türkei. Konstantinopel, 9, Juni. (W. T. B, Die Pforte hat nach einer Meldung der „Havas-Reuterschen Agentur“ die serbishe Regierung um Aufklärung Über die von derselben betriebenen Rüstungen ersuchen lassen. Wie hinzu- gefügt wird, wäre die betreffende Aufforderung indeß in durM- aus höfliher Form gehalten, und trüge weder einen drohenden Charakter, noch die Form eines Ultimatums.

Ein Telegramm des W. T. B. aus Belgrad vom 10. Iuni bestätigt diese Nachricht. Dasselbe meldet:

Die Aufforderung des Großveziers an den Fürsten von Serbien zur Aufklärung über die serbishen Rüstungen lautet in ihren wesentlichsten Theilen: „Die Versicherungen, welche von Ew. Hoheit gegeben waren, hatten die Befürchtungen beseitigt, welhe bei der Hohen Pforte dur die bedeutenden Rüstungen Serbiens hervorgerufen waren. 'Indeß werden diese Rüstungen noch immer in großem Maßstabe fortgeseyt und die serbische Armee ift bereit, in das Feld zu rückden. Die türkishe Regierung kann gegenüber einem Stande der Dinge, welcher der Ruhe in Been Provinzen um \o weniger förderlich if, als die Streifzüge der Serben die Auf- regung vermehren, niht in Gleichgiltigkeii verharren. Se. Majestät der Sultan hat in Erwägung der Lage und ausgehend von der Absicht, unvermindert die guten Beziehungen zu der Fürstlichen Regierung aufrecht zu erhalten, mih beaustragt, mich offiziell an Ew. Hoheit zu wenden, um Sie um offene, genaue und direkte Aufklärungen über den Grunb und das bestimmte Ziel der er- wähnten Rüstungen zu ersuchen.“ A

Aus Philippopel erhält die „Pol. Corr.“ unter dem 29. Mi folgende Nahrichten über den Aufstand in Bulgarien:

Seit zehn Tagen fanden auf dem Insurrektion8gebiete bedeutende Kämpfe statt, welche beiden Theilen {were Opfer kosteten, Am 20. Mai marschicte aus Tatar-Bassardzik und von hier ein aus acht Bataillonen Jnfauterie, drei @skadrouen Kavallerie und einer Bat- terie bestehendes Corps in der Richtung der Dörfer Utluköi, Strelaß und Avradal ab. In der Nähe von Utlukdi sl'eßen 200 Tscher- Teffen und 1500 Baschi - Bozuks zum Hauptcorps. Die ge- sammie tüzkishé Stréitmaht betrug ungefähr 8 bis 9000 Mann. Die Aufständischen wurden durch einen Parlamentär dret Mal aufgefordert, die Waffen zu strecken, in welchem Falle Fazyl Pascha sich ermächtigt erklärte, eine Amnestie allen „Berizrten“ zu gewähren. Die Insurgenten verweigerten die Waffer streckung, worauf die türkische Jnfauterie die fcste Position angriff, welche die Auf- Ttändischen in dem Dorfe Utiuksi, hart an der Kirche, innchatten. tach einem sechsstündigen Kampfe wurden die Angreifer zurück- geschlagen. Die Nacht brachten die Kämpsenden in einer kaum eine Niertelmeile betragenden Entfernung oon einander zu. s

Bei Anbruch des folgenden Tag-:8 entbrannte der Kampf von Neuem, und wurde derselbe von Fazyl Pascha mit der ganzen ihm zu Gebote stehenden Macht geführt. Troß der größten Anstrengungen beiderseits kam es auch diesmal zu feinem anderen Resultate, als daß bei 800 Leichen den Kampfplaß bedeckten. Vie Türken vermoh- ten die Insurgentea niht aus ihren Positionen zu vertreiben; diese vermochten nicht, die Gegner zum Nückzuge zu zwingen. Kaum aber brah die Nacht herein, als das von den Insurgenten beseßte Dorf in hellen Flammen aufloderte. Die JInsur- genten mußten nun ihre festen Positionen aufgeben und sich mah dem nahen Dorfe Watrena (zwischen Jschtiman und Bazardjik) zurückziehen. Auch da hielten die Aufständischen nicht mehr, da sie die Kunde erhielten, daß aus Sophia gegen ste Truppen im Anmarsche seien. Mit den kleinen, in Strelaß und Avradal stehen- den Abtheilungen fih vereinigend, zogen die Insurgenten sih ins Ge- birge zurück, Darauf zogen die Türken in diese Dörfer ein, deren Einwohner von den Ticherkessen total ausgeplündert wurden.

