1876 / 158 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 07 Jul 1876 18:00:01 GMT) scan diff

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Verbindlichkeiten mit 219,934,000 „/¿ weisen eine folhe von 16,125,000 6 auf, während die an eine Kündigungsfrist ge- bundenen Verbind\ichkeiten in Höbe von 144,724,000 /6 s{ch um

12,412,000 6 vermindert haven.

Enthält eine Zeitung einen firafbaren Artikel, dagegen nit den Namen und Wohnort des verantwortlichzen Redacteurs, \o hat nach einem Erkenntniß des Ober-Tribunals, Straffenats, vom 16. Mai d. I. der Richter thatsächlich fetzustellen, wer die \elbständige Leitung der betreffenden Zeitungsnummer gehabt Und nah dessen Ermittelung ihn als verantwortlihen Redacteur im Sinne des Reith6-Preßgeseßes zur strafrehtlichen Verant-

wwortlihkeit heranzuziehen.

Unter Hinweis auf die in diesem Blatte mehrfah ver- vffentlihten Bekanntmahungen des Direktoriums der Magde- burg- Leipziger Eifenbahn-Gesellshaft machen wir auch hier noch einmal darauf aufmerksam, daß die Rückzahlung sämmt- liher Magdeburg- Leipziger Prioritäts-Aktien und Dbligationen bereits jeßt, und zwar nur noch bis zum

15. d. Mts. unter Gewährung einer Prämie. stattfindet.

Dex General-Lieutenant von Bülow if von seiner Dierstveise zur Musterung des 2. Brandenburgischen Feld: Artillerie: Regiments Nr. 18 (General-Feldzeugmeister) hierher

„Zurüdlgekehrt. Bayern. München, 5. Juli.

‘Das Gefolge war zu einer Marschallstafel vereinigt. tafel endete um 5 Uhr.

Früh 7 Uhr mit dem Swchnellzug nah Lindau.

Der Finanzaus\chuß hat die sehr eingehende Bera- thung des Budgets des Kultus-Ministeriums gestern Abends beendet und heute Vormittag war eine Subkonimission desselben, und zwar während der Dauer der Kammersizung, einige Stunden versammelt, um den an die Kammer zu erstatten- Mit der Berathung desselben in der Kammer wird am kommenden Montag begonnen werden, und demselben sich dann die Berathung des Berichts des Abg.

den Bericht festzustellen.

v. SchYhlôr über die Gisenbahngefälle anschließen.

In der heutigen Sißung der Abgeordnetenkam- mer wurde in die Prüfung der Wahl von Zweibrücken eingegangen. Referent Fischer beantragte die Wahl der Herren K. Schmidt, Gusiav Schmitt und Iak. Höh für gültig zu er-

Tläâren, Korreferent Hennemann (Kooperator von Straubing) be- antragte, diefe Wahlen zu ktassiren. Ministerialrath Dr. v. Riedel wies ziffermäßig nah, daß in den meisten Orten die Eintheilung in derselben Weise erfolgte, wie in Pirmasenz, deren Urmwahlbezirkseintheilung so sehr angefohten werde;

«es würden nah der Rechnungsweise des Korreferenten in tonsequenter Weise 70 Size der Rechten in Frage stehen. Gustav Schmitt zeigte, wie grundlos die Behauptung des Kor- referenten von einer „objektiven Tendenz“ sei, aber Dr. Pfahler erklärte, man müsse endlich „ein Exempel ftatuiren.“ Abg. Stenglein warnte die Majorität vor einem weiteren Vorgehen des leidenschaftlihen Parteikampfes mit vollständig neuen Rechts- theorien. ‘Pfarrer Rußwurm entgegnete ihm in höchst erregter Weise. Dr. Völk wies unter dem Beifall der Linken das uner- hörte Gebahren der Rechten als eine unberehtigie Anmaßung zurück und protestirte entschieden dagegen, daß da, wo Recht ge- sprohen werden soll über die höchsten Interessen des Landes, Parteimänner entscheiden. Dr. Kräßer \prach im Sinne des -Korreferenten. Nah fünfstündiger Sizung wurde abgestimmt und, wie {hon gemeldet, Hennemanns Antrag auf Kassirung der Wahl mit 72 gegen 63 Stimmen angenommen.

‘Württemberg. Stuttgart, 5. Juli, Der „St.-Anz.“ enthält das Verfassungsgese§, betreffend die Bildung eines Staats-Ministeriums. Der König hat verfügt, daß Tünftighin diejenigen Mitglieder des Staats-Ministeriums, welche Minister ‘find, ‘den Titel Staats-Minister (der Justiz, der aus- wärtigen ‘Angelegenheiten, des Innern, des Kirchen- und Shul- wesens, des Kriegwesens und der Finanzen) zu führen haben, “und zum Präsidenten des Staats-Ministeriums dey. Staats-Minister der Justiz und der auswärtigen Angelegenheiten 1p. Mittnacht ernannt.

Baden. Karlsruhe, 5. Juli, Die Erste Kammer hat heute in erregter Debatte das Pfarr-Dotationsgesechßz mit unwesentlichen Aenderungen in der Fassung der Zweiten «Kammer 1nd mit großer Majorität angenommen. Der Staats=- ckMinifter betonte, daß in Frankreih und Velgien die Staats- dotation oingeführt sei und Niemand eine Veränderung darin ‘beabsichtige. Die Minorität war besonders gegen den Revers ‘des katholishen Bischofs eingenommen, da das Geseh für die Protestanten nur Vortheile, für die Katholikcn nur Natheile Mes Die Brüder des Großherzogs enthielten fich der Ab- immung.

Die Regierung hatie unterm 4. Juni v. J. aus Anlaß des durch päpstliches Ramndschreiben ausgeschriebenen Jubel-Jahrs ‘die Veranstaltung von Iubiläums-Prozessionen außer- halb der kirchlihen Gebäude, sowie die Theilnahme an solchen Prozefsionen auf Grund des §. 366 Ziff. 10 des Reihhs-Straf- 1gesegbuches verboten. In dem Kommiffionsberiht der Zweiten ‘Kammex über Prüfung der seit dem lezten Landtag erlassenen provisorischen Gesege hat nun ie Minorität (Abg. v. Buß) den ‘Antrag gestellt, die fraglihe Verordnung als ungültig zu erklä- ren, weil fie gegen den §. 18 der Landesverfassung Ge- nießung der ungestörten Gewissensfreiheit und gegen den 8.1 des Kirchengesezes von 1860 —- Gewährleistung der öffentlichen ang verftoße. Der Minister Jolly vertheidigte das erlassene Verbot mit der Abneigung Mancher gegen die Progzessionen, sowie mit der Sorge für die öffentlihe Ruhe und Ordnung, und die Kammer ging über den klerikalen Antrag ¿ur Tagesordnung über.

