1876 / 177 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 29 Jul 1876 18:00:01 GMT) scan diff

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5, 13 und 17 der Principia regulativa vom 30. Juli 1736 be- ruhenden Verpflihtungen kommen vom 1. Januar 1877 in Wegfall. Lehrer, welhe auf den Ertrag „der aufgehobenen Ab- aben einen Anspruch haben, sind von den zur Unterhaltung Der Schule Verpflichteten nah dem s\sechsjährigen Durchschnitte der Einnahme zu entschädigen.

Die vielfach ungünstige Gestaltung der Betriebsresultate in den lezteren Jahren hat bei fast allen Bahnverwaltungen das Bestreben wachgerufen, in den Betriebsausgaben möglichst Ersparnisse zu erzielen. So gerechtfertigt iese Maßnahme an sich sein dürfte, so läßt sh doch au niht verkennen, daß bei einer allzu strengen Durchführung mancherlei Mißstände daraus entstehen, die dann zu einer \chweren Schädigung des Betriebes führen können. Der Handels-Minister hat \ih deshalb veranlaßt gesehen und zwar im Einverständnisse mit dem Reichs-Eisenbahnamte, an die verschiedenen Aufsichtsbehör- den die Weisung ergehen lassen, darauf zu achten, daß nit etwa auf Kosten der Betriebssiherheit allzu große Ersparnisse an den Ausgaben gemacht werden, daß vielmehr die Unter- haltung der Bahn und der Betriebsmittel überall so erfolge, wie es durch die nothwendige Ordnungsmäßigkeit und Sicher- heit des Betriebes bedingt werde, und falls sh aus den Rech:

nungsabschlü}sen eine ungewöhnlihe Verminderung bei den be--

düglihen Ausgabetiteln ergeben sollte, den Gründen hierfür nah- Aüfot\Gen und eventuell eingehenden Bericht zu erstatten.

Die Bezirkstage in Elsaß-Lothringen werden nah Allerhöchster Bestimmung am 21. August dieses Jahres eröffnet und spätestens am 2. September dieses Jahres ge- \chlossen. Die erste Sißungsperiode der Kreistage beginnt am 7. August, die zweite am 14. September diejes Jahres. Die Dauer einer jeden dieser Sißungsperioden ist auf höchstens fünf Tage festgeseßt.

Der General - Feldmarschall Graf von Moltke wird fih noch bis Mitte August auf seinem Gute Kreisau in Schle- fien aufhalten und alsdann an der Uebungsreise des Generalstabes theilnehmen und den Manövern an der Seite Sr. Majestät des Kaisers und Königs beiwohnen.

Der General der Jnfanterie von Sto\ch, à la suite des See- Bataillons und Chef dex Kaiserlihen Admiralität, ift von seiner vor einiger Zeit angetretenen Inspizirungsreise hierher zurüdckgekehrt.

Der Polizeipräsident von Königsberg, Devens, ist heute früh auf der Rückreise dort hin, hier angekommen.

Die Shiffsjungen-Korvette „Ny m phe hat am 24. Juli,

Nachmittags 23 Uhr, ihre Uebungsreise nah Westindien ange-

treten und ift zunächst nach Plymouth in See gegangen, wohin bis auf Weiteres Briefsendungen zu rihten sind. An das Ka- nonenboot „Nautilus,“ welches zur Zeit in Konstantinopil stationirt ift, ist der Befehl ergangen, nach Smyrna abzugehen, woselbst weitere Befehle entgegenzunehmen seien.

Bayern. München, 27. Iuli. Das Ordinariat des Erzbisthums München-Freising hat im Auftrage des Erzbischofs bezüglih „der bishöflihen Amtshandlungen des Jo- \seph Hubert Reinkens in der Erzdiözese München-Freifing“/ eine Vorstellung an das Kultus-Ministerium gerichtet, in welcher dasselbe an das Ministerium die Bitte richtet, „diese an fih \akrilegishe, das gläubige VoF ärgernde, die öffentlihe Ord- nung verwirrende Kulthandlung zu inhibiren.‘'! Einen Erfolg, sagt die „Allg. Ztg.“, hatte diese Vorstellung deren Wort- Taut heut im Pastoralblatte veröffentlicht wird nit, denn der Bischof Reinkens hat, wie in andern Orten Bayerns in leßter Zeit, so auch hier am vergangenen Sonntag bischöflihe Amtshandlungen, insbe\ondere die Spendung des Sakraments der Firmung, ohne irgendwie gehindert zu werden, ausgeübt.

Der Königliche Regierungsdirektor in Bayreuth, von Kahr, wurde auf Ansuchen in den Ruhestand verseßt und zu- gleih durch Verleihung des Komthurkreuzes des Verdienstordens vom hl. Michael ausgezeihnet. An dessen Stelle wurde der Königlihe Regierungsrath Dr. Bucher in Bayreuth befördert und ebendahin auf Ansuchen Regierungsrath Papellier in München verseyt. In tas Staats-Ministerium des Innern wurde der Königliche Bezirksamtmann in München x. d. Jsar, Her-

T M un, als Regierungsrath einberufen.

/ Baden. Karlsruhe, 27. Juli. In ministeriellen Krei- fen verlautet, wie das „Frkf. I.“ mittheilt, daß die Regierung das neue Geseß über die Einrihtung und Befugnisse der Ober- Rechnungskammer demnächst veröffentlihen und zuglei die Ernennung des Präsidenten der betreffenden Stelle vollziehen werde. Als Kandidaten für diese Stellung wrden in den maß- gebenden Kreisen der Finanz-Minister Ellstätter und der Kammer- Präsident und frühere Minister Lamey bezeichnet.

