1876 / 174 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 26 Jul 1876 18:00:01 GMT) scan diff

desselben nachweist. Zu diesem Zweck werden in das Hausbuh alle Fâlle eingetragen, wo Jemand auf dem Grundstück a. zu- oder abzieht, b. geboren wird, c. stirbt. Für die Führung des Hausbuchs hat der Hauseigenthümer Sorge zu tragen. Derselbe is berehtigt, einem Miether die Führung des Hausbus zu übertragen. Die rreiteren 88. 4—9 enthalten die Bestimmungen über Meldungen in Be- zug auf Wohnungsveränderungen ; 88. 10—11 besondere Vor- \riften in Bezug auf die von auswärts neuanziehenden und die aus Berlin verziehenden Personen; §8. 12—18 Meldungen in Bezug auf Reisende; §8. 19—23 Meldungen in Bezug auf Schiffer und solche Personen, welche auf Schiffsgefäßen und Flößen fch aufhalten; S. 24 soll die Vollständigkeit und Rich- tigkeit, sowie die rehtzeitige Erstattung der Meldungen bez. der Eintragung in die Hausbücher uud Fremdenbücher sichern. 8. 25 enthält die Strafbestimmungen und lautet: Sofern nicht nach allgemeinen Strafgesezen höhere Strafen verwirkt werden, unterliegen Zuwiderhandlungen gegen die vorstehenden Bestimmungen einer Geldstrafe bis zu 30/6 Auf Geldstrafe nit unter 5 s ist zu erkennen, wenn die Meldung (S8. 6, 14, 21) oder Anzeige behufs der Meldung (§8. 24) länger als zwei Tage über die vorgeschriebenen Fristen hinaus ver- obsáumt wird, Geldstrafe nicht unter 20 #6 trisst Denjenigen, welher in der Meldung, der Anzeige behufs der Meldung beziehungsweise der Eintragung in das Haus- oder Fremdenbuhch wifsentlih falshe Angaben über den Verbleib einer Person gemacht hat. Wer ungeachtet seiner Ver- pflihtung (S8. 1, 17) es unterläßt, ein Haus oder Fremdenbuch zu führen, hat eine Geldstrafe von mindestens 15 /6 verwirkt. Im Unvermögensfalle tritt überall an Stelle der Geldstrafen verhältnißmäßige Haftstrafe. H. 26 hebt die älteren Verordnun-=- gen über das Meldewesen auf und bestimmt, daß die vorstehende Verordnung mit dem 15. Oktober d. I. in Kraft tritt.

Der Buchdrucker ist| nah einem Erkenntniß des Ober-Tribunals-Senats für Strafsachen, vom 27. Juni d. J., nur für die Angabe seines eigenen Namens (Firma) auf der Druck\chrift haftbar, dagegen hat er für die Nichtnennung des Namens des Verfassers oder Herausgebers der Druckschrift, falls er Ly Bezeichnung dieser Namen nicht beauftragt ást, nicht ein- zustehen.

Der Königlih preußische Gesandte in München, Wirk= liche Geheime Rath Freiherr von Werthern, hat am 23. d. M. einen ihm Allerhöhst bewilligten längeren Urlaub nah Thü- ringen angetreten. Während seiner Abwesenheit fungirt der Legations-Sekretäc Graf A. von Dönhoff als interimistischer Geschäftsträger. |

Dem Pastor Neureuter in Marpingen is wegen seines Verhaltens bei den durch die angebliche „Muttergottesersheinung“ bei Marpingen veranlaßten Volk3aufläufen Seitens der König- lien Regierung in Trier das Amt als Lokal-Schulinspektor entzogen worden.

S. M. Kbt, „Comet“ ist, telegraphisher Nachricht zu- folge, am 21. Juli cr. von Salonichi in See gegangen und am 24, Juli cr. in Konstantinopel eingetro}en.

S. M. S. „Medusa“ hat, decselben Nachricht zufolge, am 21. d. M. Salonichi verlassen und i| nach Malta gegangen.

S. M. S. „Victoria“ ist am 23. Juni cr. von St. Thomas nah der Khede von Frederihsted auf St. Croix, Behufs Ab- haltung von Schießübungen, in See gegangen, fehrte am 28. nach St. Thomas zurück und beabsichtigte demnähft nah Cu-

Éaçao zu gehen, um daselbst die auf der Rhede von Fredericsted

begonnenen Schießübungen fortzusegen. An Bord Alles wahl.

Bayern. München, 24. Juli. Auf der Tagesordnung der heutigen Sißung der Abgeordnetenkammer ftand die Berathung des Etats der Forst-Lehranstalt Aschaffen- burg. Die Regierung hatte ursprünglich etwa 200,000 4 zur Reorganisation genannter Anstalt poftulirt, das Posftulat aber zurückgenommen und dafür für ein Jahr der 13. Finanzperiode ein Ordinarium von 69,741 4 eingesegt. Die Aus\chußmehr- heit beantragt, nur das ursprünglihe Postulat zu bewilligen. Die Abgg. Kurz, Herz und Hauck beantragen, die Schule in Aschaffenburg zu belassen und hiefür die Anfangs von der Regierung verlangte Summe zur Verfügung zu stellen. Der Minister v. Berr sprach gegen den Aus\hußantrag, vindizirte der Krone allein das Reht der Organisation und ftellte die Verbindung der Forst-Lehranstalt mit der Universität München als das zweckmäßigste in Ausficht. Gegen den Antrag Kurz und jenen der Aus\chußmehrheit sprachen entschieden die Abgg. Frankenburger, als Vertreter der Aus\hußminderheit, und Völk. Herz trat warm für die Aschaffenburger Forftschule ein ; die Sache solle nicht auf weitere zwei Jahre verschleppt werden. Schließlih wurde der Antrag Kurz-Hauck-Herz angenommen. Dafür stimmten die Rechte und die Abgg. Herz, Lampert und Holzwarth. Morgen findet die Berathung des außerordentlichen Militäretats statt.

Nürnber z, 24. Iuli. In Regensburg findet in den nuhsten Tagen die Neuwahl zum Landiage und zwar anm Donnerstag die Wahl der Wahlmänner und am Sonnabend die Abgeordnetenwahl statt.

Württemberg. Stuttgart, 24. Juli. Im Laufe der vergangenen Woche is, wie der „St. A. f. W.“ erfährt, der Entwurf eines Gesezes über die Verwaltun gsrechtspfleg e bei dem fständishen Aus\{huß eingebraht worden, und hat aví« 91. d. M. ein Zusammentritt der verstärkten ftaatsrechtlichen Kommission stattgefunden, wobei der Berichterstatter und Mit- berihterstatter über den Entwurf gewählt wurden.