Hessen. Darmstadt, 5. Juli. Der Großherzog gab geftern eine Tafel im Fürstenlager zu Secheim, welcher außer en Gliedern der großherzoglihen Farxilie auch der Kaiser von Rußland, der Großherzog von achsen-Weimar, Fürft Gortschakoff 2c., sowie der großherzogliche Hof beiwohnten.

Wie das „Frkf. J.“ yernimmt, wid die Erste Kam- mer am 14. oder 15. d. M. zusammentreteu, um auch ihrer- seits bezüglih des von der Zweiten Kammer erledigten Budgets u berathen. Als nahezu feststehend darf es angesehen wer- en, daß die neuen Steuergeseße wegen anderweitiger Regu- lirung der Einkommensteuer und Einführung der Kapitalsteuer in dieser Periode, wenn auch zur Berathung, doch nicht zur |

0 praktischez Geltung bezüglih des Finanzgeseßes kommen.

Jugenheim, 7. Iuli. 9 Uhr von hier abgerei f.

naht seßt Se. Majestät die Reise fort.

pelle des Schlosses statt.

Schloß Wilhelmsthal.

Der König hat heute Turz vor 3 Uhr die Königin Olga von Württemberg aus dem „Hotel zum Bayerischen Hof® in die Königlihe Residenz geleitet. Zur Familientafel selbs, aus zehn Gedecken bestehend, waren, außer der Hohen Frau, die sämmtlichen hier anivesenden Prinzen und Prinzessinnen des Königlihen Hauses E Son Die Hof- Der König begleitete die Königin in den „Bayerishen Hof“ zurück. Die Königin begiebt fih morgen

Kronprinz Rudolf zu Fuß nach Nachod, Wege besichtigte Se. K. und K. Hoheit

kation gelangt. Anhalt. Dessau, 5. Iuli.

genommen.

zuges der Nordwestbahn über Bakov und Böhwmisch-Leipa nach

prinz Rudolf gemeinschastlich über Böhmisch-Leipa nach Reichstadt. Wie der „Presse“ aus J\chl geschrieben wird, ist die Kaiserin noch aiht von dort abgercist, sondern wird sich heute, den 6.,, nah München begeben.

Die Verhandlungen über die Reform der Brannt- wein- und Zuckersteuer, wie sie in den Punktationen vom Mai in Aussicht genommen wurden, haben, wie man der „Presse“ mittheilt, ihren Abschluß gefunden. Bis auf einzelne wenige Punkte, über welche die beiderseitigen Referenten sih nicht einigen konnten, und welche den demnächst aufzunehmenden Ministerkonferenzen vorbehalten bleiben, is das Elaborat fertig- gebraht. Demgemäß werden die betreffenden Regierungsvor- lagen schon in der nächsten Session gleichzeitig mit dem Han- delsbündnisse sowohl hier als in Pest cingebracht werden, während der Zolltarif- erst mit den Handel8verträgen zur legisla- tiven Behandlung gelangen soll.

Die Vorarbeiten für das Budget des Jahres 1877 sind bereits ziemlich weit vorgeschritten, und wird derzeit im Finanz - Ministerium an der Zusammenstellung und Ergänzung des von den einzelnen Ministerien beanspruchten Erfordernisses gearbeitet. Wie \sih jedoch die Endziffern gestalten werden, läßt sich gegenwärtig noch nicht bestimmen.

Prag, 5. Juli. Wie der „N. Fr. Pr.“ von hier telegra- phirt wird, trifft, den neuesten Dispositionen zufolge, der Ka i- ser von Oesterreih am 8. JIuli um halb 8 Uhr mit dem Sofzug in Bodenbach ein, der Kaiser von Rußland um halb 10 Uhr; die Abfahrt erfolgt um 9 Uhr 45 Minuten, die Ankunft in Reichstadt um 11 Uhr; der Hofstaat bleibt in Leipa zurück. Die Abfahrt der Monarchen von Reichstadt erfolgt um 3 Uhr, die Ankunft und Verabschiedung in Bodenbach um 4 Uhr 20 Minuten. Von dort begiebt sih Kaiser Franz Ioseph nah Bubents; mittelst der Franz-Josephbahn erfolgt die Rück- fahrt nah Wien.

Anstatt Kries\che's, welcher ablehnte, wird Kleinberg als Bürgermeisterkandidat aufgestelt. Skrej\chov sky erklärt in einem ausführlihen Rechtfertigungsartikel, daß ec sih veran- laßt sehe, aus dem Czesky-Club und aus dem czehischen Ver- trauensmänner-Kollegium auszutreten und sagt gleichzeitig, daß, wenn die JungczeŸhen vor zwei Jahren den Club nicht verlassen hätten, bereits eine czehische Majorität im Landtag 1nd Reichs- rath säße, Die Vertretung des czehishen Bezirkz Brandeis wählte einstimmig zum Obmann den verfassungstreuen Abgeord- neten Alter.

Trautenau, 5. Juli. Von Kramolna begab \ih der Auf dem das Nachoder Schloß des Fürsten Lippe, woselbst sh im Jahre 1866 ein großes Lazareth befand, und wurde in Nahod von der Bevöl- kerung enthusiaftish empfangen. Von dort fuhr der Kronprinz

um 122 Uhr mittelst Separatzuges nah Trautenau, woselbft derselbe um 2 Uhr anlangte.

Böhmisch-Leipa, 5. Juli. Die Empfangsvorbereitungen

in Schloß Reichstadt find so umfassend, daß, wie der „N. Fr. Pr.“ mitgetheilt wird, die Eventualität einer Ausdehnung der K aiser- Zusa nmenkunft auf den nächsten Tag vorhergefehen und deshalb für das Uebernachten Beider Monarchen und ihrer Suite Vorsorge getroffen wird. Für den Kaiser und die Minister ind die Schlaf- und Arbeitszimmer und Empfangssalons voll- tändig eingerihtet. Der Kaiser von Rußland wird in den glänzenden: Gaftappartements, der Kaiser in den einfahen Wohngemächern des Kaisers Ferdinand Wohnung nehmen. Zahlreihe Hofoffizianten , mit Vorbereitungen beschäftigt. Leipa treffen ebenfalls festlihe Vorbereitungen zur des Kaisers und des Kronprinzen.