Hessen. Darmstadt, 26. Iuli. Der Bericht des Finanzauëschusses. der Zweiten Kammer über die Gesezentwürfe, die aligemeine Cinkommensteuer und die Einführung einer Kapitalsteuer betreffend, ist zum Theil im Druck erschienen, und zwar zunächst der Bericht der Majorität des Ausschusses. Der Majoritätsantrag geht dahin,-die Kammer“ wolle beschließen, die Vorlage über die Kapitalsteuer abzulehnen. Drei Mitglieder des Ausschusses beantragen weiter, die Regierung zu ersuchen, noch diesem Landtag eine neue Vorlage nach folgenden leitenden Grund- säßen machen zu lassen: 1) Anstatt der seitherigen drei direkten Steuern, der Grund-, Gewerbe- und Einkommen-Steuer, soll nur eine Einkommensteuer erhoben werden, bei welcher jedoch ein Unterschied gemaht werden soll zwischen: a. fundirten Einkommen: 1) aus Grundstücken, 2) aus Gebäuden, 3) aus Kapitalvermögen; bþ. theilweise fundirten Einkommen: 4) aus Gewerbebetrieb, 5) aus Gehalten mit Pensionsberechtigung ; c. niht fundirten Einkommen: 6) aus geistigem oder körper- lichem Arbeitsverdienst ; in der Weise, daß: a. diese verschiedenen Arten von Einkommen im Verhältniß ihrer besseren Fundirung höher besteuert werden, als die weniger fundirten ; b. die sämmt- lihen Einkommen eines Jeden aus diesen verschiedenen Arten von Einnahmequellen zu einem steuerpflihtigen Gesammteinkom- men nach vorstehenden Grundsäßen zusammengerehnet, und dieses nah einer für höhere Einkommen progressiv im Prozent- \aÿ ansteigenden Steuerkapitalskala besteuert wird; c. Gesammt- einfommen unter 260 4, von direkter Steuer befreit bleiben.

„Sachsen - Weimar - Eisenach. Weimar, 28. Iuli, (Thür. Korr.) Die Rü{ckehr Ihrer Königlichen Hoheit der Großherzogin aus Helgoland wird in den ersten Tagen des nôhften Monats erwartet. Ihre Königliche Hoheit begiebt fich alsdann für einige Zeit nah Wilhelmsthal.

Die Landtagswahlen finden Anfangs September statt. Seitens der Behörden sind bereits die erforderlihen Bekannt- machungen in dieser Bezichung erlassen worden. Die wih-

tigste Aufgabe, deren Erfüllung an den Landtag herantreten wird, ist näht der Berathung des diesjährigen Etats die Aus- führung der dur die JIustizorganisation bedingten Aenderungen im Iustizwesen. Der Gerichtshof Il. Instanz wird von Eisenach nach Jena verlegt werden.

Elsaß-Lothrin zen. Met, 23. Juli. (Ztg. f. L.) Am nähsten Mittwoch feiert der Gouverneur General der Infan- terie von Schmidt sein fünfzigjähriges Dienstjubiläum, Mit dem seit etwa Iahresfrist in Angriff genommenen Fort bei dem Dorfe Woippy geht das leßte der im Festungsbauplan vorgesehenen Werke der Vollendung entgegen. Ein Ueberblick über die seit 1871 deutscherseits ausgeführten Befestigungen, welche der „Schwäb. M.“ giebt, dürfte daher in diesem Augen- blick nicht ohne Interesse sein. Die deutshe Verwaltung fand vier detachirte Forts vor, deren Bau 1867 begonnen worden warz jedoch waren nur zwei einigermaßen vollendet. Der Aus- bau der. Werke wurde unmittelbar nah dem Kriege in Angriff genommen. Zu gleicher Zeit wurden die neu aufzuführenden Forts begonnen; die Forts .Manstein und Prinz August von Württemberg. Ersteres is der Veste Friedrih Carl vor- geshoben. Fort Prinz August liegt in der Ebene und if} vollftändig ausgebaut, Weiterhin, ebenfalls auf dem reh- ten Moselufer, folgen die Forts Gödben, Zastrow, Stein- met und Manteuffel. Auf dem linken Moselufer, und zwar im Thale dicht an der Linie Meh-Diedenhofen-Luxemburg, liegt das im Bau begriffene neue Fort, für welhes noch kein Name festgeseßt ist. Dasselbe ist dazu bestimmt, das zwishen den Wer- ken Manteuffel und Alvensleben gelegene Terrain zu beherr- \{hen. Den Abschluß an dieser Seite bildet das Fort Alvens- leben. Diese 9 Forts \chließen außer der Stadt Mey noch über 12 größere Ortschaften, sowie eine große Anzahl einzelner Schlösser, Villen und Gehöfte. ein. Die Umfafsungslinie ist 24 Kilometer lang.

Oesterreich-Ungarn. Wien, 27. Juli. Der Minister des Auswärtigen, Graf Andrass\y, is heute von Terebes hier angekommen. Nach dem „Ellenör“ hätte er auf der Reise Pest berührt, ohne jedoch dort Aufenthalt zu nehmen. Nach einer der „N. Fr. Pr.“ zugegangenen Nachricht soll jedoch Graf An- drafsy gestern mit dem ungarischen Minister-Präsidenten. kon- ferirt haben.

s Das ySremdenblatt“ sagt in einer Auslassung gegen die „Times“: ;

„Die „Times“ bringen einen sehr gereizten Artikel gegen die drei Kaisermächte,- deren Allianz und die Prätension, mittelst dieser Allianz dem Welttheil Geseze vorshreiben zu wollen. Wo das Cityblatt Symptome für eine derartige Prätension entdeckt hat, ift uns unerfindlih, wir glauben, daß gerade das eben ver- öffentlihte Blaubuch den beredtesten Beweis dafür liefert, wie wenig derartige Intentionen den drei Kaisermächten zuzuschreiben find und wie unverrückbar dieselben in ihrer Politik stets das eine Ziel: die Anbahnung einer Gesammtaktion aller großen Mächte des Welttheils, im Auge gehabt haben.“

Sensations- und Alarmmacher um jeden Pre:s finden heute, \{hreibt die „Presse“, wieder in der „Wiener Zeitung“ einen prächtigen Sto}. Dieselbe bringt nun auch, wie das bereits einige Provinzialblätter gethan, einen Auszug aus dem Erlasse des Landesvertheidigungs-Ministeriums, betreffend die für den Kriegsfall nothwendige Ergänzung des „land- wehrärztlichen Offizier-Corps“ aus den Civilärzten. Wir haben bereits* in unserem gestrigen Morgenblatte darauf hingewiesen, daß derartige Erlasse jährlich wiederkehren und ihnen daher jede aktuelle Bedeutung und jeder Zusammenhang mit den gegenwärtigen Ereignissen im Oriente abgesprohen werden müß.