Ein anderer Kampf entspann sich am 23. Mai beim Dorfe Te- ruschtiza, vier Stunden Weges von hiec entfernt. Die Jusurgenten waren gut verschanzt und ihre Bewegung bekundete eine fahmänuische Leitung. Der zweitägige Kampf endete auch hier mit dem Rüczuge der Jusurgenten nachdem das Dorf, auf das ste sich stüßten, in Flammen aufging in den Balkan. Die Baschi-Bozuks brachtea 120 Bulgaren aus dem eingeäscherten Dorfe hierhec, wo fie einge- Lerkert wurden. : f i

Wie viel Insurgenten sich im Balkangebirge bereits befinden, ist Ziffffermäßig nicht festzustellen. Als wahrscheinlih darf aber augeschen werden, daß sih dort hei 20,000 Mann befinden.

Griechenlaud. Athen, 28. Mai. Gestern is der „Pol. Corr.“ zufolge im Ministerrathe beschlossen worden, dem Gesuche vieler Städte Folge zu geben, die in Vergessenheit ge- rathene Junstitution der Nationalgarde wieder herzustellen. Die gesammte griehishe Nationalgarde stellt eine Macht von 60—70,000 ftreitbaren Männern und Jünglingen dar.

Nußland und Polen. St. Petersburg, 9. Juni. (W. T. B.) Entspcehend den friedlichen Intentionen der Nord- mächte und den bereits verschiedentlih ausgeübten Einwirkungen auf Serbien und Montenegro hat man erneut die dortiaen diplomatishen Agenten von hier aus angewiesen, den Einfluß Rußlands gegen jede kriegerische Demonstration geltend zu machen. Gleichzeitig wurde die Verficherung ertheilt, daß Rußland, dessen Politik keine isolirte, dafür Sorge tragen werde, daß] die neue Regierung in Konftantinopel den von den Mächten als nothwendig anerkannten Reformen und Garan- tien für die christlichen Südslaven gerecht werde.

Dänemar?k. Kopenhagen, 9. Juni. Auf der gestrigen Tagesordnung des Folk ethinges stand die zweite Lesung des Gesetzentwurfes, betreffend die Anschaffung von n'euen Feldge\shügzen; da der Bericht des Aus\husses aber erst gestern zur Vertheilung gelangt war, mithin niht die in der Geschäftsordnung vorgeschriebene Zeit vorgelegen hatte, \o