Baden. Karclsruhe, 24. Iuli. In dem den so erheblihen Hohwassershaden dieses Jahres betreffenden Vortrag der Ober-Direktioun des Wasser- und Straßenbaues an das Handels-Ministerium (derselbe hat auch den Kammern vor- gelegen) wird darauf hingewiesen, daß die Erscheinung der Zu- nahme der Hochgewässer fast an allen Strömen Europas wahr- genommen worden und daß die Ursachen zunächst in dem Zurück- drängen der Waldungen und dem Hinaufrücken der Feld- und Wiesenkultur gegen die Quellgebiete der Flüsse, so wie in den Korrektionen der Seitengewässer zu suŸen seien.

Oesterreich-Ungarn. Wien, 24. Juli, Der Kaiser

ist heute Morgen von Laxenburg über Himberg mittelst Separat-

ofzuges in Wilfleinsdorf angekommen. Se. Majestät begab

ch mit Gefolge sofort auf das nahe gelegene Manóövrirfeld zur

Fnspizirung der Jufanlterie-Divifion FML. Baron Bienerth.

Der Erzherzog Albrecht ist heute Abend in Bru an der Leitha eingetroffen.

Wie man der „Presse“ aus Agram schreibt, hat der Banus

in der am Donnerstag stattgehabten Landtagssizung erklärt, daß in

Folge einer neuen Vereinbarung außer den bisherigen Suften-

Lv

tations beiträgen von zehn und fünf Kreuzer, welche die Er- werbsunfähigen, die Fraucn, Greise und Kinder unter den bos- nishen Flüchtlingen per Kopf und Tag beziehen, weitere 14 Kreuzer als „Herbergegeld“ per Kopf und Tag gezahlt werden. Die Unterstühung, welhe aus öffentlichen Mitteln geleistet wird, hat somit eine neue und nit unbeträchtlihe Erhöhung erfahren.

Dasselbe Blatt sagt: Einiges Aufsehen hat heute ein Tele- gramm der „Augsburger Allgemeinen Zeitung" gemacht, nah welhem \ämmtlihe böhmische Vezirkshaüptmannschaften die Gemeindevorstände zu einer vertraulichen Besprehung behufs Ertheilung von Instruktionen für eine eventuelle Mobil- machung eingeladen hätten, Bei einer allgemeinen Mobil- machung \olle jeder Einberufene binnen 24 Stunden, bei einer nur theilweisen binnen vier Tagen an Ort und Stelle befördert werden. Die Nachricht gehört offenbar in die nämliche Kategorie, wie die vor einigen Tagen von Graz aus verbreitete, nah welcher die Landwehr-Aerzte Instruktionen für den Fall der Mobilisirung erhalten hätten, und trägt wie die lehtere, da nur von den böhmischen Bezirkshauptmannschaften die Rede ift, den Charakter einer lokalen und keineswegs außerordentlichen, sondern im gewöhnlihen Geshäftsgange begründeten Verfügung. Ein hiesiges Abendblatt bemerkt auch dazu: „Es handelt \sih da offenbar um eine administrative Maßregel gewöhnlicher Art, welher in diesem Augenblicke voll politisher Spannung eine mehr als gewöhnliche Bedeutung unverdienterweise beigelegt wird.“

Pest, 24. Juli. Wie „Ellenör“ berichtet, wird im unga- rischen Landesvertheidigungs-Ministerium an dem Militär- Bequartierungsges fleißig gearbeitet, und hoffi man mit demselben {hon in nächster Zeit fertig zu werden.

Agram, 24. Iuli. In der heutigen Landtagssigung interpellirte Popovic den Banus, er möge den Flüchtlingen aus Bosnien freie Heimkehr erwirken. Makanec forderte den Banus auf, er möge die Erlaubniß zur Abhaltung einer Lotterie zu Gunsten der Flüchtlinge erwirken und denselben bei öffentlichen Bauten Verwendung verschaffer.

Belgien. Brüssel, 25. Juli. (W. T. B.) Der Kaiser und die Kaiserin von Brasilien find gestern hier einge- troffen. Heute empfing der Kaiser den hiesigen deutshen Ge- sandten. Morgen werden der Kaiser und die. Kaiserin sich von hier nah Gastein begeben, und auf der Reise dorthin in Bonn Aufenthalt nehmen.

Großbritanien und Jrland. London, 94. Juli. Die Zeitungen beurtheilen die durch das Blaubuch über die orientalishe Frage klargelegte Politik der englischen Regierung durchweg günstig, günstiger, als man nah den jüngsten Angriffer: auf die Haltung der Regierung hätte erroarten sollen.

Hr. GosHen ift Behufs der Interessen ägpptischer Bondsbesißer zwei Tage in Paris gewesen und kommt heute nah London zurü.

Nath der „Army- and Navy-Gazette“ wird beabfichtigt, die Dienstzeit der Linien-Regimenter in Indien beträcht- lih zu kürzen. Jedes Regiment soll yôm Hause 5 oder 6 Jahre, statt, wie bisher, 12 Jahre, abwesend sein. Der Vorschlag, die europäischen Truppen in Indien zu lokalisiren, ift auf das ent- \chiedenste verurtheilt worden.

95. Juli. (W. T, B.) In der dem Parlamente vor- gelegten diplomatisbenz¿Korpespondenz werden bezüglich des Konsulnmordes in Salonichi nur die \{chon bekannten Thatsachen mitgetheilt. Der englische Botschafter, Lord Elliot, zeigt in einer Depesche vom 9, Mai an, daß die Muselmänner in Konstantinopel Waffen kaufen. Elliot und noch mehrere an- dere Gesandte in Konstantinopel verlangen die Absendung von Kriegsschiffen nah der Besika-Bay. Der Staats- Sekretär des Auswärtigen erklärt auf eine Anfrage des Sekretärs der Admiralität, er habe den Befehlshabern der Kriegsschiffe keine Spezial-Instruktion zu ertheilen.