In der gemeinsamen Direktoren-Konferenz der österreichisch-ungarischen Eisenbahnen, wehe am 20. d. M. in Wien abgehalten wurde, kam die Frage der Errichtung von Sanitätszügen zur Verhandlung. Die Eisenbahnen waren bereit, dem Verlangen des gemeinsamen Kriegs-Ministeriums zu entsprehen, und die geforderte Anzahl von Sanitätszügen aus eigenen Mitteln einzurihten, doch gaben die außerhalb der Staats- garantie stehenden Eisenbahnverwaltungen die Erklärung ab, daß sie für die gegenwärtig geforderte Anschaffung eine Entschädigung nicht beanspruchen, daß sie eine solhe aber fordern müßten, falls das Kriegs-Ministeriu 1 späterhin auf weiteren Anschaffungen von Sanitätszügen bestehen sollte. Das Ministerium wünscht, daß jede Bahn 5 pCt. ihres Wagenparkes für Sanitätszwecke ein- rihte, während im gegenwärtigen Momente von sämmtlichen österreichish-ungarishen Eisenbahnen 40 Sani:ätszüge mit 600 Waggons adaptirt werden sollen.

Pest, 27. Juli. Heute fand, wie der „N. Fr. Pr.“ von hier gemeldet wird, ein mehrstündiger Ministerrath statt, der unter anderen Fcagen auch den allgemeinen österre;chish - unga- rishen Zolltarif verhandelte.

Großbritannien und Jriand. London, 27. Juli, Der Erzherzog Rainer von Oesterreih kam am Dienstag mit seiner Gemaßlin von den Niederlanden in London an.

Das Denkmal des Prinzen Albert in Edinburgh wird Mitte nächsten Monats eingeweiht werden. Die Königin wird om 16. August ohne irgend offizielen Empfang eintreffen und Nachmittags die Adresse der Stadtbehörde entgegennehmen. Am Nachmittag des 17. findet die Hauptfeierlichkcit statt.

Am Mittwoh Morgen hat die amtlihe Unter- \uhchung betreffs des „Thunderer'' ihren Anfang genommen. Weitere Todesfälle sind nicht zu vermelden.

Bei dem vom Lard Mayor im Mansion House etwa 200 Mitgliedern und Freunden der Londoner Schuldvehörde gegebenen Bankett ward mitgetheilt, daß die Zahl der eine Schale besuhenden Kinder seit 1872 von 174,301 auf 288,497 gestiegen sei, die Zahl der „board schools“ über 300 betrage und die bis zum nächsten November geschaffenen Shul- stellen 181,000 sein werden. Etwa 5000 Kinder seien, so zu sagen, von der Gasse aufgehoben worden und vor einem künf- tigen Verbrecherleben bewahrt. England so fagle der Vor- sizende Sir Charles Reed habe seine nationale Wohlfahrt auf ein starkes System nationaler Erziehung gegründet und biete jeßt ein Beispiel von Elementar-Unterricht, das keinem andern in Europa oder Amerika nachstehe.

Ueber die im Mittelmeer versammelten Flotten sagt der „Morning Advertiser“ in einem längeren Artikel unter Anderem Folgendes: „Die türkishen Gewässer enthalten im gegenwärtigen Augenblicke die \{chönsten Muster von Kriegs- schiffen aller europäishen Seemähte. Die Blüthe der britishen Marine um diese Zeit gewiß ein Duyend Panzerschiffe ist in der Besika-Bai zu finden. Die türkische Flotte war nach den ueuesten

Nachrichten bei Mitylene, nahdem Admiral Hobart von der Besika-

L Bai dorthingegavgen war, wo er den britischen Oberbefehls-

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haber begrüßte und die Ehre hatte, vom Herzog von Edinburgh einen Besu zu empfangen. Die Flotte besteht jeyt aus drei \{chöônen Panzerschiffen und einigen kleineren Fahrzeugen und soll in wenigen Tagen um zwei andere Panzerschiffe vermehrt werden. Die österreichischen, russischen und italienishen Ge- \hwader, die \sämmtlih Panzershiffe von neuester Konstruktion enthalten, sind in Smyrna und die deutsche Flotte, die die beiden mähtigften Panzerschiffe im Mittelmeere ein\ließt, ist in Salonichi. Die Franzosen haben gerade jezt nur zwei oder drei Schiffe in der Le- vante, aber einEvolutionsgeshwaderunter dem Admiral Roze soll von Toulon aufbrehen und îm Mittelmeer kreuzen. Des Admirals Flaggen\chiff is ein neues Panzerschiff von 900 Pferdekraft, be- wafsnet mit 12 Geschüßen des neueften Modells, und sein Kom- mando umfaßt sieben andere {höne Fahrzeuge. Wie wir gesagt haben, die Deutschen besißen die zwei \{hönsten. Panzerschiffe an der türkishen Station, nämlih den „Kaiser“ und „Deutschland“, die beide auf der Themse gebaut wurden.“

Die dem Parlamente vorgelegte Korrespondenz über die Ermordung des französischen und des deutshen Konsuls nimmt 73 Seiten ein und enthält 79 Briefe und Telegramme. Die „E. C,“ theilt daraus Fol- gendes mit :

Das erste ist das Telegramm von Raäschid Pascha an Musurus Pascha vom 7. Mai 1876 mit einem Bericht über die Sache. Sir H. Elliot telegraphirt, der Gouverneur sage, die Truppen kamen nicht zeitig an und daß der italienische Konsul zum Truppenbefehlshaber ging, ihn zu bitten, Soldaten zum Beistand des Gouverneurs und der Konsuln zu shicken, aber die Maßregeln waren nit zeitig genug ergriffen, Auch daß der Bericht des amerikanischen Konsuls beweise, daß er beim Ergreifen des Mädchens einen Haupt- antheil nahm, der zu der Unruhe führte.

Der amerikanische Konsul erklärt, Christen, die an der Station waren, als das Mädchen im Namen ihrer Religion um Hülfe flehte, zwangen einen Wagen, der auf ihn wartete, sie in die Stadt zu fahren.

Der erregte Zustand der muhamedanishen Bevölkerung, die fas durdhweg bewaffnet war, wird in einigen Depeschen als Grund an- gegeben für die Nothwendigkeit, briti}he Kriegs\chiffe an der Küste zu zeigen. Auch wird es füc zweifelhaft erklärt, ob die tür- fishen Truppen gegen die Moslemiu kämpfen würden.

Der Bericht des engli]}chen Konsuls Mr. Blunt, vom 7. Mai, giebt eine ausführlihe Meldung über den Vorfall. Der griehische Metropolitan von Salonichi schreibt, es sei kaum be- greiflich, das ein elendes Mädchen den Vorwand für so tragische Ereignisse habe hergeben können. Ein Telegramm des Groß- veziers an die Lokalregierung in Salonichi vom 8. Mai schärft SUEe und Wachsamkeit über Leben, Ehe und Eigen‘hum aller Be- wohner ein.