mußte die Verhandlung über den Geseßentwurf bis morgen aus- geseßzt werden. Nah dem Bericht des Aus\huf}ses hält der Kriegs-Minister zur vollständigen Erneuerung der Feldartillerie Dänemarks folgende Anschaffungen für nothwendig: 16 Batte- rien zu 8 Kanonen, wovon 4 Batterien als Reserve, 8 Affutagen, 8 Munitionswagen, 8 mal 400 Projektile und 8 mal 400 La- dungen; die Kosten für jede Batterie sind zu 128,070 Kronen und die ganze Anschaffung also zu 2,048,000 Kronen veran- \chlagt. Die in der vorigen Session vom Kriegs - Minister zu in Rede stehendem Zwecke - beantragte Bewilligung von 1 Million Kronen wurde vom Folkethinge abgelehat, weil die Vorlage zu \pät kam. Seit der Zeit hat der Kriegs-Minifter seine Vorbereitungen zur Durchführung der Sache fortgeseßt und mit der Firma Fr. Krupp in Essen einen Kontrakt abgeschlo}sen, betreffend die Lieferung von 128 Kanonen mit Zubehör im Gesammtbetrage von 1,332,480 Kronen; jedoch ift die Gültigkeit des Kontraktes davon abhängig, daß derselbe Seitens des Kriegs- Ministers- von dem 1. August unterschrieben wird. Der Kriegs- Minister hebt in seinen Motiven zu dem Geseßentwurfe hervor, daß die jezt in Dänemark gebräuchlihe Kanone sich hinsihtlih ihrer Wirkung und Beweglichkeit mit dem Material anderer Staa- ten messen könne, soweit dieses niht einer ähnlihen Grneue- rung unterworfen, wie die jegt von Dänemark beabsichtigte; aber mit dem Erscheinen der neuen deutshen Feldkanone sei plôßlih ein Sprung in der Entwicklung geschehen und die Einführung dieser Kanone in Preußen „übte einen. entscheidenden Einfluß auf die anderen europäischen Staaten aus.“ Außer Dänemark hätten nur noch England, Schweden und Norwegen bisher die Vorderladungskanone beibehalten, während die übrigen Staaten die Hinterladungskanone angeschafft hätten, zum Theil nah dem jegt abgeschafften preußishen System. Nah den angestellten Proben sei es die Ansicht der Artillerie, daß die dänische Feld- Artillerie mit der Einführung des Kruppschen Syftems toieder jedem Gegner ebenbürtig werden werde, den meisten überlegen. Auf mehrere Fragen Seitens der Aus\{chußmitglieder hat dèr Kriegs- Minister ausführlihe Antworten gegeben; er hob u. A. hervor, daß die öffentlih gerügten Mängel bei der Anwendung der Kanone nicht das System selb| beträfen, sondéèrn nur Einzelheiten, die bei dem in Dänemark geprüften Modell als überwunden zu betrachten seien, und ferner bezeichnete er es als seine Ueberzeugung, „daß faum zu erwarten fein dürfe, daß in der nächsten Zukunft ein Material erfunden werbe, welhes mit dem Gußstahl als Geshütz- material konkurriren könne.“ Nach Prüfung aller vorliegenden Verhältnisse empfahl der Aus\{chuß dem Folkethinge, die Mittel zur Anschaffung von neuen Feldgeshüßen dem Kriegs-Minister zu bewifligen.

Amerika. Ueber den bevorstehenden Feldzug gegen die Indianer macht der in Philadelphia hercusgegebene „Pubic Ledger“ folgende Mittheilungen: ! j

„Die militärishe-Erpedition gegen die feindlichen Sioux im Territorium Dacota, für welche jüngst ausgedehnte Vorbereitungen getroffen wucder, ift abmaxrschirt, Die Streitmacht ¿ahlt etwa 3000 Manu, hesteht mindestens zur Hälrte aus Kavallerie und ist nit Gatling-Kanonen und solcher leichten Artillerie, die gegen die Indianer wirkjam angewendet werden kaun, wohl versehen. Die Expedition nimmt Borrâthe für cinen Monat mit, während weitere für wenigsten3 zwei Monate reichende Zufuhren per Dampfboot den Missouri und Yellowstone hinauf nach einem am lehtgenannten Strom in der Nachbarschaft der Mündung des Flusses Big Horn zu errichtenden Depot gesandt werden sollen. Die Expedition“ ist in drei Kolonnen eingetheilt, welche von drei Richtungen aus in das Indianerland cin- voriges werdeo, - und fie werden von den Generalen Terry, Grook und Gibbon befehligt General Terry's Kolonne ver- ließ Fort Lincoln, Dacota, am 17. Mai, in westlicher Richtung marschirend, General Custer, der Zweit - Kommau- dirende dieser Kolonre, geht mit ihr an der Spiß? feines Kavallerie-Regimens, und- die Kolonne besteht außer diesem Regis meut aus einer Compagnie Indianer-Plänkler, drei Compagnien In- fanterie und ciner Batterie Gatling-Kanonen. General Givbons Fo- lonne, die ebenfalls unter General Terry's Befehlen steht, ift aus 6 Compagnien Infanterie und 4 Schwadronen Kavallerie zusammen- geseßt. Sie hat Fort Ellis, Montana, verlassen und marschirt {dwoárts dez Yellowsione- Fluß entlang. General Croofks Kolonne foil nordwärts won Fort Läramie ausmärschiren. Jhre Stärke ift nicht detaillixt mitgetheilt. Der unmiitelbare Zweck dieter Truppenkonzenirirung nach dem Thale des Big-Hornflusses zu ist, Sitting Bulls 3009 Maun starke Sioux - Streitmacht, die si den Berichten der Viänkler zufolge am Little - Missouriflujsse befindet, zu begegnen. Dicse militärische Expedition is dem Vernehmen uach die stärfite, die scit dem Ende der Rebellion gegen die feindseligen In- dianer autgeiandt wurde.“