Hofdiener und Handwerker sind Die Städte Reichstadt und egrüßung

Pest, 5, Juli. Der gestrige Ministerrath währte von

1 Uhr Nachmitta(\s bis 9 Uhr Abends. Alle Minister, mit Ausnahme Perczel.3, nahmen an demselben Theil. Die Kriegs- frage und speziel! die Aufgabe Ungarns in derselben wurde, wie der „N. Fr. Pr.“ von Richtungen fd besprohen. Auch für ein eventuelles Eingreifen wurden verschiedene Beschlüsse gefaßt. WVorderhand geht General Szapary als Kommandant des Grenzkordons

ier mitgetheilt wird, nach allen

nah dem Süden Ungarns.

(W. T. B.) Se. Majestät der Kaiser Alexander von Rußland isst heute früh um

Sachsen - Weimar - Eisenah. Weimar, 6. Iuli. (Th. Korr.) Morgen Nachmittag 5 Uhr trift Se. Majestät Kaiser Alexander mit zahlreihem Gefolge hierselbst ein und begiebt sich nach Schloß Belvedere. In seiner Begleitung be- findet sich der Staatskanzler Fürst Gortschakoff. Nah Mitter-

Am folgenden Tage treffen, um den Tauffeierlihkeiten beizuwohnen, der Herzog und die Herzogin von Sathsen-Alten- burg, die Prinzessin Gustav von Sachsen-Weimar, der Prinz Alexander der Niederlande in Vertretung Sr. Majestät des Königs der Niederlande, der Herzog von Sachsen-Meiningen ein. Die Taufe selbst findet am 9. Juli, Abends 7 Uhr, in der Ka- Derselben folgt die kirhlihe Ein- segnung der Hohen Wöchnerin in ihren Gemächern; nah Schluß der Feierlichkeit findet Gratulationskur in den Dichterzimmern statt. Nah den Tauffestlichkeiten begeben fich Jhre Königlichen Hoheiten der Großherzog und die Großherzogin nach

Sachsen-Altenburg. Altenburg, 5. Juli. Mit der am 22. v. Mts. ausgegebenen Gesez-Sämmlung find die dr e i neuen Gesetze, welche bestimmt find, die Trennung der Ver- waltung von der Justiz auch in der unteren Instanz für das Herzogthum vollständig zur Durchführung zu bringen, zur Publi-

Der Landtag hat den Antrag der Regierung: „Zu der Uebereinkunft (mit Preußen und den thüringishen Staaten) behufs Einleitung von Maß- regeln zum Shuß und zur Hebung der Fischerei die land- \haftsordnungsmäßige Zustimmung zu ertheilen“ einstimmig an-

Desterreich - Ungarn. Wien, 6. Juli. Der Kaiser ist gestern Vormittags von Bruck a. d, Leitha in Heimberg an- gekommen und begab sich von dort direkt nah Laxeuburg. Morgen Abends begiebt sich Se. Majestät mittelst Hofseparat-

Bodenbach, um feinen Erlauchten Gast, den Kaiser Alexander von Rußland, übermorgen früh daselbst zu begrüßen. Von Bodenbach begeben sih dann Beide Majestäten und der Kron-

__— Die heutigen Morgenblätter besprechen den Sieg der Türken bei Zajcar sympathisch. „Hon“, „Ellenör“ und „Naplo“ be= handeln das Thema eingehend. Serbien habe keinen Krieg für die Freiheit, sondern einen Krieg der Eroberung begonnen. Deshalb stehen ihm die Gerechtigkeit und die Sympathien der Völker wie die internationalen Verträge entgegen, da Alles für die Türkei spreche. Das Amtsblatt publizirt die Auflassung von ahtunddreißig Steuerämtern und die erforderliche Neuzu= theilung der betreffenden Ortschaften.

6. Juli. (W. T. B) In den Motiven des Gerihtsbe\schlusses wegen der Verhaftung Miletics wird, wie der „Pester Lloyd“ meldet, eingehend dargelegt, daß die Immunität Miletics als Abgeordneter während der Ver= tagung des Reichstages nicht berücksihtigt werden konnte. Es handelt \ich, demselben Blatte zufolge, bei der Verhaftung keineswegs um einen Preßprozeß.

7. Juli. Wie der „Pester Korrespondenz“ aus Wien gemeldet wird , fand gestern zwishen dem Grafen Andrassy und den ungarischen Ministern eine Konferenz statt. Ueber die Endziele der auswärtigen Politik herrsht, derselben Korrespondenz zufolge, zwischen der ungarishen Regierung und dem Grafen Andrassy vollständige Uebereinstimmung und ebenso. volle Klarheit bezüglich der demnächst stattfindenden Zusammen- kunft des Kaisers von Oesterreich mit dem Kaiser von Rußland in Reichstadt.

__ Großbritannien und Jrland. London, 5. Juli. Die Königin wird den bis jeht getroffenen Dispositionen zu- folge mit der Prinzesfin Beatrice am 13. ds. von Windsor nah Osborne auf der Insel Wight übersiedeln. Sir Salax Dshung, der Premier-Minister des Nizam von Hyderabad, stattete gestern der Königin einen zweiten Besuch ab.

Der Ankunft des Königs und der Königin von S in London wird zum Sonnabend entgegen gesehen.

Die „London Gazette“ vom gestrigen Tage meldet die Ernennung des General Lord Napier von Magdala zum Gouverneur von Gibraltar und des Herrn H. C. Vivian zum britishen Agenten und General-Konsul in Aegypten. Herr Vivian war bisher General-Konsul in Bukarest.

_— Die Presse, besonders die „Morning Posi“, übt an der Kriegsprofklamation des Fürsten Milan eine sehr sharfe Kritik. Im Gegensay zum „Standard“, welcher das Ministerium auffordert , seine Politik klar darzulegen , \priht der „Daily Telegraph“ sein volles Zutrauen zu der „wachsamen und festen Politik des englishen Kabinets aus und wünsht gerade im FJunteresse des Landes, daß das Parlament s\sich wmöglichst einer Erörterung der orientalishen Angelegenheiten enthalte. Die „Times“ enthalten sih eines jeden Urtheiles über die Berehtigung Serbiens zum Angriffe und meinen, die beiden Gegner hätten jet ihre Sache selbstt auszufehten. England habe weiter nihts zu thun, als vollkommene Neutralität zu bewahren. Man brauche die Kriegs- erklärung nicht zu billigen und könne fie niht verdammen.