Konsul Blunt am 14. Mai: „In Bezug auf den Vize-Konsul der Vereinigten Staaten, Hrn. Perikles Lazzaro, versichere ih Ew. Excellenz, daß ih durchaus nicht glauve, er hatte auch nur den geringsten An- theil an der Wegführung des Mädchens. .. . Das Mädchen, soweit ih hôre, ist cin Geschopf, das nichts taugt 2c.“

Der Konsul giebt auch den Bericht eines Engländers, der Augenzeuge des Vorfalls war, auch scheint es, als ob das Mädchen selbst muhamedanish werden wollte und sich weigerte, zum Christen- thum zurückzufkehren. i

Sir H. Elliot telegraphirt am 28, Mai: „Der französische und deutsche Botschafter haben Raschid Pascha von der Entschädigungs - forderung für die Familien der ermordeten Konsuln Mittheilung ge- macht, 600,000 Franken we-:den für Wittwe und Kinder des franzö- sischen Konsuls verlangt, 300,009 für die Wittwe des deutschen. Sie hat "eine Kinder, Dec Suitan hatte {hon verlauten lassen, daß eine Geldsumme den Familien gezahlt werden follte.*

Wir heben noh folgende Depesche heraut :

Sir H. Elliot am 10. Juni: „Der französishe und deutsche Botsc; after besuhten mi gestern zusammen. Der Erstere hatte so- eben dem Großvezier und Naschid Pascha ein Telegramm mitgetheilt, für fi selbst und seinen Kollegen, das sie von ihren Vertretern aus Salonichi empfangen hatten und das die unangemessene Art der Be- strafung \chuldiger Offiziere behandelt. Nach diesem Berichte erhielten diese Offiziere Befehl, Truppen nah der Moschee zu führen, wo die Konsuln von dem Pöbel zurückgehalten wurden, und antworteten, erst müsse þas Mädchen ausgeliefert werden. Nachher fand man dieselben ruhig ihre Cigaretten rauchend. Wenn diese Behauptung korreft i, so erscheinen Verurtheilungen zu einem Jahre Gefängniß und zu 45 Tagen Arrest gewiß ganz unangemessen für zin Benehmen, dem ein so tragisher Schluß folgte. Meine Kollegen sagten, sie hätten ihren Regierungen telegraphirt behufs In- struftionen in Folge dieses Berichtes und ich sagte, ih würde gleicher- weise Euerer Lordschaft telegraphiren. Zuerst jedo wies ih Hrn. Blunt ax, die Einzelheiten zu berichten, aber ih habe noch nichts von ihm als den Ausdruck seiner Meinunz, daß die Verurtheilungen zu gelinde sind und ich sehe niht, wie irgend ein korrektes Urtheil gebildet wer- den kann über den Fall, bis wir einen vollen geschriebenen Bericht bekommen haben."

Türkei. Konstantinopel, 21. Juli. (Pol. Corr.) Der glänzende Erfolg, welhen Osman und Fazly Pasha über die serbishe Timok-Armee am 18. Juli davongetragen, ift außer allem Zweifel. Die Serben unter Leshjanin waren mindestens 20,000 Mann stark. Das türkishe Korps war ihnen numerish etwas überlegen. Der Erfolg des Tages markirte sich durch den Rü- zug der Serben auf das von ihnen stark befestigte Saicar, wobei fie von Fazly Pascha eine ziemlihe Strecke kräftig verfolgt wurden. Os- man, welcher mit seinen ermüdeten Truppen sih nahWiddin zurü&zog, brate fünf erbeutete serbische Kanonen und Kriegsmaterial nah Hause. Im Ganzen war dies die erste bedeutende Schlacht seit Ausbruch des Krieges, da sih beiderseitig zusammengenommen Über 40,000 Mann im Kampfe befanden. Hier wurde die Siegesnachriht mit unbeschreiblihem Jubel aufgenommen. Von der Armee von Nis ist seit den lezten Nachrichten übec die Vertreibung der Serben von Ak-Palanka und Babina Glava keine weitere Meldung eingelangt.

Der Verfassungsentwurf, welcher den Mitgliedern der lezten Notablenversammlung bei dem Großvezier mitgetheilt roerden sollte, ist noch nicht vertheilt worden, und somit wurde au der Tag der neuen Versammlung nicht fixirt.

In den türkischen Journalen -ershien heute eine Prokla - mation des Großveziers an die mohamedanishe Bevöl- kerung von Konstantinopel, worin ihx angezeigt wird, daß die Regierung keine weiteren Hülfstruppen nothwendig habe und somit die Werbebureaux geschlossen werden. Die Provinzen senden inzwishen noch fortwährend Freiwillige.

Das zweite ägyptische Regiment is gestern hier ein- getroffen.

General Jgnatieff hat sich vor einigen Tagen vor An- tritt seiner Urlaubsreise vom Großvezier in der freundlichsten Weise verabschiede1.

Die „Turquie“ veröffentliht folgendes amtliches Communiqué vom 19, Juli:

Gegen hundect Perfonen des Kasa Haskeny, im Distrikt von Philippopolis, die als Soldaten eingeshrieben sind, haben Räubereien

in einem bulgarishen Dorfe begangen. Jun anderen Dörfern haben fie die Lebensmittel, die sie entnommen, nicht bezahlen wollen und fih Gewaltthaten gegen die, welche sie ihnen Gelttti, erlaubt.

Das verbrecherische Treiben dieser Menschen, die nicht werth find, in den Reihen der Kaiserlichen Armee zu kämpfen, verdiente eine

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rasche Bestrafung. Daher haben sich die Militärbehörden beeilt, fie zu ver- haften und zu entwaffnen, damit sie abgeurtheilt werden. Dies Urtheil ist gefällt und der Führer dieser Menschen, Hadji Murad, nach dem Gesetz zum Tode verurtheilt worden. Er ist daher heut morgen in Philippopolis gehängt worden. Diejenigen seiner Genossen, welche der Mitschuld bei den Räubereien angeklagt sind, werden jeßt verhört U A dem Grade ihrer Schuld, soweit sie überführt find, bestraft werden.