Mexiko. Wie eine Kabeldepesche der „A. A. C.“ aus New-York meldet, haiten nah bis zum 30. v. M. reichenden Nathrichten aus Mexiko die Regierungstruppen die Verbindung mit der Hauptstadt wiederhergestellt und am 29. Mai einen entscheidenden Sieg über die Jnsurgenten in Daxaca errungen. Die Verluste der Insurgenten werden auf 1000 Todte und Berwun- dete angegeben. Es wird hinzugefügt, daß drei ihrer Generale zu Gefangenen gemaht wurden, und daß die auf ständische Bewegung allenthalben im Abnehmen sei. Ein Dekret ist eclassen worden, welches die Präsidentenwahl auf den

9. Juli anberaumt.

Nr. 23 des „Central-Blatts für das Deutsche Reich“ herausgegeben im Reichskanzler-Amt, hat folgenden Inhalt : Allge- meine Verwaltungssachen: Verbot der ferneren Verbreitung der zu Philadelphia unter dem Namen „Nord-Amerika, Wochenblatt des Philadelphia Volksblatt" erscheinenden Zeitung; Verweisung von Ausländern aus dem Reichsgebiet. Eisenbahnwesen: Eröffnung der Strecke Appenweier-Oppenau. Marine und Schiffahrt : Beginn von Seesteuermanus-Prüfungen. Zoll- und Steuerwesen: Kompe- tenz ciner Steuerstelle, Finanzwesen: Goldankäufe Seitens der Reichs- bauk; Nachweisung der bis Ende Mai 1876 stattgehabten Aus- führung des Geseßes, betreffend die Ausgabe vou Reichskassenscheinen. —- Mün1wesen : Uebersicht über die Ausprägung von Reich8münzen ; Uebersicht über die bis Ende April 1876 für Rechnuvg des Deutschen Reichs zur Einziehung gelangten Landes-Silber- und Kupfermünzen. Konsulatwejen : Ernennungen 2c.

Neichstags - Angelegenheiten.

Berlin, 10. Juni. Ju der gestrigen Sißung der Just iz- ommission des Reichstages beendete dieselbe die Berathung des Abschnittes der Strafprozeß-Ordnung über die Untersuchungshaft und verieth sodann die Abschnitte über die Vernehmung und Vertheidigung des Beschuldigten. Bei §, 113 wurde der Abs. 2 in der Fassung der Bundesvorlage wieter hergestellt und demselben auf den Antrag des Abg. v. Puttkamer eine neue Bestimmung angefügt, fo daß der er- wähnte UAbsalß nunmehr lautet: „In der Voruntersuchung ift der Untersuchungsrichter zur Erlassung des Haftsbefehls und im Falle des Einyverständnisses dex Staatsanwaltschaft auch zur Aufhebung

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fofort, längstens . binnen 24 Stunden, die Entscheidung des Gerichts einzuholen.“ Auf einen Antrag des Abg. Wolffson bés{loß die Kommission zu §. 115, 1, daß die Aufhebung des vor Erhebung der öffentlihen Klage erlassenen Haftbefehls auf Antrag der Staats- anwaltschaft zu erfolgen hat ; trägt die Staatsanwaltschaft nicht dar- auf an, so ist die Haft aufzuheben, wenn niht binnen einer Woche nach Vollstreckdung derselben die öffentliche Klage erhoben wird. Ferner nahm dié Kommission auf Anirag defselben Abgecrdneten den 2, Absaß des §. 115 in folgender Fassung an: „Wern zur Vorbereitung und Erhebung der öffentiichen Klage die Frist von einer Woche nicht genügt, so kann dieselbe auf Antrag der Staatsanwaltschaft vom Amtsrichter bis auf zwei Wochen und, wenn es sich um Verbrechen cder Vergehen handelt, auf wiederholten Antcag der Staatsanwaltschaft um fer- nere zwei Wochen verlängert werden.“ Jn Beziehung auf die Zu- lässigkeit des Etlasses eines Steckbriefes (8. 118) be-ntragte der Abg. v. Puttkamer, daß auf Grund eines Haftbefehls sowohl vom Richter als auch von der Staatsanwaltschaft Steckbriefe erlassen wer- den können. Dieser Antrag wurde von der Kommission genehmigt. Dagegen wurde der Antrag desselben Abgeordneten, wonach im Falle der Entweichung aus dem Gefängnifse auch die Polizei- behörden zur Erlassung des Stecfhriefes befugt find abgelehnt. Jn dem Abschnitt über Vertheidigung strich die Kommission die von ihr in erster Lesung angenommen? Bestimmung, daß die Vertheidigung eines Beschuldigten, der die Gerichtssprache nicht versteht, nothwer dig sei, Der Bestimmung, daß die Vertheidigung nothwendig sei, wenn ein Verbrechen den Begenstand der Untersuchung bildei wurde auf den Antrag des Abg. y. Schwarze der Saß zugefügt: „diese Be- stimmung leidet auch Anwendung, wenn die strafbare Handlung nur deshalb als ein Verbrechen sich darstellt, weil sie im Rücfalle he- gangen worden ist.“ S. 130, 4, wurde auf den Antrag der Abgg. Srimm und v. Puttkamer in folgender Faffung genehmigt: „Nach dem Ermessen des Vertheidigers können die Untersuchungsakten mit Ausnahme der Ueberführungée{tücke dem Vertheidiger in scine Woh- nung verabfolgt werden.“