Jeßt sei es jedenfalls zu spät Serbien zurückzuhalten. Der Würfel \ei einmal gefallen.“

Die „Times“ verspriht dem, was Bright im Unterhause- über die Frage sagte, ob Gngland für die „Integrität und Unab- hängigkeit“ des osmanischen Reichs in einen Krieg ih ein- lassen solle, „eine mächtige Wirkung auf ‘eine große Klasse des Volkes. Das Blatt glaubt nur eben, daß der Regierung. Unre(ht geschehe, wenn man ihr eine derartige „thatkräftige“ Politik zutraue. „Das englische Volk hält sich nicht für berufen,

die túrkishe Herrschaft niederzureißen, für deren Aufrechterhal- tung vor zwanzig Jahren den Krimkrieg führte, aber es wird sich niht in einen zweiten Krimkrieg hineinziehen lassen durch den Glauben, der wahrscheinlih eine leere Illusion sei, als ob eine Veränderung in der Lage (disposition) der gegenwärtigen Besißungen des Sultans das Vorrücken der Rufsen nah Kon- stantinopel bedeute,“

ImUnterhause erklärte auf eine Anfrage Whalley's wegen des Kanal-Tunnels der Handels-Minister Sir C. Adderley, bevor das Werk in Angriff genommen werden könne, sei die Schließung eines Vertrages (mit Frankreich) nothwendig, und das falle niht in die Grenzen seines Departements.

In: Portsmouth is die Nachricht eingegangen, daß dem Truppenschiffe „As sistance“ auf der Höhe der fran- zösishen Küste ein Unglück zugestoßen is. Ein Schleppdampfer ift zur Béistandleiftung abgeshickt worden.

Neueren Nachrichten vom Cap der gutenHoffnung zufolge hat die Legislatur der Kap-Kolonie nah zweitägiger Dèhatte beschlossen, keine Delegirten zu der in London abzuhaltenden Konferenz zu senden, welhe die Zweckmäßigkeit der Bildung eines südafrikanishen Staatenbundes er- örtern soll, Der Premier-Minister Molteno is indeß ermächtigt worden, England zu besuchen, um dem Minister für die Ko-

lonien, Lord Carnarvon, in den in Verbindung mit Griqua- land- West enftandenen Mißhelligkeiten mit Rath und That beizustehen.

Die „Weftern Morning News“ veröffentliht Briefe aus

S8anzibar vom 3. ult., wonah der Sultan alle Hebel in Be- wegung seßt, um dem Sklavenhandel ein Ende zu segen. Jüngst ließ er ein Sklavenschiff mit Beschlag belegen, auf welhem ein in Zanzibar ansäsfiger Araber eine Anzahl Sklaven nachz Muskat zu führen versuchte. und dessen Kapitän an Bord eines der Schiffe des Sultans ge- henkt. Dieser Aft hat, gepaart mit der Anti-Sklaverei-Prokla- mation des Sultans, bei seinen Unterthanen großen Anstoß ge- geben. Viele scheinen für eine Rebellion geneigt zu sein, fürh- ten aber das Einschreiten der britishen Kriegs\chife mit den Sthiffen und Truppen des Sultans. E egs\chiffes „London“ haben zwei weitere Sklavenboote ver- nihtet.

Das Fahrzeug wurde verbrannt

Die Boote des englischen

Frankreich. Paris, 5. Iuli. General Cialdini wird

fortwährend von den ultramontanen Blättern angegriffen. „Univers“ geht sogar soweit, ihn mit unliebsamen Kund- gebungen zu bedrohen.

Die Budget-Commission hat dew von der Regie-

rung für den Unterhalt der in Frankreich lebenden Carlisten verlangten Kredit von 2 Millionen verweigert.

Der „Moniteur universel“ schreibt: „Nachdem

Europa Alles aufgeboten hat, um den Krieg zu verhindern, ift es jegt einmüthig darauf bedacht, ihn in seine ursprünglichen R einzuschränken und allgemeine Verwicklungen zu ver- üten, Politik die Rede sein; Europa i} in dieser Frage einstimmig und wenn man von den Großmächten spriht, so haben wir die Ueberzeugung, daß es sih um alle Signatarmächte des Pariser Frie- dens handelt. Was die französische Regierung betrifft, so brauchen

ier kann niht mehr von dieser oder jener besonderen

wir wohl kaum zu wiederholen, daß sie sich in dieser ernsten

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pflegen zu

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angebli Murad

Sheik-ül-Jslam eine Fetva des Jnhalts vorbereite, daß dée von Midhat Pascha entworfene Verfassung nicht mit dem Jnhalte des Korans im Widerspruch stehe und daß die Proklamirung der Verfassung demnächst zu erwarten sei. Vom Kriegs\{hauplagze sind seit dem 4. d. keinerlei De- peschen veröffentliht worden. Der Bey von Tunis hat

ngelegenheit von einem einzigen Gedanken leiten ließ. Frankreih S Oefen den Fortbestand des Weltfriedens, um sih ungehindert seiner inneren Reorganisirung widmen und die fried- liche Entfaltung seiner Staatseinrihtungen in aller Sicherheit können. Auf dieses Ziel find die Bemühungen der Regierung gerichtet und sie wird ihm auch ferner mit derselben Beharrlichkeit entgegenstreben wie zuvor, gewiß, hierdurch den Interessen des Landes de einstimmigen Wünschen der öffent- i einunez zu entsprechen. i / E Das A ournal  E L n n Bus den ferbisch - türkischen Krieg, es To nu E e as derselbe lokalisirt bleibe. Weiter \{hreiben die „Débats“ : „Die Pflicht der großen Mächte ift eine doppelte. Sie haben Pflichten gegen die Türkei, sie müssen ihr gestatten, sh zu vertheidigen und, wenn das Glück der Waffen ihr günstig ist, in ihrem Siege jene fittlihe Kraft zu \{höpfen, die ihr so

förderlih wäre, um die Reformen zu vollziehen, die man von

ihr verlangt und die sie gewähren will. Sie haben auch Pflichten E die Aufständischen christlihen Stämme, so nämli, daß sie dex Türkei wohl gestatten müssen, dieselben unter die Herrschaft des von den Verträgen stipulirten Geseßes zurückzuführen, nicht aber, sie außerhalb des Gesezes zu stellen. Für den Augenblick ist nichts zu thun, man muß warten, einem Jeden seine Freiheit und seine Vortheile lassen und endlih dem Zufalle einräumen, was ihm gebührt.“ ; : i

6. Juli. (W. T. B.) Die Regierung hat den Zins- fuß für Schaßkammerscheine, deren Verfallzeit 1 Jahr nicht übersteigt, auf 1 Proz. festgeseßt; der Zinsfuß für Schab- kammerscheine mit längerer Verfallzeit bleibt unverändert.