Den heut eingetroffenen Nummern der „Turquie“ vom 19., 20. und 21. d. M. entnehmen wir folgende Mit- theilungen :

Die Frage der Befreiung vom Militärdien| i} jetzt entschieden, und zwar so, daß sie allgemein befriedigen kann. Die Entscheidung der Pforte is den ökumenishen und armeni- \chen Patriarhen und den Häuptern der anderen religiösen Ge- nofenshaften mitgetheilt. Alle männlihen Unterthanen von 15 bis 75 Jahren sind der Militärfteuer unterworfen. Aus- genommen die Untauglichen, die Weltpriester, Bishöfe, Archi- mandriten und Mönche. Die Steuer beträgt 27 Piaster 30 Paras per Kopf; das is zwar nicht weniger als früher, aber bisher belastete sie alle männlihen Mitglieder der christlihen Gerneinden, vom Kind in der Wiege bis zum Greise, jeßt dagegen nur vom 15.—75. Jahre.

Nah dem „Istikbal“ Hat der tunisfishe General Benayad Mahmud Pascha auf eigene Kosten ein Corps von 4000 Fre i- willigen ausgerüstet und für die Equipirung und den Sold derselben während der Dauer des Krieges die Sorge übernommen.

Der nach Adrianopel gesandte Kiani Pascha hat sofort daselbst eine Untersuhungs-Kommission eingeseßt zum Verhör der Freiwilligen, welhe kürzlich in einigen bulgarischen Dörfern Räubereien und andere Gewaltthaten vollführt haben. Es find ihrer etwa 100, die nah Adrianopel eingebraht worden und ftreng bestraft werden sollen. =#& s i pes

Wie der „Köln. Ztg.“ gemeldet wird, hätte die tür- Tische Regierung im Pariser Leihhause für zwölf Millionen Diamanten, die dem legten Sultan gehörten, verpfändet.

Vom Kriegs\chau plaß liegen folgende Telegramme vor :

Konstantinopel, 29. Juli. (W. T. B.) Von der Re- gierung wird amtlih gemeldet: Die Serben haben am 26. d. abermals den Timok überschritten, sind aber mit einem Verlust von 50 Mann zurückgeworfen worden. Von Stutanigza ging vom 26. die Nachricht ein, daß Moukhtar Pascha von Nevesinje aus abmarschirt sei und die Montenegrinex unter dem Fürsten Nikita zerstreut habe.

Konstantinopel, 29. Juli. (W. T. B.) Die Pforte hat dem Vorschlage der österreihisch-ungarischen Regierung, die Garnison und das Kriegsmaterial des Forts von Klek auf Lloyd- dampfern nach Antivari überzuführen, zugestimmt.

St. Petersburg, 29. Juli. (W. T. B.) Dem „Golo0s“ geht von seinem Spezialkorrespondenten in Risano unter dem gestrigen Tage folgende Mittheilung zu: Die Armee Moukthar Pas B28 hat unbemerkt am 25, d. die Montenegriner bei Korito umgangen und ist in Bilec (unweit der Grenze, nordöstlih von Trebinje) angelangt. Die Lage des Fürsten Nikita und Radowitshs ist verzweifelt. {

Wien, 29. Juli. (W T. B.) Dem „Telegraphen: Korre- spondenz-Bureau“ wird aus Zara, im Widerspruh mit den aus Konsfiantinopel vorliegenden Nachrichten, gemeldet, daß die Mon- tenegriner, unter Führung des Fürsten Nikita, bei Vrbiza (2 Meilen ‘nördlihch von der montenegrinishen Grenze, halbwegs auf der Straße von Trebinje nah Metochia (Gaczo) gegen die türkishen Truppen unter Moukthar Pascha sfiegreih gekämpft haben, wobei Osman Pascha und viele Türken ge- fangen genommen wurden.

Die von Osman Pascha, Kommandanten des Armee- Corps von Widdin, über die Schlacht bei Veliki-Izvor am 19. d. an den Großvezier gerihtete Depesche lautet:

Die Serben wollten ganz augenscheinlich die am 12. Juli er- [ittene Niederlage repariren und hatten ihre Armee von Zajcar um zwei Batcaillone, jedes zu 800 Mann, und um einige Tausend Land- wehrmänner aus Belgrad vermehrt, was den Effektivstand ibre-: Streitkraft in dieser Position auf 25 000 Mana hrachte. Sie ließen 7000 Mann zur Vertheidigung in den Verschanzungen und maríchirten mit 18,000 Soldaten gegen unsere Positionen. Die Be- wegung des Feindes hatte gestern Abends um 1 Uhr türkischer Zeit- rechnung begonnen und dauerte bis zu diesem Morgen; nach der Aus- sage von in unsere Hände gefallenen Gefangenen hatte der Feind über- dies eine wichtige Position in den nahen Wäldern genommen, nah- dem er seine Hauptmacht vorgerückt hatte. i

Durch mein von dem Schlachtfelde datirtes Telegramm habe ih Eure Hoheit informirt, daß ein Jägergeplänkel gestern Dienftag (11. Juli) um 1 Uhr Morgens eröffnet wurde. Der Feind woll1e uns in den Hinterhalt des Waldes locken; Dank der Vorsicht aber, die wir walten ließen, wurde er \chließlich gezwungen, mit seiner ganzen Streitkraft hervorzurücken. Um 2 Uhr war der Kampf schon sehr lebhaft, und das Gewehr- und Geshüßfeuec wurde immer in- tensiver. Wir sahen, daß wir schr bedeutende Streitkräfte vor uns halten: um 3 Uhr entsendeten wir an Fazly Pascha, der sih in Adlié befand, den Befehl, mit drei Bataillonen Infanterie und einer Ge- \{chüßbatterie aufzubrehen und den Feind zu umgehen.

Während der Kampf immer- ernsthafter wurde, seßte sih au gegen 64 Uhr unser rechter und linker Flügel und das Centrum in drei Kolonnen gleichzeitig in Bewegung. Ê

Die 1., 2. und 5, Compagnie des 1. Jäger- Bataillons, deren Bravour erprobt ist und die auf ihrer Fahne die Abzeichen des Oêtmanie dritter Klasse tragen, hatten Befehl, gegen die Geschüßz- batterie vorzurüdcken, die der Feind gegenüber unserem rechten Flügel aufgestellt hatte. e

Die erste Compagnie nahm bei ihrer Aitaque dem Feinde eine Kanone, die zweite und fünfte Compagnie je zwei Kanonen und zwei Munitionskarren. Da der Feind nicht dem Ansturme unserer Truppen widerstehen konnte, zog er fich in wilder Unordnung zurück, nachdem Fazly Pascha ihn mit drei Bataillonen Jnfauierie, eiaex Geschüß: batterie und zwei Kayvallerie-Abtheilun.en umzingelt hatte. Faziy Pascha verfolgte die Serben bis nah Zajcar. 0

Wir haben bei dieser Verfolgung noch eine Kanone und einige Artilleriepferde erbeutet. Die Schlacht war um 8F Uhr zu Ende, Die Majors- Adjutanten der dritten Bataillone unseres 2. und 4. Infanterie-Regiments und 160 Soldaten sind verwundet worden ; überdies hatten wir 50 Todte. Der Feind ließ auf dem Schlacht- felde mehr als 2000 Todte, die Zahl der Verwundeten muß fi auf das Doppelte beziffern. Außer den sechs Kanouen haben wir noch eine große Menge von Waffen und anderes Kriegsmaterial erbeutet. Bei dem Rückzuge in das Hauptquartier riefen die Linientruppen : ft lebe der Sultan!“ und hierauf wurden 21 Kanonenschüsse gelöst.