Landtags- Angelegenheiten.

Berlin. Der Gesetzentwurf, betreffend die Bew il- ligung von Staatsmitteln zur Beseitigung der dur die Hohwasser im Frühjahre 1876 herbeigeführten Verheerungen und gemeingefährlihen Zustände, leg jeyt gedruckt vor. Derselbe lautet: :

Wir Wilhelm, von Bottes Gnaden König von Preußen 2c. verordnen, mit Zustimmung beider Häuser des Landtags der Monar- chie, was folgt: j

8. 1. Aus den Geldmitteln, welche auf Grund der Bestimmung in den Artikeln VI. und VII. des Reichsgeseßes vom 8. Juli 1872 (Reichsgeseßbl. S. 289), betreffend die französische Kriegskostenentschä- digung, der preußischen Staatskasse zufließen, wird der Staatsregie- rung die Summe von sechs Millionen Mark zur Verfügung ge- tellt, um N i 1) der Stadtgemeinde Caub für die Arbeiten, welche behufs Abwendung eines weiteren Bergsturzes erforderlih fein werden, einen Kostenzuschuß aus der Staatskasse zu gewähre, S e

2) an die in vershiedenen Stromgobieten des preußischen Staates dur die Frühjahrehochfluthen des Jahres 1876 Beschädigten nach Maßgabe des nachgewiesenen Bedürfnisses Beihülfen zu bewilligen and zwar: a. an einzelne Beshädigte zur Erhaltung im Haus- und Nahrungsstande; b. an Gemeinden zur Wiederherstellung ihrer beschädigten gemeinnüßigen Anlagen; c. zur Wiederherstellung und zu nothwendigen Verbesserungen der beschädigten Deiche und Uferschußtz- werfe and der damit in Verbindung stehenden Anlagen;

3) die durch die Hochflauthen (Nr. 2) beschädigten fiskalischen Bau- anlagen wieder herzustellen und bei der fisfalishen Saline zu Schöne- beck Wohnungen für Salinenarbeiter, weiche durch die Uebershwem- mung obdachslos geworden find, zu errihten. i:

S. 2. Der Höchstbetrag dex an die Stadt Caub zu gewährenden Beihülfe (8. 1 Nr. 1) wird auf 485,000 4. festgestellt; die Mo dali- täten dieser Bewilligung bestimmt die Staatsregierung.

Die Beibülfen an fluthbeschädigte einzelne Personen und Ge- meinden (8. 1 Nr. 2a, und b.) fönnen bis zum Gesammtbetrage von 500,000 6 ohne die Auflage der Rückgewähr, darüber hinaus nur als Darlehen beroilligt werden. Die Verzinsungs- und Rück- zahlungébedingungen diefer Darlehen werden von der Staatéregierung bestimmt; doch sind die Darlehen an Gemeinden mit mindestens 3°%/9 zu verzinien und jedenfalls innerhalb 10 Jahren zurückzuzahlen. Die Beihülfen zu dem im S. 1 Nr. 2e. bezeichneten Zwecken sind in der Negel als Darlehen zu gewähren, für welche die Verzinsungt- und Rückzaylungsbedingungen von der Staatsregierung feftge]telt werden; doch ift leßtere ermächtigt, die Mittel im Falle des Bedürfnisses auch ohne die Auflage der Rückgewähr zweckentsprechend zu verwenden.