Versailles, 6. Juli. (W. T. B.) In der heutigen Sihung der Deputirtenkammer beantragte Madier de Montjau (von der Partei der Intransigenten) die Aufhebung des Geseyes gegen die Presse vom Jahre 1852. Der Conseils - Präfident und Justiz - Minister Dufaure s\prach fh gegen den Antrag aus. Madier beharrte aber auf seinem An- trage, den auch Floquet unterstüßte. Die Kammer beschloß mit 227 gegen 147 Stimmen die Dringlichkeit; die Rechte hatte #ch der Abstimmung enthalten.

Ftalien. Rom, 6. Iuli. (W. T. B.) Der „Agenzia Stefani“ zufolge is die Nahriht der „Gazzetta del Popolo“, daß der König Victor Emanuel einen Spezial-Gesandten des Präsidenten Mac Mahon empfangen habe, un*® begründet.

Türkei. Während von \erbisher Seite große Siege Tscher- najeffs gemeldet werden, der das große türkische Lager bei Nich {hon umgangen haben und auf der Straße nah Pirot weit in die Bulgarei eingedrungen sein soll, versenden die Türken ihrerseits gerade widersprehende Nachrihhten, wie folgendes Tele- gramm, das der „Köln. Ztg.“ vom 6. Juli aus Paris zugeht, beweist: „Auf der türkishen Botschaft ist eine Privatdepesche eingetroffen, welche einen großen Sieg Eyub Pascha's meldet. An der Börse war das Gerücht verbreitet, General T\chernajeff sei mit 6000 Serben gefangen genommen. Der Sieg Osman Pascha’s wird auf der türkishen Botschaft vollständig bestätigt. Eine weitere amtlihe Depesche aus Konstantinopel besagt, am 3. Juli (also an demselben Tage, wo die Serben gegen Nis vorgingen) hätten die in der Ebene von Urkïub (\südwestlih von Nish) lagernden Kaiserlihen Truppen den angreifenden Feind nach fünfftündigem Gefeht zurückgeworfen. und ihm einen Ver- lust von 500 Todten beigebracht. Dasselbe Telegramm \chägt den Verlust der Serben in mehreren Gefehien an der Drina auf 200 Todte und 4000 Verwundete. Ein Telegramm aus Pera vom 4. d. M. sagt, die Serben hätten (nach wahrscheinlih übertriebenen Berichten) bei Alexinac 18 Kanonen eingebüßt und 2000 Mann gefangen in der Gewalt der Türken lassen müssen. Eine weitere Depesche der „Köln. Ztg.“ aus Pera von demselben Tage meldet: In Sofia bildet sih eine neue Armee von 409,000 Mann. Hier am Bosporus liegen 125 Bataillone; 75 Batailkoae sind bereit zum Abmarsch.

Von Seiten der serbischen Regierung wird unter dem 6. Iuli gemeldet: Gegenüber den von feindliher Seite ver- breiteten Bulletins über das angeblich aller Orten erfolgte Zu- rüdwerfen der serbishen Truppen stehe fes, daß General Ts\chernajeff seit dem Siege von Babina Glava \sich ohne weitere Gesehte auf türkishem Boden behaupte und daß Ranko Alimpits noch immex vor Beljina stehe. Gestern seien 2000 Nizams umzingelt worden, nur ein kleiner Theil von ihnen sei der Ver- nihchtung entgangen. Die Angriffe der Türken auf Saitchar seien siegreich zurückgewiesen worden. Oberst Lesjanin (der im Südwesten Serbiens operirt) habe auf eine bezügliche telegra- phishe Anfrage geantwortet, er brauche keine Verstärkung.

Ein weiteres Telegramm aus Belgrad von demselben Datum berichtet: Der Bugsirdampfer der Donau-Dampf- \chiffahrts - Gesellschaft „Tiscza“ is gestern früh 34 Uhr auf der Fahrt von Turn-Severin nah Orsowa in der Nähe des serbishen Dorfes Spiz von serbishen Truppen mit Pelotonfeuer empfangen und zur Umkehr genöthigt worden. Cin Unglücksfall wurde dadurh nicht herbeigeführt. Der österreichishe General-Konsul hat aus eigener Ent- \chließung sofort bei der scrbishen Regierung die entschiedenste Reklamation erhoben und volle Satisfaktion verlangt.

Aus Cattaro wird der „Times“ unterm 3. ds., Abends 10Uhr telegraphirt: „Plänkler berichten, daß Moukhtar Pascha Gatshko abandonirt habe und nach Bosnien retirirt sei, und daß die montenegrinishe Armee den Sieg von Rutschi ausnüye. Es bestätige ih, daß die türkishe Armee, die von Medun aus- marschirt war, gänzlich besiegt wurde, und außer Stande, nah Medun zurückzukehren, nah Podgoriza floh und bis dahin ver- folgt wurde. Rutschi wurde genommen. Die Montenegriner erbeuteten 500 Gewehre. Medun wird belagert und Podgorizza

ist bedroht.“

Wie der „Agence Havas“ vom 6. Iuli aus Ragusa gemeldet wird, hat der Gouverneur von Scutari die Nachricht dorthin gelangen lassen, deß \ich ungefähr 1500 Miriditen mit den Türkeu verbunden haben und gegen die Montenegri- ner marschiren. Die Montenegriner hatten am 5. bei Vale-

mia, im Distrikt Ba gnani (in der Herzegowina, westlich von Nikish, niht weit von der montenegrinishen Grenze) ein Bi- vouak bezogen.