Der „Engl. Corr.“ entnehmen wir folgenden weiteren Auszug aus dem Blaubuche über die orientalischen Angelegenheiten:

Ueber die Gründe, welche Lord Derby später zur Ablehnung der

in zwei Depeshen vom 15. Mai aus, deren erstere an Lord O. Rufsell gerichtet, über eine Unterredung mit dem deutschen Botschafter, die zweite ay Lord A. Loftus (in St. Petersburg) über eine solcke mit dem russishen Grafen Schouwaloff Mittheilung macht. -— Das- selbe Thema behandeln dann zwei Depeschen an Lord O. Russell rom 19, Mai. In ihneo spricht Lord Derby bereits entschieden sein Be- dauern aus, nicht an der von den drei Regierungen eingeschlagenen B sich betheiligen zu können und fügt den bekanntcn sachlichen

ründen in der zweiten Depeshe auch noh einen wesentlich for- mellen hinzu in folgenden Worten :

„Die englische Regierung legt wenig Werth auf Formen. in An- gelegenheiten dieser Art, und würde gern hie gegenwärtigen Vorschläge angenommen haben, wenn sie ihr einen ausführbaren Plan zur Be- rahigung der aufständischen Landestheile zu gewähren schiene; sie kann aber nicht, zu Liebe eines äußerlichen Anscheins der Uebereinstimmung, ein Schema annehmen, bei dessen Vorbereitung sie nicht zu Rath? ge- zogen worden ist, und welches, wie sie glaubt, nicht dazu geeignet ist, die Wirkung, welche, wie man ihr mittheilte, erzielt werden soll, her- vorzubringen.“

Sn einem Berichte vom 20. Mai giebt - darauf Lord Russell die von dem Fürsten Bismark ausgesprochene Hoffoung wieder, daß die euglische Regierung sich nicht dazu verstehen werde, die türkische Re- gierung zum Widerstande gegen die vereinten Anstrengungen der Mächte auf baldige Pacification zu ermuthigen.

Am 24, Mai schreibt Lord Derby an den Botschaftec Elliot, er habe dem türkischen Gesandten gerathen, die Pforte möge, bevor sie eine entscheidende Antwort gebe, die einzelnen Artikel des Memoran- dums erwägen. Er habe keine Veranlassung anzunehmen, daß die Vorschläge überall geändert werden dürften.

Am 12. Mai berichtet Sir H. Elliot über die Softas und spricht die Vermuthung aus, daß sie unter fähigen Führern, einmal im Bewußtsein ihrer Macht, auh noch mehr al3 den Sturz des Großveziers verlangen könnten. Aw. 30, Mai kann er dann die Be- tätigung seiner Ansicht durch die Nachricht von der Abseßung des Sultans beibringen.

Zu gleicher Zeit liegen aus S erbien dur den General-Konsul White Nachrichten über weitere Kriegsrüstungen vor. j

An Sir H. Elliot schreibt Lord Derby am 6. Juni, daß er desen Vorstellungen bei der Pforte wegen der Anwendung von Baschi-Bozuks billigt und fordert am selben Tage den Konsul in Belgrad auf, gemeinschaftlih mit dem österreichischen Konsul dem ürsten Milan eine friedlihe Politik zu emyfehlen. Am 10. Juni reibt dann Lord A. Loftus aus St. Petersburg, der Fürst von Serbien habe dea Konsuln die Ae exsicherung ertheilt, daß er dem Rathe der Mächte Folge leisten werde“. : :

Gleichfalls am 10. Juni hat Lord Derby die bereits wiederge- gebene Unterredung mit dem Grafen Münster und am 14. diejenige mit Graf Schouwaloff. Am 21. theilt Derby Lord A. Loftus mit, daß der Kaiser von Rußland den Wunsch habe ausdrücken lassen, daß die englische Regierung ihre Anschauungen über eine vorgeshlagene Av- tretung eines Hafens an Montenegro und Klein-Zworniks an Serbien mittheilen möge.

Am 27. Juni berichtet Lord Derby dem Botschafter in Wien,

Berliner Denkschrift veranl1ßten, spricht sich derselbe bereits

die Herstellung einer Autonomie Bosniens und der Herzegcwinax für unausführbar halte.

__ Dam’ folgen die Nachrichten über den Kriegsausbruch mit Ser- bien und zum Schluß noch Berichte über den befriedigenden Verlauf der Reichstädter Konferenz.

Den Stimmen in der Tagespresse, welhe die Zurü ck- berufung der Flotte aus der Besika-Bay befürworten, um die Mißbilligung der von den türkischen irregulären Trup- pen in Bulgarien verübten Excesse Seitens Englands zu kennzeihhnen, tritt der „Observer“ sehr entschieden entgegen:

„Wir sandten nicht unsere Flotte in türkishe Gewässer be- merkt das Blatt, weil wir mit der Sache des Halbmondes sym- pathisirten, oder weil wir irgendwie daran dachten, zu Gunsten des Türken und gegen seine christlichen Unterthanen zu interveniren. Die Maßregel, welches auch immer der Zweck ihrer Urheber gewesen sein mag, wurde in diesem Lande gebilligt, weil sie als eine Garantie dafür betrachtet wurde, daß wir eine Lösung der orien- talischen Frage durch fremde Intervention nicht geftatten dürften, ohne eine Stimme in der Angelegenheit zu haben, und weil wir glaubten, daß irgend eine solche Lösung nachtheilig für unsere nationalen Interessen sein würde. Ja anderen Worten, die Flotte wurde im Interesse Englands und nicht in dem der Türken oder Rajahs abgeschickt. Und wenn dies damals der Fall war, ist es noch immer der Fall, so s{chlimm sich au die türkischen Soldaten aufge- führt haben mögen Deutlich gesprochen: das Benehmen der Baschi- Bozuks ist eine Nebenfrage, die mit der Hauptfrage, ob es für Eng- land wichtig is, zu verhindern, daß der türkish-serbische Konflikt in einen allgemeinen Krieg um die Theilung der Türkei ausarte, wenig oder gar nichts zu thun hat. Wenn Lord Derby's Antizipationen richtig sind, ist diese Gefahr abgewendet, aber wenn so, ist der Umstand, daß sie abgewendet wurde, in nicht geringem Grade der Anwesenheit der eng- lischen Panzerschisfe auf der Höhe der Dardanellen, und dem dadur auf dem ganzen Festlande erzeugten Eindruck, daß England bei jedem Versuche zuc Lösung der orientalischen Frage mit in Betracht gezogen werden müsse, zu verdanken s

Frankreich. Paris, 24. Juli. Die Senats abs im- mung über das Waddingtonsche Gesey nimmt noch immer das allgemeine Interesse in hohem Grade in Anspruch. Die Deputirtenkammer hat dem Kabinet glei darauf bekanntlih ein Vertrauensvotum gegeben; die „Opinion“ bespriht nun das Verhältniß der Stimmen in beiden Kammern für und wider das Ministerium und kommt zu dem Resultate: „Vegen das Ministerium im Senat 144, gegen das Ministerium in der Deputirtenkammer 150, Summe der Opposition gegen das Mi- nisterium 294; für das Ministerium im Senat 139, für das Ministerium in der Deputirtenkammer 350, Summe der Anhänger des Ministeriums 489; Unterschied zu Gunsten des Ministeriums 195. Das Kabinet besigt demnachin den beiden Kammern eineabsolute Mehrheit von 78 und eine relative Mehrheit von 195 Stimmen. Die Männer, welche die Monarchie mit Mehrheit von Einer Stimme magen wollten, dürfen doch wahrlich am wenigsten be- haupten, man könne unter solchen Bedingungen niht nah den strengsten Regeln des parlamentarishen Systems regieren." Das „Journal des Debats“ erblicki in dex Abstimmung nochch keinen Konflikt, nicht einmal den Versuch, einen solchen hervor- zurufen; dazu müsse eine neue Probe abgewartet werden, die bald bevorstehe: bei der Abstimmung über das Munizipal- gese. Die Deputirtenkammer habe dasselbe angenommen und dasselbe sei an den Senat übergeben worden. Amendiren könne dieser es, wenn ex es aber im Ganzen verwerfe, wie das Geseß über die Verleihung der Grade, dann wäre es Zeit, von eincm Konflikt zu reden; dann sei der offene Kampf vorhanden.