Aus Belgrad, 25. Juli, wird der „Pol. Corr." ge- meldet : i

Hier werden entscheidende Kämpfe am Timok er- wartet. Es ift zwar bekannt, daß Osman Pascha, der früher nur über 18 Bataillone Infanterie verfügte, in den . leßten Tagen bedeutende Verstärkungen erhalten hat. Er verfügt jeßt über 32 Bataillone Infanterie (das Bataillon zu 700 Mann), 11 Tabors Redifs, 3 Regimenter Kavallerie und 8 Batterien

zu 6 Geshüyen. Tie serbishe Ostarmee besteht jeßt aus Z Di-

vifionen Infanterie, 3 Regimentern Kavallerie und 8 Batterien zu 6 Geshüßen. Am Timok werden die größten Anstrengungen gemaht werden, um die Straße Saicar-Belgrad den Türken zu verlegen. Gelingt es Tshhernajeff, Osman Pascha in den Winkel zwischen dem Timok und der Donau zu drängen, dann müßte Abdul Kerim Pascha den Gedanken an eine Offensive in der Richtung auf Knjazevac und Deligrad fallen lassen. Entgegen- geseßten Falles aber würde Belgrad bedroht sein.

Wie es \ceint, is die Regierung von der Idee Staats- noten herauszugeben, zurückgekommen. Dagegen wird der Druck der Obligationen, welhe den Gläubigern der ersten serbischen Nationalshuld übergeben werden follen, eifrig betrieben. Bei dieser Gelegenheit sei bemerkt, daß im Auslande ein vershwin- dender Vruchtheil dieser Anleihe placirt ift.

Zum Chef des Generalstabes der serbishen Armee wurde Oberst Jovanovits ernannt.

Ueber das serbishe Lager vor Nisch wird der „Presse“ von einem Spezial - Berichterstatter aus Katun, 21. Juli geschrieben:

Wenn auch die Rückwärts-Konzentrirung Tschernajeffs in Folge neuer „ftrategischer Kombinationen* eine Aenderung in der Stellung der Hauptarmee an der Moraw* und vor Nisch bedingt, so scheint es mir doch zur Veurtheiluxg der Operationen vor Nisch von Belang, die Aufstellung der Armee vor Nisch an s:nem Tage zu \kizziren, wie fie am Tage vor dem Rückzuge durch einen serbishenOrdonnanz- Offizier, der dieser Armee zugetheilt ist, geschi;dert wird. Seine Sfizze lautet:

„Um das rechte Morawa-Ufer zi:ht sih die Straße gegen Nisch zu. Bei Katun bildet die Straße einen Knotenpunkt und bort hat jeßt ein Theil der serbishen Armee ihr Lager aufgeschlagen. Un- gefähr 350 Meter vom Ufer entfernt befindet sih eine große, starke Karaula, die ein Terrain von 1000 Quadratmetern um|\chließt. Ihre Mauern haben eine Stärke von 80 Centimeter. Die Karaula bildet ein vollkommen abge\chlossenes Viereck. Diese Karaula gehört jeßt uns. Rechts von derselben, immer auf feind- lichem Gebiete, dehnt fich auf 7 bis 8 Kilometer Entfer- nung ein niedriges, leiht coupirtes Terrain unter fungem Wald aus. Vor diesem KVerrain erhebt sich ein Hügel von etwa 200 Meter Höhe und an dem jenseitigen Abhang dieses Hüge!s bifindet sih das Dorf Gorni Krupatz, welches, wie alle übrigen am rechten Ufer der Morava gelegenen Dörfer, ferbische Einwohner hat. Dies Dorf i} jeßt von dem Banjaer Bataillon 2. Klasse un- serer Brigade beseßt Oestlih von diesem Dorfe befindet sich der Hügel „Bistrowo“, an dessen südlichem Abhange das Dorf Dobra- jewaß, beseßt von dem Kragujewahßer Bataillon 2. Klasse. Zwischen dieser Linie und Nisch sind einige Dörfer, in welchen die Vorposten unseres Bugar: Morawaer Bataillons und einer Compagnie Linien- truppen si festgeseßt haben.

Die größeren Döifer in der Umgebung heißen Draschevaz, Goansji und Dolvysi Krnaz, CTrnaya, Topolnitza, Vrtischte, Palina, Milkovaz und Rudnik, Diese Dörfer sind sämmtlih von unseren Truppen beseßt. Die Truppen und die neu- ¡ich zu uns gekommenen Valjewoer Kavallèrie-Division gehören meiner Kolonne an. Vier Tage nach unserer Ankunft daselbst bekamen wir eine Ponton-Abtheilung, welche sofort unterhalb Katne geaenüber von Tes chißa cine Brücke {hlug. Hierdurch stellten-wir die Verbindung mit dem rechten Flügel des Armee Corps her, das bei Supovaz fteht. Demnächst bildet unsere Kolonne das Centrum der gegen Nisch operirenden Armee. Wir haben eine Fronte von 15—18 Milo totes inne. Unserer. rech‘en F:ügel, zwischen der Morawa und Katun ftehend, bildet das Deligrader und das Bugar-: Morawaer Bataillon mit einex Compagnie Linien-Jufanterie, welche jedoch nur zur Hälfte im Lager, zur Hälfte auf drei Meilen Entfernung im türkischen Ge- biete den Vorpostendienft versieht. Zwei Valjewoer Es6kadronen, eine halbe Butterie der Alexinaßer exsten Feldbaiterie und ein Bataillon Kiagujewaßtzer find im Dorfe Katun. Das Centrum ist in Krupaz bei Belibreg, der liake Flügel in- Dobrujewaß und Sissenj.“

Ueber die leßter: Kämpfe in der Herzegowina und in Albanien erhält die „Pol. Corr.“ folgende Nachrich- ten aus Ragusa vom 27. Zuli:

In Folge der bedeutenden Niederlage, welche die Montenegriner am 23. Juli zwischen Zalom und Nevesinje erlitten haben, zogen sie sich anfänglich nah Gaczko und dann weiter bis Korito zurück, 10 fich Fürst Nicolaus geftern, den 26.,, pers5nlich befand. Die Schuld an der Niederlage wird Ratonich zugeschrieben und heißt es, daß er des Corps-Kommandos eutscht werden soll. Indeß konzeniriren sich die Montcnegriner bei Krstac, wo einem neucn Zusammenstoße ent- gegen gesehen wird. Auf dem Rückfzuge wurden von den Jnsurgenten- Corps des Z'monic und Socica die türkischen Dörfer Jmuli, Apto val, Lipnik, Cruica, Kliac und Stolac niedergebrannt.