, Die „Agence Havas-Reuter“ vom 6. Juli bezeichnet die Nahriten der Wiener und Pester Blätter bezüglih der auf den 6. c. anberaumten Jnveftitur des Sultans als unbegründet, ebénso die Nachricht, daß der

Sa.

\sch bereit erklärt, ein Regiment Truppen nah Koustan- tinopel zu senden. Der neu ernannte Botschafter für Wien, Aleco Pascha, geht morgen auf seinen Posten ab.

Aus Alexandrien, 7. Juli, wird dem „W. T. B.“ berihtet: Zwei Regimenter ägyptisher Truppen werden heute nah Konstantinopel abgehen.

Zur Drientirung über die strategishen Ver- hältnisse des Kriegsschauplazes theilt der „Cittadino“ aus Belgrad folgende unterrihtende Darstellung mit, welche allerdings {hon zum Theil von den leßten Ereignissen überholt ift :

„Die Konfiguration des serbishen Terrains sagt das genannte Blatt und jenes der benahbarten türkishen Pro- vinzen ist eine so einfahe und die Operakionslinien sind so klar vorgezeichnet, daß sie keinen problematishen Kombinationen Raum geben. Es giebt dieser Operationslinien vier. Die erste führt dur das Thal der sogenannten bulgarischen Morava nah Nissa und Aleksinac, Die zweite hat ihre Basis mehr gegen Westen, und zwar von türkischer Seite in Novi-Bazar und in Wissegrad, von serbischer Seite in Raschka und Uzißa. Die dritte liegt im äußersten Westen, überschreitet die Drina, den Grenzfluß gegen Bosnien, und stüßt sih auf die Festung

wornik. Die vierte endlich ist nordöstlih zu suchen, wo der Fluß

imok die Grenze gegen Bulgarien bildet und wo auch die rumä- nische Gresze die serbishe berührt. Auf serbischer Seite is Negotin die Bafis dieser strategischen Linie, auf türkisher Seite die Dongu- festung Widdin. Wir müssen vor Allem die südliche dieser Linien, nämli die von Nissa, ins Auze fassen, weil sie die wichtigste ift und weil allem Anscheine nach die ersten und entscheidenden Operationen dort stattfinden dürften Die Straße. welche über Nissa nah Ser- bien kühri und vice versa.— ist unter allen Straßen die weg-

amste. Wenn die Türken eine Schlacht gewinnen, so können sie ganz un-*

behindert über Nissa dur das breite Thal der Morava vorrücken und über Aleksinac, Jagodina und Svilainac auf Belgrad zu marschiren. Sollten dagegen die Serben die Oberhand gewinnen, so hätten sie die größte Schwiecigkeit überwunden und könnten einerseits durch das Merava-Thal, andererseits durch das Nissava-Thal ins türkische Gebiet einfallen, ohne auf wesentliche Schwierigkeiten zu stoßen. Nissa ist daher der strategische Punkt, auf welchen die \chärfste Aufmerksamkeit zu richten ist, YVuf diesem Punkte sind j-doch die Türken in entshiedenem Vortheile, nahdem fie {on seit Jahr und Tag großartige Befestigungen um Nissa aufgeführt und die Festung mit einem bedeutenden Artillerieparke bewehrt haben. Auch haben sie hier eine Armee von 0,000 Mann konzentrirt und 6000 Mann asiatischer Truppen sind bereits auf dem Wege dahin. Jener UArtilleriepark besteht aus etwa 100 {weren Geschüßen, unter denen sich 65 Kruppsche Kanonen befinden. Nissa gegenüber hat die serbishe Armee ihr Lager aufgeschlagen. Sie dehnt sih längs dem Thale der Morava zwischen Aleksinac und Tjuprija aus, also auf einer mehr als aht Stunden langen Ebene. Das Haupt- quartier befindet sih in Deligrad, einem kleinen Dorfe, welches eine halbe Stunde oberhalb Alefïsinac liegt. Was immer geschehen mag, diesen Theil des Thales müssen die Serben beseßt halten, denn nur bei Alefsinac können sie mit Erfolg einer türkischen Invasion die Spiße bieten. Weiter nördlich ist das Thal wieder bei Tjuprija zu vertheidigen. Es ist leiht zu begreifen, daß die serbishe Armee gleih anfangs die äußersten Anstrengungen machen wird, um den Krieg auf das türkische Ge- biet hinüberzuspielen. Unterhalb Aleksingc, gegen Nissa zu, befinden sich einige Pässe, welche die serbische Armee passiren muß, um si in dem breiten Thale, welches die Festung Nissa beherrs{cht, zu entwickeln. Natürlich werden die Türken Nlles versuchen, um diesen Vormarsch der Serben zu verhindern, um \o mehr, als die auf den Wällen von Nissa postirten Geshüße das ganze Thal in der Flanke bestreichen fönnen. Unter den Mauern von Nissa dürfte daher mit ziem- liher Gewißheit die erste Schlacht stattfinden und das Re- sultat derselben wird, wie wix bereits oben bemerkt Haben, eine entscheidende Wichtigkeit haven. Das Armeecorps von Aleksinac wird, unker dem Dberbefehle des Fürsten Milan vom russishen General Tschernajew befehligt, 4 Wenden wir uns jeßt dem Armee-Corps des Nordwestens zu, nämlich der Operationslinie, welche Über die Drina nach Bosnien führt. Jenes wird vom serbischen Obersten Alimpitsch befehligt und sein Corps ift nah jenem von Aleksinac das stärkste. Gleich tach der Kriegéerklärung wird Vberst Alimpitsch versuhen, in Bosnien einzudringen und fich dert mit Insurgenten zu vereinigen. Jun erster Linie wird seine Armee Serajewo bedrohen, und dies erklärt uns auch das Gerücht, welches vor einiger Zeit verbceitet wurde, daß Achmed Moukhtar Pascha, der Befehlz- haber in der Herzegowina, seine Truppen in der Richtung gegen Se- rajewo fonzentrirt. Ihm wird die Vertheidigung von Serajewo und im Allgemeinen ganz Bosniens obliegen, da sich hier kein anderes türki- sches Armee-Corps befindet. Das dritte serbishe Armee-Corps ist beiläufig auf halbem Wege zwischen der Division der Dring und jener von Aléksinac aufgestellt. Seine erste Aufgabe wird die sein: nöthigenfalls entweder das südlihe oder das westlihe Armee- Corps zu unterstüßen. Die weitere Bestimmung desselben ist aber die: falls die Serben auf einer der oben angedeuteten Linten siegen würden, ebenfalls die türkishe Grenze zu über- schreiten und den \{chmalen Landstrich türkischen Gebietes, der fich zwischen dem serbischen und dem montenegrinischen Terri- torium hinzieht, ¿u insurgiren und fich mit den montenegrini- schen Streitkräften zu vereinigen; denn man zweifelt hier in Belgrad nicht, daß die Montenegrinec gleichzeitig in die Aktion treten werden. Die weitere Verwendung des Ill Armee-Corps wird von den Um- ständen abhängen. Es wird sich entweder mit dem IL, Armee-Corps vereinigen oder die Linie der Morava beseßen, um dem I. Armee- Corps, welches hier scine Aufstellung hat, den Uebergang auf das lürkishe Gebi-t mit seiner gesammten Stärke zu erleichiern. Das IV. Armee-Corps, die sogenannte Donau-Division, welches bei Negotin an der öôftlicen Grenze seine Aufstellung hat, hat keine unmittelbar offensive Bestimmung. Diese hätte auh feinen praktishen Zweck für Serbien, denn es ist niht nur die Distanz von hier bis um Centrum des Kriegsshauplaßes zu groß, sondern man müßte früher Widdin zur Kapitulation zwingen, welches mit Recht als die stärkste Festung des ganzen türkischen Reiches angesehen wird. Serbien fieht sich deshalb genöthigt, ein Armee-Corps nach Negotin zu werfen, weil es sonst den Türken nicht s{chwer wäre, bei Widdin eine Armee zu sammeln und, auf diese Armee gestüßt, im Donauthale gegen Se- mendria und später gegen Belgrad vorzurücken. Das Armee - Corps bei Negotin hat daher keinen anderen als einen defensiven Charakter.“ Den heute eingegangenen Nummern der „Turquie*“ vom 28. und 29. Juni entnehmen wir folgende Daten: Der Sul- tan hat so eben den fremden Souveränen in eigenhändigen Handschreiben seine Thronbesteigung angezeigt. Zu- gleih sind den Vertretern der Hohen Pforte im Auslande ihre Alkreditive- bei den verschiedenen Mächten gesandt worden. Die ägyptishe Yacht „Fayum“ isst mit einer hohen ägyptischen Persönlichkeit an Bord angekommen, die beauftragt is, dem Sultan die Huldigungen des Khedive zu bringen und Se. Majestät zu Ihrer glücklihhen Thronbefteigung zu beglückwün- schen. Die Schiffe, welche das türkische Geschwader unter Contre-Admiral Hobart bilden, find: Die Panzerfregatten „A sizie“ und „Orkhanie“, die Panzerkorvette „Fethi-Bulend“ und der Aviso , Rethymo“. Dazu werden noch 4 andere türkische Kriegs\chiffe stoßen. Nach dem „Bassiret“ haben die jezt im Gefängniß von Zaptic in Folge der Anklage der Theilnahme an der In- surrektion inhaftirten bulgarischen Priester Enthüllungey gemacht, welche für gewisse zum bulgarishen Exarchat gehörige Metropoliten höhst kompromittirend sein sollen. In Folge da- von hat die Regierung zwei Instruktionsrihter nah Adrianopel gesandt, um die Untersuchung an Ort und Stelle über die Aussagen der bulgarischen Priester zu führen. Msgr. Parthenius, der bulgarishe Bischof, ist auch kompromittirt; die Behörde hat