Der „Moniteur universel“ erklärt, es \sei niht wahr, daß der Marschhall-Präsident dem Herzog v. Broglie wegen seiner im Senat gehaltenen Rede Glü gewünscht habe, und fügt die Versicherung hinzu, daß dem Einvernehmen zwischen dem Marschall und dem Kabinet nihts vorzuwerfen sei; der Marschall habe wiederholt seit der Abstimmung des Senats er- flärt, daß er fich in keiner Weise seinen verfassungsmäßigen Verpflichtungen entziehen werde. Die Lage, fügt der „Moniteur * hinzu, sei allerdings ernft, weil die Bonapartisten und Legiti- misten in beiden Kammern entschieden einen Feldzug eröffnet hätten, um ein Zerwürfniß herbeizuführen, aus welhem die voll- ziehende Gewalt nur durch die Auflösung der Deputirtenkammer herauskommen könnte, aber es ftehe zu hoffen, daß die Koalition der Rechten in beiden Kammern ihren Zweck nicht erreichen werde, da die Linke der Deputirtenkammer beschlossen habe, niht in die Falle zu gehen, und da das Ministerium sehr fest ent- \chlo}en sei, sich nit zurückzuziehen, so lange es das Vertrauen der Majorität in der Deputirtenkammer besiße.

Im Prüfungsaus\chus\e über Abschaffung des Preßgesetzes vom Jahre 1852 exklärte, wie der „Köln. Ztg.“ ge- meldet wird, der Konseils: Präsident Dufaure, er könne gegen-=- wärtig den Artikel 21 dieses Gesezes niht missen, welcher fran- zösischen Zeitungen verbietet, Beiträge von Verurtheilten und Berbannten aufzunehmen. Pascal Duprat hat eine In =- terpellation wegen der Thätigkeit der gemischten ägyp- tishen Gerichtshöfe angekündigt.

Der wesentliche Jnhalt des von Herrn. Bertrand, stän= digem Sekretär der Akademie der Wissenschasten, erstatteten Berichts der Enquetekommission für die Vorgänge bei der leßten Aufnahmeprüfung der polytechnishen Schule ist folgender: /

„Als am 29. Juni d. I. die in fünf Gruppen getheilten Kan- didaten sich anschickten, die schriftliche Arbeit für graphisches Zeichnen zu liefern, erhoben sich in jedem der Säle von ihnen, die dem Louis le Grand angehörten und erklärten, daß ihnen die Aufgabe bekannt sei, was sie auch sogleich belegten. Mehrere von ihnen sagten auf Befragen ferner aus, daß sie die Ziffern der Aufgabe schon Tags vorher von einem ihrer Kameraden erfahren hätten, der aus der FJesuitenanstalt Sainte Geneviòve hervorgegangen ist; an dieser Anstalt, sowie am College Rollin und am Lycee St. Louis, docirt der Hauptmann Javary, welcher als Professor der graphischen Studien an der polytechnischen Schule dies Jahr das oben gedachte Ten zu bestimmen hatte. Die Loyalität des Hauptmanns Fayary ist über jeden Zweifel er- baben und unter den in der Enquete vernommenen Zöglingen, Pro- fessoren und Schuldirektoren herrscht nur eine Stimme darüber, da er eines Verraths nicht fähig wäre. Das hindert jedoch nicht, da Hr. Javary, indem er mit der, Bestimmung der Aufgabe betraut wurde, sich in einer mit unüberwindlichen Schwierigkeiten, die er selbst vielleicht untershäßt hat, verbundenen Lage befand. Aus einem von ihm selbst erstatteten Berichte geht hervor, daß er das Thema nicht nur nicht ausgeplaudert, sondern während seines Kursus im College Rollin nicht einmal gelehrt hakt. Es ist wohl möglich, daß gerade dieser Umstand die Zöglinge des zweiten Jahrganges, welchen es auf- fallen mußte, daß eine o interessante Zeichenaufgabe der Sammlunz nicht durchgegangen wurde, sie auf die rechte Spur gelenkt hat. Als Freund seiner Zöglinge, deren ganzes Vertrauen er besitzt, ist Herr SFavary wiederholt mit ihnen auf ein Gespräch üher die nächste Prüfung eingegangen; es konnte aus jeinem Schweigen, Lächeln oder Erstaunen bei gewissen Fragen wohl manher Schluß gezogen werden. Es ist gleihwohl s{chwer anzunehmen, daß das Thema in seinem ganzen Knhalte lediglich errathen worden wäre. Eine JIndiskretion

Graf Beust habe ihm Graf Andrassys Ansicht mitgetheilt, daß er

ist hôchst wahrscheinlich begangen worden, ihr Urheber konnte.

| aber nicht ermittelt werden.

\ Interpellation de la Roh

Mehrere Zöglinge beriefen sh auf einen Zögling des Lycee Saint-Louis, der wiederum als

seinen Gewährsmann einen Zögling der Jesuitenschule bezeichnete. | Wieser legtere leugnet nicht nur, eine solche Mittheilung gemacht

zu haben, sondern er behauptet sogar, daß das Thema ihm persönlich Unbekannt gewesen sei. Er hätte wohl, wie beinahe alle Kandidaten, daß man die Intersektion einer Hyperboloide und eines : aber er hätte gar niht an die Wahr- / d sie auch nicht weiter beachtet. Der erste der beiden Zöglinge beruft si für seine Aussage auf das Zeugniß zweier Kameraden, denen er das Thema mitgetheilt hot, nachdem er unt:r den Augen des einen von ihnen mit dem Zögling der Jesuiten- \chule vertraulih gesprochen hätte. Dec leßtere lenguet auch dies ganz entshieden uxd weist zur Erhärtung seiner Angabe darauf Hin, daß seine eigene Arbeit, die hon sehr vorgerückt war, als das Thema zurückgezogen wurde, so mangelhaft gewesen fei. Mir haben diese Urbeit vor Augen gehabt, ste ist in graphischer Bezichung fehr gat und gehört zu den am weitesten gediehenen von allen; in geometrischer Hinsicht ist sie aber ganz verfehlt und enthält grobe Fehler, welche der geringste Wink eines Lehrers oder die elementarfte