Aus Metkovihh mcldet man, daß gestern 54 Wagen mit ver- A F aus dem Gefechte bei Nevcsinje in Mostar einge- troffen sind.

Ueber das am 24. Juli an der alban isch-montenegrini- \chen Grenze stattgefundene Gefecht wird Folgendes gemeldet : Seit aht Tagen wurden vor Scutari und Umgebung gegen 15,000 Türken konzentrirt, welche es auf einen Vernichtungs- \chlag gegen den mit den Montenegrinern verbündeten und gewissermaßen den Eingang nach Montenegro hütenden Stamm der Kuccianer abgesehen hatten. Die Montene- griuer waren von dem Vorhaben der Türken gegen ihre Alliirten vollständig uvterrihtet und versöumten nicht, danach ihre Anstalten zu treffen, um so mehr, als ihnen die türki)hen Angriffsziele ver- rathen worden waren.

Am 24. Juli am frühen Morgen seßten \i{ drei türkische An- griffskolonnen von Fundivua, von Podgorizza und von Doljane an der Morava gegen die Kuccianer in Bewegung. Sie wurden von den Montenegrinern gleichfalls in drei Abtheilungen unter tem Kom- mando der Wojwoden Plamenac, Marco Milsana, Skernio Kusovac und Bozo Petrovic empfangen. Der Kampf dauerte den ganzen Tag bis spät in die Nacht, indem die Türken auf allen Punkten zurück- gedrängt wurden und deren Verfolgung bis Podgorizza fich bis in die Nacht erstreckte, Nachdem seit vorgestern wieder frische türkische Truppen in Autivari ausgeschifft werden, ist es sehr wahrscheinlich, daß der türkishe Angriff sih in den nächsten Tagen erneuern wird.

Belgrad, 28. Iuli. (W. T. B) Das amtliche Blatt veröffentliht eine Verordnung, durh welche alle \ich hier aufhaltenden fremden Staatsangehörigen zur Ent- richtung der Kommunalsteuer herangezogen werden.

Schweden uud Norwegen. Stockholm, 25. Iuli. Der König, welcher gestern nah Norrköping gereist is, eröffnete daselbsi heute Vormittag die allgemeine \{chwedi\sche land- wirthscchaftlihe Versammlung und Ausstellung. Der König erinnerte in seiner Rede an die Segnungen, welche eine sechzigjährige Friedensperiode dem Lande und dem edlen Streben des Volkes auf den Gebieten dex, Arbeit, der Bildung und der Wissenschaft gewährt, und wod niht nur der all- gemeine Wohlstand des Landes zugenommen, - sondern dasselbe auch in den Stand gesezt sei, ehrenvoll mit anderen Ländern konkurriren zu können. Von Norrköping wird der König die Reise über Sköfde nah Carlsborg fortseßen und nah kurzem Aufenthalt daselbst hierher zurückehren.

Christiania, 22. Juli. Der älteste Staatsw.ann Nor- wegens, Staatsrath Hans Ridderrold, ist am Donnerstag im Alter von circa 81 Jahren gestorben. Derselbe gehörte zu den ersten Studenten, welche bei der Universität Christiania im- matzikulirt wurden, Im Jahre 1819 yurde ex Prediger, im

Jahre 1827 Mitglied des Storthings und 1848 Kultus-Mint- ster, welhen Posten er bis 1872 bekleidete. Ridderrold gehörte zu den angesehensten Männern Norwegens.

Dánemark, Kopenhagen, 27. Juli. Die Abreife

der Könige und Königinnen von Dänemark und Griechenland sowie der Prinzesfin Thyra nah St. Peters- burg fand gestern Mittag in feierlihster Weise ftatt. Gestern wurde folgende Königliche Verordnung veröffentlicht : __ eWir Chriftian IX. 2c. thun kund: Da Wir im Begriffe stehzn, eine Reise nach dem Auslande vorzunehmen, so wollen Wir mit Rücksicht auf §. 1 des Geseßes vom 11. Februar 1871, betreffend die Führung der Regierung im Falle der Unmündigkeit, der Krankheit oder der Abwesenheit des Königs, die Führung der Regierung wäh- rend Unserer Abwesenheit dem Thronfolger übertragen haben.

Deshalb thun Wir hiermit Unseren lieben und treuen Unler- thanen kund, daß Unser hochgeliebter Sohn, Se. Königliche Hoheit der Krouprinz Christian Friedrich Wilhelm Carl, vom 26. d. M. bis zu Unserer Rückunft die Führung der Regierung in Unserem Namen übernimmt.

Gegeben auf Unserem Schloß Bernstorff, den 26. Juli 18376.

Unter Unserer Königlichen Hand und Siegel. Christian R. (L. S.) J. B. S. Efirup,

Amerika. Das Gratulationss\chreiben des Kaisers von Rußland zur Feier des 100jährigen Bestehens der Re- publik an den Präsidenten Grant lautet nah der „Köln. Ztg.“ :

Herr Präsident! In dem Augenblicke, da das Volk der Ver- cinigten Staaten die hundertjährige Feier seiner nationalen Existenz begeht, wünsche ih, Jhnen die Gesinnungen auszudrücken, mit denen ih an diejer Feier theilnehme. Das Volk dec Verein'gten Staaten kann mit Stolz auf die ungeheuren Fortschritte b'icken, die seine Energie innerhalb eines Jahrhunderts errungen hat. Mich freut es namentlich, daß Lie freundschaftlichen Beziehungen zwischen unseren beiden Ländern während dieser hundertsährigen Periode nie eine Unterbrechung erlitten, sondern im Gegentheil durch wechse!lseitige Beweise des Wohlwollens gekräftigt wurden. Ich gratulire daher herzlih dem amerifanischen Volke in der Person seines Präsidenten, und ich bitte Gott, daß die Freundschaft der beiden Länder mit ihrer Wohlfahrt zunehmen möge. Jch ezgreife diese Gelegenheit, um zu gleiwer Zeit Jhnen die Versicherung meiner aufrichtigsten Hochachtung und Werthshäßzung zu geben.