alfo seine Papiere mit Beschlag belegt und ihn selbs verhaftet; er soll nah Rustishuk vor Gericht gesandt werden. Die im Seraskerat niedergesezte Kommission zur Revision des kriegsgerichtlihen Urtheils in der Salonichi Affaire hat ihre Arbeiten beendet und ihren Bericht der Hohen Pforte unterbreitet. Wie man vernimmt, hat das Kriegsgeriht 19 Verurtheilungen auegesprochen, darunter 3 zu lebensélängliher Zwangsarbeit, 2 zu 10jähriger Einschließung, 10 zu 5 und 4 zu 3 Jahren Gefängniß. Fast alle diese Ver- urtheilten find nach Konstantinopel ge\hickt. Am vergangenen Dienstag ist die im russischen Hospital von Pancaldi errihtete St. Nicolaus-K apelle feierlih eingeweiht worden; der Bishof von Dercos und der russishe Archimandrit cele- brirten, und der General Ignatief nebsst| Gemahlin, mehrere hohe rusfishe Beamte, das ganze Gesandtschaftspersonal, der Patriarch Cyrillus und der Costaki - Pasha, Vorsteher der städtischen Behörde des 6. Cirkels wohnten der Feier bei. Ein dem „Impartial“ übersandtes Dokument zeigt, daß von etwa 20,000 in Smyrna geborenen und daselbs lebenden Kin- dern 14,300 der orthodoxen Kirche, 3800 dem Islam, 1500 der mosaishen Religion und der Rest der gregorianischen, katho=- lischen, anglikanishen, reformirten u. \. w. Konfession an- gehören. In Folge der großen und gut verwandten Opfer der griehishen Bevölkerung, is von den 14,300 Kindern keines hülflos und alle fönnen den Elemengrunterriht genießen, Später können sie ohne alle Kosten ihre Erziehung vollenden, indem fie oft ins Ausland, nah Deutschland oder Frankrei gesandt werden, um ihre literarishe und wissenshaftlihe Aus- bildung zu vollenden.

—- Die „N. Fr. Pr.“ ist in der Lage, nachstehend die telegraphische Korrespondenz mitzutheilen, welche zwischen dem Großvezier Mehemed Ruschdi Pascha und dem Fürsten von Montenegro stattgefunden hat. Unter dem 20. Iuni shrieb der Großvezier an Nikita:

Eure Hoheit wissen, daß die Hohe Pforte mit Besorgniß auf die Nüstungen blickte, welche seit einiger Zeit in Montenegro ftatt- finden. Die formellen und wiederholten Versicherungen, welche Eure Hoheit uns zu geben so gütig waren, haben glücklicherweise unsere Beruhigung beschwichtigt, Heute muß ih indessen mit Bedauern konstatiren daß diese Rüstungen, weit eutfernt, guf- zuhören, im Gegentheile in einem Maße fortdauern, daß die monlenegrinishe Armee sich in Bereitshaft befindet, jeden Augenblick den Feldzug zu beginnen. Eure Hoheit wird leicht begreifen, wie geeignet dieser Zustand ist, die Hohe Pforte zu beunruhigen. Se. Majestät der Sultan, welcher mit Eifec die Ruhe und Ordnung unter den Völkern, die durch den Rathschlnß der Borsehung unter seiner väterlichen Regierung stehen, aufrecht zu halten bemüht ist, wurde von dieser Lage und den aggressiven Ab- sihte-, welche daraus für Montenegro hervorzugehen \cheinen, ge- rechterweise beunruhigt. Im Auftrage meines erlauhten Herrn, welchem es am Herzen liegt, die guten Beziehungen zwischen der Hohen Pforte und dem Fürstenthume unverändert aufrecht zu er- halten, wende ih mich an Eure Hoheit, um Sie zu bitten, uns ofene und präzise Aufschlüsse über die Motive und dea wirklichen Zweck dieser Nüstungen zu ertheilen. / :

Mehemed Ruschdi Pascha. 21. Juni 1876.