Kenntniß des Gegenstandes hätte verhindern müssen. ; Die französ\ i\che O unter dem Admiral Roze

traf am 23. Juli vor Tripo is ein. i

Wi 95. Juli. (H. T B.) Bei der heute im Senat vorgenommenen Wahl der Munizipalgesey-Kommission find unter den 9 Mitgliedern 5 Bonapartisten gewählt worden. Versailles, 29. Juli. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung des Senats legte der Berichterstatter der Kommisfion, Für die internationale Ausstellung 1m Jahre 1878, Kranz, seinen Bericht vor, in welhem ausgeführt wird, daß die Ausstellung nicht aufgeshoben werden könnte, weil Frank- reich sich mit seinem orte für das Zustandekommen derselben

‘verpflichtet habe. Der Geseyentwurf, betreffend die Aus-

ftellung, wurde hierauf einstimmig angenommen. Die ette's, betreffend die Erhebung derx französischen Gesandtschaft in Rom zum Range einer Bot- \haft wurde bis zur Berathung des Budgets für das Mini- \terium der auswärtigen Ang:legenheiten verta gt.

Ftalien. Das Pariser „Journal des Debats macht in einem y Das Verhältniß Italiens zur orientalischen Frage Überschriebenen Artikel u. A. folgende Bemerkungen zur Haltung des Vatikans: „De rômishe Kurie erklärt sh offen für die Türkei; das Kreuz vertheidigt den Halbmond. Das kann uns nicht nur nicht überraschen, fondern scheint im Gegentheil sehr natürli und logisch. Der Umstand is in der Frage von großer Bedeutung, daß Rom über mehrere Millionen Katholiken im Orient gebietet, und man sieht, daß es ihnen die Losung gegeben hatte, sich an dem slavi- \chen Aufstande niht zu betheiligen. Diese Seite der orientalis \chen Frage ift sehr interessant zu beobachten. Zwischen der Re- gierung des Sultans und der des Papstes besteht und hat jederzeit ein Annäherungspunkt bestanden. Beides find theokratishe, auf derselben Grundlage ruhende Regierungen, die von demselben Prinzip leben oder daran zu Grunde gehen. Die Aufständischen der türkishen Provinzen sind allerdings Christen, aber sie ge- hören zum größten Theile dem griehishen Bekenntnisse an; fie find Schismatiker, was in den Augen der Kirche schlimmer ist, als wenn fie einer gegnerischen oder fremden Religion huldigten. Wie bekannt, gewährt die muselmanische Herrschaft in der Türkei ein Maß religiòser Freiheit, von der man in gewissen christlichen Lindern nichts weiß. Wir \prehen hier niht von Gleichheit, Tondern ‘von Freiheit. Nachdem die Türken das Land erobert Hatten, ließen fie den Chriften die Wahl, zum Islam ühberzu- gehen und Bürger zu werden oder ihrem Glauben treu zu blei- ven und aller staatsbürgerlihen Rechte beraubt zu sein... . Die römische Kirche erblickt in dem \{chismati- \hen Rußland einen viel gefährliheren Feind als in der mozamedanishen Türkei. Die Türken treiben keine Propa- gandaz sie lassen die verschiedenen Kirchen in ihrem Lande ge- währen und kümmern sich nicht darum, weil sie diese verachten. Ganz anders tritt Rußland auf ; sein Staatsoberhaupt ist eben- falls Oberhaupt der Kirche. Die römische Kurie will daher viel lieber mit dem Sultan als mit dem Czar unterhandeln . . . .“

Türkei. Gegenüber den Nachrichten über das barbarische ‘Auftreten der Türken in Bulgarien hat, wie die „N. Fr. Pr.“ mittheilt, die Pforte an ihre Vertreter im Ausland folgende (bereits telegraphish erwähnte) amtliche Mittheilung erlassen:

„Mit Bedauern ersehen wir seit einiger Zeit aus den Journalen, daß man unseren Baschi-Bozuks (Irregulären) in Bulgarien Akte dec Plünderung und Grausamkeit, ja selbst Morde zur Last legt. Diese BVaschi-Bozuks sind die eigenen Einwohner der Provinz, die sih bewaffnet und auf den Kriegs\hauplaß begeben hatten, um ihr Eigen- thum, ihre Familie, ihren Besiß, die alle dur die JInsurrektion bedroht erscheinen, bis zu dem Augenblick zu vertheidigen, wo de Regierung Streitkräfte in genügeuder Anzahl auf- gebraht haben wird, um die Empörung zu ersticken. Wir geben zu, vaß in Bulgarien bedauecliche Ausschreitungen vorgekommen find; aber es waltet eine große Uebertreibung in den hierauf bezüg- licheu Schilderungen ob. Ein Beweggrund wax gleichwohl vorhan- den, der jzne Gewalthandlungen von Scite der Milizdienste leisteu- den Bewohner hervorrief. Man halte] nämlich in den Händen der ‘vornehmsten Rädelsführer Instruktionen der verschiedenen bulgaris{en Comités gefunden, welche eine allgemeine Niedermetzelung aller Musel- manen, die Ze¿stôrung ihrer Habe und die Einäscherung der Städte Adrianopel, Philippopel und Tatar-Bazardschik anbefahlean, Wir werden den Augen Europas eine detaillirte Darlegung dieser un- glückseligen Jusurrektion, der sich daran knüpfenden Umstände und Thatsachen, sowie des Verhörxs und der Aburtheilung der Schuldigen, welche hingerihtet worden find, ohne Verzug unterbreiten. Der Eifer der Kaiserlichen Regierung, allerwärts die Sicherheit der Be- völkerungen zu verbürgen, geht so weit, daß, als sie unlängst ver- uahm, ein Freiwilligen-Corps, das sih nah Nisch begab, habe auf seinem Wege dahin in Haßykeny Kururschesme Akte der Plünderung verübt und eine bulgarishe Bäuerin getödtet, sie alsogleichh den Ortsbehörden Auftrag ertheilte, die Schuldigen zu verhasten. Sie entsendete an Ort und Stelle Se. Excellenz Kiani Pascha, einen der Minister, einen energischen und strengen Mann, und stattete ihn mit voller Gewalt aus, diejenigen, welche s{uldig befunden wurden, jenen Akt der Grausamkeit verübt zu haben, abzuurtheilen und hinrichten zu lassen. Bereits sind die Führer und die Hauptschuldigen Haft genommen. Die Aburtheilung ist im Zug, und sie werden nach der vollen Strenge der Geseße bestraft werden. Die hohe Pforte ist entschlossen, rasche und ausgiebige Gerechtigkeit zu üben, wer ummer die Schuldigen sein mögen, und so der Bevölkerung ein Beispiel von der Strafe zu geben, welche alle Diejenigen erwartet, die sich fried- lichen und harmlosen Personen gegenüber Missethaten erlauben sollten.“