§. 3, Die nach §. 2 jährlich zurüczuvereinnahmeÄden Beträge find in den Staatzhaushalts-Etat des betreffenden Jahres aufzu- nehnen.

9 S. 4. Die Bewilligung und Verwendung der Beihülfen zu den im §. 1 Nx. 23. und þÞ. angegebenen Zwecken erfolgt uuter Mitwickung von Kreis- und Provinzialkommissionen. j D i

Die Krei?kommistionev. werden in denjenigen Kreisen, in welchen ouf Grund der Kreisordnung vom 13. Dezember 1872 (Gesez-Samunl,

Seite 661) ein Kreisausschuß besteht, dur diesen gebildet, sonst aber von der Vertretung jedes Kreises besonders gewählt. E

Als Previnzialkommisfion fungirt im Geltungsbereiche der P10- vinzialorduung vom 29. Juni 1875 (Gesez-Samml. S. 3395) der Provinzia!aus\{Guß, in den übrigen Provinzen der provinzialständifche Verwaitungsaus\{chuß. )

Dice Kreis- und Provinzialkommissionen sind befugt, sich durch Kooptation zu verstärken. / j 4

öIn ‘den Kreiskommissionen führt der Landrath, in den Provin- zialkommissionen der Ober-Präsident den Vorsiß. E

8. 5. Die gerichtlichen Akie, weiche dur die Darlehnsbewi!li- gungen erforderlich werden, mit Einschluß der bypothekarishen Cin- tragungen, Umschreibungen und Löschungen, erfolgen kostenfrei. Füx die aufzunehmenden Urkunden wird ein Stempel nicht erhoben.

8. 6. Dem Landtage ik, bei dessen nächster regelmäßiger Zue fsammenkunft über die Ausführung des Geseßes Rechenschaft zu geben.

Urkundlich 2c. A j

—- Die „Köln. Z." veröffentlicht aus dem Cirkular, worin den Mitgliedern des Herrenhauses von Seiten des Präsidiums die

Mittheilung gemacht wird, daß die Plenarsißungen am 16, d. M. wieder beginnen werden, folgenden Auszug: 8 H

Ein Theil der dem Hause bereits zugegangenen und, in Gemäß- heit früherer Beschlüsse, den betreffenden Kommissionen zugewiesenen Geseßlzentwüfe gehört zu den wichtigsten und folgereic]ten, welche den beiden Häusern des Landtags Seitens der Königlichen Staats- regierung in dieser Session zur verfassang8mäßigen Beschlußnahme vorgelegt sind. Ein anterer Theil is für die ordnungs» mäßige Fortführung der Finanzverwaltung, die Beseitigung fühlbarer Uebelstände, die Befriedigung langjähriger berechtigter Wüns e dringend nothwendig. Das Herrenhaus wird den für dasselbe daraus sich er- gebenden Aufgaben nur gerecht werden können, wenn die geehrten Mitglieder nicht alicia zu den wiederbeginnenden Sißungen so zahl- reih wie möglih erscheinen, sondecn auch mit ihren anderweitigen Geschäften sich fo einrihten, daß fie bis zum Schlusse des Landtages hier anwesend fein können. Jn welcher Frist diefer SR erfolgen kann, wird bei dem dermaligen Stande der parlamentarishen Ge- schäfte lediglich von der regelmäßigen und zahlreichen Betheiligung der geehrten Mitglieder des Hauses an den Kommissions- und Plenar-

eines solchen, sowie zur Freilassung der Beschuldigten gegen Sicherheitsleistung befugt. Jm Falle des Nichteinverskänd- nisses der Staatsanwaltschaft isi vom. Untersuchungsrichter

siqungen abhängen. Auf diese Betheilung rehnet das Präsidium zu sehr, als daß hier auf die Eventualität ciner abermaligen Veschl3ß- unfähigkeit der Sikungen und die sih daran knüpfenden Folgen näher | eingegangen werden sollte,

Sti alen R at p a C El E Er E E R:

2 L Bei: P P E ici D E 2 ua T H ai

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