In Beantwortung der Depesche Eurer Hoheit, welche mir gestern zuging, ertheile ich hiermit die rückzaltlosen Aufschlüsse, welche Sieëz, wünschen. Der Aufstand in den türkischen Provinzen war von allem Anfang an für Montenegro und dessen Regierung die Quelle von Prüfungen, bezüglich welcher man sich nicht genügend Rechenschaft giebt, ganz abgesehen von den Lasten, welche vem Fürstenthum durch die Aufrechterhaltung seiner Neutralität und durh die Opfer, die es für die Verwundeten, für die Kranken, für die Frauen und Kinder, welche in Montenegro ein Asyl suhten, auferlegt hatten. Diejes kann ein solches Asyl uicht verweigern und fieht . sich fortwährend zum Gegenstand unbe- gründeter Anklagen geæacht. Obgleih ihre wiederholte Ableug- uung jeder beabsichtigten Einmishung in den Aufftand zwar mit der vollkommensten Höflichkeit aufgenommen wurde, erhielt die montenegrinische Regierung jeden Tag einen neuen Bewcis dafür, daß

der Verdacht fortdauert. Die durch diefen beharrlichen Verdacht ver-

aulaßten, wider die montenegrinis)che Regierung angeordneten Maß-

regeln haben seit einiger Zeit einen drohenden Charakter angeno1m-

men. Die Grenze wurde gewissermaßen in Blokadezustand versetzt. Türkische Streitkräfte, welche in weit größerem Maße vorhanden sind, als es das Bedürfniß der Repression erfordert, wurden in der Herze- gowina und in Albanien angehäuft, troß der Vorstellungen," welche ich in dieser Beziehung an die Hohe Pforte gelangen ließ. Jch habe von Eurer Hoheit und deren Vorgängern befriedigende Zusicherungen mit Bezug auf die Zurückziehung dieser Maß: egeln erhalten, aber mit We- dauern muß ich konstatiren, daß die Zujammenziehung von Truppen fortdauert und daß es wird dadurch in einigen montenegrinischen Distrikten eine wahre Nothlage geschaffen meine Grenzen in fehr esfektiver Weise blokirt bleiben, ungeachtet aller entgegenstehenden Er- klärungen des General Gouverneurs von Scutari. Angesichts dieser Thatsachen und der bedauerlihen Tendenz, welche dieselben zu ent- hüllen scheinen, ist es meine strenge Pflicht, Vorsihtsmaßregeln zu treffen, aus denen ih kein Hehl nahe, obgleich ich lebhaft wünsche und die feste Hoffnung hege, daß sie überflüssig bleiben werden. Nikolaus. ; 25. Juni 1876.

Ich habe die Antwortdepeshe, welche Eure Hoheit an mich zu richten die Güte hatten, empfangea2. Wir hatten niemals bezüglich des Zieles, welchem die Anstrengnngen Eurer Hoheit gelten, Verdacht au3ge!prochen. Die Fortdauer der unglü@cklichen Insurrektion in der Herzezowina beweist auf das deutlichste, daß unsere militärischen Streitkräfte, von denen Gure Hoheit finden, daß sie die Bedürfnisse der Repression überschreiten, numerisch für die Erreihung dieses Zweckes nicht genügend waren. ;

Dieser Zweck wäre demungeachtet erreicht worden, wenn die Aktion der Truppen nicht jeden Augenbli durch Hindernisse und mit der Lage des Landes zusammenhängende besondere Umstände gehemmt worden wäre. Was die Truppenzusammenziehung be- trifft, von welcher Eure Hoheit spricht und welhe jeden Tag \härfer hervortreten soll, so wird es mir niht {wer fein, Sie hierüber gänzliÞh zu beruhigen. Abgesehen von uni-:ren Truppen in der Herzegowina, deren Stärke je nah dem strategischen Bedürfnifse wechselt, hat auf keinem Punkte der Demarkations- Linie weder eine Konzentration, noch eine Modifikation der militäri- schen Streitkräfte stattgefunden. Ich möchte hier sogar daran er- innern, daß ungeachtet des vorher gefaßten Beschlusses, vorsichtshalher ein Armee - Corps von 20,000 Mann in Scutari aufzustellen, die Hohe Pforte darauf in Folze der von Eurer Hoheit gegebenen Zu- sicherungen verzichtet hai. Die leßten Infocmationen aus dem Vilajet von Seutari in Albanien sagen sogar, daß d:r Effektivstand der Gar- nisonen der kleinen Forts auf der montenegrinischen Seite seit_acht Mo- naten nicht um einen einzigen Mann vermehrt wurde. Schließlich üge ih hinzu, mein Fürst, daß unfere Behörden niemals die Absicht

atten, die Kommunikationen des Fürstenthums nach außen hin zu be-

helligen. Dies wird durch den Umstand bewiesen, daß die Kommu- nikationen ununterbrochen fortdauern, und daß die Montenegriner in volleèr Freiheit und ohne irgendwie bkeunruhßigt zu werden, mit Spuc, Podgorîizza und Scutari verkehren.

Aus dem Vorstehenden wird Eure Hoheit entnehmen, daß die Hohe Pforte keinerlei Maßregeln ergriffen hatte, welhe Montenegro beunruhigen könnten, Wir sind also überzeugt, mein Fürst, daß Sie troß der Infinuationen, weiche darauf abzielen, Jhr Vertrauen in die wohlwollenden Gefühle und Absichten der Hohen Pforte zu er-