Vom Kriegsschauplaß e wird gemeldet: :

Konstantinopel, 25. Juli. (W. T. B.) Nach einer amtlichen Meldung der Regierung hat eine aus Sotchauiza (nordwestlih von Nischan der Morava) abge- gangene Abtheilung türkischer Truppen die serbishe Grenze überschritten und die Serben zurückgeschlagen, welche 300 Todte verloren. Drei serbishe Dörfer wurden in Brand gesteckt. Abdul Kerim is in Nis eingetroffen; es steht ein größerer Zusammenstoß bevor. Dur die amtliche Meldung wird

ferner bestätigt, da die Montenegriner bei Nevesinje von dreizehn Bataillonen angegriffen wurden und nach drei- stündigem Kampfe flüchteten.

Belgrad, 25. Iuli. (W. T. B.) Der Regierung wird vom Kriegs\hauplaÿy gemeldet: Gestern hatte die Armee des Generals Zach auf der ganzen Linie Zusammenstöße mit den Türken. Bei Javor (nördlich von Sieniza auf der Grenze) dauerte das Feuer der Geschüye, welchem ein Infanterie- gefeht folgte, 7 Stunden und war erfolgreih,. Mehrere türkische Kanonen wurden demontirt. Eine Abtheilung unter dem Archimandriten Ducic nahm die türkishen Block- häuser bei Vas} iljevit\ch (nördlih von Sienitza), zerstörte dieselben und machte dort Beute. Während des Kampfes ergriffen mehrere hundert von den türkishen Truppenabtheilun- gen abgeschnittene Türken die Fluht. Die serbishen Truppen vershanzten sich in den den Türken abzenommenen Positionen und hatten nur wenige Verwundete. Oberft Czolokantics erzielte in der Richtung auf Sicniza noch größere Erfolge, indem er den Türken auf der sogenannten Osman Pascha-Höhe die Blockhäuser und Verschanzungen abnahm, den Feind zer- streute und sich mehrerer türkisher Dörfer bemächtigte.

Wien, 25. Iuli. (W. T. B.) Der „Politischen K o.r]- respondenz“ wird aus Ragusa gemeldet: In Folge der be- deutenden Verluste, welche die Montegriner am 283. d. bei Vichina, in der Nähe von Nevefinje, gegen Moukhtar Pascha erlitten, hat sich der Fürst Nikita nah Gaczko zurückgezogen und auf dem Rückzuge die türkishen Häuser in Gaczko, aus welchen auf die Montenegrincr geschossen wurde, niedergebrannt. In der Umgegend von Podgorizza nehmen die Türken seit einigen Tagen zahlreiche Verhaftungen von Christen vor. Bei Podgorizza werden von den Türken neue Vershanzungen er- richtet.

7 —— Der bisherige Verlauf des türkisch-montene rinis- \hen Krieges wird von der „Pol. Corr.“ Colgendermaßei ge-

ildert : [d Ragusa, 23. Juli. Jm Verlaufe der beiden leßten Wochen vollzogen die Montenegriner ibre Operationen zwar langjam, aber nichtsdestoweniger mit Erfolg. Dies gilt sowohl von dem in der Herzegowinc eingebrockcenen Corps, als von der gegen Albanien operirenden Südarmee. Die Langsamkeit ihrer Bewegungen ist kei- neswegs dem von den tinfishen Truppen geleisteten 2 iderstande zu- zuschreiben, da diese leßteren nur in sehr geringer Anzahl vorhanden und als Garnisonen in wenigen Orten der Herzegowina zerstreut sind. Die Montenegriner sind ater in ihrem Vordringen sehr behutsam, da sie immer das plêgliche Auftreten tinkisher Corps aus Bosnien fürhten. Ein zweiter Grund dieser Behutsamkeit liegt darin, daß die Montenegriner eines eigentlichen Generalstabes entbehren, so daß die ganze Kriegsleitung auf den Schultern des Fürsten, des Stanko Radonics und eines Intendanten ruht. Der übrige Theil des Fürst- lichen Gefolges is eben nur bemüht, sich durch persönliche Tapfer- keit hervorzuthun. Außerdem mangelt es den Montenegrinern an Artillerie und verfügen sie nur über wenig Kanonen. Leß- tere würden übrigens den Montenegrinern mehr \{chädlich als vortheilhaft sein, daher sie sh diese Entbehrung mit Rück- sicht auf die ihnen wohlbekannte Beschaffenheit des herzegos winischen Terrains und den Mangel an Straßen selbst auferiegt haben. Auch der Gang der serbischen Operationen ist nicht ohne Einfluß auf diese zögernden Biwegungen geblieben. Uebrigens trachten die Montenegriner bei ihrem Vor1ücken, durch außerordentlich freund- liches Benehmen sich die Sympathien der mahomedanischen Be- völkerung zu erwerb:zn. Jn der Herzegowina formiren die Monte- negriner vier Divisiouen. Eine derselben verblieb bei Gaczfko, eine

bei Nevesinje, die- dritte derselben befindet sih oberhalb Klef in-

Utovo und die vierte steht zwischen Nevesinje und Gaczko. Die bei Gac!?9 stehende Division hat ihre Aufgabe nahezu vollstäntig gelöst, jene von Klek cernirt das mit einer kleinen Garnison versehene Utovo und hat es anch bereits, jedoch ohne Erfolg, angegriffen. Heute versuchten es die Montenegriner, Utovo durch einen Parlamentär zur Uebergabe aufzuforktern. Die Türken erklärten jedoch, bis auf den leßten Mann kämpfen zu wellen. Wenn es der größeren Division bei Nevesinje gelingt, die befestigte Kaserne von Nevesinje zu nehmen, in welche sich Selim Pascha, nachdem er Zalom aufgegeben, ge- flüchtet hat, so steben die Montencgriner in sechs Stunden vor Mostar. Der oberhalb der Kaserne aufgeworfenen Verschanzungen haben fie sich bereits bemächtigt und beschießen sie die Kaserne.