Ems, 5. Juni 13876. (gez.) Alexander.

Das Schreiben des Königs von Italien lautet, demselben Blatte zufolge:

Mein sehr lieber und guter Freund! An dem Tage, an welchem die große amerikanische Republik das hundertjährige Fest ihres Be- stehens feiert, wünschen wir Jhnen persönlich und durch Sie der Nation, welcher Sie präsidicen und welche mit Hbewunderns- werther Fähigkeit ihrer erhabenen Bestimmung zuzuleiten Ihnen gelungen ist, unsere Glückwünshe und die unseres Volfes zu Übersenden, Weder die Entfernung, welhe uns trennt, noch irgend ein Unterschied der Race wird je in uns und in unserem Volke die feste Freundschaft \{ch@wächen, welche uns mit der braven amerikanischen Nation verbindet, zu der Italien seit hundert Jahren in Beziehungen gegenseitiger Achtung gestanden hat. Wir fühlen uns veranlaßt, Ihnen diese Gefühle um so bereitwilliger mitzutheilen, als Sie, um den großen Tag durch eine Riesenausstellung in Philadelphia um so würdiger zu feiern, alle Nationen der Ecde zu diesem Feste eingeladen haben. Genehmigen Sie die Versicherung unserer höchsten Achtung und Freundschaft nebst den Gebeten, welche wir zu Gott empor senden, daß er Sie, unsern sehr lieben Freund, in seinen heiligen Schuß nehmen möze.

Gegeben zu Rom, am 11. Juni 1876.

Ihr guter Freund Victor Emanuel.

Afrika. Von der Goldküste. Aus Cape Coast Castle wird dem Reutershen Bureau unterm 26. Juni gemeldet: Der Admiral, welcher das französishe Geschwader befehligt, begab fich am 18. d. nah Whydah, wo Kommodore Hewett tägli erwartet wird. Jn Whydah herrschte am 1. d. große Auf- regung, da der Ort mit bewaffneten Männern gefüllt ist und eine Abtheilung Amazonen auf der Abomey-Straße unweit der Stadt ein Lager bezogen hat. Die Behörden erlauben Nie- mandem, sih zu entfernen.

Nach dem „Globe“ sind Briefe aus Zanzibar in Plymouth angekommen, denen zufolge unter den Stämmen im Inneren wegen der lehten gegen den Sklavenhandel ge- richteten Proklamation des Sultans eine Empörung aus- gebrochen wäre. /

Die Nr. 58 des „Amtsblatts der Deutschen Reichs- Post- und Telegraphenverwaltung*" hat folgenden Inhalt: Verfügungen: vom 25. Juli 1876: Vorschuift für die Prüfung zu ten höheren Stellen in der Telegraphenverwaltung; vom 25. Juli 1876: Anweisung für die Telegraphensekcetär-Prcüfung; vom 26. Juli 1876: Behandlung der Briefe mit Tel-grammen; vom 25, Juli 1876: Vor- sihtiges Umge hen mit Feuer und Licht in den Eisenbahn-Postwagen.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

München, 26. Juli. Die Akademie der Wissenschaften hat gestern Vormittag 11 Uhr in ihrem festlich ge|chmückten Saale zur Vorsfeier des Geburts- und Namensfestes Sr. Majestät des Königs eine öffentliche Sißung abgehalten. Da die Minister durh die Kam- mexrsitzungen verbindert waren, dersclben anwohnen zu können, fo waren die betreffenden Ministerien durch Räthe vertreten, Außerdem hatten stch Professoren, Rechtsgelehrte, Staatsbeamte aller Kategorien in Upiform versammelt; au ein zahlreiches Auditorium hatte fich ein- gefunden. Der General-Lieutenant und der General-Adjutart von Spruner befand fich unter den erschienenen Miigliede-n. Der Vorstand, Stiftéprobst, Reichôrath von Döllinger eröffnete die S'ßung mit ein- leitenden Worten, indem er einen Nückblick über die Entwicklung der Thätigkeit der historishen Kommission gab. Bereits seien 50 Bände aus ihrer Mitte hervorgegangen. Nach Aufzählung der einzelnen wichtigeren Werke gedachte er der auf Befehl Sr. Majestät des Königs Maximilian Il, begonnenen „Geschichte der Wissenschaften im Deutschland“. Darauf erfolgte die Proklamation der Wahlen, deren. Resultat wir bereits mittleilten. j L

Dresden, 22. Juli. Der großartige Sgraffito- Fries am der 182 Ellen langen Außenwand des alten Königlihen St al1lh ofs. auf der Augustusstraße, an deen Ausführung der Historienmnaler: Wilbelm Walther seit 1872 gearbeitet hat, ist nunmehr vollendet, und konnte gestern vom akademischen Rath übernommen werden. Bei dieser Gelegenheit überreihte Se. Kövigliche Hoheit der _Prinz Georg, der Kurator der Kunstakademie, dem verdieustrollen Schöpfer: der höchst eigenartigen, iu vielfacher Beziehung übero.us interessanten Dekoration das Ritterkreuz erster Klasse des Albre&.t- Ordens. Das monumentale Kunstwerk bringt in einem von Hereld-.n und Spielleutem eröffneten, von Edleù, Pagen und Soldaten begleiteten und von Vertretern des Wehr-, Lehr- und Nähistande& geschlosscuen Reiter- zug sämmtliche Fürsten Sachsens vou Konrad dem Großen bis mit König Albert und seinem Bruder Grorg zu lebendiger und geschichtlich treuer Darstellung. Jn der hiesigen Kunsthandlvng von Ad. Gutbie» ift eine treue Abbildung t,e3 Frieses in Lichtdruck ur.ter dem Tite1 „Sachsens Fürstenhaus* mit einer Einleitung von Ad. Stern erschienen. Prof. Donn orx f hier, dem erst jüngst die Aus-

fül,rung des Bach-Denkmals für, Eisenach übertragen worden ist, hat eineu Ruf als Lehrer der Bildhauerei an die König", ce Kunst« l Akademie in Stuttgart exhalten und angenommen,