Von dexr bosnish - kroatishen Grenze wird der „Pol. Corr.“ über die Insurrektior geschrieben:

Den Bewohnern von Petro»oac (in dec Nähe des „Triplex Confinium“), in welcdem eine größere Abtheilung türkischer Truppen bereits seit längerer Zt den Gang der Ereignifse abwartete, ging der Proviant aus und sie leßen sich aus Serajevo eine bedeutende Ladung Mehl und Proviant (etwa 100 Tovars) kommen, welche jedoch von den Insurgenten bei Smoljane erbeutet wurde. Einige

age darauf hielten die Führer RAmelica, Davidovic, Damjanic, Umicevic, Despotovic und Popp Karan Kriessrath ab, um die Art und Weise der demnächst zu ergreifenden Offensive zu besprechen. Die Türken ließen nämlich die Insurgenten in jüngster Zeit ziemli unbehelligt. Amelica wurde mit einer ziemlich starken Abtheilung nah Smoljane abgeichickt, um die Höhen daselbst zu offupiren, was ihm nah kurzem Widerstande der \chwachen türkishen Besaßung au gelang. Die Übrigen Insurgentenführer wählten Simo Davi- dovic zum Anführer und marschirten gegen Bravs3ko, wo gegen 1000 Baschibozuks konzentrirt waren. Der Angriff Seitens der In- surgencen ‘erfolgte am frühen Morgen und mit großer Heftigkeit. Die Baschibozuks leisteten wohi Widerstand, jedoch vergeblich denn, nach dem zweiten Sturm fiel Bravsko in die Hände der Infar- gentev, die den Ort beseyten. Die Verluste waren beiderseits groß.

Die Insurgenten ganz West-Bosnien s), einzehend, daf ihre irregulären Massen ohne Artillerie und ohne militärische Führung

egeu die türkische Militärmacht nur {wer aufkommen fönnen, be- chlossen, die Gegend gänzlich zu devastiren, um fo eher die Möglich- feit ihrer Vereinigung mit den im Kozara-, Germece- und Risovac- Gebirge unthätig lagernden Abtheilungen herbeizuführen. Aus diesen Grunde haben sie auch die Ortschaften Sanica, Modran, Naprerje, Budelj, Biljana, Gorica, Vajatovici, Cikice, Turnic, Orkec, Kamen- grad, Crnojevici, Facubovac, Prisjek und Balerica-Brdo vernichtet und niedergebrannt, bei welcher Gelegenheit ihnen 1300 Stück Horn- vieh, 1500 Schafe, an 100 Pferde 2c. in die Hände fielen.

(W. T. B.) Nah in Paris am 25. Juli eingegange- nen RPrivatnachrichten aus Konstantinopel wäre der bei den Vorgängen in Salonichi kompromittirte ehemalige Gouverneur

von Salonichi zu einem Jahre Gefängniß verurtheilt worden.

Numäniemn. In der Sihung der Deputirtenkammer vom 19. Zuli forderte, der „Allg. Ztg.“ zufolge, die Regie - rung einen Kredit von 10,000 Franken zur Unterstüyung der größtentheils aus Frauen und Kindern bestehenden Flücht - linge, welche der serbish-türkishe Krieg auf rumänish- s Ter- ritorium gedrängt hat. Die Vorlage macht unter serbishen und türkishen Flüchtlingen keinen Unterschied.

Dem „N. W. Tagbl.“ vom 24. zufolge hätte die

forte die wichtigsten Forderungen Rumäniens ab- gelehnt und besonders das Verlangen einer Gebietsabtretung und der rumänischen Jurisdiktion über die in der Türkei wohs- nenden Rumänen als undiskutirbar bezeichnet.

Ame + Es wurde seiner Zeit berichtet, wie der General CusfteramL le-Horn River auf ein Lager der aufständischen Sioux-Jnd». 1er stieß, wie er den Major Reno zur Umzin-

gelung desselben absandte, wie er dann selbst mit allet seinen Truppen in einem Hinterhalt vernihtet wurde, während Reno die Vereinigung mit einem andern Truppencorps unter Oberst Gibbon zu Stande brachte, die Leichen Custers und der übrigen Gefallenen beerdigen ließ und sich dann zum Yellowstone-River zurückzog. Ueber diesen letzten Theil des Ereignisses, d. h. über den Marsch des Obersten Gibbon und dessen Vereinigung mit Major Reno, liegen eine Anzahl Depeschen vor, denen wir fol- gende Einzelheiten entnehmen:

Während Custers Truppentheil nur aus Kavallerie bestand, marschirien in einiger Entfernung hinter ihm General Terry und Oberst Gibbon mit fünf Compagnieen Infanterie, vier Kavallerie- Schwadronen und einer Gatling-Gebirgs-Batterie. General Custer sollte mit sein-n Reitern den Feind aufsuchen und ihn festhalten; einem Kampfe aber sollte er nah vorheriger Uebereinkunft jedenfalls bis zu Terxry's Heranrücken ausweichen. Beide Truppeukörper wurden am 24. Zuni beim Zusammenflusse des Yellowstone- und Big Horn- River von den Regierungs-Transportschiffen gelandet, und Cuífter brach, wie verabredet wär, zuerst auf. Terry blieh zurück und Oberst Gibbon marschirte mit seinem Corps am ersten Tage 36 Kilometer, am zweiten 18 Kilometer durch unwegsames Land bis zur Mündung des Little Big Horn in den Big Horn River. Dort überbrachten am Morgen des 26. Juni drei flüchtige und verwundete Crows-JIndiauer die Nachricht von Custers Niederlage, doch glaubte man ihnen nit, da alle Wahr- \cheinlichkeit dagegen zu sprechen {hien und da man einen Kamyf zum allerfrühesten erst für den 97. in Aussicht genommen hatte. Voller Besorgniß marschirte man weiter, ohne auch nur das geringste Pulverwölkchen am Horizont zu entdecken. Endlich nach Zurücklegung einer Strecke von 45 Kilometern mußte Halt gemaht werden, da die ermüdeten Soldaten zu Dugßenden umsanken. Am folgenden Morgen beim ersten Tagesgrauen stieß die Avantgarde innerhalb einer kleinen Ebene von eiwa F Kilometer ins Geviert am linken Ufer des Little Big Horn auf die ausgedehnten Ueberreste eines verlassenen indianischen Lagers, welches sich 5 Kilometer weit längs des Stromes hinzog. Dort fand man die frischaufgeshütteten Gräber von neun Häuptlingen, rings ums geben von jüngst geschlacteten Pferden. Kavallerie-Ausrüstungsslücke, Büffelhäute, Blechdosen mit gedörrtem Fleisch, wie die nordamerifa- nischen Soldaten es im Felde zu genießen pflegen. Waffen und un- zählige andere Gegenstände bedeckten in wirrem Durcheinander den Boden, untermisht mit vereinzelten menschlichen Leichen, entsetzlih verstümmelt, aber dennoch zum Theil noch exkenabar. Eben hatte man begonnen, die Leichname eines Lieutenants, eines Dolmetschen und eines Wegweisers von Custers Kolonne zu beerdigen, als ein halbskalpirter Crow-Jndianer athemlos herbeistürzend die Nachricht brachte, daß Major Reno mit den Ueberbleibseln des 7. Kavallerie Regiments auf einem Hügel nahe am Ufer umzingelt und in Gefahr sei, von den zahlrei anstürmenden Judianern erdrüdt zu werden. S hleunigst brah man auf, und kaum eine Stunde hatte die Kolonne marschirt, so gewahrte sie auf einem \hrägabfallenden Ufergehänge an der anderen Seite des Flusses eine fleine Soldatenshaar, die sich in einem Kreise zusammengeschlofsen mit blanker Waffe mühsam der an- stürmenden Indianer erwehrte, während die Mitte des Kreises von ihren Pferden und Verwundeten eingenommen war. Sofort gh Oberst Gibbon seinem Pferde die Sporen und sprengte in den Fluß, ibm nach die zum größten Theil berittene Avantgarde ; die Judianer wichen mit ihrer bekannten Geschicklichkeit {nel und fast lautlos zurück, die überlebenden Soldaten aber begrüßten die Ankömmlinge mit einem lauten Hurrah hatten fie doch von Sountag Nachmit- tag bis Mittwoh Morgen hinter nothdürftig aus ihrem Gepäck und ihren Tornistern hergerichteten Perschanzungen beständig gefochten, ohne Schlaf, ohne Ruhe und fast ohne Nahrung; daß aber auch die Indianer nicht geringe Verluste erlitten hatten, bewies die Umgetung und der Fluß, an defsen buschreichen Ufern fich allenthalben Männer- und Pferdeleichen festgelett hatten. Ueber General Custers Schicksal waren Major eno ebenso wte Oberst Gibbon bis zu diesem Augenblick vollständig îm Unfkla- ren, da Reno und Custer sih schon am 25. getrennt hatten. Während man si mit der vorläufigen Pflege und Wegschaffung der Verwun- deten beschäftigte, wurden Patrouillen abgesandt, um nah Custers Verbleib auszuspähen. Eine derselben fand etwa 5 Kilometer strom- aufwärts an der gegenüber liegenden Seite des Flusses die erften Syuren von dessen Niederlage. Leichen, Waffen und weggeworfene Monturstück: wiesen in geradeder Linie den Pfad in eín enges Thal; dort aber schien das Waffenglück “si gewandt zu haben, denn fast parallel der ersten Straße führte eine zweite ebenso fenulihe wieder ungefähr zu dem Ausgange punkte zurück. 5

Hier aber bot fich ein ècschreckender Anblick dar. Männer und Pferde lagen dort zu Haufen gethürmt, skalpirt und hier und da mit Indianerleichen untermischt, auf einer Anhöhe aber fand man Custer selbst mit seinen sämmtlichen Offizieren und dem Korrespons«. denten einer New-Yorker Zeitung. Von der ganzen Kolonne scheint kein Einziger am Leben geblieben zu sein.

Die Beerdigung der Leichen mußte mit autgedehnten Vorsichts- maßregeln vorgenommen werden, denn in der ganzen Umgegend \{chwärmte es noch von zerstreuten Indianerbanden, die alle Be- wegungen der Amerikaner belauerten und jede Blöße und Sorg- losigkeit derselben gewiß benußt haben würden. Die Verwundeten wurden auf Traghabren, die man aus Aesten, Moos und Laub ver- fertigte, zum Big Horn-River zurükgeschafft, von wo sie an Vord der Flußdampfer den Big Horn und VYellowstoue aufwärts zum Fort Lincoln gelangten. Gibbons Kavallerie folgte den „Indianern noch 16 Kil. weit und erkannte, daß ihr Hauptcorps in südwestlicher Rich-

| tung abgezogin war. Die Indianer hatten mancherlei Gegenstände,

die sie sich früher angeeignet, als zu belästigend für den Marsch wieder weggeworfen; auch fand man viele ihrer Todten seitwärts am Wege in den Gebüschen versteckt. A :

General Custer war ein noch verhältnißmäßig junger Offizier von 39 Jahren. Aus der Militärschule von * estpoint hervorge- gangen, trat er beim Beginn des Secessionskrieges im Jahre 1861 in die Armee, in welcher er es bis zum Schlusse des Krieges zum Range eines General-Majors brachte. Er war als einer der tüchtigsten Reiter der nordamerikanisczen Bundeéarmee bekannt, hatte aber im Jndianerkriege nur geringe Erfahrung, da er nur in den Jahren 1873 ünd 1874 mehrmals an fleineren Unternehmungen gegen dieselben Theil genommen hatte.

Die Gegend, in welcher diese Kämpfe vorfielen, ift felsig, unweg- sam und fast: unerforsht. Der Little Horn mündet in den Little Big B tieser in den Big Horn und dieser wieder in den Yellowstone-

iverz parallel dem Big Horn aber fließen noch die ebenfalls mehr. fah genannten Flüsse Ro'ebud, Tongue und Powder-River. Von drei Forts ausrückend, sind die Truppen zu den Black Hills marschirt, dem Fort Ellis, welches westlich, Fort Laramie, welches nördlich, und Fort Lincoln, welches östlich gelegen is. General Sherman hat über dieses Terrain den Ausspruch gethan, daß er lieber noch einmal seinen berüßmten Marsch durh Georgiea wiederholen, als vom Fort Lincoln zum Big Horn vordringen wolle.

Am 12, Juli is General Crook mit 1200 Mann abermals vor» gerüdckt, stieß aber auf etwa 4000 Sioux, die durch Cheyennes- und Arrapahoes-Indianer verstärkt waren, und beschloß, dieser Ueber- macht gegenüber den Kampf zu verschieben, bis er in der Lage sei, mit einem wuchtigen Schlage den ganzen Aufstand zu unterdrüdcken.

Neuerdings meldet ein (s{on mitgetheiltes) Telegrxmm aus

hiladelphia vom 20. d. M.: „Eine große Streitkraft dex

heyenne-Indianer hatte die Red Cloud Agency verlassen, um sih den feindlichen Sioux-Stämmen E n ward aber vom General Merrit auf Eilmärschen abgesangea und nach der Agency zurükgetrieben. Verstärkungen gehen ab zu den Kolonnen des Generals Croof und Generals Terry.“

Nach in London eingegangenen Nachrichten aus Mexiko vom 17. d. Mts. hat Alatorre mit 400 Mann Regierungs=- truppen die 1300 Mann ßarken Aufständischen unter Hers nandez am 15. unweit Orizaba geschlagen. Letztere ließen,